Tom Cullen – Jack the Ripper „der
Mörder von London“
230 Seiten
Ullstein TB-Vlg 1988
ISBN: 3548208908
Tom Cullens „Der Mörder von London“ erschien
ursprünglich 1965 unter dem Titel: „When London Walked
in Terror“ und galt bis zum Erscheinen von Donald Rumbelows „The
complete Jack the Ripper“ 1975, als das Referenzwerk zum
Thema. Noch heute wird es, zusammen mit Donald McCormicks „The
Identity of Jack the Ripper“ von 1959, als das erste „echte“ Ripperbuch
bezeichnet und hat aufgrund der Tatsache, dass sich Cullen noch
mit original Zeitzeugen unterhalten konnte, nichts von seiner Faszination
eingebüsst.
Leider erschien es in deutscher Sprache gut 20 Jahre zu spät
und als im Erscheinungsjahr 1988 auch noch ein ganzer Haufen, jahrelang
vermisster Akten wieder auftauchte, konnte man es getrost als veraltet
betrachten. Eine neue Generation von Ripperologen stand in ihren
Startlöchern und in der Welt von Melvin Harris, Martin Fido & Co,
war einfach kein Platz mehr für die McCormick’s, Farson’s
und Cullen’s der alten Schule mit ihren noch älteren
Theorien über Wasserleichen und deren angebliche Verbindung
mit den Whitechapel Morden. Fragen wie „warum George Hutchinson
nicht bei der gerichtlichen Anhörung aussagte“, konnte
man sich ab 1988 mit einem Blick in die Akten selbst beantworten
und mit dem erscheinen von Mevin Harris „The bloody truth“ war
dann auch Druitt, für die meisten Ripperologen, kein Thema
mehr.
Trotzdem ist „Der Mörder von London“ ein Klassiker
und wäre es nicht so veraltet, dass perfekte Einsteigerbuch.
Cullen zeichnet ein sehr warmes und bisweilen philosophisches Bild
vom Londoner East End im Jahre 1888 und er war wohl auch einer
der ersten Autoren, die den Konkurrenzkampf zwischen Metro und
Citypolice thematisierten. Überhaupt bekommt man einen sehr
guten Einblick in die damaligen Gesellschaftsstrukturen und innerpolitischen
Machtkämpfe. Doch sollte man beim Lesen immer den damaligen
Wissens- bzw. Ermittlungsstand im Hinterkopf behalten.
Aufgrund der dürftigen Auswahl an deutschsprachiger Lektüre
ist „Der
Mörder von London“, zusammen mit „Die
blutige Wahrheit“ von Melvin Harris, das einzig wirklich
lesenswerte deutschsprachige Buch zum Thema. Wer sich allerdings
genauer mit Jack & Co. auseinandersetzen möchte und der
englischen Sprache einigermaßen mächtig ist, sollte
es lieber mit Philip Sugden oder Donald Rumbelow versuchen. Tom
Cullen ist eher etwas für Sammler und/oder Leute mit ausreichend
Hintergrundwissen.
Bewertung/Fazit:
Für Einsteiger mit Vorsicht zu genießen
und bisweilen sogar verwirrend - für den eingefleischten Ripperologen
allerdings eine absolut lesenswerte Pflichtlektüre... ein
echter Klassiker eben!
academyfightsong