Autor Thema: Beweise für Freundschaft?  (Gelesen 59235 mal)

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Colin Benson

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Beweise für Freundschaft?
« Antwort #30 am: 02.11.2004 16:04 Uhr »
Der Fragenkatalog bezog sich auf den Fall, daß Albrook sich als die Frau herausstellt, die an diesem späten Nachmittag Barnett bei Kelly gesehen hatte. Dann, und nur dann hatte Maria Harvey gelogen (und der ganze andere Kram müßte auch überdacht werden).

Bislang kann ich aber außer Stephens Behauptung einer "generellen Akzeptanz" der Albrook-Geschichte nichts finden, was das in irgendeiner Weise stützen würde. Gut, Albrooks Margaret-Mitchell-Stil macht sich um Längen besser im nächsten Ripperbuch als Harvey's Wäschereiliste, aber sonst spricht nichts für Albrook, soweit ich das übersehen kann.

Grüße

CB

Colin Benson

  • Gast
Beweise für Freundschaft?
« Antwort #31 am: 02.11.2004 16:05 Uhr »
AFS: hätte mir die frage auch sparen können. aber bei der masse an daten, namen und informationen, kann es durchaus mal passieren, dass man gewisse details einfach wieder vergisst. geht mir zumindest so...

Mir auch. Mir auch.

CB

Saucy_Jacky

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Beweise für Freundschaft?
« Antwort #32 am: 07.08.2005 02:32 Uhr »
Hat einer von euch schon mal die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass selbst wenn einige der Opfer befreundet gewesen sein sollten, die Opferauswahl dennoch rein zufällig war? Wäre doch gut möglich, dass der Ripper ohne es zu wissen befreundete Frauen ermordete, und wir sitzen jetzt hier, und konstruieren krampfhaft einen Zusammenhang in eine Sache hinein, der so gar nicht vom Täter impliziert war?

Alexander-JJ

  • Gast
Beweise für Freundschaft?
« Antwort #33 am: 07.08.2005 08:53 Uhr »
Dieses Forum ist ja genial ... Also erstmal ein Hallo an alle zusammen.

:) ;) :)


Ich denke auch, das es unerheblich ist, ob die Opfer befreundet waren oder nicht. Jack war das jedenfalls meiner Meinung nach völlig egal. Ihm gings sowieso nur ums abschlachten und verstümmeln.

Ausserdem hatten die fünf Frauen sicher noch mehr Freunde. Auch die hätten im Falle einer Verschwörung ermordet werden müssen.

*

dark_jewel

  • Gast
Huren
« Antwort #34 am: 23.11.2005 16:12 Uhr »
Ich bin heute auf dieses Forum gestoßen, sehr interessant, wenngleich ich in keiner Weise einen dedektivischen Verstand besitze   :)

Allerdings besitze ich dafür einen anderen: den der Frau und den der Hure.
Im 18 Jahrhundert waren es die Lustdamen, ohne besonderen Wert, ohne besondere Beachtung. Im ganzen Fall ging es um die Art und Weise der Morde, es ging um die Brutalität, den bemerkenswerten Wissensstandart des Rippers über die Anordnung von Organen.

Eine Hure heute muss sich verstecken, eine Hure damals hatte weitaus größere Probleme: hatte sie keinen Freier für ein oder zwei Tage, so war sie nicht in der Lage zu essen, zu trinken oder zu schlafen. Sie musste sich anderweitig diese existentiellen Dinge beschaffen. Durch z.B Diebstahl.

Ein anderes: Diese Damen waren und sind voneinander abhängig! Die Kommunikation ist für sie eine der lebensnotwendigsten Sachen überhaupt.
a) sie erfahren voneinander über verschiedene Freier (Stammfreier/Zufallsfreier) deren Neigungen und Abneigungen, sexuelle Abnormalitäten, Krankheiten.
b) zum Selbstschutz vor beispielsweise extrem brutalen oder psychisch einflussnehmenden Freiern.

Ich glaube, aufgrund meiner ganz persönlichen Erfahrungen mit Freiern - sie haben sich gekannt - zwangsweise um zu überleben...oder im Verbund-ebenfalls um zu überleben.

Was die fehlende oder nur angerissene Dokumentation über eine Bekanntheit der Frauen untereinander angeht:
Es könnte etwas weitaus *normaleres* sein als hier mit abstraktem Denken ausgeführt wird.
Eine schlichte Angst vor dem Verlust der Existenz einer Hure, durch Diebstahl, vielleicht sogar Körperverletzung an Freiern. Betrachte ich die Wertstellung einer Frau in dieser Zeit, zumal sie in die Reihen der leichten Mädchen gestanden sind, halte ich es für durchaus denkbar, dass sie die Angst vor dem Ripper gegen den Verlust ihrer Existenz aufgewogen haben könnten.
Frei nach dem Motto-Reden ist Silber-Schweigen ist Gold.
Unter Umständen - ich weiß nicht wie das Verhältnis Zuhälter-Hure damals gestaltet war - spielten auch die Zuhälter und ein eventuell von ihnen ausgesprochenes Redeverbot eine Rolle. Wobei hier im Raum stünde ob auch Zuhälter Angst um ihren Lebensstandart bzw. ihrer Freiheit gehabt haben könnten.
Sollte dem so sein, stand eine Hure vor der Entscheidung: ein zufälliges oder aber ein garantiertes Opfer zu sein.
 ( Ich habe nicht die geringste Ahnung wie die strafrechtliche Seite des ausgehenden 18.Jahrhunderts in England ausgesehen hat.)

Denkbar erscheint mir auch dass der Ripper von diesen Huren abgelehnt wurde, aufgrund von vielleicht abnormalem Sexualverhalten,gepaart mit vielleicht Spot seitens der Damen über diese Triebe, vielleicht der Feststellung derselben, dies sei auf seine mangelnde Intelligenz zurückzuführen das sich unter den Huren herumgesprochen hatte. So könnte er auf diese Ablehnung durchaus mit einem solchen Verhalten reagiert haben. Da niemand weiß wer JTR war, kann auch niemand wissen, ob er nicht eines der von der Familie ( Mutter, Vater) degradiertes Geschöpfe war, der im Laufe seines Lebens einem enormen Drang des Sich-Beweisen-Müssens unterlag, ihn die Ablehnung dieser Frauen härter traf ( Nicht einmal einer Hure bin ich gut genug!) als erwartet und er vielleicht damit einen entgültigen Beweis seiner Macht zu liefern glaubte. Hierher passt dann auch das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei, das bewusste legen falscher Fährten und das Wissen darum in die Geschichte eingegangen zu sein.
Zumindest hätte er sich befriedigt, die Frauen und ihre Ablehnung bestraft und war als Sieger mit bewiesener Intelligenz aus dem Leben gegangen.

Eine Vorstellung, meine, unbeweisbar, aber durchaus denkbar. Und für euch vielleicht ein Anreiz in ganz anderen Mustern zu denken. Betrachtet man die Zeit in der all dies geschehen ist, den Ort, das Leben dort, dürfte niemandem entgehen, dass dieser Fall, das JTR's Denken nicht annähernd an heutigen Standarts zu messen sein darf.

lg, jewel

Frank

  • Gast
Re Freundschaft!
« Antwort #35 am: 23.11.2005 17:39 Uhr »
Hallo Jewel!

Interessanter Aspekt, der versuchte Vergleich zwischen der Prostitution damals und der heutigen.
Damals wie auch heute muss man sicherlich unterscheiden zwischen dem Strassenstrich und den Bordellen. Ersterer war sicherlich deutlich ausgeprägter als dies heute der Fall ist. Im damaligen London "tummelten" sich deutlich mehr Mädchen und Frauen auf den abendlichen und nächtlichen Strassen auf der Suche nach Freiern um die nackte Existenz zu erhalten. Im Falle der Opfer des Rippers wird klar, daß es den Damen letztlich auch immer darum ging, das Geld für die nächste Übernachtung zu verdienen. Wenn wir von einer Abwägung zwischen Gefahr und Existenzangst sprechen, so denke ich, gab es für die Damen eine solche Abwägung gar nicht. Hinter allem stand ein deutlichen MUSS, es blieb ihnen keine andere Wahl, sie MUSSTEN sich des Nachts in die dunklen Gassen und Hinterhöfe wagen, wenn sie überleben wollten, wenn sie das Geld für Alkohol und Nacht-Unterkunft verdienen wollten. Ein Nachtlager kann man schliesslich nicht stehlen.
Also gab es im London der viktorianischen Zsicherlich tausende solcher Damen, die sich eben nicht zwanggsläufig gekannt haben mussten. Auszuschliessen ist das aber wiederum auch nicht. Und bewiesen andererseits auch nicht.

Es grüsst ganz herzlich.....

Frank

Trufania

  • Gast
auch wegen der freundschaft :wink:
« Antwort #36 am: 23.11.2005 21:56 Uhr »
hi, erst mal herzlich willkommen jewel!

die idee mit der freundschaft basiert ja nur auf den hintergrund der königshaustheorie. also die "fünf freundinnen" sollen sich zusammengetan haben und das königshaus erpresst haben. nun fragt sich ja, ob die fünf frauen sich wirklich kannten, hier darf man aber auch nicht außer acht lassen, dass es früher ca. 10.000 prostituierte gab und wenn man mit jemanden zusammen jemand anderen erpressen will, muss man denjenigen wohl auch vertrauen. da ist denn auch der knackpunkt, waren sie denn auch wirklich so gut befreundet um solch einen plan durchzuführen.

ich seh das ungefähr so, es gehen mit mir zusammen bestimmt 500 andere schüler auf die gleiche schule, wir haben alle das gleiche schicksal (:mrgreen:) und trotzdem kennen wir uns alle nicht untereinander.  :lol:

dark_jewel

  • Gast
Beweise für Freundschaft?
« Antwort #37 am: 24.11.2005 14:31 Uhr »
Ich war mir fast sicher, dass ich nicht extra erwähnen muss (aufgrund des geschichtlichen JTR Hintergrundes), dass es sich um Stricherinnen handelt.

Es geht aus der Geschichte der Prostitution hervor, dass Huren zwischen 1864 und 1869 den Contagious Disease Act (sollte die Willkür der Polizei gegen Huren verhindern und auch endlich Freier involvieren) in England durchbrachten. (War im übrigen der Auftackt zum Frauenwahlrecht in England)
Es gilt als erwiesen, dass diese Regelung von der Polizei nur gering auch angewandt wurde. Die wenigsten Freier wurden bestraft. Jede Hure aber ging ins Loch und musste sich diversen Geschlechtsuntersuchungen unterziehen lassen.
Im East End Londons waren Handgreiflichkeiten, Alkoholismus und Mord an der Tagesordnung. Es mag sein, dass Frauen eine schlechtere Bildung genossen und aufgrund ihres Frauseins lediglich niedere Arbeiten die sehr schlecht bezahlt waren ausführen durften. Nichts desto Trotz halte ich sie für keinesfalls so dümmlich, dass sie nicht auch ihr Leben schützten, oder es geschützt wurde.
Wie du selbst sagst Frank - es war ein MUSS (ist es überwiegend auch heute noch) dennoch waren es die Huren die bestraft wurden. So wird keine freiwillig hingehen und sich der Willkür der Justiz ausgesetzt haben, denn sie musste SEHR WOHL um ihre Existenz fürchten.
Ich finde in der Beschreibung der Opfer auch keinen Hinweis darauf, dass sie zu den Huren gehörten die sich Erdlöcher graben mussten um einen sicheren Schlafplatz zu erhalten. Ich kann also davon ausgehen, dass sie sich relativ sicher in ihrer Umgebung fühlten und zu den Besserverdienenden gehörten.
Es gab sicherlich einige Konkurrenz, ich glaube dennoch, dass ihr natürlicher Überlebenstrieb sie zur Vorsicht mahnte und dazu gehörte mit Sicherheit auch das Wissen um Gefahren, ausgehend von den Freiern.
Ihr solltet nicht einen kompletten Text aus dem Kontext reißen ;)
Desweiteren geht es hier auch sicher nicht um 10.000 Frauen die auf den Strich gingen, oder verrät mir jemand wie diese Platz finden in einem relativ kleinen Radius von 30 Metern?
Warum soll also nicht die eine der  die andere gekannt haben?
in Deutschland gibt es derzeit 200.000 registrierte Huren ! Selbst auf dem Hamburger Kietz findet man davon nur 6000! Und die sind verteilt und das so gut, dass sie sich nicht im Weg stehen ;)
Um 1880 sollen auf 800.000 Einwohner rund 80.000 Huren gekommen sein. Bei Englands Größe, stellen sie doch eine ganz klare Minderheit dar.
Ich glaube nicht das sich seit dem 12ten Jahrhundert so viel verändert hat was die Sicherheit der Frauen und ihre Arbeitsweise betrifft. Das geht allein aus der Geschichte hervor,nur die Zeit und Motivation mag sich gewandelt haben.

Und von Freundschaft, oder Verschwörung habe ich kein Wort gesagt.
Wie gesagt reißt den Text nicht aus dem Zusammenhang oder lest zur Not zweimal. Ich gehe davon aus dass der Schulvergleich keiner ernsthaften Debatte ausgesetzt werden soll, es sei denn ihr alle dort müsstet um euer Leben fürchten oder eure Gesundheit ;)

Es ging einfach nur darum, das ich es für möglich halte, DASS sie sich kannten aufgrund der örtlichen Nähe und dem konkurrenzdenken der Huren ( sollte jemand einmal an einem Straßenstrich vorbeikommen, so garantiere ich euch, jede Einzelne kennt die Namen der Huren die 20 Straßen weiter stehen in und auswendig :) ), die eine der anderen von einem perversen Freier erzählte, ihn vielleicht sogar zeigte und es deshalb genau diese Frauen waren die getötet worden sind, weil sie ihn ablehnten oder verhöhnten...wer weiß vielleicht bekam der gute Jack einfach keinen hoch?
Wurden die Freier der Damen überprüft?

lg jewel

Alexander-JJ

  • Gast
Beweise für Freundschaft?
« Antwort #38 am: 24.11.2005 16:51 Uhr »
Hier mal eine Augenzeugenbeschreibung der Huren im East-End (von einem Reporter des Londoner Büros des "New York Herald" anno 1888):


"Jeden Abend kann man ein Dutzend von ihnen auf dem Bürgersteig vor der grossen, alten Spitalfields-Kirche sehen. Sie sind im ganzen umliegenden Bezirk zu finden, aber hier trifft man mit Bestimmtheit immer mehrere an. Sie sind alt, wirklich alt oder vorzeitig gealtert. ihre Kleidung hält notdürftig zusammen, aber Tageslicht würde sie nicht vertragen. Ihre Schuhe sind durchlöchert. Jeder Lumpensammler, der auf sich hält, würde ihre Hüte mit Grausen zurückweisen. Sie tragen wenig oder überhaupt keine Unterwäsche, und das aus mehreren Gründen; einer davon ist, dass sie Geld kostet. Sie sind gebückt und gehen langsam, mit den Schritten des Wracks. In der ganzen langen Skala der Zoologie gibt es nichts, was sich mit den Gesichtern vergleichen lässt, die einen im flackernden Licht der Strassenbeleuchtung anblicken. Sie sind zerfurcht und gebrandmarkt, verrunzelt und aufgedunsen. Ihre Augen blicken stumpf, wie die toter Fische.

Sie sitzen auf kleinen Steinsockeln, mit dem Rücken gegen die eisernen Gitterstäbe des Kirchhofszaunes gelehnt, zu träge um zu sprechen, apathisch gegen alles, ausser einem gelegentlichen Streit. Ein halber Penny reicht für einen Schnaps, und wenn sie Geld bekommen, so stolpern sie in das nächste Pub und bleiben über ihrem Glas sitzen. In keiner Stadt der Welt ausser London gibt es Slums, die einen ähnlichen Typus hervorbringen.

Es ist eine angelsächsische Erscheinung, verursacht durch die Beschaffenheit der Slums und ihrer Tradition sowie durch die scharfen alkoholischen Getränke, die hier unverdünnt konsumiert werden. Die romanischen Völker sind leichter erregbar, sie zerbrechen aber nicht auf diese Weise. Die paternalistische Verhältnisse in den deutschen Städten und das Wesen der Deutschen verhindern es ebenfalls. In den Städten der Vereinigten Staaten würde jede einzelne dieser Kreaturen und auch jede Frau aus der Strant und der Regent-Street auf der Stelle verhaftet werden und als Landstreicherin oder Schlimmeres ins Gefängnis wandern.

Sie sind nicht lasterhaft. Sie kennen die Bedeutung des Wortes Laster gar nicht, denn sie kennen auch den Begriff der Tugend nicht, Verderbtheit ist ein schwaches Wort, Erniedrigung ein geläufiger, unzulänglicher Ausdruck, nichts davon beschreibt ihren Zustand. Nur die Franzosen kommen ihm mit  "la misere" nahe. Unter den Tieren der Wildnis findet sich keines, das ihnen gleicht, denn selbst die Tiere und die Wilden besitzen eine Art Selbstachtung, an der es diesen Geschöpfen ohne eine Spur von moralischem Empfinden fehlt."



Das ist übrigens eine realistische Beschreibung eines Slums, wie es sie auch heute noch gibt (allerdings nicht mehr in Europa). Man mag diesen Text für übertrieben halten, aber es ist dennoch die Wahrheit.

In diesen Slums gab es für Jack nichts zu "bestrafen" oder zu "rächen" und es gab auch keinen Grund "einen hoch zu kriegen".


 *

Frank

  • Gast
Re
« Antwort #39 am: 24.11.2005 19:20 Uhr »
Hallo Juwel!

Zuersteinmal.........sollte ich aus Deinem beitrag etwas aus dem Zusammenhang gerissen haben (was mir jedoch nicht so vorkommt), so lag das nicht in meiner Absicht und vorsorglich also meine Entschuldigung!
Deine eigenen Zahlen zugrundelegend (von 800.000 Einwohnern im England der damaligen Zeitt gingen 80.000 der Prostitution nach, also 10 %) würde dies für ganz London (Stand 1891) bei damaligen 4.231.431 Einwohnern also knapp 420.000 der Prostitution nachgehende Frauen bedeuten. Gehen wir also mal von einem Verhältnis von 50 % Frauen und 50 % Männern aus, so bedeutet dies, das jede 5. (FÜNFTE) Frau damals in London mehr oder weniger häufig der Prostitution nachging. Und dies geschah in den wohl allermeisten Fällen aus purer Not, was ja auch der vorherige Beitrag von Alexander eindrucksvoll belegt. Alles in allem.......eine solche Minderheitt stellten die Huren im damaligen London also nicht dar, ganz im Gegenteil! Zumal die Zahlen hier sicherlich noch deutlich nach oben korrigiert werden müssen, wenn man die vielen illegalen und nicht gemeldeten Einwohner mit einbezieht. Den aus dieser Bevölkerungsschicht waren sicherlich noch vielmehr Frauen aus purer Not dazu gezwungen, sich anzubieten.
Das Londoner Eastend bestand aus vielen schmalen Gassen, Strassen und Wegen. Es war kein kleines Gebiet sondern recht weit verschachtelt. Und bei der grossen Anzahl an Huren bin ich mir eigentlich ziemlich sicher, daß sich die meisten untereinander nicht kannten. Hinzu kommt, daß, wie Du ja selbst sagst, die Huren eingebuchtet wurden, wenn sie erwischt wurden.  Ich kann nur vermuten, daß viele nicht grossartigg darüber geredet haben, was sie des Nachts so treiben.....
Mit den Verhältnissen in heutigen Grosstädten lässt sich das alles sicherlich nicht mehr so ohne weiteres vergleichen.
Natürlich ist es jedoch nicht unmöglich, daß sich die Mordopfer untereinander kannten, nur ist es eher unwahrscheinlich und auch nirgends belegt.

Es grüsst ganz herzlich......

Frank

Kate_Kelly

  • Gast
Beweise für Freundschaft?
« Antwort #40 am: 24.11.2005 21:37 Uhr »
Hallo Leute  :D

Puh, ich muss schon sagen, hier wird ja heftig diskutiert, ich bin beeindruckt! *g*

Nichts ist unmöglich, schon gar nicht, wenn es um einen Mord geht!
Natürlich ist es nirgendwo belegt, dass die Huren sich gekannt haben bzw. dass sie Freundinnen waren und natürlich ist es auch eher unwahrscheinlich, aber warum immer die Sinne vor etwas Absurdem, beinahe Unmöglichem verschließen?

Gesetzt den Fall, Annie, Polly, Liz, Kate und Mary wären befreundet gewesen, wieso hätten sie bei der Polizei aussagen sollen?
Prostituierte wurden nicht wirklich gut behandelt, geschweige denn, 100%ig ernstgenommen, außerdem - welche Informationen konnten sie schon haben?
Wären sie wirklich befreundet gewesen, darf man sich das wohl auch nicht unbedingt wie eine Freundschaft vorstellen, wie sie heute existiert, von wegen Kaffeekränzchen und regelmäßige Shoppingtouren, bei denen man sich jedes Detail vom letzten Samstagabend erzählt. Es war, denke ich, mehr ein "Aufeinander-aufpassen". Soll bedeuten, man beobachtete sich gegenseitig, um einander beistehen zu können, falls etwas passierte (zum Beispiel, wenn man blöde angemacht wurde). Zumindest ist das heute noch unter Prostituierten der Fall ...

Doch welchen Zusammenhang sollten ihre Ermordungen haben?
Wollte JtR nur eine von ihnen, beispielsweise Mary Kelly (Schlussfolgerung --> sie war das "vermeintliche" letzte Opfer von Ripper), wieso tötete er dann alle anderen zuvor?
Wollte er alle? Dann musste eine von ihnen bereits etwas geahnt haben.
Oder lag es daran, dass eine nach der anderen über eine bestimmte Sache zu viel wusste?

Wollen wir überhaupt an einen verrückten, planlosen Serienkiller glauben? Oder wünschen wir uns einen logisch nachvollziehbaren Mord mit tragischem Hintergrund?

Gruß, Kate Kelly

dark_jewel

  • Gast
Beweise für Freundschaft?
« Antwort #41 am: 24.11.2005 22:58 Uhr »
:) Menno...was ich schrieb beruht auf Colins Ausführungen der Zahlen und der Nähe mindestens 3 der leichten Damen. Innerhalb dieses Kreises (30m?) käme es mir vollkommen absurd vor hätten sie sich nach Monaten/Jahren des dichten Beieinanderlebens nicht gekannt.

Die Zahlen kan man der Geschichte der Prostitution entnehmen, empfehlenswert ist hierbei auch die Ausstellung Sexarbeit...detailierte Berichte und Gegenstände sowie Bilder ab 1850! Die Echtheit dieser Berichte ist belegt und interessant ist daran einfach, das man tatsächlich ansatzweise das Leben der Frauen im East End Londons (nicht nur dort) nachempfinden kann. Demnach gehörten alle Damen, die Opfer JTR's wurden, zumindest in die bessere Klasse der Huren.
Wie diese Klasse denn aussah kann ich natürlich nicht sagen, Spekulationen dürfen natürlich angestellt werden ;)
Sie hausten nicht in Erdlöchern (damit sei auch die Sache mit den nicht erfassten Huren beigelegt, denn diese hatten überhaupt keine Chance,wurden verjagdt und hatten somit nur eine einzige Wahl:die Erdlöcher, mangels Kommunikation gab es kaum oder gar keine Arbeit und nochweniger Glück bei Freiern.Diese Damen nannte man die Drecksdirnen), sie verkehrten mehr oder minder nicht im absoluten Dreck, sie hatten für eine Drecksdirne zuviele Gegenstände (Stecknadeln...Messingringe) bei sich.

Bei dieser ganzen JTR Geschichte mag es der Myhtos sein der so faszinierend zu Buche schlägt, dennoch, wer ein wenig Menschenverstand, ein wenig Hintergrundwissen über das LEBEN verschiedener Schichten, nicht der Ortschaften an sich hat und vorallem was eine Hure 1888 überhaupt war. Ich denke mit den Opfer, ihrer Lage und was ihnen an Organen gefehlt hat habt ihr euch bereits sehr beschäftigt, aber mit ihren Leben?

Wer wissen möchte worauf sich meine Aussagen berufen, dem sei das
Interdisziplinäre Zentrum für Ethik an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) und seine Schriftenreihe allen vorran:
Ulrike Gleixner
Geschlechtsspezifische Diskriminierung durch Recht: "Unzuchtsverfahren" in der  Neuzeit
ans Herz gelegt. Einzusehen sein dürfte die Publikation in zumindest größeren Bibliotheken auf jeden Fall in Universitätsbibliotheken.
Ausserdem auch ein Buch von 1960 Autor Willi Bauer und andere (vergriffen gibt es noch bei Buchantiquaren zu bestellen) über die Geschichte und das Wesen der Prostitution von 1860 - 1920 in Frankreich und England.

Und ich bitte nocheinmal darum zu beachten dass ich von einem Kennen anhand der Nähe ausgehe, wo letztenendes der Rest der Huren war ist irrelevant, wir suchen keine Opfer, es gibt sie bereits.
Wobei Kennen hier vollkommen flüchtig sein könnte, vielleicht in Form des *Aufeinder-Aufpassens*

dark_jewel

  • Gast
Beweise für Freundschaft?
« Antwort #42 am: 24.11.2005 23:39 Uhr »
Zu Alexander-JJ

Aus dem Buch Jack the Ripper von Melvin Harris. Ähnliche Texte findest du auch in Abhandlungen über mittelalterliche und neuzeitliche Prostitution, Kitschromanen und sogar Oscar Wilde schrieb darüber mehrfach ;)

Wenn JTR ein psychologisches Problem, ein abnormales Sexualverhalten hatte so bekam er vielleicht NUR dann einen hoch wenn sie so waren? Mal abgesehen davon sahen ihre Freier nicht weniger besser aus und waren auch nicht weniger alkoholisiert.
Und niemand weiß doch wer der Ripper nun gewesen ist, somit auch nicht, ob er zur Ober-, zur Mittel- oder zur Unterschicht zählte.

Auch damals gingen Männer aus höheren Schichten schon der Anonymität wegen dorthin wo sie sich sicher sein konnten ihren Ruf nicht zu verlieren.
Das hat sich nie geändert, alle kennen es aber keiner wills gewesen sein. Im übrigen wurde zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten und Schwangerschaften  damals kein Kondom sondern ein Schweinedarm verwendet.

lg jewel

Offline Claudia

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Beweise für Freundschaft?
« Antwort #43 am: 25.11.2005 00:32 Uhr »
Hi Jewel!

Warum sollten die Opfer Jacks denn "bessere Huren" gewesen sein?Kann ich nicht finden...
MJK kann man noch als Grenzfall sehen,alle anderen waren froh,einen(wenn auch miesen) Schlafplatz oder irgendetwas zu Essen zu ergattern.

Solidarität unter den Prostituierten gab es eigentlich nicht,jede ging ihren eigenen Interessen nach und mußte es auch.Zuhälter waren auch nicht üblich.
In der direkten Nähe MJKs wohnte zB Mrs. Cox,auch eine Prostituierte.Dennoch gibt es kein Anzeichen,.daß diese beiden sich besser kannten oder sich in irgendeiner Weise halfen.

Die 30 m sind übrigens unrealistisch,der "Arbeitsbereich" der Opfer ist weit größer zu veranschlagen,sie wohnten auch nicht im Umkreis von 30 Metern.

Grüße,Claudia

dark_jewel

  • Gast
Beweise für Freundschaft?
« Antwort #44 am: 25.11.2005 01:57 Uhr »
Colin Bensen

Zitat:
Aber für das Kommende benötigen wir noch nicht einmal die gesamte Dorset Street. Wir benötigen nur ein Stück, nämlich von #26 bis #38, also ca. 30m. Sagen wir ein Drittel. Das reduziert nun unsere Einwohner im statistischen Mittel ebenfalls auf ein Drittel, also auf eine Zahl von, na, sagen wir 90 bis 110 (soll niemand sagen, ich würde unfair abrunden). Das wird immer überschaubarer. Diese Berechnung ist so gut, wie die mir zur Verfügung stehenden demographischen und geographischen Daten. Wer genauere Daten hat, der möge sie mir doch bitte mailen oder hierher posten.

Zitat:
Annie Chapman, das ist allgemein unumstritten (oder? ODER?!) wohnte in der Dorset Street, war eine dieser 100. Im Inquest(2) gibt Amelia Palmer an, Annie habe zunächst in #30 gelebt, aber einige Monate vor ihrem Tod zog sie in das Lodging House in #35, Dorset Street. Steht so im Inquest, wird auch von Fido et al. (A-Z), Sugden (Complete Jack the Ripper) und im Casebook so berichtet. Die nächste unstrittige Adresse ist die von Mary Jane Kelly - Miller's Court, ein kleiner Hinterhof an der Dorset Street #26, fast in Spuckweite zu Annie's Adresse. Über die müssen wir auch nicht diskutieren.  

Daher die 30 m

Und den Rest kann man in der Geschichte der Prostitution (es gibt darüber viele Bücher/ ganz wichtig: Sie ist in allen Büchern identisch, die Geschichte der Huren ;) nachlesen. Hier wird man übrigens auch fündig, sollte man den Zuhälter suchen, der taucht schon 600 n.CH. auf bei den ersten Tempelhuren, in Rom, in Deutschland, in Frankreich. England dürfte da wohl keine Ausnahme sein. Die Beziehung ist jedoch nicht beschrieben.Eines der Bücher habe ich bereits empfohlen.
Ich schrieb in meinem ersten Post auch aus der Sicht eben einer solchen Dame.

Außerdem widerstrebt es mir wirklich zu glauben das viktorianische England sei frei von Emotionen gewesen, warum also keine Bekanntschaften, wo doch den wehrlosen Damen ständig nach dem (Über)Leben getrachtet wurde? Wenn es heute schon mehr als unsicher ist, dass eine Nutte SICHER ist in ihrem Leben, so wird es zur Zeit der Viktorianer ein 3-faches Sicherheitsrisiko gewesen sein *allein* zu arbeiten. Wie ich schon schrieb, selbst wenn die Frauen dem Alkohol zugetan waren, so waren es die Männer dem brutalen Umgang UND dem Alkohol. Den Wertestand der Frau an sich muss ich ja nicht aufführen.

Was den Arbeitsbereich betrifft, der lag sicher nicht so, dass die Damen sich auf die Füße gestanden sind, aber um nun wirklich mal die Illusion der mit breiten Beinen geborenen Hure zu zerschlagen: Garantiert haben die Damen nicht Tag und Nacht 24 Stunden lang auf der Suche nach Freiern verbracht. Wenn sie Glück hatten dürften (betrachtet man auch den Wert des Geldes zur damaligen Zeit und die Kosten) selbst sie nach 2 - 3 Freiern evt. mit anderen Arbeiten wie dem Nähen z.B oder waschen ganz leicht an ihren Schlafplatz, ein Glas Hochprozentigem und eine Mahlzeit gelangt sein. Auch wenn sie verdreckte Kleidung trugen und in den Augen derer die sie beschrieben *runtergekommen* aussahen, so gehörten sie nach dem Standart der Zeit UND der Örtlichkeit in der sie lebten zu den BESSEREN Huren. Mary Ann Nicholls zumindest soll ja gesagt haben sie hätte ihr Übernachtungsgeld 3! Mal versoffen. Wenn sie das konnte habe ich doch Zweifel daran das sie zu den Drecksdirnen zählte.

lg jewel