Da wir ja meist immer nur kleine Abschnitte aus dem ganz großen zitieren, dachte ich mir, wir lassen Major Henry Smith selbst einmal komplett zu Wort kommen. Zumindest im betreffenden Kapitel über Jack the Ripper. Ich habe dieses Kapitel mal übersetzt, wenn auch recht schnell. Es ist dadurch etwas hölzern, man muss sich also sehr gut konzentrieren. Wegen etwaigen Holprigkeiten bitte ich um Nachsicht. Der Sinn des Inhalts dürfte dennoch voll in der Übersetzung erfasst sein. So bekommen vielleicht auch die weniger geübten Englischleser, einen besseren Einblick.
Sir Henry Smith,
VOM POLIZISTEN ZUM KOMMISSARISCHEN MITARBEITER (1910)
Kapitel 16:
Über Jack the Ripper und seinen Taten und vom Verbrechensermittler, Sir Robert Anderson
Die Aufregung, welche die “Ripper“ Morde verursachte, sie wäre schwerlich zu überbieten und die durch Amateur Detektive geäußerten Vermutungen und die Beschimpfungen im Zusammenhang damit, hätten einen sensiblen Menschen in die Earlswood Anstalt getrieben.
Es gibt keinen lebenden Menschen, der so viel über diese Morde weiß wie ich und bevor ich weitermache, muss ich einräumen, dass, obwohl binnen fünf Minuten eines Nachts dem Straftäter nahe und neben einer sehr schönen Beschreibung von ihm, er schlichtweg mich und jeden Polizeibeamten in London schlug und ich habe jetzt nicht mehr Ahnung wo er lebte, als ich vor zwanzig Jahren hatte.
Keiner der Morde, so sollte ich bemerken, wurde innerhalb der City begangen, ausgenommen einer, der im Mitre Square. Alle anderen fanden etwas außerhalb der Stadtgrenze, in Whitechapel und Spitalfields statt. Die Gemeinsamkeiten im Zusammenhang mit den Tragödien würde niemand ernsthaft anzweifeln. Nach dem zweiten Verbrechen, ließ ich Sir Charles Warren einen Text zukommen, dass ich einen Mann entdeckt hatte, der sehr wahrscheinlich der gesuchte Mann sein müsste. Er erfüllte mit Sicherheit alle geforderten Voraussetzungen. Er war ein Medizinstudent, er war in einer Irrenanstalt, er verbrachte seine ganze Zeit mit Frauen von losem Charakter, die er prellte, indem er ihnen polierte Viertelpennies anstelle eines Sovereigns gab, zwei dieser Viertelpennies, sind in der Tasche der ermordeten Frau gefunden worden. Sir Charles schaffte es nicht, ihn ausfindig zu machen. Ich dachte, er wäre wahrscheinlich in der Rupert Street, Haymarket aufzutreiben. Ich schickte zwei Männer hin und da war er, mit Ausnahme der polierten Viertelpennies und so weiter, legte er ein aalglattes Alibi vor.
Im August 1888, als ich verzweifelt daran interessiert war den Mörder in die Finger zu bekommen, entschied ich mich für die Regelungen, wo ich glaubte, dass sie Erfolg versprachen. Ich kleidete nahezu ein Drittel der Einheit in Zivil, mit der Anweisung das zu tun, was unter normalen Umständen ein Polizist nicht tun sollte. Es war der Disziplin abkömmlich, doch ich hatte sie gut unter der Aufsicht der leitenden Beamten. Das Wetter war herrlich und ich habe wenig Zweifel, dass sie es durchaus selbst genossen, auf den Vortreppen zu sitzen, ihre Pfeifen zu rauchen, in den Kneipen herumzuhängen und mit jedermann zu tratschen. Zusätzlich zu dem, besuchte ich jede Metzgerei in der City und jede Ecke und Zipfel, den ich konnte, mit der Möglichkeit, dass es das Versteck des Mörders sei.
Lebte er nahe am Ort des Geschehens? Oder machte er sich, nach der Ausführung eines Mordes, in Windeseile auf den Weg zu irgendeinem Rückzug in den Vororten? Führte er etwas bei sich, um sich das Blut von seinen Händen abzuwischen? Oder fand er Wege, sie sich zu waschen? waren Fragen, die ich mir selber rund um die Uhr stellte. Es kommt einem unmöglich vor, dass er genau mitten unter uns gelebt haben könnte und einsehend, dass die Metropolitan Polizei die Anweisungen hatte, jeden Mann, der spät des nachts oder am frühen Morgen zu Fuß ging oder fahrend unterwegs war, aufzuhalten, bis er einen ausreichenden Bericht über sich ablieferte, schließt noch weiter aus, dass er Leytonstone, Highgate, Finchley, Fulham oder einen Vorortbezirk, ohne verhaftet zu werden, erreichen konnte. Der Mörder zeigte sehr früh, seine Geringschätzung für meine sorgfältig ausgearbeiteten Maßnahmen. Die Nervosität hatte sich ein wenig gelegt und ich fing an zu denken, er hätte sich in das Ausland abgesetzt oder sich aus dem Geschäft verabschiedet, als “Zwei Frauen im Ostteil ermordet“, die Aufregung wieder auf Orchesterlautstärke anstiegen ließ.
In der Nacht des Samstag, den 29. September, fand ich mich in der Cloak Lane Station, nahe des Flusses und an der Southwark Bridge angrenzend, über mein Bett hin- und her rollend wieder. Da gab es vorne einen Eisenbahn Güterbahnhof und ein Firmengelände eines Pelzhändlers hinter meinen Zimmern. Die Lane wurde stark befahren, schwere Güterwagen fuhren ständig rein und raus und der widerliche Geruch von den Häuten des Pelzhändlers stieg einem ständig in der Nase. Man konnte die Fenster nicht öffnen und zu schlafen war ein Ding der Unmöglichkeit. Plötzlich läutete die Glocke an meinem Kopfende heftig. “Was gibt es?“ fragte ich, mein Ohr an das Sprachrohr legend.
"Ein weiterer Mord, Sir, dieses Mal in der City." Immer auf dem Sprung war ich angezogen und in ein paar Minuten auf der Straße. Eine Droschke -für mich ein abscheuliches Fahrzeug- stand an der Tür und ich sprang in sie hinein, als es höchste Eisenbahn wurde. Diese Erfindung des Teufels, nimmt für sich in Anspruch sicher zu sein. Es ist weder sicher noch angenehm. Im Winter wurdest du gefroren und im Sommer wurdest du gebraten. Wenn die Glasscheibe heruntergelassen wurde, ging dein Hut grundsätzlich flöten, klemmtest dir deine Finger zwischen die Türen ein oder die Hälfte deiner Vorderzähne lockerte sich. Amtlich für Zwei zugelassen, wurde es mir recht schnell klar, dass ein 95kg Superintendent mit mir innen und drei Detektive hinten dran hingen, dass trug weder zu seinem Komfort noch zu seiner Sicherheit bei.
Obwohl wir wie eine “Vierundsiebziger“ im Sturm rollten, schafften wir es an unser Ziel – Mitre Square- ohne jegliche Störung, wo ich eine kleine Gruppe meiner Männer vorfand, die um die verstümmelten Überreste einer Frau herumstanden.
Es war in der Berner Street, einer engen, von der Commercial Road abzweigenden Verkehrsstraße, die zur London, Tilbury und Southend Eisenbahnlinie führt, wo Elizabeth Stride, das erste der beiden Opfer dieser Nacht, ihr Schicksal traf. Die Straße betrat man durch ein großes Holztor, mittig zu öffnen, und fast immer offenstehen gelassen. Es wird spekuliert, dass der Mörder die Frau, die Tür hinter sich schließend, hineinbrachte. Um 00.40 Uhr, so weit wie aus den Hinweisen der Hausbewohner geschlossen werden konnte, war die Straße leer.
Innerhalb von fünf Minuten zu diesem Zeitpunkt, öffnete ein Mann, der noch spät unterwegs gewesen war, das Tor. Er fuhr einen Pony-Einspänner. Das Pony scheute an etwas hinter dem Tor und nach unten schauend, sah er den Körper einer Frau und löste sofort den Alarm aus. Die Frau wurde schwer am Kopf verletzt und muss mit großer Gewalt runter auf den Boden geworfen worden sein und ihre Kehle wurde von Ohr zu Ohr durchtrennt. Niemand nahm einen Laut wahr. Zweifellos wurde sie durch den Fall bewusstlos gemacht. Der Mörder muss seitlich am Pferd vorbeigehuscht sein und - da waren Zivilisten und einige Männer der H Division ganz in der Nähe- entkam um Haaresbreite einer gehörigen Erfahrung, die, so müsste man annehmen, seine Nerven in jener Nacht zum Wanken brachte. Aber nein, entweder weil er mit seinem Werk unzufrieden war oder darüber wütend, unterbrochen worden zu sein, bevor er es beenden konnte, entschied er sich zu beweisen, dass er immer noch konkurrenzlos als Schlächter war und er traf, direkt nach Houndsditch laufend, auf Catherine Eddowes* und erledigte sein zweites Opfer innerhalb einer Stunde. Die Zugänge zum Mitre Square belaufen sich auf drei- über die Mitre Street, der Duke Street und dem St. James´s Place. In der südwestlichen Ecke, zu der es keinen Zugang gibt, lag die Frau. Ich war damals davon überzeugt und bin jetzt noch überzeugt davon, dass, hätte man meinen Befehlen in ihrem Sinne Folge geleistet – sie dürften so übermittelt worden sein -, die Schreckensherrschaft wäre in jener Nacht geendet. Die Befehle waren auf alle zusammengesehenen Männer und Frauen ausgelegt. Es kann sein, dass der Mann und die Frau eine Verabredung vereinbart hatten, getrennt gingen und sich im Square trafen. Das entlastet nicht die Beamten der City Police. Bei hunderten von Gelegenheiten habe ich sie verteidigt und trat für sie ein, wenn ungerechterweise der Nachlässigkeit oder der Pflichtverletzung angeklagt wurde aber das ist jetzt nicht, wie Shaver Quackenboss zu sagen pflegte, meine Plattform. Der Strich von Catherine Eddowes war ein kleiner. Sie war einer größeren Menge der Streifenpolizisten bekannt aber, bekannt oder nicht bekannt, sie ging spät nachts auf die Straßen und muss gesehen worden sein, wie sie sich Richtung Mitre Square aufmachte. Mit welcher Absicht? Dem Wortlaut nach, eigentlich unnötig zu erwähnen, wegen ihrer elenden Berufung. Wäre sie verfolgt worden und die Männer aufgerufen die Zugänge zu bewachen, der Mörder wäre mit ziemlicher Sicherheit in flagranti erwischt worden. Der Square, jeder Zentimeter davon, wurde sorgfältig untersucht aber keine Spur oder Blutflecken entdeckten wir, der darauf hinwies, durch welchen Ausgang er sich aus dem Staub gemacht hatte.
Zu dieser Zeit kam auch die Bahre an und als wir die Leiche in das Leichenschauhaus brachten, war die erste Entdeckung die wir machten die, dass ca. die Hälfte der Schürze fehlte. Sie war durch einen sauberen Schnitt abgetrennt worden. Meine Männer, endlich richtig wach, durchkämmten die ganze Nachbarschaft und einer von ihnen, Halse mit Namen, der mit uns im Mitre Square gewesen war, dachte er hätte eine bessere Erfolgsaussicht mit dem Abgang der Whitechapel Strecke, lief in seinem stärksten Schritttempo in diese Richtung. Die Goulston Street in Whitechapel, ist eine breite Verkehrsstraße, die parallel zur Commercial Road verläuft, nur etwas mehr als 500m von Square und in dieser Straße, am Eingang von einem der Arbeiterwohnhäuser, die von Peabody erbaut wurden, sah er Licht und als er anhielt, traf er einen Constable der Metropolitan Einheit an, der sich das fehlende Teil der Schürze ansah. Es war zusammengelegt und gleich darüber, auf der Mauer, in Kreide geschrieben, standen die Worte, “ The Jews are the men that won't be blamed for nothing." Es wurde dadurch zweifellos bewiesen, dass sich der Mörder zunächst, auf jeden Fall an diesem Abend, nach Whitechapel begab. Sir Charles Warren wurde unverzüglich von dieser Entdeckung in Kenntnis gesetzt und erschien selber, ordnete an, dass der Text zu beseitigen ist, gab an, dass seine Begründung so zu handeln darin läge, dass er einen Aufstand gegen die Juden befürchtete. Dies war, glaubte ich, ein fataler Irrtum, so es auch Superintendent Mac William Sir Charles Warren deutlich mitteilte, als er um ca. 7 Uhr, begleitet durch Superintendent Arnold, hereingebeten wurde. Es ist gut möglich, dass der Text, falls fotografiert, einen wichtigen Anhaltspunkt hätte liefern können. Der Mörder hatte offenbar seine Hände mit einem Stück der Schürze saubergemacht. In der Dorset Street, mit ungemeiner Dreistigkeit, einen Hof hinein, wusch er sie sich an einem Becken, nicht mehr als knapp 6 Meter von der Straße. Ich kam dort rechtzeitig an, um das blutbeschmutzte Wasser zu sehen. Ich streifte um meine Polizeiwachen, in der Hoffnung, dass ich jemanden, den man hereinbrachte, erkenne. Um 6 Uhr ging ich dann endlich, nach einer nervenaufreibenden Nacht, vollkommen am Boden zerstört, zu Bett. Die abscheulichen Einzelheiten dieses Mordes, würde meine Leser schockieren, aber es gibt bestimmte Tatsachen -grauenhaft genug, seien sie versichert - die noch nie gedruckt erschienen und die von der medizinischen und wissenschaftlicher Betrachtung her, natürlich erwähnt werden sollten.
Als die Leiche durch den Polizeichirurgen Mr. Gordon Brown untersucht wurde, ist festgestellt worden, dass eine Niere fehlte und einige Tage nach der Mordtat, behauptete man, dass genau diese Niere per Post dem Büro der Central News zugestellt wurde, zusammen mit einer Kurzmitteilung, einer zur Veröffentlichung eher ungeeigneten, scherzhaften Art. Beides, Niere und Mitteilung, leitete der Agenturleiter sofort an mich weiter. Dummerweise, wie es allzeit passiert, ein Angestellter oder Mitarbeiter aus dem Büro hatte sie erhalten und die ganze Sache wurde am nächsten Morgen zu einer öffentliche Angelegenheit. Wie die Könige genossen die “Experten“ sofort ihren Spaß auf Kosten meiner Wenigkeit und die der City Police Einheit. – Die Niere wäre eine Hundeniere, jeder könnte das erkennen, schrieb einer. “Ganz klar aus der Anatomie“, schrieb ein anderer. “Aus einer bereits obduzierten Leiche entnommen“, schrieb ein dritter. “ein klarer Schwindel“, schrieb ein vierter. Meine Leser sollen sich zwischen mir und den besagten “Experten“, selbst ein Urteil bilden. Ich ließ die Niere dem Polizeichirurgen zukommen, wies ihn an, sich mit den bedeutendsten Männern in diesem Fach zu beraten und mir unverzüglich einen Bericht zurückzuschicken. Ich gebe den Inhalt davon wieder. Die Nierenarterie ist etwa 7,5 cm lang. 5 cm verblieben in der Leiche, 2,5 hingen an der Niere.
Die in der Leiche verbliebene Niere, befand sich im fortgeschrittenen Zustand der Brightschen Krankheit, die man mir zugeschickte, war genau im gleichen Zustand. Aber was von weitaus größerer Bedeutung war, Mr. Sutton, einer der leitenden Chirurgen des London Hospital, den Gordon Brown bat, sich mit ihm und einem weiteren Fachmann zur Besprechung zu treffen und der einer der größten, lebenden Autoritäten bezüglich Nieren und ihren Krankheiten war, sagte, er würde seinen Ruf darauf verwetten, dass die Niere, die ihnen vorgelegt wurde, innerhalb weniger Stunden nach ihrer Entnahme aus dem Körper, in Alkohol gelegt worden ist – das genügte, um die falsche Behauptungen in Verbindung damit zu widerlegen. Jeder Leib, durch Gewalt zu Tode gebracht, wird nicht direkt in die Anatomie gebracht, sondern muss eine gerichtliche Untersuchung abwarten, sie findet frühestens am nächsten Tag statt.
Der Ripper hatte schier unglaubliches Glück. Drei oder vier Tage nach dem Mord im Mitre Square, ein Brief, mit meinem Namen adressiert – und für welchen ich, oder besser die Dienststelle, zwei Pence Sterling bezahlen musste –, wurde in meinem Büro abgegeben. Der Briefeschreiber war mir sehr zugetan. Er sagte, ihm sei etwas bange bei mir vorbeizukommen, wie er mir eine Menge über die Morde zu erzählen hätte, dass er keine Angst hätte mich zu treffen, aber da er auf Bewährung wäre und seiner Meldepflicht nicht nachgekommen ist und dass, falls er in die Old Jewry käme, zu den “Scheißhäusern“ – von der er offenbar keine hohe Meinung hatte – man ihn festnehmen und zurückschicken würde, um den Rest seiner Strafe abzusitzen, dass er vom Einkommen seiner Frau lebe, die, durch die Güte eines Auftraggebers, eine Waschküche betrieb und es ihnen gut ginge, dass, wenn ich ihm schreiben möchte, einen adressierten Brief an einen bestimmten Ort in Hoxton –, einem großen, und das allgemein bekannt, Stadtteil von schlechten Ruf – dieser dort so lange liegen bliebe, bis man ihn abholte, man ihn ja entdecken würde.
Abgesehen davon, ein Sträfling zu sein, war der Verfasser offenbar ein Ex- Soldat. “Sie sind alles andere als auf der richtigen Fährte“, schrieb er, “der Mann, den Sie suchen, ist nicht in London, er ist in Manchester. Sie glauben doch nicht etwa, es sei seine Schreibweise oder. Er schreibt halt wie einer, der im Hotel gestriegelt an der Rezeption arbeitet.“ (Eine originalgetreue Kopie des Schreibstücks vom Nierendieb – woher bekommen, weiß ich nicht- war in einem Abendblatt erschienen.) Sir James Fraser, der zwei Monate im Urlaub gewesen war, kam am nächsten Tag zur Arbeit und sofort legte ich ihm den Brief vor. “Sie haben mehr als genügend Scherereien wegen der Sache gehabt“, sagte er, “machen sie es so, wie Sie es für richtig halten “, gab mir MacWilliam mit auf den Weg , “aber hören sie auf meinen Rat, sonst kein anderer“.
Es gab zwei Richtungen, die sich mich eröffneten: Das Haus in Hoxton zu zu beobachten und jeden Beliebigen, der abholen kommt festnehmen oder den Menschen vertrauen, der mir vertraute. Ich entschied mich für das letztere. Ich schrieb, machte mit ihm einen Termin für 22 Uhr auf einem der ruhigsten Plätze im West End aus, versichert ihm alleine zu erscheinen und dass kein Kriminalbeamter aus der Old Jewry mich begleiten würde. Ich wies ihn an, unter der Lampe am nordwestlichen Ende der Gärten zu stehen und auf mich zu warten. Kurz vor genannter Uhrzeit, bezog ich Position auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig. Fast pünktlich auf die Minute, sah ich einen Mann von Norden herunterkommen und unter der Lampe stehenbleiben. Sogleich die Straße überquerend, lief ich schnell zu ihm hin und musterte ihn fest von oben bis unten. Der Mann, der mir gegenüberstand, konnte nicht viel größer als 1,57m oder 1,60m gewesen sein. Er war kräftig gebaut, mit einem schwarzen Bart und von hässlichem und abstoßendem Antlitz. “Sind sie gekommen um jemanden zu treffen, guter Mann? “ sagte ich. “Nein, bin ich nicht“, antwortete er in ausreichend höflichen Tonfall. “Nun, ich schon“, sagte ich, “und ich beabsichtige noch ein wenig zu warten um zu sehen ob er die Verabredung einhält.“ Einen Herrn einfach stehenzulassen, ist ein Zeichen schlechter Manieren, doch ich dachte, dieser Herr könnte, wie Callum Beg, einen “kleinen Dolch“ oder eine Waffe dieserart bei sich tragen, mit der er meine “paar Mäuse aus mir heraus kitzeln“ könnte, falls er die Chance bekäme, genau wie die Hoffunktionäre im Buckingham Palace in Anwesenheit des Königshauses, zog ich mich vorerst so weit zurück, bis ich in meiner ursprüngliche Position stand. Da standen wir nun uns gegenseitig musternd, für 5 oder 6 Minuten, als der Mann sich umdrehte und gemächlich wegging. Wenn der Brief den ich empfing von einem Soldaten geschrieben wurde, wovon ich überzeugt bin, dass es an dem gewesen war, konnte ihn dieser Mann nicht geschrieben haben, denn er lag dafür weit unter der Anforderung für einen Bereich in dieser Dienststelle.
Nach dem Treffen im West End Square, bekam ich eine kurze Nachricht von meinem kleinen Freund. “Nun“, sagte er, “Ich weiß, ich kann ihnen vertrauen, ich werde zur Old Jewry kommen, sobald ich kann“. Ich hatte auch einen Brief vom Auftragsgeber, in welchen er mir berichtete, dass der Mann, den ich getroffen hatte, “einige sehr überraschende Enthüllungen zu machen “hätte.
Ich wartete geduldig auf den angekündigten Besuch und voller Zuversicht auf eine weitere Benachrichtigung vom Auftragsgeber. Der Mann erschien niemals, noch war ich in der Lage, die Handschrift des Auftragsgebers identifiziert zu bekommen. Hätte einer von ihnen nach Geld gefragt, hätte ich es bereitwillig geschickt, gutgläubig wie ich war, damit ich bloß hätte endlich die richtige Witterung aufnehmen können aber niemals kam eine solcher Forderung von einem der beiden.
Zurück zum Mitre Square und der Nacht des Mordes.
Am Ausgang, der direkt zur Goulston Street führte, gegenüber der Ecke, wo der Mord verübt wurde, gab es einen Club, die Mitglieder waren fast alle Ausländer. Einer, eine Art halber Deutscher, verließ den Club – er war unfähig die Stunde zu bestimmen- als er einen Mann und eine Frau, dicht beieinander stehend, bemerkte. Die Frau hatte ihre Hand auf die Brust des Mannes gelegt. Es schien helles Mondlicht, fast so hell wie am Tage und er sah sie deutlich. Dies war, ohne Zweifel, der Mörder und seinem Opfer. Die Untersuchungen, die ich in der Berner Street durchführte, der Hinweis des Constable, in dessen Beat der Square lag und meine eigenen Bewegungen, über die ich sorgfältig Buch geführt hatte, belegten diesen zwingenden Beweis. Die Beschreibung des Mannes, mir durch den Deutschen ausgehändigt, sieht folgendermaßen aus: Jung, annähernd normale Größe, mit einem schmalen, hellen Schnurrbart, gekleidet in so etwas wie Seemann´s Kleidung und mit einem Deerstalker Hut - das ist eine Kappe mit einem Peak, sowohl vorne als auch hinten. Ich denke, der Deutsche sagte die Wahrheit, da ich ihn in keine Richtung “lenken“ konnte. “Sie werden ihn dann also leicht wiedererkennen?“, merkte ich an. “Oh Nein“, antwortete er, “ Ich warf nur einen flüchtigen Blick auf ihn “. Der Deutsche war eine seltsame Mischung, ehrlich anscheinend und auch klug. Er hatte von einigen Morden gehört, sagte er, aber sie schienen ihn nicht zu beschäftigen.
Ja, der Ripper hatte alles Glück der Welt.
Nachdem dieses Kapitel geschrieben wurde, wurde meine Aufmerksamkeit auf einen Artikel im Blackwood´s Magazine, vom März dieses Jahres gelenkt – des sechsten, einer Reihe von Sir Robert Anderson- mit dem Titel, “The Lighter Side of my official Life“. In diesem Artikel hält Sir Robert eine Rede über Whitechapel oder Jack the Ripper Morde und erklärt ausdrücklich, dass er, der Verbrecher, “in direkter Nachbarschaft von den Schauplätze der Morde lebte und dass, falls er nicht völlig allein lebte, seine Leute von seiner Schuld wussten und sich weigerten, ihn der Justiz zu übergeben, die Schlussfolgerung“, fügte Sir Robert hinzu, “zu der wir kamen war, dass er und seine Leute Juden der Unterschicht waren, denn es ist eine bemerkenswerter Umstand, dass Leute dieser Klasse im East End, keinen aus ihren Reihen, der nichtjüdischen Justiz ausliefern werden und das Resultat bewies, dass unsere Feststellung in jedem Punkt richtig war“.
Sir Robert erzählt uns nicht, wie viel von “seinem Volk“ den Mörder schützten, aber ob sie nun bei zwei Dutzend anzahlmäßig, oder zweihundert oder zweitausend gelegen haben, beschuldigt es sie, Beihilfe zu diesen Verbrechen geleistet zu haben, vor und nach ihren Begehen.
Bestimmt kann Sir Robert nicht glauben, dass es, während die Juden, wie er behauptet, dieser Verschwörung beitraten um das Ende der Gerechtigkeit herbeizuführen, keinen unter ihnen mit genügend Kenntnisse über das Strafrecht gab, um sie vor die Risiken, die sie eingingen, zu warnen.**
Sir Robert spricht über die "Lighter Side" seines "Official Life". Es gibt da nichts was “light“ ist. Eine heftigere Anklageschrift, könnte einen Aufruhr gegen eine Klasse bilden, deren Verhalten äußerst gefällig, der nichtjüdischen Bevölkerung der Metropole gegenübersteht.
In aller Frühe des 30. Septembers 1888, Sir Robert Anderson hielt sich in Paris auf, “zwei weitere Opfer“ - um seine eigenen Worte zu gebrauchen – liefen den mordenden Teufel in´s Messer, als zweites Opfer, wurde Catherine Eddowes im Mitre Square getötet. Dies war das einzige Verbrechen der Mordserie, dass innerhalb des Zuständigkeitsbereiches von Sir James Fraser verübt wurde und da er sich in Schottland befand, hatte ich die Befehlsgewalt über die City Police. Insofern, dass zwei Frauen am 30. September ihr Ende fanden und es herausgefunden wurde, welchen Weg der Ripper ging oder nach dem zweiten Verbrechen lief und wie er sich seine Hände saubermachte, um die Blutflecken loszuwerden, ist dieser Morgen, als der bei weitem ereignisreichste, der Schreckensherrschaft anzusehen.
Wie Charles Warren den Schriftzug an der Wand entfernte – ich glaube mit seiner eigenen Hand, doch ich werde nichts beschönigen - wie er, begleitet von Superintendent Arnold, um sieben Uhr des selben morgens in mein Büro kam, um Informationen betreffend des Mordes an Catherine Eddowes zu erhalten, habe ich bereits auf Seite 153 erklärt. Die Tatsachen sind unbestreitbar, dennoch vermeidet Sir Robert Anderson fleißig alle Anspielungen auf sie, “ Es würde ihn krank machen, die ungeschriebenen Regeln der Dienststelle zu brechen“ oder ist er einfach nicht bereit, die unverzeihliche Fehlleistung seiner höheren Beamten zu erwähnen? Ich lasse meine Leser entscheiden.
Sir Robert sagt, “ der Ripper konnte gehen und kommen und sich heimlich von seinen Blutflecken befreien“. Der Verbrecher, zweifellos, wurde von seinen Glaubensgenossen unterstützt – gewarnt, nicht so große Risiken einzugehen, so früh wie möglich nach dem Job heimzukommen und stets anzukündigen, wenn er im Sinn hatte, eine weitere Dame zu zerstückeln! Bei drei Ereignissen – nur die drei über die ich sicherer Einzelheiten wiedergeben kann – gab es keine Notwendigkeit, dem Mörder heißes Wasser und Sunlight- Seife anzubieten. In der Berner Street verstümmelte er die Frau nicht und bekam wahrscheinlich wenige Blutspritzer ab, im Mitre Square nutze er die Schürze der Frau und in der Dorset Street wusch er sich sorgfältig die Hände am Abfluss.
Die Schrift an der Wand mag geschrieben worden sein – und ich glaube, wurde höchstwahrscheinlich geschrieben- um die Polizei von der Fährte abzubringen, um den Verdacht von den Nichtjuden abzulenken und ihn auf die Juden zu lenken. Sie mag durch den Mörder geschrieben worden sein oder eben auch nicht. Den Text auszuradieren, der uns einen höchst wertvollen Hinweis hätte geben können, ganz besonders nachdem ich einen Mann zur Bewachung, bis man sie fotografiert hätte, hingeschickt hatte, war nicht nur unbesonnen, sondern auch unverantwortlich.
Sir Robert Anderson verbrachte, so erzählt er uns, den Tag seiner Rückkehr aus dem Ausland und die Hälfte in der darauf folgenden Nacht "in einer Neuuntersuchung des ganzen Falles." Einer weiteren, ergebnislosen Untersuchung, achtet man auf alles, was er uns erzählt, bekommt man Probleme, sich das so vorzustellen.
Das “lighter Side“, so erfahren wir, heißt also “Fortsetzung folgt“. Zwischenzeitlich, falls Sir Robert ein paar Minuten entbehren kann, gibt es da zwei Bücher, glaube ich, vollwürdig seines sorgfältigen Durchlesens- “Bleak House“ und die Bibel. Im ersteren Buch schreibt Mademoiselle Hortense, um den Verdacht von sich abzulenken, “Lady Deadlock, Mörderin“- mit welchem Resultat, erzählt uns Inspektor Bucket. Im letzteren erklärte Daniel die Schrift an der Wand, welche die Dinge auf Belshazzar Festmahl zum kriseln brachte. Sir Robert hat Glück, in einer Zeit wie dieser zu leben. Mr. Blackwood´s Leser scheinen zufrieden mit seinen Erzählungen, aber ich fürchte, der König der Chaldäer, hätte kurzen Prozess mit ihm gemacht.
*Diese Frau war auf der Bishopsgate Polizeiwache unter meinem Schutz, 20 Minuten, bevor sie ermordet wurde.
**In Mordfällen kommt dann noch die Tatsache hinzu, - gemäß "Stephen 's Digest", einem absolut zuverlässigen Werk im Strafrecht- der lebenslangen Zuchthausstrafe zu unterliegen und somit fallen die Juden im East End, gegen die Sir Robert Anderson seinen rücksichtslosen Vorwurf äußerte, in diese Kategorie.