Hallo Zilch!
Ah, du hast angefangen zu recherchieren, bevor du Thesen aufstellst.
Sorry für die provokativen Fragen, die bestimmt etwas arrogant rüberkamen. Mit denen wollte ich deinen Ehrgeiz in diese Richtung kitzeln, denn mir scheint, dass du sehr interessiert und engagiert bist.
Im Vergleich zu echten Ripperologen bin ich selber in dem Thema hier ja auch nur interessierter Laie. Aber mit dem Thema beschäftigen sich viele Leute schon seit vielen Jahren, sie haben ziemlich viel an Informationen wieder ausgegraben und aufgearbeitet, und wenn sie Thesen aufstellen, dann haben sie diese vorher mit den bekannten Informationen abgeglichen, um zu überprüfen, ob diese Thesen plausibel und tragfähig sind oder ob sie im Gegenteil wesentlichen unstrittigen Punkten widersprechen. Da ist also schon ein Berg an Vorinformationen da, aus dem man sich bedienen sollte, um sich ein Bild zu verschaffen um eine plausible These zu erstellen.
Sonst ist das für die anderen so, als wolle man mit über die deutsche Wiedervereinigung reden, obwohl man noch nicht weiß, wer Kohl, Honecker, Krenz und Schabowski waren. Naja, ich nehme mal an, Lestrade gehts mit mir manchmal noch ähnlich.
Also noch mal sorry für die provokante Strategie.
Nun zum Thema:
Dass man sich bei den Briefen auf schwammiges Terrain begibt, weißt du jetzt ja.
Meine Position ist jedenfalls die: Solange mir keiner einen Brief zeigt, der echtes Täterwissen oder andere Beweise enthält - also nichts, was jeder aus öffentlich zugänglichen Informationen haben oder nachmachen konnte - laufen die Schreiben bei mir unter Fälschungen von Trittbrettfahrern.
Insbesondere der "Dear Boss"-Brief und die "Saucy Jackie"-Postkarte haben m.E. ein Geschmäckle, weil sie an die Central News Agency geschickt wurden - obwohl damals die wenigsten Leute außerhalb des Journalistenberufs überhaupt wussten, was eine Nachrichtenagentur ist.
Es gab dazu Bemerkungen u.a. von Anderson und Littlechild, die m.E. mit gutem Grund die Sensationsjournalisten selbst beschuldigten, diese Briefe geschrieben zu haben, um damit ihr Business anzufeuern. Betrachtet man sich z.B. den "Dear Boss" Brief, so fällt auf, dass er im Stil eines Profis geschrieben wurde - und damals besuchten die meisten Leute nur eine Grundschule. Auch der Aspekt mit dem eingängigen "Markennamen" deutet darauf hin, dass hier ein Profi über die nächste Schlagzeile nachgedacht hat.
Das alles widerspricht dem Täterprofil von JTR, ebenso wie der Punkt, dass Profiler JTR eben nicht als einen kommunizierenden Serientäter einstufen.
Was zum Beispiel dagegen spricht ist die Tatsache, dass JTR trotz der Veröffentlichung zahlreicher offensichtlicher Fälschungen nie versucht hat, sich in den angeblich "echten" Briefen davon abzugrenzen oder irgendwelche Echtheitsbeweise lieferte (einzige mögliche Ausnahme: das "From Hell" Päckchen mit der Niere, die aber Eddowes nie eindeutig zugeordnet werden konnte). Auch hat er nie an den Tatorten bei den Opfern selber irgendwelche Botschaften hinterlassen, was für einen kommunizierenden Täter die sicherste Methode eines Echtheitsnachweises gewesen wäre.
Daher ist meine Position zu den mehreren hundert Bekennerbriefen, die es gab: Alles Fälschungen bis zum Beweis des Gegenteils.
MfG, Arthur Dent