Autor Thema: Gedanken  (Gelesen 70088 mal)

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JD

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Fragmente
« Antwort #30 am: 13.04.2007 19:11 Uhr »
FRAGMENTE


1. Eine schicksalhafte Begegnung

Es war vor ungefähr vier Jahren als mein Ehemann zum ersten Mal Jack the Ripper begegnete. "Ehemann" - was für ein zynischer Scherz. Ich hatte gerade getrunken und die kleine Schlampe filetiert, die es gewagt hatte, mich respektlos zu behandeln. Ich trug das, was ich bei diesen Gelegenheiten vorzugsweise trage: Nichts. Nichts außer dem Messer und dem Blut. Man kriegt die Blutflecken immer so schwer aus den Kleidern heraus. Ihm muss sich ein spektakulärer Anblick geboten haben. Umso mehr überraschte mich seine Reaktion. Er schrie nicht und versuchte auch nicht davonzulaufen - was ihm natürlich nichts genutzt hätte. Stattdessen fiel er auf die Knie, breitete die Arme aus, nannte mich "Herrin" und bat mich, mir dienen zu dürfen. Ich war verblüfft. Die männliche Psyche ist mir bis zum heutigen Tag ein Rätsel - wenngleich eines, das ich nicht zu ergründen wünsche. So zuckte ich lediglich mit den Schultern und entgegnete: "Warum nicht?". Ich schwöre, er lächelte. Seine Worte überschlugen sich als er mir seine Ergebenheit bekundete und all die Dinge aufzählte, in denen er sich mir als nützlich erweisen wollte. "Ja, ja.", unterbrach ich ihn mit sanfter Ungeduld, "Du weißt aber hoffentlich, dass du für diese Gnade ein Opfer bringen musst, oder?". Er versicherte für jedes Opfer bereit zu sein. "Nun gut.", sagte ich, "Es ist wohl das Beste, wenn wir es gleich hier und jetzt hinter uns bringen.". Als ich auf ihn zuging, das Messer auf der Höhe seiner Augen, legte sich der Schrecken der vermeintlichen Erkenntnis auf sein Gesicht. Ich musste unwilkürlich lachen. "Nein, nein. Blind wärst du mir nicht von Nutzen.", versicherte ich ihm. "Es ist eine andere Art von Opfer, das du bringen musst." Und ich muss zugeben: Er ertrug es wie ein Mann - sozusagen. Er winselte nicht und stieß auch nicht jenen hohen Schrei aus, der sonst bei einer Kastration typisch ist. Nach einer kurzen Ohnmacht war alles überstanden und nur wenige Tage später heirateten wir - natürlich nicht kirchlich. Seitdem assistiert er mir bei meinen Operationen, entsorgt den dabei entstehenden Abfall und ist - ganz allgemein gesprochen - der fürsorglichste Ehemann, den sich eine Frau nur wünschen kann. Natürlich wird dieses Arrangement eines Tages ein Ende finden. Dann nämlich, wenn mich der Drang überkommt und gerade kein anderes Objekt zur Hand ist. Wir beide wissen das. So war es immer in all den Jahren. Aber bis zu diesem Tag führen wir beide eine ungetrübt glückliche und harmonische Ehe - Und welche Ehe kann das schon von sich behaupten?   

2. Mary Jane

Es ist Herbst geworden. Wieder einmal. Und wieder einmal muss ich an sie denken, die eine, die mir teurer war als all die anderen: Mary Jane. Nie werde ich die Tage und Nächte mit ihr in jenem schäbigen Zimmer vergessen, wo ich dem, was die Menschen Liebe nennen, näher war als jemals davor oder danach in all den Jahren. Liebe - was für ein großes Wort. War es Liebe, was ich seinerzeit für Ferencz empfand? Nein, gewiss nicht. Die Hochzeit war arrangiert, die Hochzeitsnacht eine Katastrophe. Hinterher schwor ich, ihn zu töten, sollte er es je wagen, mich noch einmal anzufassen. Und trotz meiner erst 15 Jahre begriff er, dass dies keine leere Drohung war. Seitdem hat mich keines Mannes Hand mehr berührt. Ferencz aber lehrte mich andere Dinge: Die Freuden des Schmerzes. So wurde er mein Mentor, für den ich wenn schon nicht Liebe, dann doch zumindest so etwas wie Respekt empfand. Dennoch weinte ich keine einzige Träne an seinem Grab. Anna lehrte mich die dunklen Künste und ich schenkte ihr meinen jungen Körper dafür. Ein Arrangement zum beiderseitigen Vorteil - mehr nicht. Mit Dorottya, Ilona und Katalin genoss ich die Freuden der Lust, aber es war letztlich kaum mehr als eine Art Komplizenschaft, die uns verband. Als man mir berichtete, dass man ihnen die Finger ausgerissen und sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt hatte, konnte ich nur müde lächeln. Wir hatten weit schlimmere Dinge getan. Und dann begann jene andere Phase meiner Existenz. Ich glaubte bereits, die Fähigkeit, tiefe Gefühle empfinden zu können, für immer verloren zu haben - abgesehen natürlich von den Momenten, in denen der Drang Besitz von mir ergriff. Doch dann traf ich sie, gleichsam wie eine menschliche Rose im Dunghaufen des Londoner Eastends. Da die Zeit meiner eigenen Schönheit nichts mehr anhaben kann, stellte ihre Verführung kein Problem dar - wenn man überhaupt von einer solchen sprechen kann. Auch ihr selbsternannter "Beschützer" nicht. Er wurde zwar etwas lauter, als Mary Jane ihm erklärte, dass das Zimmer für drei zu klein sei und er deshalb zu gehen habe, aber nachdem ich ihn mit einer Hand an der Kehle gepackt, ihn hochgehoben und ihm in die Augen gesehen hatte, trollte er sich ohne große Umstände. Was folgte waren Tage und Nächte unbeschwerten Glücks, wie ich es nie empfunden hatte - bis zu jener schicksalhaften Nacht. Es war über einen Monat her, dass ich zuletzt getrunken hatte. Und die alte Schabracke, die ich am Mitre Square gerissen hatte, hatte mehr billigen Gin als But in ihren Adern gehabt, so dass ich einen großen Teil davon wieder erbrach. So traf es mich vollkommen unvorbereitet als der Drang mich mit ungewohnter Heftigkeit überfiel. Als der rote Nebel sich lichtete und ich sah, was ich meiner geliebten Mary Jane angetan hatte, weinte ich bittere Tränen. Ich bin was ich bin und ich habe meine Entscheidung, das zu werden, was ich bin, nie bereut - mit Ausnahme dieses einen Mals. Dieses eine Mal verfluchte ich den Drang aus tiefster Seele.  Später sagte man, ich hätte sie erwürgt. So ein Blödsinn. Glaubten diese Idioten denn, ich würde aus einer Leiche trinken? Nein, was ich Mary Jane antat war schrecklich und unverzeihlich. Und jedes Jahr wenn der Herbst beginnt weine ich nun um das, was ich in jener verfluchten Nacht verlor. Bald sind es 120 Jahre, die mich von meiner Geliebten trennen. Und ich habe beschlossen, Mary Jane und meiner Liebe zu ihr ein Denkmal zu setzten. An ihrem 120. Todestag werde ich ihren und meinen Namen rot in die Straßen der Themsestadt schreiben. London wird einen zweiten "Herbst des Schreckens" erleben, auf dass man sich meiner, ihrer und unserer Liebe auf ewig erinnern möge. Bald schon ist es soweit. Bald...

(Fortsetzung folgt... irgendewann... vielleicht...)
« Letzte Änderung: 13.04.2007 19:23 Uhr von JD »

Offline Pathfinder

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Re: Gedanken
« Antwort #31 am: 13.04.2007 21:21 Uhr »
 :icon_thumb:

UND ER WAR ES DOCH !!!!!!!!

Offline Phil

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Re: Gedanken
« Antwort #32 am: 29.04.2007 23:03 Uhr »
Der Versuch sich in Jack The Ripper hineinzuversetzen...ich hoffe, es gefällt euch  :icon_wink:

"Donnerstag, der 30. August 1888

Ich sehe aus dem Fenster meiner Wohnung. Gleich würde es soweit sein. Die Sonne versinkt blutrot im Westen, jenseits der Häuserdächer und verschwommen im Rauch der Fabriken.
Die Kirchturmuhr schlägt sechs Uhr. Bald würde es soweit sein.
Mein Hand zittert vor Aufregung, ich balle sie zur Faust. "Bloß nicht nervös werden, Junge."
Ich drehe mich um. Auf einem kleinen Tischchen steht die Tasche aus schwarzem Leder. Sie ist noch geöffnet, die Instrumente sind ordentlich in ihr verstaut, alles was ich brauche ist dort drin.
Es war nicht gerade billig, all diese Utensilien zu bekommen, aber was tut man nicht alles um seine Triebe zu befriedigen?
Ich lasse mich in einen Sessel fallen.
Meine Gedanken schweifen zurück. Schweifen zurück zu Ada Wilson, der Frau, die ich heute als Testobjekt beschreibe. Mein Gott, war ich anfängerisch und nervös damals.
Die Frage nach Geld, einfach um etwas zu sagen, einfach um nicht vor Aufregung durchzudrehen. Der Stich in den Hals war zu reflexartig, viel zu ungenau, viel zu unpräzise. Ich war sehr ungeübt damals und viel zu nervös. Und dann schrie sie auch noch. Ich musste schleunigst verschwinden, ich hörte schon die Nachbarn kommen.
Und dann überlebt sie auch noch!
Das lief ganz und gar nicht so, wie ich es geplant hatte. Ich war zu aufgeregt, zu dilletantisch.
Wenigstens ist niemand auf meine Spur gekommen.
Vielleicht dachten einige, das es der gleiche Täter gewesen ist wie bei den beiden, auf die eingestochen wurde...eine überlebte...wie hießen die noch? Achja, Millwood und Tabram.
Wer weiß, vielleicht werden sie in einigen Jahrzehnten auch zu meinen Opfern gezählt.
Ich muss grinsen.
Während ich so nachdenke, vergeht die Zeit.
Als es halb eins schlägt, stehe ich auf.
Ich werfe einen Mantel über, in seiner Innentasche steckt ein Messer, und ziehe einen Hut auf. Ich will nicht gleich von jedem erkannt werden, wenn ich jemanden umbringe. Wenn es gut läuft, möchte ich vielleicht noch mehr aufschlitzen.
Ich bin am überlegen, ob ich Handschuhe überziehen soll. Ich muss grinsen. Wozu? Nachweisen wird mir sowieso keiner was können. Und falls doch? Ich lache. Sollen sie doch!
So wichtig ist mir das Leben auch nicht, als das ich übervorsichtig sein will. Dann will ich doch lieber noch ein bisschen Lust empfinden und dann geschnappt werden.
Und wer weiß, vielleicht gehe ich sogar in die Geschichte ein. Das wäre ein amüsanter Gedanke.
Noch amüsanter wäre es allerdings wenn unsere verehrte Polizei mich nicht erwischen würde. Das wäre äußerst lustig. Tagsüber laufe ich ihnen über den Weg und sie suchen mich und gehen doch an mir vorbei, weil sie mich gar nicht beachten.
Ich verschließe meine Tasche sorgfältig und nehme sie. Dann lösche ich das Licht in der Wohnung und trete aus der Tür.
Ich verschließe sie sorgsam hinter mir, eine alte Angwohnheit. Seit ich eine Wohnung habe, verschließe ich sie sorgfältig. Als ich damals als Kind mit meinen Geschwistern und meiner Mutter auf der Straße gelebt habe, hatten wir keine Wohnung zum abschließen. Vielleicht tue ich es deshalb so gründlich. Ich weiß, dass man sie mir nicht klauen kann, aber das Unterbewusstsein spielt dabei eine zu große Rolle.
Ich gehe die Treppe hinunter zum Erdgeschoss.
Keiner ist im Treppenhaus und unten im Hausflur ist ebenfalls niemand. Ich bin etwas erleichtert, es muss mich ja nicht unbedingt jemand aus dem Haus bei meinem Verlassen des Hauses sehen.
Ich trete auf die Straße.
Obwohl es Ende August ist, ist es relativ kalt in den Straßen.
Londons typischer Nebel drückt auf die Gassen und Straßen und die wenigen Straßenlaternen spenden wenig Licht.
Gute Vorraussetzungen für mein heutiges Vorhaben.
Ich merke plötzlich, dass ich wieder extrem ruhig bin und kein bisschen nervös. Ich bin leicht irritiert darüber, aber gleichzeitig erfreut und es bestärkt mich.
Frischen Mutes mache ich mich auf den Weg in das Herz des East-Ends, nach Whitechapel.
Mittlerweile schlägt die Turmuhr eins.
Gut, dass ich morgen nicht arbeiten muss. Ansonsten müsste ich meine Triebe auf das Wochenende verschieben.
Eine Hure geht an mir vorbei, mit einem Freier. Ich muss daran denken, dass sie mein mögliches Opfer hätte sein können.
Die beiden bemerken mich nicht, der Mann scheint ziemlich betrunken.
Vielleicht wird er ja Tatverdächtiger, denke ich und schaue ihn mir kurz an. Jeder in dieser Nacht könnte ein Verdächtiger sein und jede Hure könnte mein Opfer werden.
Dieser Gedanke lässt mich schmunzeln und er verleiht mir irgendwie Macht.
An einer Straßenecke bleibe ich stehen.
Ich bin unentschlossen. Eine Hure geht vorbei, sie schaut mich herausfordernd an. Anscheinend braucht sie Geld.
Für einen Moment bin ich versucht, mit ihr mitzugehen, aber eine Art Angst sitzt in meiner Brust und meine Füße tun keinen Schritt. Ich kann nicht und bleibe stehen.
Leute gehen vorbei und die Zeit vergeht und noch immer stehe ich hier, unfähig etwas zu tun.
Eine Hure kommt zu mir.
"Na, Süßer. Wie wär's mit uns zweien? Ich mach dir auch einen guten Preis."
Sie kommt mir ganz nahe, ihr Gesicht ist knapp vor meinem und ich kann sie riechen.
Das ist meine Chance! Ich öffne den Mund...und nichts kommt raus.
Ich versuche es wieder, doch es klappt nicht.
"Na, was ist?", fragt sie.
"Lass mich", fauche ich sie an und schubse sie leicht weg.
"Ach, verpiss dich doch", ruft sie und geht die Straße runter.
Das lässt mich plötzlich aus meiner Erstarrung fahren.
Hey, ich bin hier der Meister! Ich darf mich doch nicht von Huren niedermachen lassen! Ich bin hier, um Huren niederzumachen!
Mit neuem Mut gehe ich los. Die Angst in meiner Brust ist vollkommen verschwunden und ich bin vollkommen ruhig. Ich gehe gerade meinen Weg und habe mein Ziel direkt vor Augen.
Nichts und niemand wird mich aufhalten können.
Die nächste Hure wird mein Opfer...und sie wird nicht mein letztes sein.
Die Kirchturmuhr läutet drei.
Ich gehe durch die Straßen, die Menschen gehen an mir vorbei und beachten mich nicht.
Ich bleibe kurz an einem Platz stehen und schaue mich um.
Ich fixiere die verschiedenen Leute und suche mir ein passendes Opfer.
Da!
Eine betrunkene Frau mit Haube und niedergeschlagenem Gesichtsausdruck torkelt von der Osborn Street auf mich zu, allerdings ohne von mir Notiz zu nehmen.
Ich gehe auf sie zu und bleibe vor ihr stehen.
Sie strauchelt kurz und schaut mich dann verwundert an.
"Wie wär's mit uns, meine Liebe?", frage ich lächelnd. Ich lasse meinen Geldbeutel klingen. "Du kannst doch sicher ein wenig Geld gebrauchen, oder?"
Sie schaut mich mit großen Augen an. "Aber natürlich, Mister...ich..."
"Weißt du nicht ein nettes Plätzchen für uns zwei?", frage ich wieder.
"Natürlich...natürlich, Mister." Sie grinst und ich sehe einige Zahnlücken. "Folgen Sie mir."
Sie dreht sich um und marschiert los, ich bin direkt hinter ihr.
Das ist sie nun, denke ich. Mein erstes Opfer.
Die Erregung in mir steigt an.
Wir passieren Buck's Row. Sie ist leer, ein Polizist verlässt gerade das andere Ende der Straße und bemerkt uns nicht.
"Ist es noch weit?", frage ich.
"Nein, Mister, wir sind gleich da."
Ich tippe ihr auf die Schulter und sie dreht sich um.
"Du wirst gleich ganz woanders sein", grinse ich und schlage ihr mit meiner linken Faust (ein Glück wenn man beidhändig ist) ins Gesicht. Sie taumelt und fällt nach hinten auf den Boden.
Ich gehe zu ihr, knie mich neben ihr hin und drücke mit der linken Hand ihren Kopf auf den Boden. Dann ziehe ich mein Messer und schwinge es gekonnt in Richtung Hals.
Die Kehle wird gänzlich durchgeschnitten. Blut spritzt auf meinen Mantel und ich lache.
Die Frau zuckt noch einige Male und das Blut aus ihrer Kehle läuft auf den Bürgersteig.
Ich schaue mich um. Niemand auf der Straße.
Ich stelle meine Tasche neben ihr ab. Ich öffne sie und ziehe ein längeres Messer als das eben benutzte hinaus.
Ich fange an zu metzeln und meine Erregung ist an ihrem Höhepunkt.
Ich schneide Zacken in die linke Seite ihres Bauches und kreuz und quer an ihrem Unterleib herum.
Die Macht die ich habe ist unglaublich und ich zerfleische planlos diese arme Frau, die ich gerade ins Jenseits befördert habe.
Ich lache, während ich "arbeite". Die Lust ist unbeschreiblich. Etwas vergleichbares habe ich nie erlebt.
Die Schnitte und Stiche, die ich mache, sind willkürlich und das Blut spritzt und ich lache.
Nach einigen Minuten sinnlosen Einstechens bin ich zum Orgasmus gekommen* und ich lasse erschöpft mein Messer sinken.
Das Blut hat inzwischen eine Lache auf dem Bürgersteig hinterlassen. Ich werfe das Messer in die Tasche und verschließe sie.
Langsam stehe ich auf und betrachte mein eben vollbrachtes Werk.
Obwohl ich nun müde bin, bin ich zufrieden und fühle mich mächtig.
Plötzlich höre ich Schritte.
Schnell packe ich meine Tasche und hechte die Straße hinunter, in die Richtung aus der ich gekommen bin.
Ein Arbeiter kommt um die andere Straßenecke und bleibt irritiert stehen.
Er guckt sich um und nähert sich vorsichtig der toten Frau.
Er beugt sich über sie und sieht sie an.
Ein anderer Arbeiter kommt um die gleiche Straßenecke und bleibt mißtrauisch dort stehen.
Der erste Arbeiter ruft ihn heran, ich kann nicht verstehen, was er sagt, meine Ohren sind irgendwie taub und ich bemerke innerlich, dass ich in relativ hoher Gefahr schwebe, aber trotzdem bin ich unfähig, wegzugehen.
Als die beiden sich in Bewegung setzen und in meine Richtung kommen, gehe ich schnell weg und in eine Seitengasse.
Die beiden gehen an mir vorbei. Ich gehe zurück zur Buck's Row. Sie ist wieder leer und ich kehre zurück zur Leiche. Sie liegt noch so da wie eben und ich kann es immer noch nicht fassen, wie glücklich ich mich fühle.
Dann bin ich mir plötzlich der Gefahr bewusst und mache mich schleunigst aus dem Staub.
Ich bewege mich schnell vom Tatort weg.
Niemand begegnet mir und das ist auch gut so, denn ich bin ein ernsthafter Verdächtiger. Zum Glück ist es dunkel und man sieht das Blut auf meinem dunklen Mantel nicht.
Doch da sehe ich einen Nachtwächter, halb schlafend, genau auf meinem Wege stehen. Es gibt keine Möglichkeit ihn irgendwie zu umgehen.
Ich ziehe den Hut tief ins Gesicht und als ich an ihm vorbeikomme, sage ich halb aus Schadenfreude, dass er nicht weiß, was ich getan habe und halb aus Risikolust: "Hey, schauen Sie mal, alter Nachtwächter, ich glaube, jemand wurde weiter runter die Straße ermordet."
Er schaut etwas irritiert und begibt sich in die Richtung, aus der ich gekommen bin.
Mit einem Grinsen auf dem Gesicht gehe ich weiter.
Ohne Zwischenfälle und Begegnungen komme ich zu hause an.
Ich eile leise das Treppenhaus und bin froh, dass immer noch niemand wach ist.
Schnell schließe ich meine Tür auf, husche hinein und verschließe sie von innen.
Wie im Taumel stelle ich die Tasche ab und lasse mich auf mein Bett fallen.
Ich lasse die letzte Nacht Revue passieren, lache und denke, dass dies garantiert nicht der letzte Mord war, den ich begangen habe..."


*tut mir leid für die drastischen Beschreibungen, denkt bitte nicht das ich krank bin oder ähnliches, ich versuche nur die Taten aus der Sicht Jack the Rippers zu sehen.

Also bitte, denkt nichts falsches, das oben ist nur eine fiktive Geschichte und spiegel keinerlei persönliche Empfindungen meinerseits wieder, ok?  :icon_smile:

In diesem Sinne,

Gute Nacht  :icon_wink:

PS: Ich hoffe, es ist euch nicht zuviel  :icon_aetsch:
"Happiness ain't at the end of the road, happiness IS the road" (Zitat aus dem gleichnamigen Lied von Marillion; Lyrics: Steve Hogarth)

JD

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Re: Gedanken
« Antwort #33 am: 30.04.2007 10:01 Uhr »
Geiles Ding, Phil!  :icon_thumb:

denkt bitte nicht das ich krank bin oder ähnliches,

Ähnliche Befürchtungen hatte ich nach der Veröffentlichung meiner "Fragmente" auch. Ich denke aber, unser Publikum ist hart gesotten und kann durchaus zwischen Fiktion und Realität unterscheiden.

Floh82

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Re: Gedanken
« Antwort #34 am: 30.04.2007 12:26 Uhr »
Heute möchte ich eine interessante Theorie in einer Geschichte verpacken, die mir persönlich eigentlich gar nicht schlecht gefällt. In dieser Geschichte ist unter anderem der momentan viel diskutierte Todeszeitpunkt von M.J.K eingewoben. Es handelt sich in dieser Geschichte mal wieder um eine zwar bekannte Theorie, aber halt mit Motiven und Personen geschmückt....eine Mischung aus historischen Tatsachen bzw. existierenden Verdächtigungen und viel Phantasie. Einer meiner Lieblingsstoffe für Bücher die ich gerne lese.
Viel Spaß ;)


Die Kinder schrien, sie schrien so laut dass es ihr missfiel und sie mit großer Freude auf den baldigen Dienstschluss wartete. Es war ein Knochenjob und dass hatte ihr die Oberschwester in den ersten Jahren auch immer wieder gesagt. Manche Frauen kamen aus dem Dreck und gebaren durch ihre Hände ein Kind....das sie dann wieder zurückgeben musste....zurück in die Armut, zurück in den Dreck.
Mary Pearcey selbst lebte schon lange Zeit im EastEnd, konnte sich eine bessere Bleibe nicht leisten und die Bezahlung einer Hebamme war auch nicht die beste. Aber sie konnte sich zumindest ein Zimmer leisten, Kleidung und Nahrung. Sie konnte lesen und sogar ein wenig schreiben.

Sie hatte ihren Vater bereits früh verloren, er wurde gehängt...verurteilt als Mörder! Sie wuchs mit ihren Schwestern bei der Mutter auf....bereits früh wollte sie Hebamme werden. Sie mochte diese kleinen Kinder, Neugeborene....unschuldig und so zarte Wesen. Und sie empfand es als schlimm, wenn der Abschaum der Stadt, die Nutten, die Armen und die Trinkerinnen, Kinder bekamen. Zarte Wesen in Händen von Abschaum....dem Untergang geweiht.

Es war ein Dienstag, ein Tag nach dem Bank Holiday, als sie von einer Bluttat im EastEnd in den Zeitungen las. Eine Frau wurde in einem Gebäude mit mehreren Messerstichen getötet. Es war eine dieser schmutzigen Huren....sie musste lächeln und dachte dass es kein Verlust sei, wenn solche Frauen aus dem Leben schieden. Sie waren schmutzig, eine Schande für London und sie verführten Männer....Männer die ihre Frauen betrügen oder sich nicht binden wollen. Manchmal hasste Mary diese Frauen wirklich sehr....Abschaum. Das war es auch was sie an diesem Tag mehrfach vor sich hinfluchte: "Abschaum....Abschaum".

Einige Wochen später war es als sei ihr die Lösung dieses Problems in den Schoß gefallen. Sie hatte wieder einige Entbindungen gehabt, in denen sie die Säuglinge in die Arme ihrer gräßlichen Mütter legen musste. Wieder war da der Hass und die Wut in ihr. Doch diesmal war es zuviel....sie musste etwas unternehmen. Sie musste diese Frauen zur Rechenschaft ziehen.
Und so schmiedete sie ihren Plan. Nach einer ihrer Nachtschichten im Londer Krankenhaus ging sie nach Hause. Ihr Weg führte sie mitten durchs EastEnd. Und dort würde sie die Frauen sehen....Huren und Trinkerinnen. Abschaum. Sie umklammerte mehrfach das Messer in der Tasche, dass sie benutzte um die Nabelschnur eines Kindes zu durchtrennen.
Schließlich konnte sie das Verlangen nicht mehr kontrollieren....sie musste bestrafen! Und so suchte sie sich ein Opfer und fand es eher zufällig in der Nähe des Krankenhauses. Sie schlitzte dem Opfer die Kehle auf und stach ihr in den Unterleib, bis die Innereien teilweise frei lagen. Dann verschwand sie in der Dunkelheit.

Es war eine Genugtuung. Noch Tage später war sie gut gelaunt und der Mord hatte ihr Verlangen zumindest für kurze Zeit gestillt. Der Mord hatte für Unruhe in der Bevölkerung gesorgt und irgendwie belustigte sie das.

Wieder einige Tage später waren es schon zwei Opfer. Diesmal war es am frühen Morgen geschehen und sie war Gefahr gelaufen entdeckt zu werden. Aber eine Hebamme mit blutbefleckter Kleidung? Das war für niemanden in London überraschend oder irgendwie komisch. Niemand hatte sie gesehen, oder besser: Niemand hatte sie wirklich wahr genommen. Eine Hebamme mit Blut an der Kleidung....gerade kommt sie von einem Hausbesuch, Hausgeburten waren schließlich keine Seltenheit, und ist auf dem Weg nach Hause. So falsch war das auch gar nicht....nur das sie zwischendurch noch einen Mord begangen hatte. Diesmal war sie etwas mutiger gewesen, nicht nur wegen der Uhrzeit, sie hatte auch schlimmere Dinge am Leichnam vorgenommen, als beim ersten Mord. Es war ein gräßlicher Anblick gewesen, wie die Hure dort lag...aber Mary war glücklich.

Einen Höhepunkt ihrer "Arbeit" hatte sie an einem Sonntag. Dort ermordete sie gleich zwei dieser Monster. Als sie auf der Flucht nach Hause war, nachdem sie bereits einen Mord begangen hatte, traf sie auf ihr zweites Opfer in jener Nacht. Weil sie noch so wütend war und so aufgebracht musste auch diese Frau sterben. Es war eine schwere Woche gewesen, viele Geburten, viel Arbeit....und viele Frauen waren Abschaum gewesen. Sie brauchte zwei Morde um sich zu beruhigen.

London stand Kopf und sie genoss es mit jedem Atemzug. Nicht nur das Presse und Polizei im Dunkeln tappten, nein die ganze Bevölkerung war ängstlich, fast hysterisch und jeder suchte "den schwarzen Mann". Das war das geniale....das unglaubliche....sie glaubte es war der einzige Grund warum sie noch nicht gefasst worden war: Sie war eine Frau! Und ganz London suchte einen Mann! Jack the Ripper.....

Der letzte Mord war ein Glücksfall. Ein geniales Gottesgeschenk. Sie hatte durch Zufall eine dieser Huren kennengelernt. Eine junge Frau die sich Mary Jane Kelly nannte oder auch einfach "Ginger". In jener Nacht hatte Ginger ihr erlaubt sie zu besuchen, weil sie über Schmerzen im Unterleib klagte und Angst hatte schwanger zu sein. Mary Pearcey bot ihr an ihr zu helfen und sie zu untersuchen....als Hebamme hatte sie das nötige Wissen um eine Schwangerschaft oder sonstige Krankheiten zu erkennen...so sagte sie Ginger es. In jener Nacht waren beide allein....und Ginger war sich sicher dass sie es lange sein würden, als sie sich auszog und völlig nackt vor Mary Pearcey stand, der fleißigen, freundlichen Hebamme. Niemand hatte Pearcey gesehen....niemand hatte sie wahrgenommen. Es war eine blutige Nacht...eine schrecklich-schaurige Nacht. Es war der absolute Höhepunkt ihrer "Arbeit". Als sie nach draußen ging, nahmen sie ganz sicher einige Personen wahr. Sie sahen sie, sprachen mit ihr....aber niemand hielt es für nötig sie nach dem Blut auf der Kleidung zu fragen, obwohl es taghell war. Sie war eine Hebamme, kam von einer Hausgeburt....von irgendwo. Niemand fragte nach ihrem Namen, wo sie herkam oder hinging.

Am 24.10.1890 tötete sie ein letztes Mal. Ihr Geliebter hatte sie verlassen für eine andere Frau....mit der er ein Kind hatte. Sie freundte sich mit der Frau an und bekam so auch die Nähe zu dem Kind. Diese beiden tötete sie an jenem Tag....ähnlich wie sie es vor einigen Jahren mit den Huren aus Whitecheapel getan hatte. Doch diesmal schnappte man sie.
Nur zwei Monate später hing man sie. Für den Mord an einer Frau und ihrem Kinde. Und ohne es zu wissen schlossen sie damit auch ein anderes Kapitel englischer Kriminalgeschichte. Mary Pearcey nahm ein dunkles Geheimniss mit ins Grab.....das Geheimniss der Morde des Terrorherbstes. Das Geheimniss des wahren Rippers....Jill the Ripper!





P.S. Die besagten Theorien, die hier Eingang fanden sind natürlich: "Mary Pearcey" und "Mad Midwife" - insgesamt also die Jill the Ripper Theorie, wenn man so sagen kann. Mich fasziniert die Theorie dass es eine Frau gewesen sein könnte.....aber dies gilt es woanders zu diskutieren. Ich hoffe die Geschichte gefällt ;)



Offline Pathfinder

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Re: Gedanken
« Antwort #35 am: 30.04.2007 12:32 Uhr »

@ phil und floh

wilkommen im club der toten dichter. starke beiträge  ich bin stolz auf euch, bitte demnächst mehr  :icon_thumb:
UND ER WAR ES DOCH !!!!!!!!

Alexander-JJ

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Re: Gedanken
« Antwort #36 am: 30.04.2007 13:21 Uhr »
Ja, das entwickelt sich ganz gut hier. Wirklich gute Geschichten dabei. Bitte mehr davon.

 :)

Offline Isdrasil

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Re: Gedanken
« Antwort #37 am: 30.04.2007 14:58 Uhr »
Weiss gar nicht mehr, was ich sagen soll...also, wenn wir die Geschichten nicht mal forumsintern in einem Buch veröffentlichen (man kann ja noch warten), dann werde ich mir garantiert selbst mal ein Exemplar davon erstellen. Tolle Sache, das  :icon_thumb:

Grüße, Isdrasil

Offline Pathfinder

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Re: Gedanken
« Antwort #38 am: 30.04.2007 15:33 Uhr »

hier meine version, in kurzform, wäre sonst zu lange geworden.


die wahrheit

die strassenlaternen hüllten die kühlen nacht in eine gewisse wärme, die im
november londons nicht gegeben war. zwei männer gingen durch die strasse eines
feinen londoner viertels.  "sind sie sich auch gewiss sicher, ich meine die dinge,
die sie mir erzählt haben",  "natürlich sir oder glauben sie etwa ich hätte mich
aus spass an persönlich sie gewandt weil ihre kollegen mir nicht glauben schenken wolten".
"na gut, wir werden ja sehen was uns erwartet".

sie klingelte an der wuchtigen türe eines ansehlichen stadthauses, welches schon
von weiten einen erhabenen eindruck machte.
als der butler die tür öffnete, erkannte er einen der nächtlichen besucher sofort
und er brachte nur ein erstauntes "sir, was verschafft uns die ehre zu solcher
fortgeschrittenen stunde ?" . "ich bitte um vereihung, doch es ist dringend, melden sie uns
bitte den herrschaften", "sehr wohl sir, wenn sie bitte eintreten möchten und im foyer warten
möchten, ich werde die herrschaften über ihre ankunft informieren", der butler machte eine
leichte verbeugung nachdem er die türe verschlossen hatte und entfernte sich.

"sehen sie, genau wie ich es ihnen beschrieben habe sir". "nun ja, es ist noch lange kein
beweis, es kommt häufig vor, das im foyer ein stuhl steht und das bunte glasfenster kann
man auch von aussen sehen" - "und was ist mit der bulldoge ?" unterbrach der begleiter
und deutete auf einen hund, der an der treppe friedlich schlief. "nun ja, wir werden sehen"
ertönte die gleiche antwort wie vor ein paar minuten auf den weg zu dem haus und er wendete
seinen begleiter den rücken zu, als wolle er sich abschirmen um seine gedanken zu ordnen.

"die herrschaften lassen bitten" störte der butler die für kurze zeit eingetretene ruhe und
wies mit der hand in richtung eines zimmers während er erneut den kopf leicht beugte.
"danke, komen sie" forderte er seinen begleiter mit einen kopfnicken auf.

"my lady, meine herren, entschuldigen sie bitte die späte störung, aber ich komme
in einer sehr wichtigen angelegenheit so dass ich sie zu so später stunde noch
aufsuchen muss". "aber bitte, auch zu so später stunde sind uns besucher willkommen,
erst recht, wenn es sich um eine, wie sie sagten wichtigen angelegenheit kommen.
meine frau und mein schwiegersohn kennen sie ja sir" entgegnete der hausherr mit
ruhiger und freundlicher stimme. "und sie kennen sicherlich meinen begleiter ?", "er ist
uns durchaus bekannt und nicht nur bei unserer majestät ein gern gesehener gast".

"also sir, ich weiss nicht wie ich anfangen soll, es geht sich um eine delikate an-
gelegenheit sir, es geht sich um die mysteriösen morde, die in den letzten monaten
in whitechapel stattgefunden haben". "oh ja, diese ereignisse sind uns sehr wohl
bekannt, aber möchten sie nicht platz nehmen ?" fagte der hausherr mit einer einladen-
den handbewegung". "danke sir, aber ich möchte es kurz machen und ihre kostbare
zeit nicht länger als nötig in anspruch nehmen". "oh, sie machen keine umstände und
ausserdem habe ich früher oder später mit ihren besuch gerechnet. was kann ich für
sie tun ?" . "nun ja, um ehrlich zu sein sir - ich möchte offen sprechen" "aber bitte sehr"
unterbrach der hausher "sprechen sie nur offen, ich habe innerhalb meiner famlie keine
geheimnisse, nicht wahr meine teure ?" richtete der hausherr an seine gattin und nahm
lächelnd ihre hand in die seine. "nun gut sir, ich möchte sie fragen, ob sie des nachts
öffters ausgegangen sind sir. ich meine nicht nur einen kurzen spazierang, sondern für
eine längere abwesenheit von ihrer wohnung, wenn sie verstehen was ich meine. mein
begleiter hier sir, ist mit einen schlimmen verdacht zu mir gekommen, welchen ich nicht
nur nachgehe um gewissheit zu haben, sondern auch um evtl. schaden von ihnen sir und
ihrer familie abzuhalten, bevor weitere dinge sich ereignen, die ich nicht mehr abwenden
kann" formulierte der besucher mit belegter stimme.

"ich verstehe was sie meinen und ich danke ihnen für ihre loyalität. nun, auf ihre
frage zurück zu kommen, es besteht durchaus die möglichkeit, dass ich mich in
der einen der anderen nacht von hier abgängig war. verzeihen sie einen armen alten und
kranken mann, wenn er gewisse erinnerungslücken hat. auch wenn ich mich nicht richtig
erinnern kann, dann ist die möglichkeit durchaus gegeben." - "vater ...." - "unterbreche
micht nicht" fuhr der hausherr seinen schwiegersohn an. dann fuhr er mit seiner erklärung
weiter fort

"wissen sie wie das ist, wenn man seine leben lang für eine sache gelebt hat ?
eine sache, die der menscheit helfen sollte und ihr nicht schaden zu fügen. man lebt und
liebt in dieser sache der man sich verschworen hat. und dann - ja und dann sucht einen
das schicksal heim und alles ist auf einmal ganz anders. mein kann seiner berufung nicht
mehr nachgehen, man ist überflüssig nutzlos man fühlt sich wie abschaum, abschaum
wie die armen geschöpfe, die unten in whitechapel zum beispiel dahin vegetieren und
für die menschheit keinen wert haben, ja keinen wert, einfach wertlos, wen stört es auf
dieser welt, wenn sie nicht mehr da sind ? wird die krone, england oder gar die welt deswegen
untergehen, wenn dieser unmoralischer abschaum von der erde vertilgt ist. nein, sie werden
nicht untergehen und ich helfe dabei, die welt moralischer, tugenghafter und sauberer
zu machen. ich werde ...."

"vater es reicht" der schwiegersohn legte seine hand auf die schulter des hausherrn,
welche überrascht verstummte. er blickte seine frau an dessen hand er noch in der
seinen hielt und sah ihre tränen. dann fiel sein verwirrter blick auf seine besucher und
sagte mit leiser und gebrochener stimme "ich bin müde"

im foyer erklärte der schwiegersohn den besuchern "ich habe es geahnt, besser noch
gewusst, doch ich konnte die geschichte nicht an die öffentlichkeit bringen. der ruf der
ganzen familie wäre ruiniert gewesen und hätte sich auch negativ auf die krone ausgewirkt.
sir, ich danke ihnen für ihre loyalität und ich verspreche ihnen, dass jack the ripper nicht
mehr morden wird, ich werde meinen schwiegervater in die nervenheilanstalt einweisen.
dort geht keine gefahr mehr von ihm aus, nochmals danke sir".

als die besucher den weg zurück ging war etwas nebel aufgezogen. sie gingen
eine ganze weile in unerträglichen schweigen. "sir das können sie doch nicht machen,
sie können doch einen mörder einfach so davon kommen lassen. wo bleibt die ge-
rechtigkeit, das geht doch nicht ....." er wurde von seinen begleiter an der schulter
zurückgehalten und unsanft herumgerissen. sein begleiter kam mit seinen gesicht nah
an seines heran und blickte kühl und sprach mit kalter und schneidender stimme zu
ihm "was bringt es, einen wahnsinningen zu verhaften, welchen zweck soll es
erfüllen ? dieser mann ist ein wahnsinniger mörder ja, doch es macht weder die opfer
lebendig noch ist irgendjemanden damit gedient, wenn er der justiz zugeführt wird. im
gegenteil, die angehörigen und sogar die krone können von dieser geschichte schaden
erhalten, ist es das wert ? was meinen sie was auf den strassen los sein wird, wenn die
öffentlichkeit erfahren würde, dass der leibarzt der queen jack the ripper ist, können
sie sich das in ihrem gehirn überhaupt vorstellen. der ripper ist gefasst und hinter schloss
und riegel und wird kein unheil mehr anrichten." er wendete sich ab und ging zügig davon.
"dann gehe ich an die presse und erzähle die wahrheit" rief er seinen begleiter hinter her.
dieser blieb kurz stehen, dreht sich um und schaute ihm lange an.

"wer wird ihnen schon glauben lees ? so, ein hellseher sind sie, dann werden
sie bestimmt sehen, dass ihnen keiner glauben wird". er drehte sich um und
ging weiter.


UND ER WAR ES DOCH !!!!!!!!

Camillo

  • Gast
Re: Gedanken
« Antwort #39 am: 30.04.2007 17:46 Uhr »


wahnsinn-
bin total begeistert :SM009:


Camillo :icon_biggrin:

JD

  • Gast
Re: Gedanken
« Antwort #40 am: 01.05.2007 19:46 Uhr »
Inspiriert von den tollen neuen Geschichten hat meine Protagonistin mir ein weiteres Fragment ihres langen und bewegten "Lebens" diktiert. Viel Spaß dabei!


FRAGMENTE (2. Teil)

3. Neue Ufer

Die Überfahrt über den Atlantik war ein einziger 17 Tage währender Alptraum. Keine Waffe kann mich verletzen. Selbst die Zeit ist keine Gegnerin mehr für mich. Aber diese unendlich erscheinende Menge von banalem Salzwasser hätte mich umgebracht, wäre der verdammte Kahn abgesoffen. So lernte ich nach fast 300 Jahren erstmalig wieder das Gefühl der Todesangst kennen. Aber ich wurde entschädigt. Der Anblick, der sich mir bei meiner Ankunft in New York bot, war einfach berauschend. Hunderte von Menschen wuselten geschäftig an den Kais hin und her, schleppten Dinge von hier nach dort, winkten erwartungsvoll unserem Schiff zu, rannten scheinbar planlos durch die Gegend oder standen einfach nur herum. Eifrige kleine Kanninchen, die nicht ahnten, dass sich das Raubtier näherte. Ahnungslos, aber so voll herrlicher Lebenskraft. Ich wußte sofort, dass ich dieses neue Land lieben würde. Es war so unglaublich vital. Es lebte und atmete. Ich sog den Geruch all der Hoffnungen, Ängste und Träume der unzähligen Menschen tief in meine Lungen ein - und wurde beinahe vom Drang übermannt. Mit aller Gewalt kämpfte ich ihn nieder; wohl wissend, dass mir dies nicht ein weiteres Mal gelingen würde. Obwohl ich mir kurz vor der Abfahrt aus London noch eine kleine Gelegenheitshure genehmigt hatte, war die Zeit der erzwungenen Abstinez - auf dem Schiff hätte es keine Fluchtmöglichkeit für mich gegeben - zu lang geworden.
Es war wieder an der Zeit zu trinken - und zwar noch in dieser Nacht.

Nach einem Streifzug durch das Hafenviertel fand ich mein Zielobjekt in einer unattraktiven alten Hure. Das sind immer die einfachsten Opfer und in dieser Nacht brauchte ich einfach nur Blut, keine Herausforderung. Ich sah sie, als sie gerade vor einer billigen Absteige einen Kunden verabschiedete; einen kleinen schnauzbärtigen Gecken, der mir vage bekannt vorkam. Nachdem er sich weit genug entfernt hatte trat ich auf sie zu. Sie nannte mich "Schätzchen" und erkundigte sich, was denn so eine "feine Dame" in die verruchteste Ecke des Hafenviertels verschlagen hätte. Meine Entgegnung, dass ich gern ihre Dienste in Ansprch nehmen würde, quittierte sie mit einem prustenden Lachen und der Frage, ob ich sie "verscheißern" wolle. Statt einer Antwort gab ich ihr eine dieser neuen Münzen. Offenbar war es viel zu viel, denn sie bekam Stielaugen und versicherte mir, dass ich dafür "alles" bekommen könne. Sie hätte sogar noch ein Zimmer für uns bereit. Ihr Griff um meine Taille verursachte mir Ekelgefühle. Dennoch ließ ich mich bereitwilig von ihr in das heruntergekommene "Hotel" hinein führen. Der Portier war mit einer Flasche Fusel im Arm eingedöst. Gut so. Unnötige Zeugen verursachen immer Schwierigkeiten. Während wir eng umschlungen - allein schon damit sie nicht zusammenbrach, betrunken wie sie war - die Treppen hochstiegen, zitierte sie ein paar Zeilen, die sich nach Shakespeare anhörten. Ich war maßlos erstaunt. Dieses verkommene menschliche Wrack musste wohl schon bessere Zeiten gesehen habe. Egal - bald würde auch dies nicht mehr wichtig für sie sein.

Kaum hatten wir die Zimmertür hinter uns geschlossen, fiel ich auch schon über sie her und überließ dem Drang die Kontrolle. Ich richtete eine fürchterliche Sauerei an. Mein schönes neues Kleid war über und über mit Blut befleckt, ihre Kleidung bestand nur noch aus Fetzen. So musste ich im Unterkleid die Flucht antreten. Damit nicht genug, hörte ich Schritte und Stimmen von der Treppe, so dass mir als letzte Fluchtmöglichkeit nur noch das Dach blieb. Nachdem ich ein paar Straßen übersprungen hatte hielt ich für einen Moment inne und blickte auf die neue Stadt. Trotz der späten Stunde waren immer noch zahlreiche Fenster erleuchtet und Menschen in den Straßen unterwegs. Es schien, als würde diese Stadt niemals schlafen. Was für eine überwältigende Vitalität! Ähnlich empfand ich damals, als ich zum ersten Mal nach London kam; damals als aus Erzsébet Elizabeth wurde. Aber während dort die Reichen gelangweilt und die Armen verzweifelt waren, herrschten hier Hoffnung und Zielstrebigkeit vor. Ich hatte meine neuen Jagdgründe gut gewählt. Und in jener Nacht, auf dem Dach eines namenlosen Hauses im Hafenviertel, breitete ich die Arme aus - mein blutbesudeltes Kleid in der einen, das Messer in der anderen Hand - und brachte der Stadt meinen Liebesschwur dar. Ich würde ihr ewig treu bleiben, sie umarmen, sie liebkosen, meine Fingernägel in ihren Rücken krallen und von ihr trinken und trinken und trinken. Bis das der Tod uns scheiden würde.

Floh82

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Re: Gedanken
« Antwort #41 am: 01.05.2007 21:09 Uhr »
Eine schaurig-schöne Liebeserklärung an New York...Ol' Blue Eyes (Frank Sinatra) läßt grüßen und hätte es nicht schöner ausdrücken können ;)

Offline Pathfinder

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Re: Gedanken
« Antwort #42 am: 02.05.2007 19:49 Uhr »

hoffentlich gibt es noch ne fortsetzung JD, prima
UND ER WAR ES DOCH !!!!!!!!

Offline Isdrasil

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Re: Gedanken
« Antwort #43 am: 03.05.2007 15:57 Uhr »
Ich weiss zwar selbst nicht, was ich davon halten soll, aber ich setz das Ding trotzdem mal rein:

"FALLING DOWN"

Wenn ich abends auf der Brücke sitze, betrachte ich oft die bedrohlich wirkenden Schatten der Gebäude, die sich vor dem blutroten Hintergrund eines untergehenden Tages behaupten. Ich verfolge den Rauch aus den Schlöten und seinen Weg in die Freiheit. Male in meinen Gedanken Dämonen in die Luft und lasse sie entfleuchen in diese Welt. Vielleicht gibt es sie wirklich. Aus Feuer geboren, um den Himmel zu verdunkeln. Und vielleicht betrachte ich sie gerade in diesem Moment, und sehe, wie sie als Rauch getarnt ihre Stätte verlassen und sich auf die kleine Welt der Menschen legen. Wie sie sich aus den Aschen der Öfen und Schmelztiegel erheben, angetrieben vom rhythmischen Schlagwerk der Maschinen die Rohre emporsteigen und mit bedrohlichem Zischen aus den dünnen Durchlässen entweichen, um der Menschheit das Fürchten zu lehren. Das ist wohl unsere Sünde. Wir haben unsere eigene Hölle geboren.

Ich kann mich noch genau erinnern, als sie von mir Besitz ergriffen. Das monotone Schlagen auf den glühenden Stahl hatte mir beinahe die Sinne geraubt. Vom Schwindel gepackt überlegte ich, meine Arbeit neben mir liegen zu lassen. Ein wenig Ruhe in dieser hektischen Welt. Doch ich schlug weiter. Ich schlug immer weiter auf das verdammte Stück ein.
Bamm! Bamm! Bamm!
Die Funken sprangen mir auf die blanke Haut und versengten die Haare. Ein stechender Geruch stieg mir in die Nase und vermischte sich mit den schwarzen Teilchen, die mir in der Lunge stachen. Die Welt verschwamm um mich herum.
Bamm! Bamm!
Dann noch einmal, schwächer: Bamm.
Langsam entwich der Hammer meinem starken Griff und fiel krachend auf den Erdenboden.

Ich kann mich an nicht mehr viel erinnern. Heißer Dampf und Rauch, ein Kollege, der mich schüttelt und mir mit seinen dreckigen Pfoten immer wieder auf die Wange schlägt. Ich höre mich rufen „Verdammt, du Arschloch, verpiss dich doch!“ und packe ihn am Hals, drücke ein wenig zu, um ihn zu quälen. Meine andere Hand zuckt kurz zum Messer. Wer weiß, weshalb ich es mitgenommen habe? Aber dieser Hänfling ist es nicht wert. Kann noch nicht einmal seine Furcht verbergen. Wirklich ein jämmerliches Geschöpf. Er passt nun mal hierher. Nicht wie ich. Ich gehöre hier nicht her. In diesen Pfuhl des Teufels, das Schlammloch London.
So langsam reicht es. Ihr könnt mich alle mal, höre ich mich lachen – oder habe ich dies nur gedacht? Egal – nur weg von hier, auf die Straße, in die Hölle, zu den verdammten Dämonen und ihrem lustigen Tagwerk.

Vorne läuft eine Schlampe. Eine von denen, die Menschen im Sekundentakt auf die Welt schleudern. Eine von denen, die für den ganzen Dreck hier verantwortlich sind, weil sie für ein paar lumpige Pennys die Beine breit machen und den Dämonen neue Nahrung geben. „Na, Süße, machst du auch für mich die Beine breit?“. Ich winke mit einem Geldstück in der Hand. Sie lächelt mich an mit ihren krummen Zähnen. Meine Güte, was für ein abscheuliches Geschöpf. Ich lasse das Geldstück fallen. Beobachte, wie sie sich bückt, um es aufzuheben. Ihr Gesicht streift meinen Schritt, wahrscheinlich will sie mich damit anmachen. Wie widerlich! Ich trete ihr in die Fresse, dass sie nach hinten fällt. Schneller wie der Blitz sitze ich auf ihr und zücke mein Messer. Es dauert nicht lange, da gurgelt sie nur vor sich hin - ich wüte weiter. Verdammte Welt, verdammter Stahl, verdammte Stadt. Ich steche ihr den Dämon aus. Ihr solltet mir dankbar sein. In meinem Kopf die Bilder des Stahls. Bamm! Bamm! Und in ihrem Fleisch der glänzende, blutrote Stahl der Klinge. Haha! Ich habe wohl eine neue Arbeitsstelle gefunden!

Floh82

  • Gast
Re: Gedanken
« Antwort #44 am: 03.05.2007 16:09 Uhr »
Sehr schön!  :icon_thumb: