Ich tendiere eher dazu, unsere drei Meinungen in einer zu sehen. Es ist eine reine Überlegung bzw. eine Vorstellung.
Andromeda´s Brunnengeschichte, die in die Dorset Street führt, spielt dabei eine ebenso große Rolle wie Phil´s Seaside Home Identification. Jedoch sehe ich in letzterer eher die Möglichkeit, dass Hutchinson den späteren jüdischen Seaside Home Zeugen sah, der Kosminski dort identifizierte.
Wie auch immer das Szenario im Miller´s Court aussah, der Killer (Kosminski) hätte sich bereits dort befunden haben können oder er kam, als Hutchinson nicht mehr gegenüber vom Eingang des Courts wartete. In dem Moment als der Freier Kelly verließ, hätte dieser Kosminski dort gesehen haben können. Am Brunnen herumlungernd zum Beispiel. Kosminski trank dort, wusch sich oder hing dort den Erinnerungen an die Nacht des Double Events nach. Nun wäre es ja möglich, dass Kelly kurz darauf ebenfalls ihr Zimmer verließ und Kosminski mitbekam (ohne vielleicht bemerkt zu werden), als sie wiederkehrte, wie sie ihre Tür öffnete (durch das Fenster, davor lag ja die Wasserpumpe) und er Augenblicke später so vor ihrem Bett stand, als das Licht von ihr gelöscht worden war (um zu schlafen). Oder aber, er bekam es bereits mit, als sie wegging, dass Sie irgendwie, aus welchen Gründen auch immer, durch das Fenster griff und er schon im Zimmer war, als sie wieder zurückkehrte. Oder er beobachte das schon, als Kelly mit ihrem Freier in den Raum ging.
Die Familie sollte spätestens (oder frühestens) ab der Nacht des Double Events gewusst (gewusst heißt nicht glauben) haben, dass Kosminski von der Polizei verdächtigt wird, der Ripper zu sein. Sie werden sicherlich alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, ihm zu helfen, vielleicht auch im Wissen, dass er nicht ganz zurechnungsfähig ist. Es verging mehr als nur der Oktober, bis er wieder zuschlug. Diese ganze Zeit könnte er durch die Polizei (ein paar Tage höchstens) und von der Familie, nicht aus den Augen gelassen worden sein (vielleicht brachten sie ihn einige Zeit auch stationär unter). Wenn dies so war, dann sollte der Familie aber auch aufgefallen sein, dass es nun keine weiteren Morde mehr gab. Ist er ihnen einmal entwischt (nämlich bei Kelly), sollte der Verdacht gegen dieses Familienmitglied wohl erheblich größer geworden sein. Sie müssen es ja nicht mitbekommen haben. Man sollte so denken, aber rein intuitiv würde ich sagen und für viele Familien wohl auch typisch, glaubte man nicht an seine Täterschaft oder verdrängte die Vorstellung. Man sah ihn vielleicht in Not und half, aber der Ripper, dieser Mann? Nein! Aber auch hier, nicht alle hätten so denken müssen. Hängt ja auch immer davon ab, was ein jeder weiß. Weiterhin kann ich mir vorstellen, dass er der Familie (mittlerweile völlig) geistig behindert erschien (was noch schlimmer werden sollte), es ihnen bekannt war, dass er sich herumtrieb und, weil jüdischer Herkunft, natürlich ein gern gesehener Verdächtiger war. Es kann durchaus so gewesen sein, dass man ihm diese Taten nicht zutraute, dass er selbst dazu, zu sehr verblödet war. Möglicherweise dachte dies die Polizei zuerst auch so. In beiden Fällen eine fatale Denkweise aber zur damaligen Zeit verständlich. Selbst wenn so ein Typ nach Kelly einen Zusammenbruch gehabt haben sollte, für ihn und Familie waren solche Krisen durchaus normal und fanden regelmäßig statt.
Ein Wendepunkt in dieser Denkweise, könnte erst zur der Zeit Ende 1890, Anfang 1891 eingetreten sein, als es zur Seaside Home Identifikation kam. Und da würde dann der Mann eine Rolle gespielt haben, den Hutchinson sah. Bei diesem hätte es sich dann um einen Zeugen gehandelt, nicht um den Täter.
Für Kosminski allein hätte ausgereicht, dass er ab einem bestimmten Zeitpunkt, Ende 1888, tatsächlich rund um die Uhr überwacht worden wäre (für Monate). Hätte er mitbekommen, garantiert. Und für einen paranoiden Menschen, könnte es auch nach diesen Monaten der Überwachung weiterhin so ausgesehen haben, dass er sich überwacht fühlte, ohne dass wirklich jemand da ist. Das alles hätte gereicht, um mit dem Morden auszuhören. Familie hin- oder her. Das hätte ihn auch weiter in den Wahnsinn getrieben, dem er ja aber auch so ausgeliefert war.
Robert Ressler war damals nicht einverstanden, wie man mit Richard Trenton Chase umging. Das sind schwer gestörte Täter, die zwar auch wissen was sie tun aber nicht so, wie andere Täter, die mit mehr Plan und mehr Bewusstsein ihre Phantasien umsetzten. Das macht die Sache nicht besser. Aber ein gesünderer Täter versteht am Ende besser, wenn man ihm erklärt was bei ihm abläuft. Einer wie Chase oder Jack the Ripper, die verstehen nicht, was man von ihnen will. Sie leben in einer Welt, die eigentlich nicht zu erreichen ist. Sie leben zwar körperlich neben uns aber sind geistig gar nicht auf unserem Planeten. Kosminski sollte als geistig beeinträchtigt herübergekommen sein aber auch als harmlos wahrgenommen worden sein. Und wie gesagt, das ist sehr fatal an der Geschichte. Weil es das ist, was wir erwarten sollten, wenn wir ihn sehen könnten. Er macht nicht den Eindruck Jack the Ripper zu sein.
P.S.: Heute kann ich nicht mehr antworten. Mir fehlt nämlich gerade eigentlich die Zeit dafür.