Autor Thema: Waschstelle in der Dorset Street  (Gelesen 75815 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Andromeda1933

  • Gast
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #75 am: 01.05.2013 12:01 Uhr »
Sleep well in your Bettgestell...Du hast da was angesprochen, Mann! Wie die Frau sich wohl gefühlt haben muss, die als nächste in Kellys Bude einzog???


Der Gedanke eines solchen Mörderstyps hat was für sich. Er pendelt quasi zwischen ein paar Rückzugsorten hin und her und schlägt zu, wenn der Drang zum Töten uebermächtig wird und sich gleichzeitig eine „günstige“ Gelegenheit bietet. Das wäre schon ein Szenario – und solche Täter gab es ja auch schon, wie Du schreibst. So ein wirrer Typ war vielleicht oft ganze Nächte unterwegs, in seinen Fantasien vertieft trieb er sich ganz einfach herum.
Das würde Nichols,Chapman und Eddowes wohl zu willkürlichen Opfern machen. Sie liefen ihm über den Weg. Doch „Rippers Corner“ war, wie ich gelesen habe, Prostituierten nicht unbekannt. Er dürfte dort kaum herumgelungert haben, wohin desöfteren Paare gingen. Doch vielleicht wartete er einfach ab, bis der „Kunde“ verschwunden war.

Was mir zu denken gibt ist der Punkt, dass ihm die Hanbury 29 dann als Rückzugsraum nicht mehr bliebe. Er dürfte ja wohl nicht allen ernstes dorthin nochmal zurück gegangen sein.
Außerdem glaube ich persönlich eher, dass Annie Chapman wusste, wohin sie mit Kunden gehen konnte.

Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #76 am: 01.05.2013 15:48 Uhr »
Was mir zu denken gibt ist der Punkt, dass ihm die Hanbury 29 dann als Rückzugsraum nicht mehr bliebe. Er dürfte ja wohl nicht allen ernstes dorthin nochmal zurück gegangen sein.
Außerdem glaube ich persönlich eher, dass Annie Chapman wusste, wohin sie mit Kunden gehen konnte.

Nun ja, eins schließt das andere nicht aus. Der Hinterhof der 29 Hanbury Street, könnte mehrere Funktionen erfüllt haben. Gelegentliche Schlaf- und Trinkstelle für den Ripper, Ort der Prostitution für Annie Chapman und, wie wir wissen, auch ein Ort, den ein Täter nach der Tat immer wieder aufgesucht haben könnte, um das Erlebte erneut oder immer wieder zu erleben. Der Ripper und Chapman, hätten sich hundert Mal verpassen können, genau wie der Ripper und Kelly im Miller´s Court.

Ich hatte mal eine Bekannte, die lebte in einem Hochhaus. Sie traf dann einmal in einem Kaffee einen Mann und sie unterhielten sich, tranken einen Kaffee dabei und erfuhren dann voneinander, dass sie unter der gleichen Adresse lebten. Aber es wurde noch spezieller. Sie lebten im gleichen Stockwerk und seine Wohnung war nur wenige Meter von ihrer entfernt. Lag nur am Flurende um eine Ecke. Über 10 Jahre, ich glaube es waren nahezu 15 Jahre, haben sie sich nicht ein einziges Mal bemerkt und das, obwohl sie beinahe tagtäglich in all den Jahren dort ein- und ausgegangen sind.

Der Gedanke eines solchen Mörderstyps hat was für sich.

Speziell zu Aaron Kozminski:

Februar 1891:

“Er gibt an, dass er gesteuert wird und seine Bewegungen ganz und gar angetrieben werden, von einem Instinkt, der seinen Verstand Anweisungen gibt, er sagt, dass er die ganzen Bewegungen der Menschheit kennt, er verweigert die Nahrung von anderen, weil es ihm befohlen wurde und aus dem gleichen Grunde, isst er auch aus der Gosse.“

“Er geht über die Straße und hebt Brotkrümel aus der Gosse auf und isst sie, er trinkt Wasser aus dem Wasserhahn und er verweigert Essen aus den Händen anderer. Er nahm ein Messer und bedrohte das Leben seiner Schwester. Er sagt, dass er krank ist und seine Heilung liegt in der Essensverweigerung. Er ist schwermütig, praktiziert Selbstmissbrauch (Selbstbefriedigung). Er ist sehr dreckig und lässt sich nicht waschen. Er hat jahrelang nicht versucht irgendeine Beschäftigung aufzunehmen.“

Colney Hatch, 10. Februar 1891:

Ist ziemlich schwierig, wegen dem dominanten Charakter seiner Wahnvorstellung, mit ihm umzugehen. Lehnte es neulich ab, gebadet zu werden, als sein “Instinkt“ es ihm verbot.

Colney Hatch, 21. April 1891:

Zusammenhangslos, teilnahmslos, beschäftigungslos, hat immer noch dasselbe “instinktive“ Bedenken wegen dem wöchentlichen Bad, Gesundheitszustand okay

Colney Hatch, 9. Januar 1892:

Zusammenhangslos, zeitweise aufgeregt und gewalttätig- vor einigen Tagen nahm er sich einen Stuhl und versuchte den Aufsichtsbegleiter damit zu treffen, in der Regel apathisch und weigert sich, sich auf irgendeine Art und Weise zu beschäftigen, Aussehen sauber, gesundheitliches Befinden ist in Ordnung

Colney Hatch, 18. September 1893:

Glaubt, er stehe unter dem Schutz des russischen Konsulat- träge aber leise und sauber in der Erscheinung, geht nie einer Arbeit nach. Beantwortet Fragen die ihn selber betreffen.

Leavesden Asylum, 16. Juli 1914:

Wirr und leicht erregbar: Wird zeitweise lästig. Hört Stimmen. Unordentlich. Körperliche Gesundheit in Ordnung.

Leavesden Asylum, 17. Februar 1915:

Patient murmelt lediglich wenn man Fragen stellt. Er sieht Bilder und hört Stimmen und ist zeitweise leicht erregbar. Arbeitet nicht. Sauber aber unordentlich angezogen. Körperliches Befinden okay.

Leavesden Asylum, 2. Februar 1916:

Patient weiß sein Alter nicht und wie lange er bereits hier ist. Er sieht Dinge und hört Stimmen und ist zeitweise sehr dickköpfig. Unordentlich aber sauber, arbeitet nicht. Gesundheit okay.

Du erkennst also, dass er “fremdgesteuert“ wurde, es wurde ihm gesagt (durch eine Stimme), was er zu tun hat und wie er sich zu ernähren hat. Dadurch würde er geheilt werden. Wenn ihm die Stimme nun auch gesagt hat, dass er durch das Trinken von menschlichem Blut und den Verzehr von menschlichen Körperteilen (vorwiegend aus dem Bereich des entstehenden Lebens, sprich Unterleib) wieder Gesundheit erlangen kann, dann hätte er dies auch ausgeführt. Er hatte also Wahnvorstellungen, Halluzinationen und fühlte sich vom russischen Konsulat verfolgt (beschützt), litt also unter “Verfolgungswahn“, einer Paranoia. Wobei ich mir natürlich gut vorstellen kann, dass er, gerade wenn man die Aussagen von Sir Robert Anderson kennt, von seinen Landsleuten und Glaubensbrüdern, wie soll ich sagen, “besonders beobachtet“ wurde. Und das wären dann Russisch- Polnische Juden gewesen und einige davon vielleicht mit gewissen Einflüssen (Rabbi). Aaron Kozminski spricht also selber über einen “Schutz“ seiner Person und wir wissen, dass “Kosminski“ von “his people“ gedeckt wurde. Möglich, dass ihm seine Leute gesagt haben: “Wenn du tust, was wir dir sagen, wird dir nichts passieren, egal was du getan hast“. Ein paranoider Mensch hätte das auch geglaubt und es hätte ihn, Aaron Kozminski, evtl. als Ripper, “unantastbar“ gemacht haben können. “Er nahm ein Messer und bedrohte das Leben seiner Schwester.“, “… vor einigen Tagen nahm er sich einen Stuhl und versuchte den Aufsichtsbegleiter damit zu treffen“ waren Taten, die ihm sicherlich seine Stimme, sein “Instinkt“, suggeriert hatten. Aaron Kozminski wurde mit Sicherheit, wenigstens ein einziges Mal durch die Stimme befohlen, mit einem Messer auf eine Frau loszugehen. Er war nicht der harmlose Irre, als der er gerne beschrieben wird. Er reagierte extrem impulsiv, was gut zu Tätern mit einer Blitzattacke passt und der Ripper fällt unter diese Kategorie der Blitzattacke. “…zeitweise aufgeregt und gewalttätig ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass er impulsiv und gar nicht so harmlos gewesen war.

Und zwischen ihm, wenn er der Ripper war und zwischen dem bereits erwähnten Serienkiller Richard Trenton Chase gibt es einige Gemeinsamkeiten. Eine davon sind die furchtbaren Verstümmelungen an den Opfern. Oder besser gesagt, die sinnlose Gemetzel.

Die Opfer von Chase:

18. 12. 1977 Schüsse auf das Haus der Familie Phares
19. 12. 1977 Schüsse auf das Haus der Familie Polenske
29. 12. 1977 Ambrose Griffin (Chase tötete ihn aus seinen fahrenden Wagen heraus)
21. 01.1978 Teresa Wallin (er erschoss sie, verstümmelte sie wie die Leichen von Chapman, Eddowes oder Kelly und badete in ihrem Blut)
28. 01. 1978 Evelyn Miroth, weiterhin ihren Nachbarn (52 Jahre), ihren 6jährigen Sohn und ihren Neffen (22 Monate alt) (er erschoss Evelyn Miroth, den Nachbarn und den Sohn und verstümmelte Evelyn Miroth noch extremer als Teresa Wallin und er trank am Tatort Blut, den Neffen verschleppte er, tötete ihn, trank sein Blut und verspeiste innere Organe. Das reicht und die anderen bzw. genauere Details erspare ich uns allen.)

Wie auch beim Ripper, erkennen wir eine “schnelle Serie“ und einen “DoubleEvent Charakter", Die Entfernung der Tatorte zueinander (Wallin- Miroth= 1 Meile) und auch der nahe Wohnort von Chase sind auffällig und erinnern an die Whitechapel- Morde, er töte durch eine Pistole und nicht wie der Ripper mit Erwürgen oder Kehlschnitt, aber genau wie für den Ripper, war dies nur Mittel zum Zweck und der Zweck waren Verstümmelungen und daraus folgender Kannibalismus. Die beiden Frauen ließ er genauso liegen, wie der Ripper seine Opfer.

“Er glaubte, er werde langsam vergiftet und sein Blut verwandle sich in Pulver. Nur fremdes Blut könne ihm darum das Leben retten.“

Für ihn gab es fliegende Untertassen, UFOs und eine Nazi- Mafia von denen er sich auch verfolgt fühlte und seine “Seifenschalenvergiftung“.

Chase:

“Jeder hat doch eine Seifenschale. Wenn man die Seife hochhebt und die Unterseite trocken ist, dann ist alles gut. Ist aber alles glitschig, dann heißt das, dass man eine Seifenschalenvergiftung hat.“

Ihm hatten Stimmen befohlen, es sei nun an der Zeit zu töten.

Richard Trenton Chase, genau wie Aaron Kozminski, waren der Meinung, sie wären krank (was sie ja auch tatsächlich waren) und müssten sich bestimmt verhalten, um wieder gesund zu werden. Fremdes Blut und wahrscheinlich fremde Organe waren für Chase die “Rettung“. Aaron Kozminski war ebenfalls auf der Suche nach Heilung. Es mag sich bizarr anhören und es ist es selbstverständlich auch, aber um selbst überleben zu können, mussten sie andere Menschen töten. Dies war sicherlich nur eine Facette der Motive aber jedes ist für die Handschrift wichtig. Die Handschrift von Chase, findet sich auch im Ripper- Fall wieder. Der Ripper war ein Mensch wie Chase. Und wir haben mit Aaron Kozminski jemanden, der stark an Chase erinnert.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Andromeda1933

  • Gast
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #77 am: 01.05.2013 17:42 Uhr »
Was glaubst Du, warum hätten „sie“ ihn schützen, decken sollen? Um Schaden von ihrer Glaubensgesellschaft bei seiner Entlarvung abzuwenden? Der wäre grösser gewesen, wenn die Intrige bekannt geworden wäre. Aber so wie Du Kosminski beschreibst (und wie er wohl auch gewesen ist) war er kaum in der Lage, die Situation zu überblicken. Wären seine „Beschützer“ nicht besser beraten gewesen, ihn zu „entsorgen“. Ein Typ wie er, tot in einem Hinterhof, wäre nach 2 Tagen vergessen gewesen. Wurde sein krankhaftes Wesen vielleicht für irgendwelche düsteren Zwecke ausgenutzt?

Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #78 am: 01.05.2013 19:01 Uhr »
Was glaubst Du, warum hätten „sie“ ihn schützen, decken sollen? Um Schaden von ihrer Glaubensgesellschaft bei seiner Entlarvung abzuwenden? Der wäre grösser gewesen, wenn die Intrige bekannt geworden wäre. Aber so wie Du Kosminski beschreibst (und wie er wohl auch gewesen ist) war er kaum in der Lage, die Situation zu überblicken. Wären seine „Beschützer“ nicht besser beraten gewesen, ihn zu „entsorgen“. Ein Typ wie er, tot in einem Hinterhof, wäre nach 2 Tagen vergessen gewesen. Wurde sein krankhaftes Wesen vielleicht für irgendwelche düsteren Zwecke ausgenutzt?

Psychisch kranke Menschen, bleiben wir ruhig bei Aaron Kozminski oder Richard Chase, vom letzteren wissen wir, dass er ein Serienkiller war, haben einen Anteil an und in sich, der defekt ist, d.h., sie haben Wahnvorstellungen, Verfolgungswahn, Phantasien, sehen Bilder und hören Stimmen. Ein anderer Teil funktioniert aber noch wie oder wenigstens ähnlich wie beim gesunden Menschen. Demnach wissen sie, wie spät es ist, wann die nächste Bahn fährt, wie teuer das Bier in der Kneipe ist, aus was Brot besteht und wer Mutter, Vater, Geschwister und Anverwandte sind usw. Es ist wie bei körperlichen Krankheiten. Ist die Leber an Krebs erkrankt, können und werden Herz, Lunge und Nieren immer noch einwandfrei funktionieren. So etwas kann sich natürlich im Krankheitsverlauf negativ verändern. Bei solchen psychischen Erkrankungen kann man es ähnlich sehen. Ein psychisch schwer gestörter Mann, muss kein Idiot oder Dummkopf sein. Wir nehmen ihn ab einem gewissen Punkt sicherlich als gestört war, verabscheuen seine Taten irgendwann aber das bedeutet nicht, dass sein IQ niedriger ist als deiner oder meiner. Wie ich neulich in einem anderen Faden in einem Zitat schrieb.

“Schizophrenie manifestiert sich bei jedem etwas anders, jeder Mensch ist einzigartig und die Schizophrenie ändert daran nichts.“

Und noch weiterhin anmerkte:

…dass es eben auch intelligente und weniger intelligente Schizophrene gibt, es gibt auch extrovertierte und introvertierte Typen darunter. Schizophrene sind genauso vielfältig wie wir “Normalen“.

Diese Typen können denken:

Ich weiß, dass das was ich tue für andere Unrecht ist und ich dafür belangt werden kann. (Chase wusste das)

Genauso können sie verstehen, dass ihnen geholfen wird. Diese Hilfe müssen sie nicht in ihrer wahren Bestimmung erfassen sondern einfach nur als Hilfe, die dazu dient, IHRE Verbrechen zu schützen.

Schizophrene sagen und tun unlogische Dinge die wir erst einmal nicht verstehen. Dass hat nichts mit der allgemein bekannten Dummheit zu tun.

Es gibt ja auch gesunde Menschen unter uns, die an UFOs, Außerirdische und Verschwörungstheorien glauben. Die meisten davon, verstehen viele Dinge auf dieser Welt, viel, viel besser als ich es tue.

Menschen können unter psychischen Störungen leiden und trotzdem einen Weg finden, erfolgreich zu leben. Das schaffen ja viele Blinde, Taube oder Einarmige auch. Da gibt es Doktoren und Wissenschaftler unter ihnen.

Wenn Jack the Ripper ein paranoider Schizophrener gewesen war und vieles spricht dafür, dann war er eben u.a. Paranoid Schizophren. Aber was impliziert das jetzt? Dass er ein Schwachkopf war? Warum?

Paranoid Schizophren= Schwachkopf? Nein.

Natürlich kann eine solche Krankheit ausarten und den Patienten verblöden lassen, so wie Aaron Kozminski. Aber dazu bedarf es vieler Jahre und einer schlechten Behandlung. So war es ja auch bei Aaron Kozminski.

Die Familie von Aaron Kozminski war aus Polen geflüchtet. Sie fürchteten um ihr Leben. Berechtigterweise. Die Geschichte hat uns ja dann gezeigt, was der Zar dort angerichtet hatte. Sie hatten in ihrer neuen Heimat viel zu verlieren, nämlich alles. Dazu waren die Spannungen zwischen Juden und Nichtjuden enorm. Eine Entlarvung fand niemals statt, es ist also “gutgegangen“, sonst würden wir beide hier auch nicht schreiben. Außerdem war ein naher Verwandter ein Rabbi. Und warum sollte ein Jude einen anderen Juden so einfach töten?, falls du das mit “entsorgen“ meintest. “Entsorgt" haben sie ihn sicherlich und sei es nur mit zeitweisen Aufenthalten in “privaten Einrichtungen“. Aber irgendwann war dann auch genug und er kam in eine öffentliche Anstalt (Colney Hatch), wahrscheinlich dann, als er immer “abwesender" wurde. Du weißt ja, was ich neulich schon schrieb:

“Feste, die jene Menschen hinter verschlossenen Fensterläden im Inneren feiern“.

Vergesse bitte nicht, er war auch ein Sohn, ein Bruder und ein jüdischer Kamerad und auch ein Mensch, auch wenn es schwer zu glauben ist. Er war sicherlich eine ganz traurige Erscheinung und ihn einfach “zu entsorgen“, war keine leichte Entscheidung für diese Familie, auch wenn sie es letztendlich taten.

Ich stelle es mir unendlich traurig vor, wenn seine Mutter, seine Brüder und seine Schwester ihn sahen, als er durch die Stimmen gesteuert vor sich hin brabbelte. Es gibt nichts zu beschönigen, es gibt auch so gut wie kein Mitleid von mir, auch weil ich denke, dass, egal wie diese Erkrankung nun auch heißen mag, er immer noch entscheiden konnte, Stimmen hin- oder her, was richtig oder falsch war, bei dem was er tat.

Auch hier bitte vielleicht beachten, was ich kürzlich schrieb:

“Dann könnte es auch so sein (und es ist so), dass die Schizophrenie nichts an den Hass und Tötungsabsichten beim Täter geändert hatte. Sie waren da. Vielleicht hat diese Erkrankung aber doch dazu geführt, dass er diesen Hass und diese Tötungsabsichten umsetzen konnte, was er unter anderen Umständen gar nicht getan hätte. Aber vielleicht hätte er es doch getan, nur überlegter oder organisierter, mit einem veränderten Modus Operandi, wer weiß… Aber das diese Krankheit da war, ist insofern wichtig, weil sie ja einen Ausdruck hatte, die sich in der Handschrift des Täters und seines MO manifestiert hatte. Und ich denke, dies ist im Ripper Fall auch offensichtlich.“

Da wird eine Menge Verzweiflung in der Familie von Aaron Kozminski geherrscht haben, falls sie wussten, dass er der Morde verdächtigt worden war. Hättest du als Bruder so schnell gesagt: Entsorgt den Jungen?

Ein Typ wie er, tot in einem Hinterhof, wäre nach 2 Tagen vergessen gewesen

… wäre deine Lösung gewesen?

Nehme mir es bitte nicht übel, aber so etwas erschreckt mich etwas. Ich gehe davon aus, dass du es anders meintest.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Andromeda1933

  • Gast
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #79 am: 01.05.2013 19:08 Uhr »
Stimmt, war weder gut noch verständlich ausgedrückt. Ich wollte sagen, er muss doch für andere (die eben von seinem Mordtrieb wussten) eine riesige Belastung gewesen sein. Mir schoss durch den Kopf, dass ein toter Kosminski für den einen oder anderen die „Lösung“ des Problems hätte sein können.

Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #80 am: 01.05.2013 19:24 Uhr »
Stimmt, war weder gut noch verständlich ausgedrückt. Ich wollte sagen, er muss doch für andere (die eben von seinem Mordtrieb wussten) eine riesige Belastung gewesen sein. Mir schoss durch den Kopf, dass ein toter Kosminski für den einen oder anderen die „Lösung“ des Problems hätte sein können.

Vielleicht war er das sogar!!! Von 1894- 1910 gibt es praktisch nichts über Aaron Kozminski. Kurioserweise sprach Chief Inspector Swanson 1894 das erste Mal über den Tod seines Ripperverdächtigen und Macnaghten (der zu diesem Zeitpunkt unsicher war, ob Kosminski noch in einer Anstalt weilte) musste im gleichen Jahr das Memorandum schreiben. 1910, als Sir Robert Anderson und Major Smith ihre Bücher veröffentlichten, tauchten auch wieder Aufzeichnungen über Aaron Kozminski auf. Auch sehr merkwürdig.

So gesehen, könnte Aaron Kozminski zweimal gestorben sein. Einmal 1894 und einmal 1919. Könnte auch erklären, warum Swanson darüber sprach (zweimal), dass der Verdächtige bereits früh verschieden war, weil er es eben nicht besser wusste. Dies könnte jedoch implizieren, dass sein Master, Sir Robert Anderson, einst nicht ganz ehrlich zu ihm war. Warum aber diese “Diskretion“ gegenüber einem Freund? Die Frage, müsste uns Sir Robert beantworten.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Phil

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 234
  • Karma: +1/-0
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #81 am: 02.05.2013 11:31 Uhr »
Da am Schürzenteil nicht nur eine Sorte Blut gewesen sein soll, sondern noch eine weitere, scheint es im Rahmen der Wahrscheinlichkeiten durchaus möglich, dass der Ripper sich aus Versehen selbst verletzt hatte. Ich erinnere noch einmal an die Ereignisse der Tage danach, als ein Mann ausfindig gemacht wurde, der eine Schnittverletzung erlitt und dem offenbar blutige Kleidung zuordenbar gewesen war. In einem Abfluss in der Dorset Street hätte durchaus des Rippers eigenes (frisches) Blut geflossen sein können. Vielleicht drückte er das Schürzenteil von Eddowes auf seine eigene Wunde und nahm es deshalb auch mit. In der Goulston Street hätte die Wunde ja zwischenzeitlich aufgehört haben zu bluten um dann etwas später erneut aufzugehen. Typisch für Schnittwunden. Das Schürzenteil war glatt abgeschnitten, so etwas erinnert mich immer an das Verbinden von Wunden, wenn man schnell etwas braucht. Für den Transport von Körperteilen hätte er doch die ganze Schürze nehmen können. Die Niere konnte er auch irgendwo in seinen eigenen Taschen verstecken. Sein Messer war schnell vor Ort zu reinigen.

Ich denke, es wäre fair, auch diese Art von Szenario für jene Nacht in Betracht zu ziehen.


Diesen Ansatz finde ich sehr interessant und halte es für sehr gut möglich! Wurde diese Idee noch nie irgendwo in Betracht gezogen? Finde sowieso eure ganze Diskussion bis jetzt sehr spannend  :good: Vielleicht fällt mir auch noch das ein oder andere dazu ein...mal schauen, habe hier länger nichts mehr zum Thema geschrieben  :pardon:
"Happiness ain't at the end of the road, happiness IS the road" (Zitat aus dem gleichnamigen Lied von Marillion; Lyrics: Steve Hogarth)

Offline Shadow Ghost

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 624
  • Karma: +3/-0
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #82 am: 02.05.2013 12:29 Uhr »
Da am Schürzenteil nicht nur eine Sorte Blut gewesen sein soll, sondern noch eine weitere, scheint es im Rahmen der Wahrscheinlichkeiten durchaus möglich, dass der Ripper sich aus Versehen selbst verletzt hatte.

Aus welcher Quelle hast Du, dass an Catherine Eddowes Schürze das Blut verschiedener Personen gewesen sein soll? Ich meine, zur damaligen Zeit konnten die Ärzte nicht einmal Tierblut von Menschenblut unterscheiden, geschweige denn das Blut verschiedener Menschen (Die Blutgruppen wurden von Landsteiner erst um 1900 entdeckt.). Wenn, dann müsste die Schürze zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal untersucht worden sein, aber ich bin mir nicht einmal so sicher, dass die Schürze überhaupt asserviert wurde, schließlich wurden die Kleidungsstücke der anderen Opfer auch einfach entsorgt.

Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #83 am: 02.05.2013 14:42 Uhr »
Aus welcher Quelle hast Du, dass an Catherine Eddowes Schürze das Blut verschiedener Personen gewesen sein soll? Ich meine, zur damaligen Zeit konnten die Ärzte nicht einmal Tierblut von Menschenblut unterscheiden, geschweige denn das Blut verschiedener Menschen (Die Blutgruppen wurden von Landsteiner erst um 1900 entdeckt.).

Hallo Shadow, Hallo Phil,

Es handelt sich um eine ganz bekannte Aussage, die jeder kennt und viele Male gelesen hat:

Dr. Frederick Gordon Brown:

“My attention was called to the apron. It was the corner of the apron, with a string attached. The blood spots were of recent origin. I have seen the portion of an apron produced by Dr Phillips and stated to have been found in Goulston Street. It is impossible to say it is human blood. I fitted the piece of apron which had a new piece of material on it which had evidently been sewn on to the piece I have, the seams of the borders of the two actually corresponding. Some blood and, apparently, faecal matter was found on the portion found in Goulston Street.”

“Meine Aufmerksamkeit wurde auf eine Schürze gelenkt. Es handelte sich um die Ecke der Schürze mit einer Schnur dran. Die Blutspritzer waren neueren Datums. Ich habe den Teil einer Schürze gesehen, welchen Dr. Phillips bereitstellte und angab, in der Goulston Street aufgefunden worden zu sein. Es ist unmöglich zu sagen, dass es sich um menschliches Blut handelt. Ich passte das Schürzenteil, welches ein neues Stück Material drauf hatte, was offenbar aufgenäht wurde, auf das Stück an, was ich habe, die Ränder der Kanten von beiden stimmten tatsächlich überein. Etwas Blut und scheinbar Kot wurden auf dem Teil entdeckt, das man in der Goulston Street fand.“

Bei Eddowes konnte kein Blut spritzen. Durch den Kehlschnitt blutete sie aus, der Druck war sehr schnell weg. Höchstens durch den Kehlschnitt selber aber die Blutspritzer gelangen dann ausgerechnet auf ein Teil der Kleidung (bzw. Sie führte sie ja nur mit), die der Täter mitnimmt. Mir zu einfach. Gordon Brown konnte alles anderen dem menschlichen Blut zuordnen, diese Blutspritzer jedoch nicht.

Mit Schürzenteil meine ich die “komplette Schürze“, ob nun als “Einzelstück“ oder als das “Schürzenteil aus der Goulston Street“ oder als “Reststück bei Eddowes“. An den Einzelteilen befand sich Blut und “zusammengesetzt“ hatte die ganze Schürze Blutflecken. Ob es sich dabei um eine Blutsorte handelte, oder es am Ende zwei verschiedene waren oder sie sich lediglich vom Blut bei Eddowes unterschieden, dies sei dahingestellte. Offenbar konnte sich Dr. Frederick Gordon Brown nicht ganz sicher sein. Er konnte sich nicht eindeutig äußern. Blut kann schon unterschiedlich aussehen. Dazu bedarf es keiner genaueren Analyse, es reicht das Hinschauen. Wie du weißt, haben wir zwei unterschiedliche Blutkreisläufe, auch da weist das Blut unterschiedliche Farben auf. Hängt u.a. ja auch vom Sauerstoffgehalt ab. Brown sprach ja auch gar nicht von zwei Personen, nur von einer Unsicherheit bezüglich einer weiteren Blutspur.

Man könnte davon ausgehen, dass Gordon Brown diesbezüglich etwas zurückhaltend war, denn Blut, was eventuell nicht vom Opfer stammen könnte, wäre ein wichtige Spur gewesen, wenn auch nicht vordergründig ein Beweis. Aber einen verletzten Verdächtigen, hätte es in Bedrängnis bringen können. Ihm fiel die Schürze ja nicht nur auf, weil sie eine Schürze war und zu den Habseligkeiten von Eddowes gehörte, sondern auch, weil sie eine Schürze mit Blutspritzer drauf gewesen war, die er an dieser Stelle, im Bezug zum Opfer, als ungewöhnlich empfand. Er musste es natürlich erwähnen, das steht außer Frage aber an den anderen Utensilien befand sich halt kein Blut, eben nur da und unterschwellig muss die Frage lauten: Wie konnte es dahin gelangen? Eddowes wurde schwer verstümmelt, alles in allem hätte überall etwas Blut sein müssen. Der Inquest im Fall Eddowes fand am 4. Oktober 1888 statt. Da war bereits eine Untersuchung zur blutigen Kleidung in der Batty Street gestartet worden. Die Polizei hätte sicherlich nicht gewollt, dass über eine mögliche, zweite Blutspur so detailliert gesprochen wird, während sie einen Mann observieren, der sich eine Verletzung zugezogen hatte.  

Der Täter hat natürlich diese Schürze berührt, um ein Stück davon abzuschneiden aber was hätte da “Blut spritzen“ lassen sollen. Die Niere? Nein! Das Messer? Nein! Denn eher schon eine ganz frische Wunde oder eine, die beim Abtrennen erlitten wird.

Es ist vielleicht auch unglücklich formuliert von mir, das gebe ich zu. Es muss auf der Schürze nicht unterschiedliches Blut gewesen sein, sondern nur eine Sorte aber die könnte sich zumindest vom Blut von Eddowes unterschieden haben. Es könnten tatsächlich aber auch zwei gewesen sein. Wenn der Täter sich beim Abtrennen der Schürze oder kurz vorher verletzt hatte, könnten die Blutspritzer am verbliebenen Schürzenteil von ihm gewesen sein. Hätte er das abgetrennte Stoffteil als Verband benutzt, dann war das Blut auch dort von ihm und nirgends Blut von Eddowes, höchstens etwas Kot von ihr (hätte er ja an der Hand gehabt haben können), wenn nicht gar vom Täter selber. Die Möglichkeit, dass zwei unterschiedliche Blutflecken gesichtet wurden, ist wahrscheinlicher, als zwei unterschiedliche Blutarten auf der gesamten Schürze bzw. einem Teil davon. Ich wollte sagen, es gab zwei unterschiedliche Blutflecken am Tatort und die Schürze wies andere auf als der Rest. Ich gehe immer davon aus, dass jede Brown´s Angaben vor Augen hat. Aber schön dass du nachfragst.

Es ist halt so, da gab es nicht absolute Eindeutigkeiten, dass am Tatort von Eddowes nur ihr Blut war (Brown), da gibt es Major Smith Aussagen, die eher auf “frisches Blut“ hindeuten und da gab es eine Untersuchung in und um die Batty Street, die einen verletzten Mann und blutige Kleidung betrafen und der Polizei war diese Untersuchung absolut wichtig. Für mich sieht “etwas Blut“ und “Blutspritzer“ auf dieser Schürze, einmal auf dem entwendeten Teil und einmal auf dem zurückgelassenen Teil, nach einer Verletzung aus aber keiner Verletzung die Catherine Eddowes davontrug. Es ist nicht bekannt ob er “Transportmaterial“ bei Chapman oder Kelly mitnahm aber eben bei Eddowes. Und ich meine, es könnte sich unter Umständen um “Verbandsmaterial" handeln.

Brown ließ seine Beurteilung über das Blut an der Schürze offen. Die Polizei observierte zeitnah einen Mann, der "mit dem Messer abgerutscht war und sich verletzte und bei jemand anderen auf dem Hemd, Blutspritzer hinterließ". Da bleibe ich wachsam.

Ich hoffe, dies reicht als Erklärung.

Beste Grüße, Lestrade.
« Letzte Änderung: 02.05.2013 15:58 Uhr von Lestrade »
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Shadow Ghost

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 624
  • Karma: +3/-0
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #84 am: 03.05.2013 01:22 Uhr »
Dr. Frederick Gordon Brown:

“My attention was called to the apron. It was the corner of the apron, with a string attached. The blood spots were of recent origin. I have seen the portion of an apron produced by Dr Phillips and stated to have been found in Goulston Street. It is impossible to say it is human blood. I fitted the piece of apron which had a new piece of material on it which had evidently been sewn on to the piece I have, the seams of the borders of the two actually corresponding. Some blood and, apparently, faecal matter was found on the portion found in Goulston Street.”

“Meine Aufmerksamkeit wurde auf eine Schürze gelenkt. Es handelte sich um die Ecke der Schürze mit einer Schnur dran. Die Blutspritzer waren neueren Datums. Ich habe den Teil einer Schürze gesehen, welchen Dr. Phillips bereitstellte und angab, in der Goulston Street aufgefunden worden zu sein. Es ist unmöglich zu sagen, dass es sich um menschliches Blut handelt. Ich passte das Schürzenteil, welches ein neues Stück Material drauf hatte, was offenbar aufgenäht wurde, auf das Stück an, was ich habe, die Ränder der Kanten von beiden stimmten tatsächlich überein. Etwas Blut und scheinbar Kot wurden auf dem Teil entdeckt, das man in der Goulston Street fand.“

Bei Eddowes konnte kein Blut spritzen. Durch den Kehlschnitt blutete sie aus, der Druck war sehr schnell weg. Höchstens durch den Kehlschnitt selber aber die Blutspritzer gelangen dann ausgerechnet auf ein Teil der Kleidung (bzw. Sie führte sie ja nur mit), die der Täter mitnimmt. Mir zu einfach. Gordon Brown konnte alles anderen dem menschlichen Blut zuordnen, diese Blutspritzer jedoch nicht.

Hallo, Lestrade,

Du übersetzt hier "blood spots" mit "Blutspritzer", was ich persönlich für falsch und interpretierend halte. Es handelt sich doch lediglich um "Blutflecken", wobei wie nicht sagen können, ob es sich um Tropfspuren oder um Abklatschspuren oder um sonst etwas handelt.
Du argumentierst ja, wenn ich Dich richtig verstanden habe, dass es sich um Blutspritzer handelte, und da bei Eddowes aber nur der Kehlschnitt hätte Blutspritzer produzieren können, diese aber nicht an die Schürze hätten gelangen können, könnten die Blutspritzer von einer anderen frischen Wunde stammen, nämlich einer Wunde des Täters. Diese Argumentation an sich ist sehr scharfsinnig, würde es sich um Blutspritzer handeln. Wie bereits erwähnt, handelte es sich meinem Verständnis nach um Blutflecken, nicht zwangsläufig Spritzer.

Gordon Brown konnte alles anderen dem menschlichen Blut zuordnen, diese Blutspritzer jedoch nicht.

Auch dies ist interpretierend, denn die Aussage...

“My attention was called to the apron. It was the corner of the apron, with a string attached. The blood spots were of recent origin. I have seen the portion of an apron produced by Dr Phillips and stated to have been found in Goulston Street. It is impossible to say it is human blood. I fitted the piece of apron which had a new piece of material on it which had evidently been sewn on to the piece I have, the seams of the borders of the two actually corresponding. Some blood and, apparently, faecal matter was found on the portion found in Goulston Street.”


... findet sich am Ende von Browns Post-Mortem-Bericht, und bezieht sich speziell auf das Stück der Schürze, das in der Goulston Street gefunden wurde. Wenn man den Bericht als Ganzes liest, so hat Dr Brown an keiner Stelle explizit nachgewiesen, dass es sich bei den anderen Blutspuren um menschliches Blut handelte, eben weil es damals keine Untersuchungsmethode dafür gab. An der Leiche selbst war dies auch nicht nötig, da man wohl einfach davon ausging, dass die vorhandenen Blutspuren von Catherine Eddowes stammten. Bei der Schürze konnte oder wollte man das nicht mehr so einfach sagen, daher diese einschränkende Aussage von Dr Brown.

Man könnte davon ausgehen, dass Gordon Brown diesbezüglich etwas zurückhaltend war, denn Blut, was eventuell nicht vom Opfer stammen könnte, wäre ein wichtige Spur gewesen, wenn auch nicht vordergründig ein Beweis. Aber einen verletzten Verdächtigen, hätte es in Bedrängnis bringen können. [...] Der Inquest im Fall Eddowes fand am 4. Oktober 1888 statt. Da war bereits eine Untersuchung zur blutigen Kleidung in der Batty Street gestartet worden. Die Polizei hätte sicherlich nicht gewollt, dass über eine mögliche, zweite Blutspur so detailliert gesprochen wird, während sie einen Mann observieren, der sich eine Verletzung zugezogen hatte. 

Ich denke eher, dass es fahrlässig von Dr Brown gewesen wäre, einen solchen Verdacht - wenn er ihn hätte begründen können - zurückgehalten hätte, auch gerade in Bezug auf die Batty Street-Geschichte. Man hätte zum einen diese Information vor der Öffentlichkeit zurückhalten können, zum anderen wäre eine Veröffentlichung auch nicht so verkehrt gewesen; heute würde man dazu sagen, dass man den Fahndungsdruck erhöht.

Ihm fiel die Schürze ja nicht nur auf, weil sie eine Schürze war und zu den Habseligkeiten von Eddowes gehörte, sondern auch, weil sie eine Schürze mit Blutspritzer drauf gewesen war, die er an dieser Stelle, im Bezug zum Opfer, als ungewöhnlich empfand. Er musste es natürlich erwähnen, das steht außer Frage aber an den anderen Utensilien befand sich halt kein Blut, eben nur da und unterschwellig muss die Frage lauten: Wie konnte es dahin gelangen? Eddowes wurde schwer verstümmelt, alles in allem hätte überall etwas Blut sein müssen.

Wer bitte sagt denn, dass es nur auf der Schürze Blutspuren gab? Zwar liest sich die Stelle im Bericht

No blood on the skin of the abdomen or secretion of any kind on the thighs. No spurting of blood on the bricks or pavement around. No marks of blood below the middle of the body. Several buttons were found in the clotted blood after the body was removed. There was no blood on the front of the clothes.

Aber die Stelle mit den Knöpfen, die man nach der Entfernung der Leiche im geronnenen Blut gefunden hat, dass die Leiche wohl in ihrem eigenen Blut lag, und somit die Rückseite der Kleidung wohl mit Blut getränkt gewesen sein dürfte. Brown berichtet, wo kein Blut gefunden wurde. Ob an den Stellen, die er nicht explizit erwähnt hat, Blutspuren zu finden waren, ist natürlich etwas spekulativ, aber wenn man sich die Tatort-Zeichnungen (Frederick Foster?) ansieht, so erkennt man, dass zumindest ihr linker Arm in einer Lache aus Blut lag und von daher auch dort Blutspuren zu finden gewesen wären. Wie Du selbst gesagt hast, Eddowes wurde schwer verstümmelt und überall hätte man Blut finden müssen. Von daher sind nur die Stellen eine Erwähnung wert, an denen sich kein Blut fand, wie etwa die Vorderseite der Kleidung. Sicherlich bedauerlich so eine Berichterstattung, aber eben das einzige was wir haben.

Es ist halt so, da gab es nicht absolute Eindeutigkeiten, dass am Tatort von Eddowes nur ihr Blut war (Brown), da gibt es Major Smith Aussagen, die eher auf “frisches Blut“ hindeuten und da gab es eine Untersuchung in und um die Batty Street, die einen verletzten Mann und blutige Kleidung betrafen und der Polizei war diese Untersuchung absolut wichtig. Für mich sieht “etwas Blut“ und “Blutspritzer“ auf dieser Schürze, einmal auf dem entwendeten Teil und einmal auf dem zurückgelassenen Teil, nach einer Verletzung aus aber keiner Verletzung die Catherine Eddowes davontrug. Es ist nicht bekannt ob er “Transportmaterial“ bei Chapman oder Kelly mitnahm aber eben bei Eddowes. Und ich meine, es könnte sich unter Umständen um “Verbandsmaterial" handeln.

"Nicht absolute Eindeutigkeiten?"  :biggrin: Die Formulierung merk ich mir!
Objektiv betrachtet, haben wir die Aussage von Dr Brown, aus der wir nicht schließen können, ob es Blut von einer oder mehr Personen gab, einfach weil es die wissenschaftlichen Methoden nicht gab. Hätten wir es wirklich mit Blutspritzern zu tun, wäre Deine Interpretation eine gute Alternative. Aber wir haben es eben nur mit Blutflecken (blood spots) zu tun.
Zum zweiten haben wir die Aussagen des Major Smith, über die an dieser und an anderen Stellen schon so viel gesagt wurde. Ich bin mir nicht sicher, aber hat er die Geschichte mit dem blutigen Wasser nicht nur in seinen Memoiren erzählt? Soweit ich weiß, gibt es keinen Hinweis, dass er die Geschichte schon 1888 erzählt hatte. Wenn dem so wäre, so wirkt das Ganze schon ein bißchen danach, als hätte er die Geschichte aufpeppen wollen. (Vielleicht gibt es ja in der Bibliothek von D.D. Swanson ein Exemplar seines Buches mit handschriftlichen Randnotizen?)
Zum dritten haben wir die Geschichte eines blutverschmierten Hemdes, das zum Reinigen gegeben wurde. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre so etwas keine Nachricht wert gewesen; ich meine, wie viele Menschen lebten im East End? Sehr viele! Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich davon einer verletzt und Blutflecken auf ein Hemd bekommt und dieses zur Reinigung gibt? Eigentlich sehr hoch! Also nichts, worüber man reden würde. Es sei denn, dies passiert im Herbst 1888. Dann könnte so eine Alltäglichkeit plötzlich so wichtig sein, das sich Leute ohne besseres Hobby wie wir noch über 120 Jahre später damit beschäftigen.

Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #85 am: 03.05.2013 10:39 Uhr »
Hallo Shadow!

Zum dritten haben wir die Geschichte eines blutverschmierten Hemdes, das zum Reinigen gegeben wurde. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre so etwas keine Nachricht wert gewesen; ich meine, wie viele Menschen lebten im East End? Sehr viele! Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich davon einer verletzt und Blutflecken auf ein Hemd bekommt und dieses zur Reinigung gibt? Eigentlich sehr hoch! Also nichts, worüber man reden würde. Es sei denn, dies passiert im Herbst 1888. Dann könnte so eine Alltäglichkeit plötzlich so wichtig sein, das sich Leute ohne besseres Hobby wie wir noch über 120 Jahre später damit beschäftigen.

Die Polizei bekommt einen Hinweis, dass blutverschmierte Kleidung, ein paar Meter Luftlinie von einem Tatort entfernt, am Morgen, unmittelbar nach der Tat, abgegeben wurde. Es machte nicht den Eindruck, dass Mrs. Kuer jeden Tag blutverschmierte Kleidung annahm und sie auch offenbar darüber reden musste, was letztendlich von jemanden aus ihrem Umfeld an die Polizei oder Presse weitergegeben wurde. Schließlich brauchte Frau Kuer nur einige Meter durch den Court gehen, dessen Eingang sich direkt an ihrem Hauseingang befand, um einen Blick auf den Dutfield´s Yard zu werfen, dem Stride Tatort. Man kann es so lapidarer hinnehmen, so wie du oder genauer hinschauen wie ich oder die damaligen Beamten.

Welche Hobbies habe ich denn so alles?

Du übersetzt hier "blood spots" mit "Blutspritzer", was ich persönlich für falsch und interpretierend halte. Es handelt sich doch lediglich um "Blutflecken", wobei wie nicht sagen können, ob es sich um Tropfspuren oder um Abklatschspuren oder um sonst etwas handelt.
Du argumentierst ja, wenn ich Dich richtig verstanden habe, dass es sich um Blutspritzer handelte, und da bei Eddowes aber nur der Kehlschnitt hätte Blutspritzer produzieren können, diese aber nicht an die Schürze hätten gelangen können, könnten die Blutspritzer von einer anderen frischen Wunde stammen, nämlich einer Wunde des Täters. Diese Argumentation an sich ist sehr scharfsinnig, würde es sich um Blutspritzer handeln. Wie bereits erwähnt, handelte es sich meinem Verständnis nach um Blutflecken, nicht zwangsläufig Spritzer.

Nicht zwangsläufig sagst Du...

Blutflecken wären meiner Meinung nach Bloodstains, wie auch oft im Fall als Bloodstains erwähnt.Ich bin nicht der einzige mit dieser Art der Übersetzung von:

 “The blood spots were of recent origin” übersetzt Thomas als  “Die Blutspritzer waren recht frisch“ und ich als “Die Blutspritzer waren neueren Datums.“ Für Spritzer kenne ich einige Bezeichnungen, für Flecken höre und lese ich meistens Stains. Bloodmarks sind für mich Blutspuren.

Du darfst es natürlich anders sehen, aber Fakt ist, dass Gordon Brown nicht aussagte, dass es sich um Blut von Catherine Eddowes handelte, er nicht einmal sicher war, ob es sich um menschliches Blut handelte, seien es nun Spritzer oder Flecken. Bloodstains, Bloodspots oder Bloodmarks... aber es gab Blut, weitab von allem anderen... hätte sich der Täter beim Abtrennen geschnitten, dann könnten es Spritzer gewesen sein, war er vorher verletzt, dann Blutflecken... es hätte auch Blut von Eddowes sein können aber Brown war sich nicht einmal sicher, ob es menschliches Blut war... aber nur die Schürze zeigte sichtbares Blut... so könnte man interpretieren, dass er saubere Hände hatte, als er Eddowes Habseligkeiten durchsuchte... vielleicht säuberte er sich schon vorher die Hände aber der Kot ging nicht ab und er nahm sich ein Teil der Schürze und verletzte sich beim Abtrennen... Es wird seit jeher so viel Nonsens geschrieben, da darf ich annehmen, dass die Blutspritzer vom Täter stammen oder stammen könnten. Ich tue es und du vielleicht eher nicht.

Kannst Du uns mit Sicherheit sagen, dass es sich dabei um Blut von Catherine Eddowes handelte? Dann würdest Du Dr. Brown´s Aussage für dich interpretieren.

Ich versuche eine Erklärung zu finden, dass es so war. Du solltest uns erklären, dass es eventuell nicht so war. Beides wird Interpretationssache sein.

Catherine Eddowes trug die Schürze bei sich, nicht an sich.

Ich zitiere von unserer Seite:

Folgende Gegenstände trug Catherine bei sich:

•   Zwei kleine blaue Tasche aus Inlettstoff
•   Zwei kleine schwarze Tonpfeifen
•   Eine Blechdose mit Tee
•   Eine Blechdose mit Zucker
•   Eine blecherne Streichholzschachtel, leer
•   12 Stück weiße Lumpen
•   Ein weißes Stück grobes Leinen
•   Ein blau-weißes Stück Hemdstoff, gefaltet
•   Ein roter Lappen mit Stecknadeln und Nadeln
•   Sechs Stück Seife
•   Eine kleine Zahnbürste
•   Ein Tischmesser mit weißem Griff
•   Ein Metallöffel
•   Ein rotes Zigarrettenetui aus Leder mit weißen Metallbeschlägen
•   Eine Kugel Hanf
•   Eine alte, weiße ausgebesserte Schürze
•   Einzelne Knöpfe und einen Fingerhut
•   Senfdose mit zwei Pfandleihscheinen. Einer auf den Namen Emily Burrell, 52 White's Row, datiert 31. August, 9 dime für ein Flanell-Männerhemd; der andere auf den Namen Jane Kelly, 6 Dorset Street, datiert 28. September, 2 Schillinge für ein Paar Männerstiefel. Beide Adressen sind falsch.
 
Er erzählt von Blut an einem dieser Dinge, der Schürze. Nicht von Blut an den anderen Dingen, die sie mitführte. An den Unterseiten der Kleidung von Eddowes befand sich Blut, an den Vorderseiten nicht. Das Blut an dieser Schürze, egal ob das Blut am gefundenen oder zurückgelassenen Teil, könnte deshalb aus einer Quelle stammen.

Wie du selber schreibst:

Keine Blutflecken (spuren) unter der Körpermitte. Nachdem der Körper entfernt wurde fand man einige Knöpfe in dem geronnenen Blut. Auf der Vorderseite der Kleidung war kein Blut.

Bedeutet, dass im Oberkörperbereich bis zur Körpermitte Blut war und da lag Kleidung drauf.

Kein Blut auf der Haut des Unterleibs oder Absonderungen jeglicher Art auf den Schenkeln. Keine Blutspritzer auf den Backsteinen oder dem umgebenden Straßenpflaster.

Nirgendwo spritzte Blut hin, es ran nach der Attacke einfach weg. Der Täter wühlte im Körper von Eddowes und hätte sicherlich einiges an Blut an den Händen gehabt oder an der Kleidung. Aber da gab es kein sichtbares Blut mehr.

Bei der Schürze konnte oder wollte man das nicht mehr so einfach sagen, daher diese einschränkende Aussage von Dr Brown.

Du interpretierst auch oder wieder. Das ist die Wahrheit?

Man hätte zum einen diese Information vor der Öffentlichkeit zurückhalten können, zum anderen wäre eine Veröffentlichung auch nicht so verkehrt gewesen; heute würde man dazu sagen, dass man den Fahndungsdruck erhöht.

Du mutmaßt auch nur. Einige Männer im Zusammenhang mit dieser Ermittlung wurden sehr schnell befragt und gaben über den Vorfall Auskunft. Die Polizei war bemüht, Presse als auch den sonstigen Rummel von der Batty Street fernzuhalten. Informiere dich doch bitte selber.

Nur weil man etwas nicht kennt, heißt es nicht, dass es dies nicht gibt. Nur weil man etwas nicht findet, heißt es nicht, dass es gefunden werden kann.

Der Täter könnte sich verletzt haben. Und da die Polizei unmittelbar nach den Taten einen verletzten Mann hatte, wären eventuell andere Blutspuren von Bedeutung. Sicherlich nicht eindeutig nachweisbar aber wenn sich Blutspuren, Blutflecken oder Blutspritzer auf der Schürze befanden, die nicht zweifelsfrei als die von Catherine Eddowes zu identifizieren waren, dann darf ich da nachfragen und darüber nachdenken, gerade wenn man den Umstand kennt, dass ein verletzter Mann in das Visier der Polizei geriet. Vielleicht war er ja auch gar nicht verletzt und das wäre dann faul an der Geschichte gewesen. Und dazu, darum ging es ja in diesem Faden, gab es angeblich Blut in der Dorset Street. So beginnt man zu mutmaßen und das darf ich.

Ob es nun Flecken oder Spritzer waren ist doch sekundär. Seine mögliche Wunde hätte ja gar nicht spritzen müssen, es wäre nur eine Möglichkeit für Blutspritzer gewesen. Hätte da Bloodstains gestanden, dann hätte es sich eben um eine “normale Schnittwunde“ gehandelt haben können.

Eddowes liegt mit ihrem Oberkörper im Blut. Es gibt keine weitere Blutspritzer oder sonstiges in ihrem Umfeld, an ihrer Vorderseite oder ihrem unteren Bereich des Körpers. Aber ausgerechnet auf der Schürze zwischen ihren Habseligkeiten, wo uns der Mediziner nicht einmal sagen konnte, ob es sich um menschliches Blut handelte, findet man weiteres Blut.

Und dem gehe ich einfach nach. Was dagegen? Ich bin weder Polizist, noch Profiler und ich möchte auch nicht berühmt werden. Ich möchte den Fall nur verstehen und nicht lösen. Ich muss nichts richtig machen und schon niemanden etwas recht. Jeder ist alt genug für sich selber zu entscheiden und ob er meinen Ausführungen Glauben schenkt oder nicht. Aber anderen "Interpreatationsansichten" zu unterstellen und selber nur zu interpretieren ist recht dürftig, vor allem dann, wenn es um Interpretationen geht.

Herzlich Willkommen auf der größten deutschsprachigen Informationsseite rund um das Thema Jack the Ripper!

Überall, wo die Aufzeichnungen widersprüchlich oder absurd sind, werden sie als Ergebnis von Missverständnissen oder schlimmer noch als Fälschungen abgetan.

Es kommt jedoch ständig vor, dass irgendein Umstand oder ein Motiv in der historischen Überlieferung fehlt, mit dem sich diese scheinbaren Unstimmigkeiten erklären ließen.

Unser Streben sollte nicht darin bestehen, die Augen starr auf das vermeintlich Gegebene zu richten, sondern die fehlenden Teile des Puzzles zu finden. 


Genau das tue ich.

Denn: Wer nichts falsch macht, kann nichts richtig machen.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Shadow Ghost

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 624
  • Karma: +3/-0
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #86 am: 03.05.2013 14:29 Uhr »
So beginnt man zu mutmaßen und das darf ich.

Lestrade, Du darfst mutmaßen soviel Du willst. Ich persönlich finde es nur zweifelhaft, wenn durch Aussagen wie

Da am Schürzenteil nicht nur eine Sorte Blut gewesen sein soll, sondern noch eine weitere, ...

der Eindruck entstehen kann, als wäre eine solche Mutmassung Fakt.

Ich weiß jetzt nicht, wodurch die Schärfe in Deinen Post kam, denn ich wollte Dich keinesfalls persönlich angreifen. Sollte dies durch mein Posting provoziert worden sein, so tut mir das leid. Ansonsten finde ich es bedauerlich, dass diese Diskussion durch solche Aggressivität beeinflusst wird. Aber wahrscheinlich liegt es eh an mir. Wir hatten ja schon öfters die Diskussion darüber, dass Du meiner Meinung nach Deine Spekulationen und Szenarien zu sehr als Fakt und zu wenig als Spekulation oder Szenario präsentierst, und ich denke wir zwei werden darüber auch keine Einigung mehr erreichen, von daher versuche ich, mich in Zukunft darüber nicht mehr aufzuregen.

Viele Grüße,
Shadow Ghost

P.S. Die Bemerkung über "Leute ohne besseres Hobby wie wir" war eigentlich ironisch gemeint. Ich bin nur gerade dabei, mir die Smilies abzugewöhnen, und bin damit schon öfters auf die Schnauze gefallen. Also nicht böse sein!

P.P.S. Da ich versuche - ich weiß es gelingt nicht immer - mich hauptsächlich auf Fakten zu konzentrieren, könnte ich (bei Interesse) ein paar Resultate meiner Recherche der deutschsprachigen Presseberichte über den Fall posten. Hatte ja früher schon mal etwas präsentiert.

Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #87 am: 03.05.2013 15:53 Uhr »
Siehst du Shadow und mir kam deine Art plump und aggressiv vor. Du hast hier ein Zeitlang nichts geschrieben und dann kommt:

Aus welcher Quelle hast Du…?

… ohne Ansprache ohne Gruß. Ich muss hier für dich nicht auf diese Art die Sendung mit der Maus machen. Dennoch habe ich nett und ausführlich geantwortet. Etwas mehr Höflichkeit täte auch dir gut.

Und dann kommen Bemerkungen wie:

 "Nicht absolute Eindeutigkeiten?" :biggrin: Die Formulierung merk ich mir!... Wer bitte sagt denn… ohne jeglichen Dank für meinen Erklärungsversuch oder der Einsicht, die ich zeigte, weil ich mich nicht so eindeutig formuliert hatte, worüber ich mich noch etwas freute, weil du nachfragtest.

Außerdem bist du auch nicht immer fehlerfrei bei deiner Fakten-Bekanntgabe, was ich aber absolut verstehe, weil es normal ist und ich auch nicht unbedingt Fehler bei anderen suchen muss. Vieles von dir empfinde ich als sehr zurückhaltend, vorsichtig und ich bin eben nicht so. Macht uns das jetzt zu einem besseren und weniger besseren Menschen? Ich glaube nicht...

Da war Blut, das man nicht zweifelsfrei zuordnen konnte (und es ist nicht vordergründig wichtig, ob es große, ob es kleine Flecken oder runde oder ovale Spritzer waren) und zwar auf jener Schürze. Was hat spots, stains und marks daran nun geändert? Es kann auch weiterhin vom Täter stammen oder eben auch nicht.

Wenn Dr. Brown sagte:

The blood spots were of recent origin. I have seen the portion of an apron produced by Dr Phillips and stated to have been found in Goulston Street. It is impossible to say it is human blood.

Dann darf ich sagen:

Da am Schürzenteil nicht nur eine Sorte Blut gewesen sein soll, sondern noch eine weitere,…

Wenn für dich der Eindruck eines Faktes entsteht, dann bitte. Ich bin hier nicht für die Gefühlswelt oder das Selbstverständnis für bestimmte Dinge bei einzelnen Personen oder bei dir verantwortlich. Ich lege meine Überlegungen dar. Ich bin doch kein Amt oder eine Zulassungsstelle oder irgendeine Einrichtung, noch ein Dozent. Ich bin ein Mensch, der über den Fall redet, sonst gar nichts. Du weißt selber, was für Bücher und Theorien verbreitet werden und du weißt, wie viel davon Schrott ist. Wie der größte Teil der Ripperologie an vielen Stellen einfach falsch ist. Wenn ich morgen hier schreibe, dass die “Prinzessin auf der Erbse“ verantwortlich für die Whitechapel Morde war, dann darf ich das. Und das wäre so etwas von falsch aber es wird Menschen geben, die das wohl sogar glauben werden.

Hast du Befürchtungen, meinen Ausführungen hier könnte jemand glauben? Ich erwarte das noch nicht einmal selber. Für wen hältst du mich? Was erwartest du von mir? Perfektionismus, steril an Fakten haftend? Aber es ist eher etwas, so meine ich, nach was du dich sehnst. Mir ist das gleich. Ich philosophiere lieber. Vielleicht versuchst du das einmal zu verstehen.

Verfasse doch einfach deine Meinungen und schreibe was du schreiben möchtest und dies kann man auch tun, indem man nicht ein Wort oder einen Satzabschnitt bei jemand anderen heraussucht, um eine schwache Stelle zu finden, die dessen Theorie dann kippt. Mach doch einen Faden auf, wo du darlegst, dass das Blut an der Schürze von Eddowes ist. Ich stehe nicht mit dir und anderen hier in einem Wettbewerb. Ich will auch keine Einigung mit dir, wo es nicht geht. Das funktioniert auch ohne.

Es war und ist eben meine Vermutung mit diesem Blut.  

Dr. Brown sagte ja nicht, es war das Blut von Catherine Eddowes. Und je nachdem wie man es interpretieren möchte, bleibt dort ein Raum für eine Spekulation.

Wenn du es als Fakt angeben möchtest, dass das Blut von Eddowes stammt, dann mach es doch einfach. Aber es ist eben nicht Fakt, weil sich Dr. Brown nicht so äußerte.

Ich bin Dir weder böse noch nehme ich es dir übel, dass du dich hauptsächlich auf die Fakten konzentrierst. Die Leute, die sich nicht nur auf die Fakten konzentrierten, haben jedoch, auch aufgrund ihrer Mutmaßungen, vieles an neuen Fakten geschaffen. Es wäre sonst nur schwerlich dazu gekommen.

Mein Wunsch wäre es aber auch, dass du vielleicht erkennst, dass meine Reaktion eben auch eine Reaktion auf deine gewesen war und so würde ich mich auch über Gnade deinerseits freuen.

Ende Januar hast du hier das letzte Mal gepostet. Jetzt haben wir Mai. Du steigst einfach Grußlos in die Diskussion ein und wieder aus. Andromeda und ich haben uns echt bemüht, diesen Faden so gut wie möglich informativ zu belegen. Angel als auch Phil machen sich sehr höflich bemerkbar. Auf mich hat dein plötzlicher Einstieg keinen guten Eindruck gemacht und bei solchen Verhalten werde ich stets besonders sensibel.

Trotz unserer "Auseinandersetzung" hier, halte ich den Faden für spannend und informativ.

Jeder muss hier selber frei entscheiden, was er glauben will oder nicht. Insbesondere mir. Ich erwarte es von niemanden und bin folglich auch nicht enttäuscht. Jeder hat die Möglichkeit bestimmte Sachverhalte selber zu prüfen und seine Theorien zu formen. Dies ist eine rein persönliche Angelegenheit.

Viele Grüße an dich.

« Letzte Änderung: 03.05.2013 18:57 Uhr von Lestrade »
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Shadow Ghost

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 624
  • Karma: +3/-0
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #88 am: 03.05.2013 19:58 Uhr »
Hallo Lestrade,

ich verstehe Dich nun etwas besser, und wie gesagt, ich wollte Dich durch meine Posts nicht provozieren. Es war mir gar nicht bewusst, dass ich seit so langer Zeit schon nichts mehr geschrieben habe, habe ich doch die Diskussionen an sich immer verfolgt. Dass ich grußlos in die Diskussion eingestiegen bin, war auch sicher keine böse Absicht und meine Frage nach den Quellen Deiner Aussage sollte diese auch nicht in Frage stellen. Ich hätte mir durchaus vorstellen können, dass Du irgendeine Quelle aufgetan hast, die ich nicht kenne, oder dass wirklich zu einem späteren Zeitpunkt eine neue Analyse durchgeführt werden konnte. Deshalb war mein holterdipolter-Einstieg aus einer Überraschung bezüglich möglicher neuer Erkenntnisse und der mir innewohnenden Skepsis begründet. Ich sehe eben einfach die Gefahr, dass man bei einer unsauberen Unterscheidung zwischen den Fakten und den Mutmaßungen irgendwann die letzteren für ersteres hält. Das soll aber sicher nicht heißen, dass keiner irgendwelche Szenarien entwickeln darf, wie er (oder sie) sich die Abläufe vorstellt. Das wiederum darf aber auch nicht heißen, dass keiner mehr skeptisch nachfragen oder davor warnen darf, falls etwas unsauber oder zu weit hergeholt erscheint. Das wollte ich äußern, nicht mehr und nicht weniger. Wenn ich mich dabei im Ton vergriffen haben sollte, so war das sicher nicht meine Absicht, und wer mich schon länger in diesem Forum begleitet hat, weiß auch, dass dies eigentlich nicht meine Art ist

Um noch einmal auf die (möglichen) verschiedenen Blutspuren auf der Schürze zurückzukommen, so ist meine Überlegung einfach diese: wir haben auf der einen Seite eine bestialische ermordete Frau (Fakt) und auf der anderen Seite ein Stück ihrer Schürze mit frischem Blut beschmiert (Fakt). Also ist es naheliegend zu folgern, dass das Blut von dieser Frau stammt. Leider geben die wissenschaftlichen Methoden der damaligen Zeit nicht mehr her, so dass wir nur bei dieser naheliegenden Folgerung bleiben können.

Weiter folgern zu wollen, dass sich auf dem Stück Schürze noch das Blut einer zweiten Person befindet, bedarf einer zusätzlichen Annahme (!), nämlich, dass sich eine zweite Person (wahrscheinlich der Täter) auch verletzt hat. Diese zweite Hypothese lässt sich wiederum aufgrund der damaligen wissenschaftlichen Möglichkeiten ebenso wenig beweisen, und bringt daher auch keinen weitere Erkenntnis. In beiden Fällen bleibt die Erkenntnis: wir haben eine ermordete Frau und eine blutverschmierte Schürze. Von daher ist die erste Theorie zu bevorzugen, weil sie denselben Sachverhalt mit weniger (willkürlichen) Annahmen oder auch Unbekannten erklärt. Das nennt man Ockhams Rasiermesser.

Ich habe das jetzt nur ausgeführt, damit auch Du einen kleinen Einblick in meine Gedankenwelt bekommen magst.

Ähnlich verhält es sich mit meiner Wahrscheinlichkeitsbetrachtung zu Mrs Kuer Kunden mit dem blutverschmierten Hemd. Sicher ist die Gegebenheit, dass sie am Tag nach dem double event ein blutverschmiertes Hemd zur Reinigung bekommt für Mrs Kuer ein außerordentliches Ereignis, das sie sicher verunsichert hat. Aber wenn man sich überlegt, dass es ja im East End wohl viele Frauen gab, die sich als Wäscherinnen verdingten, und das manche dieser Frauen in der Woche vor oder in der Woche nach dem double event wohl auch blutverschmierte Kleidung zum Waschen bekommen haben dürften (resultierend aus Arbeitsunfällen, etc) dann bekommt Mrs Kuers Kunde nur durch die zeitliche Korrelation zum double event eine Bedeutung. Leider aber steht eine zeitliche Korrelation nicht immer für einen kausalen Zusammenhang. So gibt es angeblich eine Studie, nach der die Geburtenrate im Burgenland (glaube ich) mit der dortigen Storchenpopulation korreliert; ein kausaler Zusammenhang konnte jedoch nicht nachgewiesen werden.

So funktioniert mein Denken eben. Das mag in manchen Situationen hilfreich sein, in anderen nicht.

Viele Grüße,
Shadow Ghost

P.S. Die "nicht absoluten Eindeutigkeiten" fand ich wirklich einfach nur witzig formuliert, ohne jede Häme.

Andromeda1933

  • Gast
Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #89 am: 03.05.2013 21:19 Uhr »
Schön, dass Ihr Euch wieder „vertragen“ habt!  :yahoo:
Ich bemerke an mir selbst, dass ich gelegentlich Irritationen mit meinen Antworten hervorrufe.
Sicher liegt es mit daran, dass ich oft zu schnell antworte. Wenn ich online bin, weil ich gerade was poste, sehe ich manchmal, dass mir bereits jemand geschrieben hat. Dann „juckt“ es mich hin und wieder sofort darauf zu antworten und dabei schleichen sich so manche „Gedankendreher“ ein, die ein anderer nicht verstehen kann. ICH verstehe ja, wie ich etwas meine, das kann ich aber natürlich nicht vom anderen erwarte. So wie neulich mit Lestrade. Schachspieler sagen, man sollte auf den Händen sitzen, also nichts voreiliges unternehmen. Ich bin gut beraten, es ihnen gleich zu tun.
Die Meinung des anderen zu akzeptieren sollte immer das Credo eines solchen Forums sein. Lestrade z.B. weiß, dass ich den Fall als solches anders sehe und auch die „Kanonischen Fünf“ in Frage stelle. Dennoch teilt er seine Ideen mit mir. Ich selbst verfolge interessiert seine Forschung in Sachen Kosminski, auch wenn Kosminski als Täter meine Ideen über den Haufen werden würde. Die Suche nach „JTR“ (hoffen wir mal, dass sie trotz all der vergangenen Zeit nicht völlig aussichtslos ist) benötigt viel Fantasie und lässt viel Freiraum für alle hier und in anderen Foren.

PS: hier ist noch eine Waschstelle – leider wieder nicht die richtige. Wer mir ein Foto der Waschstelle in der Dorset Street präsentiert – dem geb ich einen aus!  :wacko1:

PPS: nicht übel nehmen, Lestrade. Weißt Du, an wen ich bei David Lubin spontan denken musste? Stell Dir mal eine 90jährige Lady vor, die ihren Geburtstag feiert...  :)