Hi Lestrade!
Zunächst mal musst Du Dir nicht auf den Schlips getreten fühlen, nur weil ich zu einigen Dingen eine andere Meinung habe ( Dein etwas ,öhm, patziger Tonfall ließ mich das vermuten). Ich habe Deine Ausführungen durchaus interessiert gelesen, auch wenn ich mich Dir in vielen Punkten nicht anschließen kann und sich für mich manches auch auf den zweiten Blick nicht erschließt.
So ist das nunmal in diesem vertrackten Fall
Um einige Punkte herauszugreifen:
Organisiert oder unorganisiert? Mal davon abgesehen, daß ich dieser strikten Unterteilung wenig abgewinnen kann (weil die meisten Täter eher eine Mischung darstellen). Du schreibst, der Täter gab sich keine Mühe. Nun, das ist relativ. Zumindest hat er sie zum Mitkommen bewegt, er hat eher ruhige Plätze aufgesucht (Kelly ließ ihn sogar mit in ihr Zimmer). Man könnte hier sogar zu dem Schluss kommen, daß er garnicht so wenig redegewandt war (was ich nicht behaupten mag, Du aber von Vornherein ausschliesst). Er hat es zumindest verstanden, keinen Argwohn zu wecken, er konnte sich solange zügeln, bis er sich in relativer Sicherheit wähnte.
Zumal selbst einem klassisch organisierten Täter in der damaligen Zeit (nicht wie heute zB mit Vorteilen wie eigenem Auto, Wohnung usw)Grenzen gesetzt waren, die eine Einteilung noch schwieriger werden lassen. Möglicherweise hätte er gerne, konnte aber nicht...Wie hätte er denn zB entführen,fesseln, quälen und dann entsorgen sollen, wenn er nicht so privilegiert war, mit eigener Kutsche zu reisen und über ein eigenes Haus oder ähnliches verfügte? Hier muß man doch die Umstände bedenken (für geschätzte 99% der Bevölkerung).
Was mich direkt zur Intelligenz bringt: Ich erkenne weder Anzeichen für besondere Intelligenz noch für abgrundtiefe Dummheit und ich glaube nicht, daß mich das zu einem medizinischen Wunder macht. Im Gegenteil, es wundert mich, wie Du in diesem Punkt zu einer solch klaren Haltung kommst.
Was den mögliches Hass auf Prostituierte betrifft:
Sehe ich ganz anders. Wäre dies zwingend, dann müsste man zB auf Dahmer übertragen feststellen, daß er einen besonderen Hass auf junge, athletische Männer empfand, dem war aber nicht so, im Gegenteil, zu diesen fühlte er sich besonders hingezogen, deshalb waren sie seine bevorzugte Opfergruppe.
Es ist m.E.ein großer Fehler, wegen fehlendem "normalem" Geschlechtsverkehr und nicht vorhandener Spermaspuren auf ein Hassmotiv des Täters zu schließen. Gerade das Verstümmeln, das Zustossen mit dem Messer, das Wühlen in Eingeweiden ist ja für solche Täter ihr Sex. Normalen Sex brauchen sie nicht, er verschafft ihnen keine Befriedigung. Und wer sagt uns denn, daß dieser Täter nicht Zuhause onanierend (möglicherweise unter Zuhilfenahme der mitgenommenen Organe) die Tat nacherlebte? Ich würde es sogar für nicht unwahrscheinlich halten...
Womit Du Recht hast ist zweifellos, daß solche Störungen ihre Wurzeln in der Kindheit haben. Aber muß es unbedingt gleich die "alkoholkranke Mutter, die die Männer wie Unterwäsche wechselt" sein? Auch hier : Wenn man die Biographien einiger Serienmörder vergleicht gibt es zwar oft sehr dramatische Verhältnisse in deren Kindheit, oft aber auch Dinge, die nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennbar sind (die Familie erscheint nach außen hin normal) und bei diesem einen speziellen Kind trotzdem zu entsetzlichen seelischen Konflikten führte.
Apropos Familie: Das mit dem "jüngeren Bruder" halte ich persönlich für weit hergeholt. Ich hab selbst ne weitaus jüngere Schwester und sie steht weitaus fester im Leben als ich, ist geordneter, ich bin die Chaotin hoch drei.
Menschen und Persönlichkeiten sind nunmal vielfältig (und die Gründe dafür sowieso), da kann man meines Erachtens schwerlich mit klassischen Vorstellungen (Älterer Bruder= Planer+Beschützer) weiterkommen.
So, ich hoffe, ich hab nichts elementares vergessen und mein Standpunkt ist zumindest etwas klarer geworden ;-)
Grüße, Claudia