Autor Thema: Aktuelle Theorien der Mitglieder  (Gelesen 40550 mal)

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Saturn

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #30 am: 18.01.2010 16:56 Uhr »
Hallo,

zumal ja Kelly den Schlüssel bei Verlust (ob Barnett ihn jetzt zur Seite geschafft hat oder nicht) bestimmt hätt ersetzen müßen. Da sie für den Vormonat noch nicht mal die Miete zahlen konnte, hätte sie auch erst recht keinen Nachschlüssel finazieren können.
Wenn Barnett die Sache wirklich geschaukelt hat, hat er das gar nicht mal so dumm gemacht... (Ich will hier jetzt nicht explizit auf Joseph Barnett rumhacken, 100% beweißen läßt es sich eh nicht mehr, aber ich finde ihn immer mysteriöser, je mehr ich mich mit dem Fall beschäftige :SM032: )

Grüße
Saturn

JohnEvans

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #31 am: 18.01.2010 19:05 Uhr »
Hallo,
@Aeneas,
@Isdrasil,
@Larkin,

Tatsächlich können wir nur Abberline´s Aussage über diese Tür nachlesen, und die ist, gelinde gesagt, verwirrend. Zum einen sagt er beim Inquest deutlich, daß er darüber „informiert wurde“, ziemlich klar, daß er das Wissen nicht durch Ausprobieren hat. Barnett hatte es ihm gesagt, das aber offensichtlich erst nachdem die Polizei die Tür aufgebrochen hatte. Man fragt sich, warum so spät? War er nicht dabei?

Man fragt sich ebenso, warum Abberline und die Polizei nicht selbst versuchten, durchs Fenster ins Zimmer zu gelangen. Vor allem, weil es doch „so easy“ war.
Oder taten sie es und schafften es nicht? In dem Fall sollte man sich fragen, warum Abberline dennoch Barnett glaubte, daß es leicht war?

Abberline erscheint immer mehr und öfters als gutgläubige Natur, und immer weniger als logischer Denker oder aktiv Handelnder. Und Barnett wirkt in dieser Schlüssel-Episode auch nicht gerade offen und ehrlich.

Soweit ich mich erinnere, haben wir das Thema schon besprochen und auch insoweit gelöst, als daß wir fest stellten, daß sich diese Art Tür von außen öffnen läßt, wenn kein Riegel vor gelegt wurde. Und daß Mary wahrscheinlich, wenn sie ausging, eben keinen Riegel vorlegte, sodaß sie dann beim Nachhausegehen problemlos die Tür öffnen konnte.

Außerdem demonstriet Aeneas Beitrag diese Überlegung ja sehr gut.

McCarthy´s Verhalten könnte heißen, daß er tatsächlich keinen Zweitschlüssel hatte und daß Mary ihm nichts erzählt hatte, um nicht noch mehr Schulden anzuhäufen. Andwrerseits könnte es aber auch heißen, daß er sehr wohl einen Zweitschlüssel besaß und es nur nicht zugeben wollte - auch deshalb nicht, um nicht unter Verdacht zu geraten. Lieber eine kaputte Tür als als Mörder dastehen.

Ich wohnte mal in einem Zimmer, und als ich eines Tages meinen Schlüssel bei einem Freund vergaß, bat ich den Vermieter, der im selben Haus wohnte, mir auf zu sperren. Er meinte, er hätte keinen Zweitschlüssel.
Erstaunlicherweise fand ich eben jenen Vermieter ein paar Tage später mitten in meiner Zimmer stehend, genauer gesagt, im Bad, vor!!! Bevor ich überhaupt etwas sagen konnte, schnauzte er mich an, weil das Waschbecken verstopft sei.
Nach einigen Recherchen war klar, was los war: ich war nur für einen Monat dort, aber meine Freundin, die das Zimmer eigentlich gemietet hatte, und mich nur kurz drin wohnen ließ (mit Einverständnis des Vermieters) war schon seit Monaten verzweifelt, da ihre Telefonrechnung so enorm hoch war! Die Miete selbst war billig (damals 70,- Mark, was an sich schon verdächtig war - denn der ortsübliche Preis betrug so um die 300,-), aber die Tel-Rechnung belief sich zwischen 300 - 500 Mark!! Jeden Monat!!!! Das hörte erst auf, als sie die Wählscheibe mit einem Schloß versperrte.
Meine Freundin hatte natürlich, wie sollte es auch anders sein, den Vermieter in Verdacht, etwas an ihrem Telefon zu manipulieren, zumal er bei der Post arbeitete.
Tja, die Lösung lag aber viel näher: der Typ lockte mit einem günstigem Zimmer Opfer an und schlich sich einfach bei deren Abwesenheit rein und telefonierte, was die Leitungen hielten! Sein Leugnen in Sachen Schlüssel gehörte natürlich dazu.

Also, denken wir einmal drüber nach, warum wohl sich McCarthy seelenruhig die Tür hat einschlagen lassen ... :SM141:

JE

« Letzte Änderung: 18.01.2010 19:25 Uhr von JohnEvans »

Offline Lestrade

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #32 am: 19.01.2010 16:36 Uhr »
Hallo !

Also mich haben die Beiträge der letzten Tage sehr beeindruckt. Ich habe viel Neues erfahren und so manchen "Link" genutzt. So muss ich meine aktuelle Meinung doch sehr in Frage stellen. Dieser Austausch hier hat sich gelohnt. Man liest hier und da und noch woanders nach und sieht die Dinge plötzlich mit ganz anderen Augen. "Tatverdächtige" wie Barnett, Sadler, Hutchinson oder Flemming habe ich bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Ich danke euch dafür. Und richtig, Kelly ist sehr interessant. Offenbar war sie doch sehr beliebt, das habe ich bisher stark unterschätzt. Flemming und Barnett als Ex- Liebhaber und Hutchinson als Verehrer stehen sicherlich für eine Menge anderer Männer. Und wohl für welche, die tatsächlich sehr viel an Gefühlen für Sie übrig hatten. Schon das allein, unterscheidet sie von den anderen Opfern. Dies könnte meine Theorie, dass Sie den Mörder kannte, bestätigen. Ähnlich bei Eddowes.

Gruß, Lestrade. 
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Larkin

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #33 am: 19.01.2010 18:50 Uhr »
Hallo!
@John
ich bin eh der Meinung, dass Abberline viel zu hoch in den Himmel gelobt wird. So gut scheint er nicht gewesen zu sein.

Ich bin der Meinung, dass es verdammt schwer gewesen sein dürfte den Bolzen der Türe zu öffnen, auch wenn sich dieser am äußersten linken Rand befand. Barnett ist der Einzige, der diese Geschichte erzählte und warum? Weil er den Schlüssel mitnahm, nachdem Mary ihn abgeschrieben hatte. Vielleicht als Schikane, vielleicht aber auch weil er den Miller´s Court auch noch immer als sein Zimmer sah, auch wenn Mary ihn rausgeekelt hatte. Barnett hatte den Schlüssel zum Miller´s Court 13.

Deine Idee, warum Mr. Carthy der Polizei nichts über den Zweitschlüssel sagte, finde ich recht gut. Entweder er hatte wirklich nur Angst vor Verdächtigungen, oder unser Mr.McCarthy hat doch ein bisschen mehr mit der Sache zu tun, als er zugeben will. Aber diese Disskusion hatten wir ja schon mal ;)
Ich bin aber fest davon überzeugt, dass Mr McCarthy einen Schlüssel hatte. Er war schließlich der Eigentümer und der Vermieter der Bude!

Wie ist die Geschichte mit eurem Vermieter eigentlich ausgegangen?

@Lestrade

Hutchinson als Verehrer? Ich glaube eher, dass er und Mary sich nur flüchtig kannten und er die Geschichte nach ihrem Mord ein bisschen aufpauschte, um sich interessanter zu machen.
Und Fleming? Warum sollte er denn Mary ermorden? Sie war ihm doch sehr angetan und schien wieder mehr von ihm zu wollen, schon während ihrer Beziehung zu Barnett.
Aber Barnett hatte Gründe Mary zu töten. Und ich hab schon seit langem den Verdacht, dass er dies auch tat.

Liebe Grüße
Larkin ;)



Offline Lestrade

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #34 am: 19.01.2010 19:40 Uhr »
Hallo Larkin !

Nein, diese genannten Personen und "Hinweise" fand ich nur in den "Links" . Spiegelt nicht meine Meinung wieder.

Barnett, das gebe ich unumwunden zu, ist sehr hoch einzuschätzen. Ganz klar...

Hutchinson fand ich aber im Endeffekt interessanter. Immerhin schien er ja manches Wochenende außerhalb Whitechapels zu verbringen. Er meldete sich ja erst nach 3 Tagen bei der Polizei. Vom Täter wissen wir ja, dass er an Wochenenden oder Feiertagen tätig war. Anfang oder Ende eines Monats. Und seine Zeugenaussage war ja sehr detailliert und beschrieben einen Mann, der wohl kaum im solch einen Aufzug um diese Zeit, in einer solchen Straße zu finden gewesen wäre. Ich weiß nicht, es ist schon merkwürdig, wenn jemand zugibt, ein Opfer in der Tatnacht solange beobachtet zu haben. Kann natürlich auch nur sein, weil er dachte als wirklich Unschuldiger von Zeugen gesehen und dann als Verdächtiger angesehen zu werden. Falls er Kelly gestalkt hatte, wäre das auch nicht gerade förderlich gewesen...Weder hatte er gute Gründe, positive oder negative, deshalb auf sich aufmerksam zu machen oder er wollte sich und da könnte ich dir am Ende zustimmen Larkin, interessant machen. Soviel habe ich allerdings nicht über Ihn erfahren. Er soll wohl nur eine Straße weiter gewohnt haben und möglicherweise irgendwie Lesen aber nicht Schreiben haben können. Bin mir jetzt aber nicht sicher. Also eine Schwäche in der Art eines Barnett. Er behauptete ja auch den Mann den er verdächtigte, ein paar Tage später wieder gesehen zu haben. Außerdem wird der Ripper, genauso wie er sein "Revier" draußen kannte auch drinnen haben kenne wollen. Ganz wichtig fü ihn und sein agieren und Hutchinson ist nun einmal ein bekannte Person, die sich sehr für Kelly´s Abläufe interessiert hatte. Aber jetzt auch egal...

Liebe Grüße,

Lestrade.
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Offline panopticon

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #35 am: 19.01.2010 21:41 Uhr »
Hallo!

Ich habe jetzt noch mal vollständigkeitshalber nachgelesen: So wie es aussieht, wurde Barnett, der sich selbst bei der Polizei gemeldet haben dürfte, auf jeden Fall zur Dorset Street gebracht:
Laut dem Star-Bericht vom 10. November 1888, für dessen Recherche der Reporter Barnett im Buller´s Lodging-House (New-Street, gleich bei der Bishopsgate Policestation, wo Eddowes vor ihrer Ermordung ausnüchterte) aufsuchte:

"He himself (Barnett, Anm.) had been taken by the police down to Dorset-street, and had been kept there for two hours and a half. He saw the body by peeping through the window."

Wieder so eine Sache, die, wenn man sie wortwörtlich nimmt, einige Fragen aufwirft (In erster Linie aber über das Vorgehen der Polizei:)
Beim Inquest sagte Barnett, dass er die Leiche identifizierte. Wenn er vor Ort war, wird man ihn wohl kaum später extra noch mal zur Leichenhalle manövriert haben. Aber warum hat er die Leiche gesehen, als er durchs Fenster spähte? Hat man ihn nicht näher herangelassen? Da wundert es mich dann auch nicht, dass er sich anfänglich schwer tat, Kelly zu identifizieren, und dass sich McCarthy, der ja den Raum betrat, sich bei der Identifizierung sehr sicher war. Wenn man diesen Bericht bzw die Aussage aber nicht ganz so genau nimmt, hat Barnett aber vielleicht gemeint, dass er sie erstmals durch´s Fenster sah...
Jedenfalls war er dort, die eigentliche Frage ist aber "wann genau?" (bevor die Tür gewaltsam aufgebrochen wurde, oder erst danach?) Er stand also zumindest vor dem kaputten Fenster. Abberline berichtete beim Inquest ja, dass ihn Barnett über den Türtrick aufklärte, ausserdem darüber, dass es seine Pfeife war, die gefunden wurde und ferner wohl auch, wem die Gingerbeer-Flaschen gehörten. Mir fiele für einen derartigen Austausch zwischen Abberline und Barnett jetzt eigentlich kein besserer Platz ein, als direkt am Ort des Geschehens - und da ist vorstellbar, dass Barnett den Türtrick andeutete oder sogar demonstrierte.

Was mir zu McCarthy und der Tür noch einfiel: Ist es vorstellbar, dass er in erster Linie nur das Schloss mit der Hacke zerstört/entfernt hat? Das zweite Tatortphoto zeigt einen eher dünnen, vertikalen Lichtstrahl im Hintergrund - und wenn der auf irgendeine Art (bei nur leicht geöffneter Tür) durch die Türöffnung in den Raum fällt (was anzunehmen ist, das Bett stand ja auch einigermassen schräg im Raum), sieht es mir eigentlich nicht gerade danach aus, als hätte die Tür wirklich einen so immensen Schaden, wie man nur den Berichten nach vermuten könnte, denn wenn sie wiklich eingeschlagen worden wäre, müsste schon mehr Licht in einer wesentlich abstrakteren Form ins Zimmer fallen....Für einen eher geringen Schaden spräche auch, dass in einigen Zeitungen davon berichtet wurde, dass die Tür im Endeffekt von der Polizei "padlocked", also wohl nur mit einem Vorhängeschloss versehen wurde...

Abschließend noch was zu Abberline und seiner Methodik: Allein, dass er beim Inquest den Türtrick in aller Öffentlichkeit herumposaunte, war nicht sonderlich clever: Da er in keinster Weise beweisen konnte, dass der Täter tatsächlich gemeinsam mit Kelly den Raum betrat, hätte dieser Trick wohl eigentlich zumindest als "eventuelles Täterwissen" eingestuft werden müssen...


best regards,
panopticon
« Letzte Änderung: 19.01.2010 22:02 Uhr von panopticon »

Saturn

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #36 am: 19.01.2010 23:12 Uhr »
Hallo!
 
Laut dem Star-Bericht vom 10. November 1888, für dessen Recherche der Reporter Barnett im Buller´s Lodging-House (New-Street, gleich bei der Bishopsgate Policestation, wo Eddowes vor ihrer Ermordung ausnüchterte) aufsuchte:

best regards,
panopticon


Häh, wie jetzt??? :icon_eek:

(Hallo erst mal)

Das Barnett ja im unmittelbaren Umfeld lebte, wußte ich ja, aber seine Unterkunft nach der Trennung von Kelly war in unmittelbarer nähe der Polizeistation in der Eddows in ihrer Mordnacht entlassen wurde, und Eddows hatte später Verstümmelungen, die zwar nicht so weit fortgeschritten waren wie dann bei Kelly, aber doch unverkennbar Ähnlichkeiten aufwiesen???
Da wäre es doch für Barnett ein leichtes gewesen, sich im richtigen Augenblick an die Fersen von Eddows (die er vielleicht zufällig beim Verlassen der Polizeistation beobachtete) zu hängen und mal wieder, nach einer Pause, ein wenig "Jack the Ripper zu spielen" (aus den von mir schon weiter vorne genannten Gründen.)
Wieso dann Stride zuerst ermordet wurde (wurde sie das eigendlich, soviel ich weis wurde sie nur kurze Zeit vor Eddows GEFUNDEN) weis ich jetzt nicht.

Barnett, immer wieder stößt man auf Joseph Barnett... :icon_confused:

Grüße
Saturn
 

Offline panopticon

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #37 am: 20.01.2010 11:24 Uhr »
Hallo Saturn!

 :icon_lol: Tja, viele merkwürdige Zufälligkeiten überall hier im Fall (aber nicht nur bei Barnett)!

Lass mich das aber wieder ein wenig "zurechtbiegen":
Die Bishopsgate Policestation habe ich deshalb erwähnt, weil sie auch in dem Artikel im Bezug mit der New Street erwähnt wurde, damit die Leser ungefähr einschätzen konnten, wo das „Buller´s“ war und warum die Beschreibung "taken .... down to Dorset Street" verwendet wurde. (Das dort Eddowes vor ihrer Ermordung in Gewahrsam war, erwähnt die Zeitung nicht.)
Zum Zeitpunkt von Eddowes Ermordung lebte Barnett allerdings offiziell noch bei Kelly in der Dorset Street. Zum endgültigen Krach zwischen den beiden kam es ja erst am 30. Oktober. Ich würde das jetzt nicht überbewerten, aber man kann es natürlich schon im Hinterkopf behalten, wohin sich Barnett zurückzog, da ja nicht auszuschließen ist, dass er dort schon einmal die Nacht verbrachte.

Aber (jetzt fühle ich mich irgendwie verpflichtet, auch wiederum was zu Joe´s Entlastung beizutragen): Zwei wichtige Punkte die eben gegen Barnett als Mörder sprechen: bis 0.30 Uhr hat Joe für die Nacht des Mordes an Kelly ein Alibi (er spielte eben bei Buller´s mit einigen Leuten Karten), und danach legte er sich hin. In wie weit das ´zu Bett gehen´ jemand bezeugen konnte, bzw die Polizei dies überprüfte, ist mir jetzt allerdings nicht bekannt. Ein weiterer Punkt gegen die Barnett-Theorie ist der, dass Kelly sich (allerdings wieder nach Barnetts eigenen Angaben) sehr für die Morde in Whitechapel interessierte und ihr Barnett immer aus den Zeitungen darüber vorlesen musste. Wenn man das mit der Möglichkeit, dass Joe auch die Nacht des Double Events in der New Street verbrachte in Verbindung bringt, ist es doch sehr unwahrscheinlich, dass Kelly nicht auffiel, dass Barnett immer dann nicht bei ihr war, als der Mörder zuschlug... Daher ist (Fazit) eben eher anzunehmen, dass Barnett die Nacht des Double Events auch tatsächlich in der Dorset Street bei Kelly verbrachte.

Zu Stride: Als man ihre Leiche fand (1:00), war Eddowes nachweislich noch am Leben – Diese wurde erst um 1:00 Uhr oder erst kurz danach aus der Obhut der Polizei entlassen. Und um zu beweisen, dass man zum Beispiel auch bezüglich Stride viel konstruieren könnte (wie bei Barnett): Stride´s Lebensgefährte Michael Kidney wohnte ja in der Dorset-Street (Nr. 33)...

Grüße,
panopticon

Offline Lestrade

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #38 am: 20.01.2010 12:52 Uhr »
Hallo !

Der Name Barnett oder besser gesagt die Familie John Barnett (sen.) ist sehr interessant.

Außer Joseph Barnett (liiert mit Kelly) der zur Zeit der Morde 30 Jahre alt war, gab es noch die Brüder Denis (39 Jahre, verheiratet), Daniel (37 Jahre) und John (jun./ 28 Jahre) sowie die Tochter Catherine (35 Jahre). Sie trug den Vornamen der Mutter. In 1864 als der Vater starb waren die Jungs 15, 13, 6 und 4 Jahre alt. Das Mädchen 11 Jahre jung. Zur Mutter gab es dann keine Informationen mehr. Fakt scheint, das in 1871, ohne Denis, der damals mit 22 Jahren schon seine eigene Familie hatte, die restlichen Kinder mit Daniel (nunmehr 20 Jahre alt) als Familienoberhaupt zusammen lebten. Catherine heiratete noch im selben Jahr mit 18 Jahren. Also bestand ab da die Familie aus eben Daniel (20 Jahre), Joseph (13 Jahre) und John junior (11 Jahre). Welche Kontakte noch zur Mutter bestanden ist nicht mehr nachvollziehbar. Die Tochter Catherine soll aber hin- und wieder für die Brüder dagewesen sein. Was ich damit sagen will ist, wir haben hier 4 Barnett Männer die es zu beleuchten gilt, nicht nur Joseph. Denis schien wohl in der Lage eine Beziehung führen zu können. Daniel war mit einiger Verantwortung belastet und schien auch ein Ratgeber für Joseph im Falle Kellys gewesen zu sein und demnach ein Art Leader. Joseph ist uns bekannt und verdächtig aber John junior sollte es ebenfalls für uns sein. Er könnte Joseph sehr ähnlich gewesen sein. Sie lagen vom Alter her dicht zusammen. Gehen wir davon aus, dass die Mutter nach dem Tod des Vaters eben als solche versagte, ist John jun. quasi ohne Vater (Joseph dürfte noch Erinnerungen gehabt haben) aufgewachsen und in dem Sinne auch ohne Mutter oder zumindest mit einer Rabenmutter. Vielleicht hatte sie mit Prostitution zu tun.
John wurde von seinen Geschwistern großgezogen und die dürften überfordert gewesen sein. John sollte am meisten an Vernachlässigung gelitten haben, wenn auch unter einem gewissen Schutz. Ein Sprachfehler oder andere Beeinträchtigungen scheinen mir ähnlich, wenn nicht noch wahrscheinlicher als bei Joseph gewesen zu sein. Optisch könnten sich die Brüder sehr ähnlich gesehen haben und aufgrund des Alters, Joseph und John jun. auch da am meisten. Zur Zeit der Morde ist es möglich, dass Daniel und John jun. immer noch zusammenlebten. Ersterer, wie erwähnt mit dem Alter von 37 Jahren und John jun. mit 28 Jahren. Vom vermuteten Alter des Rippers zwischen 25-35 Jahren, ist eben John jun. recht mittig. Ich möchte erwähnen, das berichtet wurde, ob es stimmt oder nicht, dass ein Briefkuvert bei einem der Opfer gefunden wurde. Es sollen noch die Buchstaben M und Sp sowie die Zahl 2 erkennbar gewesen sein. Kelly´s Adresse war ja Miller´Court,Spitalfields, 26 Dorset Street. Ich glaube es nicht, wollte es euch nur mitteilen.
Aufgrund des geringen Altersunterschiedes und Schicksals sowie des Berufes, könnten Joseph und John jun. einen guten Kontakt gehabt haben. Sich vielleicht oft gegenseitig besucht haben. Somit dürfte auch John jun. Kelly, ihr Umfeld und ihr Zimmer gekannt haben.
Es war eine irische Familie. Und wir können im Prinzip davon ausgehen, dass der Hass des Rippers auf Prostituierte in der der Beziehung zu seiner Mutter seine Ursache hatte. Ebenso könnte er sich auf Schwestern beziehen. Die Opfer waren, bis auf Kelly (Schwestertyp), älteren Semesters (Muttertyp). Bekanntermaßen haben Iren oft rote Haare. Die finden wir bei Kelly. Und die finden wir auch bei "Blotchy" seinen Moustache. Möglich, das dieser Besuch des Mannes die Verwandschaft von Barnett war. Spekulativ könnten auch Barnett´s Mutter und Schwester rote Haaren gehabt haben. Interessant ist auch noch die Tatsache, das Eddowes den gleichen Vonamen trug wie Barnett´s Mutter und Schwester, nämlich Catherine. Da der Ripper diese Frau und auch Kelly am übelsten zugerichtet hatte, würde in diesen Vermutungen begründet liegen können. Hier wurde es "persönlicher"... Dies könnten Opfer gewesen sein, die er kannte und umgekehrt.
John arbeitete ebenso wie die Brüder als Fischträger/ Fischverarbeiter und dürfte ebenso gut mit dem Messer umgegangen sein. Wenn er nicht immer eines dabei hatte.
Es wäre interessant zu wissen, wo John jun. zur Zeit der Morde lebte und wie sein Leben nach den Whitechapel Ereignissen aussah.
Wenn wir uns für Joseph Barnett als möglichen Ripper interessieren, sollten wir das gleichermaßen auch für seine Brüder, insbesondere John jun. tun. Letzterer hatte fast das gleiche Alter, Schicksal und Beruf und dürfte alles andere auch mitbringen. Sprich Ortskenntnisse und eine mögliche Ähnlichkeit mit seinem Bruder, (rein vom Habitus), bezüglich auch der Zeugenaussagen.

Viele Grüße, Lestrade.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline panopticon

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #39 am: 20.01.2010 14:07 Uhr »
Hallo Lestrade!

Da hast Du Dir aber Mühe gegeben! :icon_thumb:
Barnett´s Bruder Daniel ist ja bereits in einigen Publikationen als "neuzeitlicher" Verdächtiger zu finden, zumal er mit Kelly ja auch noch am Tag vor ihrer Ermordung Kontakt gehabt zu haben scheint. Über John jun. war mir bisher nicht viel bekannt.
Danke für die Infos!


Gruß,
panopticon

Stordfield

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #40 am: 20.01.2010 15:10 Uhr »
Hallo Lestrade!

Wirklich sehr informativ, Deine Ausführungen. Danke dafür.
Aber natürlich habe ich mal wieder etwas daran herumzunörgeln.  :icon_wink: :icon_aetsch:
Wenn ich Joseph auch noch ein Motiv zubillige (Eifersucht), dann tue ich es bei seinen Brüdern ganz und gar nicht. Es sei denn, sie (oder einer von ihnen) taten es aus reiner Bruderliebe, weil sie ihn nicht leiden sehen konnten. Doch dies ist mir dann doch zu viel Dramatik.

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #41 am: 20.01.2010 15:30 Uhr »
Hi

Wenn ich Joseph auch noch ein Motiv zubillige (Eifersucht), dann tue ich es bei seinen Brüdern ganz und gar nicht. Es sei denn, sie (oder einer von ihnen) taten es aus reiner Bruderliebe, weil sie ihn nicht leiden sehen konnten. Doch dies ist mir dann doch zu viel Dramatik.

Ja, gut, aber eines darf nicht vergessen werden: Auch falls Kelly ihren Mörder kannte, so schließt dies nicht Motive eines Triebtäters (z.B.) aus. Nur weil sie sich eventuell kannten, müssen wir ja kein Motiv annehmen welches auch damit in Zusammenhang steht.  :icon_wink:

Auch wenn Triebtäter äußerst selten Bekannte attackieren und vor diesen eher ihre unschuldige Seite wahren und eine Rolle spielen - man braucht nur einen richtigen Auslöser, eine bestimmte Situation oder Gemütslage und schon passiert es - die Maske bröckelt und der Täter zeigt sein wahres Ich.
Was ich sagen will: Auch bei Barnett und seinen Brüdern sind nach wie vor die "üblichen" Motivationen fernab von Eifersucht, Abschreckung etc. erlaubt und nach wie vor kann man bei beiden Varianten (Kelly kannte den Mörder oder nicht) vermuten, derjenige wäre auch der Ripper oder eben nicht. Eine Bekanntschaft oder gar Verwandtschaft alleine schließt nichts aus. Finde ich.

Grüße, Isdrasil

Stordfield

  • Gast
Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #42 am: 20.01.2010 15:53 Uhr »
Hallo Isdrasil!

Eine Bekanntschaft oder gar Verwandtschaft alleine schließt nichts aus. Finde ich.

Du hast vollkommen Recht.

...dieses verflixte Motiv aber auch. Es schmeißt mir immer wieder alle Theorien über den Haufen.

Gruß Stordfield

Larkin

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #43 am: 20.01.2010 18:20 Uhr »
Hallo,
@ Isdrasil
ich weiß jetzt nicht genau wie das ist - töten Triebtäter wirklich im eigenen Bekanntenkreis? Ich hab das Buch von Harbort gelesen (ich muss dir unbedingt mal meine Fragen an ihn schicken ;)) und hab da irgendwo die Aussagen von Sexualmördern gelesen, die aussagten, dass sie nicht im Stande waren ihre Perversionen auszuleben, wenn sie ihr Opfer kannten oder ihnen das ganze zu persönlich wurde.
@ Stordfield
Zitat
Wenn ich Joseph auch noch ein Motiv zubillige (Eifersucht), dann tue ich es bei seinen Brüdern ganz und gar nicht. Es sei denn, sie (oder einer von ihnen) taten es aus reiner Bruderliebe, weil sie ihn nicht leiden sehen konnten.
Vielleicht hatte Kelly ja was mit John Barnett?

Liebe Grüße
Larkin ;)

Offline Isdrasil

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Re: Aktuelle Theorien der Mitglieder
« Antwort #44 am: 20.01.2010 19:35 Uhr »
Hi

@Larkin
...und hab da irgendwo die Aussagen von Sexualmördern gelesen, die aussagten, dass sie nicht im Stande waren ihre Perversionen auszuleben, wenn sie ihr Opfer kannten oder ihnen das ganze zu persönlich wurde.

Ja, das ist wirklich so. Das sagt jedenfalls die Erfahrung. Aber irgendwie bilde ich mir immer mehr ein, dass es gerade in der Welt der Serienmörder kein "es gibt nicht" gibt. Und möglicherweise wäre diese Persönlichkeit auch ein Grund für Kellys Entmenschlichung? Habe da schon mal in einem anderen Thread daran gedacht, weiß gar nicht mehr, wo das war...diese Entmenschlichung Kellys deutet irgendwie auch auf eine gewisse Intimität hin - sei es, weil der Täter sein Opfer in der persönlichen Umgebung kennenlernte oder ja, sei es weil er Kelly kannte. Und es ist ja tatsächlich so, dass dies auch ein Indiz für Beziehungstaten darstellt. Hm...
Zu klären wäre eigentlich wirklich: Ist es möglich, dass ein Triebtäter eine Bekannte ermordet? Gibt es Umstände, die dies zulassen würden? Aber da fragst Du mich zuviel...ich kann es mir zwar vorstellen (siehe weiter unten), aber wer weiß? Wir können ja Harbort demnächst mal selbst fragen.  :icon_wink:

Welches Buch hast Du eigentlich von Ihm gelesen?

@Stordfield
...dieses verflixte Motiv aber auch. Es schmeißt mir immer wieder alle Theorien über den Haufen.

Da sagst Du was...  :icon_confused:

...und ich muss noch anfügen: Bei Barnett zum Beispiel - im Grunde wird immer das Gleiche angenommen...dass Barnett von Anfang an die Morde beging, weil es ihm irgendwie um Kelly ging. Sei es, um sie von der Prostitution weg zu bekommen oder wie auch immer. Aber vielleicht war Kelly gar nicht der Grund der Morde. Vielleicht war Barnett der klassische Triebtäter, der Prostituierte hasste, sie als leichte Opfer ansah etc. Aus diesem Grund könnte er bei Kelly immer zwischen seiner Liebe und seiner dunklen Seite hin und hergerissen worden sein - hätte die Morde aber auch ohne Kelly begangen. Nach der Trennung dann wurde im Trennungsschmerz aus seiner ehemaligen Geliebten ein Opfer. Er entmenschlichte sie, besuchte sie ein letztes Mal am Tat-Tag als Vorbereitung auf die Tat. Möglicherweise sprach er davon, sie nachts zu besuchen. "Alles wird gut, Mary.". Mary selbst mag sich gefreut haben - doch sein Hass entlud sich in der Nacht gegen sie und liess sowohl seinem Trieb als auch seiner Verletzung freien Lauf.
Primär ging es hier nie um Kelly, auch wenn Kelly am Ende eine Sonderstellung inne gehabt hätte, die durch die persönliche Beziehung zum Täter entstand. Er hätte sie aus einer ganz besonderen Lage heraus getötet und in diesem Fall, in diesem Mix aus seiner Triebhaftigkeit und seinen verletzten Gefühlen könnte ich mir bei gewissen Umständen eine Tat auch im Bekanntenkreis vorstellen (aber Vorstellung und Realität liegen ja oft auseinander).

In diesem Szenario gibt es nur ein großes Manko: Weshalb hätte er dann aufhören sollen?

Aber ich möchte mit diesem Gedanken auch etwas ganz anderes aussagen: Das scheinbar offensichtliche Motiv muss nicht immer dem Tatsächlichen entsprechen und ein und dasselbe Motiv kann die verschiedensten Facetten beinhalten.

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 20.01.2010 20:55 Uhr von Isdrasil »