Autor Thema: Zwangsbehandlung  (Gelesen 28225 mal)

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Andromeda1933

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Zwangsbehandlung
« am: 30.05.2013 11:05 Uhr »
Weil das Thema Psychiatrie doch immer wieder mal angeschnitten wird, ging ich ein wenig auf Suche nach Informationen. Nach der Lektüre des Buches von Sarah Wise (siehe Bücher Besprechungen) interessierte mich vor allem das (traurige) Thema der Zwangsbehandlung psychisch Kranker.  Dabei stieß ich auf ein paar „Behandlungsmaßnahmen“ die früher wohl zum Standard gehörten und die mich fragen lassen, wer denn wirklich eine Behandlung nötig gehabt hätte. Folterstühle zur „Ruhigstellung“ des Patienten, aufgehängte Stühle und Schaukeln zum Drehen und Schleudern des Patienten, um seine Durchblutung zu verändern (oder was immer die sich bei diesem Unsinn dachten), Laufräder wie für Hamster und anderes mehr.
Kein Wunder, dass so wenige Menschen als geheilt entlassen wurden, denn in den alten Kliniken wurde man erst recht wahnsinnig.

Andromeda1933

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #1 am: 30.05.2013 11:06 Uhr »
....

Andromeda1933

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Offline Angel2ooo

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #3 am: 30.05.2013 11:43 Uhr »
Unverständliche Methoden.
Bei einer psychischen Erkrankung muss sich was im Kopf tun. Da bringt es doch nichts die Patienten durch die Gegen zu schleudern, einzusperren oder zu schlagen.
Gab es denn früher noch keine Gesprächstherapien? Das sind doch alles Menschen, die nichts für ihre Erkrankung können, die man doch so nicht behandeln kann.
Angeregt durch deinen Beitrag hab ich mich mal bei Wikipedia versucht schlau zu machen und interessantes gefunden:

"Im 17. und 18. Jahrhundert wurden Spitäler üblich, z. B. in Paris das „Hôpital général“, in England die „Workhouses“, in Deutschland die „Zuchthäuser“. Sie ähnelten eher Gefängnissen als Krankenhäusern. Die Patienten vegetierten dort angekettet zusammen mit Armen, Prostituierten, Landstreichern, Krüppeln und Straftätern (auch Gewaltverbrechern). Ärzte gab es nicht. Die Wärter zwangen die Patienten mit harten Strafen zu jeder ihnen irgendwie möglichen körperlichen Arbeit und ließen sie ansonsten psychisch verwahrlosen. Auch Misshandlungen durch Mitpatienten waren die Regel. An manchen Orten wurden psychisch Kranke einem zahlenden Publikum vorgeführt, z. B. im 1784 gebauten „Narrenturm“ in Wien."

"Die sogenannten Psychiker sahen dagegen Geisteskrankheiten als Erkrankung der körperlosen Seele an, also als Folge von Sünden. Therapiert wurde mit brutalen körperlichen Methoden, deren Zweck war, die Seele zu erschüttern. Übliche Maßnahmen in diesen Anstalten waren die körperliche Behandlung mit Ruten, Stöcken und Peitschen und Foltermethoden wie dem Drehstuhl (auf ihm wurde der Patient so lange gedreht, bis ihm Blut aus Mund und Nase lief oder er das Bewusstsein verlor), Schockkuren (z. B. Schneebad oder Sturzbad, d. h. Eintauchen in eiskaltes Wasser), Erzeugung körperlicher Erschöpfung (Zwangsstehen, Brechmittel, Abführmittel, Hungerkuren), Peitschung mit Nesseln oder die Einreibung der Kopfhaut mit Substanzen wie z. B. Brechweinstein, welche schmerzhafte eitrige Geschwüre hervorriefen. Auch Senfpflaster, Ameisen, Elektrizität und glühende Eisen kamen zum Einsatz."
Wer den ganzen Artikel lesen will: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Psychiatrie

Du hast vollkommen Recht. Da wird man Wahnsinnigiger als man schon ist. Und bringen tut das sicherlich nichts.  :mad:
Da muss man sich doch fragen, was ist besser in einer Anstalt dahin zu verwahrlosen unter Schmerzen und Demütigung oder sich in seinem Wahnsinn irgendwann selber zu töten.
Zum Glück ist man heute viel weiter und weiß, dass sowas total unmenschlich ist.
Dafür wird man heute zugestopft mit Tabletten.
V0n einer Bekannten, die in einer geschlossenen Anstalt war, weiß ich, dass die Leute so zugedröhnt sind, dass sie nicht mehr normal laufen sondern in einem Tempo, welches an Zeitlupe erinnert. Die wissen gar nicht mehr was los ist befinden sich in einem richtigen Delirium. Ich will sowas nicht erleben.
Als ich mal zu Besuch in einer Reha war, liefen auch ein paar Leute mit totaler verwirrung umher.
Durch die Tabletten, sahen diese aus wie Zombies.
Mit sowas sollte man Menschen gar nicht vergleichen könnne....

Liebe Grüße

Stordfield

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #4 am: 30.05.2013 11:56 Uhr »
Hallo Angel!

Glaubst Du nicht, dass die Medikamente einen Sinn haben? Die heutigen Patienten werden völlig grundlos mit Tabletten vollgestopft? Wenn ja, warum wohl? Warum hat noch nie ein Arzt wegen seinem Eid dagegen protestiert und eine andere Behandlung vorgeschlagen bzw. praktiziert?
Mein Neffe ist seit 15 Jahren in der geschlossenen Anstalt und bekommt täglich seine Medizin. Auch er läuft, wie Du es nennst als "Zombie" rum, aber ohne seine Medikamente würde er überhaupt nicht funktionieren. Der junge Mann ist unheilbar krank und dank der Tabletten ist ihm das egal. Ich begrüße diese Behandlung.
Was allerdings auf den von Andromeda geposteten Fotos abgeht, ist schon krass.

Gruß Stordfield (auf Krawall gebürstet)

Offline Angel2ooo

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #5 am: 30.05.2013 12:15 Uhr »
Natürlich haben die ihren Grund!! Zumindest wenn sie denn mal wirken, was man bei keinem Menschen sagen kann.

Es gibt im Moment keine andere Möglichkeit, das ist mir wohl bewusst....zumindest nicht bei den ganz schwierigen Kranken.
Ich glaube oder was heißt glauben, ich hab es bei meinem Opa erlebt, dass es bei der gabe von Tabletten nicht immer nur um das Wohlergehen der Patienten geht.
Psychisch kranke Menschen sind schwierig, das behaupte ich jetzt nicht, das weiß ich. Es ist einfacher, wenn sie ruhig gestellt sind und man sich nicht mit ihnen abgeben muss...

Die meisten dort bekommen doch, die harten Antidepressiva wie z.B. Tavor. Das macht abhängig, das ist doch wie ne Droge auch wenn es hilft. Dafür rennt man dann aber den ganzen Tag besoffen rum und kann sich an nichts mehr erinnern? Das ist auch nicht grade ein tolles Leben, und versuch das mal wieder abzusetzen, dann hast du ansatt psychische Probleme auch noch das Problem von Entzugserscheinungen.
Ich weiß nicht, was dein Neffe hat und es geht mich auch nichts an. Wenn die Tabletten ihm aber helfen sein Leben zu meistern und er ist damit "glücklich" dann begrüße ich diese natürlich auch. Es geht mir nur darum zu erwähnen, dass nicht alles was man dort bekommt unbedingt einen Sinn macht und nur für den Patienten gut ist..

Liebe Grüße

Stordfield

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #6 am: 30.05.2013 12:21 Uhr »
Okay, Angel. so kann ich das akzeptieren.
Ist eben alles eine Frage der Interpretation. Danke für Dein Mitgefühl, es ehrt Dich.

Gruß Stordfield (der wieder beruhigt ist :smoke:)

Andromeda1933

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #7 am: 30.05.2013 13:45 Uhr »
Ich hatte in der Eile heut Morgen ganz vergessen, auch die zusammengeklaubten Artikel zu posten, die sich um dieses Thema drehen. SORRY!

Offline Angel2ooo

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #8 am: 30.05.2013 14:42 Uhr »
Also ich frag mich ja, wie man überhaupt auf die Idee kommt, sowas zu entwickeln?  :unknown:
Da wird man ja richtig bestätigt, dass mit einem was nicht stimmt.
Z.b. wenn jemand Depressiv ist...also wenn man mich dann in so ne Jacke stecken würde oder andere dieser Therapien veranstalten würde, dann würde ich mich noch mehr runtermachen.
Ich würde denken, so weit ist es jetzt schon mit mir gekommen. Das ist sicherlich kein guter Gedanke für Depressive, diese kommen ja oft daher, dass man sowieso kein Selbstbewusstsein hat.
Wie man früher nur auf den Gedanken kam, dass das wirklich hilft?

Hier noch ein interessater Artikel:
http://www.meinungsverbrechen.de/wp-content/uploads/2011/03/Die-Verbrechen-der-Psychiatrie_02_2010.pdf

Der Artikel ist zwar lang aber doch lesenswert, Empfehlen kann ich vorallem Abschnitt 3 und 6. IN Abschnitt 16 werden Fragen beantwortet.
Der Artikel geht auch auf die Psychopharmaka von heute ein, diese werden hier in ein sehr schlechtes Licht gerückt.
Darum möchte ich betonen, dass ich kein Gegner von solchen Tabletten bin. Wenn diese helfen, das Leben ein bisschen zu erleichtern, dann haben sie ihre AUfgabe voll erfüllt.
 

Andromeda1933

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #9 am: 30.05.2013 16:38 Uhr »
Danke Angel! Das muss ich mir in Ruhe durchlesen, klingt aber interessant. Hoffentlich ist der Artikel nicht einseitig geschrieben. Ich denke, Psychopharmaka wird unnötig verteufelt. Fast automatisch denkt bei diesem Wort jeder an die berüchtigten „Plattmacher“. Andererseits kann sie aber auch zeitlich befristet eingesetzt werden und helfen. Auch bei Depressionen im Alter ist sie oft gar nicht so verkehrt, weil bei 80jaehrigen Menschen niemand mehr eine Psychotherapie vornehmen wird. Wichtiger noch als das Medikament ist ein verantwortungsvoller Arzt. Das sollten sie alle sein, natürlich, doch die Realität spricht traurigerweise dagegen.

Um noch mal auf die Bilder zurück zu kommen. Die damaligen Ärzte waren sehr wohl hochgebildete Personen. Ihr Wissen war der Stand der medizinischen Wissenschaft ihrer Zeit, sie waren keine Idioten. Und so frage ich mich, wer konnte wie einem Mediziner erklären, warum es für einen geistig oder psychisch Kranken gesundheitsfördernd oder stabilisierend sei, mit 100 Umdrehungen in der Minute geschleudert zu werden? Dazu muss es doch Erklärungen, wenn nicht gar Beweise gegeben haben, dass es jemanden gut getan hat – was ich auf schärfste bezweifle.

Persönlich regt mich am meisten das ewige „Fixieren“ eines Patienten auf. Ob nun auf diesem Horrorstuhl, ans Bett oder wie auch immer.
Ich verstehe nichts von Medizin, deshalb stelle ich meine Frage hier an Euch. Ist dieses „Fixieren“ nicht auch körperlich schädigend für den Patienten? Ich bilde mir ein, wenn jemand, sei es schubweise oder chronisch, unter stark erhöhtem Bewegungsdrang leidet und er dann seine Gliedmaßen nicht bewegen kann, beschädigt sich da nicht die ganze Motorik und das Nervensystem des Menschen?

Dieser Artikel gibt den aktuellen Stand zur Problematik der Zwangsbehandlung wieder

DIE ZEIT online  24.01.2013
PsychiatrieZwangsbehandlungen als letztes Mittel
Ein neues Gesetz erlaubt, dass psychiatrische Patienten in bestimmten Fällen zwangsbehandelt werden. Kritiker halten diese Praxis für eine Menschenrechtsverletzung.
Vergangene Woche wurde ein neues Gesetz zum Umgang mit Patienten in der Psychiatrie beraten und mit großer Mehrheit verabschiedet: Psychiater in der Klinik dürfen Menschen jetzt zwangsweise mit Medikamenten behandeln, sofern eine Selbst- oder Fremdgefährdung des Patienten nachgewiesen oder diagnostiziert wird, also in Fällen wie Selbstmordabsicht, Selbstverletzung oder Gewalttätigkeit. Betroffen sind oft Depressive, Magersüchtige, Alkoholkranke oder auch alte Menschen.
Auch bisher wurden Einweisungen und Behandlungen etwa mit Neuroleptika, schweren Sedativa oder Elektroschock-Therapien ohne Zustimmung des Betroffenen angeordnet. Neu ist aber erstens, dass Ärzte nun eine Rechtsgrundlage dafür haben. Zweitens muss nun jeder Fall einem Richter vorgelegt werden. Wer für die Kontrolle zuständig ist, wird also festgelegt. Vor dem Gesetz konnte ein vor oder sogar während der Behandlung eingesetzter Betreuer auch allein über die Behandlung entscheiden.
Nach der Wende im Fall Mollath verwies Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zudem darauf, das neue Gesetz sehe Zwang nur "als allerletztes Mittel" vor. Es schreibt vor, dass der "zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme" deutlich höher sein muss als die möglichen Beeinträchtigungen.
Das Kabinett hatte den neuen Gesetzesentwurf erarbeitet, nachdem in zwei Fällen der Bundesgerichtshof im Jahr 2012 die Zwangsbehandlung untersagt hatte. Das Gericht verwies damals darauf, die bisherige Praxis habe seit 1945 keine gesetzliche Grundlage.
Öffentlich diskutiert wurde der neue Gesetzesentwurf kaum. Dabei könnten viele Menschen betroffen sein. Jedes Jahr werden rund 1,2 Millionen Patienten stationär psychiatrisch behandelt, etwa 150.000 davon gegen ihren Willen.
Verbesserung oder Grundrechtseingriff?
Die Justizministerin hält das neue Gesetz für eine "deutliche Verbesserung der Situation". Denn die Rechtsunsicherheit der Ärzte verschwinde, außerdem würden die Anforderungen für eine Zwangsbehandlung klarer definiert. Auch von Ärzte-Vertretern wird das Gesetz  fast ausnahmslos begrüßt. Christa Roth-Sackenheim, Vorsitzende des Berufsverbandes deutscher Psychiater (BVDP), sagt: "Jetzt darf ein Mensch nach der Zwangseinweisung in die Klinik behandelt und nicht nur verwahrt werden, das regelt das neue Gesetz."
Der Abgeordnete Wolfgang Neskovic, bis vor kurzem Linkspartei, jetzt parteilos, spricht dagegen von einem der "schwersten Grundrechtseingriffe". Das Gesetz sollte im Eilverfahren bereits im November verabschiedet werden. Nach Intervention des Bundesbeauftragten zum Schutz Behinderter, Hubert Hüppe (CDU), wurde aber ein neuer Termin festgesetzt.  Experten wurden in der Zwischenzeit angehört und eine längere Plenar-Debatte anberaumt.
Auch der Präsident des Allgemeinen Patienten-Verbandes Christian Zimmermann sieht die Neureglung kritisch und verweist auf die vielen Unrechtsfälle durch Zwangsbehandlungen, die Schlagzeilen gemacht haben. Matthias Seibt, der Vorsitzende des Bundesverbandes der Psychiatrieerfahrenen (BPE), hält das Gesetz schon allein deshalb für falsch, weil UN-Konventionen zu Patientenrechten Zwangsbehandlungen als Menschenrechtsverletzung einstufen.
"Ich empfehle meinen Patienten immer eine Vorsorgevollmacht"
Trotz dieser Einwände sei es in der Praxis problematisch, auf Zwangsbehandlungen zu verzichten, sagt Roth-Sackenheim vom Psychiaterverband: "Leider haben wir weder in der Klinik noch in der Praxis die entsprechenden personellen oder baulichen Mittel, um jegliches psychische Problem etwa mit gewalttätigen Patienten ohne Zwang zu lösen."
Besonders kritisiert wird vom Patientenverband und den Psychiatrieerfahrenen der Umgang mit dem Betreuungsrecht in der Praxis. Nach einer Zwangsuntersuchung und einer Diagnose würden Patienten generell als medizinisch "nicht einwilligungsfähig" klassifiziert, damit werde ihre Entscheidungsgewalt quasi automatisch einem Betreuer überantwortet. Als das Vormundschaftsrecht in ein Betreuungsrecht umgewandelt wurde, war das zwar ein Fortschritt für die Betroffenen, denn sie werden seither nicht mehr entmündigt. Doch anschließend stieg die Zahl der Betreuten sprunghaft an. Denn die Hürden, um als nicht einwilligungsfähig zu gelten, wurden stark herabgesetzt. Betreuer darf außerdem jeder werden, ohne längere Ausbildung oder angemessene Prüfung der Qualifikation. Daran ändert das neue Gesetz nichts.
Auch Roth-Sackenheim hofft, dass zusätzlich zum Gesetz das Betreuungsrecht bald überarbeitet wird. Das Justizministerium hat es bereits angekündigt. Trotzdem sagt sie: "Letztlich wird es keinen hundertprozentigen Schutz geben können. Ich empfehle meinen Patienten eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung." Wenn darin zum Beispiel eine Behandlung mit bestimmten Medikamenten ausgeschlossen wird, soll sich die Klinik an die Patientenverfügung halten. Aber oft sind vereinsamte, an Depression Erkrankte oder Mittellose kaum in der Lage, diese Prozedur zu bewältigen.
Medikamente statt Gesprächstherapie?
Gleichzeitig mit der gesetzlichen Regelung wurde die "pauschalierte Entgeltregelung" (PEPP) eingeführt, das heißt, der Aufenthalt und die Behandlung eines Patienten auf psychiatrischen Stationen wird mit jedem Tag schlechter vergütet. Die Folge könnte sein, dass aus Kostengründen Patienten nicht mehr individuell behandelt werden, zum Beispiel mit Gesprächstherapien, sondern mehr Medikamente gegeben werden, sagt Zimmermann vom Allgemeinen Patienten-Verband.
Das sei eine gefährliche Entwicklung, da die meisten Medikamente in diesem Bereich irreversible und lebensbedrohliche Nebenwirkungen haben und in ihrer Wirkung den Kern der Persönlichkeit berühren, sagt der Chefarzt der Berliner Charité-Psychiatrie Andreas Heinz. "In Kliniken, die unter hohem wirtschaftlichem Druck stehen, ist dies vielleicht möglich", räumt Roth-Sackenheim ein: "Aber dort, wo das ärztliche Gebot des Heilens erste Priorität hat, wird man die Medikation nur einsetzen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt."
Vor allem am Personalmangel hängt noch eine weitere Entwicklung, die Kai Behrens von der Barmer Ersatzkasse kritisiert : "Psycho-Fälle landen immer häufiger im Krankenhaus. Die Frage ist, ob sie immer dort hingehören, und wie wir die teilstationären Betreuungsansätze besser fördern können." Besonders im Bereich der Pflege diskutieren die Fachkräfte eine unnötige Medikamentisierung. Oft würden ältere, demenzkranke oder verwirrte Menschen in die Psychiatrie überwiesen, wenn der Aufwand für die Pflege als zu hoch eingeschätzt wird.
Obwohl Roth-Sackenheim das neue Gesetz befürwortet, kann sie nachvollziehen, dass der Verband der Psychiatrieerfahrenen die Zwangsbehandlungen, wie sie bisher praktiziert werden, ablehnt. Sie sagt: "Es gibt leider Menschen, die durch die psychiatrische Behandlung traumatisiert wurden. Diese Traumatisierungen sind auch deshalb entstanden, weil es in der Psychiatrie noch nicht lange wirksame Behandlungsmethoden gibt. Insofern ist die Debatte derzeit sehr wertvoll und trägt dazu bei, die Verantwortung der gesamten Gesellschaft bewusst zu machen.

Offline Angel2ooo

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #10 am: 30.05.2013 17:22 Uhr »
Ich denke, Psychopharmaka wird unnötig verteufelt. Fast automatisch denkt bei diesem Wort jeder an die berüchtigten „Plattmacher“. Andererseits kann sie aber auch zeitlich befristet eingesetzt werden und helfen. Auch bei Depressionen im Alter ist sie oft gar nicht so verkehrt, weil bei 80jaehrigen Menschen niemand mehr eine Psychotherapie vornehmen wird. Wichtiger noch als das Medikament ist ein verantwortungsvoller Arzt. Das sollten sie alle sein, natürlich, doch die Realität spricht traurigerweise dagegen.

Hm, wie lange ist denn zeitlich befristet bei dir?  :scratch_one-s_head:
Die Wirkung tritt ja erst nach ca. 4 Wochen ein. Dann kommt es drauf an wie du die Medikamente verträgst oder ob du das Gefühl hast, dass sie dir was bringen. Ist das nicht der Fall, dann nimmst du neue und wartest wieder 4 Wochen auf den Einsatz. Leider geht das immer so weiter, bis du das gefunden hast wo du sagst: das ist es! Ich fühl mich besser.
Nehmen wir als Beispiel doch mal jemand der Depressionen hat. Höchstwahrscheinlich brauchst du da etwas, dass deinen Antrieb steigert, dann kommt es noch drauf an wie viel mg du bekommst. Das heißt hier könnte man schon mal auf 2 Tabletten kommen.. Wenn du dann in der Nacht auch noch Schlafprobleme hast, brauchst du hier wieder etwas, dass dich schläfrig macht, also nochmal eine Tablette. Wenn man jetzt mal davon ausgeht man nimmt diese Tabletten 1 Jahr lang, dann kommt da schon einiges an Gift zusammen. Schätze aber so ca. nach 2 Jahre diese Tabletten nehmen beschädigen dann die Leber, wobei es sicher auch auf den Mensch ankommt.
Leider, gibt es aber auch Menschen die müssen diese Tabletten ein Lebenlang nehmen...
MIt der Depression im Alter, da gebe ich dir vollkommen Recht. Hier kann man nur versuchen durch Tabletten ein angenehmes Leben herzustellen. Gesprächstherapie ist ja auch dazu da, dass man an sich arbeitet, ich mit meinen 22 Jahren kann noch was an mir ändern, aber jemand der 80 ist, ich glaube das ist unwahrscheinlich.  :nea:



Um noch mal auf die Bilder zurück zu kommen. Die damaligen Ärzte waren sehr wohl hochgebildete Personen. Ihr Wissen war der Stand der medizinischen Wissenschaft ihrer Zeit, sie waren keine Idioten. Und so frage ich mich, wer konnte wie einem Mediziner erklären, warum es für einen geistig oder psychisch Kranken gesundheitsfördernd oder stabilisierend sei, mit 100 Umdrehungen in der Minute geschleudert zu werden? Dazu muss es doch Erklärungen, wenn nicht gar Beweise gegeben haben, dass es jemanden gut getan hat – was ich auf schärfste bezweifle.

Ich bezweifel das auch. Wenn man die Folgen liest, die sind doch nicht gut für den Körper. Wenn man z.b. sich jedes mal nach dieser Behandlung übergeben muss... Ich bin auch kein Arzt und ich hab auch keine Ahnung, aber ich kann mir schwer vorstellen, dass das nicht den Körper schädigt. Dann wäre der Kopf normal aber du hast nen kaputten Magen. Ich denke schon, dass die irgendwelche Gründe hatten, ich finde keine. Vielleicht hat man durch dieses gedrehe versucht den Menschen den Dämon auszutreiben....



Persönlich regt mich am meisten das ewige „Fixieren“ eines Patienten auf. Ob nun auf diesem Horrorstuhl, ans Bett oder wie auch immer.
Ich verstehe nichts von Medizin, deshalb stelle ich meine Frage hier an Euch. Ist dieses „Fixieren“ nicht auch körperlich schädigend für den Patienten? Ich bilde mir ein, wenn jemand, sei es schubweise oder chronisch, unter stark erhöhtem Bewegungsdrang leidet und er dann seine Gliedmaßen nicht bewegen kann, beschädigt sich da nicht die ganze Motorik und das Nervensystem des Menschen?

Das kann ich dir leider auch nicht beantworten, ich kann nur wie du vermuten.
Ich kann dir die Quelle leider nicht mehr sagen. Ich hab vor langer Zeit mal in einem Bericht gelesen, dass manche ein richtiger Schub überkommt, ich weiß gar nicht wie ich das jetzt beschreiben soll. Man hat wohl das Gefühl, dass man durchdreht z.B Nachts. Ein komisches Gefühl im Kopf. Da hab ich für mich gedacht, überkäme mich dieses Gefühl, ich glaub ich würd versuchen mir ins Gesicht zu fassen. Wenn man aber fixiert ist geht das schlecht, man kann seinem Drang nicht nachkommen, ich glaube das ist ziemlich schrecklich.
Und wenn jemand einen erhöhten Bewegungsdrang hat, halte ich das sogar für gefährlich, wenn man ohne Aufsicht ist und man rüttelt und schüttelt und es tut sich nicht, kann ich mir durchaus vorstellen, dass das Bett kippt oder sonstiges passiert.

Ein neues Gesetz erlaubt, dass psychiatrische Patienten in bestimmten Fällen zwangsbehandelt werden. Kritiker halten diese Praxis für eine Menschenrechtsverletzung.
Vergangene Woche wurde ein neues Gesetz zum Umgang mit Patienten in der Psychiatrie beraten und mit großer Mehrheit verabschiedet: Psychiater in der Klinik dürfen Menschen jetzt zwangsweise mit Medikamenten behandeln, sofern eine Selbst- oder Fremdgefährdung des Patienten nachgewiesen oder diagnostiziert wird, also in Fällen wie Selbstmordabsicht, Selbstverletzung oder Gewalttätigkeit.

Das halt ich jetzt nicht für "extrem schlimm". Manch einer will nicht aktzeptieren oder ist schon so verwirrt, dass er nicht einsieht, dass er hilfe braucht. Aber auch nur dann wenn es keine andere Möglichkeit gibt!

Die Folge könnte sein, dass aus Kostengründen Patienten nicht mehr individuell behandelt werden, zum Beispiel mit Gesprächstherapien, sondern mehr Medikamente gegeben werden, sagt Zimmermann vom Allgemeinen Patienten-Verband.
Das sei eine gefährliche Entwicklung, da die meisten Medikamente in diesem Bereich irreversible und lebensbedrohliche Nebenwirkungen haben und in ihrer Wirkung den Kern der Persönlichkeit berühren, sagt der Chefarzt der Berliner Charité-Psychiatrie Andreas Heinz.

Es gibt doch jetzt schon kaum Gesprächstherapien. Die Praxen sind nicht nur voll, sondern übervoll. Wartezeit muss daher ewig sein.
Auch hier hat meine Bekannte mir erzählt, dass es in der geschlossenen Anstalt nicht anders ist, 1 Gespräch pro Woche finde ich für härte Fälle etwas wenig Zeit...

Liebe Grüße

Offline Angel2ooo

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #11 am: 01.06.2013 18:44 Uhr »
Klingt ja ganz nach Ripper ohne Behandlung:

In vielerlei Hinsicht kann man eine Manie als das „Gegenteil einer Depression“ bezeichnen. Typische Symptome sind beispielsweise:
  • starke Erregung, innere Getriebenheit
  • intensive, aber unbegründete gehobene, heitere Stimmung, teilweise aber auch Gereiztheit bzw. missmutige Umtriebigkeit
  • rastlose Aktivität und Unruhe
  • mangelnde Sensibilität für die Bedürfnisse und Gefühle der unmittelbaren Mitmenschen
  • hemmungsloses und unkritisches Verhalten
  • ins Maßlose gesteigertes Selbstbewusstsein
  • Realitätsverlust
  • **Größenwahn (Megalomanie)
  • Halluzinationen
  • stark vermindertes Schlafbedürfnis
  • manchmal Vernachlässigung von Nahrungsaufnahme und Körperhygiene

**Die betroffene Person hält sich für eine wichtige politische oder religiöse Persönlichkeit, die Reinkarnation großer Persönlichkeiten, für einen Gott, Propheten oder Ähnliches, wie zum Beispiel einen Superhelden. Ähnlich ist z. B. der sogenannte Sendungswahn („ich muss die Menschheit erlösen“).
« Letzte Änderung: 01.06.2013 19:04 Uhr von Angel2ooo »

Stordfield

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #12 am: 01.06.2013 22:58 Uhr »
Klingt ja ganz nach Ripper ohne Behandlung:

Aha. Warum?
[ missmutige Umtriebigkeit [/li][/list]

Was ist das?

Offline Angel2ooo

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #13 am: 01.06.2013 23:06 Uhr »
Hier nur für dich:

Als Umtriebigkeit werden auch krankhafte Verhaltensweisen bezeichnet, die bei psychischen Störungen entstehen können. Die Betroffenen sind ruhelos, geschäftig, ohne eigentliche Handlungslinie, lassen sich treiben und werden von vielfältigen Reizen der Umwelt angeregt. Man spricht auch von dranghaftem Verhalten[2], welches im gerontopsychiatrischen Bereich zu den 20 häufigsten Auffälligkeiten und Störungen des Verhaltens infolge psychischer Erkrankung gezählt wird, dort als psychomotorische Unruhe beschrieben.

P.S. Das ist mit Handy geschrieben, darum auch von Wiki geholt!

Gruß

Stordfield

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Re: Zwangsbehandlung
« Antwort #14 am: 02.06.2013 00:05 Uhr »
Sorry.
« Letzte Änderung: 02.06.2013 00:34 Uhr von Stordfield »