jacktheripper.de

Die Ermittler => Die Ermittler => Allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: Stordfield am 19.09.2008 20:42 Uhr

Titel: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 19.09.2008 20:42 Uhr
Hallo !

Eine wichtige Rolle bei den Ermittlungen gegen den Ripper spielte auch Donald Sutherland Swanson . Ich habe mal ein paar Informationen bei Wikipedia geklaut , wo ungefähr steht :
Swanson wurde 1848 in Thurso / Schottland als Sohn eines Brauereibesitzers geboren . Nach der Schule arbeitete er für kurze Zeit als Lehrer , bevor er sich entschloß zur Polizei zu gehen . Er trat am 27.4.68 der Metropolitan Police bei ( Dienstnr. 50282 ) . Zunächst war er  von 1870 - 1880 mit der Prävention von Terroranschlägen beschäftigt , ehe er 1881 den "Eisenbahn - Mörder" Mapleton verhaftete . Dann ermittelte er im Homosexuellen - und Erpresser - Milieu und beschaffte außerdem die Juwelen einer Lady Dysart sowie ein gestohlenes Gainsborough - Gemälde wieder . 1887 wurde er Chief Inspector des CID von Scotland Yard . Während der Ripper - Morde war er von allen anderen Aufgaben befreit und erhielt die Erlaubnis , sämtliche Dokumente und Berichte zu studieren . Dadurch eignetete er sich eine Menge Informationen und Wissen über den ganzen Fall an . Handschriftlich hatte er in einer Ausgabe der Anderson - Memoiren geschrieben , daß Kosminski JtR war . 1896 beförderte man ihn zum Superintendent . Im Jahre 1903 ging er in den Ruhestand . Gestorben ist er am 24.11.1924 in 3 Presburg Road , New Malden , Surrey . Er wurde auf dem Kingston Friedhof beigesetzt .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Mort am 19.09.2008 23:45 Uhr
Hi Stordfield! Interessant was Du über das Leben von Swanson herausgefunden hast. Swanson war auch der Meinung, dass der Jack the Ripper auch die sogenannten "Torso Morde" begangen hatte. Zudem zählt Swanson auch Martha Tabram und auch eine gewisse Carrie Brown die soviel ich weiss in New York ermordet
wurde zu den Opfern von Jack the Ripper.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 19.09.2008 23:55 Uhr
Hallo Mort !

Das finde ich nun wieder sehr interessant , denn das wußte ich nicht . Zum ersten Mal höre ( bzw. lese ) ich , daß Jemand ( und dazu noch einer , der mitten im Geschehen steckte ) , die Ripper - mit den Torsomorden in Verbindung bringt . Danke für diese Informationen .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Mort am 20.09.2008 00:21 Uhr
Ich wusste das auch nicht, hab lediglich nur ein wenig gegoogelt. Aber ich glaube ich habe schon mal gehört dass jemand die Torso Morde auch dem Ripper in die Schuhe schiebt. Ob derjenige jetzt Swanson war, oder ob es da noch jemanden gibt weiss ich jetzt nicht.  Aber Swanson war unter anderem dabei als Kosminski identifiziert wurde.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 13.12.2009 11:49 Uhr
Hallo !

Hat Swanson, außer der Bemerkung in Andersons Buch, eigentlich noch irgendwelche anderen handschriftlichen Dinge hinterlassen? Dieser Mann, der ein Grundwissen über den ganzen Fall wie kein zweiter haben mußte, muß sich doch in irgendeiner Form geäußert haben. Ist bekannt, ob und wie er seinen Verdacht gegen Kosminski begründete?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: panopticon am 14.12.2009 18:18 Uhr
Hallo Stordfield!

Im Grunde verdächtigte Swanson Kosminski ja nicht, sondern hielt eigentlich nur fest, dass der „Anderson-Verdächtige“ Kosminski war. Ob er ihn selbst als den Mörder sah, fügte er ja nicht hinzu – Was bleibt ist aber, dass er damit zumindest Macnaghtans Aussage (im Memorandum), dass es einen Verdächtigen namens Kosminski gab, bestätigt. 1895 soll Swanson der Pall Mall Gazette gesagt haben, dass er glaubt, die Verbrechen seien das Werk eines Mannes, der nun tot ist. (Auf wen auch immer er das bezog...)

Ich kenne bisher keine weiteren handschriftlichen Aussagen von ihm, allerdings schrieb Swanson nach Auffinden des sogenannten „Pinchin Street Torso“ im September 1889 einen internen Bericht, in dem er feststellte, dass es offensichtlich ist, dass in diesem Fall keine Mutilation der Genitalien stattgefunden hat, wie bei der Whitechapel-Serie, (wie er explizit schrieb: ) „beginnend in der Buck´s Row und endend im Miller´s Court.“ Und das, wie er betonte, obwohl der Mörder genug Zeit gehabt hat, den Kopf und die Gliedmassen zu entfernen, was wohl andererorts geschehen ist. Dieser Mord scheint eher parallel (go side by side)  mit den Rainham, Whitehall und Celsea Morden zu verlaufen, hielt Swanson fest.

Deshalb wundert mich jetzt ein wenig, dass Swanson den Mord an Tabram als Werk von JtR gesehen, bzw JtR auch die „Torso-Morde“ zugerechnet haben soll....(Der Mord an Brown fand ja erst nach diesem Schriftstück statt.) Kann sein, dass er festhalten wollte, dass die Verstümmelungen in dem Sinn erst in der Buck´s Row begonnen haben, aber dass er die „Torso Morde“ in die JtR-Serie einordnet, ist zumindest diesem Bericht nach unwahrscheinlich – Es sei denn, er hätte sich danach nochmals anders dazu geäußert, davon fand ich bis jetzt jedoch nichts,...

Grüße,
panopticon
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 15.12.2009 07:06 Uhr
Vielen Dank, Panopticon!

Ich habe Swansons Bemerkung immer in den falschen Hals bekommen. Gut, dass Du das mal richtig gestellt hast.  :icon_smile:
Existiert denn sein 1889er Bericht noch in irgendeiner Form, oder war der wirklich so intern, dass nur Bruchstücke nach außen drangen?
Eine Plaudertasche schien er jedenfalls nicht gewesen zu sein; bei einem Mann, der völlige Akteneinsicht hatte, könnte man doch das eine oder andere Statement erwarten.

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: panopticon am 15.12.2009 15:15 Uhr
Hallo Stordfield!

Ich habe den Bericht im Sourcebook gelesen. Dort finden sich ja eine Menge interner Berichte und Meldungen, darunter eben auch einige von Swanson. (Sogar in voller Länge, wie dieser.) Ich glaube nicht, dass damals irgendetwas davon nach aussen drang.

Grüße,
panopticon
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: panopticon am 30.12.2010 15:04 Uhr

Es gibt scheinbar doch noch handschriftliche Dokumente von Chief Inspector Donald Swanson - Zumindest befand sich eine Liste in seinem Nachlass (wer auch immer sie angefertigt hat): In ´Jack the Ripper: Scotland Yard Investigates´ ist ein Schriftstück aus seinem Nachlass zu finden (in der aktuellen Ausgabe auf Seite 224, Kommentar dazu: ´This contemporary list was retained by Chief Inspector Donald Swanson. (Courtesy of the late Jim Swanson)) Es handelt sich dabei um eine recht ´schön´ ausgefertigte Liste der Morde (die Torsomorde wurden dabei nicht aufgeführt!) – Wochen- und Feiertage sowie die ´Nummerierung´ wurden scheinbar – den Schriften, verwendeten Schreibutensilien und der Position nach zu urteilen - später ergänzt, ebenso der Fall Frances Coles (Ich würde daher annehmen, die Liste wurde ursprünglich nach dem Mord an MacKenzie angefertigt?).

Inhalt (!) im Überblick: (Was ich nicht lesen kann, führe ich mal als ?? an – Schreibfehler bezüglich der Namen und Straßennamen übernehme ich mit, eigene Fehler nicht ausgeschlossen)

´
(Mittige Prägung im Papier - Offizielles Zeichen Metropolitan Police Office)

---------------------------Whitechapel Murders.---------------------------
 (Nun folgt eine Tabelle mit den Rubriken Date, Time, Person Murdered und Where, Daten passend dazu untereinander eingetragen - mir fehlt leider gerade die Zeit für eine Tabellenerstellung, sorry:)
 

1   Tuesday  3.4.88,  12.15+5 am,  Emma E. Smith,  Osborn Street
2   Tuesday ?? Bank Holiday 7. 8.88,  11.45pm 6?? 4.50 am 7??},  Martha Tabram,  37 George Yard
3   Friday 31.8.88,  3.45am,  Mary Ann Nicholls,  Bucks Row  (Am Rand neben Tabelle:) 201
4   Saturday 8.9.88,  6am,  Annie Chapman,  29 Hanbury Street (Am Rand neben Tabelle:) 201
5   Sunday 30.9.88,  1am,  Elizabeth Stride,  Berner Street
6   „      „      „     ,  1.45am,  Catherine Eddowes,  Mitre Square
7   Friday 9.11.88,  (Spalte ´Zeit´ ist leer), Mary Janet Kelly,  Dorset Street
(ohne Zahl) Wednesday 17.7.89,  12.40am,  Alice McKenzie , Castle Alley
(ohne Zahl) Friday morning 13.2.91,  2.15am,  Frances Coles,   Swallow Gardens
(Zwei leere Zeilen, dann endet die Tabelle)

(Ohne Tabelle, darunter:)
----------------------Alleged Attempted Murder----------------------
21.11.88,  9.30am,  Annie Farmer,  19 George St.

-----------------------------Alleged Murder-----------------------------
20.12.88,  (Keine Zeit), Rose Mylett alias Catherine Milett alias --- Davis  } High St. Poplar´
 


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 30.12.2010 17:07 Uhr
Herrlich!

Freunde, die Zeit ist knapp, ich wünsche euch ´nen guten Rutsch. Wir lesen uns nächstes Jahr  :biggrin:

Liebe Grüße,

Lestrade.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 03.01.2011 14:41 Uhr
@panopticon:

Hast du eine Erklärung für die 201 hinter Nicholls und Chapman?

Gruß.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: panopticon am 03.01.2011 18:37 Uhr
Gute Frage!

Um ehrlich zu sein, Lestrade: Keine Ahnung, was es damit nun genau auf sich hat – Es sieht mir persönlich nicht danach aus, als wären diese Zahlen von Anfang an neben der Tabelle notiert gewesen - Vielleicht hat es ja damit zu tun (fand ich beim Googeln): Akten im General Registry of Scotland Yard under the code figures 201 for Murder and Manslaughter: Hier ein Bild von 1946:  http://www.life.com/image/50877773. Dann stellt sich aber die Frage, seit wann, bzw von wann bis wann es diesen Code gab, und warum er auf der Liste aus Swansons Nachlass nur neben zweien der Fälle zu finden ist, bzw welche JtR-Akten da nun zu finden waren (und wie sortiert). Wie gesagt – nur eine Vermutung. Auch irgendein Paragraph oder anderer Code wäre durchaus denkbar... (im österreichischen Strafgesetzbuch zum Beispiel ist, soweit ich das gerade richtig las, unter §201 StGB ´Vergewaltigung´ zu finden – Keine Ahnung, ob es / was es da in Großbritannien Vergleichbares gab / gibt...) Am Wahrscheinlichsten erscheint mir momentan der oben erwähnte Aktencode. Weiß jemand Genaueres über die Bedeutung von ´201´oder den erwähnten SY-Aktencode?

Grüße
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 03.01.2011 20:01 Uhr
Danke panopticon! Ja, der Aktencode scheint mir am plausibelsten. Nun ja, vielleicht kommen uns ja noch alternative Möglichkeiten unter...

Für mich ist dieses Posting sehr wichtig. Sollte diese Liste tatsächlich nach MacKenzie angefertigt worden sein, fallen meine Favoriten für den Verdächtigen raus und Aaron Kosminski bliebe übrig. Dazu fiel mir beim Nachlesen bestimmter Behauptungen (Anderson z.B.) auch noch Dinge (wieder) auf, die ebenfalls den Verdacht gegen jene Personen minimieren. Enorm komplex das alles...

Sollte allerdings tatsächlich in der Linie von Zena Shine ein Verwandter in Colney Hatch gelandet sein, kann ich nach wie vor nicht nachvollziehen, wie nah diese Linie an AARON Kosminski ging. Wo war da eine Verbindung zwischen ihm und Louis/Lewis Kosminski?

Aber nun gut, anderes Thema.

Die Swanson Liste war für mich absolut neu und hochinteressant.

Beste Grüße.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 03.01.2011 20:36 Uhr
Sehr schöner Fund, Panopticon.

Swansons Meinung, wer denn nun alles ein Opfer des Rippers gewesen sein soll, irritiert mich ohnehin schon eine Weile. Denn auf Coles hat er ja mehr oder weniger bestanden, hab ich irgendwo gelesen, auch wenn ich nicht mehr weiß, wo. Damit wären aber nicht nur die Kandidaten von Lestrade raus, sondern eigentlich auch Aaron Kosminski...

Swanson wird für mich sowieso immer mehr zum schlampenden Ärgernis. Zu allem scheint der gute eine Meinung gehabt zu haben, aber wirkich konkrete Hinweise hinterlässt er nicht. Seine Aussage zur Identifizierung übernimmt ja auch 1 zu 1 Andersons Äußerung bzgl der Weigerung des Zeugen, gegen den Verdächtigen auszusagen, weil der ebenfalls Jude war. Waren beide dabei? Und wenn nicht, wer hat dann was von wem übernommen? Überhaupt lässt sich aus Swansons Randnotiz ja auch nicht ableiten, ob er den Verdächtigen nur für ein Subject hielt, oder ob er ihn wirklich ebenfalls als Ripper auf dem Zettel hatte. Nee nee, der Swanson und ich werden keine Freunde mehr...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: KvN am 05.01.2011 08:21 Uhr
Und wieder sind wir bei einem zentralen Punkt angelangt: Welche Opfer sind tatsächlich der Mordserie "JtR" zuzuordnen? Dass die K5 vom alten Mcnaghten amtlich verordnet wurden sehe ich - genauso wie die "Identifikation" - vor einem ganz anderen Hintergrund, denn beide Darstellungen haben einen sehr ähnlichen Subtext: Sie suggerieren dass die Polizei nach dem Abgang von Warren die Lage im Griff gehabt hätte...

Grüße
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 05.01.2011 15:42 Uhr
@Craddock

Damit wären aber nicht nur die Kandidaten von Lestrade raus, sondern eigentlich auch Aaron Kosminski...

Oder nur dieser Aaron Kosminski...

Dieser Gedanke beschäftigt mich schon sehr lange...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: panopticon am 05.01.2011 16:37 Uhr
Hallo KvN!

Deine Überlegung bezüglich Warren finde ich hochinteressant!  :good: Wurde das im Forum so schon mal in einem eigenen Thread näher diskutiert - z.Bsp. auch inklusive der generellen, erkennbaren Unterschiede bezüglich des ´Stils´ der Amtsführung von Warren und  Monro...? (Könnte mich jetzt nicht daran erinnern und fand bei schneller Suche danach gerade auch nichts, was dem eindeutig entspricht - aber vielleicht habe ich es ja übersehen...)

Grüße,
panopticon
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: KvN am 05.01.2011 18:16 Uhr
Vielen Dank!
Nein, mir ist auch keine diesbezügliche Diskussion bekannt. Aber wir können das Thema ja mal starten...

Grüße
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 05.01.2011 23:37 Uhr
Oder nur dieser Aaron Kosminski...

Dieser Gedanke beschäftigt mich schon sehr lange...

Damit dürftest du wohl nicht alleine dastehen. Ich halte den armen Aaron ja auch nur aufgrund der Tatsache am wahrscheinlichsten für die Identifizierung, da bisher noch kein anderer Kos/zminski/y/ie aufgetaucht ist. Grundsätzlich bleibt ja ohnehin alles im nebulösen. Vor allem der Zeitpunkt der angeblichen Identifizierung wandert immer weiter nach hinten, je mehr Zeit man damit verbringt, sich wirklich mit der Materie zu befassen. Anderson erwähnt 1892 etwa noch nichts, was auf eine Identifizierung hindeuten würde. Um 1907 herum scheint er zu einem gewissen Teil auch immer noch die Theorie nicht verworfen zu haben, dass möglicherweise Barnett etwas mit der Sache zu tun haben könnte. Wirklich interessant wäre dahingehend ja mal, wessen Verdächtiger Kosminski denn nun wirklich war. Anderson erscheint mir da mehr und mehr unwahrscheinlicher, es wirkt eher so, als habe er um 1910 herum die Meinung von anderen übernommen, aus welchen Gründen auch immer. Eventuell liegt der Denkfehler ja schon darin, dass wir "Kosminski" (die Alternativbuchstaben lass ich jetzt mal  :biggrin:) gemeinhin als "Anderson´s Suspect" ansehen. Eventuell geht der eher auf Swansons Kappe und wurde zuerst von McNaghten und schließlich auch, zähneknirschend, von Anderson übernommen. Erstaunlich ist dabei allerdings, dass McNaghten 1894 "Kosminski" nur an Position 2 gelistet hat. Wäre das wahrscheinlich, wenn zuvor eine positive Identifikation stattgefunden hätte? Alles wahnsinnig undurchsichtig. Langsam bin ich auch fast soweit, die Identifikation als Wunschdenken abzutun...

@KVN
Wirklich kein schlechter Gedanke, über den es sich durchaus lohnen würde, ein wenig zu diskutieren.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 06.01.2011 11:19 Uhr
Morjen Craddock!

Nun ja, immerhin erwähnte Macnaughten, dass dieser Kosminski um den März 1889 in eine Anstalt verschwand... bei der Identifizierung, dürfte Macnaughten noch nicht dabei gewesen sein... Vielleicht wußte er auch garnichts von einer Identifizierung, er erwähnte ja nur den PC vom Mitre Square... Wieviel Leute sollten überhaupt an so etwas teilnehmen? 100? 50? Nein, 3-4 Beamte und eine Hand voll Pcs vielleicht, wenn es hoch kommt. Und wenn sie schief läuft, wie diese, wird niemand hinausgehen und diesen Mißerfolg herausposaunen...

Macnaughten hatte wohl eine Vebindung von einem Familienangehörigen zu Druitt, jener Verwandte soll ihm wohl berichtet haben, wie "strange" Druitt schon früher war, zu Schul.- oder Ausbildung. bzw Studienzeiten. Aber da können dir wohl andere aus dem Forum besser helfen, ich bekam das nur am Rande mit... Am ehesten war wohl etwas Wichtigtuerei bei Macnaughten dabei. Kosminski schien ihm aber sehr zu interessieren, doch Druitt wäre für ihn wohl spektakulärer gewesen...

Und wie bereits erwähnt, die Leute die in Australien bei Zena Shine nach Aaron Kosminski fragten, sprachen eben von einem Aaron, den Sie ja auch so bestätigen konnte, auch mit Colney Hatch und so aber entweder bin ich zu blöd oder übersehe da etwas, denn ich erkenne keine Verbindung zu der Familie von unserem Aaron Kosminski zu ihr. Sagar erwähnte mal, das Verdächtige, die mit diesem Fall zu tun hatten, nach Australien gingen, eben in jenes Land, wo diese Zena Shine wohnt. Und von Sagar wissen wir, das er einen Mann aus der Butcher´s Row, für den Täter hielt. Und diese Leute, die nach Australien gingen änderten ihre Namen und ein Zweig davon führt in die Butcher´s Row, besser gesagt dann unter der Bezeichnung Aldgate High Street. Die ursprünglichen Namen bestanden aus Kosminski/Kaminsky. Ein Mann soll wohl Wolf Kosminski geheißen haben und nichts mit Wolf Abrahams, dem Schwager unseres Aaron Kosminski zu tun gehabt haben. Ein Mann, ich glaube er selbst, wurde von Nachkommen als sadistisch und grausam bezeichnet.

Natürlich bin ich bei solchen Äußerungen sehr vorsichtig. Es sind m.E. unsichere Quellen, oder sie sind es noch. Aber es bleibt zmindest die Möglichkeit bestehen, das Swanson mit allem Recht hatte, so wie er es formuliert, wir aber alle ständig den falschen Kosminski anschauen. Nur wo und wie ihn suchen? Es gibt noch einen Aaron in diesem Falle, Aaron Davis (David Cohen), der Swanson´s beschriebenen Schicksal gleicht und sich in seinem Benehmen von unserem Aaron Mordke Kosminski arg unterscheidet. Aber bei diesem müssen wir eben davon ausgehen, das er erst kurz im Lande war und dementsprechend nicht der Täter war. Wie lange er tatsächlich im Lande war wissen wir nicht. Anderson sagte, der Täter war ein Ausländer aus Osteuropa, Macnaughten erwähnt eine Anstellung dieses Mannes in einem Krankenhaus in Polen. Männer wie Levy und Hyams fallen als in London geboren raus, Kosminski und Cohen aber nicht.

Aber es hilft alles nichts. Weiterhin müssen wir davon ausgehen, dass es sich um Aaron Mordke Kosminski handelt. Ich hoffe , dass es eines Tages dazukommt, das wir das Datum der Seaside-Home Identifikation erfahren. Dies wäre ein entscheidener Schritt, will ich meinen.

Warum "schwankten" Männer wie Swanson oder Anderson in ihren Aussagen oder Angaben? (Was ich bei beiden allerdings nicht wirklich so sehe) Es könnte daran gelegen haben, dass sie neben den "Torsomorden" auch noch andere Verbrechen zu lösen hatten (MacKenzie, Coles) und es für sie schwierig war, diese Rippermorde, von den Torsofunden und den anderen übrigen Morden strikt zu trennen. Dies meine ich nicht kriminaltechnisch sondern vom Kof her. Das alles waren grausame Verbrechen, alle mit unbefriedigenden Ergebnissen. Und es gab sicherlich eine Reihe Verdächtiger Männer, denen man vieles, wirklich vieles zugetraut hatte. Solltest du dann wirklich jemanden als Verdächtigen gehabt haben, der dann stirbt und Verbrechen jener Art gehen dann trotzdem weiter, dann zweifelt der Mensch automatisch an seinen Ergebnissen. Ich denke, das Resümee eines Swanson und Anderson war, vielleicht im nachfolgenden auch eines Macnaughten, dass die Kanonischen Fünf, die Opfer von Jack the Ripper waren. Dies konnte man wahrscheinlich aufgrund einiger Ergebnisse der Ermittlungsarbeiten mit der Zeit zuordnen. Wann sie das genau letztendlich taten, bleibt offen...

Solange ich nicht beglaubigt Schwarz auf Weiss lese, das Aaron Mordke Kosminski der Verdächtige war, sondern nur Kosminski, lasse ich mir meine Option offen, das es einen weiteren Kosminski, vielleicht noch einen Aaron gegeben haben könnte. Übrigens auch eine gute Möglichkeit, warum Swanson und Nacnaughton nur von "Kosminski" sprachen. Um das Risiko zu verringern, einen toten Aaron mit einem noch lebenden Aaron zu verwechseln und sei es nur intern, denn für die Öffentlichkeit war dies niemals bestimmt. Weder das Memorandum noch Swanson´s private Notizen.

Nach.- wie vor schenke ich Swanson´s Worten vollstes Vertrauen.

Grüße.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 10.01.2011 02:34 Uhr
Ich misstraue Swansons Aussage ja auch nur in dem Punkt mit der Weigerung des Zeugen, gegen einen anderen Juden auszusagen. Ansonsten wird wohl alles so gewesen sein, wie er es wiedergibt. Allerdings tendiere ich dazu, Kosminski (ob nun mit oder ohne Anführungszeichen) völlig als Swanson Suspect zu sehen, der von McNaghten und Anderson von ihm übernommen wurde. Er war schließlich von den dreien derjenige, der an den Ermittlungen beteiligt war. Druitt interessiert mich perönlich übrigens gar nicht besonders, ich hab ihn nur erwähnt, weil er verdeutlicht, dass die Kosminski-Theorie doch auch ihre Zweifler hatte und innerhalb der Polizei wohl recht viele Meinungen und Verdächtige zu finden gewesen wären, von denen wir leider nur 3 wirklich namentlich überliefert bekommen haben ( zumindest von denen, die man auch wirklich als "verdächtig" - zumindest für die damalige Auffassung, wie der Täter nun beschaffen gewesen sein muss - ansehen kann).

McNaghtens Memorandum seh ich eigentlich gar nicht so kritisch wie viele andre es sehen. Ich glaub der Mann musste sich nur ziemlich schnell etwas aus den Fingern saugen, um die Cutbush-Wogen etwas zu glätten. Dabei sind ihm wohl einige Fehler reingerutscht, was aber eventuell auch dadurch erklärbar ist, dass er mit Druitt seinen Verdächtigen ja untergebracht hat und sich mit den andren beiden vielleicht gar nicht so sehr befasst hat. Wobei Ostrog natürlich schon komisch wirkt, denn dass der nix mit der Sache zu tun haben kann, dürfte ja auch damals relativ leicht zu ermitteln gewesen sein...

Eigentlich würd ich ja gern noch mehr schreiben, bin aber im Moment zu müde... Ich hol das mal die Tage nach.

Grüße und gesegneten Schlaf  :biggrin:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 10.01.2011 22:13 Uhr
Druitt war ja eher der "feine Pinkel". Ein Studierter, Lehrer, Anwalt, Sportler und aus einer angesehenen Familie stammend. Wundere mich sehr, wie er es, trotz vollkommen anderer Sichtweisen der Beamten betreffs der Persönlichkeit und Herkunft des JtR Verdächtigen, in die Top3 geschafft hat. Das kann ja nur einer Mischung aus seinem "verdächtigen" Selbstmord, Hutchinson´s Beschreibung und irgendeinem "glücklichen" Umstand zu verdanken sein. Die anderen beiden entsprachen wohl eher dem, was die Polizei suchte. Zwei "wahnsinnige Polen" mit Kosminski und Ostrog. Möglich, dass hier Macnaughten beide kräftig durchwürfelte, was "Grundwissen" über diese Männer betraf. So unwahrscheinlich erscheint mir Ostrog da nicht. Er war ein Irrer auf freiem Fuss und das nicht lange vor Beginn der Serie. Und so etwas suchten die Ermittler. Das heißt ja nicht unbedingt, das er zu dieser Zeit noch in London war oder nicht mehr die ganze Zeit über. So einer, der bekannt dafür war mit medizinischen Gerät herumzulaufen, sollte schnell die Runde gemacht haben...
Ich denke, Ostrog wurde recht früh ab Beginn der Serie gesucht aber nicht mehr gefunden, weil er mittlerweile in Paris war. Druitt fiel ja durch sein ca. vierwöchiges Verschwinden ab dem 1.12. 1888 auf und dann durch den Fund seiner Leiche am 31.12. 1888. Beide Männer also Ende 1888/ Anfang 1889 und in diesen Zeitraum setze ich auch Kosminski. Macnaughten berichtet meiner Meinung nach über diese Zeit. Deshalb unter anderem auch meine Zweifel wegen Aaron Kosminski. Ich hoffe dass du mich dadurch besser verstehen kannst Craddock. Dass ich da sehr skeptisch bin, das dieser, uns bekannte Aaron Kosminski, nicht unbedingt der Identifizierte gewesen sein muss. Er kam meiner Meinung nach später. Zu Ostrog wäre noch interessant, dass er später einmal im London Hospital ein Mikroskop geklaut hat. Ich erinnere da an den Openshaw Brief. Da wurde ja auch ein Mikroskop erwähnt. Wenn man Briefeschreiber sucht, warum dann nicht auch noch Ostrog? Hochstapler war er definitiv...

Gleich aber wieder zurück zu Swanson...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 11.01.2011 00:08 Uhr
Ich misstraue Swansons Aussage ja auch nur in dem Punkt mit der Weigerung des Zeugen, gegen einen anderen Juden auszusagen.

Akzeptiert! Aber warum misstraust du ihn? Seine Sätze waren für niemand anderen als ihn selbst bestimmt. Swanson erwähnte an keiner Stelle, was den Verdächtigen (außer der Zeuge) belastet hat oder wie der Verdacht zustande kam. An dieser Stelle wird es besonders interessant. Denn hier kann er das Jude/ Jude Problem als Ersatz für etwas anderes vorgeschoben haben. Er schiebt die ganze Schuld des Scheiterns darauf. Er lässt jegliche andere Belastungen außen vor obwohl er zweimal erwähnt, dass der Mann identifiziert wurde, dass kein Mord dieser Art mehr stattfand. Das sich Zeuge und Verdächtiger erkannten. Könnte hier eine Art Mitschuld zum Vorschein kommen? Welche Art von Schuld dann? Er erwähnt, das der Mann unter großen Schwierigkeiten gebracht und das er am Ende mit gefesselten Händen eingeliefert wurde. Die mögliche Gewaltbereitschaft des Mannes schien ihm sehr im Gedächtnis geblieben zu sein. So in etwa, als ob er es nicht erwartet gehabt hätte. Und er erwähnt den Bruder. Davon wußten auch Swanson´s Kinder später zu berichten. Der Bruder ist sehr wichtig für Swanson gewesen. Und er erwähnt die City Police, auch hier wieder etwas eigene Verantwortung abgebend, genau wie beim jüdischen Zeugen? Ich weiß nicht wie es dir geht aber seine ganze Schilderung ist eilig, schnell und ich denke, dass der Vorgang dies in Wirklichkeit auch war. Es war Eile geboten. Etwas hat die Ermittler hektisch werden lassen. Diese Hektik wurde ihnen vielleicht zum Verhängnis aber Swanson gab dem jüdischen Zeugen die Schuld. Vielleicht sogar ungerechter Weise. Du könntest also mit deinem Mißtrauen vollkommen recht haben.
Ich biete dir ein Szenario an, eine Idee. Und diesen Eindruck vermittelt mir ein Mann wie Swanson mit seinen wenigen Sätzen:

In Fällen wie diesen, schaltet sich Kommissar Zufall gerne mit ein. Gerade dann, wenn die Kollegen mit ihrer Weisheit am Ende sind. Die City Police ist (genau wie die Kollegen der MET) wachsamer denn je. Alles, auch jeder kleinste Hinweis, jedes tagtägliche Standardereignis, wird argwöhnischer betrachtet als gewohnt. Dadurch kommen sie unbemerkt in die Nähe des Verdächtigen (Brother, "his people" "his friends", ich bevorzuge ersteren, aufgrund Swanson´s Erwähnung). Vielleicht fällt jemand wie der Bruder, durch ein Dilikt, was vielleicht nur entfernt mit den Ereignissen zu tun hat, auf. Die City Police hat ihren PC Zeugen vom Mitre Square. Ein Mann, der sich zumindest an den Habitus des gesehenen Mannes erinnern kann. Sie haben also ihren PC und sonst garnichts. Da nutzt man evtl. jede Möglichkeit, den PC diesen oder jenen Mann bei Gelegenheit "vorzuführen". Also bringt man ihn in die Nähe des Bruders. Die Überraschung könnte sein, dass der PC nicht diesen Mann wiedererkennt, sondern einen anderen Mann, der sich in dessen Nähe aufhält. Einen anderen Bruder. Die City Police informiert die MET. Und an dieser Stelle könnte es hektisch geworden sein. Die MET hat ihren Hauptzeugen, den jüdischen Mann. Aber was vielleicht entscheidener war, der Name, die Adresse und der Beruf des Mannes von dem die City Police gerade berichtet hatte, diesen Mann hatten sie bereits auf ihrer Liste. Ein Mann der schon vorher in Verdacht geriet, befragt und vielleicht sogar ernshaft belastet worden war. Vielleicht waren bestimmte Fakten auf einmal garnicht mehr so unwichtig, Fakten, die durch ein harmloses und unschuldiges Auftreten des Mannes vorher nicht wirklich gewichtig waren. Das hätte sich plötzlich ändern können. Unter diesen Umständen, hätten sie nun davon ausgehen können, das ihr Hauptzeuge jenen Mann identifizieren wird. (Was er ja auch tat... aber eben nur für einen kurzen Augenblick... Damit konnte die Polizei ja auch nicht rechnen...)
Sie holen diesen Mann nun ab. Der Verdächtige weiß natürlich bescheid als die Polizei vor der Tür steht. Er wußte das er gesehen wurde und das er diesem Zeugen jetzt vorgeführt wird, denn ohne gewichtigen Grund, kehren die Beamten nicht in sein Leben zurück. Er reagiert mit solcher Gewalt, in einem Maße, das sie diesem Mann vorher nicht zugetraut hatten. Trotz der gescheiterten Identifikation ist die Sache gelaufen. Der Täter weiß, die Polizei wird ihn nie wieder aus den Augen lassen. Und die Polizei weiß, der Mann, geht keinen Schritt mehr ohne uns. Es wird ein Nervenspiel aber nur von kurzer Dauer... Den Rest erzählt uns Swanson mit seinem letzten Satz...

Zwei Möglichkeiten sehe ich: Man hätte den Zeugen unauffällig in die Nähe des Verdächtigen bringen müssen, ohne das dieser Verdacht schöpft um ihn dann weiter zu observieren, um ihn quasi auf frischer Tat ertappen zu können... oder/ und die Polizei fühlte sich mitschuldig am Tod von Kelly. Man hätte also den Zeugen schon früher in die Nähe des Verdächtigen bringen können. Vorrausgesetzt das der Zeuge aus der Nacht des DoubleEvents stammte. Einen ersten Verdacht auf den Verdächtigen, würde ich spätestens auch nach Stride/ Eddowes legen, wenn nicht gar früher.

Was will ich sagen? Die Ermittler reagierten zum wichtigsten und entscheidenen Zeitpunkt des Falles vollkommen falsch. Vielleicht erschien plötzlich alles glasklar und sie verloren die Geduld.

Ich bitte das nicht allzu ernst zu nehmen. Es ist nur eine Geschichte. Ich biete nur eine Art Erklärung an, warum Ermittler wie Swanson den Zeugen die Hauptschuld gaben, was vielleicht nicht richtig war. Sie waren die Polizei, draußen lief ein gefährlicher Mörder frei herum, der Zeuge war nicht für dessen Überführung verantwortlich. Ihm die alleinige Verantwortung zu geben, das kann nicht richtig sein. Und schon lange nicht aus heutiger Sicht. Falls die Polizei und eben auch Swanson den wahren Jack the Ripper vor der Nase hatten, sie haben ihn nicht überführen können. Möglicherweise haben sie sich beim Überstürzen der Ereignisse, eben genau davon überrumpeln lassen.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 13.01.2011 23:09 Uhr
Wir scheinen hin und wieder ein wenig aneinander vorbei zu schreiben, denn grundsätzlich sind unsere Standpunkte ja gar nicht so verschieden. Schöner Beitrag.

So unernst nehmen muss man das gar nicht, es ist durchaus ein plausibles Szenario, das eine Möglichkeit aufzeigt, wie es zu dieser strikten Meinung der Herren Anderson und Swanson kommen konnte, der jüdische Zeuge habe sie ins Unglück gestürzt, um es etwas dramatisch auszudrücken. Natürlich ist es, wie du sagst, "nur" eine Geschichte, allerdings ist es eine, die eine recht plausible Erklärung für gewisse Haltungen liefert, die sich im Laufe der Zeit bei einigen Mitgliedern der Polizei etabliert haben - und das ist schließlich der Zweck aller guten Geschichten, etwas, was man nicht begreift, durch einen eher spielerischen Umgang damit, erklär- und begreifbar zu machen. Ich denke, du dürftest im Kern der Wahrheit recht nahe gekommen sein, die Überzeugung, dem jüdischen Zeugen die Schuld daran anzulasten, dass der Ripper nie gefasst wurde, dürfte sich bei den beiden erst mit dem Fortschreiten der Jahre so unumstößlich festgesetzt haben. Swanson und Anderson sollen ja auch privat sehr gut miteinander gekonnt haben, da ist es durchaus möglich, dass sie sich auch nach Dienstschluss häufiger mal zusammengesetzt und über die verschiedensten Dinge diskutiert haben. Bei so einer Zusammenkunft kann ich es mir gut vorstellen, dass sie da zusammen saßen - eventuell mit dem einen oder anderen Glas Hochprozentigem in der Hand - und kopfschüttelnd Revue passieren ließen, wie ungünstig sich die Nachforschungen im Ripperfall doch entwickelt haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich dabei ein gewisser Wunsch in beiden breit gemacht hat, die Verantwortung für die verfahrene Situation etwas von sich wegzuschieben - und was ist dabei praktischer als ein Zeuge, der den Verdächtigen, den beide offenbar ganz oben auf ihrer Liste hatten, nicht identifizieren konnte oder wollte. Ja ja, denken sie, wäre das doch mal anders gelaufen.

Aber weil das Leben nun mal kein Möbelmarkt ist, in dem sich viktorianische Kriminalbeamte einen schönen großen Tisch aus Holzimitat aussuchen können, der perfekt in die schmucke Essecke passt, sitzen wir hier und müssen spekulieren, wie was wo genau gewesen sein könnte und wie man einzelne Aussagen interpretieren soll. Es mag ja eventuell schon aufgefallen sein: Ich bin jemand, der sehr genau hinsieht, wenn es darum geht, wie gewisse Menschen in einer gewissen Situation gewisse Dinge formulieren. Tut mir leid, aber da werde ich zum Paragraphenreiter und abheftenden Beamten. Besonders, wenn es sich dabei um Dinge handelt, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dinge, wie Andersons Biographie zum Beispiel. Als hohem Polizeitier, der im Laufe seiner Karriere wahrscheinlich unzählige Berichte abgefasst hat und wohl auch der Presse gegenüber regelmäßig über sein Tun Rechenschaft ablegen musste, dürfte ihm mehr als vielen anderen klar gewesen sein, wie vorsichtig man sein muss, wenn man Informationen weitergibt oder einen Bericht darüber ablegt, wie weit oder wie wenig weit man nun denn eigentlich ist. Das von dir in deinem Post angeführte Beispiel finde ich dabei ganz schön: "His people". Bei so einer Formulierung dürfte zuvördert wohl dem verschwörungsfreundlichen Ripperologen das Herz übergehen, ist diese Bezeichnung inhaltlich doch so vage, dass sie ihm unzählige Deutungsmöglichkeiten liefert. Der nüchterne Betrachter natürlich ist etwas verärgert, er würde sich etwas mehr wünschen, etwas Handfesteres, etwas, das ihm sagt: Genau das mein ich. Sei es wie es sei, Anderson wollte uns den Gefallen nicht tun, und deshalb müssen wir versuchen, der Sache spekulativ auf den Grund zu gehen. Also... Was oder wen kann er damit gemeint haben?

Im Zusammenhang damit, dass bei Swanson und Anderson die Behauptung auftaucht, der Zeuge habe eine Aussage verweigert, weil der Verdächtige ein Mitjude war und er folglich nicht dafür verantwortlich sein wollte, dass er gehängt wird, könnte man annehmen, dass es in Whitechapel eventuell eine starke jüdische Gemeinschaft gegeben haben könnte, die sich durch einen brüderlichen Zusammenhalt auszeichnete. Der Verschwörungstheoretiker wird an dieser Stelle wohl in Jubelgeschrei ausbrechen. Dem Rationalisten wird an dieser Stelle eher auffallen, dass diese Erklärungsweise wohl am Ehesten dem entspricht, was man ein Vorurteil nennt. Die Idee vom weithin vernetzten Judentum, das hinter den Kulissen die Fäden für was auch immer zieht, ist ja ein recht beliebtes Propagandamittel antisemitischer Gruppierungen, um für negative Stimmung zu sorgen. Und falls es tatsächlich eine jüdische Gemeinde gegeben haben sollte, die auch über den religiösen Aspekt hinaus miteinander verbunden war, dann lag das wohl eher an der generellen Stimmung den Juden gegenüber, aber dass diese Gemeinde dann so stark sein sollte, dass es ihr mühelos gelang, den gefährlichsten Mörder jener Tage seiner gerechten Bestrafung zu entziehen, muss man doch eher bezweifeln. Und selbst wenn: Ist es wahrscheinlich, dass eine Gemeinde in der Gemeinde, welcher Art auch immer, so etwas tun würde? Ich sage mal, eher nicht. Denn wenn auch nur ein Wörtchen davon an die Öffentlichkeit dringen würde, wäre das Geschrei unter der Bevölkerung wohl entsprechend groß und der Mob würde wohl an einige Türen klopfen. Somit würde sich das eigentliche Ansinnen - nämlich die jüdische Bevölkerung vor Hass und Anfeindung zu schützen - schlagartig in sein Gegenteil verkehren. Strategische Schlappe würde ich sagen. Zudem es auch reichlich gewagt ist, einer Gruppe zu unterstellen, sie würde einen gefährlichen Irren decken, nur weil dadurch eventuell verhindert wird, dass ein schlechtes Licht auf alle Mitglieder dieser Gruppe fällt. Insofern ist Andersons Formulierung nicht nur vage, sondern in dem Fall auch gefährlich, da sie etwaige vorhandene Ressentiments noch zusätzlich schürt und ich kann durchaus verstehen, dass ihm auf Grund dieser Lesart vorgeworfen wird, eventuell selbst Antisemit zu sein.

Die andere, etwas plausiblere Möglichkeit ist, dass sich Anderson damit auf Familie und Freunde bezog. Wenn das aber der Fall sein sollte, wieso schreibt er dann nicht Family & Friends? “His people” wirkt, wie vieles in dem Fall, sehr ungenau. Und ein bisschen werde ich da den Verdacht nicht los, dass der gute Anderson, sehr überzeugt von der eigenen Theorie, schwer nachprüfbare und generell recht gemein gehaltene Informationen zum Besten gibt, die seine eigene Sichtweise untermauern. Wären da nicht Swansons Notizen, würde nach Andersons Anschauungen wohl heute kein Hahn mehr krähen.  Die ganze Ermittlung scheint irgendwie vom Pech verfolgt gewesen zu sein, und Schuld daran war jeder - nur eben nicht Andersons Abteilung. Aber mit Familie und Freunden lässt sich wenigstens eine Hypothese aufstellen, die weniger gewagt und ganz frei von irgendwelchen zwielichtigen Gestalten ist, die aus dem Dunkel heraus Intrigen spinnen. Denn in diesem Fall muss man für einen Grund, warum der Verdächtige von seinen Leutchen geschützt wurde, nicht lange suchen. Mehr noch: Man muss nicht mal irgendwelche niederen Motive suchen (was einige aber irgendwie immer tun, da ist dann gleich von Schande für die Familie und so weiter die Rede). Hier kann man einfach beim Naheliegendsten bleiben. Der gute Anverwandte wird irgendwann früh morgens, als er sich im Bett gerade noch einmal herumdrehen wollte, von ein paar kräftigen Uniformierten abgeholt, um ihn fernab der großen Metropole dem identifizierungsunwilligen Zeugen gegenüberzustellen. Die Identifikation scheitert (aus welchem Grund auch immer), der Delinquent wird wieder in die Obhut seines Bruders oder Schwagers oder Sonstwases übergeben und die Familie reagiert, wie eine Familie in solchen Fällen eben meistens reagiert. Der Verdächtige wird zwar von seinen Verwandten mit etwas Besorgnis betrachtet, da er in letzter Zeit vielleicht den ein oder anderen Aussetzer hat, in fremden Zungen redet und sich die Schuhe nicht mehr selbstständig zubinden kann, aber dass der nachts losziehen und Frauen aufschlitzen soll? Nein, das geht doch ein bisschen zu weit. “Die spinnen doch, die Römer.” Gut möglich, dass der Verdächtige dann erst im Laufe der Zeit auch andere, vielleicht etwas mehr in Richtung Gewalt (besonders gegen Frauen) tendierende Neigungen gezeigt hat. Gut möglich, dass das dann der Auslöser war, der die Verwandtschaft bewog, einen ruhigen, sicheren Ort für den Verdächtigen zu finden, wo er in Sicherheit ist und - vor allem - keine Gefahr mehr, ob nun für sich oder andere. Gut möglich auch, dass der eine oder andere aus der Familie dann zu dem Schluss kommt, an den Behauptungen der Polizei könne am Ende doch etwas dran sein - auch wenn ich eher geneigt bin anzunehmen, dass die meisten die Realität ( so sie denn eine war) weiter geleugnet hätten, einfach weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Wie gesagt, würde uns heute nur Andersons Machwerk zur Verfügung stehen, würde ich mich damit wohl nicht groß beschäftigen. Erst Swanson sorgt mit seinen Notizen dafür, dass die ganze Sache ein Fundament erhält. Außerdem gibt es dann ja noch die Aussagen von Cox und Sagar, die eventuell vom selben Verdächtigen sprechen, auch wenn wir da nicht sonderlich sicher sein können. Der grundsätzliche Knackpunkt aber ist, dass man eigentlich für jede uns bekannte Theorie, einem oder mehreren aus dem Polizeikreis, die uns irgendwelche Ansatzpunkte hinterlassen haben, einen oder mehrere Fehler unterstellen muss. Das wäre für sich genommen ja noch nicht weiter tragisch, allein die Frage, wer genau der Fehlerteufel ist (oder besser gesagt der größte Fehlerteufel, denn der ein oder andere Schnitzer dürfte jedem unterlaufen sein), bringt mich immer wieder zum Grübeln. Keine einzige Theorie bringt wirklich alle Aussagen unter einen Hut. Ich habs ja schon mal erwähnt, am ehesten tendiere ich in dieser Angelegenheit dazu, Swanson das größte Vertrauen entgegenzubringen, aber andererseits wird er zu 100% auch nur von Anderson gedeckt… Und dabei, den einzuordnen, hab ich wirklich Schwierigkeiten.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 15.01.2011 12:40 Uhr
Hallo Craddock!

Sehr lesenswerter Beitrag, lohnt sich auch, denke ich, den immer und immer wieder nachzulesen.

Mir fehlt die Zeit, deshalb ganz kurz und vielleicht irgendwann später noch in tieferer Form:

Anderson in offiziellerer Form, Swanson inoffizieller und auch Macnaughton, der ja im Juni 1889 zum Assistant Chief Constable (CID) berufen und kurz Zeit später in 1890 zum Chief Constable (CID) befördert wurde, in seinem 1894 Memorandum (Schade, wenn so jemand nicht mitbekommen sollte, das nach seinem Amtsantritt eine solche Identifikation stattfindet) sowie Beamte wie Sagar und Cox erwähnen niemals, wie sie darauf kamen, das ihr Verdächtiger eben verdächtig wurde. Bei Cox weiß ich allerdings nicht, ob er vom selben Mann spricht. Es bleibt nur Anderson´s House- to- House Suche und Cox seine Behauptung, der Verdächtige hätte bereits mit Anstalten zu tun gehabt. Überhaupt sehe ich da Hinweise, wie auch schon mit Ostrog und das wissen wir ja auch, dass die Polizei nach Männern suchte, die erst vor kurzem aus einer Anstalt entlassen wurden, die auf einen bereits "registrierten Irren" zielten. Nach E.Smith, M.Tabram, M.A. Nichols und M.Chapman schien mir meiner Meinung nach die Polizei, nachdem sie endlich begriffen, dass sie es mit einem Serientäter zu tun haben, bestimmte Theorien durchzuspinnen. Eine davon, behaupte ich, war die von Irren mit medizinischen Kenntnissen (ala Ostrog), die auf freien Fuss waren und schloß die mit ein, die an Wahnvorstellungen oder sexuellen Abartigkeiten litten bzw. wo Gewalt, vor allem gegen Frauen bekannt war und die andere war die eines Metzgers (ala Isenschmid). Eine dritte Möglichkeit war die Theorie eines Seemannes oder Militärangehörigen. Alles in allem, war die Polizei schon in die richtige Richtung gegangen. Auf diese Logiken zu kommen, ist allerdings wiederum auch nicht so schwer. Die ersten beiden Varianten, medizinische Kenntnisse und Schlachter bei Männern die bereits auffällig geworden waren bzw. ein Kombination aus beiden, dürfte meiner Meinung der tragende Teil dieser Theorien gewesen sein. Um es abzukürzen, die Polizei suchte besonders nach "Irren", die seit kurzem auf freien Fuss waren aber sie fand sie nicht oder eben nicht alle und hatte dazu auch nicht die "Kraft der französischen Polizei" (siehe Ostrog).
Ich denke, das Jack the Ripper ein sehr verschlossener, wenig kommunizierender Mensch war, der möglicherweise nur unter Alkoholeinfluss auftaute und dort die kranke und auch größte Seite seiner Seele herausließ. Ich könnte mir vorstellen, das der Unterschied zwischen seiner absoluten einzelgängerischen, ruhigen und verschlossenen Art die Leute (wie Familie, Freunde, Kollegen) dermaßen irrtierte, wenn dann dieser emotional vollkommene geladen Mensch, diese tickenden Zeitbombe, zum Vorschein kam. Aber wie so oft im Leben und sehr menschlich obendrein, ist so etwas doch für die wenigsten Menschen erkennbar. Ich vermute, seine eigenen quälenden Fantasien, gepaart mit der Unmöglichkeit, normalen menschlichen Zusammenlebens und seine, zumindest für nahestehenden Personen unmöglichen und vielleicht auch angstmachenden Verhaltensweisen, haben diesen Mann immer weiter isoliert. Vielleicht dort im besonderen sein Hass auf Frauen, die er vielleicht gar in bestimmten Momenten bedrohte. Eine immer weitere Entfernung von Familie und Freunde könnte ihn irgendwann auf die Straße getrieben haben. Vielleicht führte das alles summasummarum, einmal oder hin- und wieder, in Anstalten. Und irgendwann wurde er wieder entlassen...
Und da sehe ich "Kosminski" und das Scheitern der Polizei, ihn nicht eher ausfindig gemacht zu haben nachdem er auf freiem Fuss war und die Serie begann. Aus den Anstalten könnten wichtige Tipps gekommen sein. Die Schuld dann neben dem Hauptzeugen, "his people" und "his friends" zu geben mag in einzelnen Fällen vielleicht diskussionswürdig sein aber alle über einen Kamm scheren? Wußten alle das er wieder draußen war? Hatte er Kontakt zu einigen? Gaben die nun Infos weiter oder nicht? Eben wo dieser Mann zu finden war oder wo er seine Verstecke hatte? Wurde er gedeckt oder wollten ihn einige nur einfach schützen? Wer wußte eigentlich was oder wieviel oder hatte Ahnungen? Diese Frage können wir uns so nicht beantworten... Der Täter war ein Jude, der Zeuge der zurückzog eine Jude und alle die ihn schützen auch Juden... Nein, nein werte Beamten, dies ist zu einfach... erzäht uns doch detailliert von eurer Ermittlungsarbeit, gerade im Fall Kosminski aber nein, dies tut ihr nicht... warum wohl...?
Ich denke, das dieser Kosminski aus einer Anstalt kam und kurze Zeit später zum Mörder wurde. Er wird sich einen einfachen Job gesucht haben, vermutlich in einer Fleischerei als Gehilfe und seine Freizeit und Nächte in leeren Gebäuden, Einrichtungen des Glaubens oder Logierhäusern, je nach dem wie viel Geld übrig war, verbracht haben. Viel natürlich auch in Pubs. Ab und zu auch bei Familienmitgliedern, meistens wohl beim Bruder, bei dem er wohl offiziell lebte, zumindest hin- und wieder und vielleicht auch vor der letzten Einweisung. Aber nach dem DoubleEvent bestimmt häufiger, weil es wohl nach jener Nacht sehr unsicher für ihn wurde. Vermutlich sah er danach auch gepflegter aus als vorher. Zumindest eine zeitlang. Ich denke, der Name "Kosminski" war der eines Angestellten, in irgendeinem Geschäft, das während der Hausdruchsuchungen überprüft wurde. Der Name eines Mannes, der wenig sprach aber fleißig seinen Job tat. So als ob er ein harmloser Bekloppter war, den man unterstütze, das er sich was zu essen kaufen konnte. Dies "Kosminski" war vielleicht sein Geburtsname... und wurde bei der Hausdurchsuchung zwar notiert, auch als "verdächtig" aber auch als der "Irre auf freiem Fuss" erkannt? Ab hier greifen wieder meine obigen Post...
Es mag alles total bescheuert klingen aber Stücke die uns fehlen, müssen wir eben dazuspinnen. So ähnlich könnte es passiert sein und könnte auch erklären, warum Swanson, Anderson und Co. so, sagen wir mal, "halbschwanger" wirken. Bei denen lief etwas im Hintergrund mit...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 17.01.2011 00:16 Uhr
Nabend Lestrade.

Wäre eben schön zu wissen, was im Hintergrund bei den beiden auf zweiter Spur mitlief und wie genau der Informationsfluss ausgesehen hat. Ich geb dir da Recht, irgendwoher müssen iher Verdächtigungen gegen Kosminski ja gekommen sein und es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Haus zu Haus Durchsuchungen respektive Befragungen erste Hinweise ergeben haben, die vielleicht nur nicht richtig eingeordnet wurden und erst später ihre Sprengkraft entfaltet haben. Taucht der Name Kosminski dort vielleicht schon auf, wird eventuell sogar unterstrichen aber trotzdem nicht Ernsthaft in Erwägung gezogen, weil der Mann zwar ein bisschen auffällig ist aber vielleicht nicht unbedingt auf die Art, die die Ermittler erwartet hätten?

Was mich bei Swansons Notizen immer etwas wundert, ist die Tatsache, dass er die Ereignisse zwar recht genau skiziert und auch einen Namen nennt, aber weiter keine Angaben macht. Der Mann setzt sich hin, liest das Buch von seinem Kumpel Anderson und beschließt dann, sich Notizen dazu zu machen. Aber anstatt genaue Ausführungen zu machen die einen Hinweis darauf geben, was er selbst von der Sache hält ( wie ich es, würde ich irgendetwas wert finden, dass ich mir Notizen dazu mache, tun würde), gerät seine Notiz zu einer Nacherzählung von Andersons Szenario, das einzig dadurch glänzt, dass es Ort und Name des Verdächtigen hinzufügt. Aber Swanson schreibt nichts dazu, ob er Kosminski nur für einen Verdächtigen oder für den Täter hält. Warum? Es sind seine persönlichen Aufzeichnungen in einem Buch eines ehemaligen Kollegen, die wahrscheinlich nie jemand in die Hände bekommen wird. Wieso erinnert er sich nur zurück, schildert die Ereignisse, sieht dann aber davon ab, eine konkrete Meinung zum Besten zu geben? Zudem er ja nicht in allem mit Anderson übereinstimmt. Sein Kosminski ist tot, der von Anderson in einer Anstalt. Wieder die Frage, wem man glaubt. In diesem Fall ziehe ich - Eintrag ins Poesiealbum, den es wird wohl das einzige Mal bleiben - Anderson vor. Nicht unbedingt, weil ich denke, dass das besser zu Aaron passt, sondern eher weil ich denke, dass Informationen über den Verbleib eines Verdächtigen, nachdem die offiziellen Ermittlungen beendet sind, wohl eher auf dem Schreibtisch eines hohen Beamten landen würden...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 17.01.2011 23:07 Uhr
Nabend Craddock!

Na ich denke, Swanson hat Anderson´s Angaben schlicht und einfach berichtigt. Anderson hielt sich da sehr ungenau, was die Identifizierung betraf und Swanson schilderte den entscheidenen Grund des Scheiterns, nämlich das der Zeuge, einen anderen Glaubensbruder nicht an den Galgen liefern wollte. Dieser einzige Zeuge und seine Einstellung war das Problem und nicht alle jüdischen Einwohner des EastEnd. Alles in allem macht es den Eindruck, das Anderson nicht an der Identifizierung teilnahm aber Swanson dies wohl mit ziemlicher Sicherheit tat. Freundschaft zwischen beiden hin- oder her, wir wissen nicht wie jeder einzelne von beiden tickte. Anderson war der Obermacker und Swanson eher der fleißige und kompetente Beamte, würde ich meinen. Dieser Anderson schreibt dann seine Memoiren und Swanson fällt auf, das wohl beide da nicht die gleichen Erinnerungen haben. Nachdem er das mit der Gegenüberstellung im Seaside Home näher erklärt hatte, reagiert er meiner Meinung nach auf die Phrase von Anderson, dass diesem der Name des Täters bekannt sei. Und zwar mit der Nennung des Namens Kosminski (gleich mit Nacnaughton). Und das dieser tot sei und dies auch recht kurz nach seiner Ergreifung passierte! Es entsteht der Eindruck, als ob Swanson da Anderson von einem falschen Pfade abbringen wollte.  Nämlich: "Wir wußten nicht seinen ganzen Namen und waren uns auch da auch nie ganz sicher" in Anlehnung vielleicht auch daran, dass er wußte, dass Anderson den Ripper immer noch oder jedenfalls noch für lange Zeit, lebendig hielt. Etwas, das aus Swanson´s Sicht einfach nicht stimmte. Denn: Sie wußten nicht den vollen Namen und er war auch nicht sicher eingesperrt sondern bereits verstorben (Swanson erwähnte es bereits 1895). Wenn dem so war, schien sich Swanson wohl auch keinen Reim darauf zu machen, wie denn sein Kumpel Anderson auf diese Behauptungen kam. Und an dieser Stelle, könnte man eine mögliche Erklärung sinnieren.
Anderson hätte gerne etwas zum Vorzeigen gehabt. Hatte er aber nicht. Er vertraut zwar gerne und voll seinem Swanson aber der öffentlichen Darstellung halber und vorallem um den "Mißerfolg" besser aussehen zu lassen, arbeitet er später und vielleicht hinter dem Rücken seines Swanson, an einer besseren Version der damaligen Ereignisse. Und bei Swanson hört er nur das, was er hören will und dies könnte nicht unbedingt immer mit der vollen Realität übereingestimmt haben. Stell dir vor, Anderson beauftragt andere Beamte, hinter dem Rücken Swansons natürlich, in späteren Jahren mit der erneuten Prüfung der Unterlagen und die finden einen tatsächlich noch lebenden Kosminski, mit einer ähnlichen "Laufbahn, Alter und Wohngegend etc.", wie der ehemalige Verdächtige sie hatte, in einer Anstalt. Das müssen nicht unbedingt die fähigsten Leute gewesen sein. Denen könnte schon das passiert sein, was andere auch dann in der Neuzeit passierte: Sie finden Aaron Kosminski. Allem hoffnungslosen Geschwafel von Swanson entgegen, hat Anderson nun doch seinen Beweis und zur Not, kann er den auch vorzeigen, wenn alle Stricke reißen. Im tiefen Inneren wissend, dass dies natürlich Bullshit ist. Viele Menschen biegen sich die Wahrheit hin, wenn die Realität damit schöner aussieht. So wie ich gerade. Das doppelte Lottchen, kann Swanson schon bei seinen handschriftlichen Bemerkungen in Anderson´s Bio übersehen haben. Und wir tun es ihm gleich.
Ich glaube an kein Irrtum bei Swanson sondern eher an eine Verklärung bei Anderson. Der Seaside- Home Verdächtige war äußerst gewalttätig und brauchte eine Sicherheitsverwahrung und er starb. Aaron Kosminski kam in eine Anstalt für harmlose Irre und tat im Grunde niemanden etwas und lebte vorallem noch lange. Es gab für mich "Kosminski" und es gab für mich Aaron Kosminski. Im Prinzip sprachen Swanson und Anderson vom gleichen Mann, nur das Anderson seinen im Wunsche oder in irgendeiner abstrakten Form, weiterleben ließ. Swanson´s Kosminski starb und dies sollte in Wirklichkeit auch so geschehen sein.

Nicht dein Ding oder?
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 17.01.2011 23:24 Uhr
Und wenn du dir das ein paar mal durchliest, welche wichtige Information könntest du aus meiner Spinnerei (die ich auch gerne Theorie nenne) entnehmen? Mal abgesehen davon, dass ich viel Fantasie habe und es einen neuen Grunde geben könnte, dafür, dass die Verdächtigen- Akten viel, viel später noch einmal herausgeholt und nicht wieder zurückgebracht wurden.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Jack the Whopper am 18.01.2011 11:46 Uhr
@Lestrade & Craddock:
Macht Spaß eure Theorien zu lesen! Ich halte eine "Neuausgrabung" der Akten durch Anderson (hinter Swansons Rücken) durchaus für eine mögliche Erklärung, ich finde auch, das Swansons Notizen irgendwie nach "Korrektur" klingen, auch wenn nichts eindeutig darauf hinweist. Kennt ihr eigentlich Ivor Edwards "Erklärung" für Kosminskis Identifizierung im Seaside Home? Edwards geht davon aus (wie die meisten), dass es sich bei dem jüdischen Zeugen um Schwartz handelte. Er glaubt außerdem, dass Schwartz beobachtete, wie Kosminski Liz Stride auf offener Straße attackierte. Da Schwartz, verfolgt von dem Mann mit der Pfeife, das Weite suchte, konnte er ja nicht mehr sehen, wie die Sache ausging. Logischer Weise ging er aber davon aus, dass der Angreifer auch der Mörder war. Edwards glaubt, dass der Mann mit der Pfeife bewusst Schwartz vom Ort des Geschehens verjagte, danach zurückkehrte und (möglicherweise mit der späteren Tatwaffe) Kosminski in die Flucht schlug. Das würde erklären, warum Stride (dankbar für die Rettung vor dem "Schläger" Kosminski) Vertrauen zum wirklichen Täter hatte und Cachous in den Händen hielt als sie getötet wurde (was ja wirklich etwas merkwürdig ist, wenn man auf der Straße verprügelt wird). Sie könnte diese hinterher ausgepackt haben, als sie mit dem "Pfeifenmann" sprach. Lange Rede, kurzer Sinn: im Seaside Home hätte Schwartz natürlich Kosminski als Stride´s Angreifer erkannt und wäre natürlich von diesem als Täter ausgegangen. Kosminski hätte möglicherweise auch Schwartz erkannt, und wäre wohl ziemlich blass um die Nase geworden, da er gewusst hätte, was ihm blühen würde, falls Schwartz aussagt. Niemand hätte ihm geglaubt, dass er Stride "nur" angegriffen, aber nicht getötet hätte. Das ganze ist natürlich auch nur eine von vielen Theorie, diese zeigt aber , dass es durchaus mehrere mögliche Erklärungen für die Seaside-Home-Identifizierung geben kann, die Möglichkeit, dass Kosminski erkannt wurde, obwohl er gar nicht der Täter war inklusive. Und damit wären wir wieder bei dem Problem angelangt, dass niemand jemals Jacky in Aktion (während der eigendlichen Tat) gesehen hat. Über dieses Problem könnten auch Anderson und Swanson gestolpert sein. Ich glaube nämlich nicht, dass man Schwartz (oder irgendeinen anderen Zeugen) einfach wieder hätte gehen lassen, falls dieser Kosminski dabei gesehen hätte, wie er Stride tatsächlich abschlachtet. Ich finde man könnte Swansons Notizen auch so deuten, dass an der Identifizierung kein Zweifel bestand, sehr wohl aber an der tatsächlichen Täterschaft...
Truly Yours, Jörn the Whopper
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 18.01.2011 13:26 Uhr
Sehr interessant JtW! Sehr interessant...

Ich sehe allerdings ein Problem, wenn der von einem Zeugen identifizierte Mann aus der Berner Street, mit dem übereinstimmte, den der PC am Mitre Square gesehen haben will. Zwei verschiedene Orte und zwei Zeugen, die den "unschuldigen" Mann dann belasten würden. Jemand, der sich dann in einer Nacht, an zwei Orten wo es Opfer gegeben hatte, zufällig aufhielt. Das wäre der Hammer. Entweder verfolgte der unschuldige Mann den wahren Täter bis zum Mitre Square und ward dann selber am Ende zweimal gesehen (im Gegensatz zum Täter, einer ein Glückspilz der andere mit dem größten, vorstellbaren Pech) oder die Geschichte lief vollkommen anders ab.
Es gab an einem Ort (Mitre Square) das Zeugentrio Lawende/Levy/Harris und an einem anderen Ort (Berner Street), den Men´s Club wo viele Juden verkehrten. Vielleicht wurde das durcheinander gehauen und somit auch der PC woanders "hinverlegt". So dass am Ende PC und Zeuge doch an einem Ort waren und der Verdächtige auch nur an einem Ort gesehen wurde. Wo auch immer. Dann käme die Edwards Version mehr in Frage. Warum Swanson Verdächtiger und nicht Täter schrieb, könnte man auch seinem korrekten "Amtsenglisch" zuschieben. Immerhin erwähnte er ja gegenüber seiner Familie, das Jack the Ripper bei seinem Bruder lebte und auch seine Aussagen, wie z.B. 1895, das der Täter bereits tot sei. Geht ja doch eindeutig in die Richtung seines "Verdächtigen" Kosminski.
Schau doch mal auf die amtliche Ansprache heute, wenn auch die brutalsten Verbrecher noch mit dem Knigge- Wörterbuch angesprochen wird. Ist eben so...
Der Ablauf in der Berner Street ist nur sehr kompliziert zu betrachten. Wer hatte nun das Messer? Wer schrie wem etwas zu? Vorallem was? Wo zog der erste Angreifer Stride nun hin? Weg vom Dutfields Yard oder hinein oder wollte er sie nur umdrehen? Für Schwartz war es ungemein schwer, den Überblick zu bewahren, denke ich. Vielleicht hat auch Schwartz etwas gesponnen. Natürlich spricht die plötzliche Attacke des erste Angreifers für ein Verhalten, das nach Jack the Ripper aussieht. Dagegen spricht, das hinter dem Angreifer einer lief (Schwartz) und aus der entgegengesetzten Richtung ein zweiter Mann kam. Obwohl wir wissen, dass der Täter ein hohes Risiko einging, ist so ein Vorgehen dennoch besonders gewagt. So könnte auch der ursprünglich erste Angreifer (ich gehe davon aus das der PC und der Hauptzeuge nicht am gleichen Ort waren) der jüdische Zeuge im Seaside Home gewesen sein. Einige Zeugen kommen in Frage, Lawende, Jospeh Hyam Levy, Schwartz, einer der anderen beiden Figuren aus der Berner Street und, selten erwähnt, auch der Mann, den Hutchinson sah. Ein gut angezogener Jude, der vielleicht auf Freiersfüssen war. Jemand, der vielleicht auch vom wahren Täter verjagt wurde. War er ein Jude besseren Standes und mit Einfluss, vielleicht mit Prostituiertenkontakt, hätten wir noch einen gewichtigeren Grund, für ein Zurückziehen seiner Aussage. Die Polizei könnte Hutchinson darauf "hingewiesen" haben, seinen Verdächtigen, den er ja auch in der Middlesex Street wiedersah, in Ruhe zu lassen. Hutchinson könnte diese Botschaft mißverstanden haben. Vielleicht wollte die Polizei diesen Mann, der evtl. Zeuge war, einfach nur schützen. Keine Ahnung, vieles ist möglich.
Natürlich kann der zweite Mann in der Berner Street erst Stride´s Angreifer verjagt haben und dann noch auf Nummer sicher gegangen sein und hinter Schwartz hinterher um sicher zu gehen, das dieser nicht mehr umkehren wird oder so ähnlich. Andererseits kann auch der erste Mann wieder kehrt gemacht haben. Oder seinerseits den zweiten Mann verjagt haben. Schwartz seine Darstellung scheint nicht nur mich irritiert zu haben. Ich denke, der ganze Ablauf sah ein bißchen anders aus. Wie? Ich weiß es nicht.
JtW, ich möchte dir beipflichten. Sollte jemand tatsächlich (wenn es so etwas wirklich gab), den Täter bei einem mörderischen Werk beobachtet haben, dann hätten sie ihn nicht so einfach gehen lassen. Vielleicht kalkulierte die Polizei ein (aus welchen Gründen auch immer), dass Zeuge und Täter sich erneut begegnen könnten und sicherten ihren Zeugen ab. Vielleicht brachten sie ihn auch nach außerhalb. An einen Ort, wo er sicher war und sich auch nach allem erholen konnte. Denn ich vermute, der Verdächtige wurde dahin gebracht, wo auch der Zeuge sich aufhielt. Zumindest in der Nähe war. Ich glaube auch nicht, dass der Verdächtige erfuhr, wo er überhaupt war. Der Zeuge war, m.E., eine wirklich geheime Angelegenheit und er muss wirklich etwas wichtiges gesehen haben.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 18.01.2011 18:47 Uhr
Puh, zwei Tage nicht richtig on und schon hat man einen Haufen Arbeit hier, unerhört!  :yahoo:

Ich kann mich grundsätzlich mit der Berichtigungstheorie abfinden, finde es aber nach wie vor ärgerlich, dass Swanson es dabei belassen hat. Zu wissen, was jemand, der an den Ermittlungen beteiligt war, von dem Verdächtigen hielt wäre interessant gewesen. 1895 jedenfalls schien Swanson von der Täterschaft Kosminskis überzeugt gewesen zu sein, schließlich äußerte er sich in dem Interview ja dahingehend, dass er festen Glaubens sei, dass der Ripper jemand wäre, der in einer Anstalt gestorben sei. Also geh ich der Einfachheit halber mal davon aus, Swanson hielt den Verdächtigen auch für schuldig.

Zum PC:
Wie wäre es, wenn wir McNaghten in seinem Memorandum einen weiteren Fehler unterstellen, einer mehr oder weniger dürfte da ja auch nicht mehr weiter auffallen. Angenommen, er hätte sich mit dem "PC near Mitre Square" vertan und der PC, den er meinte, wäre William Smith, der Stride in der Berner Street mit einem jungen Mann gesehen hat, etwa 10 Minuten vor dem Schwartz-Zwischenfall. Die Sichtung wäre zeitnah an dem einzigen Ereignis, bei welchem wirklich ein tätlicher Angriff auf eines der Opfer beobachtet wurde - zumindest, wenn man Schwartz Aussage glauben will und/oder es sich bei seinem "Angriffsopfer" wirklich um Stride handelte. Wenn wir davon ausgehen, dass Schwartz Aussage stimmt und Smith vorher, als er an dem Mann und Stride vorbeilief, den Anfang der "Verhandlungsphase" (oder wie immer man so etwas nennen will) mitbekam, ließe sich wohl ein ungefährer zeitlicher Ablauf konstruieren, der halbwegs stimmig ist und in dem keine allzu großen Lücken klaffen, die zu erklären schwer fallen würde. Aber wie ernst nahm die Polizei Schwartz Aussage? Swanson schildert sie in seinem Bericht vom zu faul um nachzusehen recht genau, eine weitere Version davon findet sich auch in der Zeitung, wobei hier aber die Pfeife durch ein Messer ersetzt wurde, was wohl der Dramatisierung im Hinblick auf eine angestrebte Auflagenerhöhung geschuldet ist. Im anschließenden Inquest sagte Schwartz nicht aus, was zu erklären ich jetzt aber gar nicht so schwer finde wie viele andere. Schon während seiner Aussage schien es ja Verständigungsschwierigkeiten gegeben zu haben, da Schwartz wohl kein bisschen Englisch sprach und alles über einen Dolmetscher ablief (bei dem sich eventuell auch der ein oder andere kleinere Patzer eingeschlichen haben mag). Vielleicht trat er ja nur wegen der Sprachprobleme nicht beim Inquest auf, wichtig war seine Aussage dafür ohnehin nicht.

Rüber zur Identifizierung:
Okay, wir haben William Smith, den wackeren PC aus der Berner Street, der Stride und einen Mann zusammen gesehen hat, zehn Minuten bevor Schwartz seine viel diskutierte Beobachtung machte. Ich greife hier mal einen Gedanken von Lestrade auf: Irgendwann im Laufe der Zeit verdichten sich gewisse Hinweise gegen jemanden, der während der Haus zu Haus Untersuchungen nach dem Eddowes Mord irgendwie ins Radar der Ermittler geraten ist, ohne sich dabei aber wirklich so verdächtig zu machen, dass die Polizei genauer nachforschte. Was machen die Ermittler? Natürlich, sie haben Schwartz, Lawende und Levy, aber eventuell wollen sie sich vorher etwas absichern, ehe sie ihren Verdächtigen mit einem der Zeugen zusammenbringen. Also wird PC Smith in die Nähe des Verdächtigen gebracht. Smith sieht sich den Mann an, ist unschlüssig. Er hat selbst ausgesagt, dass er Mann, den er mit Stride sah, mit dem Rücken zu ihm stand und er seine Gesichtszüge deshalb nicht beschreiben kann. Die Klamotten, die Statur, ein Schnurbart... Ja, der Verdächtige da, der sieht schon ein bisschen so aus, aber... identifizieren kann er ihn nicht, da er sein Gesicht nicht gesehen hat, aber aufgrund der anderen körperlichen Merkmale, die ihm in Erinnerung geblieben sind (Größe, Statur, Alter usw), bestätigt er den Ermittlern, dass es durchaus der Mann sein könnte. Bei den Ermittlern dürfte sich hier durchaus etwas Hochstimmung breit gemacht haben. Ihr Kollege konnte zwar keine positive Identifikation liefern, stimmte sie mit seiner Aussage aber durchaus zuversichtlich, dass sie ihren Mann hatten. Also muss es einer der Zeugen richten. Auftritt Schwartz...

Nach allem, was uns Schwartz in seiner Aussage mitgeteilt hat, dürfte der gute nicht gerade zu den mutigsten Geschöpfen männlichen Geschlechts gezählt haben, schließlich hat ihn ein einziges Wort in die Flucht geschlagen. Gut möglich, dass er, angesichts der Aufgabe, die er da jetzt zu bewältigen hatte, wieder ordentlich Muffensausen bekam und erst bereit zur vollständigen Kooperation war, als die Beamten ihm ein ausführliches Sicherheitspaket angeboten haben. Hierbei kommt der zweite Mann ins Spiel, der entweder eine Pfeife oder ein Messer hatte. Die Polizei erzählt Schwartz, dass sie einen Verdächtigen haben. Schön, aber was ist mit dem andren, denkt Schwartz. Aus seiner Sicht dürfte die Situation ausgesprochen brenzlig gewesen sein, denn wenn die Polizei nur einen der beiden Männer hatte, dann lief der andere noch frei herum und wenn wir bedenken, dass er sich von dem Pfeifenmann durchaus bedroht gefühlt hatte, dann können wir hier wohl unterstellen, dass ihm das ganze ordentlich Magenschmerzen bereitet haben könnte. Okay, Schwartz macht seine Bedingungen klar, er will weg aus London, fürchtet Repressalien durch den Komplizen. Die Polizei, mit den Hufen scharrend, weil sie endlich eine heiße Spur zu haben glauben und nach all den Prügel auch mal positive Publicity gebrauchen könnten, willigt ein und schafft ihn fort. Zunächst einmal ins Seaside Home, wo sie den Zeugen erstens schützen und zweitens fürs Erste unauffällig unterbringen können, bis die Identifikation gelaufen ist. Von dort aus würde Schwartz dann, wenn alles so lief, wie geplant, endgültig untertauchen können, um fortan an den Küsten Devons ein Pilschersches Leben zu führen. Somit wäre die Voraussetzung geschaffen, jetzt gilt es nur noch, den Verdächtigen ebenfalls dorthin zu schaffen. Doch dabei ergeben sich gewisse Schwierigkeiten, die genau zu benennen unmöglich ist. Entweder war der Verdächtige gewaltätig und äußerst schwer in den Griff zu bekommen, oder es hatte mit irgendwelchen Dingen zu tun, die sich innerhalb der Behörden abgespielt haben. Ich tu mich selbst ein bisschen schwer, Swansons Aussage diesbezüglich zu deuten, er spricht schließlich nur von Schwierigkeiten. Wenn man Anderson hier noch hinzuzieht, der sinngemäß geschrieben hat, dass der Ripper seiner Strafe zugeführt worden wäre, wenn der Yard die Möglichkeiten der französischen Polizei gehabt hätte, halte ich ein bürokratische Hindernis hierbei durchaus für möglich. Aber wie gesagt, alles Interpretationssache... Ich entscheide mich für diese Hypothese hier für Lestrades Ansicht, dass der Verdächtige sich mit Händen und Füßen wehrte. Warum? Zwei Möglichkeiten: 1. Er war schuldig und wusste deshalb, dass es ihm bald an den Kragen gehen würde. 2. Er war schuldig, aber nicht des Mordes, sondern nur des Angriffs zuvor und wusste daher, dass die Polizei zu vollkommen falschen Ansichten kommen würde und er am Ende eventuell für ein Verbrechen baumeln würde, mit dem er nichts zu tun hatte.

Wie dem auch sei, unter Aufbietung aller Mittel gelingt es den Beamten schließlich, den Mann, der später als Kosminski bekannt werden sollte, ins Seaside Home zu schaffen und mit Schwartz zu konfrontieren. Beide stehen sich gegenüber, blicken einander in die Augen. Sowohl für Verdächtigen und Zeugen als auch für die anwesenden Beamten ist gleich klar, dass die beiden sich erkannt haben. Ich nehme an, der Verdächtige, sollte er zuvor mit Gewalt reagiert haben, dürfte auch jetzt nicht gerade ein Ausbund innerer Ruhe gewesen sein und vielleicht fühlte Schwartz sich ja dadurch wieder bedroht, selbst wenn die Polizisten die Situation eigentlich im Griff hatten. Vielleicht hat der Verdächtige aber auch rumgebrüllt, verzweifelt geschrien, zu erklären versucht, dass das doch alles ein entsetzliches Missverständnis sei, er habe zwar eine Auseinandersetzung mit Stride gehabt, doch sei diese nicht tödlich geendet. Wie dem auch sei, aus irgendeinem Grund wird Schwartz unsicher. Entweder, weil er sich trotz Polizei immer noch bedroht fühlt, oder weil er der Beteuerungen des Verdächtigen wegen selbst ins Grübeln kommt. Immerhin hat er den Mord selbst nicht gesehen, also was, wenn der Mann die Wahrheit sagt? Wenn er Stride wirklich nicht ermordet hat, sondern das Ganze nur eine Verkettung äußerst unglücklicher Umstände war? Schwartz ist klar, das Leben dieses Mannes hängt von ihm ab. Wenn er aussagt, wird der Verdächtige wohl am Galgen landen, nicht nur wegen seiner Aussage, sondern auch, weil die Stimmung der Polizei gegenüber äußerst angespannt ist und die Beamten ein Erfolgserlebnis brauchen. Er hat gesehen, was in ihnen vorgeht, wie begierig sie darauf sind, jemanden für die Taten zur Rechenschaft zu ziehen. Er hat gesehen, wie viel sie von ihm erwarten, dass er ihre einzige Hoffnung ist. Doch Schwartz schwankt, ist sich gar nicht mehr so sicher. Auf jeden Fall will er nicht verantwortlich sein, dass jemand seinetwegen an den Galgen wandert und möglicherweise am Ende doch unschuldig ist. Eventuell appelliert der Verdächtige auch an religiöse Gefühle und Schwartz erkennt, dass er ebenfalls ein Jude ist. Ein Umstand, der seine Zweifel vielleicht noch einmal bestärkt hat...

Naja, genug phantasiert... Irgendwie lässt sich in dem Fall aber auch aus allem eine Theorie stricken, wenn man sich nur ein bisschen Mühe gibt.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 18.01.2011 23:58 Uhr
Hi Craddock!

Mir gefällt wie du schreibst oder besser noch gesagt, wie du sinnierst. Es ist uns erlaubt, Fäden zu spinnen...

Ich denke dennoch, das der PC nahe Mitre Square und auch Cox sein City Police Kollege aus der schlecht beleuchteten Straße ein und die selbe Person sind und PC Smith somit dafür aus der Berner Street wegfällt. Ich schwanke zwischen PC Watkins und PC Harvey und tendiere dabei zum letzteren. Er hätte wohl durch die Passage, an der ja Lawende und Co. Eddowes´wahrscheinlichen Mörder sahen, auf Streife sein müssen. In oder an diesem engen Durchgang hätten sie sich wirklich nahe kommen können (ohne sich zwangsläufig in´s Gesicht schauen zu müssen). Genauso wie Lawende dicht genug dran gewesen sein könnte und wegen der Bemerkung von Joseph Hyam Levy auch genauer hingeschaut haben könnte. Das beide Zeugen, PC und "Kronzeuge", am gleichen Tatort waren, ist also durchaus möglich und somit auch eine falsche Identifikation nicht außer acht zu lassen. Ich sträube mich gerne gegen Lawende als Zeugen aber ehrlich gesagt, entspricht er dem "hybriden Deutschen", der wohl noch öfters den Gang zur Polizei antreten musste. Aber was hätte er dann gesehen? Einen Mann und eine Frau aber kein unmittelbares Verbrechen. Rein von der Logik her, ohne sich in tiefere Hypothesen zu begeben, akzeptiere ich PC Harvey und Lawende als die wichtigsten Zeugen. Beide haben in kurzer Entfernung von Eddowes Fundort, ein und die selbe Figur erblickt. Der eine wenigen Augenblicke vor ihrem Tod, der andere noch weniger Augenblicke nach ihrem dahinscheiden. Dies ist wohl sehr wahrscheinlich.
Ich sehe keine Hinweise, das andere PC (Smith) oder Zeugen (Schwartz) die gleiche Prozedur durchmachen mussten wie ein möglicher Harvey oder eben Lawende. Und ob sie überhaupt dazu berufen wurden.
Fakt scheint mir eines, trotz des Mißerfolges im Seaside Home, der Zeuge war wichtig, er war aufrichtig und die Polizei (außer Anderson) glaubte ihm vorbehaltslos. Bei Schwartz gab es da wohl Zweifel... oder andere Schwierigkeiten... Man kann, wie bereits erwähnt, hier und da noch Zeugen hervorzaubern aber Hand auf´s Herz: Lawende ist der Favorit.
Lawende hatte eine Menge Kinder. Für ihn stand viel auf dem Spiel. Ich könnte mir vorstellen, dass er der letzte Mensch auf dem Planeten sein wollte, der Zeuge in solch einem Kriminalfall wird. Falls er Zeuge war und überhaupt, dann war er für lange Zeit wichtig. Er hatte jemanden wie geschildert gesehen aber eben nur gesehen. Derjenige, den er gesehen hatte, war auf jeden Fall schwer verdächtig und als Ripper absolut möglich aber er hat ihn nur gesehen und wurde nicht Teilnehmer eines Tötungsaktes.
Ihn natürlich von seiner Familie zu separieren und woanders einzuquartieren, damit wäre so ein Lawende sicherlich nicht einverstanden gewesen. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass er und die seinen freiwillig, um den Stress mal auzuweichen, London verließen und sei es nur ein paar Tage gewesen. Das er der Polizei natürlich mitgeteilt hätte, wo und wie lange er weg ist, davon dürfte man wohl ausgehen.
Swanson seine Bemerkungen über den Zeugen sind ebenfalls aufrichtig. Genauso wie alles andere, was er uns jemals mitteilte. Meiner Meinung nach. Der Zeuge wollte keinen Mann seines eigenen Glaubens an den Galgen liefern. Sie erkannten sich aber sie erkannten sich auch als Juden. Ich denke, das stimmt schlicht und einfach. Und möglicherweise war da nicht so viel "eindeutiges" wie Anderson uns mitteilen oder weismachen wollte. Deshalb wahrscheinlich auch "Verdächtiger" anstelle von "Täter" bei Swanson. Swanson wußte in seiner geistigen Frische, nach der Sichtung druch Lawende und Freunde, das dieser Verdächtige mit Eddwoes in den Durchgang verschwand und wenig später wieder herauskam und den PC Zeugen fast in die Arme lief, während am anderen Ende PC Watkins die Leiche entdeckte. Da war nicht viel Spielraum für einen weiteren Mann. Dazu kam sich sicherlich das "jetzte haben sie mich" Verhalten des Verdächtigen, der wohl keine Anstalten machte, nicht der Mörder sein zu wollen. Ich sehe da, speziell am Tatort Mitre Square, keine Möglichkeit sich da herausreden zu wollen. Falls dies so am Mitre Square war und die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dann hätte dieser Verdächtige, wenn er Zeuge sein wollte, beim Mord in der ersten Reihe gesessen und nichts gesagt sondern nur stunk gemacht. Diese Chance hätte ein Unschuldiger wohl wahrgenommen, den das wäre seine einzige gewesen... Ich denke, dieser Mann war der Mörder und ich denke, Swanson dachte genauso... Wirklich bei einer Tat gesehen hat den Ripper niemand, jedenfalls keiner, den die Polizei damals kannte aber es gibt noch eine andere Möglichkeit...
Ein andere Zeuge, der sich niemals bei der Polizei meldete oder von der Polizei aufgefunden werden konnte (und der könnte gut aus der Berner Street stammen), wurde eigentlich vom Verdächtigen erwartet. Ein Zeuge, der vielleicht wirklich den Täter über eines der Opfer sah und hier ist Liz Stride sehr gut für geeignet. Denn bei ihr wurde der Ripper gestört. Nun sitzt dort aber Lawende und kein anderer und der Verdächtige war umsonst so heftig ausgepflippt. Am Ende erkennen sie sich zwar wieder aber na und, was soll dieser Lawende schon gesehen haben? Vielleicht nicht wissend, dass der PC doch besser hingeschaut hatte als der Verdächtige ursprünglich selber annahm. Wer nun immer ihn auch wiedererkannt hatte, geholfen hätte es ihm eh nicht. Gehindert dabei, nicht weiter seine Serie fortsetzen zu können. Strick hin- oder her. Noch hätte es sich ein Zeuge wie Lawende überlegen können, noch hätten weitere Zeugen auftauchen können. Was ich sagen will, alle Umstände und Reaktionen reichten Swanson wahrscheinlich aus, irgendwann ein Urteil fällen zu können und sei es ein nur recht persönliches. In seiner Rechnung, konnte irgendwann nur "Kosminski" der Täter gewesen sein. Aber er hatte nichts in der Hand, den Mann verurteilen zu lassen. Er hat es vielleicht akzeptiert und Anderson hat es frustriert.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 19.01.2011 19:52 Uhr
Nabend Lestrade.

Ich stimme eigentlich in fast allen Punkten mit dir überein und halte Schwartz selbst nicht wirklich für einen geeigneten Zeugen. Auch wenn ich sagen muss, dass es ziemlichen Spaß gemacht hat, ein Szenario zu entwerfen, dass ihn ins Zentrum rückt, wobei ich natürlich so wie alle Ripperologen vorgegangen bin, die ihre These mit Gewalt durchpressen wollen, indem ich gewisse Dinge, die eindeutig gegen diese Auslegung der Ereignisse sprechen, einfach ignoriert habe. Denn wenn man sich die Aufzeichnungen jenes Abends in der Berner Street ansieht, dann gibt es im Zusammenhang mit anderen Zeugenaussagen recht gewichtige Indizien, die darauf hindeuten, dass das Ganze zeitlich so nicht abgelaufen sein kann. Bei Lawende sehe ich es ebenfalls ziemlich ähnlich, er ist für mich nach allem, was wir wissen, der wahrscheinlichste Kandidat für den geheimnisvollen Zeugen. Was die Zweifel an seiner Zeugenschaft betrifft, so scheinen wir ebenfalls recht ähnliche Ansichten zu haben, aber in Ermangelungen von jemandem, der den Ripper auf frischer Tat erwischte, kommt er dem Tatzeitpunkt im Fall Eddowes mit seiner Aussage so nahe, dass es schwer vorstellbar ist, dass in den 10 Minuten, die zwischen Sichtung und Leichenfund verstrichen, Eddowes noch einen weiteren Mann getroffen haben könnte. Vieles spricht also dafür, dass Lawende Eddowes wirklich mit dem Ripper gesehen hat (vorausgesetzt wir akzeptieren, dass es ihm aufgrund der Kleider von Eddowes wirklich gelungen ist, sie zweifelsfrei zu identifizieren. Ich hab mir die Beschreibung ihrer Klamotten noch einmal angesehen und muss sagen, so unauffällig waren die gar nicht, was durchaus ein Indiz sein könnte, dass ihm da einige Details wirklich sehr lebhaft in Erinnerung geblieben sein könnten). Als einzige Alternative zu Lawende bliebe dann nur noch Levy, aber wenn ich im Jahre 1888 Polizist gewesen wäre, hätte ich wohl meine Hoffnungen nicht auf ihn verschwendet. Im Hinblick auf eine mögliche Szenarienentwicklung wäre Levy natürlich interessanter, weil sein Verhalten, wertfrei ausgedrückt, schon etwas merkwürdig war, da böten sich einige interessante Möglichkeiten. Eventuell sahen das einige Ermittler damals ja auch ähnlich und Levy wurde abseits des Rummels noch einmal ins Gebet genommen. Aber wenn er weiter bei seiner Geschichte blieb und behauptete, er habe seine Bemerkung nur ganz allgemein gemeint und keineswegs auf ein spezifisches Individuum bezogen, dürfte ihm Gegenteiliges nur sehr schwer nachzuweisen gewesen sein, weshalb Bemühungen in die Richtung, sofern sie überhaupt je vorhanden waren, schnell eingestellt worden sein dürften. Nein nein, wenn ich Polizist zu dieser Zeit gewesen wäre, hätte ich mich an Lawende gehalten. Ein weiteres Indiz dafür, wie ernst die Ermittler Lawendes Sichtung nahmen, könnte sein, dass während des Inquests niemand so erpicht darauf war, Lawende eine genaue Beschreibung seines Mannes abgeben zu lassen. Da die Inquests von den Zeitungen recht detailiert wiedergegeben wurden, wollte man vielleicht nicht, dass der Verdächtige sich in Lawendes Beschreibung wiedererkennt und sein Aussehen verändert, oder man wollte vermeiden, dass die Öffentlichket ganz allgemein eine Beschreibung erhielt. Letzteres ist durchaus vorstellbar, wenn man bedenkt, was beinahe mit John Pizer passiert wäre. Und wenn da nachts jemand, der Lawendes Beschreibung ähnelt, durchs East End gelaufen wäre... Puh, hätte böse ausgehen können.

Ich habe mich mal der Hoffnung hingegeben, Lawende als Zeuge könnte eventuell einen Hinweis darauf geben, wann die Indentifikation über die Bühne gegangen sein könnte. Inzwischen, nach einigen weiteren Überlegungen in die Richtung, bin ich da aber wieder skeptisch. Mein Gedankengang ging in die Richtung, dass es Lawende nicht gelang, 1891 Saddler zu identifizieren, weshalb ich annahm, die Identifikation im Seaside Home müsse später stattgefunden haben, da man ihn nach der Schlappe im SH wohl kaum noch als Zeugen gegen Saddler verwendet haben dürfte. Aber genau da bin ich mir nicht mehr so sicher... Bestimmt dürften die Ermittler nach der Seaside Home-Sache entsprechend geladen gewesen sein und Lawende insgeheim verwünscht haben.... aber was ist, wenn sich danach ein Verdacht, wenn auch vielleicht unbegründet, gegen Saddler ergab und sie ihre Meinung über Lawende überdachten.... Eventuell hat der hybride Deutsche damals ja doch gut daran getan, den Verdächtigen nicht zu identifizieren. Das könnte ihn in Polizeikreisen dann doch schnell wieder ins Spiel gebracht haben.

Ich würde so gerne mal eine Theorie aufstellen, die ich nicht zwei Wochen später wieder selbst widerlegen kann.  :biggrin:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 19.01.2011 23:35 Uhr
Wahrheiten findet man in den Mißgeschicken, die einen widerfahren...

Guten Abend Craddy!

Lawende seine Beschreibungen waren ja stets etwas unterschiedlich, meine ich mich zu erinnern. Da könnte natürlich polizeiliche Taktik eine Rolle gespielt haben, muss aber nicht. War nicht Smith von der City Police der Meinung, dass die deutsche Mixtur gar einen jungen Mann als Verdächtigen gesehen haben wollte?  Aber wer weiß, ob wir vom gleichen Zeugen ausgehen dürfen. Ich tendiere allerdings dazu. Falls es Lawende war, dann hatte nicht nur die MET, sondern auch die City Police einen guten Kontakt zum Zeugen. Warum allerdings dann die MET den Verdächtigen abholte und auch wieder zurück zum Bruder brachte (wo er dann ja von der City Police überwacht wurde), um ihn so zwischendurch Lawende vorzustellen und die City Police dabei außen vorließ, entbehrt für mich jegliche Logik. Sie hatten ja gemeinsam diesen Zeugen. Warum auf einem Mal diese Geheimniskrämerei unter den beiden Polizeieinheiten? Ich glaube schon, dass Lawende ein wichtiger Zeuge war, der ernstgenommen wurde und auch ehrlich und vertrauenswürdig war aber er war sich ja keinesfalls sicher, ob er den Mann wiedererkennen würde. Auch das erscheint mir sehr glaubhaft. Und vorallem der Fakt, ob man einen Zeugen nochmals und wiederholt einlädt, wenn man weiß, es ging schon einmal in die Hose. Lawende könnte vielleicht später 1-2 mal bestätigen, wer es bei ähnlichen Verbrechen eben nicht war und somit den "Verdächtigen" Kosminski weiter schwer belasten. Mir kommt es eher so vor, als ob die MET da einen ganz speziellen Zeugen in petto hatte oder dieser ganz urplötzlich auftauchte und es somit zu einer spontanen Gegenüberstellung kam, nachdem der Verdächtige vielleicht bereits mehrere Tage von der City Police überwacht wurde. Ich kann immer noch nicht glauben, dass bei einem wirklich starken Verdacht, es sofort zu einer Gegenüberstellung hätte kommen müssen. Was macht dies für einen Sinn? Misslingt so etwas, wäre der Täter doch gewarnt. Es wäre doch kein Problem gewesen, ihn so lange zu überwachen, bis er wieder aktiv wird. Denke ich... Selbst ein Line- Up hätte nur Sinn gemacht, wenn da ein Zeuge gewesen wär, der sich absolut sicher gewesen wäre. Diesen Eindruck erweckt Lawende nicht... deshalb bin ich gerne gegen ihn... muss ja nicht stimmen... Lawende wurde vielleicht einmal in die Nähe dieses Verdächtigen gebracht... ohne Erfolg, war nicht gegen aber auch nicht für den Mann, den er da anschauen sollte...
Bliebe immer noch ein Mann wie Schwartz oder einer der beiden anderen Mann aus der Berner Street. Darunter auch ein Typ wie vielleicht Nathan Shine. Und ganz besonders bemerkenswert Hutchinson, obwohl er nicht als dieser Zeuge in Frage käme. Gehen wir davon aus, dass Hutch die Wahrheit sagte, dann hätte er doch jederzeit den Verdächtigen identifizieren können. Er hatte die beste und detaillierteste Beschreibung, die man sich nur vorstellen kann, abgegeben. Immerhin hatte er ihn ja auch einige Tage später in der Middlesex Street erkannt. War wohl nicht der Fall, Hutch als Zeuge. Aber dieser jüdische Mann, falls er nicht der Täter war, wäre doch ein sehr geeigneter Zeuge gewesen oder?  Meiner Meinung nach war er ein bißchen zu pinkelhaft für den Mann, den ich suchen würde.
Aber man weiß ja nie...
Stell dir vor, ein Mann jüdischen Glaubens aber etwas höheren Standes, macht sich eine schönen Abend in einer Gegend, wo er leicht Prostituierte finden kann aber wahrscheinlich keine Verwandten oder Bekannten treffen wird. Vielleicht auf dem Wege nach Hause oder in ein Hotel, trifft er die attraktive Kelly. Sie überredet ihn, mit ihr zu kommen. Gesagt, getan. Jetzt sind sie bei ihr, er kann sich nicht durchringen seine Gemahlin zu bescheissen, Kelly selber ist schon müde, nach dem Motto "Jetzt oder nie" entscheidet man sich für´s Verabschieden. Der Mann, verunsichert durch seine eigene Zögerei, verläßt den Miller´s Court und vergisst vor lauter Aufregung seine Tabak- Pfeife bei Kelly. Beim Verlassen des Courts, trifft er auf einen Mann, den er wenig Aufmerksamkeit schenkt, andersherum kann es anders gewesen sein. Nach einiger Zeit merkt er "Halt, meine Pfeife ist weg" und dreht um. Er betritt erneut den Miller´s Court und bemerkt Licht in Kelly´s Zimmer. Und das, obwohl Sie schlafen gehen wollte. Anstatt zu klopfen, schaut er vorsichtig durch´s Fenster. Was er sieht, läßt sein Blut in den Adern gefrieren. Er erkennt jedoch den Mann wieder, den er beim ersten Verlassen des Miller´s Court gesehen hatte. Schockiert flüchtet er. Der Mann in Kelly´s Zimmer hat ihn nicht bemerkt. Der Zeuge schafft es ein paar Tage auf den Beinen zu bleiben. Dann erfährt er von der Beschreibung Hutchinsons und erkennt sich darin ja auch selber wieder. Traumatisiert von den Ereignissen, bricht er zusammen und gönnt sich eine Kur, vielleicht außerhalb von London. Nach kurzer Erholung, entschließt er sich dazu, bei der nächsten Polizeidiensstelle, Kontakt zu den Beamten im Jack the Ripper Fall aufzunehmen. Dieser Kontakt wird vermittelt. Er bittet um absolute Diskretion (aus ganz persönlichen Gründen). Swanson selbst erkennt die Wichtigkeit und Dringlichkeit bei diesem Zeugen und fährt schon einmal vor. Als er sich den Ausführungen des Zeugen sicher ist und er alle Bedingungen des Zeugen akzeptiert, veranlasst er, dass der Verdächtige, den bereits der PC der City Police vom Habitus wiedererkannt haben wollte, umgehend zur Identifizierung gebracht wird. Ein Mann vielleicht, der ohnehin im Raster der Polizei liegt. Zu den Bedingungen des Zeugen könnte gehört haben, das er nur mit Swanson und 2-3 MET Beamten kommunizieren möchte. So bleibt die City Police außen vor. Zu allen Schrecken bekommt der Zeuge mit, dass dieser Verdächtige auch Jude ist und hat nun entgültig die Schnauze voll. Er zieht alles zurück. Der Verdächtige selbst hat den Zeugen als denjenigen erkannt, den er im Miller´s Court getroffen hatte. Der Zeuge war auch sicherlich nicht zu übersehen. Hutch ging es ja genauso. Der Verdächtige wird zurückgebracht, den City Observierern erzählt man irgendetwas aber vorallem das, den Verdächtigen auf keinen Fall aus den Augen zu lassen. Anderson ist fortan auf Swanson sauer, nicht so direkt, mehr im stillen Kämmerlein, weil der so übereilig gehandelt hatte. Anderson beschreibt das später als "and the traditions of my old department would suffer ", etwas, das Swanson vielleicht wunderbar ignorieren konnte. Indem er Anderson imaginär erklärte, das der Zeuge so oder so gestrauchelt wäre und der Täter keine Sekunde mehr in Freiheit war und auch recht zeitig in´s Gras biss. Maul zu, Affe tot. Kam keiner mehr zu schaden.
Es scheint mir, Swanson und Anderson waren genauso solche Spinner wie Lestrade und Craddock.

Gute Nacht, jetzt wird es selbst mir zu blöd...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 20.01.2011 22:47 Uhr
Es scheint mir, Swanson und Anderson waren genauso solche Spinner wie Lestrade und Craddock.

Da könnte was dran sein, mal sehen, ob uns noch jemand den McNaghten macht. Andererseits, was will man schon erwarten von Leuten, die sich als Usernamen die beiden wohl unfähigsten Beamten der englischen Kriminalliteratur aussuchen...

In wie weit Lawende in seiner Beschreibung schwankte, weiß ich jetzt aus dem Stehgreif gar nicht, Tatsache aber ist, dass er wohl mehrfach darauf hingewiesen hat, dass er den Mann wohl eher nicht wiedererkennen würde. Das erscheint mir schon entscheidend zu sein, vor allem vor dem Hintergrund, dass der Zeuge den Verdächtigen ja im Bruchteil einer Sekunde erkannt haben soll. Wäre das bei jemanden der Fall, der mehrfach aussagt, er bezweifle, dass er ihn überhaupt erkennen würde? Auch die übertriebene Reaktion von Anderson und Swanson passt da nicht dazu. Immerhin wurden sie in dem Fall ja von ihrem Zeugen gewarnt, also nichts da mit Jude und will nicht. Zum Alter von Lawendes Mann bin ich jetzt auch nicht sicher, könnte aber auch daran liegen, wie man einen jungen Mann definiert. Lawendes Mann war, wenn ich das richtig im Kopf habe, so um die 30. Ich kenne Smiths Ausführungen jetzt nicht im Detail, sprach der denn von einem jungen oder einem sehr jungen Mann?

Die Anzahl der Zeugen, die dem Verdächtigen gegenübergestellt wurden, beschäftigt mich auch des Öfteren. Es ist ja nicht so, dass Lawende der einzige war, der kurz vor einem Mord glaubte, eines der Opfer in Begleitung eines Mannes gesehen zu haben. Zudem wäre dann ja noch Schwartz, der, sofern man ihm glauben schenkt, Zeuge eines Angriffs auf ein späteres Opfer wurde. Gabs am Ende mehrere Zeugen, von denen nur einer bei einer Identifikation erfolgreich war? Gut möglich, allerdings bleibt dann immer noch die Frage, wer der Zeuge war und wenn man bedenkt, bei wem man sich am sichersten war, dass er wirklich den Ripper gesehen hat, dann landet man wieder bei Lawende... Es ist einfach verhext. Ein zuverlässiger und glaubhafter Zeuge dürfte Lawende auf jeden Fall gewesen sein. Allein sein Zweifel, ob er den Verdächtigen wiedererkennen würde, ist schon ein recht sicheres Zeichen, dass er wirklich angestrengt über die Sache nachgedacht haben dürfte und keineswegs leichtfertig eine Beschreibung abgegeben hat. Und genau da scheint die das Pauschalurteil von Anderson und Swanson seltsam. Sollte der unsichere Lawende am Ende wirklich wie aus der Pistole geschossen gesagt haben: "Das ist er!", wie es uns Andersons Version der Dinge weismachen will? Eher unwahrscheinlich... Lawende erscheint mir da eher als der vorsichtige Typ, der sich einen möglichen Verdächtigen genau ansieht, bevor er sich zu einem Urteil durchringt.

Neben Lawende kommt aber als möglicher Kronzeuge eigentlich nur Schwartz in Frage, oder eben einer der beiden andren Männer. Oder jemand hat den Ripper doch etwas genauer gesehen und sich bei der Polizei gemeldet, was von der aber geheim gehalten wurde... Viel zu viele Möglichkeiten. Der Zeuge wird wohl doch Hutchinson gewesen sein, und konnte den Verdächtigen daraufhin nicht identifizieren, weil der an diesem Tag seine goldene Kette nicht trug, ganz klar, so wirds gewesen sein  :biggrin:

Ach, was war die Zeit doch schön, als mein Wissen von diesem Fall einzig auf halbgar recherchierten Dokumentationen im Fernsehen beruhte und der Täter immer Druitt hieß...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 21.01.2011 00:58 Uhr
Andererseits, was will man schon erwarten von Leuten, die sich als Usernamen die beiden wohl unfähigsten Beamten der englischen Kriminalliteratur aussuchen...

Eben! Wir sind die schreibende Inkompetenz. Du glaubst auch nicht wirklich das, was du schreibst oder?

Was der Mensch nicht versteht, wiederholt er immer wieder. Ich glaube, ich schreibe hier eigentlich immer das gleiche und wiederhole mich dabei.

Swanson sah irgendwie nett aus. Deswegen glaube ich alles was er sagte. Bedingungslos. Kindisch oder?

Für mich waren alle, bis auf Swanson, ein paar verwirrungstiftende Lumpen. 

Craddy, du bist in Ordnung. Kannst bei allem auch noch über dich selber lachen.

Sind wir mit dem Thema durch? Bitte...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 21.01.2011 15:09 Uhr
Ach, solang ich schreiben glaub ich alles, erst beim Lesen hinterher wirds schwierig. :biggrin:
Ich reihe einfach nur Möglichkeiten aneinander in der Hoffnung, zumindest zwei Sätze zustande zu bringen, die irgendwie erhellend wirken könnten.
Mir gehts bei Swanson recht ähnlich wie dir, ich möchte dem wackeren Beamten so gerne glauben. Ähnlich gehts mir im übrigen mit McNaghten. Keine Ahnung warum, aber ich mag den alten Zausel irgendwie. Nach ein paar Gläschen wär der sicherlich ein interessanter Gesprächspartner, der faszinierende Geschichtchen zu erzählen hätte.
Ansonsten fällt mir zu Swanson und seiner Notiz auch nichts neues mehr ein, also denke ich, ab in ein Loch damit und zubuddeln. Naja, eins noch: Hätte das Teil nicht irgendwer verbrennen können? Anderson kann ich so schön ignorieren.  :flag_of_truce:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 21.01.2011 16:15 Uhr
Drei Männer, drei vollkommen unterschiedliche Charaktere, glaube ich. Ah ho he Swanson ist okay...

Yours MET- Hooligan. 
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Jack the Whopper am 24.01.2011 00:12 Uhr
Ahoi!
Zitat
Ich sehe allerdings ein Problem, wenn der von einem Zeugen identifizierte Mann aus der Berner Street, mit dem übereinstimmte, den der PC am Mitre Square gesehen haben will. Zwei verschiedene Orte und zwei Zeugen, die den "unschuldigen" Mann dann belasten würden.
So eindeutig finde ich die Übereinstimmungen der Beschreibungen gar nicht. Mal davon abgesehen, dass die Leute damals ja ziemlich einheitlich gekleidet waren (wenigstens im Vergleich zur heutigen Zeit). Probier es mal mit dieser Beschreibung: Junger Mann, trägt Baggy-Pants und Baseballcap, hat einen dunklen Rucksack auf dem Rücken. Und jetzt lauf mal 15 Minuten durch die Kölner Innenstadt und zähle die Personen, auf die diese Beschreibung zutrifft! :-)   Und dabei ist die heutige Mode zig mal vielseitiger wie damals...
Zitat
Bei Lawende sehe ich es ebenfalls ziemlich ähnlich, er ist für mich nach allem, was wir wissen, der wahrscheinlichste Kandidat für den geheimnisvollen Zeugen. Was die Zweifel an seiner Zeugenschaft betrifft, so scheinen wir ebenfalls recht ähnliche Ansichten zu haben, aber in Ermangelungen von jemandem, der den Ripper auf frischer Tat erwischte, kommt er dem Tatzeitpunkt im Fall Eddowes mit seiner Aussage so nahe, dass es schwer vorstellbar ist, dass in den 10 Minuten, die zwischen Sichtung und Leichenfund verstrichen, Eddowes noch einen weiteren Mann getroffen haben könnte.
Was wäre, wenn der Mann, den Lawende bei Eddowes gesehen hat, nicht ihr NÄCHSTER, sondern ihr LETZTER Kunde war? Er könnte sich schon eine Minute später verabschiedet haben...
Ich bleibe bei Schwartz als Top-Kandidat. Ich denke, dass die Polizei ihn am ehesten ernst genommen hat, weil er der einzige Zeuge war, der einen Mann gesehen hat, der eines der späteren Mordopfer nur Minuten vor dem Leichenfund atackierte... Ist natürlich nur meine Meinung, das muss also nix heißen, haha...
Macht Spaß mit euch! Bis die Tage!
Jörn
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 24.01.2011 07:42 Uhr
Morjens Jörn!

All deine Überlegungen sind nachvollziehbar. Ich bleibe dabei, Lawende war ein wichtiger Zeuge aber ob er der Zeuge war, darin möchte ich mich nicht festlegen. Wir können doch stets nur spekulieren, "wie könnte es abgelaufen sein?". Keiner aus Polizeikreisen erwähnte den Namen des Zeugen. Und ob die unterschiedlichen Beamten und Polizeieinheiten dabei immer den gleichen meinten, ist nicht erkennbar. Auf Lawende und Schwartz könnten sie gebaut haben, auf Hutchinson taten sie dies offenbar nicht. Wenigstens drei Männer hätten ihn identifizieren können . So wie Smith von der CP sich äußerte, dürfte man davon ausgehen, dass sein "Lawende" nicht identifizierte, Anderson und Swanson´s "Lawende" dies jedoch tat. Natürlich kann man verschiedene Szenarien erstellen. Vollkommen logisch erscheint keine dabei. Lässt man aber alle bekannten, möglichen Zeugen einfach heraus, könnte mit einem uns unbekannten Zeugen, auch eine gewisse nachvollziehbare Logik eintreten. Wer weiß... "Gesehen" haben ihn m.E. einfach "zu viele"...
Der PC vom Mitre Square könnte eine ihm irgendwie bekannte Person dort gesehen haben. Warum gab es eine "Verfolgungsjagd"? Sie führte ja angeblich bis in die Dorset Street, dem nächsten Tatort. Vielleicht war er sich nicht ganz sicher, ob es sich um jemanden handelte, den er möglicherweise hin.- und wieder begegnet war. Gerade dann, wenn sich jemand anders verhielt (Kragen hoch, schneller Schritt/eiliger) als er es von diesem gewohnt war.

Ich muss zur Arbeit...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: KvN am 24.01.2011 08:12 Uhr
Morgen allseits!

Lestrade wirft da mit einer Nebenbemerkung eine sehr interessante Frage auf: Warum spielt Hutchinson im Zeugenkarussell eigentlich so gut wie keine Rolle? Die Aussage vom "guten Blick" den der Zeuge auf den Ripper werfen konnte trifft ja auf ihn am ehesten zu, zumindest im direkten Vergleich mit Lawende und Schwartz. Und er hörte den Verdächtigen reden, sah wie sich bewegte, alles Dinge, die die Chancen auf ein Wiedererkennen ja wohl steigern. Und Abberline bewertete seine Aussage als glaubwürdig...

Grüße
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 24.01.2011 21:59 Uhr
Nabend Kurt!

Vielleicht war Hutchinson einfach sturzbetrunken und stalkte Kelly leise im Suff hinterher. Seine Erinnerungen könnten sich im Nachhinein als sehr verfahren und damit fatal dargestellt haben, ohne dass er dies selber so wollte oder einschätzen konnte. So könnte sich seine Zeichnung sehr übertrieben darstellt haben, gemixt aus Details einer durchzechten Nacht, hier und da eingefangen. Demzufolge muss seine, "feine, jüdische Erscheinung", nicht unbedingt so glitzernd ausgesehen haben, wie er selber im nüchternen Zustand glaubte. Vielleicht sah er auch nicht so "bescheiden arbeiterhaft" aus, wie der, welchen Schwartz und Lawende gesehen haben wollten. Ich denke, wenn der Mann, den Hutchinson bei Kelly sah der Mörder war, dann sah dieser Mann eben nicht ganz so bescheiden aus wie bei Schwartz oder Lawende, war aber eben auch kein Nachkomme von den Rothschilds... Möglich, das alle drei den gleichen Mann sahen aber einer eben mit einer Birne voll Alk... Stellt euch vor, ein Mann wird identifiziert, das Ding schlägt fehl und dann soll die Polizei einen weiteren Zeugen beanspruchen, der einen mitdreißigen Mann in feinem Zwirn gesehen haben will und sie selber haben einen Verdächtigen, der zerlumpt und mit einem deutlich anderen Alter vor ihnen sitzt. Welchen Richter wollen die vormachen, dass dies irgendwie passt? Das er allerdings selber zur Polizei ging, könnte aussagen, dass ihm wirklich etwas aufgefallen war. Mein Tipp, Hutchinson sah den Ripper, könnte aber dabei unter deutlichen Alkoholeinfluss gestanden haben.
Von Schwartz und Lawende bin ich überzeugt, dass beide ihn sahen. Schwartz ging auch von allein zur Polente, glaube ich oder? Sodann hat er auch etwas wichtiges beobachtet. Ich glaube ihm die Beobachtung von zwei Männern aber ob er sich vor lauter Schiss und "schnell heim zu Mami (Frau)" wirklich an den genauen Ablauf erinnern konnte oder gar wollte? Sein Mut schien ihn zumindest in jener Situation verlassen zu haben aber auch im Nachhinein? Und dann erneut schon wieder??? Allerdings ist Schwar(t)z ein schöner deutscher Name... Mein Tipp, Schwartz sah den Ripper (erster Stride-Angreifer) aber ein Zeuge, der vom Tatort abhaute, konnte der vorm Gericht standhalten?
Lawende fand man, berichtigt mich bitte falls es nicht stimmt, bei der Haus- zu Haus Suche. Klar sah er etwas aber er schien mir nicht ein "Herr Lehrer ich weiß was" Typ gewesen zu sein. Tiefstapler, zu viele Kinder, weitergehen, nichts gesehen. Mein Tipp, Lawende sah den Ripper wollte ihn aber nicht unbedingt wiedererkennen. Mein "Name ist Hase" Zeuge und ein Zögerer vor Gericht und das noch bei einem verdächtigen Glaubensgenossen?
Mein Tipp: Der zweite Mann den Schwartz in der Berner Street sah, könnte den Ripper vertrieben haben und ein tatsächliches Face to Face mit ihm erlebt haben. Trug er selbst ein Messer bei sich, wäre ein Flucht gerechtfertigt gewesen, gerade wenn er zusätzlich noch die Geräusche eines Diemschütz- Geschützes vernommen hätte. Schwartz hätte ihn aber entlasten können. Solch ein Zeuge, der sehr schnell selber als Täter in Frage käme, bedarf einer besonderen Sorgfalt. Die könnte ihm Ripperfall in Anspruch genommen und der Zeuge deshalb auch geheim gehalten worden sein.

Ja, wieder einmal ein Szenario...

Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 24.01.2011 23:00 Uhr
Juhu, im Swanson Thread ist wieder Leben, was für eine Freude...

Morgen die Herren!

Ich gewinne allmählich den Verdacht, dass wir, was Hutchinson angeht, eventuell ein bisschen auf dem Holzweg sind. Nachfolgender Link führt zu einem überaus interessanten Artikel von Stewart Evans, in dem dieser die Hutchinson Aussage analysiert und sie vor allem dem gegenüberstellt, was dann später in der Presse als Hutchinsons Aussage wiedergegeben wird - und das ist nicht dasselbe: Klick! (http://www.casebook.org/dissertations/rn-witness.html)

Verblüffend ist vor allem, dass Evans Hutchinsons Aussage im Gegensatz zu uns als ungenau definiert (wenn auch nicht im Bezug auf die Beschreibung), was wohl deutlich zeigt, wie weit unser Wissen und unsere Anschauung von dem entfernt ist, was einem ausgebildeten Polizeibeamten eigen ist. Auch hinsichtlich des Geheimhaltens von Seiten der Polizei bin ich skeptisch. Denn wir gehen da wohl auch viel zu sehr von heutigen Praktiken aus, wo gerne mal eine Täterbeschreibung an die Öffentlichkeit gegeben wurde. Im Jahr 1888, und speziell bei der englischen Polizei, scheint es aber viel eher Usus gewesen zu sein, grundsätzlich alles geheim zu halten. Selbst die Informationen, die während der Inquests an die Öffentlichkeit gelangten, schienen den Polizisten eher Bauchschmerzen zu bereiten.

Hutchinsons Beschreibung sah wohl in Wirklichkeit eher so aus:
"Description age about 34 or 35, height 5 ft 6."
"complexion pale, dark eyes and eye lashes, slight moustache curled up each end and hair dark, very surley [sic] looking..."
"dress long, dark coat, collar and cuffs trimmed astracan [sic] and a dark jacket under, light waistcoat, dark trousers, dark felt hat turned down in the middle, button boots and gaiters with white buttons, wore a very thick gold chain, white linen collar, black tie with horse shoe pin, respectable appearance, walked very sharp..."

Keine buschigen Augegenbrauen. Kein rotes Irgendwas an der Goldkette. Kein diabolischer Blick. Alles Dinge, die erst später in der Pressemeldung erwähnt werden. Und die Beschreibung, die die Presse erhielt, wurde erstaunlicherweise von der Polizei herausgegeben, wobei lediglich die jüdische Erscheinung in ausländisch verändert wurde (wohl aus demselben Grund, weshalb das GSG weggewischt wurde). Die übermäßigen Details, die den von Hutchinson beschriebenen Mann so sehr nach Erzbösewicht mit guter Herkunft erscheinen lassen, wurden der Aussage erst in der Presseversion hinzugefügt, wie es aussieht. Und die Tatsache, dass von Seiten der Polizei die Geheimhalteregel umgangen wurde und eine Beschreibung des Mannes an die Presse weitergegeben wurde, deutet insgesamt wohl eher darauf hin, dass die Aussage in Wahrheit wohl sehr, sehr ernst genommen wurde. Insgesamt würde ich jedenfalls sagen, dass der von Hutchinson beschriebene Mann gar nicht mehr so ungewöhnlich ist... eher jemand, der sich ein bisschen herausgeputzt hat, aber auch nicht allzu sehr... jemand, den ich eher als "shabby genteel" beschreiben würde....

Edit: Ich hab den Artikel jetzt selbst noch mal durchgelesen und muss mich in einem Punkt korrigieren: Die Beschreibung wurde wohl nicht von der Polizei rausgegeben, sondern von Hutchinson selbst der Presse mitgeteilt. Im Kern bleibt aber alles so, wie oben. Die Aussage war für die Polizei wichtig und Hutchinsons Beschreibung ist nur in den Zeitungen seltsam.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 25.01.2011 09:02 Uhr
Danke Craddock!

Meines Wissens wurde Hutch`s Aussage stets etwas abqualifiziert, weil die Detailgenauigkeit Argwohn erweckte. Wenn sich aber nun herausstellt, dass die Überspitztheit seiner Beschreibung auf das Konto der Presse geht, steht die ganze Angelegenheit wahrlich in einem ganz anderen Licht. Schön, dass Du der Sache mal nachgegangen bist und uns somit wieder Raum für weitere Spekulationen verschafft hast.

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 25.01.2011 10:28 Uhr
Die Herren!

@Craddock:

Kannte ich schon aber vielen Dank für´s alles drumherum. Etwas "herausgeputzt", darauf wollte ich ja hinaus. Ich glaube Hutchinson, Schwartz und Lawende und denke, dass einer der letzten beiden tatsächlich noch wenigstens 2mal für die Polizei "identifiziert" hat.

Gab es nicht auch den Vorfall eines weiteren Zeugen, der gefunden wurde und aus der Berner Street stammte? Ich meinte dies mal vor langer Zeit irgendwo gelesen zu haben. Zusatzinfos waren aber nicht vorhanden. Schwartz sagte ja aus, beide Männer die er sah, kamen aus der gleichen Schicht. Demzufolge wäre ein weiterer jüdischer Zeuge neben Schwartz und Lawende möglich.

Nehmen wir an, ein ganz anderer als die genannten drei Zeugen identifizierte "Kosminski", warum griff die Polizei nicht danach noch auf alle oder wenigstens auf einen davon zurück?

Verdächtiger und Zeuge, könnten eine sehr geheime Angelegenheit gewesen sein. Niemals zu der Zeit, erwähnte man irgendwo eine Identifikation. Außer Anderson und Swanson in späteren Jahren. Diese ganze Seaside Home Geschichte, wurde meines Erachtens von Anfang an und auch danach kleingehalten. Eine kleine Gruppe Männer ist dabei, als ein Zeuge den möglichen Ripper wiedererkennt. Und nicht viele Informationen verlassen diese Gruppe. Die Gründe, liebe Freunde, die Gründe dafür, würde ich gerne kennen.
Laut meines Idols Dony Swanson, wollte der Zeuge, konnte aber nicht. Warum macht man sich nicht den anderen Zeugen gegenüber locker? Was war da so sonderbares (okay, er war ohnehin sonderbar) an dem Verdächtigen? Gab es da etwas an dem, was die anderen Zeugenaussagen abqualifiziert hätte aber einen Zeugen in dieser Hinsicht so unersetzbar machte?
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 25.01.2011 21:21 Uhr
Peace!

Nehmen wir an, ein ganz anderer als die genannten drei Zeugen identifizierte "Kosminski", warum griff die Polizei nicht danach noch auf alle oder wenigstens auf einen davon zurück?

Das ist, neben den widersprüchlichen Aussagen der Beamten, der Punkt, der mich auch am meisten beschäftigt. Es ist ja nicht so, dass ein Mangel an Zeugen bestanden hätte, im Gegenteil. Und es sind ja auch nicht nur Schwartz, Lawende und eventuell Hutchinson. Elizabeth Long hat ja ebenfalls einen Mann mit Chapman gesehen und das, wenn sie sich nicht vertan hat, recht kurz vor der Tat. Genug Zeugen, auf die man, falls einer davon umkippen sollte, zurückgreifen könnte. Aber geschieht dergleichen? Nach allem, was wir wissen, nicht. Das legt natürlich schon den Verdacht nahe, dass der Verdächtige eventuell auf keine Beschreibung gepasst hat, außer auf eine. Oder von einem gewissen Zeugen unbekannter Identität bei etwas beobachtet wurde, das darüber hinausgeht, mit einem Opfer vor der Tat irgendwo gesehen worden zu sein.

Ich wüsste neben all dem auch ganz gerne, welche Polizeieinheit für die Gegenüberstellung denn nun wirklich verantwortlich war. Die MET? Oder doch die City Police, was vor dem Hintergrund, dass der Verdächtige nach der gescheiterten Identifikation von dieser überwacht wurde, mehr Sinn machen würde? Denn wieso sollte die City Police einen Verdächtigen der MET überwachen, überhaupt wenn man bedenkt, wie sehr die in dieser Angelegenheit auf Geheimhaltung bedacht waren? War eine der beiden Seiten eventuell nur Zaungast? Oder wurde hinterher und da auch nur sehr schwammig unterrichtet?
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 25.01.2011 22:58 Uhr
Na ich denke folgendes: Die City Police observierte jemanden, den die MET dann zur Gegenüberstellung in´s Seaside Home brachte. "Sent by us" schrieb Swanson doch und danach ging es wieder zurück in´s Haus des Bruders, da wo er wohl auch herausgeholt wurde. Die City Police observierte ihn dann danach weiter. Solange, bis er in´s Arbeiterkrankenhaus ("Geschlossene" vermute ich), mit auf dem Rücken gefesselten Händen kam. Doch möglich, dass der Zeuge der MET etwas beschrieb, woran die Beamten erkannten "Moment, so einen hat doch die City Police unter Observation". Die Gründe, warum die City Police diesen Mann genauer observierten, könnten ja doch u.a darin gelegen haben, dass ihr PC vom Mitre Square, da jemanden wiedererkannt hatte. Wie der sich auch immer verdächtigt gemacht hat.
Wäre allerdings sehr skurill, die City Police kommt mit ihrem Zeugen nicht weiter und die MET mit ihren auch nicht. Nur merkwürdig wäre diese Vorgehensweise schon... Oder aber, die City Police erwähnte nichts gegenüber der MET aber irgendeiner hielt nicht dicht und die MET erfuhr es und holte sich einfach den Verdächtigen und mussten ihn reuig wieder zurückbringen. Zur Schadenfreude der City Police Beamten. Wäre eine Farce aber auch dies halte ich für möglich... 
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 25.01.2011 23:16 Uhr
Ich will PC Harvey ja nicht mies machen aber erlebte seinen Dienst ja auch nur bis Ende Mai 1889 bei der City Police. Aus unbekannten Gründen war er mit einem Mal nicht mehr dabei. Er könnte in solch einem Szenario die Plaudertasche gewesen sein. Und die MET zog ihren "Trumpf" aus dem Ärmel...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 25.01.2011 23:31 Uhr
Interessantes Szenario. Muss ziemlich lustig anzusehen gewesen sein. Die sitzen die City-Jungs rum und müssen zusehen, wie die MET Mannschaft aufmarschiert und mal so mir nichts, dir nichts ihren Verdächtigen abholt. Vielleicht war die Zusammenarbeit auch besser, wer weiß es schon. Die City Police könnte es zuerst mal mit ihrem Zeugen versucht haben (Lawende) und, als das nix wurde, der MET vorgeschlagen haben, dass sie ihren Verdächtigen zur Verfügung stellen. Grundsätzlich denke ich mal, wollten beide den Irren von der Straße haben. Wär bestimmt ideal, wenn man selbst derjenige wäre, der ihn überführt, aber hey: Immerhin hat die City den Verdächtigen überhaupt erst aufgetrieben. Eventuell dauerte es auch ein wenig, bis die City sich erweichen ließ, was Swansons "Schwierigkeiten" erklären könnte. Der Verdächte wurde ja auch nicht "brought" sondern "sent". Vielleicht hat die City Police den Verdächtigentransport übernommen, weil sie "ihren Mann" auch nicht so einfach abgeben wollten.

Ich sollte wirklich über einfachere Dinge in dem Fall nachdenken, wo es keine Widersprüche gibt. Wie das GSG zum Beispiel oder MJK´s Todeszeitpunkt...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 26.01.2011 09:58 Uhr
Wenn wir so weiter machen, dann liefern wir dem TV noch eine gute Vorlage für eine Daily Soap!

Inspektor Craddock und Inspektor G. Lestrade allein im "Fall". :mocking:

Agatha Christie und Arthur Conan Doyle würden sich im Grabe umdrehen.

Miss Marple und Sherlock Holmes würde man vielleicht eher zusammen sehen wollen aber was soll´s.

Ich schreib gleich noch etwas...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 26.01.2011 11:05 Uhr
Bleiben wir ruhig bei diesem Szenario...

Die City Police wurde direkt in der Serie ja durch den Fall Eddowes betroffen. Natürlich werden sie sich schon vorher damit befasst haben, denn die anderen Morde passierten bekanntlich vor ihrer Tür. Wie ich hier kürzlich erfuhr, arbeiteten City Police und die MET doch intensiver miteinander als urprünglich von mir angenommen. Dies war eine wichtige Information.
Nach wie vor denke ich, dass die MET bestimmte Charaktere suchte und vielleicht auch ganz bestimmte Personen, wie einige Irre auf freien Fuss. Davon dürfte die City Police gewußt haben. Nun kam es auf ihrem Gebiet durch Eddowes gar zu einem wichtigen Polizeizeugen, den PC nahe Mitre Square. Er sah in der Nähe des Tatortes und des Tatzeitpunktes möglicherweise einen Mann und gar vielleicht bei irgendwelchen auffallenden Handlungen. Möglich, dass dieser Mann ihm auch bekannt vorkam, vom sehen her etc. So in der Art eben.
Mit dem Fall Eddowes, beginnt nun die City Police damit, intensiver zu ermitteln. Ältere Ereignisse werden noch einmal geprüft, Orte, wo Prostituierte arbeiten genauer unter die Lupe genommen, Befragungen durchgeführt, eben alles auf den Kopf gestellt. Ein gewisser Ehrgeiz entbrennt, damit auch die Fälle, in denen die MET nicht vorankam, mitgelöst werden können. Auf jeden Fall finden sie einen Mann, der dem Muster entspricht, welches die MET verfolgt. Der PC vom Mitre Square wird unauffällig hinzugezogen und bestätigt, dass diese Person diejenige war welche oder zumindest diesen sehr, sehr ähnlich. Dies wäre ein guter Anfang. Die Observation beginnt. An dieser Stelle tritt für mich dann Sagar´s Butcher´s Row Verdächtige auf den Plan. Sagar (City Police) fühlt sich für mich ähnlich sicher an wie Swanson. Und sein Mann kam, genau wie Swanson seiner, in eine Anstalt. Bemerkenswert. Inwieweit diese Observation auf Cox (ja ebenfalls City Police) passt ist schwer einzuordnen, zumindest für mich aber Cox entledigte sich einer sehr interessanten Bemerkung. Er sagte sinngemäß (ich schreibe es mal aus meinen Erinnerungen), dass die Beschreibungen des Ripper´s durch Zeugen, nichts mit seinem tatsächlichen Erscheinungsbild zu tun hatten. Nun ja...
Tatsächlich könnte nun die City Police angenommen haben, ihr observierter Mann könnte Jack the Ripper sein. Vorhandene Zeugen hin oder her, Verdächtigen beobachten und auf frischer Tat ertappen, wäre ein logisches Motto gewesen. Hutchinson könnte angehalten worden sein, seine Ausschau nach dem Täter zu beenden. Dies muss nicht freundlich erfolgt sein, so dass er bestimmte vorsprechenden Herren, für ganz große Nummern hielt und später meinte, die Sache betraf höhere Kreise, was so aber eben nur eine falsche Annahme war. Hutchinson könnte zusätzlich, aufgrund seiner Sichtungsüberzeichnung, als eh vorsichtig betrachtet worden sein. Andere Zeugen, wie Lawende oder Schwartz, blieben vorerst in der Warteschleife.
Trotz aller Zusammenarbeit zwischen beiden Einheiten, könnte es ja auch Geheimnisse gegeben haben oder man machte einander unrichtige Angaben oder war hier und da nicht ganz aufrichtig. Kommt immer darauf an, was man wie formuliert oder ausdrückt. Offiziell könnte die MET garnicht erfahren haben, dass die City Police jemanden observierte, den gar ein eigener PC wiedererkannt haben wollte oder in einer einfachen Variante, die MET wußte nicht genau, wo dieses die City Police nun tat. Wie auch immer. Mißtrauen baut sich immer weiter auf und könnte sogar auf Gegenseitigkeit beruht haben. Man kann nicht gänzlich ausschließen, dass die MET einen wichtigen Augenzeugen der City Police gegenüber nicht nannte. Ich halte viel von der englischen Polizei, damals wie heute aber die Engländer besitzen so ihren eigenen Stolz. Die MET hatte mehr Druck, 4 Morde auf ihrem Gebiet, die City Police hatte "nur" einen Mord und vielleicht zuerst eine heiße Spur, die sie auch richtig angingen. Die MET könnte unter dem Druck versagt haben, wiegten sich mit ihrem Zeugen in Sicherheit und hatten somit auf Sand gebaut. Durch solch eine unüberlegte Handlung hätte man jegliche weitere Ermittlungen zerstören können. Wenn in Wirklichkeit solch ein Szenario stattgefunden hätte, beide Einheiten jeweils einen Zeugen von verschiedenen Tatorten einbringen konnten aber am Ende durch Egoismus gegenseitig über ihre Füsse gestolpert wären, dann könnte dies einige Geheimniskrämerei im Fall erklären. Gerade wenn die City Police nichts von einer positiven Identifikation erfahren hätte, sich lediglich denken konnten, dass es eine Gegenüberstellung gab, die nichts brachte, den der Verdächtige kam ja wieder zurück. Und dann wandert der Verdächtige in eine Anstalt und wird für "Wahnsinnig" erklärt... Eine gewisse Agony und Handlungsunfähigkeit macht sich zu der Zeit breit... Trotz gewisser Unwissenheit über bestimmte Dinge, sind einige City Police Beamte wie Sagar der Meinung, der Täter wurde zumindest weggesperrt, genauso wie Swanson und Anderson es von der MET berichten.
Alles in allem ist es möglich, dass City Police und MET, sich mächtig in die Parade fuhren und die MET, in James Bond Manier, einen Verdächtigen der City Police "entführten". Dies alles könnte nur ganz wenige Personen betroffen haben. Wenn dann dieser gemeinsame Verdächtige, nach solchen Ereignissen, danach innerhalb "ganz kurzer Zeit" geschlossen weggesperrt wird, vielleicht noch auf Anraten von Freunden oder Familie, was bleibt dir da als Beamter an Spielraum? Noch weitere Männer wie Lawende, Schwarz oder Hutchinson mit hineinzuziehen? Wie würde man dem Gericht oder die Öffentlichkeit dies erklären wollen? Dieses hin- und her eben all dies soeben geschilderte? Insgesamt würde ich das in jeglicher Hinsicht, für alle Beteiligten, als "verspekuliert" betrachten. Wie ich schon einmal erwähnte, die Ereignisse könnte sich nach Kelly bei der Polizei überschlagen haben und endeten "nur" mit der sicheren Verwahrung eines Mannes namens "Kosminski", der sich nur dadurch dem Galgen entzog, weil man es nicht fertig brachte, ihn gemeinsam in eine Falle zu locken. Wenn Swanson und mich nicht alles täuscht, dann war dem Ripper wenigstens kein weiteres, längeres Leben mehr geschenkt.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: KvN am 26.01.2011 12:15 Uhr
Hhhmmm...Alles sehr interessant, aber kompliziert. Vielleicht gab es ja auch keine Notwendigkeit, weitere Zeugen hinzuzuziehen. Die Behörden sind sich sicher über die Identität, als letztes Mosaiksteinchen fehlt nur noch die Bestätigung dass der suspect mit einem Opfer zur Tatzeit am Tatort gesehen wurde. Es kommt zur Identifizierung...Und danach geschieht eben gar nix mehr, wofür auch? In der Klapse kann man den Mörder sicher verwahren, der Ausgang der Gerichtsverhandlung wäre eventuell ungewiß. Man muss nur unter der Hand sicherstellen dass der Typ die Gummizelle nicht mehr lebend verläßt und erledigt. Ist ja bemerkenswert, dass sich der psychische Zustand Aaron Kosminskis so stabilisierte, dass fast 20 Jahre lang keinerlei Maßnahmen gesetzt wurden, keine Verlegung, keine Entlassung, gar nix...

Grüße
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 26.01.2011 13:23 Uhr
Eben Kurt!

Ich möchte Aaron Mordke Kosminski gerne akzeptieren. Zwei Einlieferungen in´s Workhouse, danach Colney Hatch aber 1894 verlegt in´s Leavesden Asylum, das ja wohl eher harmlosen Verrückten galt. Vielleicht hatte Swanson gedacht, er wäre nun verstorben ist aber in Wirklichkeit nur verlegt worden. Wir wissen nicht, wie sich Aaron Kosminski im Herbst 1888 verhielt und wie damals sein Zustand war. Vor Colney Hatch griff er ja jedenfalls noch seine Schwester an. Keiner weiß , wie der Vorfall wirklich aussah und ob er nicht doch zur Gewalt neigte. Die Behandlungsmethoden von damals kenne ich nicht, keine Ahnung ob man Colney Hatch nach ein paar Jahren und diversen Behandlungenseinheiten, vollkommen geistig tot verlassen hätte können, um in eine 0815Anstalt zu gelangen. Vieles spricht eben doch für Aaron Kosminski, sein geschildertes Leben und Verhalten vor der entgültigen Einweisung. Ähnlich würde ich es erwarten. Dann hätte er seine Serie mit der Ermordung von Kelly auch beendet gehabt (vermutlich). Dann hätte es mit dem Täter aber wirklich auch bergabgehen müssen. Wäre ja bei Aaron Kosminski gut möglich gewesen. Somit hätte die Verantwortlichen in Colney Hatch nicht erkennen können, wie der Mann wirklich einmal drauf war. Vorstellen kann ich mir das nicht aber wer weiß...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: KvN am 26.01.2011 14:49 Uhr
Nur noch eine gewagte Spekulation:

Mir geht da panopticons posting bezüglich des Verfahrens wegen des unangeleinten Hundes nicht aus dem Kopf...Der Aaron Kosminski in diesem Verfahren präsentierte sich zeitlich, örtlich und in der Sache orientiert. Wie durchgeknallt war er also wirklich? Oder war da im Hintergrund ein Deal Klapse gegen Galgen? Hätte sich doch für alle Beteiligten angeboten: Die Behörden wissen den Mörder sicher verwahrt und gehen nicht das Risiko ein (das ja lt. Anderson durchaus gegeben war) dass AK nach einem schiefgelaufenen Prozeß als freier Mann herumläuft und Kosminski kann sich sicher sein dass er nicht baumeln muss. Nach einer gewissen Zeit sagt man halt dass er gstorben is, er kommt in eine bequeme Anstalt...Schlecht kann es ihm ja nicht gegangen sein, er hat ja noch recht lang gelebt. Natürlich müsste das diskret behandelt werden, so wie´s ja auch geschah...

Grüße
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 26.01.2011 16:08 Uhr
Absolut möglich! Wenn nicht gar wahrscheinlich. Aaron Kosminski soll ja klein und schmächtig gewesen sein, sich aber in guter ,körperlicher Verfassung gezeigt haben. Vor der Überführung nach Colney Hatch bezeichnete ihn Maurice Whitfield als keine Gefahr für andere oder selbstmordgefährdet. Dr. Houchin beschrieb eine Art paranoiden Shizophrenen. Man wird allerdings den Eindruck nicht los, das Aaron Kosminski gut Englisch sprach. Eine Ewigkeit schien er noch nicht in London gelebt zu haben und für einen solchen Schwachsinnigen, der es schaffte noch eine neue Sprache zu erlernen, fällt eine totale Schwachsinnigkeit auch wieder raus. Allerdings hat er auch da jemanden plötzlich mit einem Stuhl angegriffen, genauso plötzlich wie er einst ein Messer aufhob um damit seine Schwester zu attackieren. Zuweilen war er aufgeregt und gewaltsam, lautet die Beschreibung. Meistens ruhig, zufriedenstellende Gesundheit. Also gänzlich auf der Straße gelebt haben kann er nicht, da hätte er wohl damals mehr drunter gelitten. Gerade bei seinem Geisteszutand. Scheint doch, dass er versorgt wurde. Spricht ja auch nichts dagegen. Dagegen spricht wieder, dass er wohl niemals Besuch erhielt. Gestorben ist er mit abgemagerten 44kg. Douglas meint, Täter dieser Art seien meist etwas unter oder über dem Normalgewicht. Aber wir wissen nicht, wie sich Aaron Kosminski 1888 präsentiert hatte. Die Zeugenaaussagen zielen meines Erachtens auf einen kräftigeren, untersetzten Typ mit "Round Neck" (wie auch Leather Apron). Nachdem Aaron Kosminski immer weiter in seine eigene Welt abdriftete, konnte man es riskieren, dass er verlegt werden konnte. Aber ich weiß nicht, ob man ihn bis einige Zeit vorher, als wirklich ohne Gewalt betrachten sollte. Ich weiß nicht, ob ein Mann, der soetwas angerichtet hatte, einfach jegliche Zwänge ablegen kann. Keine Ahnung welche körperlichen oder geistigen Erkrankungen, zu solch einer Entwicklung hätten führen können. Aber zugegebenermaßen, Aaron Kosminski ist der Nummer 1 Kandidat...

Dennoch, was weiß man schon über:
Maurice Kosminski, Francois Kozminski, Philip Koshminski, Louis Kosminski (alles schöne französische Vornamen), Joseph Kosminski, Samuel Kosminski, Martin Kosminski, Isaac Kosminski, Daniel Kosminski, George Kosminski, Wolf Kosminski, Abraham Kosminski, Simon Kosminski, Marks Kosominski, Harris Kominsky, Jacob Kominski, Abraham Kominski usw...?
Alles Namen, die man mit Whitechapel in Verbindung bringen kann, sei es nun früher oder später, was den Herbst 1888 betrifft. Natürlich ist dort Isaac Kosminski, der bereits 1888 in der Goulston Street gewohnt haben kann. Philip Koshminski könnte aber auch bereits zu jener Zeit in einer Straße gewohnt haben, um deren Ecke die Dorset Street lag. Andere Wohnorte lagen nahe der Hanbury Street oder Berner Street. Maurice und Louis/Lewis Kosminski lebten gar einmal in der gleichen Straße (Christian Street). Kosminski war nicht so selten wie wir vielleicht annehmen und wer weiß, wie viele noch ihren Namen änderten. In Polen gehört er zu den am weiten verbreitetsten Zunamen. Und viele Polen flüchteten nach England/London.  Klar, Swanson erwähnt Kosminski und man findet auch einen Aaron Kosminski in einer Anstalt. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es sich um die gleiche Person handelt. Aber sie ist auch nicht so schwach ausgeprägt, dass es sich nicht um einen Zufall handeln könnte.  In Regionen in Polen, wäre man damit viel vorsichtiger, vermute ich.

Aaron Kosminski, alles in allem ein Rätsel...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 26.01.2011 17:41 Uhr
Naja, ein harmloser Schwachsinniger, das ist eigentlich recht genau das Bild, das Jack the Ripper abgegeben haben könnte, wenn er erst einmal von seinen Hassobjekten isoliert war (blöd ausgedrückt, aber ich bin grad nicht in Stimmung für dichterische Höchstleistungen). Ich denke nicht, dass der Ripper grundsätzlich über ein gewalttätiges Wesen verfügt haben muss. Natürlich wird auch er die typischen Phasen mit den dazugehörigen Auffälligkeiten durchlaufen haben, aber ich bin doch eher der Meinung, dass ab dem Moment, da er seine Phantasien ausgearbeitet und beschlossen hat, sie in die Tat umzusetzen, von Auffälligkeit bei ihm keine Rede mehr sein konnte. Eventuell wirkte er auf seine Umwelt verändert, eventuell sogar auf eine positive Art und Weise. Zwar dürfte er unter entsprechenden Dampf gestanden haben, allein schon wenn man bedenkt, in welch kurzem Zeitraum er seinen Terror entfaltete, aber insgesamt dürfte ihn das eher entspannt haben. Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass dieser Mann für irgendjemanden, der weder Frau noch Prostituierte war (je nachdem, gegen welche Gruppe sich seine Abneigung oder Obsession, auch hier wieder je nachdem, richtete), in irgendeiner Form gefährlich war. Wenn er während einer der Taten überrascht worden wäre, dann hätte er wohl auch dort nur aggressiv reagiert, wenn er keine Möglichkeit zur Flucht gehabt hätte. Ansonsten hätte er wohl die Beine in die Hand genommen und Fersengeld gegeben. Nach meinem Dafürhalten hätte dieser Mann, wer immer er gewesen sein mag, nie den Mut aufgebracht, irgendjemanden direkt anzugreifen, wenn er nicht vorher gewusst hätte, dass er einen Vorteil oder zumindest das Überraschungsmoment auf seiner Seite gehabt hätte. Klar, man kann jetzt anführen, dass es einiges an Überwindung kostet, eine Frau zu würgen oder mit dem Messer anzugreifen, man kann auch ins Feld führen, dass alle Tatorte recht öffentlich waren und er jederzeit überrascht hätte werden können... Aber ich denke, die Attacken waren doch recht geschickt gesetzt, die Plätze waren zu den Tatzeitpunkten verwaist und recht dunkel und ich nehme an, er hatte seinen Blutrausch doch zumindest so weit unter Kontrolle, dass er auf äußere Einflüsse (das Geräusch sich nähernder Schritte zum Beispiel), doch recht schnell reagieren konnte. Den Stopp nach MJK halte ich auch nicht für ungewöhnlich. Ich kann mir da zwei Szenarien vorstellen:

1. Er wurde bei allen vorangehenden Morden durch irgendetwas gestört (muss nur ein verräterisches Geräusch gewesen sein), weshalb er nie das Gefühl verspürt hat, wirklich das getan zu haben, was er eigentlich tun wollte. Bei Eddowes war er dicht dran, aber perfekt war es nicht. Das gelang erst bei MJK. Dieser letzte Mord könnte seiner Idealvorstellung sehr nahe gekommen sein, weshalb sein Trieb sich eventuell vorübergehend abgekühlt haben könnte. Er konnte endlich mit sich zufrieden sein, musste nicht mehr gehetzt durch die Straßen ziehen mit dem kranken Ideal in seinem Kopf, das es zu erfüllen galt. Die Beine hochlegen. Stolz sein. Päuschen machen.

2. Nach dem letzten Mord hat sich irgendetwas in seinem Leben verändert. Vielleicht zum Negatien, vielleicht zum Positiven. Auch Serientäter sind ihren äußeren Umständen unterworfen und reagieren nur auf sie. Es könnte etwas vorgefallen sein, vielleicht auch nur etwas Banales, das ihn dazu bewog, zu versuchen sich zu kontrollieren. Was weiß man schon.

Nachdem ich das FBI Profil gelesen habe, muss ich ehrlich sagen, interessiert mich nicht mehr sonderlich was John Douglas denkt. Das war in meinen Augen eine solche Ansammlung an Klischees, dass ich schon beim Lesen den Eindruck hatte, das hätte ich auch selbst schreiben können. Ich sehe die Herren Profiler ohnehin etwas kritisch. Allein schon wenn ich Thomas Müller und diese Figuren da rumerklären sehe von wegen Stress und bla, frage ich mich manchmal, ob die sich selbst ernst nehmen. Und irgendwie sagen sie auch zu jedem Täter mehr oder weniger dasselbe. Ich seh das Profiling durchaus als etwas Positives und Hilfreiches, aber gerade bei den Herren, die so eifrig zum Thema publizieren und erklären, welche Sau genau sie zur Ausweitung ihres Wissens interviewt haben kommen mir immer wieder Zweifel...

Wie war das noch mit BTK? Auf jeden Fall ein Einzelgänger! Als er dann verhaftet wurde, erwies er sich als ein gewisser Dennis Rader, seit 30 Jahren verheiratet, Vater zweier Kinder und Kirchenvorstand. Tja, dumm gelaufen... Statistische Wahrscheinlichkeiten sind ja sehr hilfreich, aber sie sind eben letztlich genau das: Wahrscheinlichkeiten. Und ob die auf einen Täter greifen, der vor nun über 120 Jahren operierte, vor allem wenn in keinem der Profile wirklich die Lebensumstände jener Zeit berücksichtigt werden und nur die Erfahrung von heute aneineinander gereiht - nun, da hab doch zumindest ich meine Bedenken.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 26.01.2011 18:13 Uhr
Hervorragendes Posting, dem ich jetzt nichts weiter hinzuzufügen habe außer:

Den Begriff Einzelgänger mag ich auch nicht, mir ist Einzelgängerisch lieber. Also jemand, der sich in regelmäßiger Abfolge, extremen Zurückziehen widmet und wo man einen merkbaren Unterschied, zwischen "gerade noch hier und im nächsten Augenblick wie vom Erdboden verschluckt", wahrnehmen kann. Eben noch daheim und vorher in der Kirche und dann 2-3 Stunden weg ohne zu wissen, wo derjenige sich nun tatsächlich aufhält.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: KvN am 27.01.2011 09:11 Uhr
Ja, das FBI Profil ist eine dünne Suppe, stimme ich zu...

Noch ein Problem: Wenn Swanson DEN Kosminski meinte, wieso reihte er Coles dann unter die Opfer von JtR?

Grüße
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 27.01.2011 11:35 Uhr
Hallo Kurt!

Tat er dies? Beziehst du dich panopticon´s Posting auf der ersten Seite?

Diese Liste beziffert (1-7), von Emma Smith über Martha Tabram bis zu MJ Kelly, in meiner Interpretation die möglichen Ripper- Opfer, Swanson´s Meinung nach. Interessant dabei ist, was er da noch genaueres über Emma Smith hätte wissen können, um sie da zuzuordnen. Sie schien ja eher Opfer einer Gang geworden zu sein. Rose Mylett und Annie Farmer drückt er weiter weg. Eine Erwähnung von Annie Millwood, Ada Wilson oder Elizabeth Jackson findet nicht statt. Alice McKenzie und Francis Coles ordnet er wieder oben mit ein. Laut panopticon (und darauf können wir wohl vertrauen) wurde die Liste nach McKenzie angefertigt, Coles und die erwähnte Nummerierung später hinzugefügt. Schlußendlich scheint er ja die Aktivitäten des Rippers, Opfer 1-7 zugeordnet zu haben.
Die Identifikation könnte hierbei aber tatsächlich auf Aaron Kosminski zutreffen. Die ursprüngliche Liste endete bei McKenzie. Könnte ein Identifikation einer Person vor ihrer Ermordung ausschließen. Aaron Kosminski wird dann Ende Januar, Anfang Februar 1891 identifiziert, Coles am 13.Februar 1891 ermordet. Also nachdem Aaron Kosminski eingewiesen wurde. Dies ist eine sehr kurze Zeitspanne von wenigen Tagen. Wenn man sich vorstellt, das die Identifizierung von Swanson´s Kosminski gerade stattgefunden hat und es passiert beinahe zeitgleich ein weiteres Verbrechen, könnte dies gerade im Falle unseres Verdächtigen zu einer Art Lähmung in den Ermittlungen geführt haben. Zwei, vielleicht sehr mögliche Tatverdächtige und Sadler als Seemann passte da bestimmt gut, erscheinen plötzlich und das, wo man vorher nicht wirklich welch hatte. Swanson ist gezwungen neu zu überdenken und arbeitet seine Liste noch einmal neu durch und fügt Coles mit dazu. Swanson, Anderson und Macnaughten erschienen ja, wenn ich mich recht erinnere, sehr schnell selber an den Tatort von Coles. Ermittlungen über beide Tatverdächtige ergeben, das Sadler nicht für die Whitechapelmorde verantwortlich sein kann und auch nicht für den Tod von McKenzie und Kosminski nicht für den Tod von McKenzie und Coles. Letztere sowieso nicht, da er da bereits in Gewahrsam war. Die Verdächtigen könnten sich für die betreffenden Verbrechen garnicht in London (Sadler als Seemann) oder vielleicht in einer Anstalt (Kosminski, wer weiß, vielleicht sogar zur Zeit von McKenzie´s Tod) befunden haben. Kosminski aber, als zuerst in Verdacht geratene und identifizierte Person, für Opfer 1-7 verantwortlich gewesen sein, weil da ja auch am Tatort gesehen (PC, Zeuge). Ob man allerdings McKenzie von vornherein als Ripper- Opfer betrachtet hat, muss nicht sein. Die Art und Weise hätte aber die Logik, so wie heute bei uns allen, ihren Namen durchaus in die Hauptliste bringen können. Die Konstellation in Swanson´s Liste belastet meiner Meinung nach wirklich Aaron Kosminski.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Jack the Whopper am 27.01.2011 12:21 Uhr
Ahoi Craddock!
Zitat
Er wurde bei allen vorangehenden Morden durch irgendetwas gestört (muss nur ein verräterisches Geräusch gewesen sein), weshalb er nie das Gefühl verspürt hat, wirklich das getan zu haben, was er eigentlich tun wollte. Bei Eddowes war er dicht dran, aber perfekt war es nicht. Das gelang erst bei MJK. Dieser letzte Mord könnte seiner Idealvorstellung sehr nahe gekommen sein, weshalb sein Trieb sich eventuell vorübergehend abgekühlt haben könnte. Er konnte endlich mit sich zufrieden sein, musste nicht mehr gehetzt durch die Straßen ziehen mit dem kranken Ideal in seinem Kopf, das es zu erfüllen galt. Die Beine hochlegen. Stolz sein. Päuschen machen.
Er hätte bei Eddowes genauso dicht dran sein können, wie bei MJK denn nur wenige Meter vom Tatort entfernt gab es eine ungenutzte Unterführung, sowie mehrere leerstehende Häuser. Er hätte vor der Tat mit Eddowes dort hingehen können, oder sie direkt nach der Tötung dort hinbringen können - das hätte bloß wenige Sekunden gedauert. Danach hätte er so lange an ihr herumschnippeln können, wie er gewollt hätte. Er wollte offensichtlich nicht, sonst hätte er sie nicht dort getötet, wo man sie fand. Ich denke, er hat genau so getötet, wie er es wollte (wenigstens bei Eddowes und MJK). Tut aber in diesem Thread eigendlich nix zur Sache, woll?
LG, Jörn the Whopper
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 27.01.2011 17:06 Uhr
Er hätte bei Eddowes genauso dicht dran sein können, wie bei MJK denn nur wenige Meter vom Tatort entfernt gab es eine ungenutzte Unterführung, sowie mehrere leerstehende Häuser. Er hätte vor der Tat mit Eddowes dort hingehen können, oder sie direkt nach der Tötung dort hinbringen können - das hätte bloß wenige Sekunden gedauert. Danach hätte er so lange an ihr herumschnippeln können, wie er gewollt hätte. Er wollte offensichtlich nicht, sonst hätte er sie nicht dort getötet, wo man sie fand. Ich denke, er hat genau so getötet, wie er es wollte (wenigstens bei Eddowes und MJK). Tut aber in diesem Thread eigendlich nix zur Sache, woll?
LG, Jörn the Whopper

Morgen Jörn!

Ach, solangs nicht obsessiv wird hat mich Off-Topic noch nie gestört  :biggrin:
Wenn, dann hätte er sie nach dem Mord da hinbringen können, vor dem Mord denke ich, wollte er dem Opfer gerne das Gefühl vermitteln, die Situation zu kontrollieren. An sich hast du aber Recht, er hätte das nach dem Mord machen können - vorausgesetzt er wusste von der Unterführung und den Gebäuden. Selbst wenn er aus Whitechapel kam und die Gegend gut kannte, muss das nicht bedeuten, dass er jeden Zentimeter kannte. Außerdem muss man in der Situation erst einmal auf die Idee kommen, die Leiche zwecks Schnippelei irgendwo hinzutragen - ich nehme eher an, er ging eben einfach so vor wie immer. MJK wurde in der Nacht in der sie starb ja auch zweimal mit Männern gesehen, die sie offenbar mit in ihr Zimmer genommen hat. Insofern war die Indoor-Situation für den Ripper dann wohl einfach nur ein glücklicher Zufall (Gott klingt das in dem Zusammenhang bescheuert).

Letztlich gehts mir aber nur darum, dass man die Lebensumstände in ein Profiling mit einbeziehen sollte. Der Ripper hatte vermutlich gar keine andere Möglichkeit als so vorzugehen, wie er vorging. Die Methode hat sich bewährt, also blieb er dabei. Räumlichkeiten, in die er das Opfer locken konnte, hatte er vielleicht nicht (und eventuell auch nicht das Naturell, um überhaupt als charmanter Verführer aufzutreten - was wiederum auch kein Indiz für einen Tätertyp oder den Intelligenzgrad ist, schließlich können auch kluge Menschen im Gespräch schüchtern sein). Der Transport nach der Tötung erschien ihm vielleicht als zu risikoreich oder er wollte einfach gleich zur Tat schreiten. Bisher hat es gut funktioniert und bei Eddowes kam er ja auch sehr weit. MJK war ein Glücksfall. Insgesamt lässt sich aus der Vorgehensweise in Verbindung mit den Lebensumständen der Zeit nicht ableiten, zu welcher Gruppe er gehörte, und wenn man da die falsche Entscheidung trifft, hat man nichts weiter als ein falsches Profil. Wahrscheinlicher ist sowieso, dass er ein Mischtyp war. Und außerdem - auch intelligente Täter können impulsiv vorgehen, auch "dumme" Täter können planen. Argumente lassen sich für beide Sichtweisen aufführen, und wie genau ein Profil ist, kann man ohnehin erst feststellen, wenn man einen Verdächtigen hat, mit dem man es vergleichen kann. Ein echter Polizeibeamter würde sich auch heute noch nicht ausgehend von einem Profil auf Tätersuche begeben, sondern es lediglich als unterstützendes Element betrachten. Ich denke, wir sollten da dasselbe tun und uns nicht zu sehr darauf versteifen. Wie sagt zum Beispiel John Douglas selbst (frei aus dem Gedächtnis, Fehler gehen auf meine Kappe): "Ein Profil ist letztlich nichts anderes als eine Meinung. Es ist keine Wissenschaft, es ist eine Kunst." Und der Ripper ist aufgrund all dessen, was wir nicht von ihm wissen, ein äußerst widerspenstiges Stück Leinwand.

Zum Rest vom Fest! (und back to topic :yahoo:)
Die ursprüngliche Liste endet bei McKenzie, aber Coles scheint dann ja doch hinzugefügt worden zu sein. Warum? Ich meine mich auch zu erinnern, dass Swanson irgendwann man geäußert haben soll, Coles sei ein Opfer des Rippers gewesen, aber ich kann mich da genauso gut vertun. Mal sehen, ob ich das noch irgendwo finde...
Da ich im Grunde aber eigentlich immer zur einfachsten Lösung neige, würde ich aber Lestrades Schlussfolgerung den Vorzug geben. Die Tatsache, dass bei McKenzie und Coles keine Zahlen angeführt sind, deutet eigentlich auch darauf hin, dass die beiden zwar in der engeren Auswahl waren, letztlich aber doch Zweifel blieben, ob man sie demselben Täter zuschreiben kann. Durchaus möglich, dass die damaligen Ermittler diesbezüglich auch schwankten und es mal so, mal so betrachteten. Interessant wäre auch noch zu wissen, wie die Liste entstanden ist. Hat Swanson sie allein erstellt oder entstand sie gemeinsam mit andren Ermittlern? Saß man gemeinsam um einen Tisch und diskutierte die Situation, war sich bei den Opfern 1-7 einig und unschlüssig, was McKenzie und Coles anging? Emma Smith wundert mich ehrlich gesagt ein bisschen, die wäre so ziemlich die letzte, die ich in die Liste aufnehmen würde...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 27.01.2011 23:50 Uhr
Jörn, Craddock!

Ich vermute, dass es ihm lediglich wichtig war, irgendwo so lange wie möglich ungestört zu bleiben. Als Kelly ihm einen geschlossenen Raum anbot, dürfte er dies als Glücksfall angesehen haben. Sein Gehör dürfte stets auf Hochtouren gearbeitet haben. Letztendlich war Kelly eine Art Grundidee und das Ziel seiner Phantasie, seiner eigentlichen Vorstellung, denke ich. Sie umzusetzen musste er lernen aber geholfen hat ihn wohl eher der Zufall am Ende im Fall Kelly. Nichols sollte wohl auch eher hinter dem Tor verschwinden, vor dem sie lag. Eddowes hätte er sicherlich besser verschwinden lassen können. Entweder hatte er nicht die Kraft zum transportieren oder er war so in Rage und Eile, durch den "mißlungenen" Stride Angriff kurz vorher, dass er sich darüber gar keine Gedanken machen konnte. Wenn er allerdings so wachsam war, warum hörte er dann nicht Schwartz seine Schritte, falls er auch der erste Mann und somit der Ripper gewesen war? Schwartz könnte ein Leisetreter gewesen sein und der zweite Mann lediglich, durch das diesmal zum Schreien gekommen Opfer, alarmiert worden sein. Meines Erachtens schaute er, was er aus der jeweiligen Situation machen konnte. Er war noch irgendwie planlos. Was konnte er auch erwarten? Prostituierte arbeiteten auf der Straße, Eingänge, Hinterhöfe, Gassen kamen überwiegend in Frage. Blieben Bordelle, die er wohl von vornherein ausschloß oder Damen mit einem eigenen Zimmer aber dies dürfte die Ausnahme gewesen sein. Und Logierhäuser waren keine Orte, genau wie Bordelle, in denen er mit den Opfern "alleinsein" konnte.

Wäre schön Craddock, wenn du die Quelle mit Swanson und Coles ausfindig machen könntest. Die Umstände, unter denen die Liste verfasst wurde, werden uns wohl verborgen bleiben. Emma Smith verwundert mich auch sehr. Wäre Annie Millwood dafür erschienen, hätte ich es verstanden. Sie soll ja ähnliche Verletzungen erlitten haben wie Martha Tabram und wurde 4-5 Wochen vor Emma Smith attackiert. Ada Wilson gar nur eine knappe Woche vorher. Innerhalb von ca. 5 Wochen drei Frauen, von denen Swanson nur die nimmt, die von mehrere Personen angegriffen wurde und die mit dem Einzelangreifer herausläßt. Dies finde ich an dieser Liste am bemerkenswertesten.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 28.01.2011 11:50 Uhr
Ich habe eine Idee, warum Swanson Emma Smith mit in die Liste aufnahm.

Eine Hayes, die unter der gleichen Adresse (18 George Street, Spitalfields) wie Emma Smith lebte, sagte im Smith Inquest aus. Und zwar folgendes:

“deposed to seeing Mrs. Smith in company with a man at the corner of Farrant-street and Burdett-road. The man was dressed in a dark suit and wore a white silk handkerchief round his neck. He was of medium height, but witness did not think she could identify him.”
 
Die Times druckte dieses hier:

“... she had last seen Emma Smith between 12 and one on Tuesday morning (3rd April, 1888), talking to a man in a black dress, wearing a white neckerchief. It was near Farrant-street, Burdett-road. She (Hayes) was hurrying away from the neighbourhood, as she had herself been struck in the mouth a few minutes before by some young men. She did not believe that the man talking to Smith was one of them. The quarter was a fearfully rough one. Just before Christmas last she had been injured by men under circumstances of a similar nature, and was a fortnight in the infirmary.”

Hayes wurde bereits im Dezember 1887 von mehreren Männern attackiert. Ein Gemisch aus Margaret Hames/Hayes und einer gewissen Lillie Herbert (Tot Fay) könnte zu der bekannten "Fairy Fay" geworden sein, die angeblich am Boxing Day (26.12.1987) zerstückelt gefunden wurde. Und zwar nach Verlassen eines Pubs des Mitre Square in einem dunklen Gehege nahe Commercial Street. Es sieht so aus, als wenn es sich genau um die Hayes handelt, die quicklebendig in Smith Inquest aussagte. Da es zu der "Fairy Fay" Zeit, keine zerstückelte Leiche gab, könnte man von einer "Ausschmückung" des Hayes Falles ausgehen. Eine Legende also.

Hayes selbst, wurde kurz vor der Smith- Attacke von einer Gang belästigt und machte obige Aussage über die Sichtung bei Emma Smith. Smith könnte genauso wie Hayes von einer Gang attackiert worden sein und unmittelbar danach eben von jenem Mann angesprochen worden sein. Den sie, als soeben von mehreren Männern attackiert und noch schockiert, ebenfalls für ein Mitglied dieser Gang gehalten haben könnte. Dies muss aber nicht der Fall gewesen sein. Ihre schlimmen Verletzungen, könnte nur durch einen einzigen, anwesenden Mann verursacht worden sein, der nichts mit den anderen "Räubern" zu tun hatte. Smith selbst erinnerte sich nur an einen "Neunzehnjährigen" und wurde eigenen Angaben zu folge, hier attackiert:

"Smith had pointed out where the attack had occurred, which was outside the Taylor Brothers Mustard and Coca Mill, at the corner where Brick-lane, Osborne-street, Old Montague-street, and Wentworth-street converged"

Ich erinnere an die Ereignisse bei Stride in der Berner Street. Hier wurde auch eine Frau attackiert und unmittelbar danach erschien ein weiterer Mann auf der Bildfläche. Entweder ging man hier mit 2 oder mehreren Personen vor oder aber, der Täter nutzte, wenn möglich, Notsituationen seiner Opfer aus.

Swanson könnte davon ausgegangen sein, das Emma Smith von der durch Hayes beschriebenen Person allein angegriffen wurde, nachdem eine Gang dort für Angst und Schrecken gesorgt hatte. Eine ähnliche Situation könnte er in der Berner Street vorgefunden haben. So erscheint Swanson´s zweiter Mann in jener Nacht viel interessanter als vorher.

Was haltet ihr von dieser Möglichkeit? Könnte dies Swanson´s Grund für die Aufnahme von Emma Smith in seiner Liste gewesen sein?
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Jack the Whopper am 28.01.2011 21:43 Uhr
Lestrade, ich bin beeindruckt! Aber immer der Reihe nach, ich muss erst noch meine Off-Topic-Obsession ausleben :-)
Zitat
Wenn, dann hätte er sie nach dem Mord da hinbringen können, vor dem Mord denke ich, wollte er dem Opfer gerne das Gefühl vermitteln, die Situation zu kontrollieren. An sich hast du aber Recht, er hätte das nach dem Mord machen können - vorausgesetzt er wusste von der Unterführung und den Gebäuden.
Moin Craddock! Was hätte dagegen gesprochen, sie vor dem Mord dorthin mitzunehmen? Ich denke Orte wie Hinterhöfe, Unterführungen und leerstehende Häuser waren „normale“ Orte für Sex mit Prostituierten, ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass eine der Frauen stutzig geworden wäre. Ob der Ripper das Gebäude und die Unterführung kannte, oder nicht, in Anbetracht der Tatsache, dass er Eddowes direkt davor getötet hat, dürfte er die Unterführung (die übrigens in einen ungenutzten Hinterhof führte) ja gesehen haben. Und selbst, wenn er nicht gewusst hätte, wo die Unterführung hinführt, muss man doch sagen, dass diese sich so oder so in jedem Falle als die sicherere Variante erwiesen hätte. Ich meine ALLES wäre besser gewesen als das „freie Feld“! Aber anscheinend wollte er es so, als hätte er der Welt sagen wollen „jetzt erst Recht – mitten auf einem öffentlichen Platz – vor den Nasen all eurer schlecht verkleideten Pokizisten!“ So kommt es mir wenigstens vor…
Zitat
Ein echter Polizeibeamter würde sich auch heute noch nicht ausgehend von einem Profil auf Tätersuche begeben, sondern es lediglich als unterstützendes Element betrachten. Ich denke, wir sollten da dasselbe tun und uns nicht zu sehr darauf versteifen.
Ich stimme dir 100 %ig zu!!!
Zitat
Ich vermute, dass es ihm lediglich wichtig war, irgendwo so lange wie möglich ungestört zu bleiben.
Lestrade, genau das kommt mir ja komisch vor! Es hätte viele Möglichkeiten gegeben. Hätte er das gewollt, hätte er sicherlich leerstehende Häuser und ungenutzte Hinterhöfe benutzt. Falls er nicht aus Whitechapel war, hätte er am Tag sicherlich die Gegend erkundet um seine kranken Phantasien bei Nacht auch richtig ausleben zu können. Mir kommt es so vor, als hätte der Ripper gewollt, dass die Frauen genau dort gefunden werden, wo sie auch lagen, und das so bald wie möglich nach der Tat…
So, jetzt zurück zum eigendlichen Thema:
Zitat
Ich erinnere an die Ereignisse bei Stride in der Berner Street. Hier wurde auch eine Frau attackiert und unmittelbar danach erschien ein weiterer Mann auf der Bildfläche. Entweder ging man hier mit 2 oder mehreren Personen vor oder aber, der Täter nutzte, wenn möglich, Notsituationen seiner Opfer aus.
Swanson könnte davon ausgegangen sein, das Emma Smith von der durch Hayes beschriebenen Person allein angegriffen wurde, nachdem eine Gang dort für Angst und Schrecken gesorgt hatte. Eine ähnliche Situation könnte er in der Berner Street vorgefunden haben. So erscheint Swanson´s zweiter Mann in jener Nacht viel interessanter als vorher.
Sehr interessante Überlegung! Auf diesen Zusammenhang wären wohl nur die wenigsten gekommen! Gewalt gegen Frauen (und Gewalt im Allgemeinen) war alltäglich im East-End. Der Ripper könnte auch jemand gewesen sein, der in dunklen Ecken lauerte und auf Gelegenheiten wartete den „Retter“ zu spielen, bevor er zuschlug. Da hätte man jetzt wieder unendlich viele Möglichkeiten zu spekulieren…


Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Jack the Whopper am 28.01.2011 21:45 Uhr
Ich möchte auch noch mal etwas allgemeines zu Anderson und Swanson sagen. Ich persönlich finde beide absolut unsympatisch! :-)
Beide wirken wie zwei überhebliche Prahlhänse, die nachträglich darauf hinweisen wollten, dass man alles richtig gemacht hat, dass es nur am Scheitern anderer lag, dass JtRs richtiger Name nicht allgemein bekannt geworden ist. OK, Swansons Randbemerkungen waren nicht für die Allgemeinheit bestimmt, aber es gibt viele Menschen, die sich die Wahrheit so lange zurechtbiegen, bis sie selbst zufrieden damit sind. Was sagte Anderson über den „Dear Boss“ Brief? Angeblich hätte er genau gewusst, welcher Schmierfink von Journalist  ihn geschrieben hat. Dann frag ich mich doch, warum dieser Jemand nicht genauso im Kittchen gelandet ist, wie die Frau, die man für das gleiche Vergehen verurteilt hatte. Ich tippe mal darauf, dass es nicht die Spur eines Beweises dafür gab, dass Bulling (oder sonst jemand) diesen Brief geschrieben hat. Der Verdacht bestand offensichtlich, einen Beweis gab es anscheinend aber nicht (weshalb McNaghten mit seinem Kommentar zum Journalisten, der für diesen Brief verantwortlich gewesen sein soll, auch deutlich vorsichtiger war, was seine Formulierung anging).
Was Kosminski angeht, hab ich ein ähnliches Gefühl. Wurde der Verdächtige wirklich identifiziert? Hat der Zeuge tatsächlich gesagt : Ja, das ist der Mann, den ich in jener Nacht gesehen habe“? Oder hat er vielleicht gar nichts gesagt, aber die verantwortlichen Polizisten fanden, dass sein Blick mehr gesagt hatte als 1000 Worte? Hat er vielleich sogar gesagt „Nein, das ist er nicht“, aber man war der Meinung, dass seine Reaktion das Gegenteil bewies? War es womöglich eine Unterstellung, dass der Zeuge einen Glaubensbruder decken würde, die aus Frustration über das Scheitern der Aktion gemacht wurde? Ich halte es durchaus für möglich, dass Anderson und Swanson in ihrer Eitelkeit die Tatsachen ein bisschen verdreht haben… Vielleicht haben sie ihre persönliche Meinung, oder ihren persönlichen Eindruck als Tatsache hingestellt…
Ist alles nur Spekulation! Vielleicht biege ich mir ja gerade meine Wahrheit zurecht, bis ich zufrieden damit bin! :-)
LG, Jörn

Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 29.01.2011 01:12 Uhr
Hallo Jörn!

All deine Überlegungen sind absolut berechtigt. Und ich würde sie auch nicht allzuweit wegtun.

Ja, Zeuge und Verdächtiger hätten sich auch nur gegenübergestanden haben können und einer nur "Oh Scheiße" gesagt haben.

Zu deiner Überlegung mit den anderen Orten. Klar, er hätte es einfach gewollt haben können, dass die Opfer so gefunden werden.

Ich allerdings tendiere eher dazu, dass Prostituierte mit diesem Mann, garnicht gerne, allzuweit vom Schuß verschwinden wollten. Was er auch immer auf den ersten Augenblick an sich gehabt haben könnte. Kelly würde dagegen sprechen aber war dieser Mann auch wirklich ihr Mörder oder lernte der Täter, irgend etwas an sich besser zu verbergen? Der Zeuge James Brown hörte Stride zu einem Mann sagen:

"No, not tonight, some other night"

Wenn es denn stimmt, warum sollte eine Prostituierte einen Freier ablehnen? Das dort nicht die Chippendales herumliefen, dürfte den Damen bekannt gewesen sein. Und wie weit spielte der Alkoholpegel der Frauen, bei dieser Entscheidung ein Rolle? Waren Smith und Stride nüchterner und machten sie deshalb dem Ripper das Leben schwerer? Smith überlebt zunächst, Stride weist ihn ersteinmal zurück...

Schade, dass du meinen Doni unsympathisch findest... :negative:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 29.01.2011 03:18 Uhr
Gute Nacht die Herren!

Hinsichtlich der Tätermentalität kann man wohl, genauso wie über alles andre in dem Fall, spekulieren bis der Sargschreiner kommt. Möglich ist alles, vor allem, da wir ja noch nicht einmal mit absoluter Sicherheit wissen, wie der Modus Operandi des Typs aussah. Ich tendiere nach wie vor eher dazu, dass er die Wahl des Platzes völlig der Prostituierten überlies und für ihn selbst nur zählte, dass er ein paar Minütchen mit dem Opfer hatte. Man wird da wohl auf keinen grünen Zweig kommen, bis ein anderer außer Maybrick gesteht  :biggrin:

Zu der Swanson-Coles Sache hab ich nix gefunden... eventuell hab ichs einfach nur falsch memoriert.

Lestrade, du solltest deinen Ansatz mal an einen der Überripperologen schicken, das sieht sehr interessant aus. Aber vergiss nicht, dir einen Teil der Tantiemen sichern zu lassen. Von den zeitlichen Aspekten her würde es passen. Eventuell war da jemand bei der Recherche schlampig oder hat bewusst ausgeschmückt, um uns eine schöne Legede zu liefern. Die Idee mit dem schimmernden Ritter find ich auch nicht schlecht. Ich frage mich nur, ob Smith den dann wirklich mit einem der Angreifer verwechselt hätte. Immerhin dürften die anfänglichen Aggressoren doch schnell den Rückzug angetreten haben, als Jack der Samarither auf der Bildfläche auftauchte. Anders ist es in der Berner Street, da halte ich so ein Szenario durchaus für möglich... Eventuell hat dann Kosminski später den Preis dafür bezahlt...

Jörns Meinung über die Herren Anderson und Swanson stimme ich zu 50% zu. Anderson geht für mich gar nicht, bei Swanson bin ich aber zu strafmildernden Einwänden bereit. Ich hab irgendwo schon mal erwähnt, dass ich und Donny keine Freunde mehr werden, aber immerhin muss ich Swanson zugute halten, dass er nicht die Art von Dampfplauderer ist wie sein Kumpel Bobby. Mit Andersons kryptischen Hinweisen aus seiner Biografie und dem Blackwood´s Magazine allein wär nicht viel anzufangen, Swanson präzisiert die Sache immerhin ein wenig. Auch wenn aus seinen Notizen nicht hervorgeht, was denn er selbst von dem Verdächtigen hielt. Wahrscheinlich ist, dass er Andersons Meinung teilte, aber vollkommen sicher kann man nicht sein. Swansons Erklärung in der Judenfrage unterscheidet sich aber deutlich von der seines Chefs.

Im Blackwood´s Magazine taucht zum Beispiel der Satz auf:
"And the conclusion we came to was that he and his people were low-class Jews, for it is a remarkable fact that people of that class in the East End will not give up one of their number to Gentile justice."

Ich denke, das dürfte einen ziemlich genauen Einblick in Andersons Betrachtung der Juden allgemein geben ... und ihn zudem nicht unbedingt sympathischer machen. Diese etwas fragwürdige Sicht könnte in Anderson  dann auch die Überzeugung festgesetzt haben, dass der Zeuge den Verdächtigen sofort, ohne zu zögern identifizierte und sich dann weigerte, den Mitjuden an den Galgen zu bringen.

Swanson ist da eigentlich wesentich moderater in seiner Beschreibung des Ganzen:
"Because the suspect was also a Jew and also because his evidence would convict the suspect and witness would be the means of murderer being hanged which he did not wish to be left on his mind…"

Er erwähnt zwar, dass dasselbe Religionsbekenntnis eine Rolle spielte, gibt aber auch an, dass ein weiterer Grund - und ich Wahrheit wohl der Hauptgrund - die Tatsache war, der Verdächtige könne durch ihn an den Galgen kommen und der Zeuge sich gar nicht so sicher war, ob es wirklich der Mann war, den er gesehen hat. Dass er ebenfalls Jude war, mag eine Rolle gespielt haben, aber wohl eher keine so große, wie es uns speziell Anderson Glauben machen will.

Mein Lieblinsbulle ist sowieso Edward Reid. Der übrigens recht interessante Sachen über die Juden in Whitechapel gesagt hat:
"During the whole time that I had charge there I never saw a drunken Jew. I always found them industrious, and good fellows to live among."

Wenn ich jetzt mal überlege, ob Reid oder Anderson mehr mit den Leuten auf der Straße zu tun hatte, komme ich zu einem recht klaren Schluss, in wessen Meinung ich da mehr Gewicht lege. Und außerdem:

"It still amuses me to read the writings of such men as Dr. Anderson, Dr. Forbes Winslow, Major Arthur Griffiths, and many others, all holding different theories, but all of them wrong. I have answered many of them in print, and would only add here that I was on the scene and ought to know."

Ob ich da wohl zu viel hineininterpretiere, dass Anderson in der Aufzählung gleich als Erster genannt wurde? Da er weiter oben speziell auf die Juden hingewiesen hat, scheint ihm besonders Anderson ein Dorn im Auge gewesen zu sein und vor allem wohl nicht sein bester Freund. Ich neige dazu, auch in diesem Punkt seiner Menschenkenntnis zu vertrauen...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 29.01.2011 11:42 Uhr
Diese ganze Sache mit Religion und Glauben ist mir hierbei immer sehr unangenehm. Ich stamme aus einer Umgebung, die überhaupt nichts mit Glauben am Hut hat. Ich bin ohne dem aufgewachsen. Aus meiner Familie bin ich im Prinzip der einzige, der an einen Gott glaubt. Diesen Glauben habe ich mir bereits als Kind angeeignet. Ich war dafür offen. Die Eltern meines Vaters stammten aus der Nähe von Stettin bzw. Kolberg also Westpommern, dem heutigen Polen. Dennoch, nichts mit Glauben und mütterlicherseits auch nicht. Aber einen "jüdischen Einschlag" würde ich meiner Familie nicht absprechen, gerade durch den Geburtsnamen meiner Mutter... Die "Freude" über einen "polnischen Juden", hält sich bei mir sehr in Grenzen aber dies ist hier ja kein Wunschkonzert, auseinandersetzen tue ich mich damit dennoch oder eben genau deshalb. Ja, ich denke, ich schreibe aus diesen Gründen hier.
Ich bin kein Geschichtsguru aber wenn ich mich recht erinnere, hatte die Rothschild- Familie doch einen gewissen Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit Englands zu jener Zeit. Naja, ein paar saufende und klauende Juden gab es auch damals (Hyam Hyams, Joseph Isaacs) und welche, die in der Klapse landeten wie Jacob Levy oder David Cohen (und mit dem wäre ich nicht gerne allein gewesen). Oder siehe den Fall Lipski. Ich glaube Reid gerne, da sind vielleicht auch Freundschaften entstanden, ich könnte mir das gut vorstellen, genau wie er sie auch beschreibt. Aber wenn das Hirn nur Brei ist (also die Psyche durch was auch immer stark gestört), ist es doch egal, ob du Jude, Moslem oder Christ bist. Angerichtet haben könnte das jeder.  Es gab sicherlich auch nette Irren, Schotten, Waliser oder Skandinavier etc. mit dem Reid hätte dick Kumpel sein können. Reid´s Informationen sind wichtig, genauso wie die von Anderson, auch wenn da starke Ablehnung im Spiel war. Diese könnte Anderson beeinflusst haben aber auch die naive, schön verklärte Ansicht die Reid hatte, hätte ihn selber bei seiner Objektivität "hindern" können. Anderson und auch Reid hatten Einstellungen, der eine eine negative, der andere eine positive. Beide waren auf ihre Art voreingenommen.
Ich persönlich denke, die jüdische Bevölkerung war sehr interessiert an einem guten Zusammenleben. Sie wollten, wie jeder andere auch, einfach nur überleben und sich etwas schaffen. Aber sie mussten sich auch mit solchen Charakteren auseinandersetzen, wie man sie überall findet. Ich mag Juden, ganz einfach.
Ob allerdings der Anderson´Verdächtige oder eben Kosminski überhaupt noch aktiv in der jüdischen Gemeinschaft lebte, dazu gehörte oder gar verstoßen wurde, da wäre ich mir nicht sicher. Und ob er gar noch als solcher anerkannt wurde? Dies wäre allerdings noch lange kein Grund, ihn der Polizei oder dem Galgen auszuliefern.
Die Überripperologen wissen das alles selber, bin ich mir sicher. Dennoch danke Craddock. Mir reicht es, auf solchen Wegen wie ich mich hier präsentiere, was vielleicht manchmal zu beschmunzeln ist oder echt schräg daherkommt, im wahren Leben tatsächlich einen Serientäter ausfindig gemacht zu haben. Geschafft durch jahrelanges Auseinandersetzen mit schrägen Theorien wie diesen hier.
Reid allerdings halte ich für jemanden, der tatsächlich dem wahren Jack the Ripper gegenübergestanden haben könnte. Er gehört für mich zu den Beamten, den diesen Mann übersehen haben. Möglicherweise. Reid und Abberline sehe ich ganz oben in dieser Liste.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 29.01.2011 13:21 Uhr
Achso, Emma Smith finde ich auch deshalb interessant, um herauszufinden, warum bestimmt Personen behaupteten, dem Ripper fielen 7-8 oder 10 Frauen zum Opfer und wann sie anfingen und/oder aufhörten zu zählen. Swanson Liste wäre eben eine Variante dabei.

25. Februar 1888       Annie Millwood*
28. März 1888           Ada Wilson*
03. April 1888           Emma Smith
07. August 1888        Martha Tabram
31. August 1888        Polly Nichols
08. September 1888  Annie Chapman
30. September 1888  Liz Stride
30. September 1888  Catherine Eddowes
09. November 1888   Mary Jane Kelly
20. November 1888   Annie Farmer*
20. Dezember 1888   Rose Mylett*
Laufe Juni 1889        Elizabeth Jackson
17. Juli 1889             Alice McKenzie**
13. Februar 1891      Francis Coles**

* schließt Swanson aus bzw. wohl nicht wirklich in Betracht (genauso wie die Torsofunde)
** könnte Swanson als Opfer in Betracht gezogen haben

Ada Wilson und Annie Farmer überlebten und hätten ja auch zur Identifikation beitragen können, haben sie vielleicht ja auch.
Ada Wilson erinnert mich aufgrund der Burdett Street, "screams for help were heard proceeding from Maidman-street, Burdett-road" sehr an Hayes´ Statement zu Emma Smith Sichtung mit einem Mann (siehe anderen Post). Annie Millwood überlebt ja auch, starb dennoch kurze Zeit später.

Würde man einem Mann dem allen zuordnen, sind die einzelnen Phasen interessant. Erst ca. 6 Wochen (Februar- April 1888), dann 5 Monate (August bis Dezember 1888), wenige Wochen (Juni/Juli 1889) und dann erst wieder nach 1,5 Jahren (Februar 1891). Also erhebliche Pausen dabei.       

Die ersten drei Frauen überlebten ihre Angriffe zunächst bzw. ganz und gar. Ob hier bereits der Charakter "Leather Apron" am Werk war, kann ich natürlich nicht sagen aber diese Ereignisse könnten erste Versuche gewesen sein, Frauen zu töten usw.

Übrigens soll eine Frau namens Elizabeth Allen (Crossingham's lodging House, 35 Dorset Street) gerade zu diesem Charakter ein Statement abgegeben haben (wohl zu Reid selber), das eben auch die Statements von Eliza Cooper (auch das Lodging House, Dorset Street) und auch von Mary Ann Connolly glichen. Diese betrafen einen Mann nahe Buck´s Row.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Jack the Whopper am 29.01.2011 17:06 Uhr
Ahoi!
Zitat
Er erwähnt zwar, dass dasselbe Religionsbekenntnis eine Rolle spielte, gibt aber auch an, dass ein weiterer Grund - und ich Wahrheit wohl der Hauptgrund - die Tatsache war, der Verdächtige könne durch ihn an den Galgen kommen und der Zeuge sich gar nicht so sicher war, ob es wirklich der Mann war, den er gesehen hat. Dass er ebenfalls Jude war, mag eine Rolle gespielt haben, aber wohl eher keine so große, wie es uns speziell Anderson Glauben machen will.
Und schon wären wir bei der nächsten Ungereimtheit angelangt, denn 1888 wurde kein Mörder mehr gehängt, wenn dieser geisteskrank war. Für Kosminski wäre die Aussage des Zeugen also kein Todesurteil gewesen. Ich denke, das hätte man Kosminski gesagt (in der Hoffnung, dass er gesteht) und auch dem Zeugen (so nach dem Motto "...es ist doch das Beste für den armen Irren, wenn man sich in einer entsprechenden Einrichtung um ihn kümmert"). Warum hätte der Zeuge also etwas derartiges befürchten sollen? Hmmm, Anderson und Swanson werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Jack the Whopper am 29.01.2011 17:12 Uhr
Zitat
Der Zeuge James Brown hörte Stride zu einem Mann sagen:

"No, not tonight, some other night"
Hmm, ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass diese Frauen bei den Freiern an sich sonderlich wählerisch waren. Vielleicht aber, wenn diese irgendwelche "speziellen Praktiken" wollten. Stride könnte alles mögliche gemeint haben. Vielleicht war der Kerl auch ein Straßenprediger und hat sie nur zur Mitternachtsmesse eingeladen, haha... Ich denke nicht, dass der Ripper sooo abschreckend gewirkt hat.
LG, Jörn
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 29.01.2011 20:23 Uhr
Anderson, Reid:

Ich denke, dass Reids insgesamt nur positives Resumee zu den Juden lediglich eine Antwort auf Andersons Pauschalurteil ist. Der Mann war von Anderson und seinen eindimensionalen Ansichten wahrscheinlich nur angewidert und hat dementsprechend reagiert, indem er ein ebenfalls pauschales, im Inhalt aber gegensätzliches Urteil abgab. Reid wusste wohl ganz gut, dass es auch mit Juden zu Problemen kommen konnte, er wollte aber dieses sehr negative Bild, das Anderson in seiner Veröffentlichung erzeugt hat, relativieren. Anderson hat eine ganze Bevölkerungsgruppe verunglimpft, indem er alle über einen Kamm scherte, Reid hat dieses Bild korrigiert, indem er die genau gegenteilie Position einnahm. Es geht um einzelne Menschen, nicht um ethnische oder religiöse Gruppen. Reid weist im Grunde also nur darauf hin, dass die Juden im East End im Grunde wollten, was alle andren auch wollten: In Frieden leben und sich eine Existenz aufbauen, soweit in der Gegend möglich.

Diese ewige Behaupterei, dass die Iren beispielsweise wesentlich unbeliebter waren als die Juden, ist in diesem konkreten Zusammenhang falsch und ärgert mich bisweilen richtig. Gerade nach dem Chapman-Mord und dem Aufkommen der Geschichten um Leather Apron schlug die Stimmung da nämlich extrem um. Es stimmt, die Juden wurden anfang mit relativ offenen Armen empfangen, diese armen Menschen, die vor Progromen flüchten mussten. Aber sehr schnell änderte sich diese Anschauung, spätestens als klar wurde, dass diese Leute ja dann auch irgendwo und irgendwie ihr Geld verdienen mussten. Und schon länger dort lebende Juden, die sich bereits etabliert hatten und ihre eigenen Geschäfte eröffneten, sahen es da vielleicht als ihre Pflicht ihren eben erst geflüchteten Gaubensbrüdern gegenüber an, ihnen den Vorzug gegenüber Einheimischen zu geben. Die Iren, Schotten und Schwarzen mögen zwar insgesamt in London schlechter angesehen worden sein, aber im East End zu dieser speziellen Zeit und in diesen speziellen Umständen, waren die Juden die Gruppe, mit der ich am wenigsten gern getauscht hätte.

Kosminski:

Andersons Behauptung, der Verdächtige sei bereits in eine Anstalt eingewiesen worden, bevor man ihn identifiziert hat, ist wohl ohnehin falsch. In diesem Fall wäre der Verdächtige gar nicht mehr zu belangen gewesen und selbst so etwas wie eine Gegenüberstellung wäre rechtlich wohl schon unmöglich gewesen. Wenn Aaron Kosminski also identifiziert wurde, dann auf jeden Fall vor seiner Einweisung nach Colney Hatch. Beweise hatte man nicht, sonst hätte man ihn festnehmen und verhören können. Alles was man offenbar hatte, war ein Zeuge, der ihn nicht identifizieren konnte. Alles in allem also ein recht dünnes Gemisch, das trotz Andersons und wohl auch Swansons Überzeugung, den Täter gefasst zu haben, recht zweifelhaft bleibt. Anderson ist und bleibt einfach ein Kandidat, mit dem ich mich nicht anfreunden kann. Er weist ja auch darauf hin, dass er geneigt sei, den Täter und den Journalisten, der den Dear Boss Brief geschrieben hat, zu nennen, falls die Herausgeber - er meint wohl das Blackwood´s Magazine - bereit wären, die Konsequenzen einer Verleumdungsklage zu tragen. Der Mann hatte also wohl alles - nur eben keine Beweise.

Stride:

Mh, nach den ganzen Aussagen dürften in der Berner Street an dem Abend ja zwei Paare unterwegs gewesen sein. Ich hab jetzt nur schnell bei Casebook bei Stride´s Inquest nachgesehen. Hat Brown denn wirklich Stride gesehen oder das andere Paar? Die Blume hat er ja offenbar nicht gesehen, dabei wär die wohl das Merkmal, an das man sich am ehesten erinnert. Die Beschreibung der Statur des Mannes würde andererseits ganz gut passen.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Jack the Whopper am 29.01.2011 22:41 Uhr
@Lestrade
Ich mache einen halben Rückzieher, was meinen letzten Kommentar angeht. Vielleicht hatte der Mann mit dem Stride von Brown gesehen wurde (WENN es Stride war) ja irgendetwas abschreckendes an sich. Oder etwas, das er sagte machte ihr Angst. Das wäre doch eigendlich die perfekte Ausgangssituation für das, was sich vor dem Club in der Berner Street abspielte. Vielleicht gab Stride dem Mann (eventuell Kosminski???) in der Fairclough Street eine Abfuhr. Das wollte der "Kunde" (?) nicht auf sich sitzen lassen und wurde agressiv. Stride haut ab und geht in die Berner Street (dürften nur wenige Meter gewesen sein), der Mann lässt nicht locker und folgt ihr. Vor dem Club kommt es dann zum von Schwartz beobachteten Showdown. Aber was dann? War der Kunde so sauer, dass er Long Liz umbrachte? Oder hat er sie nur vermöbelt und ging danach stiften? Damit wären wir wieder bei dem Mann mit der Pfeife angelangt. Falls er der Mörder war, wäre der "Angreifer" so etwas wie eine Absicherung für ihn gewesen. Würde er selbst in Verdacht geraten, könnte er immer auf den Mann verweisen, der Stride angegriffen hatte. Damit, dass er erst noch Schwartz folgte verschaffte er sich fast so etwas wie ein Alibi, denn das letzte was Schwartz sah, war Liz auf dem Boden, attackiert von dem "Angreifer", sowie der Pfeifenmann, der sich (genau wie er) vom Tatort entfernte bevor Stride getötet wurde.
Ich sehe den Ripper nicht wirklich als jemanden, der sich vor seinen Taten noch Minuten lang in verschiedenen Straßen mit seinen zukünftigen Opfern zeigte, dehalb würde ich momentan eher auf den Pfeifenmann tippen. Dazu kommt die von dir aufgezeigte Möglichkeit einer Verbindung zu der Atacke auf Emma Smith. Falls das tatsächlich Swansons Grund war Smith mit in die Liste zu nehmen, war er vielleicht doch gar nicht so blöde, haha! Und da Ivor Edwards auch die Seaside Home Identifizierung in dieser Theorie unterbringen konnte, mach ich mir jetzt erstmal ein Guiness auf! Cheeers!

@Craddock!
Weisst du sicher, dass eine Gegenüberstellung rechtlich nicht möglich gewesen wäre, falls Klosi schon in einer Anstalt war? Das wäre ja schon wieder ein dicker Patzer... Kann man die rechtlichen Gegebenheiten heute noch irgendwo nachlesen? Irgendwie war ich immer davon ausgegangen, das Klosi sowieso verrückt war und es bei der Gegenüberstellung nicht mehr darum ging "Jack" vor Gericht zu bringen, sondern nur darum Gewissheit zu haben, ob er es nun ist oder nicht. Ich denke, nachdem die Polente soviel Schläge einstecken musste, hätte man auch gerne öffentlich kundgetan, dass die "gute Arbeit" der Polizei nicht ergebnislos war und der Ripper aus den Verkehr gezogen wurde...
LG, Jörn
 
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 30.01.2011 00:27 Uhr
Nabend Jörn!

Ob mans noch irgendwo nachlesen kann, weiß ich nicht, ich beziehe mich nur auf einen Artikel von Stewart Evans. Der dürfte als Ex-Polizist und jemand, der die Polizeigeschichte sehr genau studiert hat, da durchaus als kompetent bezeichnet werden - zumal er ja auch nicht im Ruf steht, schlecht zu recherchieren. Den Artikel findet man hier: http://casebook.org/dissertations/dst-koz.html (http://casebook.org/dissertations/dst-koz.html)
Ich kopier mal Evans Szenario in Stichpunkten raus und erklär dann, warum ich es für das wahrscheinlichste Szenario halte:

   1. The witness must have been Lawende a City Police witness, in a City murder case.

Laut Evans ist es und war es immer üblich, dass sich die Zuständigkeiten einzig darauf bezogen, in wessen Gebiet ein Mord verübt wurde. Da der Verdächtige laut Swanson nach der Identifikation von der City Police überwacht wurde, muss der Mordfall, bei dem der Zeuge Zeuge war, der Fall Eddowes gewesen sein. Eine Überwachung wäre somit in den Zuständigkeitsbereich der City Police gefallen, egal auf welchem Gebiet das Verdächtige lebte. Zumal die Zuständigkeiten britischer Polizeibeamter offenbar ohnehin nicht auf ihre Gebiete beschränkt waren, sondern für das ganze Königreich galten. Gängige Praxis war es dabei wohl, dass die "heimische" Polizeieinheit lediglich informiert wurde, dass man Leute auf ihrem Gebiet hatte.

  2. The identification took place between 12 and 15 July 1890 at the time of Kosminski’s first attack of insanity, his short stay at the Workhouse, and whilst he was in the custody of the workhouse officials. (it would have been impossible to do after he had been committed to an asylum).

Klare Beweise lagen offenbar nicht vor, nur ein aus den House-to-House-Searches hervorgegangener Verdacht, der durch Kosminskis erste Überstellung ins Workhouse reaktiviert wurde. Es gibt überhaupt keinen Hinweis, dass Kosminski jemals in Polizeigewahrsam war. Also ist unwahrscheinlich, dass der Transport des Verdächtigen von der Polizei durchgeführt wurde. Würde auch eine seltsame Formulierung von Swanson erklären, der schreibt: after the suspect had been identified at the Seaside Home where he had been sent by us with difficulty in order to subject him to identification. Sent, nicht taken, wie es für eine Polizeiaktion offenbar üblich gewesen wäre. Evans geht davon aus, dass der Transport vom Workhouse-Personal durchgeführt wurde, nachdem von Polizeiseite Druck ausgeübt wurde. Es gab nur einen Verdacht gegen Kosminski, nichts Konkretes, weshalb der Verdächtige, der zu der Zeit Patient wegen eines Wahnsinnsanfalls war, wohl nicht komplett an die Polizei übergeben worden wäre.

   3. The identification took place at the Convalescent Police Seaside Home at Clarendon Villas, Brighton.

Hier spekuliert er wohl genauso wie wir.  :biggrin:

   4. "…where he had been sent by us with difficulty in order to subject him to identification and he knew he was identified." – Swanson.

Siehe Punkt 2.

   5. "On suspect’s return to his brother’s house in Whitechapel he was watched by police (City CID) by day and night." – Swanson.

Der Verdächtige war nicht in einer Anstalt. Wäre er mit diagnostiziertem Wahnsinn in einer Anstalt gewesen, hätte man ihn nach der Gegenüberstellung wohl kaum ins Haus seines Bruders oder Schwagers gebracht, sondern eher zurück in die Anstalt. Laut Evans konnte ein diagnostizierter Wahnsinniger damals aber nicht mehr vor Gericht belangt werden und wurde deshalb von den Verantwortlichen der Antalten generell nicht mehr an die Polizei herausgegeben. Unser Verdächtiger ist aber laut Swanson ohnehin in die Obhut seines Bruders gegeben worden, wo er dann von der zuständigen Polizeieinheit überwacht wurde. In dem Fall die City Police.

  6. "In a very short time the suspect with his hands tied behind his back he was sent to Stepney Workhouse [4 February 1891] and then to Colney Hatch…" – Swanson.

Wir wissen nichts darüber, ob Kosminski mit gefesselten Händen irgendwohin gebracht wurde. Da dies aber der Zeitpunkt gewesen sein könnte, wo er seine Schwester mit einem Messer bedrohte und zudem noch von der Polizei überwacht wurde, ist es durchaus wahrscheinlich. Eventuell wurde die ohnehin observierende Polizei gleich alarmiert und hat ihn danach ins Workhouse weggeschafft.

Insgesamt jedenfalls beseitigt Evans Szenario alle Widersprüche, erklärt Unstimmigkeiten mit rechtlichen Notwendigkeiten und entlastet sogar Anderson ein bisschen. Über dessen Anstaltsbehauptung Evans meint, es sei eine bewusste Vereinfachung gewesen, um nicht zuviel erklären zu müssen. Und angesichts dessen, dass Scotland Yard nicht beweisbare Dinge der Öffentlichkeit nicht zugänglich machte, ist sie auch noch als Verschleierung zu sehen, weil allein davon die wahren Geschehnisse nicht ableitbar bzw recherchierbar gewesen wären. Durchaus möglich. Ich mag Anderson immer noch nicht, den Rest von Evans Überlegungen halte ich für richtig.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 30.01.2011 10:52 Uhr
Ausführungen eines Stewart Evans haben einen hohen Stellenwert.

Sollte die Identifikation zwischen dem 12 und 15 Juli 1890 (währende der ersten Einweisung) durchgeführt worden sein, passt aber die "very short time" bis zur Einweisung im Februar 1891 nicht. Ich würde hier eher annehmen, dass die City Police vom Juli 1890 an, den Verdächtigen bereits observierte und eher im Januar 1891 die Identifikation stattfand, wo er eben bis zur zweiten Einweisung im Februar 1891 kurzzeitig weiter observiert wurde. Dann frage ich mich allerdings, warum Lawende der Zeuge gewesen sein m u s s. Warum hätte man so lange warten sollen mit Lawende? Zwei Varianten sehe ich ganz oben: Entweder man hatte schon länger einen Verdächtigen aber keinen Zeugen oder einen Zeugen und lange keinen Verdächtigen (plus diverse, von mir andere geschilderte Varianten und Umstände). Und darauf passt so Evans Möglichkeit nicht, wenn man Swanson´s "very short time" glauben schenkt. Alles zwar möglich aber nicht mit den Beteiligten, die hier aufgeführt werden. Meiner Meinung nach. Allein durch den PC vom Mitre Square, von dem man ja Glauben darf, dass er Angehöriger der City Police war, hätte man allein durch diesen "Zeugen" auf dem Gebiet der MET observieren dürfen. Da brauchte man Lawende nicht für. Evans beseitigt nicht alle Widersprüche. "Sent" oder "taken" hin- oder her. Der Verdächtige sollte sich einer Identifikation unterziehen und es schien, laut Swanson, nicht ganz so einfach, diese mit ihm durchzuführen. Es gab Schwierigkeiten. Welche, wissen wir nicht. Ich möchte darauf hinweisen, das Swanson´s Behauptung mit dem doch schnellen Ableben des Verdächtigen, einen Grund für die Schwierigkeiten darstellen könnte. Es wird selten dahingehend überlegt, ob der Verdächtige, falls es nicht Aaron Kosminski war, schlicht und einfach kurzfristig ernsthaft erkrankt war (auf welche Art auch immer) und es nicht einfach gewesen sein könnte, ihn aus dem Hause und der Pflege seines Bruders herauszuholen. Jemand, der vielleicht im hohen Fieber liegt, den könnte Angehörige (selbst wenn sie wissen, wie ernsthaft das Auftreten der Polizei gemeint ist), nicht einfach so der Polizei überlassen. Und dann wird aus dem gewöhnlich verwendeten "taken", eben ein weniger bürokratisches "sent" mit freundlicher Genehmigung des Bruders und behandelnden Arztes und/oder eines barmherzigen Geistlichen.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 30.01.2011 11:21 Uhr
Ich weiß, dass sich der Verdächtige Cohen keiner großen Beliebtheit erfreut. Es liegt mir auch fern, hier erneut eine Diskussion über ihn zu beginnen. Dafür gibt es einen eigenen Thread. Aber wir haben einen weiteren Mann mit dem Namen Aaron (Aaron Davis/ David Cohen), von dem wir nicht wissen, wie sein tatsächlicher Zuname gelautet hat. Es ist anzunehmen, das Cohen noch nicht lange im Lande war aber ein eingewanderter "Cohen" ist eher unwahrscheinlich. Hier dürfte ein polnischer Zuname in der Realität vorgelegen haben. Und dieser ist nicht bekannt.

Lewis Henry Keaton (bereits da fast 100 Jahre alt), Ex Inspektor, gab 1969 ein Interview auf Band, wo er einen Dr. Cohn oder Koch als Verdächtigen nannte. Das "Doktor" ist interessant, da der Londoner Journalist George R. Sims uns mitteilte (diese Info hatte er von Macnaughten) ,dass einer der polnischen, jüdischen Verdächtigen einst in einem Krankenhaus in Polen beschäftigt gewesen war. Nun gut, er könnte Ostrog gemeint haben, unser Aaron Kosminski hätte diese Tätigkeit allerdings auch wohl nur als "Bub" ausgeführt haben können.

Cohen (der in den Anstalten wohl etwas wie Deutsch sprach), scheint mir ein Mann gewesen zu sein, der wirklich Schwierigkeiten machen konnte und urplötzlich zur Gewalt neigte, wo es schwierig war, auch mit mehreren Personen, ihn zu bändigen. Aber ich möchte da garnicht soweit abschweifen... da komme ich in einen Bereich, an dem ich doch sehr alleine dastehe...

Ich will eigentlich nur sagen, es gibt da einen Aaron Kosminski und noch einen Aaron, von dem ich nicht behaupten kann, das er Cohen hieß. Jedenfalls nicht von Geburt an...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 30.01.2011 15:12 Uhr
Du und dein Donny  :lol:

Very short Time:

Swanson schreibt: "On suspect’s return to his brother’s house in Whitechapel he was watched by police (City CID) by day & night. In a very short time the suspect with his hands tied behind his back, he was sent to Stepney Workhouse and then to Colney Hatch and died shortly afterwards – Kosminski was the suspect – DSS"

Wo steht da, dass sich die very short time auf die Observation bezieht? Ich kann das ohne weiteres so lesen, dass der Zeitabstand zwischen zweiter Einlieferung ins Workhouse und Weitersendung nach Colney Hatch very short war. Der Verdächtige wurde in einem sehr kurzen Zeitraum mit auf dem Rücken gefesselten Händen ins Stepney Workhouse gebracht und dann weiter nach Colney Hatch. Hängt wahrscheinlich davon ab, wie man es lesen will.

Opa Keaton:

Der gute Mann erwähnte auch, dass er glaube, der Übeltäter habe Gift benutzt. War Dr. Cohn eventuell Dr. Cream und in der Erinnerung des beinahe Hundertjährigen haben sich zwei Fälle miteinander vermischt?

Lawende:

Okay, der Zeuge war nicht Lawende. Die Met erwirkt eine Gegenüberstellung. Alle haben den Eindruck, der Verdächige wird identifiziert. Weil die City eh schon observiert, denkt sich die Met, machen wir mal nix, die machen das schon. Auf Met-Gebiet. I don´t think so.

Das doppelte Aaronchen:

Ja, alles richtig. Was wir aber dringend bräuchten, wäre ein zweiter Kosminski. Der Name taucht nie öffentlich auf. Er wird nur in einem internen Memorandum und privaten Notizen erwähnt. Ich weiß, du überlegst gerne, ob nicht jemand unter einem Pseudonym eingeliefert wurde und sein wahrer Name erst später ermittelt wurde. Aber wieso erwähnt dann niemand etwas von dieser spannenden Geschichte? Die erzählen von Gegenüberstellungen und allen möglichen Schwierigkeiten, aber nichts davon, wie schwer es war, die wahre Identität des Mannes zu ermitteln? Außerdem wohnte er doch bei seinem Bruder, erzählt uns Donny. Wenn er beim Bruder lebte und dessen Name bekannt war, dürfte es nicht so schwer gewesen sein, den Namen des Verdächtigen zu ermitteln. Eventuell hätte sogar raten ein recht genaues Ergebnis erzielt.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 30.01.2011 17:48 Uhr
Hi Craddock!

Ja, alles richtig, ich will mich auch garnicht dagegen erwähren aber im Workhouse gab es wohl auch eine "Geschlossene". Warum dann mit gefesselten Händen und nicht mit einer Zwangsjacke? 

eventuell Dr. Cream

Ja, sehr gute Möglichkeit.

unter einem Pseudonym

Ganz und garnicht. Aber ein Wjatscheslaw Aaron Davidovic Koschminski aus Polen und sein Bruder Nikolajevic Antonovic hätten es in London schwergehabt, im Wartezimmer eines Arztes, überhaupt aufgerufen werden zu können. Da hätte schnell eine englische Version enstehen können und Cohen, Levy oder Abrahams gehörten dabei sicherlich zu den Favoriten. Dass sie das unter ihren Landsmännern getan hätten, glaube ich weniger, jedenfalls nicht die erste Zeit. Da hätte es noch lange heißen können: "Kosi 1 und Kosi 2 kommen nacher in die Kneipe..." Bei Swanson hätte es heißen können: "Ja, ja, bei uns nannten die sich Cohen, Levy oder Abrahams aber eigentlich hießen die Kosminski". Kannst du mich jetzt besser verstehen? So meine ich das.

Cohen würde ich hier wieder gerne herauslassen. Ich wollte nur ein Beispiel nennen um zu zeigen was möglich wäre. Und Cohen wäre ein lebendiges Beispiel. Immerhin haben sie ihn und einen N. Cohen in einem Bordell erwischt. Er selber war als ein "bekannter Irrer" betitelt worden und die ganze Verhandlung um diese Geschichte fand nie statt. Er ging aber in´s Workhouse und danach nach Colney Hatch und starb. Einverstanden?
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 30.01.2011 18:32 Uhr
Nabend Lestrade!

Das ist alles richtig und möglich. Bei der Verwechslungs- bzw Verwirrungsgeschichte lässt sich aber jedes Argument 1:1 auch für die umgekehrte Variante benutzen. Es kommt eigentlich nur darauf an, welche Aussage wir für wahr ansehen, bzw für wahr ansehen wollen. Swanson sagt, der Verdächtige starb kurz nach der Einlieferung, Anderson behauptet zur Zeit seiner Autobiografie, er sei noch am Leben und in einer Anstalt. Das erste trifft auf Cohen zu, den ich als Beispiel einfach weiter verwende, das andre auf "unsren" Aaron. Wer hat Recht? McNaghten spricht ebenfalls von einem lebenden und einem eingewiesenen "Kosminski", da er sich seine Info aber gut aus dem Chefbüro von nebenan besorgt haben kann, taugt diese Äußerung nicht als Indikator. Wir kommen so einfach nicht weiter. Für jedes wie auch immer geartetet Szenario muss ich mir eine ganze Kette von Zufällen und Irrtümern vorstellen, und je nachdem, welche Richtung ich einschlagen will, gewisse Äußerungen weniger und andre todernst nehmen. Das Kriterium, nach dem ich vorgehe, beibt einzig und allein meiner Willkür überlassen... Wobei ich Cohen wahrscheinlich wesentlich interessanter fände, wenn er nicht von Fido ins Spiel gebracht worden wäre  :biggrin:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 30.01.2011 19:11 Uhr
Ich stimme absolut mit dir überein Craddock! Da kann man auch nichts gegen sagen. Aber doch immer wieder schön, ein bißchen zu spekulieren. Man lernt viel dabei. Und man bemerkt nebenbei auch Sachen anders zu betrachten. Zum Beispiel ob all die Beamten nicht doch fähiger waren als wir allgemein annehmen. Sei es Swanson, Anderson, Macnaughten oder eben auch ein Abberline oder Reid. Ich denke, sie waren gut und erfolgreich in ihrem Beruf.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 30.01.2011 21:28 Uhr
An der Fähigkeit der Beamten zweifle ich eigentlich grundsätzlich nicht, hab ich auch nie. Nur mit ihren Aussagen tu ich mich schwer. Ich neige meistens dazu anzunehmen, dass den Beamten doch eigentlich jedes Detail des Ripperfalls in Erinnerung geblieben sein müsste, allein wenn man bedenkt, welch hohe Wellen er schlug. Scheint aber wohl eher nicht so zu sein. Anderson wirkt von dem ganzen Aufsehen, das der Fall 1907 noch erregt, irgendwie sogar ein bisschen genervt (ich erinnere da mal an die Passage, wo er sagt, er würde am liebsten den Namen des Täters und auch des Briefeschreibers enthüllen), andererseits ist Anderson ansonsten so etwas von einem Dampfplauderer, dass ich einfach nicht weiß, wie viel davon ich ernst nehmen soll. Er scheint ja auch ohnehin eher an den Iren und ihren ganzen Verschwörungen interessiert. Swanson - wer weiß. Man neigt dazu, ihm den größten Kredit zu geben, da er an den Ermittlungen beteiligt war. Aber natürlich kann auch er einiges vergessen oder falsch in Erinnerung haben. An Abberline stört mich seine Pensionierung. Ich bin geneigt, ihn durchaus ernst zu nehmen, könnte mir aber bei ihm, genauso wie bei einigen anderen, vorstellen, dass sie nicht mehr im Amt waren, als sich gewisse Dinge ereigneten und deshalb schlichtweg nicht über alles Bescheid wussten...  Ich weiß nicht, wen die da identifiziert haben, ich neige ohnehin ein bisschen dazu, den Identifizierten, wer immer er war, nicht für den Ripper zu halten. Der ist vielleicht viel unauffälliger verschwunden. Naja...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 30.01.2011 22:22 Uhr
Vielleicht haben sie irgendetwas "illegales" getan! Eine kleine Gruppe von Beamten verschwört sich, jemanden zu einer Identifizierung zu holen, was sie vielleicht garnicht durften oder auf normalen Wege garnicht mehr konnten. Stell dir vor, der Verdächtige war wirklich ein bereits für verrückt erklärter Irrer. Bruder, Angehörige, Freunde und andere wissen oder ahnen was los ist, wissen aber auch, dass die Polizei ihren Mann nicht wirklich an den Kragen kann. Das Haus des Bruders, hätte mehrere Personen beherbergen können. Alle halten zusammen, weil sie der Meinung sind, diese Person ist nicht zurechnungsfähig. Für alle steht viel auf dem Spiel. Vielleicht gab es schon einigen Austausch zwischen diesem Personenkreis und der Polizei. Man lies sich vielleicht gegenseitig garnicht mehr aus den Augen, was eine "Observation" auch anders beschreiben könnte. Okay, da war eben der PC vom Mitre Square, Was soll´s? "Was hat der schon gesehen", könnte der Tenor gelautet haben. Aber irgendwann hatte die Polizei einen Zeugen und besagte Männer dachten "Jetzt oder nie", "den ziehen wir da mit Gewalt daraus". Passt auch zu den Aussagen Andersons, dass gewisse Menschen, niemals ihre eigene Leute aufgeben und auch zu Sagar´s "There was no doubt that this man was insane". Vielleicht hätte sich ja ein Psychiater gefunden, der den Verdächtigen doch noch "anders" bewertet hätte... war aber wohl nicht mehr nötig... Bei Swanson´s Zeugen, der den Verdächtigen nicht hängen sehen wollte, hätte solch Szenario gar keine Rolle spielen müssen. Tat es bestimmt auch nicht. Soll man nun zum Zeugen sagen, der Verdächtige kann garnicht gehangen werden? Wäre doch noch ein Vorteil für einen ängstlichen Zeugen gewesen, nach dem Motto: "Ihr wißt doch nun wer es war, kann keinem mehr etwas passieren. Ich bin raus, Tschö" Aber das Todesurteil war vielleicht etwas, was bestimmte Beamte dennoch erreichen hätten wollen. Wie das auch immer. Es muss ja Gründe gegeben haben, weshalb unsere lieben Beamten, nicht gänzlich mit der Sprache herausrückten.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 31.01.2011 21:09 Uhr
Nabend Lestrade!

Also ich weiß nicht... Bei Swanson kann ich es mir eventuell gerade noch vorstellen, allerdings will es mir auch da nur äußerst schwer gelingen. Bei Anderson schließe ich das komplett aus. Und da die beiden die einzigen sind, die darüber berichten und somit wohl auch diejenigen gewesen sein dürften, die die Oberaufsicht führten... Kann ich mir ein Szenario mit kreativer Regelauslegung nicht vorstellen. Ich schätze Swanson auch als niemanden ein, der irgendetwas hinter dem Rücken von Anderson getan hätte, und Anderson selbst ist mir dafür einfach zu bieder.

Anderer Vorschlag:

Wir schließen Cohen jetzt einmal nicht aus. Der steht als Verdächtiger wahrscheinlich ohnehin nur so weit unten in der Beliebtheitsskala, weil mit Fido viel zu oft die Phantasie durchgeht. Von mir aus kann er gern der Ripper gewesen sein. Ich seh da dieses bombastische Verwechslungskonstrukt von  Fido einfach nur sehr kritisch. Vielleicht gab es gar keine Verwechslung, sondern einfach nur zwei Männer, die sich nicht nur im Alter, sondern auch optisch recht ähnlich waren. Cohen wird weggesperrt, führt sich auf wie aus der Anstalt entflohen, in die er gerade erst eingewiesen wird. Verdächtig ist er durchaus, man behält seine Entwicklung auch im Auge, hat durch seine schnelle Wegsperrung aber keine Möglichkeit mehr an ihn ranzukommen. Egal, der dürfte eh nicht mehr rauskommen. Und dann ist da noch unser Freund Aaron, alles in allem ein eher harmloser Irrer, der sich aber dadurch verdächtig macht, seine Schwester mit einem Messer zu bedrohen. Nun ja, der Mann ist ein wenig paranoid, will kein Essen von andern annehmen, eventuell greift er da schon mal zu "Verteidigungsmaßnahmen". Die Polizei wird dadurch aber auf ihn aufmerksam, denkt sich, wie war das noch mit diesem anderen Irren, jetzt sollten wir schnell machen. Er wird mit dem Zeugen zusammengebracht, der ist unschlüssig. Ja, der könnte es schon sein, er sieht nicht genauso aus aber ähnlich. Ripper festgesetzt, falscher Mann identifiziert. Dieselben  zwei Männer, deren Lebensgeschichte sich in Swansons Kopf vermischt hat. Aber ganz ohne Namensverwirrung, denn identifiziert wurde ja Kosminski. Im Hinterkopf hat er aber immer noch den anderen Mann, und so entsteht Verwirrung bezüglich der weiteren Geschehnisse. Und deshalb ist Kosminski auch nur das Suspect und nicht der Täter, weil da immer noch ein zweiter Mann war, der es auch gewesen sein könnte. Wieder alles sehr angreifbar, aber auch nicht mehr als Fidos Szenario, wenn ich mir mal ein Jährchen Zeit nehmen würde, es genau auszuformulieren.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 31.01.2011 22:07 Uhr
Hi Craddock!

Cohen könnte mit dem angeblichen Tod des Verdächtigen im Zusammenhang stehen, ohne selbst der Täter sein zu müssen. Natürlich ist Fido´s Theorie sehr kompliziert aber in einer gewissen Namenskonfusion, liegt vielleicht auch ein wenig Wahrheit. In welcher Richtung oder welcher Art und Weise auch immer. Nehme Aaron Davis "David" Cohen und N. Cohen. Dann ist dort ein Nathan Kaminsky. Dem Name Kosminski sehr ähnlich. Es gab zumindest eine Familie, die beide Namen trug, also Kaminsky/Kosminski. Da kann man viel spinnen... Ich möchte da aber jetzt garnicht tiefer gehen... ist garnicht so wichtig momentan...
Bleiben wir bei Aaron Kosminski. Es gab da einen Vorfall mit einem Hund im Dezember 1889. Aaron Kosminski behauptete damals selber, der Hund gehöre einem Jacobs. Interessant ist, das nach der Ermordung von Francis Coles, also wo bereits Aaron Kosminski in Gewahrsam war, ein Gerücht die Runde machte, das ein Schlachthaus- Schlächter Namens Jacobs der Täter sei. Zweimal fällt Aaron Kosminski auf und zweimal fällt der Name Jacobs, einmal direkt und einmal kurz nachdem Aaron Kosminski auf der Bildfläche erschien. Das ist bemerkenswert. Gerade weil wir wissen, dass Inspector Sagar in der Reihe der Schlächter jemanden observierte, der dort angestellt war.
Wolf Abrahams war Aaron´s Schwager aber wohl schon im Dezember 1889 als sein Bruder bezeichnet worden. Er hatte noch einen anderen Schwager, Morris Lubnowski- Cohen. Es muss sich ja nicht Anderson geirrt haben, es kann sich auch Swanson geirrt haben oder er bekam falsche Informationen. Brüder bezeichnen sich als Brüder obwohl sie Schwager sind!? Ändern ihre Namen von Aaron Kosminski in Aaron Abrahams und von Wolf Abrahams in Wolf Kosminski. Warum? Was sollte das? Wenn dann noch Cohen in deren Namen auftaucht und wir sehr stark mit rechnen müssen, das David Cohen eben nicht Cohen hieß, ist vieles möglich. Ich weiß, dass solche Szenarien schwer zu greifen sind und unvorstellbar aber eben auch nicht unmöglich. Um es kurz zu machen, Swanson hätte Cohen´s Tod Aaron Kosminski zuordnen können. Gerade dann, wenn der Verdächtige aus einem Haushalt eines Bruders (Schwagers) kam, der Cohen hieß. Und dies kann man eben bei Aaron Kosminski nicht ganz auschließen. Man könnte Cohens überwacht haben, aber einen Kosminski daraus identifiziert haben.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: KvN am 01.02.2011 11:02 Uhr
Jaaaaa, der Hundevorfall...Wie schon gesagt, diese kleine Anekdote zeigt uns einen ganz anderen Aaron Kosminski als den von Cohen beschriebenen. Und dein Argument, Lestrade, dass Aaron ja ganz gut in einem fremden Land zurecht gekommen ist, sprachlich vor allem, ist ja auch recht interessant. Und noch etwas: Menschen mit der Wahnvorstellung dass sie vergiftet werden und daher keine Nahrung aus fremder Hand zu sich nehmen - übrigens gar keine so seltene Störung - hatten damals wohl eine eher kurze Halbwertszeit. Überhaupt ist die Zeit, die A.K. in der Klapse überlebte, schlicht enorm. Von 1891 bis 1919! Das wäre selbst unter heutigen Umständen beachtlich. Und warum wurde er niemals entlassen? Lt. Beschreibung lag keine Fremd - oder Selbstgefährdung vor, ein mehr oder weniger harmloser Schwachsinniger. Die Sache mit der Schwester, naja, so eine ausufernde Auseinandersetzung kommt schon mal vor, es ist ja auch niemand was passiert. Jedenfalls kein Grund jemand ein Leben lang wegzusperren. Und er hatte ja auch Familie, wäre also versorgt gewesen. Okay, er wusch sich nicht, er arbeitete nicht und er klaubte sein Essen aus dem Rinnsal auf. Das taten in den Elendsvierteln wohl tausende andere Einwohner auch.
Hat jemand vielleicht eine Idee wie lange die Leute damals im Durchschnitt in der Gummizelle saßen?
Für mich stellt die Situation ein kleines Paradoxon dar: Wollte man in einem Guglhupf des 19.Jh. längere Zeit in gutem Zustand überstehen, musste man wohl einen gewissen Grad an Anpassung zeigen. Wäre das aber bei dem uns beschriebenen Aaron Kosminski der Fall gewesen hätte nichts gegen eine Entlassung gesprochen. Gehen wir also davon aus, dass Swanson, MacNaghten, Cohen und das Anstaltspersonal vom selben Kosminski reden, dann muss es einen guten Grund gegeben haben ihn bis ans Ende seiner Tage einzubuchten...

Grüße
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 01.02.2011 23:25 Uhr
Treffend formuliert, treffend...

Hallo Kurt!

Eben, Aaron Kosminski könnte gefährlicher gewesen sein, als wir ursprünglich annahmen. Inwieweit an ihm in Colney Hatch herumgedoktert werden konnte, weiß ich nicht und auch nicht, wie ihn Ärzte in Leavesden hätten noch "beobachten" können. Ein interessanter "Patient" wäre er schon gewesen. Und stell dir vor, Swanson erkundigt sich mal in Colney Hatch nach einem Mann, dessen Namen er gerade nicht parat hat, er sich aber erinnern kann, dass dieser von einem Cohen, von mir aus Jacob, mit angeschleppt wurde. Und die erinnern sich da aber eher an einen anderen Verrückten (David Cohen), der bereits tot ist... Und das Chaos in dem wir stecken, wäre perfekt... Oder aber, man wollte da alle glauben lassen, Kosminski wäre tot... Was hätten Psychiater gemacht, wenn sie gewußt hätten, sie haben Jack the Ripper als Patienten? Die Klappe gehalten, denke ich...

Leute, ich bin zu müde...

Bis denne...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 02.02.2011 23:24 Uhr
Nabend die Herren!

Über Aaron Kosminskis "Gefährlichkeit" hab ich mich ein oder zwei Seiten früher schon ausgelassen. Dass er in der Anstalt als eher harmlos beschrieben wird, muss da gar nichts heißen. Der nächste Punkt, über den ich öfter schon nachgedacht hab, ist derjenige, den KvN, den ich der Einfachkeit halber jetzt auch einfach Kurt nennen werde, schön unterstrichen hat. Wieso der lange Anstaltsaufenthalt, wenn er, wie beschrieben, ein eher harmloser Irrer war? Ich frage mich da manchmal wirklich, ob wir wirklich alle Akten aus jener Zeit kennen...

Jacob Cohen ist auch eine recht interessante Figur. So richtig viel ist über den auch nicht herauszubekommen, dabei würde mich sein genaues Verhältnis zu Kosminski schon interessieren. Er scheint ja ganz gut über ihn Bescheid zu wissen... Die Lubnowski-Familie ist im 1891 Census offenbar als Familie Cohen geführt, wird später aber auch mal als Familie Lubnowski-Cohen bezeichnet. Ist er da in irgendeiner Weise mit verbandelt? Viele vermuten irgendwelche düsteren Sachen bezüglich der Namensändernung, beispielsweise, dass sie nicht mit Aaron in Verbindung gebracht werden wollen... Aber mal ehrlich, welchen Grund sollten sie da haben? Als wirklicher Ripperverdächtiger taucht Aaron ja nicht auf, er wird ja nur in zwei nicht öffentlichen Dokumenten erwähnt und da auch nie mit Vornamen. Ich seh da keinen direkten Grund, gleich den Namen zu ändern. Vermutlich nur ein glücklicher Zufall für Ripperologen. Dennoch wird man den Eindruck nicht los, dass da irgendetwas im Hintergrund lief, das uns heute verborgen ist...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 03.02.2011 18:59 Uhr
Weißt du Craddock, manchmal frage ich mich, ob diese ganze Lubnowski- Cohen, Jacob Cohen, David Cohen und Aaron Kosminski Geschichte(n) nicht ein- und den selben Ursprung haben. Bei der Bordell- Geschichte mit N. Cohen und Aaron Davis Cohen, auf die uns panopticon einst aufmerksam machte und bei der Aaron Cohen als "known lunatic" bezeichnet wurde, ist es doch auch erlaubt tiefer zu spekulieren und bescheiden zu behaupten, das Aaron Cohen, nicht einfach Aaron Kosminski war und N. Cohen bei seiner Einweisung bedachterweise den falschen Namen angab, denn schließlich wurde dieser ja noch nachträglich in David Cohen berichtigt.
Mehrere gesichtete Männer (ab 2 Personen) finden wir ja bei Martha Tabram, Liz Stride und Rose Mylett. Letztere käme zwar nicht für beide Männer in Frage aber man weiß ja wirklich nicht, wer da alles seine Finger im Spiel gehabt haben könnte. Ich weiß, diese Versionen sind sehr gewagt aber wieder einmal eine Möglichkeit, warum es bei Anderson und Swanson zu unterschiedlichen Behauptungen kam.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 07.02.2011 22:03 Uhr
So abwegig ist der Gedanke ja auch gar nicht. Wenn man so wenigstens einen Zusammenhang mit den Aussagen unserer Polizeifreunde herstellen könnte, aber nein... Kosminski als Cohen würde ja durchaus Sinn ergeben. Zumal wir einen Cohen haben (oder wie immer er hieß), der bald in einer Anstalt starb. Würde auf Swansons Notiz passen. Leider heißt der aber Kosminski. Da könnte man bestimmt eine nette Geschichte basteln, aber wie immer muss man sich wieder alles zurechtlügen. Ekelhaft, das alles, einfach nur noch ekelhaft.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 07.02.2011 22:49 Uhr
Da machste nix!

Aber sieh es mal so, wenn Aaron Kosminski der Identifizierte war, dann könnten die Observierungen von Cox und Sagar Sinn machen. Die Behauptungen stimmen, das diese identifizierte Person hin- und wieder in Anstalten verschwand. Wie lange und wo auch immer. Dadurch muss er nicht zwangsläufig bis zur letzten, definitiven Identifizierung observiert worden sein. Könnte sogar Macnaughten´s "about March 1889" stimmen. Und auch Anderson´s Hinweis, auf die erfolgreichen Hausdurchsuchungen. Wenn, dann war er eh ein Observierter der City Police, allein schon durch den "PC near Mitre Square". Die Seaside Home Geschichte dürfte "geheim" gewesen sein. Wußte ja offenbar kaum jemand davon. Warum geheim? Weil sich ein gewisser Zeuge entschlossen haben könnte, doch auszusagen. Welcher? Joseph Hyam Levy vielleicht? Auch heute noch, macht es den Eindruck, das er den Mann bei Eddowes "kannte". Warum so spät? Stießen Männer wie Hyam Hyams oder Jacob Levy doch in den Kreis der Verdächtigen auf? Gehörten sie wirklich zur Familie von Joseph Hyam Levy? Wenn, wäre es ein guter Grund gewesen, "mit der Sprache herauszurücken"?! Vielleicht wandte er sich explizit an die MET Police und sie überredeten ihn zu einer Gegenüberstellung um danach die City Police wieder auf ihren "alten Verdächtigen" aufmerksam zu machen. Verdächtiger und Angehörigen verloren dann vielleicht doch die Nerven, nachdem sie sich lange sicher gefühlt hatten, wußten vielleicht, das da was "Großes" passiert war. Und Kosminski wanderte das letzte Mal ein. Alle hätten mit ihren Angaben recht nur Swanson hätte sich, warum auch immer, in einem Detail geirrt.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 08.02.2011 20:05 Uhr
Durchaus nicht unwahrscheinlich. Dass ein entscheidender Hinweis darauf, bei XYZ könnte es sich um den Ripper handeln, aus der Familie des Betreffenden kommt, erscheint mir ohnehin recht plausibel. Zumindest sollte irgendein ihm Nahestehnder der Polizei gegenüber ein bisschen geplaudert haben. Es ist in diesem Zusammenhang wirklich schade, dass wir über Aaron Kosminskis berufliches Leben überhaupt nichts wissen. Die einzigen Hinweise, die wir diesbezüglich haben, sind die Aussage von Cohen, dass Aaron seit Jahren keinem Beruf nachgeht (wenn das stimmt, welchen Zeitraum meint die Formulierung "Jahre" dann?), und der in der Akte vermerkten Berufsbezeichnung "Hairdresser". Wenn der letzte Job von Aaron Friseur war, was machte er dann in der Butcher´s Row? Hat er sich kurzfristig durch einen Job im Metzgereigewerbe über Wasser gehalten? Hat er als Frisör dort gearbeitet? War er eventuell nur bei jemandem zu Gast, der ihm in irgendeiner Form nahestand? Bei einem Bruder oder Schwager oder dergleichen? Ärgerlich, dass wir darüber nicht mehr wissen. Andererseits sind solche illustren Figuren wie Jacob Levy und Hyam Hyams durch ihr auffälliges Verhalten natürlich recht brauchbare Verdächtige, auch wenn ich sie eher nicht auf der Liste habe. Aber es erscheint mir durchaus verständlich, dass sie in den Focus der Ermittlungen gerückt sein könnten und eventuell auch von der City observiert wurden. Eventuell haben wir es wirklich mit zwei verschiedenen Verdächtigen zu tun, von denen einer später von Swanson auch noch mit David Cohen durcheinander gebracht worden sein könnte. Macht die Sache auch nicht einfacher.  :biggrin:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 09.02.2011 04:40 Uhr
Ich liege im Fieberdilerium und kann nicht schlafen...

Anderson hat wohl ganz besonders an einem Brief gehangen, der von einer Frau stammte, die behauptete, eng mit dem möglichen Ripper verwandt zu sein, falls ich mich recht erinnere. Viele behaupten, da wäre ein Zusammenhang zu Druitt zu sehen. Kann doch auf jeden zutreffen, will ich meinen...

Aaron Kosminski könnte ja zeitweise gearbeitet haben. Warum nicht ein paar Monate in der Butcher´s Row? In den Zweigen von Aaron´s Eltern, Abram Jozef Kozminski und Colda Abrahams gab es Schlächter- Tradition, genau wie bei den Lubnowskis, Walek and Rudka Lubnowskich waren Butcher, die Eltern von Morris Lubnowski. Ich suche das jetzt aber nicht genauer heraus...

"Jahre nicht gearbeitet", kann viel bedeuten. Dann freiwillig "Butcher" anzugeben, falls die Familie von der Brisanz wußte, wäre sicherlich nicht klug gewesen. Da war eine Menge Familiengewusel bei den Kosminski, Abrahams, Lubnowski und Cohens... ein verschworener Haufen vermeintlich... Jemand wie Jack the Ripper traue ich zu, zur Zeit der Morde, irgendwo als Butchergehilfe angestellt gewesen zu sein. Sagar könnte ihn doch bis März 1889 observiert haben. Aaron Kosminski fährt dann vielleicht ersteinmal irgendwo in eine Anstalt ein, stellte übehaupt vorher sein Treiben ein, weil er weiß, das er beobachtet wurde. Was eventuell ja zu Krisen bei ihm führte. Nachdem er raus ist, hat er wieder ein paar Gelegenheitsjobs. Vielleicht diesmal bei Schneidern und möglicherweise wieder als Butchergehilfe und irgendwann mal als Friseur und wird von Cox "betreut". Ein Jahr nach dem letzten Mord (Kelly), kommt es zum Hundevorfall. Da die Polizei diesen Mann ja nicht ewig beobachten kann, wird die Sache vorerst eingestellt. Cox meinte ja, der Mann hörte einfach mit seinen nächtlichen Wanderungen auf. Falls die eigene Familie etwas ahnte, könnte es Aaron Kosminski bewußt gewesen sein und er litt darunter, garnicht mehr so unentdeckt zu sein. Vielleicht nahm man ja "Hilfe" an und er kam hin- und wieder in Behandlung. So wie im Sommer 1890. Zu einer weiteren Krise hätte die Identifizierung im Seaside Home führen können, Ende Januar/ Anfang Februar 1891. Inbegriffen der Angriff auf seine Schwester (die vielleicht Anderson der Brief schrieb???). Es würde auch Sinn machen, wenn sich nach so langer Zeit, ca. 28 Monate später, ein Zeuge meldet, das man solche Gegenüberstellung absolut vertraulich und geheim behandelt. Falls in meinen Szenario Joseph Hyam Levy der Zeuge war, sollte er Gründe gehabt haben, sich nach so langer Zeit, zu einer eindeutigen Aussage hinreißen zu lassen. Wir wissen, das er in Beziehung stand zu Martin Kosminski. Dieser stammte aus der gleichen Region wie Aaron Kosminski´s Familie. Zwischen diesen Kosminskis ist kein Link zu erkennen. Das heißt ja nicht, das keiner da war...

Aaron Kosminski hing an seinem Leben. Das er vielleicht selber nicht mehr aus der Anstalt wollte, halte ich für möglich. Wenn er es war, dann wußte er auch, dass er identifiziert wurde. Und dem Rest der Familie, hätte man es ja stecken können. Zeitweise schien sich Aaron Kosminski ja irgendwie kontollieren zu können. Hier könnte die eigene Angst vor dem Tod, vor dem Galgen oder der Lynchjustiz der Bewohner von Whitechapel, eine Rolle gespielt haben. Hierzu, passen ja auch Anderson´s Aussagen. Wenn, dann hätten wir hier eine Ausnahmesituation, nämlich das ihm nahestehende Personen wußten, das er der gesuchte Jack the Ripper ist.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Anirahtak am 22.03.2011 00:23 Uhr
Guten Morgen allerseits,

ich habe mir dieses Thema mehrmals durchgelesen und der subjektive Eindruck, der sich bei mir festgesetzt hat,  geht ebenfalls...

Ich möchte auch noch mal etwas allgemeines zu Anderson und Swanson sagen. Ich persönlich finde beide absolut unsympatisch! :-)
Beide wirken wie zwei überhebliche Prahlhänse, die nachträglich darauf hinweisen wollten, dass man alles richtig gemacht hat, dass es nur am Scheitern anderer lag, dass JtRs richtiger Name nicht allgemein bekannt geworden ist. OK, Swansons Randbemerkungen waren nicht für die Allgemeinheit bestimmt, aber es gibt viele Menschen, die sich die Wahrheit so lange zurechtbiegen, bis sie selbst zufrieden damit sind. [...] Was Kosminski angeht, hab ich ein ähnliches Gefühl. Wurde der Verdächtige wirklich identifiziert? Hat der Zeuge tatsächlich gesagt : Ja, das ist der Mann, den ich in jener Nacht gesehen habe“? Oder hat er vielleicht gar nichts gesagt, aber die verantwortlichen Polizisten fanden, dass sein Blick mehr gesagt hatte als 1000 Worte? Hat er vielleich sogar gesagt „Nein, das ist er nicht“, aber man war der Meinung, dass seine Reaktion das Gegenteil bewies? War es womöglich eine Unterstellung, dass der Zeuge einen Glaubensbruder decken würde, die aus Frustration über das Scheitern der Aktion gemacht wurde? Ich halte es durchaus für möglich, dass Anderson und Swanson in ihrer Eitelkeit die Tatsachen ein bisschen verdreht haben… Vielleicht haben sie ihre persönliche Meinung, oder ihren persönlichen Eindruck als Tatsache hingestellt…
Ist alles nur Spekulation! Vielleicht biege ich mir ja gerade meine Wahrheit zurecht, bis ich zufrieden damit bin! :-)
LG, Jörn

...in diese Richtung.

Aber sehr interessant, welche unterschiedlichen Ansichten selbst die Ermittler hinterher hatten. Craddock erwähnte noch Edmund Reid. Dessen Eingeständnis (http://www.casebook.org/dissertations/spe3.html) ('Here are the only known facts. [...] That is all we know for certain.' sowie 'Officially and otherwise many thousands of pounds were spent in the effort to catch 'Jack' but he eluded us all.') erlaubt es mir persönlich eher ihn ernst zu nehmen als Bobby und Donny mit ihrem ominösen Identifizierungsgedöhns.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 29.07.2011 12:54 Uhr
Bezüglich Swanson´s Liste (siehe Posting auf der ersten Seite dieses Fadens):
...
3   Friday 31.8.88,  3.45am,  Mary Ann Nicholls,  Bucks Row  (Am Rand neben Tabelle:) 201
4   Saturday 8.9.88,  6am,  Annie Chapman,  29 Hanbury Street (Am Rand neben Tabelle:) 201
...

Wir haben schon einmal über die Bedeutung der 201 gesprochen (siehe erste Seite dieses Fadens), die auffiel, weil sie nur hinter Chapman und Nichols zu finden war.

Im Netz fand ich folgende Seite:

http://homepages.gold.ac.uk/genuki/LND/Indexes/EASTEND.txt

Ich konnte mir die letzten Nummern nicht erklären. Fand jedoch einige bekannte Namen, die ich auch so immer wieder antreffe.
Ich machte mir die Mühe einige Beispiele zu sortieren und kam zu folgenden Schluss: Waren Nichols und Chapman vor ihrer Ermordung in einem Krankenhaus, weil sie behandelt wurden, aufgrund von Alkohol oder Mißhandlungen (eben 201) z.B.?

Hätte das für Swanson wichtig sein können? Hatte er dort in diese Richtung geschlußfolgert?

Was meint ihr? Kennt sich jemand mit diesen Nummern aus oder hat noch andere Ideen?

201 könnte bedeuten, dass Nichols und Chapman in der gleichen Einrichtung Hilfe bekamen.

Grüße, Lestrade.

Nun meine Ausarbeitung der Liste:

Die Ripper- Opfer: (Mord?)

TURNER   Martha 40, Jack the Ripper's 1st victim,Gunthorpe St   210
NICHOLS  Polly 2nd Ripper victim, Buck Row (now Durward St)   210
CHAPMAN  Annie 3rd Ripper victim, Hanbury St backyard            210
STRIDE   Elizabeth 4th Ripper victim, 40 Berner St (WM Club)      212
EDDOWES         5th Ripper victim, vicinity of Mitre Square           212
KELLY    Mary Jane 6th Ripper vicitm, Milers Ct, Dorset St.           212

Swanson´s 201: (Krankenhausreif,Trunkenheit,Verwahrlosung, Mißhandlungen?)

ANSON    Margaret  34, drunk, ill-treated her female child    201
SMITH    Teresa    23, ill-treated 5yr illeg. son, horrific...      201
TOBIN    Dan    Tobins' neglected child, sent to w'house       201
TOBIN    Elizabeth  w of John Tobin, charge of child neglect  201
TOBIN    John   Confirmed drunkard                                   201

Angriffe etc.?

BOSWELL  Susan  15, assaulted by Richard Tabb                   202
CLARENCE Charles 28, Canal Rd, Mile End, indecent assault   202
CLARENCE   Ethel 4, assaulted by her father                         202
LOVETT   Florence 25,175Skidmore St,Mile End,killed illeg ch. 202
OAKLEY   John   48, lodger, assault on Rose Johnson (7)        202
TABB     Richard20, tailor, 165 Turners Rd, Mile End, assault   202

SCULLY   Mary Ann Star St, Commercial Rd. Assaulted by Kennedy204

Clubs, Musik, Konzert?

AARONSON Victor 10, violin prodigy, 77a W'chapel Rd, concert  308
GRENFELL Wilfred   Co-club leader with P E Halstead                  308
HALSTEAD P E      Club leader in E Eend (former BG doctor)      307
JAY      Rev A Osborne Shoreditch                                           306
COX      Mr Charles  Reading at St George's Musical Union mtg   305
MERCER    Mr Gus  Cornet solo at St Georges Musical Union Mtg 305

Schneider etc.?

GASHIN     Rachel   Buttonhole maker, Whitechapel              67
MARKS      Morris Tailoring machinist, Whitechapel                67
SESSION    Mrs Annie  Tailoring baster                                 67
SESSIONS   Mrs Jane Tailoring worker, Whitechapel              67
HAYES      Mary  Trouser finisher, widow of soldier (& p118)   68
WILCHINSKI Meyer Ex Kohl, nr Carlish, Poland, tailoring        68

Diebstahl?
BRADY      Inspector  C.I.D., evidence against Ellen Driscoll   183
BURGESS    Henry   Age 4, boots stolen by Driscoll                183
COHEN      Morris Tailor, 14 Broomhead St.,child's bootsstolen183

?
BLANK      Joseph E   Secretary of Jews' Temporary Shelter     66
BEHRENDS   Henry    President of the Jews Hospital              102
LUDWIG     Charles  German, drunk, stabbing charge            213
PIZER      Jacob  Polish boot-finisher, arrested on suspicion     217
BARON      Mr     Led a post-Ripper vigilante gp in Mile End    220

Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 30.07.2011 01:37 Uhr
Zitat von: Lestrade
Hätte das für Swanson wichtig sein können? Hatte er dort in diese Richtung geschlußfolgert?

Nabend Lestrade!

Kann ich mir durchaus vorstellen. Panopticon hat ja auf der ersten Seite einige Erklärungsversuche für die Zahlenfolgen versucht, wobei er unter anderem auch ein Beispiel aus dem englischen Strafgesetzbuch anführte. Manslaughter wird dort beispielsweise ja unter 212 geführt. Ich mochte die Idee eigentlich, und hab deshalb heute Abend nochmal in diese Richtung recherchiert, und hab auch tatsächlich eine Version des Teils von 1880 gefunden. Scheint aber nur ein Entwurf gewesen zu sein, wenn ich das richtig verstanden habe konnte man sich im Commonwealth bis Mitte des vorigen Jahrhunderts auf keine verbindliche Regelung einigen. Und dummerweise führt uns das Dokument auch noch weiter weg von der Lösung, da die Sektionen damals anders unterteilt waren als in der neueren Version. Manslaughter beispielsweise findet sich dort unter Sektion 173 und auch mit allen anderen Zahlen, die du in deiner Liste anführst, hatte ich kein Glück. 201 beschäftigt sich im übrigen mit der Bestrafung von Vergewaltigung, und da unsere Damen Opfer und keine Täter sind, ist das also auch wieder eine Totgeburt gewesen. Trotzdem ein interessantes Dokument, deshalb gibts den Link dazu (man braucht Adobe Reader oder ein anderes PDF-Leseprogramm, ansonsten öffnet sich ein Downloadfenster): Crime Code Bill (http://ozcase.library.qut.edu.au/qhlc/documents/CrimCode_Bill_1880.pdf)

Die neuere Version gibts auch online, aber bis auf die 212 findet sich auch dort kein Treffer (und 212 beschäftigt sich auch ausschließlich mit Totschlag, Mord wäre dort 211. Die 201 übrigens hat mit dem Abhören und Aufnehmen von Gesprächen zu tun, also leider auch mehr Rupert Murdoch als Nichols und Chapman): Criminal Code (http://www.iuscomp.org/gla/statutes/StGB.htm)

Eventuell hatte die Polizei ja eine eigene Liste, keine Ahnung. Deine Einteilung finde ich in der Hinsicht schon mal ziemlich gut. Interessant erscheint mir ja, dass Tabram, Nichols und Chapman dahinter die 210 stehen haben, Stride, Eddowes und Kelly hingegen die 212. Wenn es da irgendwelche Unterscheidungen gegeben haben sollte, dann wäre es doch eigentlich am logischsten, wenn Stride eine andere Nummer hätte, schließlich wurde sie als einzige nicht verstümmelt. Und warum könnten einige Nummern auf Berufe, Veranstaltungen etc. hinweisen, andere aber scheinbar ebenso eindeutig auf Verbrechenstypen? Laufen wir am Ende in die falsche Richtung? Kurz dachte ich ja, es könnte sich dabei um verschlüsselte Orts- bzw Bezirksangaben handeln, aber dann hatten Leute in ähnlicher Gegend doch verschiedene Nummern (ganz zu schweigen davon, dass das allein  mit den kanonischen 5 schon nicht hinhaut, was mir auch früher hätte einfallen können). So richtig schlau werde ich daraus nicht.  :wacko1:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 30.07.2011 09:34 Uhr
Morgen Craddock,

habe nocheinmal die ganze Sache erweitert. Von 201- 213 scheint die Bandbreite sehr groß gewesen zu sein. Über Krankenhausreif,Trunkenheit,Verwahrlosung, Mißhandlungen, häusliche Übergriffe/Gewalt, Vergewaltigung, sonstige sexuelle Übergriffe, Selbstmordversuche, Familienprobleme, Unglücke, Menschenhandel und Messerstechereien bis eben hin zu Mord etc. Die Opfer teilen sich auf dieser Liste in 210 und 212. Genau zur Hälfte. Warum? Ich weiß es nicht. Aber bei einer Hälfte auf Swanson´s Liste finden wir bei zwei Opfern eben jene 201, ob Tabram Ripper Opfer war wissen wir nicht. Bleiben wir also bei Nichols und Chapman. Waren sie die einzigen "Vollprostituierten"? Stride und Eddowes gingen ja manchmal noch arbeiten, Kelly könnte nur zeitweise in Prostitution gewesen sein. Oder wurden Nichols und Chapman noch vor ihrem Tode, vielleicht Tage vorher, von jemanden mißhandelt und meldeten es? Hatten sie als einzig vorher noch Geschlechtsverkehr? Und und und... ich weiß es nicht... Was hatten sie aber noch gemeinsam? Beide waren sehr krank, Nichols wanderte schon länger von einer Krankenstation zur anderen, Chapman war richtig hinüber, besorgte sich ja noch die bekannten Pillen, die man bei ihr fand. Leider gibt hier die 201 zu wenig an direkten Beispielen her.

Eine Überlegung habe ich noch, dann haue ich in den Sack:

Nichols und Chapman liefen in jenen Nächten im Kreis. Ich weiß, dass das London Hospital eine "Notfallklappe", irgendwo im hinteren Bereich der Einrichtung hatten. Beide litten unter großen Schmerzen. Ich halte es für möglich, dass beide in ihren Todesnächten dort aufgetaucht waren (201). Nichols wurde ja nahe des London Hospitals gefunden. Chapman kam etwas weiter...
Den Beobachtungen nach zu schließen, hätte Nichols von der Ecke Osborne Street/Whitechapel High Street weiter in Richtung Whitechapel Road (und damit an Aaron Kosminski´s Domizil) vorbeigehen können, ja fast müssen, um in´s London Hospital zu gelangen. Viel weiter kam sie ja dann nicht. Die letzten Stunden von Chapman kennen wir nicht aber ihre Pillen hatte sie immer noch oder vielleicht sogar schon wieder... Zwei kranke und absolut schwache Frauen auf dem Weg in´s London Hospital, zwei absolut leichte Opfer für den Typ von Täter den wir suchen... Möglich, dass sie dort oder auf dem Weg dorthin ihren Mörder trafen... Aber es bleibt Spekulation, wie könnte es anders sein... 201 könnte aber bedeuten, das Nichols und Chapman in so einer Einrichtung aufgetaucht waren... verwahrlost, mißhandelt, betrunken oder vergewaltigt...

Grüße.

FINLAY   Alexander   Attempted stabbing in Aldgate (see Ludwig)   213
LUDWIG Charles  German, drunk, stabbing charge                        213

BEVAN      Emily         63 Philpot St, attempted rape by resident     207
CAREY      Mary          Involved in the Dooley/Sullivan assault, hurt 204
CONNELL    Katherine     Attempted suicide, beaten by husband     203
COTTRELL   Patrick       Involved in case of Jas/Margaret Murphy    205
DONOVAN    Julie         22, attempted suicide, family problems       203
DOOLEY     Catherine     40, assaulted several women severely       204
ENGLEFIELDSHenry         Attempted suicide, Old Ford Canal           203
GAMBLE     Bridget       36, assault on husband William                  205
GAMBLE     William       26 Star St, St Georges, assault by wife        205
GEALISH    Leah          30, Polish jewess, assault charge (see Rason)205
GHYS       M H     House surgeon at London Hosp, examined Rason  206
HASLEM     Arthur        General dealer, 35 Ocean St, rape charge     207
KENNEDY    Mary          32, assaulted Mary Scully, 1 month's hard.  204
(siehe Scully gestriges Posting)
LAPPIDGE   Martha        Involved in Kennedy/Scully brawl              204
LUXON      James         24 St Johns Pl, nr Nelson St brothels           207
LUXON      Minnie        w of James, procurement of Emma Fursey   207
MULLINGS   Eliza         Ernest St, Mile End, procuring charge            207
MURPHY     James         Backchurch La, W'chapel, assaulted by wife  205
MURPHY     Margaret      27, assaulted husband                             205
PRITCHARD  Eliza         40, attempted suicide, brutal husband         203
RASON      Aaron         Tailor, 5 Duncan St, W'chapel, assaulted      205
RYAN       Jane          17, servant, raped by Haslem, her master      207
SMITH      Eliza         Ex Worcester, charged with procuring          206
SPENCER    Kate        Worcester, procured by Smith/Mullings, escaped207
STUBBINGS  Mr            Assistant gaoler                              204
SULLIVAN   Catherine     Assaulted by Dooley, protecting daughter      204
TOWLEY     Mr            Police Inspector, arrested Smith/Mullings     207
WOOLGER    Mary          20, 27 St Thomas' Rd, drowned, body not found 204
ZEFFERTT   Michael       12 Clifton Gdns, Maida V, wrote to Jewish Chr.206
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 30.07.2011 18:28 Uhr
Nabend Lestrade,

das sind durchaus interessante Gedanken, da könnte was dran sein. Wenn man die 210 mit "Milieutaten" assoziiert, ergibt die Einteilung tatsächlich Sinn, auch wenn wir natürlich nicht sicher sein können, inwiefern die 3 212er von der Polizei als Prostituierte eingestuft wurden. Dennoch erscheint das insgesamt die logischste Schlussfolgerung zu sein, also arbeiten wir hier ruhig mit der weiter.

Die wenigen Beispiele für 201 sind tatsächlich ein Ärgernis, zumal die wenigen Beispiele, die in der Liste auftauchen, hauptsächlich mit der Vernachlässigung von Kindern zu tun haben. Da haben wir einfach viel zu wenig Anhaltspunkte im Moment, um mit der Zahl wirklich etwas anfangen zu können. Im Zuge der vielen Beispiele für Kindesvernachlässigung habe ich kurz überlegt, ob es eventuell mit den Kindern der beiden zusammenhängen könnte. Eddowes war zwar auch Mutter, doch deren Nachwuchs dürfte zur Zeit des Mordes schon erwachsen gewesen sein, einige der Nachkommen von Nichols und Chapman hingegen noch nicht. Naja, auch nur eine abstruse Spekulation.

Anhand einiger anderer Beispiele in der Liste, scheinen wir aber manche Zahlen ganz gut zuordnen zu können (auch wenn uns das für unser konkretes Problem kaum was nützt).
202 - Angriffe auf Kinder
203 - scheint immer als versuchter Selbstmord auf.
205 - steht meistens in Verbindung mit Angriffen eines Ehepartners auf den anderen. Wenn ich jetzt nichts übersehen habe, scheinen die Opfer dabei immer die Ehemänner zu sein. Einge der attackierten Herren sind auch unverheiratet, doch auch dort scheinen nur Frauen als Täter auf.  Beziehungstaten?
213 - sind wohl irre Messerschwinger und Rumstechereien aller Art.
204 - hierbei scheint es sich fast immer um Angriffe auf Frauen zu handeln. (Auch wenn ich aus dem Fall von Mary Woolger nicht schlau werde. Ist die ertrunken oder wurde sie ertränkt? Wahrscheinlich eher zweiteres, aber wäre das dann nicht wieder eher Mord oder verschwimmen die Grenzen da einfach?)
206 - "procurement", würde ich anhand der Liste als Zuhälterei oder etwas in der Richtung einstufen. Bin da aber nicht sicher, wenn sich jemand mit englischer Rechtssprache besser auskennt, möge er mich bitte korrigieren.
207 - Vergewaltigung. Wird aber auch mit procurement genannt. Eventuell Zwangsprostitution?

Naja, nützt uns alles nicht viel. Verwundert bin ich ja immer noch darüber, dass einige Zahlen nicht mit Verbrechen, sondern mit Orten oder Berufen zusammenhängen. Das ergibt für mich bisher den wenigstens Sinn. Tja, nützt ja nix.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 30.07.2011 19:06 Uhr
Schaust du garkeinen DFB- Pokal? :biggrin:

Ja, was machen wir nun? Vielleicht besteht da auch gar kein Zusammenhang zwischen dieser Liste hier und Swanson seiner. Die 200 selber scheint zu Kindern zu gehören, die eingebrochen sind plus Beteiligte und dann kommt schon die 201...

Aber was gehörte nun alles zur 201? Die "Tanzenden Männchen" wie bei Doyle, scheinen wir wohl nicht lösen zu können. 8)

Vielleicht gehörten eben auch "wandernde Betrunkene" dazu...

Stride muss nicht betrunken gewesen sein, Kelly hatte ihr eigenes Heim und Eddowes kam aus der Ausnüchterungszelle.

(Mal kurz vom Thema weg:

Nichols, Chapman könnten die Whitechapel Road passiert haben (also nahe Greenfield Street). Ich würde gerne wissen, ob Stride und Eddowes, in oder Nahe dieser Straße, ihre gelegentlichen Tätigkeiten in jüdischen Haushalten o.ä. ausgeübt hatten. Allerdings wird man dies wohl niemals herausfinden können. Ich erwähne es auch deshalb, weil Stride bei ihrem Angreifer nicht gleich panisch geworden ist, was ja schon auffällig gewesen war. Möglicherweise war er ihr bekannt. Was meinst du, ganz persönlich?)
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 30.07.2011 20:24 Uhr
Zitat von: Lestrade
Schaust du garkeinen DFB-Pokal?  :biggrin:

Bei den ganzen Drittligisten muss ja nicht wirklich dauernd auf den Bildschirm starren. Außer die schießen ein Tor gegen Erstligisten :D

Zitat von: Lestrade
Vielleicht besteht da auch gar kein Zusammenhang zwischen dieser Liste hier und Swanson seiner.

Sehr gut möglich. Wahrscheinlich ist es für uns ohnehin nicht besonders wichtig, zu wissen, was die 201 bedeutet. Es wär nur interessant.

Zitat von: Lestrade
Was meinst du, ganz persönlich?

Schwierig, ich weiß nie so recht, was ich vom Stride-Mord halten soll. Unterdrückte Schreie passen einfach nicht, wenn mich ein Wildfremder plötzlich attackiert, schon gar nicht wenn man bedenkt, was die Wochen davor schon los war. Dann sind da noch die Cashous, die sie nicht fallen gelassen hat, sondern nach ihrem Tod immer noch umklammert hielt. Passt auch nicht zu einem Wildfremden, es sei denn, der hätte durch irgendetwas sehr schnell mein Vertrauen gewonnen. Beispielsweise, indem er mir gegen einen unbekannten Angreifer hilft. Auch das Argument, das immer gebracht wird, dass Prostituierte an solche Angriffe gewöhnt waren und die eben dann über sich ergehen lassen haben, scheint mir doch etwas zurechtgeschustert. Wenn irgendjemand mich packt, dann lass ich alles fallen, was ich in der Hand habe und versuche den Griff zu lösen. Deshalb denke ich, dass Stride in dem Moment, als sie getötet wurde, vollkommen entspannt war und kein Unheil kommen sah. Entweder war der Angreifer, den Schwartz beschrieben hat, nicht ihr Mörder (hier käme als möglicher Täter noch Pipeman in Betracht, aufgrund des Hilfeszenarios), oder sie ging aus irgendwelchen Gründen davon aus, dass der Angreifer ihr nichts Ernsthaftes antun würde. Wie gesagt, ich schwanke hier sehr stark, und neige auch mal dazu, Stride nicht als Ripperopfer zu sehen. Aber wer immer auch für ihren Tod verantwortlich war - ich schätze die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihn auf die eine oder andere Art kannte und deshalb dachte, von ihm würde keine ernsthafte Bedrohung ausgehen, meinem persönlichen Empfinden nach recht hoch ein.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 30.07.2011 21:12 Uhr
Na Craddock, dann teile wir ja in allem ähnliche Ansichten. Außer das ich Stride dazuzähle...

Vielleicht fällt uns später noch etwas zu der 201 ein.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 31.07.2011 14:19 Uhr
Craddock! Ich habe noch einmal bei Paul Begg seinen "The Facts" nachgeschaut.

Polly Nichols war vom 1-2 August 1888 im Gray´s Inn Temporary Workhouse. Keine Ahnung wo das war.

Annie Chapman, Zeuge William Stevens: "She was not very well, he said, and said she had been in the casual ward of the Whitechapel Infirmary from Wednesday night till Friday morning" (am darauffolgenden Morgen war sie bereits tot)
"She had a bottle of medicine, a bottle of lotion and a box containing two pills..."

Also die 201 könnte tatsächlich irgendwie mit so etwas im Zusammenhang stehen...

(Mir kam dabei allerdings wieder das "rote Halstuch" unter, irgendwie könnten da auch Zusammenhänge gefunden werden)

Zu Stride und Eddowes:

"...James Brown says he sees Stride with a man as he was going home with his supper down Fairclough Street. She was leaning against the wall talking to a stoutish man about 5' 7" tall in a long black coat that reached to his heels. He has his arm against the wall. Stride is saying "No, not tonight, some other night." "

Hört sich doch sehr nach Ablehnung an, wie ich finde... man kannte sich vielleicht doch...

Paul Begg wieder:

Elizabeth Tanner über Stride: "... woman who sometimes stayed out late at night and did cleaning work for Jews..."

...another Ripper victim, Catherine Eddowes, also reportedly did cleaning work for Jews...

Nun stell dir vor, Stride z.B. machte bei Isaac Abrahams manchmal in der Nacht sauber, kennt seinen Bruder Aaron Kosminski und der kommt (von der nahe Greenfield Street) ihr des Nachtens hin.- und wieder über den Weg. Wie z.B. in ihrer Todesnacht, beim erstenmal schickt sie ihn noch weg, weil sie weiß, er tickt nicht richtig und beim zweitenmal wird er handgreiflich, was sie aber auch schon von ihm kennt. Da sie aber vielleicht Bedenken hat, sie könnte die Stelle bei Isaac Kosminski verlieren, läßt sie sich auf einen "Blowjob" oder ähnlichem doch noch ein. Den Rest würden wir dann ja kennen...

Fakt ist, Stride wurden in der unmittelbaren Nachbarschaft des Wohnsitzes des Kosminski- Clans ermordet. Nichols wurde zuletzt ganz in dieser Nähe gesehen und m u s s nahe an Kosminski´s Domizil vorbeimaschiert sein.

Was meinst du nun dazu?
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 31.07.2011 20:18 Uhr
Hi Lestrade,

sehr interessant. Es könnte demnach wirklich sein, dass die 201 mit medizinischer Behandlung im Zuge von Verwahrlosung im weitesten Sinne des Wortes zu tun hat. Ich hab noch ein bisschen gegoogelt wegen des Workhouses und dabei diese Seite hier gefunden: http://www.workhouses.org.uk/Holborn/ (http://www.workhouses.org.uk/Holborn/)

Da ist ein Gray´s Inn Road Workhouse aufgeführt, ansäßig in Holborn. Laut Casebook-Timeline zu Nichols befand sich das Grays Inn Temporary in Holborn, also womöglich einfach ein falscher oder besser gesagt nicht genauer Name, der von einem zum anderen übernommen wurde und aufgrund seiner Bedeutungslosigkeit innerhalb der Morde nie genauer recherchiert wurde.

Die Kosminski-Idee ist auch sehr plausibel, Rob House wäre stolz auf dich  :biggrin:

Hier wäre es natürlich wirklich dringend notwendig zu wissen, bei wem genau Stride und Eddowes denn geputzt haben. Denn diese Ortsassoziationen lassen sich ja beispielsweise bei einer möglichen Hyam Hyams-Joseph Hyam Levy-Verbindung auch mit der Region um Mitre Square-Mitre Street spielen, aber das weißt du ja sowieso, diese Überlegungen bist du ja auch einmal durchgegangen.

Ich nehme den Rob House Satz oben übrigens zurück. Eigentlich bist du da sogar besser als House... falls die Battystreet-Theorie auf seine Kappe geht... Das Thema hab ich in den letzten Tagen nämlich recherchiert und bin dabei, einen Post darüber zu verfassen (Stordfield freut sich sicher, wenn er nach 4 Jahren mal ein paar Antworten darüber kriegt, die über "Würd ich auch gern mehr dazu wissen" hinausgehen) ... Oh Boy, kann man da nur sagen...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 31.07.2011 21:38 Uhr
Danke Craddock, sehr liebenswürdig!

Über Eddowes:

"At 8:00 AM on September 29 she returns to Cooney's Lodging House and sees Kelly. She has been turned out of the Casual Ward for some unspecified trouble. Kelly decided to pawn a pair of boots he had. He does this with a pawnbroker named Jones in Church Street. It was Kate who took them into the shop and pledged them under the name of Jane Kelly. She receives 2/6 for the boots and she and Kelly take the money and buy some food, tea and sugar. Between 10 and 11 AM they were seen by Frederick Wilkinson eating breakfast in the lodging house kitchen.

Casual Ward? Wie schon bei Annie Chapman. Was ist das genau? Hört sich an wie eine Abteilung in einem Krankenhaus für 0815 Hilfe ohne viel Aufwand. Kennt sich da jemand besser aus? Auch wenn keine 201 hinter Eddowes auf Swanson´s Liste stand, es könnten ja doch Zusammenhänge bestehen.

Church Street, dort sah ein unbekannter Zeuge einen Mann "wipping his hands" and "sitting on a doorstep". Dürfte ja jeder kennen, die Story. Die Straße lag dort, wo Emma Smith angepöbelt wurde und Nichols zuletzt gesehen wurde. Waren ja auch nur wieder um die 300m von der Greenfield Street weg, wenn überhaupt.

Jetzt haben wir schon Smith, Nichols und Stride, Eddowes und mutmaßlich auch Chapman in Verbindung mit dieser Mitte aller Tatorte. Schon interessant oder? Könnte auch die Polizei so gesehen haben...

Apropos Polizei:

Wir haben einen Schaden an einem unserer Autos. Hat doch so ein Vollpfosten den eingeklappten Seitenspiegel abgetreten. Der Tathergang war einfach nachzuvollziehen aufgrund von Fuss- und Fingerabdrücken. Unser Fahrzeug parkten wir entgegen der Fahrtrichtung. Entweder kam der Täter über die Straße oder stieg auf der Straße aus einem Auto aus. Er ist rechtshänder, ca. 1,90m groß, ca. 80kg schwer, war nicht betrunken und entschied sich vorsätzlich für die Fahrerseite. Er trug Turnschuhe der Marke Vans, Größe 41/42. Er war aufgeregt aber dennoch entschlossen. Den rechten Fuss setzte er nur einmal auf die Motorhaube, den linken zweimal und dürfte nach dem Abtreten des Spiegels nicht ganz so sanft gelandet sein. Die Fingerabdrücke sind klasse :-) Die Polizei freute sich über meine Erkenntnisse. Ich ziehe mir meinen Scheitel ja schließlich nicht mit dem Dampfhammer.

Amateure wie wir, was Craddock?
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 31.07.2011 22:10 Uhr

Wir haben einen Schaden an einem unserer Autos. Hat doch so ein Vollpfosten den eingeklappten Seitenspiegel abgetreten. Der Tathergang war einfach nachzuvollziehen aufgrund von Fuss- und Fingerabdrücken. Unser Fahrzeug parkten wir entgegen der Fahrtrichtung. Entweder kam der Täter über die Straße oder stieg auf der Straße aus einem Auto aus. Er ist rechtshänder, ca. 1,90m groß, ca. 80kg schwer, war nicht betrunken und entschied sich vorsätzlich für die Fahrerseite. Er trug Turnschuhe der Marke Vans, Größe 41/42. Er war aufgeregt aber dennoch entschlossen. Den rechten Fuss setzte er nur einmal auf die Motorhaube, den linken zweimal und dürfte nach dem Abtreten des Spiegels nicht ganz so sanft gelandet sein. Die Fingerabdrücke sind klasse :-) Die Polizei freute sich über meine Erkenntnisse. Ich ziehe mir meinen Scheitel ja schließlich nicht mit dem Dampfhammer.

Amateure wie wir, was Craddock?

Sieht fast so aus  :lol:

Zitat von: Lestrade
Casual Ward? Wie schon bei Annie Chapman. Was ist das genau? Hört sich an wie eine Abteilung in einem Krankenhaus für 0815 Hilfe ohne viel Aufwand.

Laut "unsrer" Hauptseite meint Casual Ward ihre bisherige Unterkunft. Ward kann aber unter anderem auch Gewahrsam bedeuten... keine Ahnung, was genau damit gemeint ist. Die Krankenstation ist jedenfalls auch im Rennen. Langsam glaub ich wirklich, ich verwende die falschen Englisch-Wörterbücher...

Ortstechnisch wirds jetzt aber auch ohne Eddowes langsam auffällig... Wenn man den Täter wirklich dort suchen muss, wird aber auch klar, dass der Täter dann auf seine eigene Sicherheit so gut wie keine Rücksicht nahm, es sieht dann eher so aus, als hätte er sich die erstbeste geschnappt, die ihm über den Weg lief, nachdem er aus seiner Haustür raus ist.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 31.07.2011 22:58 Uhr
Chapman: "the casual ward of the Whitechapel Infirmary"

Eddowes: "Casual Ward for some unspecified trouble"

Ich passe da einfach mal. Hat vielleicht mehrer Bedeutungen und mehrere Zusammenhänge. Was soll´s ?

Kate Eddowes hätte den Ripper nicht erst an der Church Passage treffen können, sondern schon vorher nahe der Church Street. Die Zeit war da. Ich halte es für möglich, dass der Ripper einen festen Standpunkt hatte, von dem er Ausschau nach Opfern hielt und zu dem er immer wieder zurückkehrte. Auch Stride war vorher parallel gegenüber der Greenfield Street, nämlich in der Settle Street gesehen worden. Er geht aus dem Haus, sieht am 31.08. 1888 Nichols vorbeigehen, eine schwache Frau, unterwegs zu einer Krankenstation, folgt ihr so lange, bis sich die Gelegenheit in der Buck´s Row ergibt. Am 08.09. vielleicht ein ähnlicher Vorfall, er vermeidet den ersten Tatort aber und wartet bis zur Hanbury Street.
Bei Stride am 30.09. wieder ähnlich, er beobachtet und folgt einige Zeit. Diesmal mißglückt es und er entkommt bis zur Church Street. Eddowes geht an dieser Straße nach ihrer Entlassung vorbei, war ja dort schon während des Tages, hatte dort ein Erfolgserlebnis. Auch hier nimmt er die Verfolgung auf, spricht sie an der Church Passage an. Der furchtbare Rest ist bekannt. Trotz der Ereignisse um Leather Apron, den Verbrechen an Smith und Tabram, der Geburt von Jack the Ripper mit den Greueltaten an Nichols und Chapman, vertrauten diese beiden Frauen, Stride und Eddowes, einem Mann und gehen mit ihm in die dunkelsten Ecken. "Not tonight, some other night" hört man Stride sagen, Eddowes: "Sie redet gütlich mit ihm und hat ihre Hand auf seiner Brust" erzählt Lawende. Eher wieder ein ablehnende Geste. Wenn es ein- und derselbe Mann war, immer wieder, dann hat er es trotzdem geschafft sie zu überreden. Einfach dürfte er es also nicht gehabt haben. Entweder war er mehr wie ungepflegt oder den Frauen bekannt oder beides. Bei Nichols und Chapman hatte er es noch einfach. Bei Stride und Eddowes vielleicht schon weniger, gerade nachdem was die ersten Verbrechen an Panik verbreitet hatten. So schnell geht keine mehr mit ihm also könnte er sich für Opfer entschieden haben, die er "kannte". Der besser gekleidetet Verdächtige bei Kelly, könnte eine weitere Steigerung dieser Vorsicht gewesen sein und die Umstellung hin zum Indoor. Auch weg vom Ort, wo er möglicherweise schon einmal observiert wurde.

Ist viel Craddock aber Szenarien durchzuspielen, ist eine der wenigen Möglichkeiten, die uns bleiben.

Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Anirahtak am 01.08.2011 01:37 Uhr
Ortstechnisch wirds jetzt aber auch ohne Eddowes langsam auffällig... Wenn man den Täter wirklich dort suchen muss, wird aber auch klar, dass der Täter dann auf seine eigene Sicherheit so gut wie keine Rücksicht nahm, es sieht dann eher so aus, als hätte er sich die erstbeste geschnappt, die ihm über den Weg lief, nachdem er aus seiner Haustür raus ist.
Erscheint mir nicht so, wenn man die wochenlangen Zeitabstände berücksichtigt. Es sei denn, die Mordlust hätte ihn exakt in diesen Intervallen überkommen. Aber das wäre dann schon von arger Regelmäßigkeit geprägt, auch was die Wochenend-Zeitpunkte angeht.

Eddowes: "Sie redet gütlich mit ihm und hat ihre Hand auf seiner Brust" erzählt Lawende. Eher wieder ein ablehnende Geste.
Von Joseph Lawende heißt es aber auch: ... but not in a manner to suggest that she is resisting him. Eine abwehrende Geste würde auch nicht zum gütlichen Gespräch passen.

Zitat
Bei Nichols und Chapman hatte er es noch einfach. Bei Stride und Eddowes vielleicht schon weniger, gerade nachdem was die ersten Verbrechen an Panik verbreitet hatten.
Deshalb halte ich den Ripper auch für jemanden, der andere gut von etwas überzeugen konnte. Dies wiederum traue ich jemandem nicht zu, dessen Irrsinn nach außen hin offenkundig bemerkbar ist.

Zitat
So schnell geht keine mehr mit ihm also könnte er sich für Opfer entschieden haben, die er "kannte".
Möglicherweise. Allerdings wäre er dann nicht mehr irrsinnig, sondern berechnend. Wahnsinnige (im Sinne Kosminskis) stellen solche Überlegungen nicht an.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 01.08.2011 07:03 Uhr
"Wahnsinnige (im Sinne Kosminskis) stellen solche Überlegungen nicht an."

Wer sagt das?

Die Intelligenz bleibt auf gewissen Gebieten erhalten. In besonderen Fällen entwickeln sich sogar außergewöhnliche Fähigkeiten.

Siehe hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hebephrene_Schizophrenie

Und so sollte man Aaron Kosminski auch einordnen.

"but not in a manner to suggest that she is resisting him"

Ich sprach von ablehnen, nicht von abwehren.

"Deshalb halte ich den Ripper auch für jemanden, der andere gut von etwas überzeugen konnte. Dies wiederum traue ich jemandem nicht zu, dessen Irrsinn nach außen hin offenkundig bemerkbar ist."

...den Patienten Imponierverhalten oder asoziales Verhalten zugeschrieben wird und sie als Sonderlinge angesehen werden...Gerade dieses schein-pubertäre Verhalten wirkt auf Grund seiner Unverschämtheit oft, als wolle der Kranke sein Gegenüber absichtlich provozieren oder verhöhnen.

Was ist offenkundig bemerkbarer Irrsinn?

Ferner haben britisch-schwedische Wissenschaftler um Finn Rasmussen am Karolinska Institut einen statistischen Zusammenhang zwischen dem zunehmendem Alter des Vaters bei der Zeugung und dem Risiko einer schizophrenen Erkrankung gefunden. Der Zusammenhang wird mit der Hypothese erklärt, dass mit steigendem Alter verstärkt Mutationen in den Spermien auftreten, die diese Krankheit begünstigen.

Beide, Aaron Kosminski´s Vater, genau wie seine Mutter, waren bei seiner Geburt ca. 45 Jahre alt. Wieviel Eltern mag es damals gegeben haben, die mit diesem Alter Eltern wurden? Wieviele kennst du heute damit?
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Anirahtak am 01.08.2011 09:12 Uhr
"Wahnsinnige (im Sinne Kosminskis) stellen solche Überlegungen nicht an."

Wer sagt das?
Ich sage das. Wenn man sich auf einen schizophrenen Täter festlegt, sollte man eher keine als zuviel erfolgreiche Berechnung in sein Verhalten hineininterpretieren, weil diese Erkrankung gerade mit dem Gegenteil, nämlich mit ausgelebter, praktizierter Irrationalität einhergeht - was auch nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun hat, sondern mit einer Sicht der Realität, die objektiv aus den Fugen geraten ist.

Zitat
Die Intelligenz bleibt auf gewissen Gebieten erhalten. In besonderen Fällen entwickeln sich sogar außergewöhnliche Fähigkeiten.

Siehe hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hebephrene_Schizophrenie

Und so sollte man Aaron Kosminski auch einordnen.
Nö, ich ordne Kosminski bei der Paranoiden Schizophrenie (http://de.wikipedia.org/wiki/Schizophrenie#Paranoide_Schizophrenie) ein. Aber auch die hebephrene Variante klingt nicht nach jemandem, der in der Lage wäre, andere davon zu überzeugen, dunkle Ecken mit ihm aufzusuchen.

Zitat
"but not in a manner to suggest that she is resisting him"

Ich sprach von ablehnen, nicht von abwehren.
Ja. Aber auch das kann ich aus Joseph Lawendes Aussage nicht herauslesen.

Zitat
Was ist offenkundig bemerkbarer Irrsinn?
Brotkrümel aus dem Rinnstein zu klauben und zu essen, kein Essen von anderen anzunehmen (mutmaßlich aus Angst vor Vergiftung), Halluzinationen, Sehen von Erscheinungen, Hören von Stimmen. Also das Programm, was bei Kosminski ablief.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 01.08.2011 09:39 Uhr
Brotkrümel aus dem Rinnstein zu klauben und zu essen, kein Essen von anderen anzunehmen (mutmaßlich aus Angst vor Vergiftung), Halluzinationen, Sehen von Erscheinungen, Hören von Stimmen. Also das Programm, was bei Kosminski ablief.

Ja, absolut richtig: 1890/1891. Im Dezember 1889 fiel das nicht einmal dem Richter auf.

Ich sage das. Wenn man sich auf einen schizophrenen Täter festlegt, sollte man eher keine als zuviel erfolgreiche Berechnung in sein Verhalten hineininterpretieren, weil diese Erkrankung gerade mit dem Gegenteil, nämlich mit ausgelebter, praktizierter Irrationalität einhergeht - was auch nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun hat, sondern mit einer Sicht der Realität, die objektiv aus den Fugen geraten ist.

Und das schließt aus, jemanden zu folgen der ihm bekannt vorkam?

Nö, ich ordne Kosminski bei der Paranoiden Schizophrenie ein. Aber auch die hebephrene Variante klingt nicht nach jemandem, der in der Lage wäre, andere davon zu überzeugen, dunkle Ecken mit ihm aufzusuchen.

Ihm aber einen Hund anzuvertrauen ginge? Soviel Vertrauen war dann doch noch da ja?

Ja. Aber auch das kann ich aus Joseph Lawendes Aussage nicht herauslesen.

Was liest DU denn da heraus?

Es sollte schon ein Unterschied zwischen 1888 und 1890/1891 gemacht werden, was die Stadien von Aaron Kosminski´s Erkrankung angeht, denke ich. Schließlich verschlechterte sie sich auch in den darauffolgenden Jahren weiter.

Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 01.08.2011 21:26 Uhr
Okay, da hat sich ja einiges angesammelt. Na gut, von hinten nach vorne.

Zitat von: Lestrade
Was liest DU denn da heraus?

Ich nehme an, ziemlich dasselbe wie ich. Ich sehe darin nämlich auch keine ablehnende Haltung. Eher im Gegenteil. Sie steht da mit diesem Mann, scheint sich nett zu unterhalten und legt ihm, um zu demonstrieren, dass sie für ihn zu haben ist, zärtlich die Hand auf die Brust. Ist wohl Interpretationssache, aber wenn es wirklich ablehnend gemeint wäre, würde der Kontakt wohl nur von kurzer Dauer sein und Eddowes würde gleich darauf eher einen Schritt von ihm wegmachen.

Zitat von: Lestrade
Und das schließt aus, jemandem zu folgen der ihm bekannt vorkam?

Puh. Unentschlossen. Sprechen ja, aber mit ihm in eine dunkle Ecke gehen, ich weiß nicht... Eher nicht. Bei Stride könnte ich mir so ein Szenario vorstellen, vorausgesetzt, der Täter hätte ihr vorher gegen den Angreifer geholfen. Aber einfach so... Eher nicht.

Zitat von: anirahtak
Brotkrümel aus dem Rinnstein zu klauben und zu essen, kein Essen von anderen anzunehmen (mutmaßlich aus Angst vor Vergiftung), Halluzinationen, Sehen von Erscheinungen, Hören von Stimmen. Also das Programm, was bei Kosminski ablief.

Zitat von: Lestrade
Ja, absolut richtig: 1890/1891. Im Dezember 1889 fiel das nicht einmal dem Richter auf.

Und vielleicht sogar schon 1889! Kleiner Scherz. Wir wissen nicht, wann die Symptome bei Kosminski so stark wurden, der Hundevorfall spricht eher dafür, dass er insgesamt bis 1890 noch ganz gut funktioniert hat. Da es aber in der Regel doch einige Zeit dauert, bis die Krankheit so zuschlägt wie bei Aaron, ist aber doch anzunehmen, dass er zuvor schon auffälligkeiten gezeigt und den einen oder andere Schub (auch der heftigeren Sorte) durchgemacht haben dürfte/n. Vielleicht hatte er ja Wochentagsschübe, die sich zum Wochenende hin gelegt haben, wodurch er dann in der Lage war, seinem Hobby nachzugehen... Naja, ernsthaft, ich habe auch gewisse Schwierigkeiten damit, mir einen schizophrenen Ripper vorzustellen. Möglich ist es natürlich, aber nicht sehr wahrscheinlich.

Zitat von: ich schaffs schon vorwärts nicht
Ich sage das. Wenn man sich auf einen schizophrenen Täter festlegt, sollte man eher keine als zuviel erfolgreiche Berechnung in sein Verhalten hineininterpretieren, weil diese Erkrankung gerade mit dem Gegenteil, nämlich mit ausgelebter, praktizierter Irrationalität einhergeht - was auch nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun hat, sondern mit einer Sicht der Realität, die objektiv aus den Fugen geraten ist.

DEIN GIFT ESS ICH NICHT, DU ALTE HEXE! Ähm, Verzeihung.... ansonsten stimm ich zu.

Zitat von: Anirahtak
Nö, ich ordne Kosminski bei der Paranoiden Schizophrenie ein.

Agreed.

Zitat von: Anirahtak
Deshalb halte ich den Ripper auch für jemanden, der andere gut von etwas überzeugen konnte. Dies wiederum traue ich jemandem nicht zu, dessen Irrsinn nach außen hin offenkundig bemerkbar ist.

Mh... zumindest soweit, als er die Opfer in Sicherheit wiegen konnte und sie ihn nichtsahnend in ein dunkles Eckchen mitnahmen.

Zitat von: Lestrade
Ferner haben britisch-schwedische Wissenschaftler um Finn Rasmussen am Karolinska Institut einen statistischen Zusammenhang zwischen dem zunehmendem Alter des Vaters bei der Zeugung und dem Risiko einer schizophrenen Erkrankung gefunden. Der Zusammenhang wird mit der Hypothese erklärt, dass mit steigendem Alter verstärkt Mutationen in den Spermien auftreten, die diese Krankheit begünstigen.

Beide, Aaron Kosminski´s Vater, genau wie seine Mutter, waren bei seiner Geburt ca. 45 Jahre alt. Wieviel Eltern mag es damals gegeben haben, die mit diesem Alter Eltern wurden? Wieviele kennst du heute damit?

Womit wir erwiesen hätten, dass Aaron Kosminski schizophren war und aufgrund seiner Familiengeschichte gut in die Statistik passt. Ich versteh nicht ganz, worauf du da hinauswillst.

Zitat von: Anirahtak
Erscheint mir nicht so, wenn man die wochenlangen Zeitabstände berücksichtigt. Es sei denn, die Mordlust hätte ihn exakt in diesen Intervallen überkommen. Aber das wäre dann schon von arger Regelmäßigkeit geprägt, auch was die Wochenend-Zeitpunkte angeht.

Ich erachte es ja auch eher unwahrscheinlich, aber...

Zitat von: Lestrade
Ich halte es für möglich, dass der Ripper einen festen Standpunkt hatte, von dem er Ausschau nach Opfern hielt und zu dem er immer wieder zurückkehrte.

(Forstsetzung von Seite 38) ... ich halte es durchaus für möglich, dass dieses Szenario zutrifft. Aber direkt vor der Haustür wär schon extrem dusselig. Ach ja, Kosminski, vergessen  :blum1:

Zitat von: Lestrade
Einfach dürfte er es also nicht gehabt haben. Entweder war er mehr wie ungepflegt oder den Frauen bekannt oder beides.

Das ist mir jetzt zu maßgeschneider auf Aarons Badegewohnheiten. Zumal wir auch zwei konkrete Beispiele haben, die Gegenteiliges vermuten lassen. Annie Chapman hätte sich mit little Stinker wohl gar nicht erst in den Hinterhof begeben, und MJK hätte wohl auch gleich noch die drei andren Scheiben am Fenster eingeworfen, um für ein bisschen Frischluft zu sorgen. Einen Strategiewechsel seh ich bei Letzterer auch nicht unbedingt, mit dem Indoor-Szenario hatte er - da ich immer noch eher davon ausgehe, er ließ, um die Opfer in Sicherheit zu wiegen, sie die Plätze aussuchen - einfach nur Schwein. Dass er sein Einsatzgebiet verändert haben könnte, ist aber durchaus nicht auszuschließen.

Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Anirahtak am 01.08.2011 23:18 Uhr

Ich nehme an, ziemlich dasselbe wie ich. Ich sehe darin nämlich auch keine ablehnende Haltung. Eher im Gegenteil. Sie steht da mit diesem Mann, scheint sich nett zu unterhalten und legt ihm, um zu demonstrieren, dass sie für ihn zu haben ist, zärtlich die Hand auf die Brust. Ist wohl Interpretationssache, aber wenn es wirklich ablehnend gemeint wäre, würde der Kontakt wohl nur von kurzer Dauer sein und Eddowes würde gleich darauf eher einen Schritt von ihm wegmachen.
Du nimmst richtig an.


Zitat
DEIN GIFT ESS ICH NICHT, DU ALTE HEXE! Ähm, Verzeihung.... ansonsten stimm ich zu.
MERDE ALORS! :mad:  ...aber versuchen kann man es ja. :girl_witch:

Zitat von: Anirahtak
Mh... zumindest soweit, als er die Opfer in Sicherheit wiegen konnte und sie ihn nichtsahnend in ein dunkles Eckchen mitnahmen.
Es ist ja so... Geht man von einem schizophrenen Täter aus, so setze ich voraus, dass er die Taten im Rahmen eines Wahnschubs begeht (und eher nicht in den besseren Phasen oder denen mit Negativsymptomatik). Jetzt sind Schizophrene im Schub alles mögliche, nur nicht unauffällig oder gar überzeugend. Sie halten an der Wahnidee fest und vertreten sie unabbringbar, gerne auch gegenüber Personen, die gar nicht danach gefragt haben. Es gehört zum Dilemma der Krankheit, dass sie sich kaum verstellen können. Schon gar nicht an einem Punkt, wo sie zu Taten schreiten, die eigen- oder fremdgefährdend sind. Der Täter musste dem Opfer irgendwas vorspielen, um sie zu überzeugen, dass sie gefahrlos mit ihm eine dunkle Ecke aufsuchen kann. Und dieses Umschalten zwischen Theater spielen und Sekunden darauf eine Wahnsinnstat zu begehen halte ich bei einem Schizophrenen im Schub für nahezu ausgeschlossen.

Der Täter nach meiner Vorstellung war auch nicht "normal" aber auf eine andere Weise, die es ihm erlaubte, sich zu verstellen.

Zitat
Ich erachte es ja auch eher unwahrscheinlich, aber...
Als vorsichtig kann man es natürlich nicht bezeichnen, im eigenen Wohnbezirk Morde auf offener Straße zu begehen. Aber da er nicht erwischt wurde, vermute ich, dass er die einzelnen Situationen schon eingeschätzt und es ggf. auch gelassen hat. Gut, bei Stride (so sie denn dazu gehört) hatte er wohl einen übermütigen Ausreißer.


Ja, absolut richtig: 1890/1891. Im Dezember 1889 fiel das nicht einmal dem Richter auf.
Muss es ja auch nicht, wenn er da eine bessere Phase hatte.

Zitat
Und das schließt aus, jemanden zu folgen der ihm bekannt vorkam?
Siehe oben: "Es ist ja so...". Jemandem zu folgen, der ihm bekannt vorkam und zwar aus dem folgerichtigen Grund, Bekannte gäben leichtere Opfer ab, ist für einen Täter mit Schizophrenie zu... folgerichtig, zu berechnend. Nehmen wir mal an, Aaron Kosminski hätte im Wahn diejenigen beseitigen wollen, die zu "denen" gehörten, die ihn vergiften wollen. Dann würde er die Opferauswahl nicht nach leichterer Erreichbarkeit treffen (so wie der Täter, den ich mir vorstelle - aber der hat auch andere Motive), nein, er würde exakt die Person angreifen, die er als zu "denen" zugehörig erachtet. Und es wäre ihm dabei völlig latte, ob die mitkommt oder nicht, weil ihn solche Details auf seiner "Mission" nicht aufgehalten hätten. Daraus ergibt sich, dass er recht schnell inmitten der Tat erwischt worden wäre. Aber das hatten wir ja schon öfter.

Zitat
Ihm aber einen Hund anzuvertrauen ginge? Soviel Vertrauen war dann doch noch da ja?
Hätte Kosminski einen Passanten auf der Straße (!) im Wahn (!!) erfolgreich (!!!) davon überzeugt, ihm den Hund zu überlassen, dann wäre das in der Tat in hohem Maße merkwürdig, ja.



Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 02.08.2011 00:32 Uhr
Zitat von: Anirahtak
Es ist ja so... Geht man von einem schizophrenen Täter aus, so setze ich voraus, dass er die Taten im Rahmen eines Wahnschubs begeht (und eher nicht in den besseren Phasen oder denen mit Negativsymptomatik). Jetzt sind Schizophrene im Schub alles mögliche, nur nicht unauffällig oder gar überzeugend.

Und eben deshalb musste ich die Schubphasen auf Wochentage verlegen.  :blum1:
Aber gegen mich musst du Aaron sowieso nicht verteidigen, jedenfalls nicht mehr. Ich finds grad übrigens lustig, dass Lestrade und ich die Rollen scheinbar getauscht haben. Im Februar noch hab ich Kosminski recherchiert, zwar ohne ihn wirklich für den Täter zu halten, aber doch mit gewissem Interesse. Lestrade brachte damals noch die Gegenargumente - zumindest teilweise - aber seid er Rob House gelesen hat, scheint er Aaron doch noch etwas näher ins Auge gefasst zu haben als früher.  :biggrin:
 

Zitat von: weißtjawieduheißt
Der Täter nach meiner Vorstellung war auch nicht "normal" aber auf eine andere Weise, die es ihm erlaubte, sich zu verstellen.

Seh ich ja auch so, Typ von nebenan, unauffällig, angenehm im Umgang.


Zitat
Hätte Kosminski einen Passanten auf der Straße (!) im Wahn (!!) erfolgreich (!!!) davon überzeugt, ihm den Hund zu überlassen, dann wäre das in der Tat in hohem Maße merkwürdig, ja.

Vielleicht sollte der Hund ja auf Aaron aufpassen  :shok:

Ich sollte hier nicht dauernd blöde Witze machen, sondern endlich mal den Battystreet-Post fertig schreiben.  :negative:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 03.09.2011 12:30 Uhr
aber seid er Rob House gelesen hat, scheint er Aaron doch noch etwas näher ins Auge gefasst zu haben als früher.

Zwischen Levy, Hyams, David Cohen und "Kosminski" vorher vollkommen übersehen. Kann passieren was oder?

Schamlos von mir, ich gehör´verboten :mocking: 
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 07.09.2011 23:01 Uhr
Schamlos von mir, ich gehör´verboten :mocking: 

Umgezogen kann er in der Zeit natürlich auch 15mal sein, das stimmt natürlich. Ich, der ich mich gerade mal wieder auf dem Evans Trip befinde, kann diese Mutmaßung aber natürlich nicht zulassen  :biggrin:

Lestrade mein Freund, weißt du, was wirklich verboten gehört (also abgesehen von dir  :blum1:)?

Der Onlineversand von Thalia. Ich hab vor 7 Wochen eine Lieferung bestellt (unter anderem endlich Rob House), und nachdem sich bis vor 2 Wochen nix getan hat, hab ich da mal hingeschrieben. Daraufhin hieß es in etwa: Upps. Naja, heute sind sie endlich gekommen :D
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 08.09.2011 11:12 Uhr
Ich habe die gleichen Erfahrungen gemacht mit Thalia... da machste Nix Craddock...

Hättest du dir aber sparen können, ich habe den Fall gelöst.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 08.09.2011 20:31 Uhr
Hättest du dir aber sparen können, ich habe den Fall gelöst.

Wurde aber auch Zeit :D
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 09.09.2011 20:09 Uhr
Wurde aber auch Zeit Lächelnd

Auch da hast du recht. Bevor ich mich jetzt wieder für Wochen verabschiede, hier noch ein paar Details für alle Interessierten:

Das "Seaside Home" war eine Einrichtung für Menschen mit Erschöpfung. "Kosminski" dürfte dort identifiziert worden sein. So um den 16.November 1888. Zu dem Zeitpunkt war der Zeuge und nicht der Verdächtige in einer anstaltartigen Einrichtung.

Bis dahin,

Lestrade.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 09.09.2011 21:18 Uhr
Okay, jetzt bin ich neugierig.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 11.09.2011 20:18 Uhr
Oh, erzeugt wohl nicht wirkliches Interesse...

Sorry Craddock, ich wollte dich nicht verwirren. Ich habe nur gewartet bis jemand diese Frage ähnlich im Casebook stellen würde.

So ein ähnliches Szenario ist natürlich nicht auszuschließen.

Ich selber verweile eher gerne bei Aussagen wie von Anderson, dass der Verdächtige, während er schon hinter Schloß und Riegel saß, identifiziert wurde. War eine Version seiner Ansichten. Desweiteren gab es Aussagen, dass er während des Herbstes 1888 auf freiem Fuss war, danach wohl nicht, sowie von anderen Beamten, die ihn davor und danach öfters in Anstalten gesehen haben wollten. Wurde schon alles einmal oder mehrmals in unseren Forum besprochen.

Die Hausdurchsuchungen fanden zwischen dem 03 und 18. Oktober 1888 statt. Ich denke, die Auswertungen nahmen einige Zeit in Anspruch. "Kosminski" dürfte, wenn man sich auf Anderson verläßt, da bereits einige Aufmerksamkeit der MET Police bekommen haben. Wann wäre es dringender nötiger gewesen, all diese Verdächtigen einigen Zeugen gegenüberzustellen, als nach Kelly? Ich denke, wenn die Polizei schnell gehandelt hat, dann standen sie plötzlich vor "Kosminski" seiner Tür und ich würde meinen, dieser hätte dann ähnlich reagiert wie ein Cohen. Hilfe von Experten, Leuten mit Erfahrung wäre von nöten gewesen, diesen Mann irgendwie ruhigzustellen. Eine schnelle Einweisung hätte erfolgen können, in eine Anstalt oder in einem Trakt solcher Einrichtung, genannt "Seaside Home". Vielleicht war dies auch eine ganz spezielle Einrichtung für Geisteskranke, wer weiß? Unter diesen Bedingungen hätte man dann einen Zeugen oder mehrere herbeiholen können.. Ich denke, so etwas war in 1888 auch nicht immer gleich möglich. Einer dieser Zeugen (Lawende ist der Favorit) erkennt ihn wieder. Vielleicht erkannte der Verdächtige den Zeugen auch wieder. Ich habe keine Ahnung wie solche Gegenüberstellungen damals aussahen. Vielleicht dauerte es einige Tage, bis der Verdächtige sich wieder beruhigt hatte und kam dann zurück in die Behausung seines Bruders. Stellt euch vor, Lawende wirft einen Blick durch die Öffnung in der Gummizelle und sagt gleich Ja. Vielleicht gab es wirklich auch noch den PC vom Mitre Square der vielleicht nicht Ja sagte sondern "könnte sein, da ist eine Ähnlichkeit". Lawende hört den Namen "Kosminski", vielleicht hier und da ein paar negative Äußerungen gegenüber Juden und weiß bescheid, bekommt mit, dass der Täter genau wie er, ein Jude ist. Sowieso weiß er , dass dieser Mann an den Galgen kommt, "nur weil er ihn am Eingang der Church Passage" gesehen hat. Das war es? Hätte er von all den anderen "many circs" wissen können? Und jetzt stehen die Beamten da, schon mit dem Strick in der Hand und er sieht sich bereits vor´m Gericht stehen, mit seiner Aussage, die den Verdächtigen zum Tode verurteilen wird. "Guten Morgen jüdiche Gemeinde!", wäre ab diesem Tage, ohne das gewohnte "Guten Morgen Mr. Lawende" vonstatten gegangen. Wir wissen von Major Smith, dass Lawende nicht zu lenken war und überhaupt wenig Interesse an diesen Geschehnissen zeigte. (Von Smith stammt im Bezug dessen auch die Aussage, dass Lawende sein Verdächtiger jung gewesen war). Lawende dürfte dann nicht gerade dumm reagiert haben. Vielleicht äußerte er sich ähnlich, wie ich es beschreibe oder er änderte plötzlich seine Meinung und meinte "sicher bin ich mir allerdings nicht". Da er und vielleicht auch der mögliche PC vom Mitre Square Tatort stammen, übernimmt von da an die City Police "Kosminski". Da man "Kosminski" aber nicht ganz so einfach laufen lassen wollte, erzählte man ihm, "Junge, du wurdest erkannt, von heute an, machst du keinen Schritt mehr alleine". Das irgendetwas bei dieser Aktion schiefgelaufen war, sollte auch "Kosminski" erkannt haben. Aber sein Verfolgungswahn, der ohnehin schon da war, fand dann eine tatsächliche Begründung durch die Polizeiobservationen. Vielleicht sah er auch Verräter in seiner Familie. Dies alles hätte der Anfang von Ende für Ihn sein können. Aber vorallem das Ende dieser Serie an Verbrechen im Herbst 1888. Falls Swanson "Kosminski", mit Cohen verwechselt hatte, könnte uns dieser Fehler auch genaueres über das Datum der Identifizierung im Seaside Home sagen. Nämlich zwischen dem 10.11.1888 und dem 07.12.1888. Die Gründe für diese Verwechslung nannte ich bereits weiter oben auf dieser Seite. Ganz persönlich würde ich es ab dem 16.11.1888 und dem 30.11.1888 setzen.     
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Anirahtak am 05.10.2011 23:35 Uhr
[...] aber seid er Rob House gelesen hat, scheint er Aaron doch noch etwas näher ins Auge gefasst zu haben als früher.  :biggrin:
Dann sollte Rob House mal was über paranoide Schizophrenie lesen oder noch besser, eine ehrenamtliche Tätigkeit in der nächstgelegenen Psychiatrie antreten. 8)
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 06.10.2011 21:37 Uhr
Dann sollte Rob House mal was über paranoide Schizophrenie lesen oder noch besser, eine ehrenamtliche Tätigkeit in der nächstgelegenen Psychiatrie antreten. 8)

Wenn wir Glück haben, nimmt er Trevor Marriott mit und lässt ihn anschließend gleich da.  :crazy:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Anirahtak am 06.10.2011 22:13 Uhr
Wenn wir Glück haben, nimmt er Trevor Marriott mit und lässt ihn anschließend gleich da.  :crazy:
Nachdem ich mir einiges über dessen Feigenbaum-Leidenschaft durchgelesen hatte, fand es ich es schon etwas erschreckend, dass er früher ein echter B... Polizeibeamter gewesen ist. :shok:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Craddock am 06.10.2011 23:02 Uhr
Nachdem ich mir einiges über dessen Feigenbaum-Leidenschaft durchgelesen hatte, fand es ich es schon etwas erschreckend, dass er früher ein echter B... Polizeibeamter gewesen ist. :shok:

Ja, da will man doch glatt Verbrecher sein.  :biggrin:
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 23.05.2012 16:39 Uhr
Bezüglich Swanson´s Liste (siehe Posting auf der ersten Seite dieses Fadens):
...
3   Friday 31.8.88,  3.45am,  Mary Ann Nicholls,  Bucks Row  (Am Rand neben Tabelle:) 201
4   Saturday 8.9.88,  6am,  Annie Chapman,  29 Hanbury Street (Am Rand neben Tabelle:) 201
...

(siehe auch erste Seite dieses Fadens)

Ich glaube, ich weiß jetzt was die 201 bedeutet!

Die Nummer verbände dann tatsächlich, auf eine einzigartige Art und Weise, die Opfer Nichols und Chapman durch eine weitere Person. Es würde tatsächlich Sinn machen, Swanson Arbeitsweise unterstreichen und einen "angenommenen" Fakt in diesem Falle, vollkommen auf dem Kopf stellen.

Swanson schrieb die Liste zuerst von Smith bis Mackenzie sowie die anderen Ausführungen unter der Tabelle
Später trug er bis dahin die Wochentage ein und die 201 hinter Nichols und Chapman
Coles wurde dann später mit Wochentag hinzugefügt, woraus man schlußfolgern könnte, dass die ersten Einträge der Wochentage, vor Coles´Eintrag stattfanden
Offen kann bleiben, wann die Ziffern 1-7 links in der Liste eingetragen wurden

Warum trug er nun die 201 rechts hinter Nichols und Chapman ein?

Wir haben hier ja schon spekuliert. Kann man hier im Thread nachlesen.

Nun habe ich aber etwas herausgefunden, was zu den anderen Aussagen von Swanson passen könnte und hier auch gut in seine Liste passen würde.

Grüße, Lestrade.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 30.05.2012 23:24 Uhr
Werter Lestrade!


Nun habe ich aber etwas herausgefunden, was zu den anderen Aussagen von Swanson passen könnte und hier auch gut in seine Liste passen würde.

?????????
Laß uns bitte nicht dumm sterben!

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 31.05.2012 09:04 Uhr
Gerne!

Immer wieder habe ich mich mit der 201 beschäftigt. Mich gefragt, welche Bedeutung sie gehabt haben könnte bzw. noch hat. Jede Richtung eigentlich schon durchgedacht.

Vorallem fragte ich mich, welche Verbindung zwischen Nichols und Chapman bestanden haben könnte, außer den bekannten, offensichtlichen Dingen. Nun wußte ich zwar, dass mir im Unterbewußtsein etwas aufgefallen war, dennoch fiel es mir nicht wieder ein. Trotzdem bin ich durch dieses Unterbewußte, immer und immer wieder angetrieben worden. Aber dann fiel es mir endlich ein:

Thomas Ede!

Kaum jemand redet über ihn. Eigentlich war er Zeuge am Morgen des Chapman- Mordes aber er wurde zur Anhörung im Falle Nichols geladen. Und zwar zweimal, einmal als Thomas Ede und einige Tage später erneut, diesmal als William Eade.

Es gab also einen Zeugen, der zwei Opfer und zwei Tatorte miteinander verband. Eingangs muss er für die Polizei sehr wichtig gewesen sein. Was hatte er mit dem Nichols- Fall zu tun? Offensichtlich ja rein garnichts. Den verdächtigen Mann, den er am Morgen des Chapman- Mordes erkannt haben will, soll Henry James gewesen sein. Ein bekannter, freiumherlaufender Irrer (sollte uns bekannt vorkommen). Zwischen seiner ersten und zweiten Anhörung will er nun erfahren haben, wer der Mann gewesen war, den er da gesehen haben will. Das mag stimmen aber hier haben wir einen Zeugen, der etwas an seinen Beobachtungen "verändern" konnte. Ich erinnerte mich an Anderson´s Memoiren: "als der Zeuge davon erfuhr, dass der Verdächtige ein jüdischer Gefährte war" (oder so ähnlich formuliert), hätte das auf Thomas Ede zutreffen können. Dieser hätte nach der Chapman- Tat erfahren haben können, dass der Mann den er da sah, also Leather Apron bzw. The Crazy Jew, eben ein ortsbekannter, freiumherlaufender Verrückter (Jude) war, den er nun nicht mehr verpfeifen wollte. Typen wie Henry James gab es sicherlich zuhauf... Nun kann ich natürlich nicht sagen, ob Thomas Ede Jude war, jüdische Verbindungen hatte oder sonst irgendwie mit diesem Glauben verbunden war aber er ist auch ein Zeuge, der seinen Namen änderte oder geändert bekam. Eben von Thomas Ede zu William Eade. Harry Harris war auch Jude und rein vom Namen her, wäre man heutzutage kaum darauf gekommen. Bei meiner Überlegung, könnte diese ganze Geschichte auch in Zusammenarbeit und Absprache mit der Polizei gelaufen sein.

Dann überlegte ich weiter. Swanson erzählt uns mit seinen Aufzeichnungen (hier und da) etwas über die Opfer, über die Identifikation(en), über den Zeugen und über den Verdächtigen. Durch seine Aufzeichnungen erkennen wir, dass er die ersten sieben Frauen (Smith- Tabram) wohl für die Opfer Jack the Ripper´s hielt. Was, wenn er uns mit der 201 eigentlich etwas über den Zeugen sagen will oder vielleicht auch über den Verdächtigen?

Ich denke, 201 bedeutet: Wichtiger/beeinflusster/ illegaler Zeuge bzw. gar Verdächtiger. Und da gibt es eben die Verbindung zwischen Nichols zu Chapman über einen Mann wie Thomas Ede. Aber was mir ebenso wahrscheinlich vorkommt, es könnte eine Verbindung zwischen den Tatorten Buck´s Row (Nichols) und Hanbury Street (Chapman) ergeben.

Serienkiller haben die Angewohnheit, ältere Tatorte aufzusuchen. Als Thomas Ede den Mann das erste Mal sah, könnte der Verdächtige gerade aus der Buck´s Row gekommen sein, die unweit in der Nähe lag. Vielleicht gab es noch andere Hinweise darauf. Die Verfolgung dieser Person durch Ede hätte in Richtung Hanbury Street gelaufen sein können. Auch hier, hätte es erneut wieder Hinweise dafür gegeben haben können. Dies könnte wiederum erklären, warum die Polizei Thomas Ede auch für den Nichols- Fall für wichtig hielt, weil es eben eine Verbindung zur Buck´s Row hätte gegeben haben können. Der Chapman Mord fand früh am Morgen statt. Jack the Ripper hätte um diese Zeit, aus Frust bisher kein geeignetes Opfer gefunden zu haben, zu seinem Tatort vor über einer Woche zurückgekehrt sein können, um sich dann doch zu entschließen, weiterzusuchen. Dies wäre für diese Art von Killer nicht ungewöhnlich. Hat es tatsächlich Anzeichen dafür gegeben, dass ein Mann mit Messer, von einem Tatort zum anderen gewandert ist und zwar vom vergangenen Tatort zum neuen, nächsten Tatort, dann würde alles in allem, große Wahrscheinlichkeit bestehen, dass Thomas Ede den Killer Jack the Ripper sah.  

Über Israel Schwartz seiner Beobachtung im Falle Stride:

"As he turned the corner from Commercial Road he noticed some distance in front of him a man walking as if partially intoxicated".

Major Henry Smith, City Police über den Verdächtigen (bestimmt über Lawende erfahren):

"Young, about the middle height, with a small fair moustache, dressed in something like navy serge, and with a deerstalker's cap - that is, a cap with a peak both fore and aft".

Thomas Ede über den gesehenen Mann:

"he appeared to have a wooden arm which was hanging at his side. The man then put his hand down, revealing about four inches of knife-blade sticking out of his trouser pocket... He walked as though he had a stiff knee... He wore a double peaked cap...".

By the way: "(Henry) James did not, incidentally, have a wooden arm".

Ede sah genauso wie Schwartz einen, sagen wir, merkwürdig laufenden Mann. Ede sah eine Kappe mit z w e i Spitzen, Major Smith wußte über einen Verdächtigen ebenfalls etwas über dessen Kappe, ebenfalls mit zwei Spitzen, sowohl vorne als auch hinten an der Kappe.

Ich kann darüber nur eine Theorie aufstellen aber ich denke, die 201 hat mit dem Zeugen zu tun oder aber eben mit einem Verdächtigen. Es muss nun nicht unbedingt Thomas Ede sein aber irgend jemand anderes aus jener Nacht. Die im Casebook angekündigte "neue Schrift bzw. Graffito, neuer Beweis", mit einer weiteren Verbindung zu einem weiteren Tatort, könnte mit einem der ersteren Tatorte/Morde, also Nichols und Chapman zu tun haben. Wundern täte es mich nicht.

Wie gesagt, es muss hier nicht unbedingt um Thomas Ede gehen aber vielleicht um eine ähnlich Geschichte. So, wie ich Swanson einzuschätzen pflege, codiert er mit der 201 etwas internes. Dabei könnte es sich eben um d e n Zeugen handeln oder aber auch in Verbindung mit einem Verdächtigen. Beides würde dann eher zu Nichols/Chapman hinführen anstelle des oft dafür angenommenen Stride/Eddowes Double-Event.

Gruß, Lestrade.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 31.05.2012 16:51 Uhr
Tolle Überlegungen, Lestrade!
Dennoch frage ich mich, weshalb Swanson statt der Zahl nicht ein Pseudonym oder einfach die Anfangsbuchstaben seines Zeugen/Verdächtigen benutzt haben sollte.
Ich weiß nicht genau warum, aber mir kommt die Ziffer vor, als würde mit ihr etwas Medizinisches verklausuliert, sowie das ja heute auch noch gemacht wird. Allerdings kann ich bei Nichols und Chapman keine gemeinsamen Krankheiten oder exakten Übereinstimmungen bei ihren Verletzungen finden. Aber, schon interessant die Frage der Gemeinsamkeiten bei diesen beiden Opfern. Und: Was unterscheidet sie von den anderen?
Vielleicht ist es aber auch eine notierte Buchseite von welchem Schmöker auch immer.... Vielleicht.... :unknown:

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 31.05.2012 17:10 Uhr
Da hast du absolut recht Stordfield! Absolut. Teilweise haben wir das zu diesem Thema ja auch schon diskutiert gehabt.

Aber was hätte er nun zu Ede notieren sollen? T.E. oder W.E. ? Swanson war sich ja möglicherweise auch nicht ganz über den Namen seines Verdächtigen im klaren...

Es ist wie immer eine Überlegung...

Allerdings fand ich solche Nummer auch woanders wieder und zwar, glaube ich (sicher bin ich mir nicht), als es eben um illegale Behandlung bzw. Bestechung von Beamten oder Zeugen ging. Das wurde dort auch mit 201 bezeichnet. Ich denke, es war sogar noch recht aktuell.

Ich wollte allerdings nur zur Diskussion oder zu weiteren Überlegungen anregen. Es ist nun geschrieben und gesagt. Vielleicht hilft es oder eben nicht.

Gruß, Lestrade.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 31.05.2012 17:26 Uhr
Hallo Lestrade!

Vielleicht hilft es oder eben nicht.

Vielen Dank jedenfalls für die immer wieder neuen Denkanstöße Deinerseits.
Die von Dir angesprochene Sache mit der Bestechung von Beamten/Zeugen klingt interessant. Mal sehen, ob ich dazu etwas finden kann.

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 31.05.2012 21:52 Uhr
Ja Super Stordfield! Ich schaue dann natürlich auch nocheinmal mit. Momentan recherchiere ich an vielen (zu vielen?) Stellen gleichzeitig. Will wissen, ob es unser Thomas Ede war, dessen familäre Spuren nach Bexhill-on-Sea führen. Einem Seaside- Resort (Seaside Home)? Ich denke aber eher nicht. Es würde dann auch entgegen anderen Recherchen meinerseits zu diesem Thema laufen. Aber man weiß ja nie...

Bis denne.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 02.06.2012 22:27 Uhr
Hallo!

@Lestrade: Hast Du schon mal etwas von einem Constable 201 H gehört oder gelesen? Ich glaube, er hat irgendetwas mit Timothy Donovan (der seine Frau ermordete) und Annie Chapman zu tun. Frage mich aber nicht, was. Bin noch dran.

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 03.06.2012 11:26 Uhr
Hi Stordfield!

Darüber habe ich auch schon einmal  nachgedacht, dass dies mit einem Constabler zu tun haben könnte. Zu der Zeit, habe ich aber nichts "effektives" gefunden. Ich schau´ dann die kommenden Tage auch mal mit, was da vielleicht noch dran sein könnte. Wir können uns dann ja gegenseitig darüber austauschen.

Ersteinmal einen schönen Sonntag,

Gruß Lestrade
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 03.06.2012 12:12 Uhr
Hallo Lestrade!

Auszug aus dem East London Advertiser vom 14.3.1903:
Detective-inspector Divall, H division, asked that only evidence of arrest be given on that occasion, as the inquest had been fixed for the same morning.
Constable 201 H stated that at about ten o'clock on Saturday night, having received a description of the accused, he saw him standing in Cable Street, and said to him, "You are wanted for a case of murder." The prisoner replied. "Is that so?" At the police station Sergeant Wensley had charge of the prisoner, who appeared to have been drinking. Donovan said. "I know what I am here for. I am done and shall be tapped, I know that,. The job is a good'un. She's gone: I let her go easy. I know I have got to go through it. I shan't be a coward when it comes. They are looking for the knife: they will never find it, for I threw it in the ditch. You know what I mean - the Thames."
In reply to the magistrate, the prisoner said he had no objection to being remanded for a week on the evidence given.
Mr. Mead thereupon remanded him for that period.
Later on Inspector Divall asked his worship if he would give permission for the prisoner to attend the inquest.
Mr. Mead replied he had no power to grant such a request, and the only way would be to go to the Secretary of State and get an order. All he (the magistrate) could do was to sign an order for the prisoner's removal to prision.

Kannst Du damit etwas anfangen? Jedenfalls wurde hier unsere gesuchte Zahl erwähnt. Hm, wäre doch möglich, daß sie zumindest ein Teil einer Dienstnummer und der somit registrierte Polizist ein Zeuge in den beiden genannten Fällen war; immerhin für Swanson wichtig genug, um es sich zu notieren.

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 03.06.2012 14:15 Uhr
Finde ich interessant... soll es sich dabei tatsächlich um den Timothy Donovan handeln, der als Zeuge im Chapman- Fall auftrat, Leather Apron gekannt haben wollte und möglicherweise auch zwei weitere Opfer, Eddowes und Kelly? Einmal wollte man herausgefunden haben, dass dieser Donovan bereits am 1. November 1888 verstarb, dann aber wieder noch 1891 lebte. 1887 war "er" bereits einmal verhaftet worden...

Hier ist unser PC 201 am 20.02.1888 im Einsatz:
 
,"Caroline","Jackson",60,"PC 201 H Division","Widow of John","Wood turner",,"05/03/1888",

Die 60jährige Caroline Turner (Drechslerin?), Witwe von John Turner, wurde vom PC 201 am 20.02. 1888 aufgegriffen und kam in´s Krankenhaus. Dort wurde Sie am 05.03.1888 entlassen.

Der Mord an Polly Nichols, der vorherige an Martha Tabram sowie die frühere Attacke auf Emma Smith fanden in Whitechapel statt. Genauso wie später die Taten an Alice Mackenzie und Frances Coles. Stride (St.George in the east), Eddowes (City of London/Aldgate) fanden woanders statt. Genauso wie die Morde an Kelly und Chapman (in Spitalfields) nicht in Whitechapel stattfanden.

Nichols also in Whitechapel, Chapman in Spitalfields. Nun weiß ich natürlich nicht, wie weit sich ein Constabler damals bewegen durfte. Aber ich vermute, es wäre möglich gewesen, dass sich PC 201 der H (Whitechapel) Divison so auch bewegen konnte bzw. durfte. Gerade bei Verfolgung von Verdächtigen. Und da wäre ja eine ähnliche Geschichte wie bei Thomas Ede möglich gewesen.

Also ich finde die Idee mit PC 201 recht spannend und auch duchaus für möglich.

Gruß.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 03.06.2012 18:31 Uhr
Hallo!

"Caroline","Jackson",60,"PC 201 H Division","Widow of John","Wood turner",,"05/03/1888",

Was hat es denn mit dieser Zeile auf sich? "Caroline" bezieht sich auf Turner, klar, aber "Jackson" und 60? Ist das etwa der Name und das Alter des PC?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Shadow Ghost am 03.06.2012 18:41 Uhr
Am 13 Dezember 1887 wurde in Spitalfields ein Knabe namens Timothy geboren:

Registration District of Whitechapel, birth in the sub district of Spitalfields.
Thirteenth December 1887 at 35 Dorset street
Timothy, boy, father Timothy Donovan, Bricklayers labourer, mother Margaret Donovan formerly Dempsey.
Informant Margaret Donovan of 35 Dorset Street Spitalfields.
Registered 18th January 1888.


Es handelt sich beim Vater wahrscheinlich um den Lodging House Keeper von Crossingham's LH, Zeuge beim Chapman-Inquest. Diese Familie erscheint auch im Zensus von 1891:

71 Romford Street, Mile End Old Town
Timothy Donovan, head, 26, general labourer, b Essex,
Margaret Donovan, wife, 26 b London, Whitechapel
Timothy Donovan, son, 3 b Spitalfields
John Donovan, son, 7m b Stepney


Damit kann dieser Timothy Donovan nicht mit dem Mörder von 1903 identisch sein, der nach dem 1891 Zensus mit seiner Frau Mary in der Sutton Street lebte. Und natürlich ist keiner von beiden identisch mit dem von Don Rumbelow identifizierten Timothy Donovan, der 1888 starb.

Der Timothy Donovan von Crossingham's starb im Dezember 1899 im Alter von 33.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 03.06.2012 20:39 Uhr
@Stordfield: Vor- und Zuname, Alter, Adresse, Familienstand und Beruf wurden dort stets so angegeben. Turner steht im Zusammenhang mit dem Beruf, in diesem Falle Wood Turner, also Holz- Dreher, ich denke also Drechsler (Holzdrechsler/in). Da Anstelle der Adresse, der Name des PC stand, kann man davon ausgehen, dass er diese wohl wohnungslose Frau aufgegriffen hatte, Sie keine Angaben machen konnte (aus welchen Gründen auch immer) oder eben zeitweise ohne Heim war und was weiß ich noch alles...

@Shadow:

Ich glaube, zu Margaret Donovan habe ich auch noch etwas, ich geh´mal auf die Suche...
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 06.06.2012 12:48 Uhr
So Shadow, hier die Einträge aus der gleichen Einrichtung (falls dir nicht bereits bekannt):

14.08.1888:
"Margaret","Donovan",82,"1 Plough Street","Widow of William","Shoemaker","Infirmity","26/09/1888","To Workhouse"
21.11.1888
,"Margaret","Donovan",23,"1 Garden Court","Single","Prostitute","Syphilis","04/12/1888",
18.12.1888:
,"Margaret","Donovan",62,"1 Plough Street","Widow of William","Shoemaker","Debility",,

Die erste und zweite Margaret dürfte wohl nun ein- und dieselbe Person sein. Vielleicht besteht aber dennoch eine Beziehung zur Familie von Timothy Donovan. Die zweite käme altersmäßig mit der 1891 Margaret von Tomothy Donovan ganz gut hin.

Wenn nicht, dann eben ab in die Statistik, man weiß ja nie.

Grüße, Lestrade.

Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Shadow Ghost am 06.06.2012 15:05 Uhr
Hallo Lestrade,

die zweite Margaret wäre vom Alter her sicherlich interessant, mich stört nur, dass sie als "Single" und als "Prostitute" gemeldet ist. Wir wissen ja zumindest, dass sie verheiratet war. Aber das führt jetzt hier vielleicht auch zu sehr off-topic.
Es galt ja zu klären, ob die "201"-Notiz auf der Liste von Swanson etwas mit Constable 201H zu tun haben könnte, der an der Verhaftung des 1903-Mörders Timothy Donovan beteiligt war. Hier wurde nun geklärt, dass dieser Donovan nichts mit dem Timothy Donovan von Crossingham's Lodging House zu tun hat. Ob sich die "201"-Notiz auf einen Polizisten bezieht, ist noch immer ungeklärt.

Hat jemand den Namen dieses Constables?
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Shadow Ghost am 06.06.2012 15:41 Uhr
Bezüglich der Nummer "201H" habe ich bislang nur dies finden können:

Lloyd's Weekly Newspaper
Sunday, 1 April 1877

ATTEMPTED MURDER IN SPITALFIELDS.- Thomas Jones, 52, an excavator, was charged with having feloniously attempted to murder Ellen Haynes, by cutting and wounding her with a chopper, in Crown-court, Spitalfields. - The prosecutrix appeared in court with her head bandaged and strapped at one side, but otherwise did not appear suffering. She said that she had been living with the prisoner for some time, and passed as his wife. That (Thursday) morning, he left their bedroom at five o'clock, to go and seek for work. He said, "God bless you" as he left, and she replied in the same way to him. After he was gone, she dozed off to sleep again. She was awakened by receiving a blow on the head, and found the prisoner standing over her with a wood chopper in his hand. He hit her another blow on the head, and she was cut and bleeding freely. She cried, "Tom, Tom, do you mean to murder me?" and he said, "Yes, I do!" But he then ran out of the room, leaving the chopper behind him. She managed to partially dress herself, and then a constable came to her assistance, and took her to a surgeon's. - Police-constable Weeks, 201 H, said that shortly after seven o'clock in the morning the prisoner entered the Commercial-street station-house and said, "I think I have murdered a woman at Crown-court, and I've come to give myself up." The prisoner was detained at the station, and witness was sent to the house, where he found the prosecutrix bleeding and injured. - Mr George Bagster Phillips, M.D., of 2, Spital-square, surgeon to the H division of police, said that he attended the woman, and found her suffering from two wounds on the left side of the head - one across the ear cutting through the cartilage, and another behind the ear exposing the bone. The
chopper (produced) would have caused those wounds. - The prisoner, who said he did not know what he was about at the time, was committed for trial.


Ob Weeks aber auch 1888 noch im Dienst war, oder ob jemand anderes diese Nummer bis dahin übernommen hat, ist erst einmal offen.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 06.06.2012 19:06 Uhr
Hi Shadow,

Super würde ich sagen.  ;)

Dann haben wir für die 201 bisher folgende Vorschläge:

Eine Art Aktenzeichen für Mord und Totschlag
Eine Nummer für bestimmte Verletzungsmuster oder Krankheiten/Zustände
Für einen PC (PC 201H Division Whitechapel, möglicherweise mit Namen Weeks)
Eine Code- Nummer für beeinflußte/"geheime" bzw. inoffizielle Zeugen/Beamte oder Verdächtige

Habe ich etwas vergessen? Bestimmt...

Ja, Timothy Donovan scheint, in Verbindung mit Annie Chapman, ganz sicher raus zu sein. Der PC 201H bleibt dennoch aktuell.

Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 06.06.2012 19:52 Uhr
Anbei noch ein interessanter Link zum Thema und des Personals der H-Abteilung:

http://www.casebook.org/dissertations/h-division-personnel.html

Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 06.06.2012 20:50 Uhr
Hallo!

Die Liste hatte ich auch gerade gefunden. Nix PC201 Weeks. Schade eigentlich. Also diese Spur ist dann wohl kalt... :cray:

Gruß Stordfield

Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Shadow Ghost am 06.06.2012 21:42 Uhr
Wie ist das eigentlich mit diesen Kragennummern, wurden die nur einmal ausgegeben an eine bestimmte Person, oder immer wieder, d.h. wenn ein Polizist mit der Nummer xxx aus dem Dienst ausgeschieden ist, bekam ein anderer (neu eingestellter) Polizist die Nummer xxx.

Wäre interessant zu erfahren.

Im zweiten Fall wundere ich mich, dass auf der casebook-Liste keine Nummer 201 vergeben ist.
Im ersten Fall, kann es ja immer noch sein, dass ein aus dem Dienst geschiedener Constable Weeks, 201 H, eine wichtige Aussage gemacht hat - vielleicht vertraulich zu Swanson persönlich -, und dass er von Swanson noch immer unter seiner collar number referenziert wurde, sei es, um dessen Identität zu verschleiern, sei es um die Zuverlässlichkeit eines Zeugen als ehemaliger Polizist zu betonen.

Ich weiß, dass ist nur ein Strohhalm, aber je eher wir ihn knicken, desto besser.

Die Variante, dass "201" irgendein Polizeicode für Mord oder Überfall oder was auch immer ist, hatte ich auch schon im Kopf, aber hätten wir diesen Code dann nicht schon einmal irgendwo anders gesehen? Jeder von uns hat doch schon Stunden, Tage, Monate im Sourcebook geschmökert, aber keinem ist dieser Code jemals untergekommen (also mir zumindest nicht)
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 06.06.2012 22:54 Uhr
Das mit den Kragennummern kann ich erfragen lassen, dauert allerdings eine Weile. Vielleicht liefert auch vorher noch jemand eine Antwort darauf.

Auf der ersten Seite dieses Themas, gibt uns panopticon ja bereits den Hinweis auf 201 für Mord und Totschlag. Er weißt auch auf einen möglichen §201 hin, der Vergewaltigung bedeuten könnte.

§ 201 kann woanders auch Bestechung von Amtsträgern und Zeugen heißen. Ich sprach dies ja an.

Warum 201 hinter Nichols und Chapman? Habt ihr noch weitere Ideen?
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 16.06.2012 11:10 Uhr
Ich habe bei meinen Recherchen noch etwas sehr interessantes gefunden, was ebenfalls als Erklärung für die 201 herhalten könnte.

Es gab eine wissenschaftliche Abhandlung über 'Personal identification and description' aus dem Juni 1888. Auf den Seiten 201/202 behandelt man Fingerabdrücke. Beginnend natürlich auf Seite 201. Es geht dabei u.a. um das Abfotografieren von Fingerabdrücken. In 1888 war dies meines Wissens noch nicht als Beweis zugelassen. Aber warum sollte nicht jemand an den Tatorten Buck´s Row und Hanbury Street Fingerabdrücke hinterlassen haben, die fotografiert wurden und dann auch noch übereinstimmten? Die Polizei hätte darum garnicht viel Aufhebens machen müssen bzw. dürfen. Den Verdächtigen hätte man diese Fotografien, einschließlich eines neuen aufgenommen Fingerabdruckes von ihm, vorlegen können und ihm wäre bewußt geworden, dass er überführt worden ist.

ich bin jetzt nicht ganz so firm, auch wenn ich meine, wir hätten dies mal hier im Forum besprochen, aber ich glaube, Fingerabdrücke wurden es kurze Zeit später tatsächlich brauchbar.

Für Männer wie Swanson und Anderson wäre das natürlich Gold wert gewesen, denn sie hätten tatsächlich, ohne großartig andere Beweise, den Täter überführt. Aber eher mit inoffiziellen, internen Mitteln als mit anerkannt Öffentlichen. Somit könnte man eben auch Anderson und Swanson besser verstehen in ihrem Verhalten und Äußerungen.

Gruß, Lestrade.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 16.06.2012 15:25 Uhr
Schön, dass Du noch eine weitere mögliche Erklärung für die 201 lieferst, Lestrade. Gefällt mir. Wenigstens einer macht hier noch mit.  :good:
Allerdings bin ich von dieser Version überhaupt nicht überzeugt, wenn sie natürlich auch überaus interessant klingt. Im Chapman- Fall könnte ich mir eventuell noch vorstellen, dass sich dort an der Tür oder am Zaun Fingerabdrücke finden ließen, aber in der Buck`s Row? Ich wüßte einfach nicht wo. Was hätte denn der Ripper dort anfassen sollen?  :unknown:

Gruß Stordfield
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 16.06.2012 16:49 Uhr
Ja Stordfield, dass waren auch meine ersten Gedanken: Was hätte er in der Buck´s Row anfassen sollen?

Andererseits ist es schon ein spannendes Thema. Welcher Verbrecher hätte sich damals schon Gedanken um seine Fingerabdrücke gemacht? Außerdem fing dieses Thema damals gerade erst an, interessant zu werden. Für Verbrecher war dies doch als Beweismittel eh noch nicht verwendbar. Und wo hätte man, aus rein wissenschaftlicher Sicht, bessere "Arbeitsbedingungen", sprich Möglichkeiten der Praxis vorfinden können, als im EastEnd?

Stellen wir uns vor, da gab es auch am Tatort Miller´s Court und auch vom Mitre Square Fingerabdrücke! Berner Street lassen wir mal aussen vor, da kann selbst ich mir nichts vorstellen, jedenfalls nicht gerade (oder vielleicht doch, falls er sich über die Gebäude rücklinks davonmachte?). Von diesen Tatorten waren aber die Fingerabdrücke nicht zu gebrauchen, sondern nur von der Hanbury Street und der Buck´s Row. Hanbury Street ist klar, der Zaun, zwei Türen. Buck´s Row, nun, da war auch, wie im Mitre Square, ein Tor, welches verschlossen gewesen war. Allerdings hätte der Täter, dieses verschlossene Tor, erst nach der Berührung mit Blut anfassen dürfen. Inwieweit es solche Spuren an Kleidern gab, weiß ich nicht. Ich meine mich zu erinnern, dass an Eddowes Schürzenteil aus der Goulston Street, fremdes Blut gewesen sein. Inwieweit in Form eines Fingerabdruckes, sei dahingestellt. Aber ich denke Du weißt, auf was ich hinausziele...

Rein theoretisch wäre es zumindest möglich, dass die Polizei schon am Tatort Buck´s Row, auf das noch unausgereifte Wissen über Fingerabdrücke zurückgegriffen hat, nachdem Martha Tabram bereits kurze Zeit vorher, bestialisch ermordet wurde und sich eine ähnliche Greueltat gerade wiederholte. Vielleicht erinnerte man sich auch noch an den Angriff auf Emma Smith vom April 1888. Eine gute Möglichkeit also, sich einmal einen tatsächlich praktischen Fall zu widmen. Übrigens meine ich jetzt nicht ganz unbedingt Fingerabdrücke. Es könnte sich ja auch um Fussabdrücke gehandelt haben oder ähnliches. Vielleicht aber gar um Besitztümer der Opfer, die an einem bestimmten Ort oder bei einer bestimmten Person gefunden wurden. In diesem Falle, Besitz von Mary Ann Nichols und Annie Chapman.

Lestrade.  
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 17.06.2012 17:07 Uhr
Übrigens:

Es gibt die Akten über die Policemen. Leider kann ich sie nicht einsehen.

Aber ich weiß mir ja zu helfen. Im Central Criminal Court, gab ich "Policeman H 201" ein. Als einzigen Suchbegriff. Dort findet man Einträge über Policeman, innerhalb von einigen Jahrzehnten. Da gab es aber natürlich nicht nur Policeman H 201, sondern auch C, K, E 201 usw. Für beide Polizeieinheiten, also MET und City Police. Constabler H 201 taucht dort z.B., in 1882 auf. In seinem Falle ohne Namen. Bei den anderen Policeman/Constablers findet man meistens Namen dazu. Interessant ist übrigens ein PC/ Policeman Isaac Jacobs, C 201. Er taucht zu dieser Zeit über Jahre auf. Hört sich ja sehr jüdisch an. Mich würde interessieren, inwieweit es jüdische Polizeiangehörige gab. Es gab in der H-Divison, nach den Whitechapel- Morden, tatsächlich auch einen PC Abrahams (acting as German interpreter—Oct 6th 1894). Auch dieser Name klingt eher jüdisch. Kann so sein, muss aber nicht. Oft wird das Problem, "PC vom Mitre Square" und der "jüdische Identifikationszeuge" diskutiert. Gab es den PC oder nicht? Ich bin überzeugt, dass dieser Mitre Square Constabler, PC Watkins gewesen war.Falls es sich bei dem jüdischen Zeugen um einen Ex- Policeman gehandelt hat, wäre ja dies auch ein Alternative für ein erklärendes Szenario. Immerhin findet wir mit George Morris, am Tatort Mitre Square, ebenfalls einen Ex- Polizisten. Solch eine Konstellation hätte auch zu Verwirrungen führen können. Wenn man zwei Zeugen hatte, einen Streifenpolizisten und einen jüdischen Mann, der ein Ex-Polizist ist, dann kann daraus für außenstehende schnell e i n Polizist werden und sich so manifestieren. So, dass man am Ende sagt, es gab nur einen Zeugen, den PC vom Mitre Square.Weil man dann schnell gedacht haben könnte, es wird über eine Person, einen Polizisten gesprochen.

Vielleicht werde ich in diesen Einträgen des Court auch fündig, darin, ob Nummern einmal oder mehrmals vergeben wurden.

Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, finde ich plötzlich den Namen des PC H 201. Im Februar 1896, Robert Bridle.

Zur Korrektur: Natürlich gehörte auch Spitalfields, genau wie andere, zur H-Division. Die war jetzt nicht ganz geographisch Whitechapel zugeordnet, sondern bezog Randbezirke administrativ mit ein. Mich hatte bereits die Personalanzahl der H-Division bzw. auch Whitechapel Divison genannt, irritiert. Es ist immer so eine Sache mit den Whitechapel- Morden. Whitechapel einmal als eigenen "Bezirk", dann wieder mal nur als einen "Stadtteil" im East End zu sehen. Einmal z.B. mit Spitalfields, dann wieder mal ohne. Eine Polizeistation der H-Division, war z.B. auf der 160 Commercial Street, Spitalfields. In Spitalfields fanden die Verbechen an Chapman und Kelly statt. Stride in St Georges-in-the- East, Eddowes in Aldgate, City of London. Tabram, Nichols, Chapman, Mackenzie und Coles aber tatsächlich im geographischen Whitechapel. Es wäre als möglich, dass PC 201 der H-Division, in Whitechapel, als auch in Spitalfields, irgendetwas miteinander verband und Swanson mit 201, tatsächlich einen Polizisten markierte, wie von Stordfield theoretisiert. Wie das auch immer ausgesehen haben mag.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 18.06.2012 01:12 Uhr
Nachdem wir fast damit rechnen müssen, dass die H 201 immer wieder vergeben wurde z.B. an PC Weeks und PC Bridle, finden wir das möglicherweise noch an einem anderen, sehr interessante Beispiel, wie ich meinen würde. Gefunden eben in jenen Court:

1843 WILLIAM EADE (police constable D 67.)
1843 WILLIAM EADE . I am a policeman. I was in Great James-street
1849 WILLIAM ARTHUR EADE (City policeman, 125)
1857 WILLIAM ARTHUR EADE . (City Policeman, 78)
1860 WILLIAM ARTHUR EADE (City policeman, 146)
1864 WILLIAM ARTHUR EADE (City policeman, 146)

Ich habe keine Ahnung, wie alt der Zeuge Thomas Ede damals gewesen war aber ich finde es bemerkenswert, dass er plötzlich als William Eade auftauchte. Warum? Wäre ein Auftreten als Ex- Policeman William Eade glaubwürdiger, als der eines Zivilsten Thomas Ede gewesen?

Falls es immer der gleiche William Eade war, dann hatte er gar verschiedene Nummern bei der City Police. War er gar einmal bei der MET? D 67? Oder gehörte diese Nummer auch der City Police? Trug er dann vielleicht sogar einmal die H 201 in der Whitechapel Division?

Es hört sich nun sehr abendteuerlich an aber ich finde es jetzt gerade spannend, dass ich Thomas Ede (William Eade) in´s Gespräch bringe, weil er relevant gewesen war in zwei Fällen, nämlich die von Nichols und Chapman und er somit eine Erklärung für Swanson´s 201 sein könnte und auf der an der anderen Hand bringt uns Stordfield die Idee eines Constablers 201.

Just finden wir dann Einträge, in dem mein Vorschlag, mein Mann Ede (Eade), gleichzeitig mit Stordfields Überlegung, nämlich ein PC, ein- und derselbe Mann gewesen sein könnte. Ich betone k ö n n t e. Vielleicht sogar ein Mann, der bei der MET u n d bei der City Police anstellig gewesen war.

Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass Swanson und Co. einen Zeugen ermittelt hätten, der zunächst als Thomas Ede vorstellig wurde, sich im Laufe kurzer Zeit aber als Ex- Constabler 201 William Eade entpuppte (wo immer er auch die 201 ausführte) und von da an auch als William Eade, Ex 201 benannt wurde, dann wäre die 201 hinter Nichols und Chapman eine, aus dieser Sicht, ernsthaft zu betrachtene Angelegenheit.

Lestrade.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 13.04.2013 13:15 Uhr
Bei einer aktuellen Diskussion auf JtR Forums, habe ich folgende Codes entdeckt, die ich auch noch zu unserer Deutung der 201 auf der Swanson- Opfer- Liste hinter Nichols und Chapman hinzufügen möchte:

Berufe Codes- 201 Erectors, Fitters, Turners – Labourers

(Aufbauer/Montierer,Schlosser, Dreher- “Hilfsarbeiter“). Da die 200 nur für Monteure,Fitters,Turners steht, ohne “Labourers“, gehe ich davon aus, dass die 200 “Fachkräfte“ waren und die 201 “Hilfsarbeiter“. Ich weiß es noch nicht genau.

Code der Geburtsstädte- 201 Ipswich

In einem anderen Faden, haben wir vor kurzem, auch diesbezüglich die 201 Whitechapel Road besprochen. Siehe Hier:

http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1470.0.html

Der Rest steht ja hier und ich füge hiermit eine weitere Möglichkeit der 201 bei.

Beste Grüße, Lestrade.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 30.09.2013 22:20 Uhr
Chief Inspector Donald Sutherland Swanson wurde 1848 geboren. Er starb 1924. Seine Frau war Julia Ann, sie erbte seinen Besitz. Nach ihrem Tod 1935, ging Besitz an die Töchter Ada Mary (geb.1883) und Alice Julia (1889). Da waren noch weitere vier Kinder, Donald Nevill (1879), James John (1881) und Douglas Sutherland (1887). Alexander, ein Zwilling von Alice, starb wohl als Säugling.

Sohn Donald Nevill Swanson bekam ebenfalls Kinder, nämlich James Douglas “Jim“ Swanson (1912), Donald Swanson und Mary, spätere Berkin.

Als das letzte Kind von Donald und Julia Swanson starb, nämlich Alice (1980), wurden James Douglas und Geschwister damit beauftragt, die Hinterlassenschaften ihrer Tante zu sortieren. Dabei fanden sie bzw. informierten sie sich gegenseitig über ein Exemplars des Buches von Sir Robert Anderson, The Lighter Side of My Official Life, welches sich im Besitz des bereits lange verstorbenen Opas befand. Darin enthalten, die sehr bekannte “Swanson marginalia“. Das Buch war vermutlich ein Geschenk von Inspector Abberline an ihren Opa.

Jim Swanson starb 2001. Die Papiere seines Opas gingen an seinen Sohn Nevill Swanson (Jahrgang 1937) und das Buch 2006 in ein Crime Museum. 2012 ging es an die Familie zurück.

Nevill Swanson´s Uropa ist somit Chief Inspector Donald Sutherland Swanson.

Ab hier sieht man die Korrespondenz von Jim (James Douglas) Swanson mit der Presse ab 1981.

http://forum.casebook.org/showthread.php?t=7745&page=63

Der Faden handelt um den Verkauf jener Sachen durch die Nevill Swanson Familie.
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 04.07.2014 09:56 Uhr
Es gibt bald einen Gedenkstein für Donald Swanson in seiner Heimatstadt Thurso und auch eine Biographie über ihn, die Adam Wood schreibt aber lest selbst:

http://www.jtrforums.com/showthread.php?p=240240#post240240
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Lestrade am 15.08.2014 22:22 Uhr
Es war soweit aber seht selbst:

http://www.bbc.com/news/uk-scotland-highlands-islands-28755249
Titel: Re: Swanson
Beitrag von: Stordfield am 17.12.2020 20:53 Uhr
Hallo!

Bestattet wurde er übrigens auf dem Kingston Cemetery and Crematorium (auch Bonner Hill Cemetery), Kingston upon Thames, königlicher Stadtteil Kingston upon Thames, Großraum London, England. Sein Grab befindet sich im Abschnitt C und trägt die Nummer 4233. Fotos davon konnte ich allerdings nirgends entdecken, vielleicht ist es ja auch verboten, welche zu machen.

Gruß Stordfield