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New York World, 29. Januar 1889

Er trug einen großen Schlapphut

Dr. Francis Tumblety, der berühmte Whitechapel Verdächtige, hat nach zwei Monaten Schweigen dargelegt, warum er beschuldigt wurde Jack the Ripper zu sein. Er sagt dass es an der Dummheit der Londoner Polizei lag, die ihn verhaftete weil er Amerikaner war und einen Schlapphut trug. Er bereitet ein Pamphlet zu seiner Verteidigung vor und berichtet über sein Leben.

Nach Monaten tiefgreifendem Schweigens hat Dr. Francis Tumblety, dessen Name  zum Inbegriff der Whitechapel-Morde wurde, zugestimmt befragt zu werden und seine eigene Version abzugeben, wie er zu einer Hauptfigur in der außergewöhnlichsten Serie von Tragödien wurde, die bisher in der langen Liste der Verbrechen verzeichnet wurde.

Der Doktor traf in New York am dritten des letzten Dezembers ein und von dem Moment an, als er New York betrat stand er unter Beobachtung.  Ein englischer Detective, dessen Dummheit selbst unter einer Gruppe von Personen, die nicht für ihren Scharfsinn bekannt waren, auffiel, kam extra herüber um ihn zu beschatten und eine Menge Reporter versuchte vergebens ihn zu finden. Sobald er das Schiff verlassen hatte, begab sich Dr. Tumblety auf direktem Weg zum Haus von Mrs. McNamara in der No. 79 East Tenth Street und verweilt seitdem dort. Mrs. McNamara ist eine alte Irin, deren Treue dem Doktor gegenüber bemerkenswert ist. Durch ihre Wachsamkeit gelang es bisher niemandem ihn zu finden. Ihr gelang es die Reporter und Beamten komplett von seiner Fährte abzulenken und wäre der Doktor nicht freiwillig hervorgetreten, um seine Aussage zu machen, wüsste niemand ob er sich nun in New York oder New Zealand aufhält.

Die Polizei hat schon lange das Interesse an dem Fall verloren, nachdem offensichtlich wurde, dass die englischen Behörden keine Beweise hatten den Doktor festzuhalten. Nachdem er sich nicht mehr verfolgt fühlte, kam er zu dem Entschluss die Öffentlichkeit zufriedenzustellen, indem er selbst eine komplette Begründung abgibt. Mit diesem Ziel in Aussicht, stellte er sorgfältig ein Pamphlet zusammen, welches sein Leben näher beleuchtet.

Es wird eine Widerlegung aller gegen ihn erhobenen Anklagepunkte sein.

Die Aufnahmen, die von Dr. Tumblety in London und New York veröffentlicht wurden, geben einen guten Eindruck seines Aussehens. Er ist ein kraftvoll gebauter Mann und etwa 1,80 Meter groß. Sein langer dicht getrimmter schwarzer Schnurrbart reicht in dickem Wachstum um sein Kinn, welches er fein rasiert hält. Sein Gesicht ist gerötet und er hat blaue Augen. Sollte er sich jemals außergewöhnlich gekleidet haben, macht er das heute nicht mehr. Gestern trug er einen dunklen Anzug, welcher keinesfalls neuwertig war, und eine kleine Schirmmütze. Alles in allem gab er den Anschein eines erfolgreichen westlichen Farmers.

Dr. Tumblety spricht in einer schnellen, nervösen Art und Weise mit einem ausgeprägten englischen Akzent und gelegentlich, als er von seiner Behandlung durch die englischen Behörden berichtete, stand er von seinem Stuhl auf und lief rasch durch den Raum, bis er sich wieder beruhigt hatte.

Meine Verhaftung kam folgendermaßen“, sagte er. „Ich ging schon lange Zeit, seit 1869, immer wieder nach England und pflegte dort durch die Stadt zu gehen, bis mir annähernd jeder Teil vertraut wurde.

Ich war dort als diese Whitechapel-Morde die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich zogen und in der Begleitung mehrerer Tausend anderer Leute ging ich nach unten in den Whitechapel-Bezirk. Ich dachte, ich war so gekleidet, dass ich keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen würde, aber im Nachhinein stellte sich heraus, dass ich das sehr wohl tat. Ich war an dem Trubel interessiert, den Massen und den seltsamen Szenen und Anblicken und wusste nicht, dass ich die ganze Zeit von englischen Beamten verfolgt wurde.

 „Warum verfolgten sie diese?

Meine Schuld war sehr offensichtlich für den englischen Geist. Irgendjemand hat gesagt, dass Jack the Ripper ein Amerikaner war und jeder glaubte dieser Aussage.  Dann ist es wohl ein genereller Irrglaube der unteren Klasse, dass alle Amerikaner Schlapphüte tragen - aus diesem Grund muss auch Jack the Ripper einen Schlapphut tragen. Nun trug ich einen Schlapphut und das, zusammen mit der Tatsache, dass ich Amerikaner war, war genug für die Polizei. Sie stellten meine Schuld ohne jeden Zweifel fest.

Der Doktor zog zwei prachtvolle Diamanten aus seiner Innentasche, einer dreizehn Karat und der andere neun Karat, beide von reinster Qualität und einen herrlichen Cluster-Ring, gesetzt in Diamanten. Er sagte, dass seiner Meinung nach, seine Verhaftung zum großen Teil darauf beruht, dass die Polizei diese Diamanten begehrte und sie dachten, sie könnten ihn dazu zwingen diese herauszugeben.

 „Wie lange waren sie im Gefängnis?

Zwei oder drei Tage, aber ich möchte nicht darüber reden. Wenn ich daran denke, wie ich in London behandelt wurde, verliere ich die Kontrolle über mich.
Es war beschämend, furchtbar.

Was halten sie von der Londoner Polizei?

 „Ich denke, ihr Benehmen in dieser Whitechapel-Sache reicht aus, um zu zeigen was sie sind. Wie sie den ganzen Tag Fleischpasteten und Rindfleisch in sich hineinstopfen, literweise schales Bier trinken, bis sie abends ins Bett gehen und am nächsten Morgen schwer wie Blei aufwachen. Nicht ohne Grund haben alle englischen Polizisten Verdauungsstörungen. Sie können es nicht lassen. Ihre Köpfe sind so dick wie der Londoner Nebel. Man kann nicht einmal einen Gedanken in ihren Kopf bringen wenn man einen Hammer dafür benutzen würde. Ich habe noch niemals so eine dumme  Truppe gesehen. Schauen sie sich nur an, wie die mich behandelt haben. Es gab nicht einen einzigen Funken Verdacht gegen mich. Ich war lediglich schuldig, weil ich einen Schlapphut getragen habe und dafür wurde ich einer Serie der schlimmsten Verbrechen beschuldigt, die jemals verzeichnet wurden.
Wäre Inspector Byrnes drüben in London mit einigen seiner Männer gewesen, hätten sie den Teufel von Whitechapel schon vor langer Zeit gefasst. Aber dies ist alles sehr unerfreulich für mich und ich würde es vorziehen über etwas anderes zu sprechen.

Sie wurden beschuldigt ein Frauenhasser zu sein. Was haben sie dazu zu sagen?

Dies schien den Doktor sehr zu amüsieren. Er lachte laut und lange. Dann sagte er.

Ich mag es nicht über die Damen zu reden, aber ich werde ihnen einen kleinen Beleg zeigen, dass ich diesem Geschlecht gegenüber keine Abneigung verspüre. Ich werde erst erklären, wie er zu mir gelangte. Ich erhielt einen Brief zur Vorstellung bei einer Dame von Rang, einer Herzogin, die zu dieser Zeit in Torquey weilte, viele hundert Meilen von London entfernt. Ich präsentierte meinen Brief und wurde eingeladen mit ihr zu frühstücken. Zur Begrüßung überreichte ich ihr ein Blumenbouquet und sie nahm einen Federkiel, der auf dem Tisch in der Nähe lag und schrieb folgende Zeilen nieder:

Für Dr. Francis Tumblety, M.ED.:
Danke für die gesandten entzückenden Rosenknospen.
Ihre Schönheit mag vergehen, aber nicht ihr Gefühl und ihre bezaubernde Schönheit.
Ihre Farben können nicht bestehen.
Es wird eine erfreuliche Aufgabe sein, die verwelkte Blume zu bewachen, wenn sie von mir gegangen sind und ich an die Zeit zurückdenke, als sie nach Torquey kamen.


Nun, dass schaut nicht nach Frauenhasser aus, oder?“, sagte der Doktor mit einem stolzen Blick.

Der Doktor zeigte dann mehrere Briefe von bekannten Personen, die seine Art und Redlichkeit bescheinigten. Eine Bescheinigung war unterschrieben von A.L. Ashman, Besitzer des Sinclair House; Dr. E.P. Miller, C.T. Ryan, Dr. Alfred Wynkoop und J.C. Hughes, vom 753 Broadway.
Er hatte viele Briefe von Kaufläuten, Ärzten, Anwälten, Bankiers und Geschäftsleuten. Einige der Briefe die er vorzeigte, waren von Patienten in England. Einer war von einem Gentleman, namens Bowers, der in Verbindung mit der Midland-Eisenbahn stand. Dieser erzählte ihm, dass die vorherigen Arzneimittel seinem Vater sehr gut geholfen haben und er den Doktor erbat noch mehr zu schicken.
Ein weiterer Brief war von W.H. Eccleston, Finsbury Park, der ihm einen begeisterten Dankesbrief für seine Dienstleistungen schrieb und meinte, dass alle seine Freunde davon ausgehen, dass er ihm das Leben gerettet hätte. Als er über sein Ansehen in England sprach, sagte der Doktor:

 „Wenn es nötig sein sollte, kann ich ihnen Briefe von vielen angesehenen Persönlichkeiten zeigen, die ich im Ausland kennengelernt habe. Ich bin Stammgast in einigen der besten Londoner Clubs, unter ihnen der Carleton Club und der Beefsteak Club. Ich war das Opfer von Umständen, als diese furchtbare Anschuldigung das erste Mal vorgebracht wurde und seitdem wurde ich von allen Seiten angegriffen und niemand hatte etwas Gutes über mich zu sagen. Es ist auch sehr seltsam, da ich mich nicht daran erinnern kann, jemals einem Menschen etwas angetan zu haben und ich weiß von sehr vielen, denen ich geholfen habe.

 

 

Thomas Schachner
(Dokument zuletzt bearbeitet am 02.08.07)