Autor Thema: Jacob Levy  (Gelesen 308399 mal)

0 Mitglieder und 4 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline Arthur Dent 2

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 465
  • Karma: +1/-0
  • "Wherever you go - there you are." Buckaroo Banzai
Re: Jacob Levy
« Antwort #240 am: 26.06.2016 12:54 Uhr »
Stimmt, das war Blenkingsop.

Jedenfalls fehlt uns am Tatort Mitre Square ein wichtiger Zeuge - nämlich derjenige, der den Polizisten sagte, dass da ein Mann Richtung Osten verschwunden ist, weswegen Halse und Co. sofort durch Gravel Lane und Stoney Lane die Verfolgung aufnahmen.

Es könnte PC Watkins gewesen sein, der den Verdächtigen aus der Mitre Street verschwinden sah, bevor er den Square betrat und Eddowes fand, immerhin schrieb Cox:
"The least slip and another brutal crime might have been perpetrated under our very noses. It was not easy to forget that already one of them had taken place at the very moment when one of our smartest colleagues was passing the top of the dimly lit street."

Vielleicht bezog sich das auf PC Watkins oder PC Harvey...


MfG, Arthur Dent


Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Jacob Levy
« Antwort #241 am: 26.06.2016 14:50 Uhr »
Vielleicht könnte dich das dazu interessieren:

http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1395.msg22025.html#msg22025

(Bedenke, ist fast 4,5 Jahre her)
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Jacob Levy
« Antwort #242 am: 29.06.2016 12:15 Uhr »
Zu den Zeugen bezüglich Mitre Square, hier ein paar Anmerkungen:

The Daily Telegraph, 13 November 1888:

http://www.casebook.org/press_reports/daily_telegraph/dt881113.html

"About ten minutes before the body of Catherine Eddowes was found in Mitre-square, a man about thirty years of age, of fair complexion, and with a fair moustache, was said to have been seen talking to her in the covered passage leading to the square. On the morning of the Hanbury-street murder, a suspicious looking man entered a public-house in the neighbourhood. He was of shabby-genteel appearance and had a sandy moustache. The first of these descriptions was given by two persons who were in the Orange Market and closely observed the man. The City police have been making inquiries for this man for weeks past, but without success, and they do not believe that he is the individual described by Cox. On the other hand the Metropolitan authorities are inclined to attach significance to it."

Die erste Beschreibung mit den 10 Minuten, passt eigentlich zu Lawende und Co. und zur Church Passage. Dennoch wird hier von zwei Männern vom "Orange Market" (also St. James Place) gesprochen.

Lawende, Levy und Harris machten jedoch ihre Beobachtungen von der Duke Street aus.

Einen Tag vorher, erfahren wir im Prinzip von einem weiteren Zeugen vom Mitre Square;

Daily News, 12 November 1888:

http://www.casebook.org/press_reports/daily_news/18881112.html

On Saturday afternoon a gentleman engaged in business in the vicinity of the murder gave what is the only approach to a possible clue that has yet been brought to light. He states that he was walking through Mitre square at about ten minutes past ten on Friday morning, when a tall, well dressed man, carrying a parcel under his arm, and rushing along in a very excited manner, ran plump into him. The man's face was covered with blood splashes, and his collar and shirt were also bloodstained. The gentleman did not at the time know anything of the murder.

Spannend dabei ist, dass diese Beobachtung Wochen nach dem Mitre Square Mord erfolgte, nämlich nach dem Mord im Miller´s Court. Diese Beobachtung fand um ca.10.10 Uhr statt, Kelly wurde eine halbe Stunde später aufgefunden. Mal angenommen, es handelte sich um Jack the Ripper, dann suchte er kurz nach dem Mord an Kelly, noch blutverschmiert, seinen letzten Tatort auf.

Am 10 November 1888 erfahren wir von einer Verhaftung, die, wie ich finde, sehr interessant ist:

http://www.casebook.org/press_reports/evening_news/18881110.html

In der North London News & Finsbury Gazette vom 17 November 1888 finden wir das ganze dann noch einmal:

"One unfortunate foreigner, whose physiognomy was certainly not prepossessing, was taken into Commercial- street Police- station, when it turned out that that it was the third time he had been arrested on suspicion of being "Jack the Ripper," in the course of these murders. What with his odd face, his deprecatory shrugs and posturings, and his broken English as he tried to answer the interrogatories put to him, his examination was irresistibly comic "How d'ye manage to get into trouble like this, then?" demanded an officer, "What do you do? What makes people pounce on you?" "Dat is ze zing," said the unlucky fellow spreading the palms of his hands and shrugging his shoulders. "Zat is what I like to know. Why do zey?" He had given a false name at his lodging house, but that, he tried to explain, was because "it eez not grand to leave in a lodging house.""

Kurz nach Kelly wird ein bestimmter Mann zum dritten mal von der Polizei verhaftet und befragt. Ich denke unweigerlich an den ganzen Verhaftungen nach dem Double Event, wie ich kürzlich beschrieben hatte und an die Verhaftungen Mitte Oktober 1888 bezüglich der blutigen Wäsche in der Batty Street. Dieser Mann, könnte hier nun bereits zum dritten Male aufgefallen sein. Hierbei fiel er wahrscheinlich in einem Lodging House auf und gab auch einen falschen Namen an. Zu den Beschreibungen nach dem Double Event, muss ich immer an den Mann mit dem violetten Schal denken, den ein Konstabler ca. einen Tag nach dem Eddowes Mord ebenfalls nahe Mitre Square fand. Wenn Jack the Ripper, kehrte er da schon bereits an diesen Tatort zurück?

Und so, wie diese Beschreibungen waren, 1 Oktober, Batty Street Vorfall oder eben jener Mann, der zum dritten Mal auffiel, ist es genau, wie ich mir Jack the Ripper vorstelle. Ein Mann, der sich wohlmöglich geistig so benahm, dass man ihm die Morde irgendwie gar nicht zutraute. Eher eine hilflose, etwas verwirrte Person, der eigentlich unschuldig wirkte.

Schaut dazu in diese Fäden:

http://forum.casebook.org/showthread.php?p=386257#post386257

http://www.jtrforums.com/showthread.php?p=298195#post298195
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Arthur Dent 2

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 465
  • Karma: +1/-0
  • "Wherever you go - there you are." Buckaroo Banzai
Re: Jacob Levy
« Antwort #243 am: 01.07.2016 18:33 Uhr »
Hallo Lestrade!


Zitat
Spannend dabei ist, dass diese Beobachtung Wochen nach dem Mitre Square Mord erfolgte, nämlich nach dem Mord im Miller´s Court. Diese Beobachtung fand um ca.10.10 Uhr statt, Kelly wurde eine halbe Stunde später aufgefunden. Mal angenommen, es handelte sich um Jack the Ripper, dann suchte er kurz nach dem Mord an Kelly, noch blutverschmiert, seinen letzten Tatort auf.

Nun ja, wenn JTR am Vormittag nach dem Kelly-Mord noch mal zum Mitre Square gegangen wäre, dann hätte er wohl aber mit ziemlicher Sicherheit zuvor die Blutflecken an sich entfernt - es sei denn, er arbeitete im Metzger-Milieu und ging während seiner Arbeit, z.B. bei einer Fleischlieferung, dort vorbei.


Zitat
Und so, wie diese Beschreibungen waren, 1 Oktober, Batty Street Vorfall oder eben jener Mann, der zum dritten Mal auffiel, ist es genau, wie ich mir Jack the Ripper vorstelle. Ein Mann, der sich wohlmöglich geistig so benahm, dass man ihm die Morde irgendwie gar nicht zutraute. Eher eine hilflose, etwas verwirrte Person, der eigentlich unschuldig wirkte.

Das mit dem "harmlos verrückt" erinnert mich an den Nichols-Mord: Da soll doch am Morgen bei den Gleisen nahe des Tatortes vom Stellwärter Thomas Eade ein als "harmloser Irrer" bekannter Mann namens Henry James gesehen worden sein.



MfG, Arthur Dent

 



Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Jacob Levy
« Antwort #244 am: 01.07.2016 19:14 Uhr »
Hallo Arthur!

Das mit dem "harmlos verrückt" erinnert mich an den Nichols-Mord: Da soll doch am Morgen bei den Gleisen nahe des Tatortes vom Stellwärter Thomas Eade ein als "harmloser Irrer" bekannter Mann namens Henry James gesehen worden sein.

Er sah ihn nach dem Chapman Mord, wurde aber als Zeuge im Nichols Fall gerufen. Wahrscheinlich, weil er diesen Mann nicht weit von der Bucks Row bemerkte. Da waren wohl noch drei andere Männer die James sahen und Ede sprach auch mit ihnen. Dann verfolgte er den Mann, bis dieser unter einer, ich nehme an, Unterführung verschwand. Das Forester's Arms Public House, in der Nähe sah er James, lag hinter der Bucks Row in der Brady Street. Henry James klingt jetzt nicht nach einem "Foreigner".

In dem Bericht mit dem Mann der zum dritten Mal verhaftet wurde, sprach man auch noch von einem anderen Verdächtigen, einem großgewachsenen Mann. Der von mir erwähnte Mann mit dem violetten Schal, wurde jedoch als kleingewachsen beschrieben. Er und der Mann im Mitre Square nach Kelly, werden wohl nicht identisch sein. Letzerer könnte jedoch der große Mann sein, der eben in jenem Bericht in der Finsbury Gazette Erwähnung fand und ebenfalls Blutflecken aufwies. Vielleicht war das tatsächlich ein Schlachter.

Gruße, Lestrade. 
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Arthur Dent 2

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 465
  • Karma: +1/-0
  • "Wherever you go - there you are." Buckaroo Banzai
Re: Jacob Levy
« Antwort #245 am: 03.07.2016 20:05 Uhr »
Hallo Lestrade,

falls JTR tatsächlich so wie manch anderer Serienmörder das Bedürfnis hatte, zu den Tatorten zurückzukehren oder gar bei der Entdeckung der Morde unter den Schaulustigen zu stehen, um sich einen zusätzlichen Kick zu holen - da fällt mir gerade wieder jene Geschichte ein:


London Times, 10. November 1888:

A Mrs Paumier, a young woman who sells roasted chestnuts at the corner of Widegate-street, a narrow thoroughfare about two minutes' walk from the scene of the murder, told a reporter yesterday afternoon a story which appears to afford a clue to the murderer. She said that about 12 o'clock that morning a man dressed like a gentleman came up to her and said, "I suppose you have heard about the murder in Dorset-street?" She replied that she had, whereupon the man grinned and said, "I know more about it than you." He then stared into her face and went down Sandy's-row, another narrow thoroughfare which cuts across Widegate-street. Whence he had got some way off, however, he vanished. Mrs Paumier said the man had a black moustache, was about 5ft 6in, high, and wore a black silk hat, a black coat, and speckled trousers. He also carried a black shiny bag about a foot in depth and a foot and a half in length. Mrs Paumier stated further that the same man accosted three young women, whom she knew, on Thursday night, and they chaffed him and asked him what he had in the bag, and he replied, "Something that the ladies don't like." One of the three young women she named, Sarah Roney, a girl about 20 years of age, states that she was with two other girls on Thursday night in Brushfield-street which is near Dorset-street, when a man wearing a tall hat and a black coat, and carrying a black bag, came up to her and said, "Will you come with me?" She told him that she would not, and asked him what he had in the bag, and he said, "Something the ladies don't like." He then walked away.


Die Beschreibung des Mannes als 5 feet 6 inches groß mit Schnurrbart passt zu anderen Zeugenaussagen. Und - äußerst interessant für die Jacob Levy These - der Verdächtige ging nach seiner Provokation die Sandy's Row hinab, die in die Middlesex Street mündet...


MfG, Arthur Dent

Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Jacob Levy
« Antwort #246 am: 04.07.2016 12:09 Uhr »
Hallo Arthur,

Mrs. Paumier/Pannier wurde offenbar auch sehr ernstgenommen. Sie sah den Mann ja aus Richtung Dorset Street kommen. Man sagt Artillery Row und meint sicherlich die Artillery Street mit Raven Row, wenn wir auf die Karte schauen. Sandy´s Row führt natürlich via Middlesex Street (Goulston Street) zurück ins "Zentrum" der Geschehnisse also in das Herz von Whitechapel. Nach den Ereignissen des Double Events, vermutete die Polizei sicherlich den Täter explizit in diesem Bereich.

Hier sieht man schön den Kreuzungsbereich Wide Gate Street/ Sandy´s Row:

http://wiki.casebook.org/index.php/Mrs._Paumier

Der Mann mit der schwarzen Tasche ist ja quasi das Sinnbild Jack the Rippers und es gibt einige Beobachtungen deswegen:

Fanny Mortimer, die offenbar Leon Goldstein sah.

http://www.casebook.org/witnesses/w/Fanny_Mortimer.html

Albert Bachert

http://www.casebook.org/dissertations/dst-bachert.html

Wolf Levisohn

http://www.casebook.org/ripper_media/book_reviews/non-fiction/cjmorley/117.html

Oliver Matthews

http://www.casebook.org/ripper_media/book_reviews/non-fiction/cjmorley/127.html

Perryman

http://www.casebook.org/ripper_media/book_reviews/non-fiction/cjmorley/147.html

Henderson

http://www.casebook.org/ripper_media/book_reviews/non-fiction/cjmorley/83.html

usw.

Ähnlich wie Mrs. Paumier klingen auch die Angaben von Sarah Lewis, die vielleicht identisch ist mit Mrs. Kennedy (siehe auch Kennedy sisters/ Sims), auch hier wieder die schwarze Tasche in jener Umgebung:

http://wiki.casebook.org/index.php/Sarah_Lewis

http://www.ripperologist.biz/pdf/ripperologist133.pdf

Mrs. Kennedy:

http://www.casebook.org/press_reports/morning_advertiser/18881112.html

Kennedys/ Sims:

http://www.casebook.org/press_reports/dagonet.html

"If a thorough and searching inquiry were made among the unfortunate women of the neighbourhood of the murders, it would be found that many of them know a man of this type (let the police show them a photograph or two of the Alton kind), and it will be found that many of them have seen him lately, and probably been spoken to by him. It was a man of exactly this type, I gather from the slight description (peculiar looking), who spoke to the Kennedys on the night of the last murder. Once fix this point and the police can narrow their search, for they will know the description and type of man for whom they must look."

Was mir plötzlich einfiel, als ich deinen Post las und imaginär den Mann durch die Sandy´s Row bis zu Levy´s Geschäft in der Middlesex Street folgte, war, ob da unglaublicherweise ein Zusammenhang zwischen Jacob Levy und Aaron Kozminski bestanden haben könnte. Immerhin erwähnte Anderson´s Frau "Stone" als Anstalt, also der Ort wo Jacob Levy am Ende landete, obwohl ihr Mann Robert dabei an Colney Hatch/ Leavesden gedacht haben musste. Die Levys und Kosminskis finden wir, du erinnerst dich, zweimal dicht beieinander. Einmal in der Fieldgate Street und dann später im Sion Square. Das waren Nachbarn. Dazu kommt Levy´s Verwandschaft in der Whitechapel Road (das Bordell), wo ein Cohen (Aaron Davis) auffiel, von dem wir nicht wissen, wie er wirklich hieß.

Jacob Levy ging es immer schlechter und er ruinierte das Geschäft. Seine Frau wird dieses wohl kaum alleine geführt haben und brauchte Hilfe. Hier könnte jemand wie Aaron Kozminski ins Spiel gekommen sein. Dieser war gesndheitlich genauso beeinträchtigt aber vielleicht in 1888 noch viel handlungsfähiger als Jacob. Frauen (wie auch Männer) neigen oft dazu, immer wieder den gleichen Typ zu wählen. Vielleicht spielte das bei der Suche nach Hilfe für ihren Mann Jacob eine Rolle. In solch einem Falle könnte die Hilfesuche einer Frau bei der Polizei im Oktober als auch im November/Dezember 1888 durchaus durch Sarah Levy erfolgt sein. Als irgendwann Anderson mit seiner Frau sprach, hätte er erwähnen können, dass Sarah Levy´s Mann nach "Stone" kam und dort verstarb und Miss Anderson hielt dann diesen Ehemann für Jack the Ripper obwohl eigentlich dessen "Ersatz", Aaron Kozminski, der mutmaßliche Killer war. Ich weiß, das klingt erst einmal absurd aber vielleicht war der Levy Shop tatsächlich jener Shop, den Cox überwachte. Von dort aus gelangte man schnell runter in die Butchers Row (Sagar) und in die Leman Street (wie von Cox erwähnt). Obwohl ich Jack the Ripper für vollkommen beziehungsunfähig halte, bedeutet das nicht, dass eine Frau versucht hätte, mit ihm etwas mehr anzufangen. Sarah könnte sich wegen der Erkrankung ihres Mannes sehr einsam und alleingelassen gefühlt haben und könnte dann Trost gesucht (aber nicht gefunden) haben bei einem Angestellten. Die Unfähigkeit des Rippers bezüglich normalen Geschlechtsverkehrs hätte in einer solchen Situation auch ein Auslöser für seine Taten sein können.

Mir war das vorher überhaupt nicht bewusst, wie dicht beide Familien zeitweise zuammenlebten und ich schaute, logischerweise, auf jeden Verdächtigen seperat. Es ist sicherlich vollkommen abstrakt, die beiden Verdächtigen Jacob Levy und Aaron Kozminski zusammen zu betrachten. Aber kann man so etwas absolut ausschließen?

Beste Grüße,

Lestrade.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Arthur Dent 2

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 465
  • Karma: +1/-0
  • "Wherever you go - there you are." Buckaroo Banzai
Re: Jacob Levy
« Antwort #247 am: 04.07.2016 19:36 Uhr »
Hallo Lestrade!

Interessante Idee, zumal wir ja wissen, dass die Beziehungen und Verflechtungen in der Gemeinde recht eng waren und man sich gegenseitig half. Darüber hinaus wissen wir ja von einem der beobachteten dringend Verdächtigen "he occupied several shops in the East End" - er wurde also offensichtlich von verschiedenen Leuten in verschiedenen Shops betreut / beschäftigt.

Und Jacob Cohen war ein Metzger. Wir hatten ja schon früher Überlegungen angestellt, ob er Aaron vielleicht zeitweise bei anderen Metzgern in der Butcher's Row untergebracht hatte. 
Eine Hilfstätigkeit im Metzgerhandwerk, z.B. Fleischauslieferungen, dürfte wohl weniger anspruchsvoll als eine Arbeit bei seiner Schneider-Verwandschaft und damit vielleicht einfacher für einen Menschen mit psychischen Problemen gewesen sein.

Und dass es vermutlich zu Verwechslungen in den Ermittlungen und Erinnerungen der Polizisten kam, darüber sind wir uns ja auch einig.

Mit dem ersten Teil deiner Überlegungen kann ich mich daher durchaus anfreunden, wonach Aaron Kozminski vielleicht zeitweise sogar bei Sarah Levy im Shop tätig war - die Spekulation über die Art des Verhältnisses zu Sarah geht mir dann aber doch etwas zu weit. ;-)


Jedenfalls passt die Beobachtung von Mrs. Paumier zum Butcher's Row Suspect.

Damit hätten wir für die räumliche Zuordnung eines Verdächtigen - wenn es denn tatsächlich immer dieselbe Person war - mehrere interessante Zeugen und Beobachtungen, die alle in dieselben Straßenzüge weisen:
Die Aussagen von Sagar und Cox zu Butcher's Row und Leman Street, der Weg des Rippers nach dem Stride-Mord Richtung Butcher's Row, die Verfolgung einer Spur nach dem Eddowes-Mord durch Gravel Lane und Stoney Lane, Mrs Fiddymonts Pub-Zwischenfall, der ebenfalls in die Richtung Middlesex Street / Butcher's Row deutet, dann Mrs. Paumiers Verdächtigen, der Richtung Middlesex Street / Butcher's Row ging und schließlich Hutchinson, der seinen Verdächtigen in der Petticoat Lane / Middlesex Street wiedergesehen haben will.


Die anderen Aussagen, die du aufgelistet hast, muss ich jetzt erst mal durchgehen. Danke dafür.


MfG, Arthur Dent

Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Jacob Levy
« Antwort #248 am: 04.07.2016 21:31 Uhr »
Nabend Arthur und danke für deine Antwort!

Freue mich, dass Du für derartige Szenarien offen bist.

Mrs. Fiddymont ist natürlich auch sehr interessant. Aber vielleicht gab es da Zusammenhänge mit den Verdächtigen Piggott und Isenschmidt. Ehrlicherweise müsste ich das aber erst wieder nachlesen.

Lestrade.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Arthur Dent 2

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 465
  • Karma: +1/-0
  • "Wherever you go - there you are." Buckaroo Banzai
Re: Jacob Levy
« Antwort #249 am: 03.09.2016 14:08 Uhr »
Hallo zusammen,

leider war ich in letzter Zeit arbeitstechnisch stark in Beschlag genommen, aber jetzt hatte ich mal wieder etwas Luft und Laune, die Jacob Levy Theorie etwas weiter auszubauen.


MfG, Arthur Dent

Offline Arthur Dent 2

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 465
  • Karma: +1/-0
  • "Wherever you go - there you are." Buckaroo Banzai
Re: Jacob Levy
« Antwort #250 am: 03.09.2016 14:18 Uhr »
Jack the Ripper – Tatverdächtiger Jacob Levy



Jacob Levy wurde 1856 als Sohn des Metzgers Joseph Levy im Londoner Eastend geboren, lebte und arbeitete im Viertel und wurde 1890 aufgrund der Folgen einer fortschreitenden psychischen Erkrankung in eine Nervenheilanstalt eingewiesen, wo er 1891 starb. Als Todesursache wurde in den Anstaltsakten ein fortschreitender Verfall infolge einer Syphilis angegeben.
Seine Frau Sarah soll den Anstaltsakten zufolge nach der Einweisung gesagt haben, Levy habe beinahe sie und ihr Geschäft ruiniert, früher sei er ein guter Geschäftsmann gewesen. Aber er schlafe nun nachts nicht mehr, sondern wandere oft für Stunden ziellos umher. Auch befürchte er, jemandem etwas anzutun. Er höre Geräusche und Stimmen, die ihm befehlen und ihn zwingen Taten zu begehen, die er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könne.

Zu einem Verdächtigen im Fall der Whitechapel-Morde wurde Jacob Levy durch die Recherche zeitgenössischer Ripperologen in den Unterlagen der Nervenheilanstalten in und um London. Sie suchten darin nach jener Person, die in den Texten der hochrangigen Polizeibeamten Chief Constable Mcnaghten, Assistant Commissioner Anderson und Chief Inspector Swanson als der mutmaßliche Ripper erwähnt werden, und dessen Leben in einer Irrenanstalt geendet haben soll. Vier Verdächtige wurden gefunden: Aaron Kosminski, David Cohen, Hyam Hyams und Jacob Levy. Auf Levy treffen zahlreiche Aussagen der Polizisten und Zeugen sowie des modernen Profilings zu. 


Beruf Metzger:
Im Census und im London Business Directory ist als Beruf von Jacob Levy Metzger angegeben.

Für moderne Profiler ist das Töten von Tieren am Anfang der mörderischen Karriere typisch für die Biographie von Serienkillern, ein Metzgerjunge wächst damit auf und kann seine pathologische Veranlagung durch seine Berufswahl zugleich entwickeln, ausleben und kaschieren. 
Angesichts der Art der Verletzungen bei den Opfern gehen Gerichtsmediziner und Polizei damals wie heute davon aus, dass JTR zumindest grundlegende anatomische Kenntnisse besaß und auch bei schlechtem Lichtverhältnissen sicher mit einem Messer umgehen konnte. Kenntnisse über Anatomie und das Zerlegen von Körpern hatten damals vor allem beruflich damit beschäftigte Gruppen wie Chirurgen oder Schlachter - demnach könnte JTR also Metzger gewesen sein. Dies war z.B. die Meinung von Dr. Frederick Gordon Brown, der Catherine Eddowes untersuchte, und auch von Dr. George Bagster Phillips, der Annie Chapman obduzierte.
Die Tatwaffe soll Gerichtsmedizinern zufolge eine lange, schmale, gerade Klinge gehabt haben, wie sie typisch zum professionellen Zerlegen von Körpern ist, z.B. sog. Amputationsmesser von Chirurgen oder ähnliche Metzgerklingen wie z.B. ein Tranchiermesser.
Der Kehlenschnitt deutet ebenfalls auf einen Metzger hin, der es gewohnt ist, so das Schlachtvieh zu töten. Das Töten geschah schnell und effizient, die Verstümmelungen wurden post mortem zugefügt und von Opfer zu Opfer umfangreicher - womit das Töten vor allem Mittel zum Zweck, das eigentliche Ziel hingegen offenbar das Eröffnen und Ausweiden des Unterleibs der Opfer war. Organentfernungen unter Zeitdruck und bei sehr schlechten Lichtverhältnissen, ohne sich total mit Blut zu versauen, spricht für Erfahrungen im Schlachterhandwerk.
Ein Indiz dafür ist auch, dass der Ripper seine Opfer i.d.R. bis zur Bewusstlosigkeit bzw. zum Kreislaufkollaps würgte, bevor er das Messer ansetzte. Offenbar wusste er aus Erfahrung, dass ansonsten das Blut aus den Arterien kräftig spritzen würde, es so aber relativ langsam aus den Wunden rann. Dies verhinderte, dass er selber allzusehr vollgeblutet wurde und erleichterte die Entnahme der Organe, die ansonsten in ein Meer von Blut getaucht gewesen wären.


Motiv Syphilis:
Irgendwann im Zeitraum von 1880 bis 1886 muss sich Jacob Levy mit Syphilis angesteckt haben, die dann 1891 als Todesursache diagnostiziert wurde - vermutlich hat er sie sich wie viele Männer bei einer Prostituierten eingefangen.
Der Zeitraum ergibt sich zurückgerechnet aus dem statistischen Verlauf der Erkrankung: Da er im August 1890 in die Nervenheilanstalt City of London Asylum at Stone in Kent eingeliefert wurde, wo er ein Jahr später an den Folgen der Syphilis starb, dürfte die Krankheit spätestens im ersten Halbjahr 1890 in ihr letztes Stadium eingetreten sein, wobei Levy aber schon die beiden Jahre zuvor unter den Auswirkungen der Krankheit gelitten haben dürfte.
 
Die Infektion mit Syphilis durch eine Prostituierte wird von modernen Profilern als plausibles Motiv für die Morde von JTR angesehen: Es erklärt die Wahl der Opfer und die Verstümmelungen im Unterleib.
Darüber hinaus führte unbehandelte Syphilis zu einer chronischen Hirnentzündung. Sensitive oder psychische Veränderungen wurden von den Ärzten damals oft beschrieben, so u.a. auch Gewaltausbrüche, eine übermäßige Steigerung der Libido und verschiedene Arten von Wahrnehmungsveränderungen.
Gut möglich, dass der Ripper sich zuerst gar nicht bewusst dafür entschieden hatte, auf Prostituiertenmord zu gehen, sondern dass die erste Tat eine Affekthandlung war, als er zufällig erneut auf eine Prostituierte traf, die ihn an die Überträgerin erinnerte, und seine ganze Wut über die Infektion wieder hochkam. Weil ihm diese erste Tat Befriedigung verschaffte, zog er danach dann regelmäßig los. Somit könnte zum Beispiel Martha Tabram sein erstes Mordopfer gewesen sein, auf die "nur" eingestochen wurde, noch ohne sie auszuweiden (s.u.). 


Auswahl der Opfer:
Es gab weit über 1200 Gelegenheitsprostituierte in Whitechapel, die ohne Schutz durch einen Zuhälter nachts auf den Straßen nach Kunden suchten - und sie waren eine häufige Ansteckungsquelle für Syphilis.

JTR hatte damit nicht nur eine große Auswahl an potentiellen Opfern. Prostituierte vom Straßenstrich sind auch leichte Opfer, weil sie für das Sexgeschäft freiwillig mit fremden Männern an Orte gehen, wo sie mit ihnen allein sind, und dem Mörder damit auch noch unbeabsichtigt helfen, einen geeigneten Tatort zu finden. Eine zeitaufwendige und vor allem riskante Ausspähung und Verfolgung potentieller Opfer ist nicht notwendig, da sie in der Öffentlichkeit auf Freier warten und oft sogar selber auf potentielle Kunden zugehen.


Nähe zu Opfern:
Die Adresse von Jacob Levys Eltern lautete Middlesex Street 111, er selbst war im Jahr der Morde laut London Business Directory von 1888 in der Middlesex Street 36 gemeldet.
Alle kanonischen fünf Opfer von JTR waren verarmte Gelegenheitsprostituierte, die alle in Armenunterkünften in einem kleinen Umkreis nur etwa 300-400 Meter nordöstlich von Levys Adresse übernachteten und in einem fußläufigen Oval um seinen Lebensmittelpunkt herum getötet wurden. Martha Tabrams letzte Adresse war Satchell's Lodging House in der George Street etwa 300 Meter östlich von der der Middlesex Street (s.u.).

Jacob Levy ist in der von modernen Profilern ermittelten Comfort Zone von JTRs Aktivitäten aufgewachsen und wohnte auch als Erwachsener noch dort. Er kannte sich also seit Kindertagen bestens in Whitechapel aus, fiel dort nicht auf und wusste sich angemessen zu verhalten.
Sowohl für die zeitgenössischen als auch die modernen Ermittler war JTR mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Einheimischer mit guter Ortskenntnis, was es ihm ermöglichte, sich schnell und unauffällig zu bewegen und die Polizeistreifen zu meiden, um bei seinen Taten und auf der Flucht nicht erwischt zu werden und relativ schnell von der Straße zu verschwinden.
Als einheimischer Metzger hatte Levy nahegelegene Rückzugsmöglichkeiten, die ein Versteck für blutverschmierte Kleidung und Messer boten. Blut an seiner Kleidung und Messer waren wegen seines Berufes alltäglich und erklärbar, nicht schon per se verdächtig. Organe der Opfer konnten unter Metzgerware getarnt werden.
Außerdem gab es in der Middlesex Street den Petticoat Lane Street Market der Schneider, der eine große Auswahl an günstiger Second-Hand-Kleidung zum Wechseln bot - und genau dort will der Zeuge George Hutchinson den Verdächtigen vom Kelly-Mord erneut gesehen haben (s.u.).


Verbindung zu Zeugen:

Im Census der Jahre 1851, 1861 und 1871 ist für eben diese Middlesex Street 36 der Metzger Hyam Levy eingetragen, der dort mit seiner Frau Frances und seiner Familie wohnte, 1881 ist dann seine Witwe Frances als Haushaltsvorstand und Metzger eingetragen. Die beiden sind laut Casebook die Eltern jenes Joseph Hyam Levy, der später als Zeuge zum Mord an Catherine Eddowes vernommen wurde. Joseph Hyam Levy arbeitete 1888 selbst als Metzger kaum 50 Meter von Jacob Levy entfernt in der Hutchinson Street 1, einer Gasse, die in die Middlesex Street mündet.

Mehrere Levys, die sich nicht nur in unmittelbarer Nachbarschaft befanden und der gleichen Branche angehörten, sondern nacheinander auch dieselbe Metzgerei betrieben: Es ist so gut wie sicher, dass sie sich zumindest gekannt haben. Folgt man den Familiendaten des Census, so ein Beitrag im Ripperologist, könnten Jacob und Joseph sogar verwandt gewesen sein - wahrscheinlich waren sie Cousins. Machte der Zeuge Joseph bei der Vernehmung zum Mordfall Eddowes deshalb so merkwürdige Andeutungen und den Eindruck, er wisse mehr als er zugeben wollte (s.u.)?


Kriminelle Vorgeschichte:
Am 10. März 1886 wird Jacob Levy laut Eintrag beim Central Criminal Court zu 12 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er zusammen mit zwei anderen Männern dem Metzgermeister Hyman Sampson Fleisch gestohlen hatte. Als Sampsons Adresse wird im Polizeibericht Middlesex Street 35 genannt, seine Metzgerei lag zwei Jahrzehnte lang in der Parallelstraße Goulston Street 58.

Eine kriminelle Vorgeschichte ist modernen Profilern zufolge typisch für Serienmörder.
Der Ort des Diebstahls liegt in JTRs Comfort Zone, zwischen den Tatorten des Double Event.
Zudem wurde ein Stück von Eddowes blutverschmiertem Rock in der Tatnacht am Hauseingang des Gebäudes Wentworth Buildings 108-119, Goulston Street, gefunden, unter dem berüchtigten antisemitischen Graffiti (von dem allerdings unklar ist, ob es von JTR stammte).
Falls Jacob Levy der Ripper war, so könnte die Platzierung ein Versuch gewesen sein, die Polizei in die falsche Richtung weiter nach Osten zu lenken - weg von ihm in der Middlesex Street.
Auch Rache an seiner Gemeinde, die sich wegen des Diebstahls von ihm abgewandt hatte, könnte möglich sein, denn laut Superintendent Thomas Arnold wohnten viele Juden dort.

Im Ripperologist stand einmal, dass es strenge Regeln in der jüdischen Gemeinde für den geschäftlichen Umgang miteinander gab, und dass ein solcher Diebstahl wohl dazu geführt hätte, dass ihm der Jewish Council die Lizenz entzogen hätte. Damit hätte seine Frau Sarah, um die Familie zu ernähren, auch nach Jacobs Entlassung 1887 das Geschäft allein weiterbetreiben müssen. In der Tat taucht ja später seine Frau als Geschäftsinhaberin im Census auf.
Für Jacob hätte das nun zur Folge gehabt, dass er gezwungen gewesen wäre, auf andere Art seinen Anteil am Familieneinkommen zu verdienen.

Wenn Jacob den Shop in der Middlesex Street 36 nicht mehr selber betreiben durfte, musste er seitdem offensichtlich bei Bekannten und Verwandten in deren Geschäften oder in den Schlachthöfen arbeiten. Dadurch konnte er seinen Teil zum Familieneinkommen beitragen und stand zugleich wegen seines immer asozialeren Verhaltens unter einer gewissen Aufsicht. Das dürfte eine ziemliche Schmach und Erniedrigung für ihn gewesen sein.

Wenn wir nun betrachten, wo diese Arbeitsplätze gewesen sein könnten, finden wir nicht nur die observierte Butcher's Row, sondern auch noch die beiden Harrison, Barber & Co Slaughterhouses: eins in der Winthrop Street, Parallelstraße zum Tatort Buck´s Row, und eins im Barber´s Yard nahe Tatort Hanbury Street (Ecke Brick Lane). Dort wurde auch über Nacht gearbeitet, damit die Kunden morgens frisches Fleisch hatten. Diese Metzger zerlegten also routinemäßig Körper unter schlechten Lichtverhältnissen - so wie der Ripper.
Die angestellten Metzger hatten damals i.d.R. ihr eigenes Arbeitswerkzeug (so wie dies auch in anderen Branchen üblich war bzw. bis heute ist), nahmen es zur Arbeit mit und am Feierabend wieder mit nach Hause. Dazu würde passen, dass einige Zeugen den mutmaßlichen Ripper mit einem Päckchen in der Hand gesehen hatten (s.u.).


Anzeichen psychischer Zerrüttung:
Bereits kurz nach seiner Verurteilung begeht Levy im April 1886 einen Selbstmordversuch im Holloway Prison, der jedoch scheitert.
Am 21. Mai 1886 wird er aufgrund des Suizidversuchs und seltsamer Murmeleien für geisteskrank erklärt und in das Essex County Asylum überführt. In den Akten dort wurde festgehalten, er habe gejammert, Irresein sei in seiner Familie erblich, schon sein Bruder habe Selbstmord begangen.
Am 3. Februar 1887 wird Levy dann wieder aus der Anstalt als "geheilt" entlassen.

Offenbar war die Verurteilung so traumatisierend, dass sie zu einem Zusammenbruch führte - vermutlich weil nun sein Ruf in der Gemeinde schwer beschädigt war und die Gefängnisstrafe negative Auswirkungen auf sein Geschäft und seine sozialen Beziehungen hatte.
Diese Entwicklung ist ein deutliches Indiz der beginnenden psychischen Zerrüttung mit der Bereitschaft zu Grenzüberschreitung, kriminellem Verhalten und Gewalt (wenn auch zunächst gegen sich selbst gerichtet).


Möglicher finaler Stressauslöser:
Am 18. Mai 1888 wird Jacob Levys Mutter Caroline beerdigt.

Nachdem seine Verurteilung und Einweisung bereits seine sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen beschädigt haben dürfte, und auch seine Ehe davon und von der Syphilis belastet gewsen sein wird, stirbt nun auch noch eine der wichtigsten Bezugspersonen eines Menschen.
Für moderne Profiler ist dies ein klassischer Stressauslöser zum Start in eine mörderische Karriere. Ziel der Aggression wird diejenige Gruppe, der der Täter die Verantwortung für sein Schicksal gibt: die Prostituierten von Whitechapel, bei denen er sich mit Syphilis angesteckt hat.




Die Mordserie


Dienstag, 7. August 1888: Martha Tabram im George Yard
Tabram wurde im Treppenhaus des George Yard Buildings 37 vermutlich das erste Opfer von JTR.
Tabram war auf einer Kneipentour mit ihrer Bekannten Mary Ann Connely ("Pearly Poll") und zwei Soldaten. Gegen 0 Uhr trennten sich die Pärchen um Sex zu haben, Connely ging mit dem Corporal zur Angel Alley, und Tabram verschwand mit dem Private in den George Yard.
Gegen 1.40 Uhr stieg das Ehepaar Elizabeth und Joseph Mahoney das Treppenhaus zu ihrem Zimmer hinauf und sah nichts. Auch als Elizabeth Mahoney es kurz darauf wieder durchquerte, um in einem Shop in der Thrawl Street etwas zu Essen zu kaufen, lag Tabram noch nicht da.
Tabram wurde mit einem Stich ins Herz getötet und mit insgesamt 39 Messerstichen in Brust und vor allem Unterleib traktiert. Sie lag auf dem Rücken, ihre Kleider waren hochgeschoben und ihre Beine gespreizt, ebenso wie bei den kanonischen Ripper-Opfern.
Gefunden wurde die Leiche auf dem Absatz des ersten Stocks gegen 4.45 Uhr durch Bewohner John Saunders Reeves, nachdem bereits Bewohner Alfred George Crow gegen 3.30 Uhr Tabram für einen schlafenden Obdachlosen gehalten hatte. Damit muss die Tatzeit zwischen 1.45 Uhr und 3.30 Uhr liegen. Reeves suchte eine Polizeistreife und fand Constable Thomas Barrett auf seiner Runde.

Der Soldat dürfte wohl der Letzte gewesen sein, der Tabram lebend gesehen hat, konnte aber weder von "Pearly Poll" noch von Constable Barrett bei Gegenüberstellungen identifiziert werden, obwohl letzterer auf seiner Streife durch die Wentworth Street gegen 2 Uhr einen Private der Grenadier Guard am Nordende des George Yard stehen sah und ihn ansprach. Der Private sagte dem Polizisten, er warte auf einen Kameraden, der mit einem Mädchen unterwegs sei, darauf ging Barrett weiter seine Streife, bis er drei Stunden später von Reeves zum Tatort gerufen wurde.
Der unbekannte Soldat könnte also den Mord verübt haben, dennoch war er aber wahrscheinlich nicht der Täter: Rund zwei Stunden für Sex mit einer älteren, unattraktiven Prostituierten an einem öffentlich zugänglichen Ort erscheint doch ein ziemlich langer Zeitraum. Wenn sie so lange im Treppenhaus von Nr. 37 gewesen wären, wäre wohl auch das Ehepaar Mahoney oder ein anderer Bewohner auf beide gestoßen.
Zudem hätte ein blutbefleckter Mörder wohl kaum in unmittelbarer Nähe des Tatorts auf seinen Kameraden gewartet und so entspannt auf Polizist Barrett reagiert. Barrett jedenfalls kam nichts an ihm und seinem Verhalten verdächtig vor. Wahrscheinlicher ist, dass sich Tabram nach 1.45 Uhr noch mit einen anderen Mann - eben dem Ripper - in den George Yard zurückgezogen hat.

Erkenntnissen der modernen Kriminologie zufolge stammt das erste Opfer eines Serientäters oft aus seinem näheren räumlichen Umfeld. Tabrams letzte bekannte Adresse war Satchell's Lodging House in der George Street, und die Kneipentour endete vor den George Yard Buildings.
Levys Heim in der Middlesex Street 36 liegt nur rund 300 Meter oder etwa 3-4 Minuten Fußweg von beiden Orten entfernt.
Der Profiler William Eckert: "Nachdem der erste Mord geschehen war, in dessen Nähe der Mörder wahrscheinlich lebte, zog er weiter." In diesem Fall in die Buck's Row.


Freitag, 31. August 1888: Marie Ann Nichols in der Buck's Row
Nichols übernachtete zuletzt im White House Nachtasyl in der Flower and Dean Street 56.
Gegen 2.30 Uhr wurde Nichols zuletzt lebend gesehen von ihrer Bekannten Emily Holland an der Ecke Osborn Street / Whitechapel High Street, fast einen Kilometer vom Tatort entfernt, bevor sie betrunken auf der Whitechapel Road weiter Richtung Osten wankte.
Bis ca. 3.20 Uhr kamen nacheinander die Polizisten Neil, Thain und Kirby auf ihren Runden durch die Buck's Row, ohne etwas Verdächtiges zu sehen.
Gegen 3.45 Uhr fanden dann Charles Andrew Cross und Robert Paul auf ihrem Weg zur Arbeit die Leiche von Nichols vor einem verschlossenen Tor (vermutlich hatte der Täter vergeblich versucht, mit ihr in den Hof zu gelangen). Die Tatzeit muss also zwischen 3.20 Uhr und 3.45 Uhr betragen.

Cross war als erster und allein am Tatort, bis Paul kurz darauf dazustieß. Somit könnte Cross der Täter gewesen sein, zumal alle Tatorte JTRs auf den Wegen zwischen seiner Adresse in der Doveton Street 22, seiner Arbeit als Fleisch-Auslieferer in der Broad Street und dem Wohnort seiner Mutter in der Nähe der Berner Street lagen.
Allerdings hätte Cross, als er die Schritte von Paul hörte, einfach nach Westen verschwinden können, ohne erkannt zu werden, statt auf ihn zu warten: Es sind rund 100 Meter vom östlichen Ende der Buck's Row bis zum Tatort und es war noch dunkel. Bis zu den Querstraßen im Westen als Fluchtwege sind es nur wenige Meter. Stattdessen wartete er auf Paul, wies ihn erst auf den am Straßenrand liegenden Körper hin und ging mit Paul einen Polizisten suchen. Auch wäre wohl aufgefallen, wenn Cross als erster am Nichols-Tatort auch an den Morgen der Morde von Annie Chapman und Mary Jane Kelly zu spät zur Arbeit gekommen wäre, denn seine Job begann bereits um vier Uhr - jene Tatzeiträume liegen jedoch deutlich später (s.u.).
Außerdem war er nicht nur vor den Morden ein unbescholtener Mann, der 20 Jahre lang zuverlässig denselben Job innehatte, er lebte auch noch mehr als 30 Jahre nach dem Ende der Serie als freier und gesunder Bürger weiter, ohne irgendwie einschlägig aufzufallen. Daher war Cross wohl eher nicht der Ripper.

Was Jacob Levy betrifft: Der Tatort ist zwar rund 1300 bis 1400 Meter und damit etwa 16-18 Minuten Fußweg von Levys Adresse in der Middlesex Street 36 entfernt.
Aber Nichols übernachtete im White House Nachtasyl in der Flower and Dean Street 56, und trieb sich bis 2.30 Uhr in der Umgebung der Hauptverkehrsader Whitechapel High Street herum, beides nur rund 300 Meter von Levys Adresse entfernt.
Es ist kriminologisch plausibel, dass JTR auf seiner Jagd auch das anonyme Gewimmel der Hauptverkehrsadern Whitechapel Street und Commercial Street nutzte und beobachtete, ob ein potentielles Opfer in ruhigere Nebenstraßen abbog, um ihr dahin zu folgen. Zudem erscheint es vernünftig, diesmal nicht allzu nah beim eigenen Heim zuzuschlagen.

Vielleicht war JTR auch gar nicht auf seine eigenen vier Wände als sichere Zuflucht nach den Taten eingeschränkt, sondern konnte an verschiedenen Orten unauffällig von der Straße verschwinden - Detective Inspector Henry Cox von der City Police schrieb über den observierten Verdächtigen im Ripper-Fall: "He occupied several shops in the East End".
Möglicherweise konnte JTR die Straßen schnell verlassen, indem er nach der Tat in Shops von Verwandten oder Freunden verschwand. Im Fall von Jacob Levy und der Buck's Row könnte dies der Zigarrenhändler John Levy gewesen sein, der in der Whitechapel Road 254 einen Cigar Shop hatte, und neben dessen Shop nach dem Double Event ein blutiges Messer gefunden wurde (s.u.). Die Adresse des Shops in der Whitechapel Road 254 ist nur etwa 400 Meter oder 4-5 Minuten vom Tatort entfernt. War Levy der Ripper, hätte er also auf dem Weg zum oder vom Cigar Shop auf Nichols treffen und sich nach der Tat dort verstecken können. 

Interessant an der Metzger-Theorie ist zudem, dass sich in der Nähe von mindestens drei Tatorten Schlachthäuser befanden: Zwei Harrison, Barber & Co Slaughterhouses, eines in der Winthrop Street, Parallelstraße zum Tatort Buck´s Row, und im Barber´s Yard nahe Tatort Hanbury Street, sowie ein Schlachthaus in der Harrow Alley, Eingang von der Butcher's Row, Nahe Tatort Mitre Square. Da in diesen auch über Nacht gearbeitet wurde, hätte ein Metzger dort als Einkäufer für sein Geschäft auftreten oder als Schlachter arbeiten können. Das Tragen seiner Arbeitsgeräte und blutverschmierter Arbeitskleidung wäre dort nicht per se verdächtig.


Samstag, 8. September 1888: Annie Chapman in der Hanbury Street

Chapman verbrachte ihre letzten Nächte in der Crossingham's-Unterkunft in der Dorset Street 35.
Gegen 1.50 Uhr verließ sie das Asyl Richtung Norden in die Brushfield Street.
Gegen 5.30 Uhr am frühen Morgen wurde Chapman zum letzten Mal lebend gesehen, und zwar von der Zeugin Elizabeth Long. Unmittelbar vor dem Tatort in der Hanbury Street 29 soll sie laut Longs Aussage mit einem Freier gesprochen haben: "Willst du?" - "Ja."
Long beschreibt den Verdächtigen wie folgt: Knapp 40 Jahre alt, etwas größer als Chapman, dunkler Mantel und tief ins Gesicht gezogener dunkler Hut, fremdländisches Aussehen.
Etwa zur selben Zeit geht Albert Cadosch aus dem Nachbarhaus Nr. 27 in seinen Hinterhof zur Toilette, als er danach ins Haus zurück will, hört er vom Hof nebenan zunächst ein leises "No" und wenige Minuten später bei seinem Aufbruch zur Arbeit etwas gegen den Zaun stoßen.
Gegen 6 Uhr wurde Chapmans Leiche im Hinterhof vom Bewohner John Davies entdeckt.
Die Tatzeit liegt also zwischen 5.30 Uhr und 6 Uhr, und die Zeugin Long hat damit wohl den Ripper bei Chapman gesehen.

Da die Tatzeit bereits nahe der beginnenden Morgendämmerung und dem wieder einsetzenden "Berufsverkehr" in den Straßen liegt, hatte JTR nicht viel Zeit, aus der Öffentlichkeit zu verschwinden, bevor es richtig hell wurde.
Der Tatort ist rund 700 Meter oder etwa 8-9 Minuten Fußweg von Levys Adresse in der Middlesex Street 36 entfernt.

Interessant ist auch ein bekannt gewordener Zwischenfall im Prince Albert Pub an der Ecke Brushfield Street / Steward Street, etwa 200 Meter südwestlich vom Tatort:
Am frühen Morgen tauchte laut Aussagen der Inhaberin Mrs. Fiddymont ein Mann auf, dessen Erscheinung Mrs. Fiddymont und ihrer Freundin Mary Chappell Angst machte: Er trug einen dunklen Mantel, hatte seinen Hut tief ins Gesicht gezogen, sein Hemd war gerissen und er hatte offenbar Blutflecken auf seinem rechten Handrücken. Als er bemerkte, dass er kritisch beäugt wurde, drehte er sich weg, trank sein Bier in einem Zug aus und verließ den Pub sofort wieder. Mary Chappell folgte dem Mann in die Brushfield Street, stellte fest, dass er Richtung Westen ging und wies den Passanten Joseph Taylor auf den Mann hin.
Die drei wurden später von der Polizei zu zwei Gegenüberstellungen geladen, aber unter den vorgeführten Verdächtigen erkannten sie den Mann nicht wieder.
Bemerkenswert daran ist, dass nahe der Brushfield Street die Sandy's Row geradewegs zur Middlesex Street hinunter führt.


10. September 1888: Erster Tatverdächtiger "Leather Apron"
Bei den Befragungen der Polizei erzählten Prostituierte, dass sie Angst vor einem gewalttätigen Mann hätten, der Schutzgeld von ihnen erpresse und sie schlage, und wegen seiner Lederschürze  den Spitznamen "Leather Apron" hätte. Die Ermittlungen führten zu einem polnischen Juden namens John Pizer, ein Schuhmacher, der jedoch für die fraglichen Tatzeiten Alibis aufweisen konnte und später von allen Anschuldigungen freigesprochen wurde.

Interessant sind bei Pizer aber die Übereinstimmungen mit späteren Zeugenaussagen: Er war Jude, mittleren Alters (38 Jahre), knapp 1,70 m groß und hatte einen schmalen Oberlippenbart.
Und Lederschürzen trugen nicht nur Handwerker, sondern auch Metzger.

Hinzu kommt, dass Serienmörder den Erkenntnissen der modernen Kriminologie zufolge oft schon vor ihren Morden durch Straftaten auffällig werden, darunter andere Gewalttaten und Raub. Es ist daher gut möglich, dass JTR vor seinen Morden bereits Prostituierte bedroht bzw. ausgeraubt hat. 

Jacob Levy war ein verurteilter Dieb, von dem seine Frau Sarah bei seiner Einweisung in die Irrenanstalt sagte, er hätte nicht nur begonnen, das Geld der Familie zu verschwenden, sondern auch fremder Leute Eigentum mitgehen zu lassen.
Zwar ist von Jacob Levy kein Übergriff auf eine Prostituierte nachgewiesen, aber es gab vor der Mordserie Überfälle auf Prostituierte, die möglicherweise frühe Taten des Rippers gewesen sein könnten:
Zum Beispiel wurde Ada Wilson in der Nacht vom 27. auf den 28. März 1888 von einem Unbekannten an ihrer Haustür angegriffen: Der Täter verlangte von der Gelegenheitsprostituierten Geld, und als Wilson sich weigerte, zog er ein Messer und stach es ihr in den Hals. Wegen ihrer Schreie, die die Nachbarn alarmierten, flüchtete der Täter - das rettete ihr vermutlich das Leben.
Interessant ist die Täterbeschreibung, die Ähnlichkeiten mit anderen Zeugenaussagen in der Mordserie von JTR aufweist: Etwa 30 Jahre, knapp 1,70 groß, heller Schnauzbart, dunkler Mantel und breiter Hut.

Zudem würde der Zeitraum dieser Taten auf den ersten Bekennerbrief vom 24. September 1888 passen (s.u.). Darin schreibt ein vermeintlicher Schlachter an Polizeichef Warren, er sei verantwortlich für "all die Morde in den letzten sechs Monaten" - die kanonischen Opfer einschließlich Tabram umfassten damals gerade einen Zeitraum von wenigen Wochen. Mit jenen früheren Überfällen wäre es tatsächlich etwa ein halbes Jahr.


24. September 1888: Der erste Bekennerbrief
Durch die Grausamkeit der Morde und die Sensationsberichterstattung der Zeitungen nahm die öffentliche Aufmerksamkeit sprunghaft zu und Hysterie breitete sich in Teilen der Bevölkerung aus.  In der Folge davon erreichten Dutzende angebliche Bekennerbriefe die Polizei und die Presse.
Der erste davon war an Polizeichef Sir Charles Warren selbst adressiert, seine Existenz wurde damals geheim gehalten. Er lautete:
"Dear Sir,
ich würde gerne aufgeben, ich befinde mich in einem Albtraum. Ich bin der Mann, der alle diese Morde in den letzten sechs Monaten begangen hat. Mein Name ist (mit der Zeichnung eines Sargs unkenntlich gemacht). Ich bin ein Schlachter und arbeite bei (mit zwei Balken unkenntlich gemacht). I have found the woman I would that is Chapman and I done what I called slautered her (?). Aber wenn jemand kommt, werde ich aufgeben. Aber ich werde nicht von selbst zur (Polizei-)Station gehen. Hochachtungsvoll (mit der Zeichnung eines Sargs unkenntlich gemacht)."
Rückseite:
"Haltet das Viertel sauber, oder ich werde ihm einen Besuch abstatten. (Zeichnung eines Messers) Dies ist das Messer, mit dem ich die Morde begangen habe. Es hat einen schmalen Griff mit einer langen Klinge, beide Seiten scharf."

Die meisten Bekennerbriefe wurden von der Polizei schon damals als geschmacklose Scherze von Trittbrettfahrern abgetan, nur wenige wurden ernst genommen. Selbst die berühmt gewordenen Briefe, in denen der Mörder sich angeblich den Namen "Jack the Ripper" gab (der "Dear Boss"-Brief und die "Saucy Jacky"-Postkarte) werden inzwischen für Fakes gehalten und sollen aus der Feder ebenjenes Sensationsreporters Thomas Bulling von der Central News Agency stammen, welche die Briefe der Polizei übergab.

Jener erste Brief aber erscheint bemerkenswert: Erstens bezeichnet sich der Autor selbst als Schlachter. Zweitens ist er nicht verhöhnend, sondern scheint der Hilferuf eines kranken Menschen zu sein, der in einer tiefen inneren Zerrissenheit gefangen ist - so wie der Zustand Jacob Levys bei der Einlieferung ins Irrenhaus von seiner Frau beschrieben wurde.
Der Satz mit Chapman ist aufgrund seiner Formulierungen und der fehlenden Satzzeichen verwirrend, aber "and I done what I called" könnte bedeuten: "und ich habe getan, was mir befohlen wurde" - was ein Hinweis auf die befehlenden Stimmen sein könnte, die ein Wahnkranker oft hört, und von denen Levys Frau sprach.
Betrachtet man sich die sargförmige Schwärzung an der Stelle, wo der Briefschreiber angeblich zum ersten Mal seinen Namen übermalt hat, so scheint darunter etwas ähnliches wie "leaffray" oder "leadfray" gestanden zu haben - und das würde von der Wortlänge sowie von den Oberlängen und  Silhouetten einiger Buchstaben passen auf unseren Metzger Jacob Levy:
l e  a  d  f r a y
l a co b  l e v y


Sonntag, 30. September 1888: Nacht des Double Event

Mord an Elizabeth Stride in der Berner Street 40/42, etwa 45 Minuten später an Catherine Eddowes auf dem Mitre Square.

Stride übernachtete bis zu ihrem Tod im Armenasyl in der Flower and Dean Street.
Zwischen 0.35 und 0.45 Uhr sahen mehrere Zeugen (Polizist William Smith, Anwohner James Brown, Zeuge Israel Schwartz) Stride mit einem Mann in der Nähe des Berner Street Clubs. Beschrieben wird er übereinstimmend als knapp 1,70 groß, etwa 30 Jahre alt, heller Teint, Schnauzbart, dunkler Mantel und Schirmmütze. Polizist Smith bemerkte zudem ein Päckchen in seiner Hand.
Der aus Norden von der Commercial Road vorbeikommende Israel Schwartz will sogar eine Auseinandersetzung wahrgenommen haben, weswegen er schnell weitergegangen sei, sagte er später der Polizei. Der Mann habe die Frau am Tor zum Dutfields Yard zu Boden geworfen, die Frau habe kurz aufgeschrien. Als er zurückgeblickt habe, sei gerade ein anderer Mann mit einer Pfeife aus dem nahen "Nelson"-Pub gekommen und es habe eine kurze verbale Auseinandersetzung mit dem Verdächtigen gegeben, bis der Verdächtige "Lipski" gerufen habe. Da sei der andere auf Schwartz zugegangen und Schwartz sei aus Angst weggelaufen.
Gegen 1 Uhr dann wurde Strides Leiche vom Verwalter des Clubs, Louis Diemschütz, im Torweg des Dutfield Yard neben dem Club gefunden. Im Gegensatz zu den anderen Opfern wurde ihr nur die Kehle durchgeschnitten, aber offenbar wegen der Störung durch die Zeugen keine Verstümmelungen des Unterleibs mehr vorgenommen.

Als plausibelste Interpretation dieser Szene scheinen Schwartz und der Mann mit der Pfeife mitten in den Angriff des Rippers hineingeplatzt zu sein. Weil Schwartz schon auf der Flucht war, als der Pfeifenraucher auf die Straße kam, tat der Mörder offenbar so, als sei er ein unschuldiger Helfer und konnte den anderen Mann mit dem Ausruf "Lipski" davon überzeugen, dass der nach Süden flüchtende Schwartz der Angreifer gewesen sei, so dass "Pipeman" die Verfolgung von Schwartz aufnahm (leider konnte "Pipeman" nie identifiziert werden).
Lipski war ein Jude aus dem Viertel, der 1887 wegen Mordes verurteilt worden war - und sein Name war in antisemitischen Kreisen zum Schimpfwort gegen Juden im allgemeinen und zum Synonym für Mörder im speziellen geworden.
Indem der Mörder den einen Zeugen so auf den anderen hetzte, konnte er vom Tatort (vermutlich über die Gasse zur Batty Street, wo später blutige Wäsche gefunden wurde) schließlich nach Norden in die Commercial Road fliehen. Er wollte angesichts der Beinahe-Entlarvung mit ziemlicher Sicherheit zu seinem Versteck zurück - und in der Richtung, die er einschlug, liegt die Middlesex Street.
Da JTR aber sein eigentliches Ziel - die Verstümmelung - bei Stride nicht mehr umsetzen konnte, suchte er, als er sich wieder sicher fühlte, schließlich ein weiteres Opfer.


Eddowes und ihr Mann John Kelly lebten überwiegend im Armenhaus "Cooney's" in der Flower und Dean Street 55.
Gegen 1 Uhr wurde Eddowes aus der Ausnüchterungszelle der Polizeistation Bishopsgate Street entlassen und ging Richtung Süden, höchstwahrscheinlich die Houndsditch entlang zurück zur Aldgate High Street, wo sie den frühen Abend verbracht hatte.
Gegen 1.30 Uhr checkte Constable Edward Watkins auf Streife den Mitre Square, ohne etwas  Verdächtiges festzustellen.
Etwa um diese Zeit verließen Joseph Lawende, Harry Harris und Joseph Hyam Levy den Imperial Club, Duke Street, schräg gegenüber der Church Passage zum Mitre Square, und sahen einen Mann und eine Frau am Eingang der Passage in einem leisen Gespräch.
Der Zeuge Lawende beschrieb den Mann wie folgt: Etwa 30 Jahre alt, knapp 1,70 Meter groß, blasser Teint, heller Schnauzbart, durchschnittlicher Körperbau, graue Jacke, graue Stoffkappe und rötliches Halstuch, sah wie ein Seemann aus (wobei aber Seemänner selten "blassen Teint" haben).
Gegen 1.35 Uhr ging Constable James Harvey durch die Church Passage und schaute in den dunklen Mitre Square, sah jedoch nichts und kehrte auf seine Runde zurück.
Gegen 1.45 Uhr kam Constable Edward Watkins von der anderen Seite (Mitre Street) wieder durch den Hauptzugang in den Mitre Square und entdeckte beim Herumleuchten mit seiner Lampe die tote Eddowes in der dunkelsten Ecke liegen, vor dem Tor zu einem kleinen Hof (vermutlich hatte der Ripper gehofft, das Tor wäre offen).
Laut Inspector Robert Sagar von der City Police soll ein Polizist kurz zuvor gesehen haben, wie ein Mann aus der Mitre Street in östliche Richtung verschwand. Aufgrund der Sichtung dieses Mannes liefen anschließend Polizisten durch Gravel Lane und Stoney Lane, um Hinweise auf den Fluchtweg des Mörders zu finden - dieser Weg führt in die Middlesex Street und weiter in die Goulston Street.
Einer davon war Detective Constable Daniel Halse, der mit zwei Kollegen gegen 1.55 Uhr an der Ecke Houndsditch bei St. Botolph's Church stand und aufgrund der Alarmierung in den Mitre Square kam. Nachdem Halse Instruktionen zur Befragung der Anwohner gegeben hatte, eilte er zuerst in die Middlesex Street und, weil er dort niemanden sah, weiter in die Wentworth Street, wo er zwei Passanten überprüfte. Gegen 2.20 Uhr checkte er die Goulston Street, um nach vergeblicher Suche zum Mitre Square zurückzukehren.
Gegen 2.55 Uhr fand Constable Alfred Long auf seiner Runde ein Stück der blutigen Schürze von Eddowes im Hauseingang der Wentworth Dwellings 108-119, Goulston Street. Darüber an der Wand stand mit Kreide der Satz: "Die Juden sind die Menschen, die nicht grundlos beschuldigt werden." Long zufolge soll die Schürze auf seiner vorherigen Runde gegen 2.25 Uhr noch nicht dort gelegen haben. Ob das antisemitische Graffiti zuvor schon da gewesen war, wusste er nicht.

War Levy der Ripper, wäre er nach der unterbrochenen Tat an Stride in Richtung der Middlesex Street geflüchtet, um schnell von der Straße verschwinden zu können, dann aber mit oder ohne einen Zwischenstopp zuhause weiter Richtung Westen gezogen, wo er in der Houndsditch oder Duke Street den Weg von Eddowes kreuzte.
Die Berner Street ist rund 700 Meter oder etwa 8-9 Minuten Fußweg von Levys Adresse in der Middlesex Street 36 entfernt.
Die Strecke zwischen Berner Street und Mitre Square beträgt rund 1000 Meter oder etwa 12-15 Minuten Fußweg.
Die Strecke zwischen Mitre Square und Middlesex Street 36 beträgt rund 300 Meter oder etwa 3-4 Minuten Fußweg.
Jacob Levy hätte auch nach dem Mord an Eddowes zuhause einen Zwischenstopp einlegen können, um Blut, Messer, Gebärmutter und Niere loszuwerden und sich umzuziehen, bevor er die Schürze platzieren ging, um eine falsche Spur zu legen - oder er zog direkt weiter, weil er aus irgendeinem Grund nicht nach Hause zurückkehren konnte.

Die Strecke vom Mitre Square zur Goulston Street beträgt nur rund 500 Meter oder 6-7 Minuten. Entweder haben die Polizisten Halse und Long die Schürze gegen 2.25 Uhr übersehen, oder JTR hat sich zeitweise in einer Zuflucht versteckt, bevor er sie ablegte. Ein Umweg von rund einer dreiviertel Stunde durch die Straßen voller alarmierter Polizisten ist eher unwahrscheinlich - daher dürfte die Rückzugsmöglichkeit des Rippers in unmittelbarer Nähe gewesen sein. Die Ablage der Schürze könnte dann für ein Ablenkungsmanöver sprechen, das die Ermittler auf eine falsche Fährte locken sollte Richtung Osten, weg von der Umgebung Mitre Square und seiner Zuflucht.
Wenn Levy der Ripper war, hätte er damit aufgrund der Erkenntnis, zu nah an seinem Zuhause zugeschlagen zu haben, bewusst die Spur vom Grenzgebiet der City Police, wo er wohnte, weiter nach Osten in das Territorium der Metro Police gelenkt.
Vielleicht konnte er aber auch einfach nicht in die Middlesex Street 36 zurück, entweder weil er sich verfolgt fühlte, weil seine Frau noch wach oder gerade jemand in der Straße unterwegs war.
Die Strecke zwischen den Parallelstraßen Goulston Street und Middlesex Street beträgt weniger als 100 Meter oder etwa 1-2 Minuten Fußweg.

Daraus ergeben sich zwei interessante Möglichkeiten, wenn Levy der Ripper war:
Zur Zeit der Morde lebte laut Census von 1891 Jacobs Bruder Isaac Levy in der Goulston Street 130, und die Geburt seiner Tochter 1888 ist unter derselben Adresse angegeben - dies ist nur einen Häuserblock vom Schürzenfund entfernt.
Zum zweiten bleibt noch die Alternative, dass Jacob weiter zum Cigar Shop von John Levy in die Whitechapel Road 254 flüchtete, um sich dort zu verstecken - direkt nebenan vor Nr. 253 wurde am Tag darauf von Thomas Coram ein blutiges Messer gefunden (s.u.).

Bemerkenswert ist, dass es am Tatort im Mitre Square sehr dunkel war: Die Streifenpolizisten mussten ihre Lampen verwenden, um in den Ecken überhaupt etwas erkennen zu können. JTR hatte nur etwa 10 Minuten für die Verstümmelungen, die noch umfangreicher als bei den vorherigen Opfern waren. Insbesondere die Entfernung von Gebärmutter und Niere in der Dunkelheit zeugen davon, dass der Ripper offenbar Übung darin hatte, einen Körper bei schlechtem Licht schnell mit einem Messer zu zerlegen. Auch dies deutet auf einen Metzger hin, eine Ansicht, die u.a. Dr. Frederick Gordon Brown vertrat, der Eddowes Leiche untersuchte.

Merkwürdigerweise taucht in den Berichten über die Coroner-Untersuchung zu Strides Tod der wichtige Zeuge Israel Schwartz gar nicht auf.
Und bei der Coroner-Untersuchung zu Eddowes Tod wurde dem Zeugen Joseph Lawende verboten, den Verdächtigen vor dem Publikum genauer zu beschreiben - offenbar aus ermittlungstaktischen Gründen.
Dies deutet darauf hin, dass die Polizei glaubte, eine heiße Spur zu haben.
Zumal Lawendes Begleiter Joseph Hyam Levy bei der polizeilichen Vernehmung den Eindruck gemacht hatte, mehr zu wissen, als er zugeben wollte. So soll er beim Anblick von Eddowes und dem Mann zu seinen beiden Begleitern gesagt haben, wenn er solche Charaktere sehe, wolle er nicht alleine nach Hause gehen, und man solle den Hof beobachten (!). Als er beim Verhör gefragt wurde, ob er denn Angst gehabt habe, antwortete er kryptisch: nicht wirklich um sich.
Frage: "What was there terrible in their appearance?" - Antwort: "I did not say that." - Frage: "Your fear was rather about yourself?"- Antwort: "Not exactly." (!)


1. Oktober 1888: Messer-Fund in der Whitechapel Road

In der Nacht nach dem Double Event fand Thomas Coram gegen 0.30 Uhr vor der Whitechapel Road 253 ein in ein Taschentuch eingewickeltes blutiges Messer, das er der Polizei übergab - jedoch konnten die obduzierenden Ärzte nicht bestätigen, ob dies die Waffe des Rippers war.

Interessant ist in diesem Zusammenhang aber: In den 1880er Jahren hatte John Levy in der Whitechapel Road 254 einen Cigar Shop. Er war laut Census der Bruder von Fanny Levy von den Levys aus der Mitre Street 29, und sie waren Ripperologen zufolge wahrscheinlich Cousins des Zeugen Joseph Hyam Levy - somit war vermutlich auch Jacob Levy mit diesen Levys verwandt.

John und Fannys Eltern, Ann und Barnett Levy, lebten in den 1850ern in Mitre Street 29 ("Orange Market" am Mitre Square), sie waren Zigarren- und Orangenhändler und hatten vier Kinder - John, Samuel, Lewis und Fanny. Um 1888 wohnte nur noch Fanny dort.
Samuel lebte erst in den Häusern Mitre Street 17 und 23 und zog danach neben Joseph Hyam Levys Vater, Hyam Levy, in die Middlesex Street 39 (!). 1888 kehrte Samuel dann als Orangenverkäufer wieder in die Mitre Street zurück, diesmal in die Nummer 20.
Und Lewis Levy lebte in den 1860ern in Mitre Square 8 - dahinter fand man vor dem verschlossenen Hinterhoftor die Leiche von Catherine Eddowes (!).

War Jacob Levy der Ripper, kannte er sicher den Hinterhof und könnte gehofft haben, er wäre offen. Nach dem Double Event hätte er, weil er sich nicht zuhause verstecken wollte oder konnte, zuerst in Richtung seines Bruders und dann weiter zum Cigar Shop flüchten können, um sich dort relativ weit von den Tatorten weg zu verstecken, und könnte das blutige Messer davor weggeworfen haben.


Polizei-Razzia bei Metzgern im Oktober:

Die Polizei führte in den folgenden Wochen vom 3. bis 18. Oktober in der Umgebung des Mitre Square Haus-zu-Haus-Befragungen durch. Der stellvertretende Polizeipräsident Robert Anderson schrieb, dass man alle Männer des Viertels überprüft habe, die den Zeugenaussagen entsprachen und sich blutbefleckter Kleidung entledigen konnten.
Die Polizei durchsuchte auch 76 Metzgereien und Schlachtereien im Viertel und überprüfte alle Personen, die in den letzten sechs Monaten dort beschäftigt waren, verschiedene Verdächtige wurden unter Beobachtung gestellt.

Interessanterweise folgte nach dem Double Event die längste Pause zwischen den Ripper-Morden von fast sechs Wochen. Ursache dafür könnte der Ermittlungsdruck durch die Behörden gewesen sein, was für die Annahme spricht, dass die Polizei mit der Untersuchung des Metzger-Milieus rund um Aldgate High Street dem Ripper näher kam, so dass er vorerst pausieren musste, bis die polizeilichen Aktivitäten in seinem Umfeld wieder zurückgingen.
 

Freitag, 9. November 1888: Mord an Mary Jane Kelly im Miller's Court

Kelly verließ in ihrer letzten Nacht mehrmals ihr Zimmer im Miller's Court, Dorset Street 26, und kehrte mit verschiedenen Freiern wieder dorthin zurück, nachdem sie den frühen Abend mit ihrem Exfreund Joseph Barnett verbracht hatte.
Gegen 23.45 Uhr sah ihre Nachbarin Mary Ann Cox, wie Kelly mit einem Kunden auf ihr Zimmer ging. Zwischen 0.30 Uhr und 1 Uhr hörten Cox und Nachbarin Catherine Picket sie singen.
Ihre Nachbarin Elisabeth Prater kehrte gegen ein Uhr zurück, wartete erst 20 Minuten vor dem Eingang zum Court auf ihren Freund und ging, als er nicht kam, noch für zehn Minuten in McCarthys Laden nebenan. Gegen 1.30 Uhr stieg sie die Treppen zu ihrem Zimmer direkt über Kellys hinauf, ohne dort Licht zu sehen oder etwas zu hören, und ging zu Bett.
Der Zeuge George Hutchinson, ein Bewohner des Victoria Home in der Commercial Street, ging am 12. November zur Polizei und sagte aus, dass er seine Bekannte Mary Jane Kelly am 9. November gegen 2 Uhr in der Commercial Street getroffen habe.
Kurz darauf sei sie mit einem Kunden an ihm vorbei zurück auf ihr Zimmer gegangen. Weil der Mann sein Gesicht vor ihm habe verbergen wollen, sei er beiden gefolgt und habe rund eine dreiviertel Stunde den Hof beobachtet, jedoch ohne etwas Verdächtiges wahrzunehmen. Gegen 3 Uhr sei er schließlich gegangen.
Hutchinson beschrieb den Mann als etwa Mitte 30, knapp 1,70 Meter groß, blasser Teint, dunkle Augen und Haare, dünner gezwirbelter Schnurrbart, jüdisches Erscheinungsbild, mürrisches Aussehen, dunkler Mantel, dunkler Hut, kleines Päckchen in seiner Hand.
Sarah Lewis, die gegen 2.30 Uhr zu ihrer Bekannten Mrs. Keyler im Miller's Court ging, um dort zu übernachten, sah gegenüber dem Hofeingang einen Mann stehen - dabei handelte es sich vermutlich um Hutchinson.
Zwischen 3.15 Uhr und 3.45 Uhr hörten sowohl Lewis wie auch Elizabeth Prater einen leisen, unterdrückten Schrei vom Hof her: "Mord!"
Gegen 6 Uhr hörte Nachbarin Marie Ann Cox Schritte im Hof.
Gegen 7.30 Uhr klopfte Nachbarin Catherine Picket an Kellys Tür, um sich einen Schal zu leihen, aber nichts regte sich.
Gegen 10.45 Uhr wurde Kellys Leiche von Hausverwalter Thomas Bowyer entdeckt, der die Miete eintreiben sollte.

Theoretisch könnte Hutchinson der Täter gewesen sein, der nach dem Verschwinden des Kunden gegen 3 Uhr selbst zu Kelly ging - nur: warum hätte er dann bei der Polizei auftauchen und sich mit dem Geständnis seines "Stalkings" verdächtig machen sollen? Inspektor Abberline hielt ihn für glaubwürdig.
Plausibel wäre aber, dass der von Hutchinson beschriebene Kunde nach 3 Uhr ging - und dass erst der nächste Besucher Kellys der Ripper war. Dann wäre Hutchinsons Beschreibung unbrauchbar.
Bemerkenswert ist jedoch, dass Hutchinson aussagte, er glaube denselben Mann später noch einmal gesehen zu haben, und zwar am 11. November in der Petticoat Lane / Middlesex Street - wo Levy wohnte und es den Straßenmarkt mit günstiger Second-Hand-Kleidung gab.
Wenn JTR die Person war, die von Cox gegen 6 Uhr im Hof bemerkt wurde, muss er beim Verlassen des Tatorts unter Zeitdruck gestanden haben, weil es langsam hell wurde.
Falls Levy der Ripper war: Der Tatort in der Dorset Street 26 ist rund 500 Meter oder nur etwa 5-6 Minuten Fußweg von der Middlesex Street 36 entfernt.

Ein merkwürdiger Vorfall ereignete sich etwa eine Stunde nach der Entdeckung von Kellys Leiche:
London Times, 10. November 1888:
"A Mrs Paumier, a young woman who sells roasted chestnuts at the corner of Widegate-street, a narrow thoroughfare about two minutes' walk from the scene of the murder, told a reporter yesterday afternoon a story which appears to afford a clue to the murderer. She said that about 12 o'clock that morning a man dressed like a gentleman came up to her and said, "I suppose you have heard about the murder in Dorset-street?" She replied that she had, whereupon the man grinned and said, "I know more about it than you." He then stared into her face and went down Sandy's-row, another narrow thoroughfare which cuts across Widegate-street. Whence he had got some way off, however, he vanished. Mrs Paumier said the man had a black moustache, was about 5ft 6in, high, and wore a black silk hat, a black coat, and speckled trousers. He also carried a black shiny bag about a foot in depth and a foot and a half in length."

Falls JTR so wie manch anderer Serienmörder das Bedürfnis hatte, zu den Tatorten zurückzukehren oder gar bei der Entdeckung der Morde unter den Schaulustigen zu stehen, um sich einen zusätzlichen Kick zu holen: Die Beschreibung des Mannes als knapp 1,70 groß mit Schnurrbart passt zu anderen Zeugenaussagen.
Und - interessant für die Jacob-Levy-These - der Verdächtige ging nach seiner Provokation die Sandy's Row hinab, die in die Middlesex Street mündet.

Merkwürdig war nach den Coroner-Untersuchungen zum Double-Event auch die Anhörung im Fall Kelly: Sie wurde im Distrikt Shoreditch vom dort zuständigen Richter vorgenommen und nicht in Whitechapel, mit der seltsamen Begründung, zuständig sei der Ort der Aufbahrung, nicht der Tatort. Sie wurde bereits am 12. November eröffnet, mit sich nicht zuständig fühlenden Geschworenen, in hohem Tempo durchgepeitscht und schon am selben Tag wieder abgeschlossen. Richter Roderick Macdonald sagte: "Wenn die Geschworenen allein zu der Todesursache zu einem Ergebnis kommen, so ist das alles, was sie zu tun haben."
Zeugen oder Beweismittel zur Strafverfolgung sollten nicht weiter öffentlich thematisiert werden - wahrscheinlich aus ermittlungstaktischen Gründen, weil man einen Tatverdächtigen nicht warnen wollte, während er unter Beobachtung stand, um ihn auf frischer Tat stellen zu können.
In H. L. Adam's Serie "The People on Scotland Yard and its Secrets" von 1912 zitiert der Autor  Assistant Commissioner Anderson: "Sir Robert Anderson has assured the writer that the assassin was well known to the police, but unfortunately, in the absence of sufficient legal evidence to justify an arrest, they were unable to take him. It was a case of moral versus legal proof. The only chance the police had, apparently, was to take the miscreant red-handed…"


"Butcher's Row Suspect"

Nach dem Kelly-Mord begann die City Police damit, mehrere Monate lang einen Tatverdächtigen bei der Butcher's Row zu observieren.
In einem Zeitungsinterview (City Press, 7. January 1905) sagte Robert Sagar von der City Police, dass man nach dem Kelly-Mord einen Mann unter Beobachtung gestellt habe, der in der Butcher's Row arbeite und von dem man annehme, dass er der Ripper sei, und dass dieser Mann letztendlich von seinen Leuten in ein Irrenhaus eingeliefert worden sei.

Butcher's Row war kein offizieller Straßenname, so wurde wegen der vielen Metzger und der dahinter liegenden Schlachterei jener Abschnitt der High Aldgate Street genannt, der an der Einmündung der Middlesex Street liegt, wo Jakob Levy wohnte (sie stellt die Grenze zwischen City of London und Whitechapel sowie zwischen den beiden Polizei-Distrikten dar).

Auch Detective Inspector Henry Cox (City Police) wurde ein Jahr später in einem Zeitungsartikel (Thomson’s Weekly News, 1. December 1906) zu den Observationen zitiert, ohne jedoch den genauen Ort zu nennen. Cox: "The man we suspected was about five feet six inches in height, with short, black, curly hair, and he had a habit of taking late walks abroad. He occupied several shops in the East End, but from time to time he became insane, and was forced to spend a portion of his time in an asylum in Surrey. (...) While the Whitechapel murders were being perpetrated his place of business was in a certain street, and after the last murder I was on duty in this street for nearly three months." (beim Hinweis auf Surrey könnte eine Verwechslung mit Ostrog vorliegen).
Cox erzählte, er habe den Verdächtigen nachts auf einem Streifzug verfolgt: Nachdem dieser sein Haus verlassen habe, sei er die Leman Street in Richtung St. Georges in the East hinab gegangen - die Straße verläuft nur etwa 100 Meter östlich von der Einmündung der Middlesex Street und der Goulston Street in die Aldgate High nach Süden (!).
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, was Detective Inspector Cox zur Überwachung des Tatverdächtigen sagte. Zur Verschleierung der Observation, die der jüdischen Gemeinde nicht verborgen blieb, behaupteten die Polizisten, die Schneider auf Beschäftigung von Minderjährigen zu überwachen: "We told them we were factory inspectors looking for tailors and capmakers who employed boys and girls under age." Dies könnte sich auf den Petticoat Lane Street Market oder den "Chazar Mark" in der Parallelstraße Goulston Street beziehen, wo Schneidermeister Arbeitskräfte rekrutierten.

Die Maßnahmen der City Police deuten darauf hin, dass die Indizien sie in dem Verdacht bekräftigten, es bei JTR mit einem einheimischen Metzger in der Umgebung von Aldgate High Street, Middlesex Street oder Goulston Street zu tun zu haben. Vielleicht war es sogar Jacob Levy, der beobachtet wurde - doch leider sind weder die genaue Adresse noch der Zeitraum der Observationen bekannt.
Allerdings schrieb das Aberdeen Weekly Journal bereits am 16. November 1888: "The Central News is enabled to state that several houses at which the murderer is believed to call on occasionally are under the closest police surveillance."

Wenn Jacob Levy der Ripper war, könnte dies bedeuten, dass er neben seiner Heimatadresse Middlesex Street 36 und seinem Bruder in der Goulston Street auch bei den Metzgern der Butcher's Row ein und aus ging. Denn sowohl Jacob Levy als auch der Zeuge und mutmaßliche Verwandte Joseph Hyam Levy sollen Geschäftsverbindungen in der Butcher's Row gehabt haben. Vermutlich kauften sie auch in der dortigen Schlachterei ein. Levy könnte sogar wegen seines ruinierten eigenen Geschäfts zeitweise dort oder in einem anderen Shop gearbeitet haben.


Nähe von mutmaßlichen Verwandten zu den Tatorten

Detective Inspector Henry Cox von der City Police schrieb über den observierten Verdächtigen: "He occupied several shops in the East End." Und das Aberdeen Weekly Journal schrieb bereits am 16. November 1888: "The Central News is enabled to state that several houses at which the murderer is believed to call on occasionally are under the closest police surveillance."

Zusätzlich den möglichen Verbindungen Levys mit anderen Metzgern in der Butcher's Row gab es im Eastend noch die Shops der Levy-Familie aus der Mitre Street, mit denen Jacob und Joseph Hyam Levy laut Casebook verwandt gewesen sein sollen:
Darunter der Orangenhändler Samuel Levy in der Mitre Street 20 (Tatort Mitre Square) und der Zigarrenhändler John Levy in der Whitechapel Road 254 - nahe den Tatorten Buck's Row und Berner Street sowie unmittelbar neben dem Messer-Fund von Thomas Coram nach dem Double Event vor Whitechapel Road Nr. 253.
In den 1880er Jahren hatte John Levy in der Whitechapel Road 254 einen Cigar Shop. Er war laut Census der Bruder von Fanny Levy von den Levys aus der Mitre Street 29, und sie waren wahrscheinlich Cousins des Zeugen Joseph Hyam Levy, dessen Vater vor Jacob die Metzgerei in der Middlesex Street 36 hatte - somit war vermutlich auch Jacob Levy mit diesen Levys verwandt.

John und Fannys Eltern, Ann und Barnett Levy, lebten in den 1850ern in Mitre Street 29 ("Orange Market" am Mitre Square), sie waren Zigarren- und Orangenhändler und hatten vier Kinder - John, Samuel, Lewis und Fanny. Um 1888 wohnte nur noch Fanny dort. Samuel lebte erst in Mitre Street 17 und 23 und zog danach neben Joseph Hyam Levys Vater, Hyam Levy, in die Middlesex Street 39. 1888 kehrte Samuel dann als Orangenverkäufer wieder in die Mitre Street zurück.

Nicht vergessen werden sollte schließlich noch Jacobs Bruder Isaac Levy, der zur Zeit der Morde  in der Goulston Street 130 lebte - nur einen Gebäudekomplex entfernt von dem Hauseingang, in dem das blutige Teil von Eddowes Schürze gefunden wurde.

Fazit: Waren die Levys von Mitre Street tatsächlich mit Jacob Levy verwandt, so rückt der verrückt gewordene Metzger durch die Adressen seiner Verwandten in die unmittelbare Nähe zu mehreren Tatorten und den Funden von Schürze und Messer. War Jacob Levy der Ripper, kannte er sich dort besonders gut aus, hätte für seine Anwesenheit in den Straßen eine plausible Erklärung gehabt und Möglichkeiten, nach den Taten schnell aus der Öffentlichkeit verschwinden zu können, indem er bei ihnen Unterschlupf suchte. 


Mittwoch, 17. Juli 1889: Mord an Alice McKenzie in der Castle Alley

Police Constable Walter Andrews entdeckte gegen 0.50 Uhr in der Castle Alley den leblosen Körper von Alice McKenzie, etwa eine halbe Stunde, nachdem er das letzte Mal auf seiner Runde dort gewesen war. Zeugen der Tat gab es keine. Ihre linke Halsschlagader war durchtrennt, ihr Rock war hochgeschoben und der Unterleib mit einem Messer traktiert worden, allerdings waren die Verletzungen eher oberflächlich.

Die Polizisten und die untersuchenden Ärzte waren uneinig darüber, ob es sich um ein weiteres Ripper-Opfer handelte. Einiges passte ins Schema: McKenzie übernachtete in einem Armenhaus, war rund 40 Jahre alt, Prostituierte und Trinkerin - und wurde im Zentrum von JTRs Aktivitäten getötet. Allerdings wurde ein anderes Messer benutzt, und zudem wurde sie nicht gewürgt, es gab auch keinen vollständigen Kehlenschnitt, die Wunden waren nicht so tief und der Unterleib war nicht ausgeweidet.
Der Täter hätte wahrscheinlich durchaus genug Zeit für weiterreichende Verstümmelungen gehabt, denn er war wohl diesmal nicht gestört worden. Indiz dafür: Obwohl es kurz geregnet hatte, war der Gehweg unter McKenzies Körper trocken, was bedeutet, dass sie wohl schon vor dem Schauer getötet wurde und somit einige Zeit unentdeckt dagelegen hatte. Möglicherweise war es ein Nachahmungstäter, der dem Ripper diesen Mord in die Schuhe schieben wollte.

Falls es doch JTR war, deutet alles darauf hin, dass er nicht mehr auf der Höhe seiner physischen und/oder psychischen Kräfte war - Folgen der fortschreitenden Syphilis?
Auch der große zeitliche Abstand zu den übrigen Taten fällt auf: JTR hatte eine sehr kurze Abkühlphase, so dass längere Pausen wohl nur durch widrige Umstände wie Krankheit, Einweisung oder Ermittlungsdruck der Polizei zu erklären sind.
Falls Jacob Levy der Täter war: Der Tatort ist nur 100-200 Meter oder 1-2 Minuten Gehweg von Butcher's Row und Middlesex Street entfernt.


"The crazy jewish Butcher"

Spätestens nach diesem Mord machte die Ripper-Theorie vom "verrückten jüdischen Metzger" die Runde, die von verschiedenen Presseorganen aufgegriffen wurde.

London Evening News And Post, 13. September 1889:
"The second man is now being watched. He is a resident of the East End, and has been for years. For a long time he has been acting in the most suspicious fashion. He has a business, to which he scarcely ever personally attends. He goes about drinking, and is to be met at all hours of the night in the streets all over the neighborhood. He enters his house at hours when his wife and family have long been at rest. No member of his family dare question him as to his ramblings. He knocks about among the lowest class of women at unearthly hours, although, according to general report, their very appearance is hateful in his sight. His hatred has been produced by physical suffering, for which, like most men of his class, he holds himself perfectly irresponsible. His habits are such as to give one the notion that he is not altogether in a fit position to be allowed to roam at will. Whether he has anything to do with any crime, it is, of course, impossible to say, but he is kept in view."

Offensichtlich war der Observierte ein im East End lebender Metzger, der sein Geschäft vernachlässigte, so wie auch Jacob Levys Frau beklagte. Er fing an zu trinken und streifte nachts umher, so wie Levys Frau gesagt hat. Er trieb sich bei Prostituierten herum, obwohl er sie hasste.
"His hatred has been produced by physical suffering, for which, like most men of his class, he holds himself perfectly irresponsible." - Und sein Hass kam von einer Syphilis-Infektion, wofür er die Schuld nicht bei sich, sondern bei anderen suchte.

Rochester Democrat And Chronicle, 16. September 1889:
"The London Police has a theory that Jack the Ripper is a crazy jewish butcher."

North Eastern Daily Gazette, 18. September 1889:
"A Detective's Views: We are watching now three men, besides the usual night-birds of Whitechapel. One man created some stir during the last murders under circumstances which I need not say anything about. He is a curious sort of fellow; in business, but not doing much to keep it going. His wife and daughter see to it, and he is out at all hours of the night. He says he is a member of the vigilance committee, but I can't answer as to that. No, I won't tell you his name, even if you do want to find out if he is a member or not. This man is out at all hours of the night, and he lets himself in some quietly that his wife does not know what time he really arrives home. She generally finds him in the shop when she comes down the morning. He is being watched, but we can't arrest him only on the suspicious we have. We must wait further developments."

Der Observierte vernachlässigte sein Geschäft, streifte nachts umher, und seine Frau wusste nicht, wann er zurückkam - das passt zu den Aussagen von Jacob Levys Frau bei seiner Einweisung.
"She generally finds him in the shop when she comes down the morning." - Die Erklärung dafür, warum seine Frau nichts bemerkt haben könnte: Sie schlief in der Wohnung, er im Shop. Auch das passt: Wenn JTR tatsächlich Familie hatte, dann muss er wohl woanders genächtigt haben als seine Frau, vermutlich wegen ehelicher Differenzen.

Sunday Chronicle, October 15, 1905:
"We found our man. He was engaged in a large way of business in the city of London, was married, had a family, and was generally respected. For some time he had been known as eccentric, and various escapades had caused his friends a good deal of anxiety.
Frequently, as we learned later, he stayed out all night about the time when these outrages were committed. His description agreed with that of a man seen in Dorset-street, Whitechapel, on the night when Mary Jane Kelly was cut to pieces, and at that time he was very near to actual arrest by a policeman."

Der Observierte war in einer großen Geschäftsstraße tätig, und zwar in der City of London, nicht in Whitechapel (!). Dies klingt nach dem Butcher's Row Suspect, denn die Butcher's Row (und auch die einmündende Middlesex Street) gehörten bereits zur City of London. Er war verheiratet und hatte Familie, wie Jacob Levy. Er wurde seltsam und seine Eskapaden bereiteten seinen Freunden Sorge - auch das erinnert an den Verfall Levys mit Diebstahl, psychischer Erkrankung, Geschäftsvernachlässigung und schließlich dem nächtlichem Umherstreifen.


Fortsetzung siehe unten:
« Letzte Änderung: 03.09.2016 18:13 Uhr von Arthur Dent 2 »

Offline Arthur Dent 2

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 465
  • Karma: +1/-0
  • "Wherever you go - there you are." Buckaroo Banzai
Re: Jacob Levy
« Antwort #251 am: 03.09.2016 14:26 Uhr »
Das Ende


15. August 1890: Einlieferung ins Irrenhaus
Jacob Levy wird als geisteskrank in die Nervenheilanstalt City of London Asylum at Stone in Kent eingeliefert.
In der Krankenakte wird als Einweisungsgrund "Manie" eingetragen, an der er schon seit längerem leide. Er soll bei seiner Einlieferung noch in guter körperlicher Verfassung gewesen sein, seine Größe wird mit knapp 1,70 Meter und sein Gewicht mit 60 Kilo angegeben.
Seine Frau soll den Anstaltsakten zufolge nach der Einweisung gesagt haben, Levy habe beinahe ihr Geschäft ruiniert, früher sei er ein guter Geschäftsmann gewesen. Aber er schlafe nun nachts nicht mehr, sondern wandere oft für Stunden ziellos umher. Auch befürchte er, jemandem etwas anzutun. Er höre Geräusche und Stimmen, die ihm befehlen und ihn zwingen Taten zu begehen, die er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könne.
Merwürdigerweise soll Levy gesagt haben, dass schon sein Bruder Abraham Selbstmord begangen habe, indem er sich selbst die Kehle durchgeschnitten (!) habe - dabei hat er sich laut Casebook erhängt: Im Mai 1875 nahm sich Jacobs Bruder demnach das Leben, weil er angeblich bei Pferderennen enorme Summen verloren hatte. Einem Zeitungsbericht nach fand Jacob selbst den erhängten Leichnam seines zwei Jahre älteren Bruders.

Dass Levy sein Geschäft vernachlässigte, nachts umherstreifte und zugab, von inneren Stimmen zu schrecklichen Taten getrieben zu werden, ist ein gutes Indiz für eine mögliche Täterschaft.
Hinzu kommt die seltsame Aussage zum Tod seines Bruders: Hat Levy vielleicht in seiner psychischen Zerrüttung hier seine Vorliebe fürs Kehlenschlitzen verraten?
Dass er auch 1890 noch in guter körperlicher Verfassung war, legt jedenfalls nahe, dass er trotz seiner Erkrankung physisch zu den Morden fähig gewesen wäre.

In ihren Memoiren nannten die hochrangigen Polizeibeamten Macnaghten und Anderson beide als einen der Hauptverdächtigen im Ripper-Fall einen Juden, der in nächster Nähe zu den Opfern lebte und nach den Morden in eine Irrenanstalt eingewiesen wurde.
Auch Major Arthur G.F. Griffiths schrieb in seiner Reihe "Mysteries of Police and Crime" 1898 von "a Polish Jew, a known lunatic who was at large in the district of Whitechapel at the time of the murders and who (...) was confined to an asylum". (Das "polish" könnte eine Verwechslung mit Pizer sein)
Chief Inspektor Swanson schrieb persönliche Anmerkungen in sein Exemplar von Andersons Memoiren, die den grundsätzlichen Sachverhalt bestätigten. Allerdings fügte er noch hinzu, dass der Verdächtige in einem "Seaside Home" von einem Zeugen erkannt worden sei und es ihm auch bewusst gewesen sei, dass die Polizei ihn identifiziert habe. Danach habe man ihn vorübergehend zu seinen Verwandten zurückgebracht, wo die Polizei ihn Tag und Nacht beobachtet habe, bevor er dann endgültig in eine Irrenanstalt gebracht worden sei, wo er schon bald verstorben sei.
Dies würde erklären, warum die Morde aufhörten.

Damit würde der von Ripperologen in den Akten von Colney Hatch gefundene gewalttätige Irre David Cohen als Verdächtiger ausfallen, denn nach bisherigen Erkenntnissen hatte er keine Verwandten. Eine weitere Diskrepanz: Die Zeugen beschrieben alle einen Mann mittleren Alters - David Cohen war damals aber erst 23 Jahre alt. Zudem wurde er bereits am 7. Dezember 1888 per Gerichtsbeschluss erst ins Whitechapel-Arbeiterkrankenhaus eingewiesen, und dann wegen seiner Unkontrollierbarkeit am 21. Dezember direkt weiter ins Irrenhaus Colney Hatch, wo er am 20. Oktober 1889 verstorben sein soll - die erste offiziell "Seaside Home" genannte Einrichtung wurde aber erst 1890 eröffnet.
Allerdings vermuten einige Ripperologen, dass "David Cohen" auch ein Alias wie "John Doe" gewesen sein könnte, da es noch andere Namens-Unklarheiten in dem Fall gibt.

Jakob Levys Einlieferungsdatum in die öffentliche Anstalt passt jedenfalls zum Zeitpunkt der angeblichen Identifikation von JTR in einem "Seaside Home" (s.u.), welche von Ripperologen auf Sommer 1890 angesetzt wird, da das Convalescent Police Seaside Home in Hove (bei Brighton) in diesem Jahr eröffnet wurde und in seinen Akten zwei Besucher ohne Namensnennung auftauchen.
Zwar wurde von Chief Inspektor Swanson als öffentliche Anstalt Colney Hatch ins Spiel gebracht, aber dies bezog er explizit auf Kosminski. Laut Researcher Steward Hicks soll Lady Anderson, die Ehefrau von Assistant Commissioner Robert Anderson, hingegen gesagt haben, der Ripper sei in einer Anstalt bei Stone gewesen.

Da Levy schon "seit längerem" an seiner Krankheit gelitten hatte, könnte er zuvor bereits in familiärer Betreuung und/oder einer privaten Einrichtung gewesen sein - so wie dies später von hochrangigen Polizisten über den Ripper-Verdächtigen erzählt wurde.
Die Polizei soll jedenfalls schon Ende 1888 alle privaten Sanatorien überprüft haben:
"The Dublin Express London correspondent on Thursday gave as the latest police theory concerning the Whitechapel murderer, that he has fallen under the strong suspicion of his near relatives, who to avert a terribly family disgrace, may have placed him out of harm's way in safe keeping. As showing that there is a certain amount of credence attached to this story, detectives have recently visited all the registered private lunatic asylums, and made full inquiries as to the inmates recently admitted." (The Bristol Mercury, 29. Dezember 1888)

War Jacob Levy der Ripper, würde dies den Zeitraum von eineinhalb Jahren zwischen dem Kelly- Mord und seiner offiziellen Einweisung im August 1890 erklären.
Über Levy ist leider nur bekannt, dass er in Stone eingeliefert wurde, es gibt bisher keine Hinweise auf vorübergehende Unterbringungen woanders. Jedoch wäre es plausibel, dass sich zunächst seine Angehörigen um ihn kümmerten, bis sich sein Zustand so weit verschlechterte, dass er für sie nicht mehr zu bewältigen war, worauf sie ihn unter falschem Namen in ein privates Sanatorium steckten, bevor er von der Polizei entdeckt und identifiziert wurde.


Freitag, 13. Februar 1891: Mord an Frances Coles in Swallow Gardens
Gegen 1.45 Uhr traf eine Bekannte, die Prostituierte Ellen Callagher, in der Commercial Street auf Coles. Sie liefen gemeinsam Richtung Minories und begegneten einen "brutalen Mann mit einer Baskenmütze", an den Callagher sich als einen früheren Kunden erinnerte. Sie will Coles gewarnt haben, dass der Mann ihr vor einiger Zeit ein blaues Auge geschlagen habe, und sie solle sich nicht mit ihm abgeben. Coles befolgte den Rat ihrer Freundin allerdings nicht und unterbreitete dem Mann ein Angebot, worauf die beiden ohne Callagher in Richtung Minories gingen.
Carmen Friday und die Brüder Knapton gingen kurz nach 2 Uhr morgens durch die Eisenbahn-Unterführung Swallow Gardens. Sie sahen eine Frau und einen Mann, die an der Ecke der Royal Mint Street standen. Gegen 2.15 Uhr dann entdeckte Police Constable Ernest Thompson auf seiner Runde unter der Eisenbahnbrücke die Prostituierte Frances Coles mit durchschnittener Kehle.
Die Justiz klagte später Coles gewalttätigen Freund Thomas Sadler an, der jedoch freigesprochen wurde, weil er ein Alibi hatte.

Verdächtigungen wie im Automn of Terror mit den Gerüchten um "Lether Apron" verbreiteten sich unter den Bewohnern des Eastends, laut Mundpropaganda sollte ein gewisser jüdischer Metzger namens "Jacobs" (!) der Mörder gewesen sein.
Benjamin Leeson schrieb in "Lost London: The Memoirs of an East End Detective" (1934):
"... a story circulated that the Ripper was a butcher, who wore blue overalls and a leather apron, and an English Jew named Jacobs, a perfectly harmless man, somehow attracted suspicion to himself. Possibly because, working in a slaughter house, he always wore a leather apron. People would point Jacobs out in the street as a suspected man, and more than once he had to run for it. I myself was often obliged to take him to the police station for protection. The thing so preyed on the poor fellow's mind that it finally caused him to lose his reason." 

Coles war zwar auch eine Prostituierte, der die Kehle aufgeschlitzt wurde, allerdings wurde sie nicht zuvor gewürgt, sondern einfach zu Boden gerissen, das Messer soll ebenfalls ein anderes gewesen sein - der obduzierende Dr. Phillips hielt jedenfalls JTR nicht für den Täter.
Interessant ist aber, dass in gewissen Teilen der Bevölkerung Gerüchte über einen Metzger namens "Jacobs" die Runde machten, was doch sehr nach "Jacob" klingt.
Könnte vielleicht in bestimmten Kreisen schon länger der Verdacht bestanden haben, dass der Metzger Jacob Levy möglicherweise der Ripper war? War hier etwas durchgesickert und kursierte nun unter Leuten, die nicht wußten, dass der echte Verdächtige bereits in einer Anstalt war?


29. Juli 1891: Jacob Levys Tod
Levy stirbt an den Folgen der Syphilis in der Nervenheilanstalt Stone in Kent.
In den Akten steht als Todesursache: "General paralysis of the insane brought on by the serious sexually transmitted disease syphilis".

Macnaghten und Swanson bezeichneten ihren Verdächtigen in der Anstalt als "Kosminski", jedoch enthalten die Erinnerungen der Polizisten nachgewiesenermaßen einige Ungenauigkeiten, so dass sie sich mit dem Namen geirrt haben könnten, denn der in medizinischen Akten gefundene Aaron Kosminski war damals erst 23 Jahre alt und starb erst 1919 in der Anstalt, nicht schon bald nach der Einweisung. Zudem schrieb Robert Sagar von der City-Police von einem Metzger, der observiert worden war, und Kosminski soll Haarschneider gewesen sein.
Vermutlich wurden einfach die Namen von ein paar verdächtigen Anstaltsinsassen durcheinander geworfen. Der nie an den Ermittlungen beteiligte Mcnaghten schrieb sein internes Memorandum 1894 und veröffentlichte seine Memoiren "Days of My Years" erst 1914 - Jahre nach den Ripper-Morden. Robert Anderson veröffentlichte seine Memoiren "The Lighter Side of My Official Life", in die Swanson seine Anmerkungen machte, erst 1910.

Eine andere plausible Erklärung der Namens-Irritationen könnte im Verhalten der Verwandten des mutmaßlichen Mörders liegen: Wenn er von den Angehörigen zuerst in eine private Anstalt gesteckt wurde, als sie seinem Irrsinn und seiner Gefährlichkeit nicht mehr Herr wurden, wäre es gut nachvollziehbar, dass sie ihn unter einer falschen Identität irgendwo eingewiesen hatten, um ihn und die Familie zu schützen.
Das wäre dann so lange gut gegangen, bis es zur Überprüfung aller neuen Anstalts-Einlieferungen durch die Polizei und der erwähnten Gegenüberstellung mit Identifizierung im "Seaside Home" gekommen war. Die spätere endgültige Einweisung in ein staatliches Institut wäre dann zwar unter dem richtigen Namen erfolgt, aber die Namensverwirrung könnte immer noch in Polizeikreisen und -Berichten präsent gewesen sein und so zu den Irrtümern geführt haben.

Robert Anderson jedenfalls schrieb in seinen Memoiren: "Die einzige Person, die jemals einen guten Blick auf den Mörder werfen konnte, identifizierte ihn, aber als er erfuhr, dass der Tatverdächtige ein Glaubensbruder war, weigerte er sich, gegen ihn auszusagen."
Swanson bestätigte in seinen privaten Anmerkungen diesen Aspekt.
Bei diesem Zeugen könnte es sich somit um Joseph Hyam Levy, Joseph Lawende (beide Fall Eddowes) oder Israel Schwartz (Fall Stride) gehandelt haben.

Da Macnaghten schrieb, dass der Verdächtige der Beschreibung jener Person entsprach, die am Mitre Square gesehen wurde, dürfte der Zeuge tatsächlich entweder Joseph Hyam Levy oder Lawende gewesen sein. Joseph Hyam Levy machte bei der Befragung kaum Angaben zum Verdächtigen und gab sich verschlossen, vermittelte aber den Eindruck, als wisse er mehr als er sagen wollte, während Lavende zunächst eine detaillierte Beschreibung abgab. Lawende war ein Handelsreisender aus Dalston, kein Bewohner Whitechapels, und dürfte JTR nicht gekannt haben, so dass er vermutlich bedenkenlos eine erste Aussage machte, zumal er den Mann anfangs nicht für einen einheimischen Juden, sondern für einen Seemann gehalten hatte.
Eine Erklärung für den Rückzieher des Zeugen könnte somit sein, dass Joseph Lawende schließlich von seinem Begleiter Joseph Hyam Levy bearbeitet worden war, nicht gegen den Glaubensbruder auszusagen, um ein Pogrom gegen die jüdische Gemeinde zu verhindern.
Dass die Polizei tatsächlich die konkrete Möglichkeit sah, über die Zeugen Lawende und Joseph Hyam Levy den Ripper zu überführen, belegt auch die Vorgehsweise bei der öffentlichen Coroner-Untersuchung zu Eddowes Tod, bei der Lawende verboten wurde, den Verdächtigen vor dem Publikum genauer zu beschreiben (s.o.).


1892: Ermittlungs-Ende
Die Akte Jack the Ripper wird von der Polizei offiziell geschlossen.

Dies würde zeitlich besser zu Jacob Levy passen als zu dem in den Memoiren erwähnten Kosminski, da Aaron Kosminski erst lange nach seiner Einweisung und seiner Verlegung nach Leavesden im Jahr 1919 starb. Auch der von Ripperologen in den Akten der Colney Hatch Nervenheilanstalt gefundene mögliche Verdächtige Hyam Hyams starb erst am 22. März 1913.




Fazit

Die Theorie, dass JTR ein jüdischer Metzger war, der im Irrenhaus starb, erklärt den ansonsten merkwürdigen Schluss im Ripper-Fall: Nach dem Ende der Mordserie laufen die Ermittlungen angeblich ergebnislos aus, die Akte wird geschlossen - aber Jahre später erklären hochrangige Polizisten in ihren Memoiren oder Zeitungsartikeln, der Ripper wäre eigentlich identifiziert worden.

Nach dem Mord an Mary Ann Nichols verdichteten sich im Eastend schnell Gerüchte, dass die Morde von einem Juden mit dem Spitznamen "Leather Apron" verübt worden sein sollten, was so auch in den Zeitungen verbreitet wurde und schon zu ersten antisemitischen Aufwallungen und Kundgebungen führte.
Superintendent Thomas Arnold ordnete daher nach dem Double Event mit Erlaubnis von Polizeichef Charles Warren an, das Goulston Street Graffiti auf der Stelle zu entfernen, explizit aus dem Grund, um mögliche Pogrome gegen Juden zu verhindern. In seinem Bericht vom 9. November 1888 schreibt Arnold:
"Ich bitte darum berichten zu dürfen, dass am Morgen des 30. September, dem Letzten, meine Aufmerksamkeit auf eine Aufschrift an der Wand des Eingangs zu Behausungen in der Goulston Street 108, Whitechapel gerichtet wurde, welche aus folgenden Worten bestand: 'Die Juwes sind [nicht] die Menschen, die nicht grundlos beschuldigt werden'.
Ich wusste, dass aufgrund der Verdächtigung eines Juden namens John Pizer, genannt ‚Leather Apron‘, der beschuldigt wurde, den kürzlich in der Hanbury Street verübten Mord begangen zu haben, ein starkes Gefühl gegen die Juden im Allgemeinen aufkam. Da das Gebäude, auf dem sich die Aufschrift befand, mitten in der Lokalität liegt, die hauptsächlich von dieser Religionsgemeinschaft bewohnt wird, war ich besorgt darüber, dass wenn die Aufschrift verbleibt, diese für einen Aufstand verantwortlich sein könnte. Daher habe ich erwogen, dass es wünschenswert sei, sie aufgrund der Tatsache zu entfernen, dass sie sich an einer Stelle befand, die gut von den Menschen einsehbar war, die dort hinein- und hinausgehen."

Falls man den Ripper tatsächlich durch einen Zeugen als verrückt gewordenen jüdischen Metzger identifizierte, hätte die Bekanntgabe demnach zu schrecklichen Übergriffen bis hin zum Pogrom gegen die jüdische Gemeinde in Whitechapel im Allgemeinen und seine Familie im Besonderen führen können. Denn an die Eröffnung eines Prozesses wäre schon wegen des Gesundheitszustands des Tatverdächtigen nicht zu denken gewesen. Und selbst wenn: Ob die dünnen Beweismittel für eine Verurteilung ausreichend gewesen wären, darf bezweifelt werden - ein Freispruch aus Mangel an Beweisen wäre aber verheerend gewesen.
Wegen der sowieso schon explosiven sozialen Lage, einem weitverbreiteten Antisemitismus und der aufgestauten Wut durch den Ripper-Terror wäre wohl zu erwarten gewesen, dass viele Menschen dann ihre Aggressionen an Sündenböcken ausgelassen hätten.
Die Behörden könnten daher zu dem Schluss gekommen sein, es sei angesichts der explosiven Situation im Eastend sicherer, den todkranken Irren stillschweigend in einer Anstalt verrotten zu lassen und lieber weiter zähneknirschend vor der Öffentlichkeit wie Versager in diesem Fall dazustehen, als eine Katastrophe im Viertel zu riskieren.



Geographisches Profil für Jacob Levy:
« Letzte Änderung: 03.09.2016 18:19 Uhr von Arthur Dent 2 »

Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Jacob Levy
« Antwort #252 am: 04.09.2016 15:19 Uhr »
Hallo Arthur, schön wieder von dir zu hören!

Leide noch ein wenig am "Hangover" einer gestrigen Hochzeitsfeier daher nur ganz kurz:

Wenn wir nun betrachten, wo diese Arbeitsplätze gewesen sein könnten, finden wir nicht nur die observierte Butcher's Row, sondern auch noch die beiden Harrison, Barber & Co Slaughterhouses: eins in der Winthrop Street, Parallelstraße zum Tatort Buck´s Row, und eins im Barber´s Yard nahe Tatort Hanbury Street (Ecke Brick Lane).

Ich glaube, mit dem Barbers Yard in der Hanbury Street unterlagen wir einem Irrtum. Das gehörte wohl nicht zu diesem Unternehmen, ich fand da auch noch neulich eine Quelle derer Einrichtungen, Hanbury Street fand keine Erwähnung dabei.

Im JTRForum bekam ich folgende Antwort von Gary Barnett:

"Certainly not a knackers' yard and not any kind of slaughter yard, I wouldn't have thought. Cow keepers were living on the corner of Hanbury Street and and Barbers Yard from the 1850s to the 1890s at least, and the Goad map shows the yard occupied by cow sheds.

Of course, there was a cat's meat shop nearby...
"

Irgend jemand hatte das ursprünglich mal im Casebook behauptet und es wurde geglaubt, so Gary.

Das waren ja Pferdeschlächter, wohlmöglich auch Abdecker, so auch in der Winthrop Street.

Mehr ist heute bei mir nicht drin.

Schönen Sonntag noch,

Lestrade.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Arthur Dent 2

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 465
  • Karma: +1/-0
  • "Wherever you go - there you are." Buckaroo Banzai
Re: Jacob Levy
« Antwort #253 am: 04.09.2016 17:07 Uhr »
Hallo Lestrade!

Zitat
Ich glaube, mit dem Barbers Yard in der Hanbury Street unterlagen wir einem Irrtum. Das gehörte wohl nicht zu diesem Unternehmen, ich fand da auch noch neulich eine Quelle derer Einrichtungen, Hanbury Street fand keine Erwähnung dabei.

Bist du sicher?
Das Schlachthaus in der Winthrop Street gab es jedenfalls (da kamen ja Henry Tomkins, James Mumford and Charles Brittain her, als sie vom Mord an Nichols in der Buck's Row erfahren hatten) - und dieses Schlachthaus gehörte Barber.
Ich hatte es irgendwo im Casebook gelesen, dass im Barber's Yard in der Hanbury Street Ecke Brick Lane ein weiteres Schlachthaus von Barber war, und war davon ausgegangen, dass der Hof deshalb Barber's Yard hieß, weil er ebenfalls Barber gehörte...
Und dass es dort Kuhställe gab, spricht ja nicht gegen eine Schlachterei - nur gegen eine Pferde-Schlachterei wie in der Winthrop Street. Im Gegenteil: Mir würde es plausibel erscheinen, wenn im Barber's Yard Kühe geschlachtet worden wären.


MfG, Arthur Dent



Offline Lestrade

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2949
  • Karma: +14/-3
  • Watson, fahr schon mal die Kutsche vor...
Re: Jacob Levy
« Antwort #254 am: 04.09.2016 18:38 Uhr »
Wo kann man sich schon sicher sein, Arthur...

Zu Harrison Barber gehörten wohl folgende Pferdeschlachtereien:

18 Queen Victoria Street, E.C.; 186 York Road, N.; Garrett Lane, Wandsworth, SW.; 19, 21 & 23 Winthrop Street, Whitechapel, E.; Westcott Street & Tabard Street, Borough, SE.; 35 Green Street, Blackfriars, SE. (Simon Wood)... kein Barbers Yard... Barber könnte ja tatsächlich auch auf "Barber", den "Barbier" zurückzuführen sein...

Chris Scott stellte 2004 mal die Frage, ob der Barbers Yard mit dem Unternehmen in der Winthrop Street zu tun haben könnte... vielleicht verselbstständigte sich das ganze danach... ich ging auch davon aus, dass dieser Yard mit Harrison Barber in Verbindung zu sehen war... beim schnellen durchsuchen des Post Office sah ich gerade folgendes: In 1891 war ein David Felix ein Cowkeeper in 37 Hanbury Street und hinter dieser Nummer lagen die Kuhställe des Barbers Yard. In diesem Yard selber, gab es Blackett and Co., Dyers and Cleaners, was aber auch auch Pelz- und Häuteverarbeiter schließen ließe. In 37 gab es aber auch mal einen Baker. Ich kann nichts erkennen, was auf Schlachtereien hindeuten könnte...

Chris Scott hat aber damals eine Karte beigefügt, schau mal hier, letztes Post:

http://www.casebook.org/forum/messages/4921/6117.html

Auch da sieht erst einmal nichts danach aus, dass es eine Schlachterei gab.

Lestrade.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...