Nach dem vielen Blut, Horror und Sex, nach der vielen Gewalt in meinen Kurzgeschichten folgt nun etwas völlig anderes. Der Mörder nicht als Monster....ich bin in einer melancholischen Grundstimmung, da kommt vielleicht mal was anderes als Story heraus
I - Eine traurige KindheitEs war einer dieser Tage an denen er das alles nicht mehr wollte. Die anderen Kinder hatten ihn ausgelacht und erniedrigt. Das war nichts besonderes, doch heute war es wieder einmal besonders schlimm gewesen.
Diesmal hatten sie ihn geschubst und geschlagen, aus Spass wie sie es nannten. Er war nicht beliebt bei diesen starken Jungen, weil er schwach war. Er war nicht stark und groß, eher klein und schmächtig. Er musste viel Mut aufbringen auf einen Baum zu klettern und Mutproben wie Steine nach dem Hund des Nachbarn zu schmeißen fand er blöd.
Seine Mutter die ihn alleine aufzog, da Vater weggegangen war wollte ihn immer vor solchen Jungen schützen. Sie sagte ihm nicht mit ihnen zu spielen, aber wen hatte er sonst? Die Spielsachen in seinem kleinen Zimmer? Seine Schwester war nicht der Spielkamerad den er sich vorstellte. Er wollte doch nur dazu gehören. Aber das tat er nicht. Er war allein!
In der Schule war es nicht viel anders. Zwar hatte er dort den ein oder anderen Freund, aber auch diese merkten nicht was sie taten, wenn sie aus Spass einen Witz über ihn machten. Ihn aufzogen mit seiner Statur oder mit seiner Sensibilität. Niemand merkte das die Worte wie Messer in sein Herz drangen. Niemand sah die Schmerzen, niemand sah die Narben und niemand sah die Tränen, die er nachts in seinem Bett vergoss. Jede Nacht!
So verging Jahr um Jahr. Das Gefühl der Einsamkeit verschwand nicht, manchmal spürte er es kaum, an anderen Tagen war es so schlimm wie nie zuvor. Es war keine glückliche Kindheit die er hatte, aber er hoffte irgendwann würde es besser werden.
Eines Tages saß er allein in seinem Zimmer und weinte. Es war einer dieser Schultage gewesen, die er hasste. Wie viele Menschen hatten über ihn gelacht? Wie viel musste er heute ertragen haben? An diesem Tag betete er zu Gott und fragte ihn warum er das alles ertragen musste. Er fragte warum der Herr ihm diesen Schmerz nicht nehmen konnte. Warum er ein so unnützes Leben wie seins nicht beendete. Er wollte sterben...er wollte diese Welt nicht mehr ertragen.
Und so verging Jahr um Jahr. Einsam und unverstanden.
II - Die erste LiebeSie hatte dunkelblondes Haar das etwa schulterlang war. Manchmal hing ihr eine Strähne im Gesicht und sie strich sie mit einer weichen Handbewegung beiseite. In solchen Momentan schaute er am liebsten in ihre rehbraunen Augen und jedes Mal bebte sein Herz. Wenn sie lächelnd an ihm vorbei ging und ihn grüßte, brachte er kaum einen Ton heraus. "Das muss Liebe sein" dachte er sich.
Niemals traute er sich ihr seine Gefühle zu beichten. Viel zu groß war seine Angst vor Ablehnung. Einer Ablehnung die er jeden Tag zu spüren bekam. Niemand mochte ihn, nur ein paar Freunde hatte er, die seine innersten Gefühle aber nicht kannten. Wie sollte er jemals ein solches Mädchen als Freundin bekommen? Er glaubte nicht an irgendein Glück, erst recht nicht an seins.
Einmal ermutigte ihn ein enger Bekannter. "Trau dich. Sie lächelt wenn sie dich sieht. Sie mag dich." Er schöpfte Hoffnung.
An diesem Tag wollte er sich trauen. Mit Blumen in der Hand trat er auf sie zu und ignorierte den überraschenden Blick den sie ihm zuwarf. Dann sprach er sie an, fragte sie ob sie einmal ausgehen könnten und dass er sie gern hat und sie gerne besser kennenlernen würde. Er reichte ihr die Blumen.
"Sei mir nicht böse. Aber wir sind doch nur Freunde und ich finde so soll es bleiben. Danke für die Blumen, ich werde sie in eine Vase stellen." Sie lächelte und ging an ihm vorbei, die Straße hinunter.
Als er wenig später die Straße hinabging fand er seinen Blumenstrauß in einer Seitengasse auf einem Haufen Gerümpel und Pferdedung. Kurz bevor er seine Wohnung erreichte, traf er sie wieder. Sie sah ihn nicht, aber er erkannte sie als sie sich zu einem kräftigen Schönling streckte und ihn küsste.
Er war am Ende und verbrachte die Nacht weinend in seinem Bett. Niemals hätte er gedacht dass er soviele Tränen haben konnte. Am Morgen waren seine Augen rot geweint und seine Stimme krächzend.
Dies war der Tag an dem irgendetwas in seinem Herzen für immer zerbrochen war. Hoffnung....jegliche Hoffnung war an diesem Tag gestorben. Er würde für immer allein sein. Sein größter Alptraum würde wahr werden.
Niemals würde er in den Armen einer Frau liegen, niemals würde eine Frau ihn lieben, niemals würde er glücklich sein. Niemals könnte er einer Frau die Welt vor ihre Füße legen. Denn das hatte er doch vor! Eine Frau glücklich zu machen, so glücklich wie sie es sich nie erträumt hätte. Er wollte doch nur lieben. Und geliebt werden.
III - Der Weg in den AbgrundEs war ein regnerischer Tag als er durch die Straßen der Stadt ging. Jahre waren vergangen seit jenem Frühlingstag an dem sein Herz aufgehört hatte zu schlagen. Irgendwann hatte er es geschafft sein Herz zu schließen. Keine Gefühle, keine Liebe...und somit keine Möglichkeit ihn zu verletzen. Jeder weitere Schnitt wäre zerstörerisch gewesen. Viele Jahre hatte er vom Tod geträumt, von seinem. Er wollte sterben und nur das Abtöten jeglichen Gefühls konnte ihn daran hindern. So verwirrend es klingen mochte: Nur durch den Tod seines Herzens konnte er leben. Nur durch den Tod aller Gefühle. Den Tod jeglicher Liebe. Nur so konnten die Tränen versiegen und der ein oder andere Tag glücklich werden.
Die Nächte waren immer noch seine größte Angst. Denn es war die Zeit in der er seine Einsamkeit am meisten spürte. Wie ein dunkler Schatten kroch sie heran und legte sich um sein Herz. Wie Nebelschwaden schwirrten sie um seinen Kopf und nebelte ihn völlig ein. Dann bekam er kaum Luft und zitterte am ganzen Körper. Die nächtliche Einsamkeit war grausam.
Um ihr zu entgehen hatte er sich Arbeit gesucht, die ihn völlig einnahm. Er arbeitete viel und jeder war zufrieden. Er half hier und dort und hatte sich sehr viel Wissen angeeignet. Egal ob es handwerkliche Tätigkeiten waren oder Kenntnisse in einigen bestimmten Fachbereichen wie Medizin oder Recht. Er hatte oft eine Antwort. Er war zwar immer noch nicht sehr beliebt, aber zumindest brauchte man ab und zu seine Hilfe.
An jenem Abend traf er viele Menschen. Sie wärmten sich gegenseitig, sie küssten sich und umarmten sich. Es gab solche Tage an denen er glaubte es gäbe nur Paare und er wäre der einzige Mensch auf der Welt der allein war. Der einzige Mensch der niemanden findet. Völlig allein!
In jener Nacht traf er auch sie wieder. Jene Frau wegen der er sein Herz getötet hatte. Sie war gut gekleidet, an ihrer Seite ein Mann mit Zylinder und in sehr schöner Kleidung. Er hätte Politiker sein können oder der Chef einer großen Firma. In London gab es genug davon, vielleicht war er auch in einer der vielen Banken. Mit verächtlichem Blick gingen die beiden durch die Straßen. Sie grüßten die ein oder anderen Menschen, die ebenfalls sehr gut gekleidet waren. Er erinnerte sich dass es heute eine Veranstaltung gegeben hatte. Die Eröffnung einer Bankfilliale hier in der Nähe des East Ends. Wahrscheinlich waren all diese Menschen daher gekommen. Und sie blickten verächtlich auf die armen Bürger, die Menschen dieses Elendsviertels.
Dies war vielleicht der Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte.
In jener Nacht trank er sich um den Verstand, versackte in irgendeiner Spelunke im East End und trank und trank und trank. Er wachte am nächsten Morgen in der Gosse auf und wankte nach Hause. Allein. Niemand interessierte sich für ihn. Oder für irgendeinen der anderen Betrunkenen die nach Hause torkelten. Er war Abschaum. Eigentlich hatte sich nie etwas in seinem Leben geändert.
IV - Die Hölle in einem liebesleeren HerzEr kannte viele Gefühle, auch wenn er glaubte all seine Gefühle getötet zu haben. Er kannte sie alle noch zu gut. Doch dieses Gefühl war so stark. Es war eine Leere in ihm, aber auch ein enormer Druck auf seiner Brust. Etwas wollte sich aus seinem Brustkorb nach draußen zwängen. Und trotzdem diese grausame Leere in sich. Es hätte die Hölle sein können, aber er lebte ja schon in einer.
Wieder vergingen tränenreiche Nächte, die er glaubte hinter sich zu haben.
Er weinte und weinte, seine Einsamkeit wurde ungeheuerlich. Er wollte doch nur lieben und geliebt werden. All diese Gedanken kamen wieder. Wieso war da niemand? Wieso war er allein? Was hatte er getan? Er hatte immer den Teller leer gegessen! Er hatte auf seine Mutter gehört! Er hatte nie etwas böses getan! Er hatte nicht einmal etwas böses gedacht! Sogar den Frauen die ihn missachteten wünschte er nichts böses. Er war doch nur ein Mensch der gut sein wollte, der geliebt werden wollte...um alles in der Welt. Er wollte doch nur Liebe. Nur Liebe!
Doch da war nichts. Niemand! Er war allein. Gab es irgendwen der ihn verstehen konnte? Der diese Einsamkeit kannte? Niemand! Die anderen hatten Freunde, Geliebte. Aber er hatte niemanden. Selbst seine Mutter war gestorben, seine Schwester wohnte nicht in London. Er hatte niemanden. Die Nächte waren kalt, leer und einsam. Und auch sein Herz war dunkel und kalt.
Es war eine grausame Nacht in der die Hölle in seinem Herzen losbrach. Eine Hölle die er so nie gekannt hat. Eine Hölle die alles überbot was er kannte. Eine Hölle die noch mehr Tränen bedeutete. Noch mehr Angst. Noch mehr Einsamkeit. Noch mehr Leere. Noch mehr Kälte. Und am meisten: Noch mehr Tod!
Nie in seinem Leben hatte er eine der Huren die es im East End zu Dutzenden gab, besucht. Er hatte sie immer gemieden. In dieser Nacht war das anders. Er wollte zumindest wissen was körperliche Nähe ist. Also beschloss er sich mit ein wenig erspartem Geld eine Prostituierte aufzusuchen. Er trank sich etwas Mut zu, dann suchte er sich eine Frau aus. Sie ging mit ihm mit. Doch er wußte nicht genau was er tun sollte. Irgendwie lief alles schief. Als sie ihn anlachte und ihm sagte er sei wohl noch grün hinter den Ohren und völlig ohne Erfahrung, als sie in angrinste und ihre Augen blitzten. Da kamen all diese unterdrückten, verhassten Gefühle auf. Irgendetwas explodierte in seinem Herzen und in seinem Kopf. Er nahm das Messer in seiner Tasche, dass er zu seinem Schutz eingepackt hatte und stach zu. Was dann folgte konnte er nie in Worte fassen. Er metzelte die Frau nieder. Er schnitt, er stach. Blut...rotes Blut...überall. Die Farbe der Liebe. Einem Gefühl dass er so gewollt hat. Das er sich so gewünscht hat.
Als er nach Hause ging musste er sich mehrfach übergeben. Sein Kopf brummte, seine Füße schmerzten, seine Hände zitterten. Er wanderte durch die Straßen. Fast als hätte er kein Ziel....oder völlig die Orientierung verloren. Niemand war da. Wie immer. Niemand!
Viele Wochen später war er ein bekannter Mann. Er hatte wieder versucht sich einer Hure zu nähern. Und wieder hatte sie gelächelt. Und wieder wollte sie doch nur sein Geld. Und wieder stach er zu. Und wieder wankte er nach Hause. Und wieder erbrach er sich. Und wieder war er völlig allein. Einsamkeit. Dunkelschwarze, grausame Einsamkeit. Und immer noch keine Liebe.
Er hatte Angst. Auch als er das rothaarige Mädchen besuchte, dass bisher die hübscheste war die er probierte. Doch diesmal wurde es zuviel. Diesmal war das Ergebniss so grausam, dass er es nie aus seinem Kopf verbannen konnte. Selbst sie war nicht einsam. Selbst sie hatte einen Freund mit dem sie zusammen gewohnt hatte. Selbst sie hatte Zärtlichkeit erfahren. Sie war aber auch sehr hübsch. Aber er? Er war einsam und allein. Und sie war eine lächelnde Hure, die für sein Geld ihren Körper darbot. Keine Liebe, keine Gefühle. Nur Schauspiel. Nur ein Seifenblasen-Traum. Ein kurzer Traum von Zweisamkeit. Ein kurzes Gastspiel. Danach wieder Einsamkeit.
Er nahm sie aus. Er war so brutal. Er war völlig außer sich.
Diesmal erbrach er sich nicht. Er ging diesmal auch nicht weinend nach Hause. Er war leer. Er hatte niemanden. Immer noch nicht. Da war keiner. Da war einfach niemand. Nichts!
Ein paar Tage später hatte er seinen Job verloren. Er war nicht mehr konzentriert gewesen. Er war einige Male zu spät gekommen. Und er war einfach ein Niemand. Jeder wußte dass er allein war und jeder dachte sich wohl etwas dabei. Er hatte kaum gesprochen in letzer Zeit. Er lag nächtelang wach....ohne Tränen, ohne Gefühle. Da war nichts. Da war nur Leere. Nur Nichts. Einfach nichts!
An jenem Abend nahm er ein Messer. Ein unbenutztes, denn die anderen hatte er in die Themse geworfen. An diesem Abend erstach er sein kaltes, leeres Herz. An diesem Abend starb ein Mensch zu dessen Begräbniss niemand kommen würde.
Und sie schrieben Jack the Ripper wäre ein Monster. Jack the Ripper war kein Monster. Jack the Ripper war ein Mensch....ein einsamer Mensch der nicht allein sein wollte!