Autor Thema: Gedanken  (Gelesen 70051 mal)

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Larkin

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Re: Gedanken
« Antwort #120 am: 19.09.2009 22:54 Uhr »
Hallo Michael!
Ich weiß gar nicht was du hast - die Geschichte liest sich flüssig und spannend ist sie auch.
Zitat
Die Gullideckel, der dunklen Passage die er durchquerte, spuckten dicken Rauch aus als ob sie sich über den stinkenden Kot und die Pisse der von Krankheiten
Verseuchten beschweren wollten.
Genau diese Art von Schreibstil will ich haben! Da macht das Lesen Spaß und besser vorstellen kann man sichs auch ;)
Wäre schön, wenn du weitere Kurzgeschichten hier reinstellen würdest - ich will mehr! :laugh:

Liebe Grüße,
Larkin ;)

Offline Isdrasil

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Re: Gedanken
« Antwort #121 am: 21.09.2009 13:36 Uhr »
Ich kann mich nur anschließen - schreib nur weiter so, Michael!  :icon_thumb:

Es gefällt mir auch, wie Du alle Sinne in die Geschichten einbeziehst. Wie Larkin schon meinte, kann man sich dann alles besser vorstellen.  :icon_wink:

Floh82

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Re: Gedanken
« Antwort #122 am: 21.09.2009 13:53 Uhr »
Ich finds auch gut!  :icon_thumb:

Offline Isdrasil

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Re: Gedanken
« Antwort #123 am: 05.10.2009 11:43 Uhr »
Für Michelle

In den Medien sieht man ein Gesicht.
Das Gesicht eines kleinen Mädchens.
Ihre Augen strahlen. Auf ihren Lippen liegt ein glückliches Lachen.
Der Moderator spricht von einem grausamen Mord.
Man denkt sich: „Wie schrecklich! Wie kann man nur so etwas tun?“
Und wendet sich kurz darauf anderen Gedanken zu.

Denn die Tiefe eines Verbrechens ist einem nicht bewusst.

Man sieht nicht in die Augen des Kindes, muss nicht die Angst mit ansehen, die es ausstehen muss. Wenn dieser Mensch zum ersten Mal in seinem Leben dem Bösen gegenüber steht, zum ersten Mal in seinem Leben einer grausamen Realität in das Auge blickt. Wenn das Kind dem kalten Ausdruck des Täters machtlos ausgeliefert ist. Wenn die heile Welt zerfällt, Vater und Mutter unerreichbar scheinen – alleine gelassen, ausgeliefert, machtlos. Stein für Stein die Mauer zerfällt…plötzlich etwas anderes Einzug hält in das sorgenfreie Erleben aus fröhlichen Tagen mit den Freunden und unbeschwertem Kinderlachen.
Man hört nicht die lauten und die leisen Schreie der Panik, schrill und die Luft zerschneidend.
Wenn aus Ungewissheit Gewissheit und Angst wird. Wenn ein Kinderherz zerbricht, sich in sein Schicksal fügt - Dinge geschehen, die es nicht einordnen und begreifen kann.
Plötzlich ein Fremder über einen herrscht.
Die Kontrolle entgleitet.
Wenn man noch einmal an seine Freunde denkt…an seine beste Freundin, an die Mutter, an den Vater, an die Geschwister…die Großmutter und der Großvater…wenn sie doch nur hier wären. Wenn man sie doch nur in die Arme schließen könnte, aus diesem Geschehen ausbrechen könnte. Ja, wenn es doch nur ein böser Albtraum wäre und man unbeschadet in seinem Kinderbett aufwacht, von der Mutter getröstet wird und sich ausnahmsweise einmal bei den Eltern in das Bett kuscheln darf. Und frühs nach dem Frühstück in die Schule gehen könnte…

Aber da ist dieser Mensch. Dieser kranke Mensch, bei dem irgendetwas schief gelaufen ist. Der aus irgendeinem Grund anders auf manche Sachen reagiert als andere, der in eine andere Welt abgedriftet ist, irgendwann einmal – wahrscheinlich weiß er es selbst nicht mehr.
Und dieser Mensch möchte das Kind zerstören. Er möchte die Träume zerfetzen, das junge Leben in Angst sehen. Die unschuldige Seele schänden. Sich an den Tränen ergötzen, die es still und leise vergießt…

Und darüber hinaus wird er die Eltern brechen. Er wird ihren Glauben an eine heile Welt vernichten. Sie werden tagelang, wochenlang weinen. Schweigen. Kollabieren. Sie werden niemals wieder die Gleichen sein. Die Wunden werden sich niemals schließen. Das Bild der lachenden Tochter wird fortbestehen und sie bis an das Ende ihrer Tage begleiten.

Reden wir nicht über die Freunde des Mädchens. Über die anderen Kinder des Dorfes. Über die vielen Mütter und Väter, die durch die Nachrichten ängstlicher werden…ihre Kinder noch mehr kontrollieren wollen – und diese es nicht verstehen. Was ist das Ausmaß einer Tat? Ist es wirklich „nur“ dies eine Menschenleben?



...und dann ist da der Täter, der neuneinhalb Jahre hinter Gittern muss – und mit spätestens 28 wieder frei ist, ein ganzes Leben noch vor sich hat.
« Letzte Änderung: 05.10.2009 14:41 Uhr von Isdrasil »

Stordfield

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Re: Gedanken
« Antwort #124 am: 05.10.2009 12:02 Uhr »
...und dann ist da der Täter, der neuneinhalb Jahre hinter Gittern muss – und mit spätestens 28 wieder frei ist, ein ganzes Leben noch vor sich hat.

Floh82

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Re: Gedanken
« Antwort #125 am: 11.12.2009 16:44 Uhr »
Und mal wieder was von mir. Ein wenig unpassend so vor der Weihnachtszeit...aber vielleicht ja doch passend zu kalten Winternächten ;)
Viel "Spaß"!

Die Quelle des Bösen



Kalt waren die Fliesen. So kalt. Ab und zu hörte man das Schlurfen von Schuhen oder ein leises Klicken, wenn jemand die Tür überprüft. Seit wann war er hier drin? Er hatte versucht die Tage und Nächte zu zählen, aber hier gab es nur ein kleines, verdrecktes Etwas dass ein Fenster darstellen sollte. Er konnte irgendwann nicht mehr wirklich erkennen wann Tag und wann Nacht war. Dazu das Summen des Lichts. Dann wieder klackende Geräusche, wenn ihm eine Masse vorgesetzt wurde die seinen Magen zwar füllte aber wie Pappe schmeckte.

Er schlief schlecht...die Einsamkeit war kaum zu ertragen, er hatte ja nicht einmal Alkohol um diese Leere zu betäuben. Seine Pritsche war hart und ungemütlich. Der Stuhl und der kleine Beistelltisch waren morsch und wirkten als wären sie schnell und sehr amateurhaft zusammengebaut worden. Nichts an diesem Ort war freundlich, warm oder menschlich. Es war ein lebensfeindlicher Ort, ein kalter Ort, ein toter Ort. Aber so sollte es wohl sein. So musste es sein...dass musste die Strafe für ein Monster wie ihn sein.

Als er diese Frauen tötete verspürte er etwas...er hatte es nie wirklich einordnen können. Lust? Befriedigung? Rache? Wahn? Irgendetwas. Irgendetwas machte irgendetwas mit ihm. Und dieses Etwas tat es genau dann, wenn er mit seinem Messer das Fleisch dieser Frauen auseinanderschnitt. Die Brutalität seiner Taten...war sie ihm bewußt? Er hatte die Bilder im Kopf und manchmal reagierte sein Körper wenn diese Bilder kamen. Er zitterte vor Erregung oder bekam einfach Heißhunger....Hunger auf einen weiteren Mord.
Aber das war Geschichte. Hier würde er nie wieder herauskommen.

An jenem Tag, er glaubte dass es Abend war, kamen die Bilder sehr deutlich. Er hatte gerade seine Mahlzeit zu sich genommen als es soweit war.
Die Bilder kamen wirr und zufällig. Keine Reihenfolge. Kein logischer Film mit genauem zeitlichen Ablauf.

Ein Bild von einer Prostituierten die er geschändet und getötet hatte. Dann ein Bild aus seiner Schulzeit. Dann das Bild seiner kleinen Schwester die er stolz in seinen Armen hielt, als sie gerade geboren war. Dann Blutflecken und Gedärme eines seiner Opfer. Dann das Gesicht seiner Mutter, als sie einen ihrer Wutanfälle hatte.
Die Bilder kamen wie Schläge mit einem Hammer. Und sie trafen. Jeder einzelne Schlag traf. Aber er spürte nichts.

Er empfand nichts als er die Bilder seiner Opfer sah. Als er sah wie er sich über sie beugte. Er fühlte nichts  als er das Bild seiner Festnahme sah. Als sie ihn anklagten und in diese Anstalt steckten. Weil er versucht hatte eine Frau zu schänden und wahrscheinlich zu töten. Einmal war er unvorsichtig gewesen. Früher hatte er sich über dieses Bild geärgert….jetzt spürte er nichts.

Er schloß die Augen. Das tat er immer wenn die Bilder in großer Flut kamen. Er spürte etwas warmes an seiner Wange. Dann sah er das Bild seiner Mutter die ihm mit voller Wucht und der geschlossenen Faust ins Gesicht schlug. Er spürte etwas an seinem Bein, einen brennenden Schmerz und sah das Bild seiner kleinen Schwester die ihn auf Befehl ihrer Mutter mit einem geknoteten Strick verprügelte, weil ihr großer Bruder sie nackt gesehen hat. Dass es ein Unfall war und er nur zufällig das Zimmer betrat als seine kleine Schwester sich umzog glaubte ihm damals keiner.
„Männer sind ekelhafte Schweine“ pflegte seine Mutter zu sagen. „Bestrafe ihn, bestraf deinen Bruder…diesen Haufen Dreck“. Seine Schwester war gerade einmal 16 Jahre alt und er war 21…aber sie prügelte ihn wie ein Kind, während Mutter einfach dastand und lachte.
All diese Bilder waren da, als wären sie gerade passiert, als stünde er davor. Als erlebe er das alles noch einmal. Aber er spürte nichts. Er spürte den Schmerz als Schmerz, er spürte das Brennen, die Wärme. Aber sonst nichts. Da war einfach nur Leere. Und er begann sich zu wundern.

Seine Hand streifte eine kalte Fliese. Die Bilder gingen und wurden zu blutend roten Bildern. Zu Bildern des Todes. Als er mit seinen Händen die noch warmen Brüste einer Frau anfasste, die er gerade geschlachtet hatte. Als er die langsam erkaltenden Lippen befingerte und seinem Opfer dann mit voller Wucht das Messer in den Bauch rammte. Er spürte die Wärme der Innereien an seinem Arm. Er spürte das Pulsieren der Adern, kurz bevor er eines seiner Opfer erwürgte. Er spürte die Nackenhaare eines anderen Opfers, als ihr klar wurde dass sie sterben würde.
Er spürte all das. Aber er fühlte nichts. Es blieb die Leere in ihm.

Seine Hände wanderten über die kalten Fliesen. Manchmal fühlten sie sich feucht an. So wie es nach Schimmel, Kot und Urin stank war das wohl auch kein Wunder. An den Gestank konnte man sich gewöhnen. An den Gedanken an diesem Ort zu leben eigentlich nicht. Aber immer wieder sagten ihm seine Bilder dass er hier richtig war….oder zumindest dass dies das Ende seiner Geschichte wäre. Das logische Ende.
Ein Bild kam ihm in den Sinn:
Das Gesicht eines freundlichen, alten Mannes. Er wohnte eine zeitlang in der Nähe seiner Familie. Manchmal gab der alte Mann ihm etwas Kleingeld oder etwas zu essen. Er war auch einer der armen Leute…aber er war immer freundlich und hilfsbereit. Einmal hatte der Mann ihn getröstet als er weinend an einer Straßenecke saß. „Weißt du,“ hatte der Mann gesagt „alles geht seinen Weg. Das Wasser fließt aus der Quelle in den Fluß und vom Fluß ins Meer. Niemand wird das ändern können. Das ist der Weg des Wassers. Und so haben auch wir alle unseren Weg bis ans Ende zu gehen, so schwer er auch ist.“
Er erinnerte sich an die Worte noch sehr gut. Er hatte aufgehört zu weinen und sehr lange über diese Worte nachgedacht. Aber das war alles lange her. Und auch dieses Bild tat nichts mit ihm. Die Leere blieb weiterhin.

Die Bilder kamen jetzt in kürzeren Abständen. Seine Schwester. Seine gehässige Mutter. Seine Opfer. Gedärme. Blut. Das Gesicht eines fröhlichen Jungen den er als sich selbst erkannte, aber den Zeitpunkt nicht mehr kannte. Ein Messer. Das Geräusch zerreißenden Fleisches. Blut. Leichen. Knochen. Leere, tote Augen. Seine Mutter die ihn auslachte. Seine Schwester die ihn bespuckte. Die Bilder kamen schneller und heftiger. Immer schneller, immer heftiger. Aber er fühlte nichts!

Hatte er je gefühlt? Wann hatte er aufgehört zu fühlen? Wann war die Leere gekommen? War sie nicht immer schon da? Waren all diese Gefühle…der Hass, die Wut, der Exzess, die Erregung…war das alles nur Schein? Waren diese Gefühle nur das Echo in einer leeren Hülle? Das Echo des Nichts? Wo waren seine Quelle und sein Flussbett? Und wo das Meer? Hier? 

Das letzte Bild dass er sah war ein merkwürdiges. Er sah eines seiner Opfer. Aber es waren nicht ihre Augen. Es waren wissende Augen. Alte Augen. Weise Augen. Und sie wirkten warm und freundlich. Und er musste an einen Bach denken, nicht an die schmutzige Themse. Nein an einen kleinen Bach der über eine grüne Wiese floß.

Und dann fühlte er etwas. Nur den Bruchteil einer Sekunde spürte er etwas. Etwas kleines dass die Leere in ihm komplett füllte. Er spürte das Zerreißen seines Herzens. Ein Gefühl dass er so nicht kannte….oder nie kennen wollte?! Und er spürte etwas warmes sein Gesicht hinunterlaufen. Das war das Letzte was er fühlte.

Als man ihn am nächsten Morgen fand, war die Träne bereits getrocknet. Die Pfleger fanden nur die Hülle eines Verrückten. Eines Wahnsinnigen der keine Verwandten hatte. Als Todesursache würde man Herzversagen angeben.
 Man würde seine Leiche wahrscheinlich verbrennen oder einfach irgendwo verscharren.
Irgendwo an einem ruhigen Ort vielleicht. An einem Bach womöglich. Auf einer Wiese.

Und viel Wasser würde von der Quelle, durch den Bach, ins Meer fließen. Und irgendwo würde ein alter Mann erzählen dass alles seinen Weg geht…wie das Wasser. Das alles seinen Ursprung, seine Quelle hat…wie das Wasser.

Aber niemand würde wissen dass an jenem Bach, an jener Quelle, ein brutaler Mörder liegt. Niemand würde ahnen dass dort das Herz von Jack the Ripper vergraben ist.

Floh82

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Re: Gedanken
« Antwort #126 am: 17.03.2010 12:42 Uhr »
Diesmal etwas Sci-Fi. Viel Spaß damit!

Zeitenreise

27 n. Dorja, 3. Sonnenwende
730 Jahre nach dem Ende der christlichen Zeitrechnung

Endlich war es Korular gelungen die fehlenden Verbindungen zu entschlüsseln. Nun hielt er das kleine, sensible Gerät in den Händen. Viele Menschen waren einst der Meinung irgendwann wäre es möglich durch die Zeit zu reisen...aber niemand hatte Erfolg. Schließlich war es ihm gelungen neben den technischen, phsyikalischen und biologischen Formeln, noch einige chemische Komponenten hinzuzufügen. Der Eingriff in die Zeit, war ein sehr komplexer Eingriff, der auch den menschlichen Körper betraf. Und nicht nur den. Auch die Körper der Dh'xal, der Zenoben und der feindlichen Grimms waren keine einfachen Versuchsobjekte gewesen. Die Allianz der Völker wußte nichts von den geheimen Forschungen einiger Wesen....auch nicht die Gemeinschaft unter Klararr dia Toxx der obersten Grimm-Priesterin war nicht eingeweiht in die Forschungen dieser Gruppe diverser Rassen.

Und nun war es Korula, einem Menschen der vom Planeten Mars kam, gelungen die Forschungen zum erfolgreichen Schluß zu bringen. Er hielt das Gerät in den Händen. Ein Gerät dass es ermöglichen sollte in die Vergangenheit zu reisen. Zukunftsreisen waren ausgeschlossen. Bisher sind Versuche in diese Richtung mehr als schief gegangen. Alle Formeln kamen nur zu einem Schluß: Reisen in die Zukunft sind schlicht nicht möglich....und selbst wenn würde das Individuum nicht überleben. Es würde schier auseinandergerissen.

Niemand wußte warum es diese Forschungseinrichtung gab...irgendjemand fand es enorm interessant in die Vergangenheit zu reisen. Vielleicht um die erste Präsidentin der USA einmal persönlich kennenzulernen...kurz bevor sie die Entscheidung trifft die zum 3. Weltkrieg führte und letztendlich zum ersten interstellaren Weltenkrieg. Oder vielleicht um Khr'Oark live zu erleben...als er es als erstes Wesen überhaupt schafft, die Monde von Domalk zu betreten...alle 20 wohlbemerkt. Oder um die Friedensverhandlungen zwischen Dh'xal und den Menschen unter Leitung des zenobischen Rates mitzuerleben. Eigentlich war es auch egal. Die Forschungseinrichtung zahlte Geld für das Projekt und das war das wichtigste.

Koruar war es also nun gelungen das Gerät zu entwickeln. Er war sich nicht sicher ob er es selbst probieren sollte oder den Projektleiter selbst darum bat, das Gerät zu testen. Er war sich sicher dass es funktionieren würde.

Taramnor, der aktuelle Projektleiter, nahm ihm die Entscheidung ab. Er kam gerade in das kleine Labor hinein und sein Blick fiel gleich auf das Gerät.
„Und? Ist es fertig und einsatzbereit? Deine Berechnungen und Formeln scheinen interessant zu sein! Auch die anderen sind der Meinung dass dies der Durchbruch sein könnte. Das wäre dein Verdienst Koruar.“
„Es ist tatsächlich fertig Taramnor. Möchtest du es selbst testen?“
„Natürlich! Wie funktioniert es genau?“

Koruar  begann das Gerät zu erklären, zeigte dem Leiter des Projektes was er wie einstellen müsste. Nach einigen Minuten war Taramnor einsatzbereit. Er hielt das Gerät in den Händen und lies es sich um die Taille schnallen.
„Alles ist bereit. An dem Rechner hier, kann ich nun die Zeit einstellen. Er überträgt es an das Gerät und die Energie macht den Rest.“
„Wo wache ich auf Koruar?“
„Die Koordinaten werden ebenfalls eingegeben. Sogar Tageszeiten kann ich einstellen.“
„Gut. Dann los. Welches Jahr nehmen wir?“
„Hast du einen Wunsch?“
„Nein. Ich will nur wissen ob es geht. Ich möchte gleich wieder zurück. Lass mir ein paar Minuten dort. Sobald du das Rückrufsignal bekommst, will ich zurück.“
Koruar ließ den Rechner entscheiden. Er hatte ein Programm gewählt, dass ein Jahr durch Zufall auswählte. Zahlen rasten über den Bildschirm und schließlich stand eine Jahreszahl auf dem Bildschirm.
1888 - nach alter Zeitrechnung der christlichen Erdenwelt
„Der Computer hat das Jahr 1888 nach Chrisus gewählt. Die alte Erdenzeit. Möchtest du einen bestimmten Ort?“
„Wir nehmen die Erde. Ich wollte immer schon wissen wie ihr Menschen damals so gelebt habt“ sprach der zenobische Wissenschaftler und lachte. Sag mir eine mächtige Nation dieser Zeit. Und nimm ihre Hauptstadt!“
Koruar dachte nach. Er ließ ein Computerarchiv suchen und entschied sich für das britische Empire. Er musste lächeln bei dem Gedanken an die zenobische Denkweise. Wahrscheinlich glaubte Taramnor dass die Hauptstadt eines menschlichen Großreiches wie ein riesiger, goldener Palast wirken musste. Dass die zenobische Rasse ganz andere Architekturen kannte, ganz andere Lebensweisen bevorzugte…dass musste dem Wissenschaftler wohl entgangen sein. Er würde sich bestimmt wundern, wie es in diesem….London…aussehen würde.
„Dein Ziel wird London sein. Viel Spaß!“
Und mit diesen Worten betätigte Koruar den Knopf im Computerprogramm für die Zeitreise.
Taramnor wirkte etwas angespannt, drückte dann aber auf den Knopf an der Bedienungskonsole der kleinen Maschine an seinem Gürtel.
Energiewellen umhüllten den Wissenschaftler….und dann…nach einigen Sekunden war Taramnor verschwunden.


London – 1888 nach Christus, eine dunkle Seitengasse im EastEnd.

Der Mann, der sich gerade an einer Straßenecke eine Zigarette anzündete, schüttelte sich. Er fühlte sich komisch an….als wäre etwas….in ihn gedrungen. Er schüttelte sich noch einmal. Das komische Gefühl wurde schwächer. Er machte die dreckige Luft an diesem Ort dafür verantwortlich und ging weiter.
Seine Hand umschloss das Messer in seiner Tasche fester. Das Gefühl des Messers in der Hand ließ ihn den Rest vergessen. Und so blieb der Fremde unbemerkt. Der fremde Geist der in seinen Hirnwindungen ein Versteck gefunden hatte.


In der Zukunft

Koruar bemerkte die sonderbaren Werte auf dem Computer. Die Anzeigen spielten verrückt. Angstschweiß bildete sich langsam auf seiner Stirn. Was bedeuteten diese Anzeigen? Sollte er den Versuch abbrechen? Aber das würde eventuell bedeuten Taramnor dabei zu töten. Das wollte er keinesfalls.

Taramnor selbst bemerkte dass etwas nicht stimmte. Sein Körper, sein Geist…sein ganzes Ich war nicht als Individuum in die Vergangenheit gereist. Er war dort ja gar nicht existent. Etwas anderes musste passiert sein. Bis er bemerkte dass er alles sah, alles fühlte, alles schmeckte….und langsam aber sicher auch alles dachte…was sein Wirt tat, fühlte, dachte und schmeckte. Er war gefangen in einem anderen Körper. Und sein Geist begann sich langsam mit dem Geist des Wirtes zu verbinden. Es war ein Gefühl der Angst dass sich in ihm breit machte….dann aber von einem anderen Gefühl ersetzt wurde: Hass! Gier! Irgendetwas….dass er nicht einordnen konnte. Etwas vernebelte seine Sinne….und machte sie gleichzeitig scharf. Er wurde der Andere….er war der Fremdkörper, der nicht abgestoßen werden konnte….aber der einverleibt werden konnte. Nun musste er kämpfen….damit er bei sich blieb. Denn er bemerkte dass die Gefühle des Anderen ihm fremd waren….dass die Gedanken Böse waren. Er war in dem Körper eines bösen Menschen….eines furchtbar bösen Menschen.


1888 – London, das EastEnd

Das Messer wusch er mit Wasser ab, legte es dann beiseite und genoss den anbrechenden Morgen. Er würde sich noch etwas hinlegen um zur Ruhe zu kommen. Diesmal war es ein äußerst brutaler Mord gewesen. Er lächelte.

Taramnor wusste nicht wie lange er hier war. In diesem Körper. Eigentlich sah er nur noch das blutende Rot vor seinen Augen. Er sah Fetzen von Fleisch und Gedärmen. Mit zitternden Fingern berührte er im Geiste den Knopf an dem Gerät vor seinem Bauch. Er fühlte das Gerät…drückte den Knopf. Er würde das Projekt als gescheitert melden….er war mit dem Wirt verbunden gewesen. Und es schien als sei der Geist des Wirtes stärker als seiner gewesen…denn beinahe wäre er nicht mehr er selbst gewesen. Und deshalb musste er schnell zurück.


In der Zukunft

Koruar bemerkte das aufflackernde Lämpchen auf dem Monitor. Er reagierte sofort und  begann damit Talamnor zurückzuholen. Es waren nur ein paar Minuten vergangen, aber es schien ihm vor Stunden gewesen zu sein. Langsam begann die Energie sich zu sammeln und ein Körper begann sich vor ihm zu manifestieren. Ein Körper der sehr nach dem Projektleiter aussah. Koruar atmete auf.

Taramnor war zurück. Er war glücklich, musste sich erst einmal setzen, bevor er Koruar Bericht erstattete. Das Projekt würde weiter gehen…denn die Lösung war nicht gefunden. Der Versuch war letzten Endes gescheitert.

Taramnors Fehler war nur einer! Er ging nicht die Archive durch, um herauszufinden in wessen Körper er gefangen war…und wessen Geist ihn fast übernommen hätte. Und er bemerkte auch nicht dass er etwas mit in die Zukunft genommen hatte. Er bemerkte nicht den Geist des Anderen, der sich mit ihm verbunden hatte und darauf wartete zuzuschlagen und den Körper des Wirts zu übernehmen.
Ihm war nie klar gewesen dass Jack the Ripper in seinem Körper schlummerte und nur auf den einen Augenblick wartete. Den Augenblick um wieder zu kommen….in einer neuen Welt, die er aufs Neue in ein Bild aus Blut verwandeln würde.

Offline Isdrasil

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Re: Gedanken
« Antwort #127 am: 18.03.2010 19:19 Uhr »
Hi Floh!

Schön, dass Du wieder mal eine Geschichte geposted hast. Ganz nach meinem Geschmack, finde ich wirklich sehr gut gelungen!  :icon_thumb:
Sehr schön das offene Ende.  :icon_wink:

Grüße, Isdrasil

Offline Isdrasil

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Re: Gedanken
« Antwort #128 am: 03.10.2011 18:17 Uhr »
...und wer noch mehr Geschichten lesen möchte, kann sich auch mal hier umschauen:

http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1191.new.html

Stordfield

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Re: Gedanken
« Antwort #129 am: 30.10.2013 16:14 Uhr »
Warum geht es hier eigentlich nicht weiter? Ein paar Geschichten brauchten wir schon noch, um irgendwann ein Buch zu füllen.
Lestrade, ich weiß, dass Du sowas kannst, also gib uns mal eine Kostprobe, bitte.