Hi
Zunächst mal stimme ich Bettina in der Aussage zu, man hätte es damals gar nicht zweifelsfrei überprüfen können.
Aber ich möchte noch etwas ganz Anderes aussagen, und fange mal mit einem kleinen Gedankenspiel an...
Situation: Ein Schwan liegt an einem See. Er wurde geköpft, der Hals mit einem Messer durchtrennt.
Was glaubt ihr? Wer war es? Wieso? Vielleicht Jugendliche? Eine Mutprobe? Lasst einfach mal eure Gedanken kreisen...die Auflösung folgt später in diesem Post.
Und dann kehren wir erst einmal zum Ripper zurück. Welches Motiv kann man sich sonst vorstellen?
Organraub? Nicht wirklich, denn wenn dies von Anfang an das Motiv gewesen wäre, hätte wohl schon bei Nicholls ein Organ gefehlt.
Raubmord? Auch schwer vorstellbar, erstens waren die Opfer selbst arm und zweitens wären die Verstümmelungen völlig überflüssig gewesen.
Rache? Wofür? Und wieso wieder diese Verstümmelungen?
Sadismus? Wo ist die leidende Komponente, wenn die Opfer schnell getötet wurden?
Verschwörung? Und wieder - weshalb die Verstümmelungen?
Der Täter war "einfach nur brutal"? Auch hier ist die Linie viel zu klar, die Verstümmelungen zu eindeutig. Wenn er nur brutal war - wo sind die eingeschlagenen Zähne, wo sind die blauen Flecken, die gebrochenen Knochen, die blutigen Nasen?
Wie man es dreht und wendet, es bleiben immer die Verstümmelungen der Opfer, das Aufschlitzen und Ausweiden. Egal, welches Motiv man zunächst annehmen mag, man muss sich diese Verstümmelungen ebenso erklären - darum wird man nicht drum herum kommen.
Was ich denke? Ich denke, dass die Verstümmelungen einen Grund hatten und Teil einer Fantasie waren, und dass diese Fantasie wiederum Teil eines abartig perversen sexuellen Hintergrunds waren. Daher die relativ klare Linie - der Täter wusste genau, was ihn erregt und er hatte gelernt, es zu bekommen. Wir müssen meiner Meinung nach den Fokus von der klassischen sexuellen Handlung wegnehmen, und uns klar werden, dass Sexualität in den Augen einiger weniger kranker Menschen einen völlig anderen Ausdruck findet als bei den normal Sterblichen. Ich muss dabei immer an einige deutsche Serienmörder denken: Gust, Bartsch, Kroll und einige Andere. Allesamt gaben an, durch die Taten (sexuell) erregt worden zu sein, und wenige ihrer Opfer zeigten tatsächlich Spuren eines Missbrauchs in der "üblichen" Form. Es gibt Menschen, die werden nicht wie üblich sexuell erregt...
Und um wieder auf Benecke zurück zu kommen: In meinen Augen zielt jede Form des Sadismus auf die Befriedigung eines falsch gepolten sexuellen Triebes ab. Dazu gehört beim Sadismus eine quälende und leidende Komponente, beides ist beim Ripper schwach ausgeprägt. Man kann das "quälen" eventuell auf die Kompromisslosigkeit beziehen, mit der dieser Täter auf dem Leben der Opfer herum trampelte. Macht spielt eine große Rolle. Mein persönliches Lieblingswort in diesem Zusammenhang ist der "Gottkomplex", die gefühlte Allmacht als Herrscher über Leben und Tod und den Schrecken, den er über London brachte. Der Sadismus findet also eher in einem übertragenden Sinne statt und nicht von Opfer auf Täter direkt. Deswegen kann in meinen Augen der Sadismus nur als eine der Komponenten in einem "Motivbündel" angesehen werden.
Und jetzt, nach all diesen Fragen, kommt die Auflösung des Falles von oben:Der Mörder des Schwans war Peter Kürten, ein erwachsener, verheirateter, arbeitstätiger Mann. Er tötete den Schwan aus sexuellen Gründen - den es erregte ihn, das Blut aus seinem Hals zu trinken. Er kam sogar laut seinen eigenen Aussagen während des Trinkens zum Orgasmus...
Grüße, Isdrasil