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The Graphic, 13. Oktober 1888

MORDANGST.
Sofern nicht, es scheint jedoch nur allzu möglich, ein weiterer Gräuel straflos verübt wird, wird die bestehende Angst allmählich abklingen und die Gedanken der Menschen in andere Richtungen abgleiten. In London gab es, wie derzeit, wahrscheinlich keine aufgeregtere Furcht mehr seit Bishop und Williams den italienischen Jungen umbrachten, um ein anatomisches  „Objekt“  zu erlangen, oder seit den Ratcliff Highway Schlächtereien von 1811. Die letzten waren bestimmt, mehr generellen Schrecken anzuregen, als die kürzlichen Whitechapel-Schlächtereien, da sie Handlungen von einer oder mehrerer Personen waren, die wegen Plunder ausgeführt wurden und sich deshalb kein Hausbesitzer mehr sicher fühlte. Man sagt, dass die vertraute Haustürkette erst nach den Morden an den Marr und Williamson Familien Anklang fand. Für die allgemeine Öffentlichkeit mag es ein wenig Trost sein wenn man bedenkt, dass die kürzlich verübten Gräueltaten auf eine bestimmte Gesellschaftsschicht abzielten und deren Absicht sicherlich nicht Diebstahl war. Gebildete Menschen, die mannigfaltigste Interessen und Gesprächsthemen haben, können, möglicherweise, schwerlich begreifen, welche Wirkung diese Ereignisse auf arme und ungebildete Menschen haben, deren Leben üblicherweise eintönig und ereignislos sind. Daraus folgend der Schrecken der geweckt wurde und sich in unterschiedlichster Art und Weise äußert. Ein Mann verängstigt die stämmigen Marktträger von Covent Garden, so dass sie glauben er wäre „Jack the Ripper“, weil er eigenartig aussieht und ziellos umhergeht. Ein Kriminalbeamter verkleidet sich als Frau und verbirgt sich, um nach dem Whitechapel-Mörder Ausschau zu halten, als er ernsthaft von einigen Kutschenwäschern angegriffen wird. Es ist wie zur Zeit der Schreckensherrschaft in Frankreich, —„Ich bin ein Verdächtiger, du bist ein Verdächtiger, er ist ein Verdächtiger!“ Es bleibt zu hoffen, sollte ein weiterer Mord verübt werden, und Mr. Brough’s Bluthunde losgelassen werden, dass sie nicht von einem Quergeruch beirrt werden und einen Unschuldigen „herausschnüffeln“, da dieser sonst riskiert gelyncht zu werden. Bezogen auf „Jack the Ripper“ wagen wir zu glauben, dass er ein unverschämter Schwindler ist. Wahrscheinlich lacht er sich in Gedanken an seinen Brief, der ihm mehr Berühmtheit verschaffte, als wenn er den besten Roman der Saison geschrieben hätte geradewegs ins Fäustchen.

 

Thomas Schachner
(Dokument zuletzt bearbeitet am 19.08.08)