Autor Thema: "Fangen sie mich wenn sie können"  (Gelesen 10523 mal)

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Dick Brucinson

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"Fangen sie mich wenn sie können"
« am: 21.05.2010 09:09 Uhr »
Ahoi,

ich hab in letzter Zeit oft über speziell eine Passage aus den Ripper-Briefen nachgedacht, nämlich:

"Fangen sie mich wenn sie können".

Der (oder die) Täter muss sich ja dermaßen sicher gewesen sein, nicht erkannt zu werden, um eine derart provokative Aussage zu treffen, so dass die Vermutung naheliegt, dass sämtliche Ermittler, die Bevölkerung und letztendlich auch die Opfer den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen haben.

Oder wie seht ihr das???




Offline Lestrade

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #1 am: 21.05.2010 09:37 Uhr »
Gibt es viele Varianten. Jemand der die Taten nicht begeht und ein bißchen Aufmerksamkeit will, kann so etwas locker schreiben, gerade dann, wenn er weiß, das er zu den Tatzeitpunkten, mit Freunden am Baggersee lag.

1997 lernte ich mal einen kennen, er erzählte mir, das sein Vater in den 80er Jahren, ein gefürchteter Serienkiller in Karl- Marx- Stadt, dem heutigen Chemnitz war. Und er darunter leidet. Am nächsten Tag, war er dann ein gefürchteter Boxer in seiner Jugendzeit. Er suchte nur Aufmerksamkeit und Zuneigung. Ihm war jedes Mittel recht. Ich konnte aber nicht drüber lachen...
Dann kannte ich mal eine Frau, die mit sich und dem Leben nicht klarkam. Sie erzählte, sie sei sexuell mißbraucht worden. Stimmte am Ende nicht, seit ihrer Kindheit fühlte sie sich für den Tod eines anderen Menschen verantwortlich. Das traumatisierte sie und mit dem Verschieben auf den sexuellen Mißbrauch, der nie stattfand, versuchte sie krampfhaft ihre Schuldgefühle zu verdrängen, ihre Verantwortung für den Tod eines anderen Menschen abzulegen, an dem sie offenbar aber auch nicht Schuld war. Sie war ein kleines Kind und es war ein Unfall. Wieder konnte ich nicht lachen...

Solche Menschen erfinden unlustige Dinge, die einfach nicht stimmen.

Mehr kann ich dazu nicht sagen Bruce.

Lestrade.
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Offline Shadow Ghost

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #2 am: 21.05.2010 09:47 Uhr »
Hallo Dick,

wenn man davon ausgeht - wie es derzeit wohl allgemein geglaubt wird - dass keiner der Ripper-Briefe tatsächlich von Täter stammt, dann ist 'Catch me when you can' eine leicht auszusprechnde Floskel, denn der Briefeschreiber konnte sich ziemlich sicher sein, dass niemand auf seine Spur kommen würde, weil der Fokus der Ermittler auf dem Mörder und nicht auf wichtigtuerischen Briefeschreibern lag.
Nun ist aber die genannte Floskel aus dem Lusk-Letter, dem einzigen, der vielleicht tatsächlich vom Täter stammen könnte. Geht man davon aus, dass dies der Fall ist, so hast Du recht mit der Annahme, dass sich der Schreiber/Täter seiner Sache sehr sicher gewesen sein muss. Aber er konnte ja auch viel über den Ermittlungsstand in den Zeitungen nachlesen. Ob das aber ausreicht, sich richtig wohl in seiner Haut zu fühlen weiß ich nicht. Vielleicht hatte der Briefschreiber/Täter ja auch noch Zugang zu weiteren Quellen über den Ermittlungsstand, z.B. durch Polizeikontakte oder sogar über eine der Bürgerwehren. Aber das wäre alles Spekulation. Sollte sich aber irgendwie herausstellen, dass der Lusk-Letter wirklich vom Täter stammt, dürfte über jedes Wort in ihm heftigst spekuliert werden.
Generell darf man wohl davon ausgehen, dass sich ein Täter wie Jack the Ripper seiner Sache sehr sicher gewesen sein dürfte, denn sonst hätte er wohl kaum auf offener Straße zugeschlagen. Er dürfte, wie wohl alle Verbrecher, davon überzeugt gewesen sein, dass er niemals geschnappt werden könnte; kaum ein Verbrecher denkt (zum Tatzeitpunkt) groß über die Konsequenzen seines Handelns nach (also z.B. mögliche Bestrafung,..) schon gar nicht ein triebgesteuerter Täter.

Viele Grüße,
Shadow Ghost

Offline Anirahtak

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #3 am: 23.05.2010 02:23 Uhr »
Anhand der Eddowes-Schürze (und evtl. des Graffitos) kam mir mal der Gedanke, er könnte parallel zum Trieb Gefallen am Nervenkitzel gehabt haben. Recht sicher wird er sich schon gewesen sein, aber bestimmt auch nicht völlig unbewusst der Tatsache, dass man in einem solch dicht besiedelten Gebiet häufig von irgendjemandem gesehen oder beobachtet wird.

KvN

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #4 am: 24.05.2010 03:19 Uhr »
Hhhhmm...Gefallen am Nervenkitzel kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Die Opfergruppe spricht da für mich klar dagegen, das war leichte Beute.

Grüße

Stordfield

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #5 am: 24.05.2010 13:14 Uhr »
Hallo KvN!

Sicher hast Du Recht, dennoch sprechen die Tatorte wiederum gegen Deine Aussage. Oder verwechsel ich hier ganz einfach Nervenkitzel mit Arroganz?

Gruß Stordfield

Offline Anirahtak

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #6 am: 24.05.2010 16:48 Uhr »
Die Opfergruppe war die am leichtesten zu erreichende, wofür Bequemlichkeit der Grund sein könnte. Oder es ging ihm speziell um Prostituierte, man weiß es wie immer nicht. :icon_wink:

Von hundertprozentiger Arroganz gehe ich nicht aus, so jemand wäre mit Sicherheit erwischt worden, weil nicht vorsichtig genug. Er muss im Rahmen der Umstände "vorsichtig" gewesen sein, damit meine ich vor allem, er muss die ganze Zeit über gehorcht haben, ob jemand kommt. Und sich dessen bewusst gewesen sein, dass jeden Moment jemand kommen kann. Schließlich hat er sich jedesmal rechtzeitg aus dem Staub gemacht. Und dies erzeugt Nervenkitzel, behaupte ich jetzt mal.

Jetzt könnte man sagen, das war aus seiner Sicht eben der Nachteil an der Sache. Da er aber höchstwahrscheinlich das Stück Eddowes-Schürze platziert und möglicherweise auch noch das Graffito verfasst hat (anstatt sich vom Acker zu machen), stelle ich mir jemanden vor, der den Nervenkitzel zusätzlich genossen hat.

Auch anderes veranlasst mich zu deser Annahme - zB die Dreistigkeit, nach einer "halben" Tat und des beinahe Erwischtwerdens kurz darauf nochmal zuzuschlagen.

KvN

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #7 am: 24.05.2010 21:43 Uhr »
Hallo K. Ich kürze deinen Namen ab um weiterhin deine Anonymität zu wahren, rückwärts schreiben ist mir zu anstrengend :icon_biggrin: Naja, vielleicht stimmt deine Annahme mit dem Nervenkitzel ja...Für mich gehört es eben zur Krankheit solcher Menschen, dass sie ihre Taten nicht im richtigen Verhältnis sehen und daher eine für uns unpackbare Nervenstärke an den Tag legen. Denk mal an Bundy, Dahmer und wie sie alle heissen...
Hi Stordfield!
Jaaaa, die Tatorte! Immer wieder ein hochbrisantes Thema! Für mich ein Indiz dass der Ripper total durchgeknallt war. In zumindest drei Fällen null Fluchtmöglichkeit, hätte ihn die Lusk - Truppe dort erwischt, er wäre wohl mit Sicherheit aller Zukunftssorgen enthoben gewesen! Bei einem einzelnen PC allerdings - da teile ich Lestrades Meinung aus dem anderen Thread - wäre London nachher wohl um einen Polizisten ärmer gewesen.

Grüße

Stordfield

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #8 am: 24.05.2010 22:02 Uhr »
Hallo KvN!

Spannende Sache, die Du da aufwirfst. Glaubst Du, der Ripper hätte sich mit Waffengewalt der Festnahme entzogen? War er in Deinen Augen der Typ dafür?

Gruß Stordfield

KvN

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #9 am: 24.05.2010 22:12 Uhr »
Aus dem Bauch heraus würde ich mal ja sagen. Immerhin, er war bewaffnet und wusste mit dem Messer umzugehen. Und eine gewisse Entschlossenheit gehörte wohl auch zu seinen Eigenschaften, schwach war er wohl auch nicht gerade...Warum hätte er also widerstandslos aufgeben sollen?

Stordfield

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #10 am: 24.05.2010 22:51 Uhr »
Hallo! 

Warum hätte er also widerstandslos aufgeben sollen?

Vielleicht,weil er

- ein Feigling war, der sich nur an wehrlose Frauen herantraute
- er endlich gefaßt werden wollte
- ihm alles, außer seinen Fantasien egal war

Gruß Stordfield

Offline Lestrade

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #11 am: 25.05.2010 08:42 Uhr »
Guten Morgen Stordfield!

- ein Feigling war, der sich nur an wehrlose Frauen herantraute

Das stimmt ersteinmal so. Aber ich denke, gerade in die Enge getrieben, verhielt er sich wie ein wildes Tier. Und er war ausgesprochen hinterhältig. Wenn er von einem PC gestellt worden wäre, in solch einer Situation, er hätte sich gewehrt, meiner Meinung nach. Und wenn er ihn vielleicht "nur" plötzlich und unvorhergesehen attackiert hätte. Nur ein ausgesprochener mutiger, cleverer und entschlossener PC, mit einer guten Einschätzung von Situation und Person sowie kräftiger Statur, hätten ihn zur Raison gebracht. Solche Täter können Urkräfte entwickeln. Ich hätte keine Chance gehabt. Ich hätte dich, KvN und panopticon dafür gebraucht, vermute ich.

- er endlich gefaßt werden wollte

Das wäre wohl irgendwann passiert.

- ihm alles, außer seinen Fantasien egal war

Ja, im weitesten Sinne, war es das.

Viele Grüße,

Lestrade.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Stechmuecke97

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #12 am: 25.05.2010 10:07 Uhr »
Hallo! 

Warum hätte er also widerstandslos aufgeben sollen?

Vielleicht,weil er

- ein Feigling war, der sich nur an wehrlose Frauen herantraute
- er endlich gefaßt werden wollte
- ihm alles, außer seinen Fantasien egal war

Gruß Stordfield








hm... warum sollte er gefasst werden wollen?  :icon_eek:

Floh82

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #13 am: 25.05.2010 13:07 Uhr »
Es gibt tatsächlich Täter die eigentlich gefasst werden wollen!
Sei es um endlich den Ruhm zu ernten (gemeint ist soetwas wie: "Seht her, ich war es....ich habe das getan, bewundert mich")
oder auch um einen letzte Punkt zu setzen. Die Gefangennahme quasi als "letzter Akt der Inszenierung".

Man darf nicht vergessen dass manche Serientäter eigentlich sehr intelligent sind. Und manch andere eine sehr sonderbare "Sicht der Dinge".

Offline Shadow Ghost

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Re: "Fangen sie mich wenn sie können"
« Antwort #14 am: 25.05.2010 13:44 Uhr »
Ich will jetzt hier nicht mit Tiefenpsychologie anfangen, weil ich davon nichts verstehe, aber kann es nicht sein, dass etwas im Inneren eines solchen Menschen das Unrecht doch noch erkennt, und ihn dazu veranlasst, unbewusst Fehler zu machen? Dies könnte sich dann auch in übersteigerter Selbstsicherheit äußern, wie in "Fangen Sie mich wenn Sie können!" oder dem Auftreten von Ted Bundy am Lake Issaquah, als er in aller Öffentlichkeit versuchte Frauen zu überreden, mit ihm zu kommen (bei zweien ist es ihm auch gelungen), und dabei auch noch seinen wirklichen Namen verwendet hat.