Autor Thema: Gedanken  (Gelesen 70357 mal)

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Floh82

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Re: Gedanken
« Antwort #105 am: 24.07.2009 16:04 Uhr »
Ich hab scheinbar grad meine kreative Phase.
Diesmal geht es nicht so sehr um das "Wer" oder "Warum" sondern eher um "Wo ist er geblieben?" oder auch "Was passierte nach 1888?". Viel Spaß:


Eine unendliche Geschichte?

Mumbai, besser bekannt als Bombay, in den späten 80er Jahren des 19. Jahrhundert. Eine aufstrebende Metropole die Menschen aus ganz Indien und auch aus Europa anzieht. Die Stadt wächst, aber mit ihr auch die Armut in den Elendsvierteln, den weltbekannten Slums der indischen Städte.
Der Hafen von Bombay wird täglich angefahren, von Handelsschiffen die Güter, Handelsreisende und Auswanderer nach Indien bringen. Viele davon bleiben in Bombay. Um 1891 zählt die Stadt bereits über 800.000 Einwohner.

An einem regnerischen Frühlingstag im Jahre 1890 läuft im Hafen von Bombay ein britisches Handelsschiff ein. Es bringt Güter aus Europa nach Indien und soll indische Güter wie Baumwolle nach Europa bringen. Außerdem befinden sich einige Engländer an Bord, Handelsreisende und Auswanderer die ihr Glück in Indien versuchen wollen. Unter ihnen ist ein Mann an den sich später niemand genau erinnern wird. Ein Mann ohne Namen, ohne Gesicht. Er trägt die Kleidung eines Engländers aus der Mittelschicht, er ist unrasiert und wirkt sonst ausgeruht und neugierig auf Indien.

Einige Monate später:
Inzwischen ist es Sommer. An einem schwülen Morgen wird die brutal zugerichtete Leiche einer jungen Inderin gefunden. Sie stammte aus den ärmeren Hafenvierteln der Stadt, wo sie auch gefunden wurde. Ihren Namen konnte man erst einen Tag später herausfinden und ihre Familie benachrichtigen. Der Tod war in diesen ärmeren Vierteln ein bekannter Gast und daher wurde die Nachricht relativ gefasst aufgenommen. Hätte sie nicht der unbekannte Mörder erwischt, dann vielleicht die Seuchen und Krankheiten die Bombay gerade im Griff hatten.
Es vergehen nur wenige Wochen bis die nächste Leiche gefunden wird. Wieder ist es eine brutal zugerichtete Frau, wieder tappt die Polizei im Dunkeln.

Ein Jahr später - im Sommer 1891:
Die verantwortlichen Behörden haben inzwischen insgesamt 10 Morde an Frauen der Unterschicht registriert. Alle Morde wurden äußerst brutal und präzise ausgeführt. Die Körper der Frauen waren verstümmelt und geschändet, teilweise fehlten Organe oder Körperteile. Man entschied den britischen Gouverneur einzuschalten. Das Gespräch mit dem Gouverneur führte Commisioner Gerald Lost und sein indischer Kollege Vigram Singh.
"Gouverneur wir danken Ihnen dass Sie uns empfangen."
"Keine Ursache Mr Lost. Ich hörte es sei dringend und es gäbe Probleme in den Hafenvierteln?"
"Nun ich fände es gut wenn wir direkt zur Sache kommen. Wir haben in den letzten 12 Monaten 10 brutale Morde in den Hafenvierteln untersucht. Es gab zwar sehr viel mehr Verbrechen....aber diese Morde. Nun sie sind sich sehr ähnlich. Es steht außer Frage dass es der gleiche Täter ist. Die Opfer sind immer junge Frauen aus armen Verhältnissen. 8 Inderinen und 2 Engländerinen zählen wir augenblicklich zu den Opfern."
"Morde? Brutal? Was heißt brutal?"
"Nun Mr Gouverneur die Frauen wurden quasi zerstückelt. Ihnen wurden Organe entnommen oder Körperteile abgetrennt. Die fehlenden Teile sind unauffindbar. Der Täter ermordet seine Opfer scheinbar mit einem Kehlenschnitt und fällt dann über ihre Körper her, wie ein Tier."
Der Gouverneur schüttelt angewiedert seinen Kopf.
"Das ist ja grausam. Und wie sind die Fortschritte der Untersuchung?"
"Das ist das Schlimme daran. Es gibt keine Fortschritte. Keine Verdächtigen. Ein paar Menschen wollen einen Mann gesehen haben, die einen beschreiben einen Engländer die anderen einen jüdisch aussehenden Mann. Andere sprechen von einem Amerikaner oder Festlandeuropäer. Ein paar haben auch einen Inder sehen wollen. Er wird als kräftig bis normal gebaut beschrieben, trägt normale Kleidung, oft einen Mantel, die meisten Menschen sagen er träge einen Bart. Manche haben einen Mann mit einer Tasche gesehen. Der Mann benutzt ein scharfes Messer, einer unserer Ärzte sagt der Mann scheine zu wissen was er tut. Vielleicht hat er medizinische Vorkenntnisse. Aber in dieser Stadt trifft auf einige tausend Menschen solch eine Beschreibung zu. Die Taten passieren nachts, manchmal in den frühen Morgenstunden kurz vor Sonnenaufgang. Es gibt keine weiteren Spuren."
Der Gouverneur seufzt und denkt dann einige Sekunden nach.
"Keine Spur? Nichts weiter? Das ist ja eine Horrornachricht. Gibt es Unruhen unter der Bevölkerung?"
"Nein. Die Seuchen sind beunruhigender. Die Menschen sehen in dem Täter zwar durchaus ein Monster...aber sie scheinen andere Probleme zu haben. Trotzdem müssen wir den Täter finden. Und Gouverneur....es gibt noch eine Sache die ich ansprechen wollte. Mr Sing hier...er ist Inder im Dieste der hiesigen Polizei. Er war einer der ersten die mit dem Fall in Berührung kamen. Und er hat eine....nun ja....interessante Entdeckung gemacht."
Der Gouverneur blickt gespannt zu dem kleinen Inder der nun nach vorne tritt.
"Habt Dank dass Ihr uns empfangt Herr. Wie Mr Lost bereits sagte habe ich eine Entdeckung gemacht aus der ich nicht schlau werde. Mr Lost sagte diese Entdeckung müsste schnellstmöglich dem Gouverneur gezeigt werden."
"Nun Mr Singh, dann mal los. Was haben Sie gefunden?"
"Ja Mr Gouverneur sofort. Wir fanden beim letzten Mord einen Zettel. Auf dem Zettel steht etwas in Hindu. Etwas was für mich und keinen anderen der damit in Berührung kam einen Sinn ergibt. Ich habe Ihnen den Zettel mitgebracht und die englische Übersetzung gleich unter den Schriftzeichen hinzugefügt."
"Wer weiß noch von diesem Zettel?"
"Außer mir und Mr Lost noch zwei indische Kollegen. Sie sind der englischen Sprache aber nicht oder kaum mächtig."
"Nun gut dann zeigen Sie mir den Zettel einmal."
"Bitte sehr. Wir dachten erst es wäre ein Scherz. Ein Erkennungszeichen des Täters, vielleicht eine Stelle aus einem Buch oder so. Aber Mr Lost sagte sie würden das lieber selbst prüfen wollen. Sie haben natürlich sehr viel mehr Wissen als wir. Vielleicht sagt Ihnen der Satz etwas."

Der Gouverneur liest die indischen Schriftzeichen und dann die englische Übersetzung. Einmal, zweimal und ein drittes Mal. Er versucht das Staunen und Entsetzen zu verbergen und tatsächlich scheint Mr Singh nicht aufzufallen dass der Gouverneur gerade fast einen Herzanfall bekommen hatte.

"Mr Singh es war gut dass Sie gleich zu Mr Lost gegangen sind. Ich denke es handelt sich bei dem Zettel um einen Streich. Ich glaube nicht dass wir den Täter so schnappen werden. Aber jetzt wissen wir ja dass er eventuell diese Zettel verteilt. Mr Singh sollte wieder so ein Zettel zu finden sein bringen Sie ihn gleich zu Mr Lost. Niemand sonst soll von diesen Zetteln wissen, hören Sie? Mr Lost wird ab heute persönlich für den Fall verantwortlich sein. Bei ihm sind alle Entdeckungen abzugeben. Alles. Sie haben gute Arbeit geleistet Mr Singh, die Krone ist stolz auf sie und wird Sie gut entlohnen! Ich werde mir für Sie eine persönliche Belohung ausdenken. Nun lassen Sie mich bitte mit Mr Lost allein."
Der Inder nickt, bedankt sich artig und verlässt das Zimmer.

"Niemand anderes weiß davon Mr Lost?" Der Gouverneur scheint immer noch leicht geschockt zu sein.
"Nein. Nur Mr Singh und zwei andere Polizisten die dem Schriftzug aber eh keine Bedeutung zugemessen haben."
"Umso besser."
"Was schlagen Sie vor? Die Mannschaft verstärken? Mehr Einheiten auf den Straßen, besonders Nachts?"
"Nein. Nein. Nein. Die haben doch sogar zu Hause versagt. In London hat nichts funktioniert, sogar die Hunde nicht. Niemand darf von unserer Entdeckung erfahren. Es ist irgendein Irrer und wir können nur hoffen dass er bald aufhört. Von mir aus stellen Sie ein paar mehr Polizisten ab. Ab heute sind Sie allein für diesen Fall verantwortlich. Nehmen Sie sich Singh als Ihren persönlichen Assistenten, befördern Sie ihn. Auf ihn müssen wir aufpassen. Er darf von unserer Entdeckung nichts preisgeben. Er darf Sie nicht einmal verstehen."
"Keine Angst. Er weiß nicht was in der Welt vor sich geht. Ihn interessiert nur seine Stadt und vielleicht das Land drumherum. Aber nicht die große Welt. Er hat nie von...ihm gehört."
"Gut. Gut. Um Himmels Willen, warum Bombay? Warum Indien? Hätte er nicht irgendwo anders auftauchen können? In einem anderen Drecksloch? Oder einfach verschwinden? Jetzt haben wir ihn am Bein."
"Vielleicht wird er auch hier irgendwann einfach aufhören. Die Gefahr wird immer größer entdeckt zu werden. Wir müssen einfach hoffen dass es aufhört."
"Ja das ist die einzige Hoffnung die wir noch haben. Nehmen Sie ein paar Verdächtige fest. Irgendwen....dann sieht es so aus als wären wir etwas auf der Spur oder würden zumindest voran kommen."
"Ich habe verstanden Gouverneur. Ich mache mich sofort an die Arbeit."
Mit diesen Worten verläßt Mr Lost das Büro des Gouverneur.

Der Gouverneur sitzt noch einige Minuten kopfschüttelnd und seufzend an seinem Tisch. Immer wieder wandern seine Blicke über die indischen Schriftzeichen und lesen dann den Satz, der fein säuberlich unter den Schriftzeichen geschrieben stand:
Jack is back

Stordfield

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Re: Gedanken
« Antwort #106 am: 29.07.2009 16:49 Uhr »
Hallo Floh !

Ich finde, dies ist wieder einmal eine gelungene Story von Dir.
Klasse !

Gruß Stordfield

Secureforce

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Re: Gedanken
« Antwort #107 am: 22.08.2009 02:06 Uhr »
Also was ich nicht schnall und mir nicht in den kopf rein geht aber wieso hat er die frauen ausgeweidet? Das hab ich bis heute nicht verstanden vieleicht kann mir da jemand mal etwas genaueres sagen.

Offline Isdrasil

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Re: Gedanken
« Antwort #108 am: 22.08.2009 20:51 Uhr »
Oh - da hat man sich schon oft den Kopf drüber zerbrochen - schau mal zum Beispiel diese Links hier an:

http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,808.0.html
http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1012.0.html
http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,935.0.html
http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1123.0.html
http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,998.0.html

Das Thema taucht immer wieder mal auf und ist eigentlich eng daran geknüpft, welche Motive jeder Einzelne mit den Taten verbindet.  

...und jetzt habe ich gedacht, es kommt mal wieder eine Geschichte...  :icon_aetsch: :icon_cry:

PS: Du hast es nicht so mit Themen erstellen, oder? Stellst eigentlich gute Fragen, aber quetscht die irgendwo rein...seh es doch mal so: Wenn du willst, dass die Nachwelt noch was von deinen Fragen und Beiträgen haben soll, dann müssen die auch auffindbar sein - und zwar da, wo man sie vermuten würde.  :icon_wink:

Secureforce

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Re: Gedanken
« Antwort #109 am: 23.08.2009 00:33 Uhr »
 :icon_mrgreen: ich würde ja gern themen erstellen aber ich hab mich noch nicht so reingefuchst und weiß nicht wie ich das mache. Vieleicht kannst du mir ne kurze hilfe geben.

Floh82

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Re: Gedanken
« Antwort #110 am: 23.08.2009 22:33 Uhr »
Also dieses "einfach mal auf Themen antworten die gar nichts mit meinem Beitrag zu tun haben"-Methode ist schonmal nicht die richtige. Die ist sogar sehr störend!

Versuch einfach mal dein Thema in 1-2 Stichworten im Suchfenster einzugeben und dann wirst du sehen welche Threads da schon aufgemacht wurden. Und wenn du keinen findest oder die Threads uralt sind, kannst du auch ein neues Thema aufmachen.

Offline Isdrasil

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Re: Gedanken
« Antwort #111 am: 24.08.2009 07:55 Uhr »
Jepp - so sehe ich das auch.
Themen erstellen: Gehe auf das Board, in dem du das Thema erstellen willst - in dem Fall am ehesten "Fachliche Themen - Allgemeine Diskussion". Dann siehst Du rechts einen Button "Neues Topic". Draufklicken und so das Thema erstellen - noch eine schöne Überschrift "Weshalb weidete der Ripper seine Opfer aus?", einen kleinen Text und fertig!
Wenn du eine Umfrage starten willst, dann dementsprechend auf "Neue Umfrage" klicken und die Punkte bearbeiten.
Du hast nach dem Erstellen (auch bei deinen Posts) immer noch die Möglichkeit, deinen Beitrag eine gewisse Zeit lang nachträglich zu bearbeiten (editieren).

Aber generell kann man als orientierungsloser Neuling auch mal einen Blick auf die Forumshilfe riskieren.

Floh82

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Re: Gedanken
« Antwort #112 am: 16.09.2009 12:27 Uhr »
Und nu wieder back to topic!

Die Wissenden

Es war wieder einer dieser Tage die Carl hasste. Er durchforstete die Bibliothek der Universität nach Büchern für eine Facharbeit. Wie oft war er schon durch die Tür gekommen über der in steinernen Lettern in recht alter Schrift "Wissen ist Macht" stand. Zum ersten Mal hatte er diesen Schriftzug 2027 gesehen und sich über den Spruch gewundert. Das war vor 5 Jahren. Seitdem beachtete er den Spruch gar nicht mehr. Zu sehr war er mit seinem Literatur- und Philosophiestudium beschäftigt. Er war froh den Platz an dieser europäischen Eliteuniversität ergattert zu haben, viele seiner Freunde beneideten ihn dafür.

An diesem Tag aber war etwas anders. Das wußte er schon als er aufstand...er wußte nur nicht ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Er sah sich gerade genau die Bücherrücken im Regal für asiatische Philosophie der Antike an, als er hinter ihm ein Geräusch vernahm. Jemand räusperte sich. Er drehte sich um und sah in ein ihm unbekanntes Gesicht. Ein Mann mittleren Alters, vielleicht Ende dreißig sah ihn lächelnd an: "Entschuldigung junger Mann. Vielleicht können Sie mir helfen? Es ist recht leer hier und ich suche jemanden der mir zeigen kann wo in diesem riesigen Gebäude die Abteilung für Naturwissenschaften ist." Carl schaute den Mann etwas irritiert an: "Sie sind kein Student hier oder? Die meisten werden in den ersten Tagen mehrfach durch die Räumlichkeiten geführt...eben weil es so ein riesiges Ding ist."
"Nein", antwortete der Mann, "ich bin Wissenschaftler aus den Staaten und suche ein Buch dass auf dem Markt nicht mehr zu bekommen ist. Ich weiß dass es hier mindestens eine Ausgabe gibt. Es handelt sich um ein recht altes Buch über den menschlichen Körper wie ihn das christliche Mittelalter gesehen hat."
Carl lächelte: "Nun ich bin kein Biologe oder Historiker. Ich studiere Philosophie und Literatur...aber die naturwissenschaftliche Abteilung ist auf der 2. Etage. Einfach die Treppe rauf und links halten. Dort müsste ihnen auch jemand helfen können, auf jeder Etage gibt es eine Information. Sonst nutzen Sie die Computer am Eingang, der Treppe oder auf den einzelnen Etagen...dort sind so gut wie alle Bücher mit Titel und Standort vermerkt."
Der Fremde bedankte sich und ging in Richtung 2. Etage. Als Carl sich schon wegdrehte bemerkte er Cassandra, die ihm entgegenkam und in ihrer typischen südeuropäischen Art rief: "Hey Carl, versinkst du wieder in den Büchern und saugst alles Wissen auf?" Sie lachte und auch Carl lächelte. Aber er keiner der Beiden bemerkte wie der Fremde sich am Treppenabsatz umdrehte, innehielt und die beiden beobachtete. Er konnte genau höre was Cassandra rief und er konnte sehen dass es der freundliche Mann von eben war, den sie meinte.
"So so ein Hungriger. Wer fragt dem soll Antwort gegeben werden", sagte der Fremde leise und lächelte. Eigentlich war er wirklich nur zu Forschungszwecken hier...aber Frischfleisch für die Organisation wäre ein netter Beigeschmack.

Es vergingen ein paar Stunden, die Carl mit dem Wälzen von Büchern verbrachte. Er machte sich seine Notizen, schrieb Quellenangaben für seine Facharbeit auf und schrieb Bücher auf die er sich für weitere Recherche ausleihen wollte. Als er schließlich fertig war, war es Nachmittag und das Wochenende stand vor der Tür. Er packte seine Sachen, gab den Zettel mit den ausgeliehenen Büchern ab und  schritt Richtung Ausgang. Als er gerade das Gebäude verließ, vernahm er hinter sich eine Stimme. "Entschuldigung? Warten Sie bitte. Ich wollte mich noch bedanken." Der Fremde vom Vormittag! "Oh dafür nicht", sagte Carl. "Doch doch. Ich würde Sie gerne auf einen Kaffee im Cafe einladen. Es ist ja gleich eins um die Ecke nicht wahr?". Eigentlich fand Carl die Idee gar nicht mal schlecht. Eine Einladung zum Kaffee wäre eine willkommene Abwechslung zum Büffeln dass ihm bevorstand. Und so willigte er ein und die beiden setzten sich an einen Tisch im Cafe und bestellen ihre Getränke.
"Darf ich fragen was Sie dazu brachte Literatur und Philosophie zu studieren?", fragte der Fremde.
"Nun es hat mich schon immer interessiert was andere Menschen im Leben sehen. Wie sie die Welt, die Menschen, das Leben, das Schicksal, Gott und alles Andere sehen. Ich bin selbst ein wissbegieriger Mensch und habe vielleicht nach Antworten gesucht, die mir selbst neu waren. Oder Ansichten die ich noch nicht kannte oder kenne. Aber Sie werden auch einen Grund gehabt haben Biologe zu werden oder?"
Der Fremde lachte: "Ja da haben Sie Recht. Ich fand die Naturwissenschaft und insbesondere den Aufbau der Lebewesen immer sehr spannend. Die Funktionsweise des Körpers. Eine wahre Fundgrube von Wundern und offenen Fragen."
"Haben Sie denn das Buch gefunden dass Sie so interessierte?"
"Ja habe ich. Es ist nicht leicht zu finden, weil es alt und selten ist. Aber ich hatte Erfolg. Wie gesagt ein Buch über den menschlichen Körper wie das Mittelalter ihn gesehen hat."
"Und wozu brauchen Sie es, wenn mir die Frage erlaubt ist?"
"Das ist recht einfach. Ich schreibe in einem Fachmagazin eine längere Artikelreihe über den menschlichen Körper im Laufe der Zeiten. Begonnen habe ich mit der Antike, den Griechen, Römern, Ägyptern, Babyloniern und anderen. Dann folgten die vormittelalterlichen Völker und die asiatischen Völker. Im vierten Artikel nun das westliche Mittelalter. Dazu benötigte ich dieses Buch."
Carl lächelte: "Nun für mich kein spannendes Thema. Ich befasse mich momentan eher mit asiatischer Philosophie. Den Lebensweisheiten von Buddha bis Zarathustra."
Der Fremde lehnte sich etwas vor, schaute Carl in die Augen und wurde auf einmal sehr ernst: "Sagen Sie, wenn ich mir diese Frage erlauben darf: Welche Fragen werfen sich ihnen auf, nachdem Sie diese Bücher gelesen haben und welche Antworten bekamen Sie?"
Carl war etwas irritiert...nicht zum ersten Mal an diesem Tag und in Bezug auf diesen Mann.
"Welche Fragen? Nun einige. Die asiatischen Weisheiten waren eigentlich recht eindeutig und trotzdem ist die Befolgung schwer....so scheint es jedenfalls. Auch die Weisheiten Chinas konnten keine Kriege verhindern, verstehen Sie? Eigentlich wirft Philosophie doch mehr Fragen auf, als sie beantwortet."
"Stört Sie das nicht? Oder suchen Sie stets nach den Antworten?"
"Vielleicht ja. Irgendwo muss es die Antworten doch geben."
Das war wie ein Stichwort. Es gab Schlüsselsätze, Schlüsselwörter. So lernten sie es. Ein Mensch kann nur als Suchender gelten wenn er bestimmte Fragen stellt, bestimmte Sätze sagt oder Wörter benutzt. "Irgendwo muss es eine Antwort geben" war so ein Satz. Der Mann lächelte. Er lehnte sich zurück, schaute in den Himmel und sagte dann: "Wenn ich Ihnen die Möglichkeit geben würde, alle Fragen oder zumindest den größten Teil all Ihrer Fragen beantworten zu können oder Ihnen nur den Ort zeigen würde an dem Sie diese Antworten finden...würden Sie mitkommen? Würden Sie sich trauen diesen Ort aufzusuchen? Die Antworten zu finden nach denen Sie suchen?"
Das hatte gesessen! Carl musste schlucken. Dann lachte er...irgendwie war diese Situation äußerst komisch. Sollte er jetzt Angst haben? Oder war das hier ein Witz? Würde er ihm jetzt von irgendwelchen geheimen Orten erzählen? Oder von verbotenen Büchern die im Vatikan oder unterm weißen Haus schlummern?

Der Fremde wartete bis Carl's Lachen abflachte. Dann sprach er ruhig weiter: "Das mag für Sie alles unecht wirken. Irgendwie komisch und zugleich beängstigend. Aber ich möchte Ihnen etwas geben."
Er nahm eine Visitenkarte aus seiner Brusttasche und gab sie Carl. Thomas P. Borrow stand darauf, eine E-Mail Adresse, sowie einige Telefonnummern. "Sie können gerne nach mir googeln oder die University of Columbia nach mir abklappern. Aber bevor Sie das tun möchte ich dass Sie etwas in Erfahrung bringen. Nicht für mich, sondern für Sie! Der Spruch über der Tür zu der großen Bibliothek, von wem stammt er und woher kommt er? Und wenn Sie die Antwort gefunden haben, dann recherchieren Sie die Antwort. In Büchern, im Internet, wo Sie wollen. Danach können Sie mich anrufen oder die Karte wegwerfen. Danke noch einmal für Ihre Hilfe. Ich werde jetzt gehen und die Getränke zahlen."

Mit diesen Worten verschwand der Fremde. Carl war sprachlos, sah den Mann der Bedienung Geld geben und das Gebäude verlassen. Nun wußte er ganz sicher: Dieser Tag WAR komisch.

Nach einem recht schlaflosen Wochenende, hatte er ein paar Antworten gefunden. Gelernt hatte er nicht, seine Facharbeit musste jetzt etwas warten...aber er hatte sich über andere Dinge informiert. Der Spruch "Wissen ist Macht" war einer der Lieblingssprüche vom Erbauer der Universität, die bereits einige hundert Jahre alt war. Nur die Bibliothek hatte diesen Spruch über ihrer Tür stehen, weil der Erbauer glaubte in den Büchern wäre das Wissen gebündelt und somit auch die Macht des Wissens. Über den Mann, der auf den Namen Theodor von Gutensen hörte, fand er ansonsten nicht viel. Er war Gelehrter, Historiker und Theologe, kam aus reichem Elternhaus und hatte die Universität mit anderen Gelehrten im späten 17. Jahrhundert gegründet. Er war, obwohl aus gläubigem Elternhaus, sehr kirchenkritisch und liberal. Er hatte sich besonders Feinde bei den Klerikern gemacht, aber ansonsten war es recht ruhig um ihn. Allerdings fand Carl auch überall stets Randnotizen. Dort war immer die Rede von einer Art Geheimgesellschaft der Gutensen angehören sollte. Manche sprachen von einer Art Gemeinschaft von Kirchengegnern, andere sprachen von einer Art Geheimbund oder Geheimorden und andere sprachen von Wissenschaftsverbänden. In einer Nachschrift über ihn soll es geheißen haben "er gehörte den Wissenden an".

Also doch ein Geheimbund? Ein geheimer Orden des Mittelalters? Oder ein Verband von Wissenschaftlern und Professoren? Carl's Interesse war geweckt und er nahm sich vor die Karte von dem Fremden nicht wegzuschmeißen.

Es vergingen ein paar Monate und er hatte den jungen Studenten schon fast vergessen, als das Telefon klingelte. Er nahm den Hörer ab: "Thomas Borrow, guten Tag". Einen Moment Stille...dann: "Guten Tag Mr. Borrow. Vielleicht erinnern Sie sich...Sie haben mir vor ein paar Monaten Ihre Karte gegeben. Mein Name ist Carl und...nun ich habe ein paar Antworten über "Wissen ist Macht" gefunden...und über von Gutensen."
Borrow lachte....also hatte er doch Recht gehabt. Er hatte einen Suchenden gefunden!
"Mr Carl...es freut mich dass Sie anrufen. Möchten Sie noch mehr Antworten haben...dann sollten wir uns treffen!"
"Ich habe wenig Zeit, aber gerade sind Semesterferien. Aber Geld für einen Flug nach Amerika...."
"Machen Sie sich keine Gedanken darüber. Wir treffen uns nicht in Amerika....was ist Ihnen lieber? Frankfreich, England oder vielleicht Italien? London....genau...wie würde Ihnen London gefallen?"
"Nun das ginge in Ordnung. Aber wo in London treffen wir uns? Die Universität? Und wann?"
Es vergingen einige Minuten in denen alles weitere geklärt wurde. Borrow würde Carl in London treffen....und zwar schon in 2 Wochen.


London - 2 Wochen später


Sie hatten bewußt in das gleiche Hotel eingecheckt. Getroffen hatten sie sich aber im British Museum. Während sie durch die Gänge des Museums schlenderten, besprachen sie Einzelheiten. Carl erfuhr dass es tatsächlich eine Art Geheimgesellschaft gab, diese aber weder den Vatikan noch irgendeinen Staat stürzen will oder sonst etwas tun will. Es handelte sich schlicht um eine Gesellschaft die Wissen sammelt. Genaueres erfuhr Carl erst einmal nicht. Sollte er Teil der Gesellschaft werden wollen und würde er aufgenommen....dann erst würde er alle Geheimnisse kennen und alle Antworten finden. Carl war schon viel zu tief drin um noch auszusteigen....er war sich sicher dieser Gesellschaft beitreten zu wollen.
Und einige Tage später sollte es offiziell soweit sein. Er musste ein Gespräch mit einem höheren Bruder der Gesellschaft über sich ergehen lassen und würde dann später feierlich aufgenommen werden. Keine Zeremonie in Roben oder Kutten an einem geheimen Ort....aber es gab ein kleines Aufnahmeritual in Form eines kleinen Banketts unter den in London und Umgebung verweilenden Brüdern und Schwestern.

Carl war bereits sehr aufgeregt als er den obersten Londoner Bruder der Gesellschaft kennenlernte....den Chef des britischen Teils der Gesellschaft. Erst einmal gab es kurzes Geplänkel und Hände schütteln. Ein paar Freundlichkeiten wurden ausgetauscht, bevor es ernst wurde.

"Weißt du Carl, dieser Orden ist sehr alt. Uns gibt es seit dem Mittelalter, zu der Zeit als nur in den Kirchen das Wissen lag....dort lagen die Bücher die dem Volk nicht zugänglich waren. Die Kirche ist also Schuld dass es uns gibt. Wir wollten dass all dieses Wissen jedem zugänglich ist. Erst spät erkannten wir dass dieses Wissen auch Macht bedeutete. Sehr viel Macht. Heute teilen wir unser Wissen nicht mit allen. Vieles halten wir für uns, weil wir es für gefährlich halten wenn es die gesamte Menschheit weiß. Nicht alles ist für jeden gedacht. Trotzdem halten wir die Geheimniskrämerei von Politik und Kirche für schlecht. Irgendwann müssen die Menschen die Antworten erfahren."
"Aber was für Antworten Bruder? Die Antworten auf alle diese Fragen? Warum wir leben? Ob es Gott gibt?"
Der Obere lachte: "Nein. Wir sind nicht allwissend und werden es nie sein. Aber es gibt andere Antworten die wir haben und die uns Macht über andere geben. Wir wissen was in manchen Büchern steht, die der Vatikan in seinen geheimen Archiven verschlossen und vergessen glaubt. Wir wissen von Geheimnissen die Staaten ihren Bürgern vorenthalten. Egal in welcher Ecke dieses Planeten. Weißt du ob Stalin nicht ermordet wurde? Wir wissen es....und vielleicht kennen wir ja sogar den Mörder?"
"Ich verstehe. Alle diese Geheimnisse die manche vor uns haben. Konnten Sie vor der Gesellschaft nicht verheimlichen. Vielleicht wißt ihr wer JFK ermordet hat? Was in Area 51 zu finden ist?"
"Sei dir sicher darauf hat die Gesellschaft eine Antwort ja. Komm mit. Ich zeige dir ein paar Antworten."

Die beiden gingen in einen großen Saal, vollgestopft mit Büchern, weit unten im Keller eines unscheinbaren Hauses.
"Hier finden sich ein paar Antworten. Die meisten haben mit England zu tun, mit dem britischen Empire."
"Darf ich?" fragte Carl und zeigte auf ein Buch mit dunkel rotem Buchrücken.
"Natürlich. Du wirst bald zu uns gehören....aber bitte öffne es nicht. Öffnen dürfen es nur echte Mitglieder. Brüder und Schwestern der Wissenden. Das wirst du aber erst morgen sein."
"OK."
"Aber nimm dir das Buch ruhig. Was steht drauf?"
"Moment....JtR. Hm....was heißt das?"
"Oh du hast ein paar interessante Niederschriften in der Hand. Das ist die Lösung zu einem sehr dunklen Kapitel der englischen Kriminalgeschichte. Dadrin stehen nicht nur alle Opfer, alle Zeugen...nein dort steht auch der wahre Täter im Fall von Jack the Ripper."
"Ihr meint....ihr wisst wer der Schlitzer von London war?"
"Ja wissen wir. Uns ist alles bekannt was viele Menschen schon seit langer Zeit beschäftigt. Wie, warum und wer!"

Ein kalter Schauer jagte Carl den Rücken herunter. In seinen Händen fand sich also die Lösung für ein echtes Krimirätsel. Die traurige Gewissheit wer es war. Wer 1888 arme Frauen in London auf brutalste Art und Weise ermordete. Auch wenn er sich nie mit diesem Fall großartig beschäftigt hatte....er wußte davon. Er wußte dass er etwas in Händen hielt, für das manch einer wahrscheinlich über Leichen gehen würde....auch wenn das ein sehr schlechtes Bildniss in diesem Fall war.
Gleichzeitig wußte Carl dass ihn nichts mehr aufhalten konnte. Er wollte nun endgültig einer von Ihnen sein. Einer der "Wissenden", wie sie sich selbst nannten mit ihrem Wahlspruch "Wissen ist Macht. Er wollte alle diese Antworten. Und dazu gehörte nun einmal auch der wahre Name von einem der schlimmsten Verbrecher der Vergangenheit. Dazu gehörte die eindeutige Antwort auf die Frage: "Wer war Jack the Ripper?"

Stordfield

  • Gast
Re: Gedanken
« Antwort #113 am: 16.09.2009 18:21 Uhr »
 :SM023: :icon_thumb: :icon_thumb: :icon_thumb:

Super, Floh! Ich bin jedes Mal aufs Neue begeistert.
Wenn Du die ganzen Geschichten einmal in einem Buch veröffentlichst, bin ich einer der ersten Käufer.

Gruß Stordfield

Floh82

  • Gast
Re: Gedanken
« Antwort #114 am: 16.09.2009 21:59 Uhr »
Ich weiß ja nicht ob man für solche Kurzgeschichten nen Verleger findet....aber ich werde dich dran erinnern, falls es mal soweit sein sollte ;) ;)

Offline Isdrasil

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Re: Gedanken
« Antwort #115 am: 17.09.2009 08:17 Uhr »
Wenn du das aus Passion machst und auf das Geld pfeifst - Book on Demand is zumindest ne (Einstiegs-) Möglichkeit.  :icon_wink:
« Letzte Änderung: 17.09.2009 09:03 Uhr von Isdrasil »

Michael Dawn

  • Gast
Re: Gedanken
« Antwort #116 am: 17.09.2009 15:54 Uhr »
Informier dich lieber erst bei den Literaturagenturen. Ich kenn das > Stress mit Manuskripten und Verlägen

Gruss Michael Dawn

Larkin

  • Gast
Re: Gedanken
« Antwort #117 am: 17.09.2009 18:34 Uhr »
Hallo!
@Floh
Super Geschichte! Respekt  :icon_thumb:
@Michael
Wie, du kennst das? Bist du ein Schriftsteller oder so was?!?

Liebe Grüße,
Larkin ;)

Michael Dawn

  • Gast
Re: Gedanken
« Antwort #118 am: 17.09.2009 19:15 Uhr »
@Michael
Wie, du kennst das? Bist du ein Schriftsteller oder so was?!?

So etwas ähnliches. Auf jeden Fall hab ich Erfahrung damit und mann sollte vorsichtig sein bei manchen Verlägen und Agenturen


Grüsse

Michael

Michael Dawn

  • Gast
Re: Gedanken
« Antwort #119 am: 18.09.2009 20:00 Uhr »
Hier mal eine Antwort auf deine Frage Larkin  :icon_thumb:

Ich dachte ich poste mal n Auszug aus dem nächsten Roman (Ich überleg mir noch ob ich ihn anfange oder nicht)
Über ein Feedback würde ich mich sehr freuen.
Eigentlich wollte ich es gar nicht posten weil ich selber damit irgendwie nicht zufrieden bin. Und los gehts....

Der Manhatten Ripper

Die Strahlen der untergehenden Sonne verblassten über Manhatten und der Abschaum der Nacht kam aus ihren Löchern gekrochen
wie eine Herde tollwütiger Hunde auf der Suche nach frischem Fleisch.
Trickdiebe die ihre schmutzigen Finger täglich nach neuen Geldbörsen austreckten und vor keiner Dreistigkeit zurückschreckten.
Vergewaltiger und Triebtäter, Raubmörder und Gangs die in manchen Stadtteilen ganze Strassen beherrschten. Alle waren sie aus ihrem Versteck
gekommen. Manhatten war in dieser Nacht wieder überfüllt von gesetzlosen. Von Zuhältern und Frauen die ihren Körper für ein wenig Geld verkauften.
Das Rotlichtmilliue sah aus der Vogelperspektive aus wie ein blutroter Streifen und die Männer waren auf der Suche nach ein wenig Sex und Kokain.
Im inneren der Stadt pochte die Ader der Kriminalität wie das Herz eines Neugeborenen und irgendwo dort draussen war ein einsamer
Schatten auf der Suche nach einer Frau. Einer Frau für die Nacht.
Er durchstreifte eine Seitengasse und ging vorbei am Abschaum, der auf den Strassen lag und richtete seinen Blick auf unzählige Penner
die ihr Quartier für die Nacht in Papkartons bezogen.
In den Pfützen spiegelte sich der Charakter dieses Viertel wieder. Spritzen und Nadeln schwammen darin wie ein unscheinbares Boot
auf dem Ozean der Verzweiflung. Wie lange würden sie noch dieses beschissene Gift von Mensch zu Mensch weitergeben?
Ihre Kinder damit vergiften, die bereits bei ihrer Geburt den Stempel des Elends und das Pattent des Verbrechens auf ihre nackte Haut
gebrannt bekamen.
Die Gullideckel, der dunklen Passage die er durchquerte, spuckten dicken Rauch aus als ob sie sich über den stinkenden Kot und die Pisse der von Krankheiten
Verseuchten beschweren wollten.
Dort unten tief unter der Kanalisation lagen die Wurzeln dieses Stadtteils, die wie ein krankes Geschwürr in einem gesunden Körper hausten.
Das verlangen des Fremden war gross, heute Nacht eine Frau zu finden die seinen Vorstellungen entsprach und so begab er sich auf den Weg und hatte bald
gefunden was er suchte.
Vor einer schmalen Seitengasse an der Strassenlampe lehnte eine junge Frau die einen kurzen Minirock trug und eine Hautenge Strumpfhose zeichnete sich auf
ihren Beinen ab. Ihr Oberteil war ein pelziger Pullover mit einem Reissverschluss, was sie darunter trug war nicht zu sehen und um ihren Arm hing
eine Handtasche. Sie hatte eine braune Lockenmähne auf dem Kopf und war aufgepeppelt wie eine dieser typischen Prostituierten.
Ihr Blick wanderte zu dem Fremden der stehen geblieben war und ein verführerisches, einladendes lächeln trat auf ihren Lippen hervor.
"Suchst du etwas kleiner?" fragte sie und kam auf ihn zu.
"Vielleicht habe ich es schon gefunden," sagte der Fremde mit ruhiger, zurückhaltender Stimme.
"Möchtest du mitkommen?" deutete sie mit ihrem Kopf in das dunkel der Gasse.
"Dort wird uns niemand stören." Dann warf sie ihre Kippe auf den Gehweg und trat sie mit ihrem Stöckelschuh aus. Der Fremde folgte ihr in die Dunkelheit
hinein und blieb dabei immer zwei Schritte hinter ihr.
Sie kamen zum stehen vor einem Müllcontainer und als die Augen des Unbekannten durch die Gegend blickten, war nirgends jemand zu sehen. Nicht mal einer
von diesen Pennern die normalerweise hier die Nacht verbrachten.
"Also," begann sie ihre Handtasche abzulegen und das Knistern ihres Reissverschlusses war zu hören. Er blieb stehen und sah sich an was unter ihrem Pullover
verborgen lag. Nackte Haut und rosarote Nippel erregten ihn so derart das er die Hand in seiner Hosentasche verkrampfte.
Die andere Hand näherte sich ihrem Gesicht und streichelte ihre Wangen. Dann bewegte sie sich zum Hals und die spitzen seiner Finger fuhren über ihren Kehlkopf
während die andere Hand aus seiner Hosentasche ihre entblösste Brust berührte.
Dann lehnte sie sich gegen den Müllcontainer und spreitzte ihre Beine im Stehen. "Ich weiss doch was dir gefällt, Kleiner." Sie sollte ihn nicht "Kleiner" nennen.
Die Hand an ihrem Hals verwandelte sich in einen leichten Griff. "Du magst es also hart ja?" fragte sie frech. Keine Antwort und der Griff wurde fester.
Sie rang nach Luft und schlug alarmierend mit den Armen auf die Brust des Fremden ein. Sein Griff mutierte zu einem Würgegriff und ein schwarzes Tuch legte
sich über ihr Bewusstsein. Da lag sie noch halb bei Bewusstsein als er seinen Griff kurz gelöst hatte. Er war aufmerksam geworden als hinter einem
Müllcontainer der nicht weit von diesem entfernt war ein rascheln zu hören war. Eine Ratte überquerte die Gasse und verschwand in der Dunkelheit.
Die Frau sprang hastig auf und schaffte es an ihrem Freier vorbeizukommen. Er hielt ihren Pullover in der Hand und fluchte.
Er fühlte sich wie ein Fass mit Pulver gefüllt, das mit Feuer in Berührung kam. Dann begann er sie zu verfolgen und das Adrenalin machte sich im Körper bemerkbar.
Sowohl in dem des Jägers als auch der Gejagten die in ihrer panischen Angst einen verzweifelten Hilfeschrei austiess. Niemand konnte sie hören.
Sie war gestürzt und mit dem Gesicht in eine Pfütze gefallen. Ihr Blick spiegelte sich im Wasser und das letzte was sie sah war die blinkende Klinge
die der Fremde gezogen hatte.

Grüsse


M.D