Autor Thema: Swanson  (Gelesen 121519 mal)

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Offline Lestrade

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Re: Swanson
« Antwort #75 am: 30.01.2011 11:21 Uhr »
Ich weiß, dass sich der Verdächtige Cohen keiner großen Beliebtheit erfreut. Es liegt mir auch fern, hier erneut eine Diskussion über ihn zu beginnen. Dafür gibt es einen eigenen Thread. Aber wir haben einen weiteren Mann mit dem Namen Aaron (Aaron Davis/ David Cohen), von dem wir nicht wissen, wie sein tatsächlicher Zuname gelautet hat. Es ist anzunehmen, das Cohen noch nicht lange im Lande war aber ein eingewanderter "Cohen" ist eher unwahrscheinlich. Hier dürfte ein polnischer Zuname in der Realität vorgelegen haben. Und dieser ist nicht bekannt.

Lewis Henry Keaton (bereits da fast 100 Jahre alt), Ex Inspektor, gab 1969 ein Interview auf Band, wo er einen Dr. Cohn oder Koch als Verdächtigen nannte. Das "Doktor" ist interessant, da der Londoner Journalist George R. Sims uns mitteilte (diese Info hatte er von Macnaughten) ,dass einer der polnischen, jüdischen Verdächtigen einst in einem Krankenhaus in Polen beschäftigt gewesen war. Nun gut, er könnte Ostrog gemeint haben, unser Aaron Kosminski hätte diese Tätigkeit allerdings auch wohl nur als "Bub" ausgeführt haben können.

Cohen (der in den Anstalten wohl etwas wie Deutsch sprach), scheint mir ein Mann gewesen zu sein, der wirklich Schwierigkeiten machen konnte und urplötzlich zur Gewalt neigte, wo es schwierig war, auch mit mehreren Personen, ihn zu bändigen. Aber ich möchte da garnicht soweit abschweifen... da komme ich in einen Bereich, an dem ich doch sehr alleine dastehe...

Ich will eigentlich nur sagen, es gibt da einen Aaron Kosminski und noch einen Aaron, von dem ich nicht behaupten kann, das er Cohen hieß. Jedenfalls nicht von Geburt an...
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Offline Craddock

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Re: Swanson
« Antwort #76 am: 30.01.2011 15:12 Uhr »
Du und dein Donny  :lol:

Very short Time:

Swanson schreibt: "On suspect’s return to his brother’s house in Whitechapel he was watched by police (City CID) by day & night. In a very short time the suspect with his hands tied behind his back, he was sent to Stepney Workhouse and then to Colney Hatch and died shortly afterwards – Kosminski was the suspect – DSS"

Wo steht da, dass sich die very short time auf die Observation bezieht? Ich kann das ohne weiteres so lesen, dass der Zeitabstand zwischen zweiter Einlieferung ins Workhouse und Weitersendung nach Colney Hatch very short war. Der Verdächtige wurde in einem sehr kurzen Zeitraum mit auf dem Rücken gefesselten Händen ins Stepney Workhouse gebracht und dann weiter nach Colney Hatch. Hängt wahrscheinlich davon ab, wie man es lesen will.

Opa Keaton:

Der gute Mann erwähnte auch, dass er glaube, der Übeltäter habe Gift benutzt. War Dr. Cohn eventuell Dr. Cream und in der Erinnerung des beinahe Hundertjährigen haben sich zwei Fälle miteinander vermischt?

Lawende:

Okay, der Zeuge war nicht Lawende. Die Met erwirkt eine Gegenüberstellung. Alle haben den Eindruck, der Verdächige wird identifiziert. Weil die City eh schon observiert, denkt sich die Met, machen wir mal nix, die machen das schon. Auf Met-Gebiet. I don´t think so.

Das doppelte Aaronchen:

Ja, alles richtig. Was wir aber dringend bräuchten, wäre ein zweiter Kosminski. Der Name taucht nie öffentlich auf. Er wird nur in einem internen Memorandum und privaten Notizen erwähnt. Ich weiß, du überlegst gerne, ob nicht jemand unter einem Pseudonym eingeliefert wurde und sein wahrer Name erst später ermittelt wurde. Aber wieso erwähnt dann niemand etwas von dieser spannenden Geschichte? Die erzählen von Gegenüberstellungen und allen möglichen Schwierigkeiten, aber nichts davon, wie schwer es war, die wahre Identität des Mannes zu ermitteln? Außerdem wohnte er doch bei seinem Bruder, erzählt uns Donny. Wenn er beim Bruder lebte und dessen Name bekannt war, dürfte es nicht so schwer gewesen sein, den Namen des Verdächtigen zu ermitteln. Eventuell hätte sogar raten ein recht genaues Ergebnis erzielt.

Offline Lestrade

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Re: Swanson
« Antwort #77 am: 30.01.2011 17:48 Uhr »
Hi Craddock!

Ja, alles richtig, ich will mich auch garnicht dagegen erwähren aber im Workhouse gab es wohl auch eine "Geschlossene". Warum dann mit gefesselten Händen und nicht mit einer Zwangsjacke? 

eventuell Dr. Cream

Ja, sehr gute Möglichkeit.

unter einem Pseudonym

Ganz und garnicht. Aber ein Wjatscheslaw Aaron Davidovic Koschminski aus Polen und sein Bruder Nikolajevic Antonovic hätten es in London schwergehabt, im Wartezimmer eines Arztes, überhaupt aufgerufen werden zu können. Da hätte schnell eine englische Version enstehen können und Cohen, Levy oder Abrahams gehörten dabei sicherlich zu den Favoriten. Dass sie das unter ihren Landsmännern getan hätten, glaube ich weniger, jedenfalls nicht die erste Zeit. Da hätte es noch lange heißen können: "Kosi 1 und Kosi 2 kommen nacher in die Kneipe..." Bei Swanson hätte es heißen können: "Ja, ja, bei uns nannten die sich Cohen, Levy oder Abrahams aber eigentlich hießen die Kosminski". Kannst du mich jetzt besser verstehen? So meine ich das.

Cohen würde ich hier wieder gerne herauslassen. Ich wollte nur ein Beispiel nennen um zu zeigen was möglich wäre. Und Cohen wäre ein lebendiges Beispiel. Immerhin haben sie ihn und einen N. Cohen in einem Bordell erwischt. Er selber war als ein "bekannter Irrer" betitelt worden und die ganze Verhandlung um diese Geschichte fand nie statt. Er ging aber in´s Workhouse und danach nach Colney Hatch und starb. Einverstanden?
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Offline Craddock

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Re: Swanson
« Antwort #78 am: 30.01.2011 18:32 Uhr »
Nabend Lestrade!

Das ist alles richtig und möglich. Bei der Verwechslungs- bzw Verwirrungsgeschichte lässt sich aber jedes Argument 1:1 auch für die umgekehrte Variante benutzen. Es kommt eigentlich nur darauf an, welche Aussage wir für wahr ansehen, bzw für wahr ansehen wollen. Swanson sagt, der Verdächtige starb kurz nach der Einlieferung, Anderson behauptet zur Zeit seiner Autobiografie, er sei noch am Leben und in einer Anstalt. Das erste trifft auf Cohen zu, den ich als Beispiel einfach weiter verwende, das andre auf "unsren" Aaron. Wer hat Recht? McNaghten spricht ebenfalls von einem lebenden und einem eingewiesenen "Kosminski", da er sich seine Info aber gut aus dem Chefbüro von nebenan besorgt haben kann, taugt diese Äußerung nicht als Indikator. Wir kommen so einfach nicht weiter. Für jedes wie auch immer geartetet Szenario muss ich mir eine ganze Kette von Zufällen und Irrtümern vorstellen, und je nachdem, welche Richtung ich einschlagen will, gewisse Äußerungen weniger und andre todernst nehmen. Das Kriterium, nach dem ich vorgehe, beibt einzig und allein meiner Willkür überlassen... Wobei ich Cohen wahrscheinlich wesentlich interessanter fände, wenn er nicht von Fido ins Spiel gebracht worden wäre  :biggrin:

Offline Lestrade

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Re: Swanson
« Antwort #79 am: 30.01.2011 19:11 Uhr »
Ich stimme absolut mit dir überein Craddock! Da kann man auch nichts gegen sagen. Aber doch immer wieder schön, ein bißchen zu spekulieren. Man lernt viel dabei. Und man bemerkt nebenbei auch Sachen anders zu betrachten. Zum Beispiel ob all die Beamten nicht doch fähiger waren als wir allgemein annehmen. Sei es Swanson, Anderson, Macnaughten oder eben auch ein Abberline oder Reid. Ich denke, sie waren gut und erfolgreich in ihrem Beruf.
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Offline Craddock

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Re: Swanson
« Antwort #80 am: 30.01.2011 21:28 Uhr »
An der Fähigkeit der Beamten zweifle ich eigentlich grundsätzlich nicht, hab ich auch nie. Nur mit ihren Aussagen tu ich mich schwer. Ich neige meistens dazu anzunehmen, dass den Beamten doch eigentlich jedes Detail des Ripperfalls in Erinnerung geblieben sein müsste, allein wenn man bedenkt, welch hohe Wellen er schlug. Scheint aber wohl eher nicht so zu sein. Anderson wirkt von dem ganzen Aufsehen, das der Fall 1907 noch erregt, irgendwie sogar ein bisschen genervt (ich erinnere da mal an die Passage, wo er sagt, er würde am liebsten den Namen des Täters und auch des Briefeschreibers enthüllen), andererseits ist Anderson ansonsten so etwas von einem Dampfplauderer, dass ich einfach nicht weiß, wie viel davon ich ernst nehmen soll. Er scheint ja auch ohnehin eher an den Iren und ihren ganzen Verschwörungen interessiert. Swanson - wer weiß. Man neigt dazu, ihm den größten Kredit zu geben, da er an den Ermittlungen beteiligt war. Aber natürlich kann auch er einiges vergessen oder falsch in Erinnerung haben. An Abberline stört mich seine Pensionierung. Ich bin geneigt, ihn durchaus ernst zu nehmen, könnte mir aber bei ihm, genauso wie bei einigen anderen, vorstellen, dass sie nicht mehr im Amt waren, als sich gewisse Dinge ereigneten und deshalb schlichtweg nicht über alles Bescheid wussten...  Ich weiß nicht, wen die da identifiziert haben, ich neige ohnehin ein bisschen dazu, den Identifizierten, wer immer er war, nicht für den Ripper zu halten. Der ist vielleicht viel unauffälliger verschwunden. Naja...

Offline Lestrade

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Re: Swanson
« Antwort #81 am: 30.01.2011 22:22 Uhr »
Vielleicht haben sie irgendetwas "illegales" getan! Eine kleine Gruppe von Beamten verschwört sich, jemanden zu einer Identifizierung zu holen, was sie vielleicht garnicht durften oder auf normalen Wege garnicht mehr konnten. Stell dir vor, der Verdächtige war wirklich ein bereits für verrückt erklärter Irrer. Bruder, Angehörige, Freunde und andere wissen oder ahnen was los ist, wissen aber auch, dass die Polizei ihren Mann nicht wirklich an den Kragen kann. Das Haus des Bruders, hätte mehrere Personen beherbergen können. Alle halten zusammen, weil sie der Meinung sind, diese Person ist nicht zurechnungsfähig. Für alle steht viel auf dem Spiel. Vielleicht gab es schon einigen Austausch zwischen diesem Personenkreis und der Polizei. Man lies sich vielleicht gegenseitig garnicht mehr aus den Augen, was eine "Observation" auch anders beschreiben könnte. Okay, da war eben der PC vom Mitre Square, Was soll´s? "Was hat der schon gesehen", könnte der Tenor gelautet haben. Aber irgendwann hatte die Polizei einen Zeugen und besagte Männer dachten "Jetzt oder nie", "den ziehen wir da mit Gewalt daraus". Passt auch zu den Aussagen Andersons, dass gewisse Menschen, niemals ihre eigene Leute aufgeben und auch zu Sagar´s "There was no doubt that this man was insane". Vielleicht hätte sich ja ein Psychiater gefunden, der den Verdächtigen doch noch "anders" bewertet hätte... war aber wohl nicht mehr nötig... Bei Swanson´s Zeugen, der den Verdächtigen nicht hängen sehen wollte, hätte solch Szenario gar keine Rolle spielen müssen. Tat es bestimmt auch nicht. Soll man nun zum Zeugen sagen, der Verdächtige kann garnicht gehangen werden? Wäre doch noch ein Vorteil für einen ängstlichen Zeugen gewesen, nach dem Motto: "Ihr wißt doch nun wer es war, kann keinem mehr etwas passieren. Ich bin raus, Tschö" Aber das Todesurteil war vielleicht etwas, was bestimmte Beamte dennoch erreichen hätten wollen. Wie das auch immer. Es muss ja Gründe gegeben haben, weshalb unsere lieben Beamten, nicht gänzlich mit der Sprache herausrückten.
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Offline Craddock

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Re: Swanson
« Antwort #82 am: 31.01.2011 21:09 Uhr »
Nabend Lestrade!

Also ich weiß nicht... Bei Swanson kann ich es mir eventuell gerade noch vorstellen, allerdings will es mir auch da nur äußerst schwer gelingen. Bei Anderson schließe ich das komplett aus. Und da die beiden die einzigen sind, die darüber berichten und somit wohl auch diejenigen gewesen sein dürften, die die Oberaufsicht führten... Kann ich mir ein Szenario mit kreativer Regelauslegung nicht vorstellen. Ich schätze Swanson auch als niemanden ein, der irgendetwas hinter dem Rücken von Anderson getan hätte, und Anderson selbst ist mir dafür einfach zu bieder.

Anderer Vorschlag:

Wir schließen Cohen jetzt einmal nicht aus. Der steht als Verdächtiger wahrscheinlich ohnehin nur so weit unten in der Beliebtheitsskala, weil mit Fido viel zu oft die Phantasie durchgeht. Von mir aus kann er gern der Ripper gewesen sein. Ich seh da dieses bombastische Verwechslungskonstrukt von  Fido einfach nur sehr kritisch. Vielleicht gab es gar keine Verwechslung, sondern einfach nur zwei Männer, die sich nicht nur im Alter, sondern auch optisch recht ähnlich waren. Cohen wird weggesperrt, führt sich auf wie aus der Anstalt entflohen, in die er gerade erst eingewiesen wird. Verdächtig ist er durchaus, man behält seine Entwicklung auch im Auge, hat durch seine schnelle Wegsperrung aber keine Möglichkeit mehr an ihn ranzukommen. Egal, der dürfte eh nicht mehr rauskommen. Und dann ist da noch unser Freund Aaron, alles in allem ein eher harmloser Irrer, der sich aber dadurch verdächtig macht, seine Schwester mit einem Messer zu bedrohen. Nun ja, der Mann ist ein wenig paranoid, will kein Essen von andern annehmen, eventuell greift er da schon mal zu "Verteidigungsmaßnahmen". Die Polizei wird dadurch aber auf ihn aufmerksam, denkt sich, wie war das noch mit diesem anderen Irren, jetzt sollten wir schnell machen. Er wird mit dem Zeugen zusammengebracht, der ist unschlüssig. Ja, der könnte es schon sein, er sieht nicht genauso aus aber ähnlich. Ripper festgesetzt, falscher Mann identifiziert. Dieselben  zwei Männer, deren Lebensgeschichte sich in Swansons Kopf vermischt hat. Aber ganz ohne Namensverwirrung, denn identifiziert wurde ja Kosminski. Im Hinterkopf hat er aber immer noch den anderen Mann, und so entsteht Verwirrung bezüglich der weiteren Geschehnisse. Und deshalb ist Kosminski auch nur das Suspect und nicht der Täter, weil da immer noch ein zweiter Mann war, der es auch gewesen sein könnte. Wieder alles sehr angreifbar, aber auch nicht mehr als Fidos Szenario, wenn ich mir mal ein Jährchen Zeit nehmen würde, es genau auszuformulieren.

Offline Lestrade

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Re: Swanson
« Antwort #83 am: 31.01.2011 22:07 Uhr »
Hi Craddock!

Cohen könnte mit dem angeblichen Tod des Verdächtigen im Zusammenhang stehen, ohne selbst der Täter sein zu müssen. Natürlich ist Fido´s Theorie sehr kompliziert aber in einer gewissen Namenskonfusion, liegt vielleicht auch ein wenig Wahrheit. In welcher Richtung oder welcher Art und Weise auch immer. Nehme Aaron Davis "David" Cohen und N. Cohen. Dann ist dort ein Nathan Kaminsky. Dem Name Kosminski sehr ähnlich. Es gab zumindest eine Familie, die beide Namen trug, also Kaminsky/Kosminski. Da kann man viel spinnen... Ich möchte da aber jetzt garnicht tiefer gehen... ist garnicht so wichtig momentan...
Bleiben wir bei Aaron Kosminski. Es gab da einen Vorfall mit einem Hund im Dezember 1889. Aaron Kosminski behauptete damals selber, der Hund gehöre einem Jacobs. Interessant ist, das nach der Ermordung von Francis Coles, also wo bereits Aaron Kosminski in Gewahrsam war, ein Gerücht die Runde machte, das ein Schlachthaus- Schlächter Namens Jacobs der Täter sei. Zweimal fällt Aaron Kosminski auf und zweimal fällt der Name Jacobs, einmal direkt und einmal kurz nachdem Aaron Kosminski auf der Bildfläche erschien. Das ist bemerkenswert. Gerade weil wir wissen, dass Inspector Sagar in der Reihe der Schlächter jemanden observierte, der dort angestellt war.
Wolf Abrahams war Aaron´s Schwager aber wohl schon im Dezember 1889 als sein Bruder bezeichnet worden. Er hatte noch einen anderen Schwager, Morris Lubnowski- Cohen. Es muss sich ja nicht Anderson geirrt haben, es kann sich auch Swanson geirrt haben oder er bekam falsche Informationen. Brüder bezeichnen sich als Brüder obwohl sie Schwager sind!? Ändern ihre Namen von Aaron Kosminski in Aaron Abrahams und von Wolf Abrahams in Wolf Kosminski. Warum? Was sollte das? Wenn dann noch Cohen in deren Namen auftaucht und wir sehr stark mit rechnen müssen, das David Cohen eben nicht Cohen hieß, ist vieles möglich. Ich weiß, dass solche Szenarien schwer zu greifen sind und unvorstellbar aber eben auch nicht unmöglich. Um es kurz zu machen, Swanson hätte Cohen´s Tod Aaron Kosminski zuordnen können. Gerade dann, wenn der Verdächtige aus einem Haushalt eines Bruders (Schwagers) kam, der Cohen hieß. Und dies kann man eben bei Aaron Kosminski nicht ganz auschließen. Man könnte Cohens überwacht haben, aber einen Kosminski daraus identifiziert haben.
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KvN

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Re: Swanson
« Antwort #84 am: 01.02.2011 11:02 Uhr »
Jaaaaa, der Hundevorfall...Wie schon gesagt, diese kleine Anekdote zeigt uns einen ganz anderen Aaron Kosminski als den von Cohen beschriebenen. Und dein Argument, Lestrade, dass Aaron ja ganz gut in einem fremden Land zurecht gekommen ist, sprachlich vor allem, ist ja auch recht interessant. Und noch etwas: Menschen mit der Wahnvorstellung dass sie vergiftet werden und daher keine Nahrung aus fremder Hand zu sich nehmen - übrigens gar keine so seltene Störung - hatten damals wohl eine eher kurze Halbwertszeit. Überhaupt ist die Zeit, die A.K. in der Klapse überlebte, schlicht enorm. Von 1891 bis 1919! Das wäre selbst unter heutigen Umständen beachtlich. Und warum wurde er niemals entlassen? Lt. Beschreibung lag keine Fremd - oder Selbstgefährdung vor, ein mehr oder weniger harmloser Schwachsinniger. Die Sache mit der Schwester, naja, so eine ausufernde Auseinandersetzung kommt schon mal vor, es ist ja auch niemand was passiert. Jedenfalls kein Grund jemand ein Leben lang wegzusperren. Und er hatte ja auch Familie, wäre also versorgt gewesen. Okay, er wusch sich nicht, er arbeitete nicht und er klaubte sein Essen aus dem Rinnsal auf. Das taten in den Elendsvierteln wohl tausende andere Einwohner auch.
Hat jemand vielleicht eine Idee wie lange die Leute damals im Durchschnitt in der Gummizelle saßen?
Für mich stellt die Situation ein kleines Paradoxon dar: Wollte man in einem Guglhupf des 19.Jh. längere Zeit in gutem Zustand überstehen, musste man wohl einen gewissen Grad an Anpassung zeigen. Wäre das aber bei dem uns beschriebenen Aaron Kosminski der Fall gewesen hätte nichts gegen eine Entlassung gesprochen. Gehen wir also davon aus, dass Swanson, MacNaghten, Cohen und das Anstaltspersonal vom selben Kosminski reden, dann muss es einen guten Grund gegeben haben ihn bis ans Ende seiner Tage einzubuchten...

Grüße

Offline Lestrade

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Re: Swanson
« Antwort #85 am: 01.02.2011 23:25 Uhr »
Treffend formuliert, treffend...

Hallo Kurt!

Eben, Aaron Kosminski könnte gefährlicher gewesen sein, als wir ursprünglich annahmen. Inwieweit an ihm in Colney Hatch herumgedoktert werden konnte, weiß ich nicht und auch nicht, wie ihn Ärzte in Leavesden hätten noch "beobachten" können. Ein interessanter "Patient" wäre er schon gewesen. Und stell dir vor, Swanson erkundigt sich mal in Colney Hatch nach einem Mann, dessen Namen er gerade nicht parat hat, er sich aber erinnern kann, dass dieser von einem Cohen, von mir aus Jacob, mit angeschleppt wurde. Und die erinnern sich da aber eher an einen anderen Verrückten (David Cohen), der bereits tot ist... Und das Chaos in dem wir stecken, wäre perfekt... Oder aber, man wollte da alle glauben lassen, Kosminski wäre tot... Was hätten Psychiater gemacht, wenn sie gewußt hätten, sie haben Jack the Ripper als Patienten? Die Klappe gehalten, denke ich...

Leute, ich bin zu müde...

Bis denne...
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Offline Craddock

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Re: Swanson
« Antwort #86 am: 02.02.2011 23:24 Uhr »
Nabend die Herren!

Über Aaron Kosminskis "Gefährlichkeit" hab ich mich ein oder zwei Seiten früher schon ausgelassen. Dass er in der Anstalt als eher harmlos beschrieben wird, muss da gar nichts heißen. Der nächste Punkt, über den ich öfter schon nachgedacht hab, ist derjenige, den KvN, den ich der Einfachkeit halber jetzt auch einfach Kurt nennen werde, schön unterstrichen hat. Wieso der lange Anstaltsaufenthalt, wenn er, wie beschrieben, ein eher harmloser Irrer war? Ich frage mich da manchmal wirklich, ob wir wirklich alle Akten aus jener Zeit kennen...

Jacob Cohen ist auch eine recht interessante Figur. So richtig viel ist über den auch nicht herauszubekommen, dabei würde mich sein genaues Verhältnis zu Kosminski schon interessieren. Er scheint ja ganz gut über ihn Bescheid zu wissen... Die Lubnowski-Familie ist im 1891 Census offenbar als Familie Cohen geführt, wird später aber auch mal als Familie Lubnowski-Cohen bezeichnet. Ist er da in irgendeiner Weise mit verbandelt? Viele vermuten irgendwelche düsteren Sachen bezüglich der Namensändernung, beispielsweise, dass sie nicht mit Aaron in Verbindung gebracht werden wollen... Aber mal ehrlich, welchen Grund sollten sie da haben? Als wirklicher Ripperverdächtiger taucht Aaron ja nicht auf, er wird ja nur in zwei nicht öffentlichen Dokumenten erwähnt und da auch nie mit Vornamen. Ich seh da keinen direkten Grund, gleich den Namen zu ändern. Vermutlich nur ein glücklicher Zufall für Ripperologen. Dennoch wird man den Eindruck nicht los, dass da irgendetwas im Hintergrund lief, das uns heute verborgen ist...

Offline Lestrade

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Re: Swanson
« Antwort #87 am: 03.02.2011 18:59 Uhr »
Weißt du Craddock, manchmal frage ich mich, ob diese ganze Lubnowski- Cohen, Jacob Cohen, David Cohen und Aaron Kosminski Geschichte(n) nicht ein- und den selben Ursprung haben. Bei der Bordell- Geschichte mit N. Cohen und Aaron Davis Cohen, auf die uns panopticon einst aufmerksam machte und bei der Aaron Cohen als "known lunatic" bezeichnet wurde, ist es doch auch erlaubt tiefer zu spekulieren und bescheiden zu behaupten, das Aaron Cohen, nicht einfach Aaron Kosminski war und N. Cohen bei seiner Einweisung bedachterweise den falschen Namen angab, denn schließlich wurde dieser ja noch nachträglich in David Cohen berichtigt.
Mehrere gesichtete Männer (ab 2 Personen) finden wir ja bei Martha Tabram, Liz Stride und Rose Mylett. Letztere käme zwar nicht für beide Männer in Frage aber man weiß ja wirklich nicht, wer da alles seine Finger im Spiel gehabt haben könnte. Ich weiß, diese Versionen sind sehr gewagt aber wieder einmal eine Möglichkeit, warum es bei Anderson und Swanson zu unterschiedlichen Behauptungen kam.
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Offline Craddock

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Re: Swanson
« Antwort #88 am: 07.02.2011 22:03 Uhr »
So abwegig ist der Gedanke ja auch gar nicht. Wenn man so wenigstens einen Zusammenhang mit den Aussagen unserer Polizeifreunde herstellen könnte, aber nein... Kosminski als Cohen würde ja durchaus Sinn ergeben. Zumal wir einen Cohen haben (oder wie immer er hieß), der bald in einer Anstalt starb. Würde auf Swansons Notiz passen. Leider heißt der aber Kosminski. Da könnte man bestimmt eine nette Geschichte basteln, aber wie immer muss man sich wieder alles zurechtlügen. Ekelhaft, das alles, einfach nur noch ekelhaft.

Offline Lestrade

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Re: Swanson
« Antwort #89 am: 07.02.2011 22:49 Uhr »
Da machste nix!

Aber sieh es mal so, wenn Aaron Kosminski der Identifizierte war, dann könnten die Observierungen von Cox und Sagar Sinn machen. Die Behauptungen stimmen, das diese identifizierte Person hin- und wieder in Anstalten verschwand. Wie lange und wo auch immer. Dadurch muss er nicht zwangsläufig bis zur letzten, definitiven Identifizierung observiert worden sein. Könnte sogar Macnaughten´s "about March 1889" stimmen. Und auch Anderson´s Hinweis, auf die erfolgreichen Hausdurchsuchungen. Wenn, dann war er eh ein Observierter der City Police, allein schon durch den "PC near Mitre Square". Die Seaside Home Geschichte dürfte "geheim" gewesen sein. Wußte ja offenbar kaum jemand davon. Warum geheim? Weil sich ein gewisser Zeuge entschlossen haben könnte, doch auszusagen. Welcher? Joseph Hyam Levy vielleicht? Auch heute noch, macht es den Eindruck, das er den Mann bei Eddowes "kannte". Warum so spät? Stießen Männer wie Hyam Hyams oder Jacob Levy doch in den Kreis der Verdächtigen auf? Gehörten sie wirklich zur Familie von Joseph Hyam Levy? Wenn, wäre es ein guter Grund gewesen, "mit der Sprache herauszurücken"?! Vielleicht wandte er sich explizit an die MET Police und sie überredeten ihn zu einer Gegenüberstellung um danach die City Police wieder auf ihren "alten Verdächtigen" aufmerksam zu machen. Verdächtiger und Angehörigen verloren dann vielleicht doch die Nerven, nachdem sie sich lange sicher gefühlt hatten, wußten vielleicht, das da was "Großes" passiert war. Und Kosminski wanderte das letzte Mal ein. Alle hätten mit ihren Angaben recht nur Swanson hätte sich, warum auch immer, in einem Detail geirrt.
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