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Filme, Dokumentationen etc. / Re: Jack the Ripper– Auf den Spuren eines Phantoms
« Letzter Beitrag von Arthur Dent 2 am 31.12.2019 16:09 Uhr »Hallo Lestrade!
Also, ich bin da hin- und hergerissen:
Einerseits lässt sich vieles damit erklären, dass man schließlich keinen eindeutig überführten Täter hatte, sondern verschiedene Hauptverdächtige der verschiedenen Ermittler, und dass sie nach Abschluss der offiziellen Ermittlungen praktisch nur noch als Privatleute über inoffizielle Kanäle etwas zu deren Schicksal erfuhren wie jeder andere in der Stadt auch - da können sich Fehler über das Stille-Post-Prinzip eingeschlichen und/oder sich korrekte Informationen mit Gerüchten vermischt haben bzw. irrtümlicherweise den falschen Verdächtigen zugeordnet worden sein. Zumindest für die niedrigeren Dienstränge in der Polizei und jene Spitzenbeamte, die nicht in alle Details des Falles eingeweiht waren, wäre das recht gut nachvollziehbar.
Andererseits war der Fall aber auch ein Politikum:
Er hätte entweder zum sozialen Aufstand im East End oder gar, falls man JTR als einen Juden identifiziert hätte, zum Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung eskalieren können.
Und da schon während der Ermittlungen explizit aus diesem Grund Beweise vernichtet wurden (das Goulston Street Graffiti), halte ich es durchaus für möglich, dass man zumindest während der ersten Zeit nach der Mordserie, als das gesellschaftliche Klima noch aufgeheizt war, in den oberen Etagen von Polizei und Politik der Ansicht gewesen sein könnte, deeskalierende Infos seien besser als vielleicht verunsichernde Fakten (Z.B. "Wir sind uns nicht ganz sicher, ob der es wirklich war, oder ob JTR doch noch frei rumläuft").
Das Streuen der Info von der sicheren Überwachung und baldigen Einweisung bis zum frühen Tod des mutmaßlichen Täters hätte dann vor allem dazu gedient, die Bevölkerung und die einfachen Polizisten zu beruhigen und zur Entspannung der Lage im East End beizutragen. Und man hätte das eigene Versagen bei der Ergreifung von JTR relativieren können. Macnaghtens Memorandum hatte ja auch die Funktion, die wieder aufkochenden Wogen zu glätten: Er präsentierte darin drei "Hauptverdächtige", von denen keine Gefahr mehr ausging, weil sie entweder tot oder zu der Zeit weggeschlossen waren.
Die Frage wäre dann, wer wieviel wusste. Hatte z.B. Swanson tieferen Einblick, oder glaubte er selbst am Ende einfach die Aussagen von höherer Seite? Es ist ja auch heutzutage noch eine heikle Frage, wie mit Dienstgeheimnissen umgegangen wird.
Leider wird es für so etwas wohl keine belastbaren Dokumente geben, denn einen Entschluss zur Täuschung der Öffentlichkeit und der einfachen Polizisten wird man wohl kaum schriftlich festgehalten haben.
Viele Jahre nach Ende der Mordserie dann, als klar war, dass die Bedrohung durch JTR und den Mob auf den Straßen tatsächlich zu Ende war, sah die Sache anders aus: Nun trauten sich einige vielleicht wieder, etwas mehr von dem preiszugeben, was sie wussten oder zumindest zu wissen glaubten.
Vielleicht war es auch eine Kombination von beidem. Aber das sind natürlich alles nur Gedankenspiele, solange wir nicht über mehr Hintergrundinfos dazu verfügen.
MfG, Arthur Dent
Zitat
Etwas, was ich eher ungern formuliere, weil "Verschwörung", ist, dass es tatsächlich Menschen gegeben haben könnte, mit mehr Einfluss als ein Anderson, die daran interessiert waren, Aaron Kozminski "sterben" zu lassen. Beinahe unvorstellbar für mich.
Also, ich bin da hin- und hergerissen:
Einerseits lässt sich vieles damit erklären, dass man schließlich keinen eindeutig überführten Täter hatte, sondern verschiedene Hauptverdächtige der verschiedenen Ermittler, und dass sie nach Abschluss der offiziellen Ermittlungen praktisch nur noch als Privatleute über inoffizielle Kanäle etwas zu deren Schicksal erfuhren wie jeder andere in der Stadt auch - da können sich Fehler über das Stille-Post-Prinzip eingeschlichen und/oder sich korrekte Informationen mit Gerüchten vermischt haben bzw. irrtümlicherweise den falschen Verdächtigen zugeordnet worden sein. Zumindest für die niedrigeren Dienstränge in der Polizei und jene Spitzenbeamte, die nicht in alle Details des Falles eingeweiht waren, wäre das recht gut nachvollziehbar.
Andererseits war der Fall aber auch ein Politikum:
Er hätte entweder zum sozialen Aufstand im East End oder gar, falls man JTR als einen Juden identifiziert hätte, zum Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung eskalieren können.
Und da schon während der Ermittlungen explizit aus diesem Grund Beweise vernichtet wurden (das Goulston Street Graffiti), halte ich es durchaus für möglich, dass man zumindest während der ersten Zeit nach der Mordserie, als das gesellschaftliche Klima noch aufgeheizt war, in den oberen Etagen von Polizei und Politik der Ansicht gewesen sein könnte, deeskalierende Infos seien besser als vielleicht verunsichernde Fakten (Z.B. "Wir sind uns nicht ganz sicher, ob der es wirklich war, oder ob JTR doch noch frei rumläuft").
Das Streuen der Info von der sicheren Überwachung und baldigen Einweisung bis zum frühen Tod des mutmaßlichen Täters hätte dann vor allem dazu gedient, die Bevölkerung und die einfachen Polizisten zu beruhigen und zur Entspannung der Lage im East End beizutragen. Und man hätte das eigene Versagen bei der Ergreifung von JTR relativieren können. Macnaghtens Memorandum hatte ja auch die Funktion, die wieder aufkochenden Wogen zu glätten: Er präsentierte darin drei "Hauptverdächtige", von denen keine Gefahr mehr ausging, weil sie entweder tot oder zu der Zeit weggeschlossen waren.
Die Frage wäre dann, wer wieviel wusste. Hatte z.B. Swanson tieferen Einblick, oder glaubte er selbst am Ende einfach die Aussagen von höherer Seite? Es ist ja auch heutzutage noch eine heikle Frage, wie mit Dienstgeheimnissen umgegangen wird.
Leider wird es für so etwas wohl keine belastbaren Dokumente geben, denn einen Entschluss zur Täuschung der Öffentlichkeit und der einfachen Polizisten wird man wohl kaum schriftlich festgehalten haben.
Viele Jahre nach Ende der Mordserie dann, als klar war, dass die Bedrohung durch JTR und den Mob auf den Straßen tatsächlich zu Ende war, sah die Sache anders aus: Nun trauten sich einige vielleicht wieder, etwas mehr von dem preiszugeben, was sie wussten oder zumindest zu wissen glaubten.
Vielleicht war es auch eine Kombination von beidem. Aber das sind natürlich alles nur Gedankenspiele, solange wir nicht über mehr Hintergrundinfos dazu verfügen.
MfG, Arthur Dent