Autor Thema: Sexuell motivierter Mord?  (Gelesen 25477 mal)

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Floh82

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Sexuell motivierter Mord?
« am: 11.02.2009 10:19 Uhr »
Eben habe ich einen Link zu einer Rezension des "beliebten" Klassikers von Ms. Cornwell veröffentlicht.

In diesem Link war folgender Satz zu finden:

"d) Im Zusammenhang mit sadistischen Serientaten ist der verstaubte Begriff „Lustmord“ unschön und völlig falsch. Mit sexueller Lust haben die Taten des Rippers nichts zu tun. -- Auch eine mit sexuell übertragbaren Krankheiten infizierte Prostituierte als „wandelnde Seuche“ zu bezeichnen, finde ich etwas stark. "

Benecke, Kriminalbiologe und anerkannter Wissenschaftler auf dem Gebiet der forensischen Entomologie, greift hier eine vom Forum eventuell nicht immer gut aufgenommene Theorie auf: Dass es sich nämlich nicht um einen sexuell motivierten Serientäter gehandelt hat, sondern um einen sadistischen Serientäter. Ein einfach "nur" brutaler Killer, der sinn- und verstandlos Prostituierte abgeschlachtet hat.

Meinungen zu dieser Meinung von Benecke? ;)

Offline Isdrasil

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #1 am: 11.02.2009 10:21 Uhr »
Hi Floh

Gut, dann kritisiere ich eben den Herren Benecke… :icon_wink:

Dieses Zitat ist doch nur aus einer streng begrenzten Sichtweise gesehen, die Sexualität mit geschlechtlichen Tätigkeiten in Zusammenhang zieht. Ich darf als Gegendarstellung Peter Kürten aufführen, der nach eigenen Worten zum Samenerguss kam, wenn er „Blut rauschen“ hörte.
Der Begriff der Sexualmotive ist äußerst umfangreich und bezieht sich nicht nur auf das gemeinhin als Sexualität empfundene Tun.
Was ist, wenn der Ripper sich noch nach den Morden gedanklich daran befriedigte, was ist, wenn er die Organe dazu verwendete, sich zu stimulieren? Was ist, wenn diese Morde aus einem fehlgeleiteten sexuellen Trieb oder Beweggrund heraus begründet liegen?
Es geht hier auch um den primären Beweggrund und die tiefenpsychologische Komponente – der Sexualtrieb kann vielfältige und manchmal nicht in Zusammenhang bringende Auswirkungen haben, ungeachtet des oberflächlichen Motivs (Frauenhass zum Beispiel – das ist kein primäres Motiv, dass ist eventuell lediglich der Ausbruchsgrund einer sowieso vorhandenen perversen Abartigkeit. Nicht jeder, der Frauen hasst, wird wohl gleich Frauen verstümmeln. Dazu gehört eine andere, wesentlich tiefere Komponente). Sadismus gehört dazu.

Benecke hat einen Haufen Ahnung von den Vorgängen der Verwesung und von Post Mortem Untersuchungen – speziell seine Forschungen bezüglich Insekten sind großartig - aber wenn es um die Psychologie und Motivation geht, traue ich dem Herrn Harbort wesentlich mehr zu.

Schönes Thema übrigens - endlich wieder mal ein bisschen Psychologie  :icon_thumb:

Grüße, Isdrasil

« Letzte Änderung: 11.02.2009 11:24 Uhr von Isdrasil »

Raison-d-eatre

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #2 am: 11.02.2009 12:21 Uhr »
Ich denke es muss ein wenig anders formuliert werden

Recht geben würde ich Isdrasil in dem Punkt, dass es möglich wäre, dass die Ursache bzw das Motiv ein fehlgeleiteter Trieb ist.

Ich persönlich glaube nicht, dass er sie getötet hat um sich Organe zu verschaffen und sich dann damit zu stimulieren.
Die Opfer wurden - meines wissens nach - auch auf Spuren unteersucht und es gab keinerlei Hinweise auf ein (offensichtlich) sexuelles Motiv.
Der Ripper hätte all seine Opfer ja genauso gut missbrauchen können, aber das tat er offensichtlich nicht.
Trotzdem finde ich den Begriff "Lustmord" doch recht passend, zwar nicht in sexueller hinsicht, aber ich denke schon, dass er große Lust dabei empfunden hat.

Bettina

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #3 am: 11.02.2009 18:46 Uhr »
Hallo,

Die Opfer wurden - meines wissens nach - auch auf Spuren unteersucht und es gab keinerlei Hinweise auf ein (offensichtlich) sexuelles Motiv.
Der Ripper hätte all seine Opfer ja genauso gut missbrauchen können, aber das tat er offensichtlich nicht.

Das mag ja sein, allerdings muss man auch bedenken, dass die forensische Untersuchung einer Leiche zur Zeit der Rippermorde noch nicht sehr ausgereift war bzw. überhaupt noch nicht existiert hat (da bin ich mir nicht mehr sicher). Die Kleidung der Opfer wurde beispielsweise teilweise direkt auf die Straße vor den "Leichenschauhäusern" geworfen.
Die hygienischen Bedingungen im East End waren ebenfalls nicht die besten.
Sollten die Herren Doktoren, die damals die sog. Obduktionen vorgenommen haben Sperma entdeckt haben, könnte dies älteren Datums gewesen sein und hätte auf keinem Fall einer einzelnen Person zugeordnet werden können. Das war zu dieser Zeit einfach noch nicht möglich. Daher kann man einfach nicht mit endgültiger Sicherheit davon ausgehen, dass die Opfer NICHT sexuell mißbraucht worden sind.

Grüße
Bettina

Offline Isdrasil

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #4 am: 13.02.2009 18:27 Uhr »
Hi

Zunächst mal stimme ich Bettina in der Aussage zu, man hätte es damals gar nicht zweifelsfrei überprüfen können.

Aber ich möchte noch etwas ganz Anderes aussagen, und fange mal mit einem kleinen Gedankenspiel an...

Situation: Ein Schwan liegt an einem See. Er wurde geköpft, der Hals mit einem Messer durchtrennt.
Was glaubt ihr? Wer war es? Wieso? Vielleicht Jugendliche? Eine Mutprobe? Lasst einfach mal eure Gedanken kreisen...die Auflösung folgt später in diesem Post.  :icon_wink:

Und dann kehren wir erst einmal zum Ripper zurück. Welches Motiv kann man sich sonst vorstellen?
Organraub? Nicht wirklich, denn wenn dies von Anfang an das Motiv gewesen wäre, hätte wohl schon bei Nicholls ein Organ gefehlt.
Raubmord? Auch schwer vorstellbar, erstens waren die Opfer selbst arm und zweitens wären die Verstümmelungen völlig überflüssig gewesen.
Rache? Wofür? Und wieso wieder diese Verstümmelungen?
Sadismus? Wo ist die leidende Komponente, wenn die Opfer schnell getötet wurden?
Verschwörung? Und wieder - weshalb die Verstümmelungen?
Der Täter war "einfach nur brutal"? Auch hier ist die Linie viel zu klar, die Verstümmelungen zu eindeutig. Wenn er nur brutal war - wo sind die eingeschlagenen Zähne, wo sind die blauen Flecken, die gebrochenen Knochen, die blutigen Nasen?

Wie man es dreht und wendet, es bleiben immer die Verstümmelungen der Opfer, das Aufschlitzen und Ausweiden. Egal, welches Motiv man zunächst annehmen mag, man muss sich diese Verstümmelungen ebenso erklären - darum wird man nicht drum herum kommen.

Was ich denke? Ich denke, dass die Verstümmelungen einen Grund hatten und Teil einer Fantasie waren, und dass diese Fantasie wiederum Teil eines abartig perversen sexuellen Hintergrunds waren. Daher die relativ klare Linie - der Täter wusste genau, was ihn erregt und er hatte gelernt, es zu bekommen. Wir müssen meiner Meinung nach den Fokus von der klassischen sexuellen Handlung wegnehmen, und uns klar werden, dass Sexualität in den Augen einiger weniger kranker Menschen einen völlig anderen Ausdruck findet als bei den normal Sterblichen. Ich muss dabei immer an einige deutsche Serienmörder denken: Gust, Bartsch, Kroll und einige Andere. Allesamt gaben an, durch die Taten (sexuell) erregt worden zu sein, und wenige ihrer Opfer zeigten tatsächlich Spuren eines Missbrauchs in der "üblichen" Form. Es gibt Menschen, die werden nicht wie üblich sexuell erregt...
Und um wieder auf Benecke zurück zu kommen: In meinen Augen zielt jede Form des Sadismus auf die Befriedigung eines falsch gepolten sexuellen Triebes ab. Dazu gehört beim Sadismus eine quälende und leidende Komponente, beides ist beim Ripper schwach ausgeprägt. Man kann das "quälen" eventuell auf die Kompromisslosigkeit beziehen, mit der dieser Täter auf dem Leben der Opfer herum trampelte. Macht spielt eine große Rolle. Mein persönliches Lieblingswort in diesem Zusammenhang ist der "Gottkomplex", die gefühlte Allmacht als Herrscher über Leben und Tod und den Schrecken, den er über London brachte. Der Sadismus findet also eher in einem übertragenden Sinne statt und nicht von Opfer auf Täter direkt. Deswegen kann in meinen Augen der Sadismus nur als eine der Komponenten in einem "Motivbündel" angesehen werden.

Und jetzt, nach all diesen Fragen, kommt die Auflösung des Falles von oben:
Der Mörder des Schwans war Peter Kürten, ein erwachsener, verheirateter, arbeitstätiger Mann. Er tötete den Schwan aus sexuellen Gründen - den es erregte ihn, das Blut aus seinem Hals zu trinken. Er kam sogar laut seinen eigenen Aussagen während des Trinkens zum Orgasmus...

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 13.02.2009 18:43 Uhr von Isdrasil »

hedgehopper

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #5 am: 13.02.2009 19:44 Uhr »
Was Isdrasil geschrieben hat,stimme ich voll zu! Der Ripper bekam wohl seine Befriedigung auf Grund der Art des Tötens & der Verstümmelungen.   

Stordfield

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #6 am: 13.02.2009 20:02 Uhr »
 :icon_thumb:

Stordfield

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #7 am: 14.02.2009 13:05 Uhr »
Hallo !

Die Taten des Rippers scheinen völlig motivlos zu sein. Wie Isdrasil so schön ausführte, fallen die „gängigen“ Beweggründe (eventuell könnte man noch Eifersucht dazuzählen) aus. Es bleibt also eigentlich nur noch der sexuelle Hintergrund. Dabei ist hier nicht der sexuelle Akt, sondern die Verwirklichung von sexuellen Gewaltfantasien gemeint.
Ein dysfunktionierendes Elternhaus, Minderwertigkeitskomplexe, Versagensängste, Angst vor dem Verlassenwerden, Schüchternheit, körperliche und geistige Behinderungen u.a. führen bei dem späteren Mörder zur Isolation und zum langsamen Hinübergleiten in eine Traumwelt. Anfangs harmlose Masturbationsfantasien werden allmählich mit Bildern gekoppelt, in denen er Macht und Dominanz über die gedachten Sexualpartner hat. Diese Verbindung zwischen Sex und Gewalt wird immer stärker, ohne sie gelangt er bald nicht mehr zum Höhepunkt. Sie sind für ihn untrennbar. Er feilt immer weiter an diesen Gedanken herum und irgendwann beherrschen sie ihn ganz; sein Kopfkino läßt sich nicht mehr abschalten. Um die Lust zu steigern, bedarf es stets grausamerer Gewaltszenen und schließlich übernehmen sie die Oberhand, die „Partner“ werden entpersonifiziert, der sexuelle Aspekt tritt immer weiter in den Hintergrund, bis er beinahe völlig verblaßt. Nun wollen diese Fantasien in die Realität umgesetzt werden, drängen nach außen. „ Sie tendieren dazu, schnell zu töten, wenn es die Situation zuläßt oder erfordert. In erster Linie morden sie, um sich sowohl geistige als auch körperliche Behaglichkeit und entsprechendes Wohlbefinden zu verschaffen und zu erhalten.“ (nach Holmes und De Burger, Quelle: Peter Fink , Immer wieder töten).
Wahrscheinlich sind sich sexuell motivierte Serientäter manchmal der sexuellen Komponente selbst nicht voll bewußt. Aber z.B. das Eindringen in den Körper des Opfers ( beim Ripper das Messer in den Unterleib), das Positionieren der Leichen in obszöne Lagen, das Entblößen der Genitalien der Ermordeten u.a. deuten immerhin in diese Richtung.

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #8 am: 14.02.2009 17:23 Uhr »
Hi

Auch hier kann ich nur eines erwidern:  :icon_thumb:

Stordfield hat hier sehr schön die Werdung eines Serienmörders beschrieben und dargestellt, wie abstrakt sich sexuelle Gedanken äußern können. Ich glaube auch, dass ist das Problem bei der Sache:
Ein sexuelles Motiv ist furchtbar abstrakt, wird aber immer viel zu konkret erwartet.

Grüße, Isdrasil

Stordfield

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #9 am: 14.02.2009 19:12 Uhr »
Hallo !

Ich habe noch etwas in meinen Unterlagen gefunden, daß ich sehr aufschlußreich finde. Dr. Robert Brittain ( ich glaube, er ist forensischer Psychiater) schrieb 1970 in einer medizinischen Fachzeitschrift einen Artikel, der auf über 20 Jahre intensiver Forschungsarbeit über Mörder basiert, die ohne erkennbaren Grund töteten : "Der Mörder hat eine reiche und blühende Phantasie. Schon als Kind hat er wahrscheinlich zurückgezogen in seiner Traumwelt gelebt. Die Phantasie ist ihm in vielfacher Hinsicht wichtiger als sein realer Alltag. In gewisser Weise ist sie sogar realer. Aus diesem Grund mißt er der äußeren Realität und anderen Menschen weniger Bedeutung bei. Fast könnte man sagen, er taucht nur aus der Phantasie auf, wenn ihn die praktischen Dinge des Lebens dazu zwingen. Das widerstrebt ihm sehr, und er kehrt sobald wie möglich zurück." ( Quelle: Brian Masters, Leblose Liebhaber)
Über die Jahre sind seine Sex - und Gewaltfantasien so miteinander verschmolzen, daß sie einander bedingen. Lebt er die Gewaltvorstellungen aus, so ist also auch stets ein sexueller Aspekt dabei.
Ich meine, der Ripper gehört in diese Kategorie. Wir dürfen wohl getrost von einem sexuell motivierten Täter ausgehen.
(Jedenfalls für mein Verständnis)

Gruß Stordfield

Raison-d-eatre

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #10 am: 15.02.2009 14:12 Uhr »
so denke ich auch über den Ripper. Dass er sich eine eigene Realität erschaffen hat, aber ich persönlich gehe trotzdem nicht davon aus , dass es um seine sexualität ging.
Das beides bedingt sich ja nicht gegenseitig.
Wäre ich der Ripper gewesen und hätte aus einem Sexuellen Grund heraus gehandelt hätte ich aus dabei eine sexuelle Befriedigung angestrebt. dafür gab es allerdings keine wirklichen anzeichen.
Ich knn mir nicht vorstellen, das er das erst hinteher tut, wenn er seine Opfer schon längst alleine gelassen hat, da die Tat dann doch viel viel weiter weg erscheint.

Bis jetzt halte ich das erstmal für relativ unwahrscheinlich, auch wenn ich mich natürlich gerne umstimmen lasse durch schlagende argumente.

Stordfield

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #11 am: 15.02.2009 15:13 Uhr »
Hallo Raison-d-eatre !

Entschuldige, wenn ich Dir widerspreche, aber ich glaube schon, daß sich bei so einem Serienmörder, wie wir es hier zu tun haben, Gewalt und Sexualität einander bedingen. Das wollte ich eigentlich mit meinen postings deutlich machen.
Es gibt einen Haufen Kategorien, in die heute Serienmörder unterteilt werden. Sie alle aufzuzählen und zu beschreiben, wäre eine Arbeit von Monaten, wenn nicht noch länger. Ich habe für mich allerdings den Tätertyp gesucht und gefunden, der m. E. am besten auf JtR paßt. Bei so jemandem stellt die Gewalt den sexuellen Akt an sich dar. Um es noch deutlicher zu sagen: Der Ripper brauchte keinen Orgasmus im herkömmlichen Sinne, sondern der geschah während des Verstümmelns höchstwahrscheinlich nur in seinem Kopf. Er wollte töten und hatte somit auch seinen Sex.

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #12 am: 15.02.2009 16:20 Uhr »
Hi Raison

Nun, ich denke ich liege bei diesem Thema auf einer Wellenlänge mit Stordfield.

Wenn man nach Anzeichen für sexuelle Motive sucht, dann wird man nicht immer auch auf welche stoßen - denn es ist einfach Tatsache, dass sexuelle Erregung und Befriedigung absolut individuell verschieden sind und deren Ausprägungen nicht immer ersichtlich. Wir dürfen einfach nicht davon ausgehen, dass eine sexuelle Tat gleichbedeudend mit Sperma- oder Missbrauschspuren ist.
Bei Betrachtung der Rippermorde fällt einem zunächst eine ziemlich klare Linie auf, eine relativ eindeutige Signatur des Täters. Und dies lässt nun einmal Schlüsse darauf zu, dass die Taten einem "Plan" entsprachen, einer vorgefertigten Fantasie des Täters. Da man (also ich) kein anderes Motiv außer dieser Tat nach Plan ausmachen kann, muss das Motiv zwangsläufig auch unmittelbar mit dieser Ausführung zusammenhängen. Und hier ist es nun mal mehr als höchstwahrscheinlich, dass es sich hierbei um wie von Stordfield beschriebene Gewaltfantasien handelt, die ihren Ursprung in einer gestörten und andersartigen Sexualität haben.

Es ist irgendwie seltsam - bei allen anderen Dingen, bin ich mir nie schlüssig...aber wenn es um das Motiv geht, dann habe ich ein klares Bild im Kopf, wie ich mir den Täter vorstellen muss: Dies ist seine Fantasie, seine Parallelwelt, und in dieser Welt ist er allmächtig. Das ist das, was ihn wirklich aufgeilt. Das ist genau das, was ihn befriedigt. Das ist der Drang, den er spürt, der immer wieder kommt - weil er streng an seine sexuelle Erlebniswelt gekoppelt ist.

Dazu möchte ich noch ergänzen, dass man in diesem Falle einen Täter annehmen muss, der auch irgendwann einmal gemerkt haben muss, was ihn erregt. Das kann ein Ereignis in der prägenden Phase der sexuellen Erlebniswelt sein (wie bei Gust, der als Kind erstmals sexuelle Erregung spürte, als er in den Bauchraum eines zerquetschten Meerschweinchens langte) und damit das Ergebnis einer jahrelang immer wieder durchlebten Fantasie, oder auch das Resultat eines Lernprozeßes innerhalb einer Gewaltserie an sich. Es gibt Täter, die von Anfang an wissen, was sie brauchen - und es gibt Täter, die es erst beim Durchführen anderer Taten spüren und ausarbeiten oder durch die Ausarbeitung neue Aspekte hinzugewinnen. Doch Erstgenannter ist bei dieser Konstellation der wesentlich häufiger vorkommende Typ, soweit ich das überblicken kann. Ich kann für mich also noch behaupten, dass ich beim Ripper einige einschneidende Erlebnisse in der Kindheit vermute und mich nicht wundern würde, wenn es etwas mit dem Schlachten oder auch Quälen von Tieren und einer in diesem Zusammenhang empfundenen Erregung zu tun hat.

Mir fällt auch gerade noch ein Beispiel ein, ich weiß aber nicht mehr den Namen des Mannes...vielleicht weiß jemand, wenn ich meine - wenn nicht, reiche ich den Namen irgendwann mal nach  :icon_wink:
Ich habe auch mal von einem Serientäter gelesen, der einen Unfall beobachtete: Ein Pferd wurde von einer Strassenbahn erfasst und verendete qualvoll vor Ort. Der Mann war Zeuge des Unfalls, und während er die Szenerie des sich quälenden und blutenden Pferdes betrachtete, wurde er sexuell immer stärker erregt, bis er sich so daran ergötzt hatte, dass er zum Orgasmus kam. Er wurde später gefasst, diese Beschreibung beruht auf seinen eigenen Aussagen, der Vorfall war recherchierbar und hatte somit stattgefunden. Man muss ja auch oft bedenken, dass sich auch solche Menschen einiges zusammen reimen können...und selbst wenn dieser Mann dies erfunden hätte, so ist das doch ein Zeichen, dass er Leid und Qualen, Blut und Tod in seinem Kopf mit Sexualität in Verbindung setzt.
(war das vielleicht wieder Kürten? Ich weiß es nicht mehr... :icon_frown:)

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 15.02.2009 16:45 Uhr von Isdrasil »

Stordfield

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #13 am: 15.02.2009 16:46 Uhr »
Hallo !

Peter Fink, Kriminalkommissar in Heilbronn mit 18jähriger Erfahrung im Polizeidienst, schrieb nach mehrjähriger intensiver Quellenrecherche zu den Themen "Serientäter" und "Profilerstellung" einen bemerkenswerten Satz, wie ich finde: "Sexualität ist komplex. Und sexuelles Fehlverhalten ist noch komplexer. Nicht nur die Befriedigung des Sexualtriebs ist Grund, Menschen aus sexuellen Motiven heraus zu töten: Die eigene Lebensgeschichte, die eigenen Probleme und Umstände tragen ebenso dazu bei."

Gruß Stordfield

Raison-d-eatre

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Re: Sexuell motivierter Mord?
« Antwort #14 am: 15.02.2009 17:30 Uhr »
Ich gebe euch damit definitiv Recht, vielleicht ist da nicht ganz deutlich geworden (vllt dadurch dass ich manche dinge anders definieren würde)

Ich meinte in meinem Post eigentlich nur, dass es nicht unbedingt voneinander abhängig ist, da es in Stordfields Eintrag für mich ein bisschen so erscheint als würde man davon augehen , dass man davon ausgehen kann dass es einen sexuellen Hintegrund hatte, DA er sich wohlmöglich eine eigene Realität erschaffen hat.