Autor Thema: Charles Cross  (Gelesen 56302 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Lestrat

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #15 am: 30.05.2009 19:37 Uhr »
Hallo Leute,

also ehrlich, Cross als Mörder kann ich mir auch nicht so recht vorstellen. Obwohl John sehr gut argumentiert  :icon_thumb:.

Ich kann mir auch nicht vorstellen das er so blöd gewesen wäre (falls er der Ripper war) kurz vor Arbeitsbeginn zu zuschlagen. Ganz ohne Blut oder sonstige Verschmutzungen kann er die Morde kaum begangen haben und dann wäre die grosse Gefahr gewesen das seine Arbeitskollegen oder Vorgesetzten etwas bemerkt hätten.
Ebenso hätte er die Mordwaffe und seine "Trophäen" mit an seinen Arbeitsplatz nehmen müssen!

Außerdem: Warum sollte Cross nur an Wochenenden morden? Da er im East End wohnte und wahrscheinlich jeden Morgen um diese Uhrzeit unterwegs war, hätte er auch an normalen Werktagen seinem "Hobby" nachgehen können.

Trotzdem ein interresantes Diskussions-Thema auch und vor allem dank Johns hartnäckigem Zuspruch :icon_exclaim:


Gruß

Lestrat


JohnEvans

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #16 am: 31.05.2009 10:55 Uhr »
@Tresschen,

Zitat
ich finde, wenn man Cross verdächtigt, muss man Paul auch verdächtigen.
Soweit ich mich erinnere, habe ich diesen Gedanken bereits zweimal selbst erwähnt. Und ebenso auf den Unterschied zwischen beiden hingewiesen: es war eben Cross, der neben der Leiche von Paul gesehen wurde und nicht umgekehrt. Natürlich könnte auch Paul nur so getan haben, als wäre er eben erst jetzt angekommen, allerdings hätte dafür für ihn weniger die Notwendigkeit bestanden, als für Cross, der ja direkt neben der Leiche stehend erwischt wurde.

Zitat
Und ich habe jetzt mal geschaut bei Google Maps, da zeigt es mir zehn Minuten Fußweg an
Das war auch mein erster Ansatz, weshalb ich in meiner ersten Überlegung ebenfalls auf 10 Minuten kam, meine Meinung bezüglich der benötigten Zeit allerdings nach der Lektüre des Graham´schen Artikels änderte.

Frage: hast du / habt ihr den Artikel im Casebook gelesen?

Zitat
Das sind nur fünf Minuten für den Mord
Nicht, wenn der Weg kürzer ist. Und natürlich erst recht nicht, wenn Cross, was sein angeblich verspätetes Weggehen betrifft, gelogen hätte, womit wir ja bei beinahe 20 Minuten wären.

Und besonders nicht, wenn man deinen Gedanken,
Zitat
Die Uhr braucht ja nur fünf Minuten vor oder nach gegangen sein bei einem von ihnen und es ergibt sich ein ganz anderes Bild
, zum Nachteile Cross´ anwendet, nicht wahr?

Zitat
Mich wundert es da eher, dass Paul, obwohl keiner von ihnen das Blut am Hals sah, so nervös war.
Ich kann nur noch mal empfehlen: Artikel lesen, Paul gibt eine plasusible Erklärung dafür an. Gerade weil wir uns eben in einem bestimmten Teil vom East End befinden, war Vorsicht geboten.

Zitat
Zudem wenn er der Ripper war, wieso sollte er sich bei der Polizei melden
Nun, genau das tat er ja auch nicht. – er alleine machte sich nicht auf die suche nach einem PC, obwohl er Zeit gehabt hätte.
Erst Paul und Cross gemeinsam (und wir wissen nicht, wer von beiden das wollte, oder ob einer den anderen überreden mußte oder Cross wirklich „freiwillig“ statt notgedrungen mitging) suchten einen Constable und zum zweiten gingen beide nicht vor ihrer Arbeit, in ihrer zu diesem Zeitpunkt getragenen Kleidung, mit zur Polizeistation. Beide durften erstaunlicherweise ihren Weg in die Arbeit fort setzen. Ohne nach Waffen oder Blutspuren durchsucht worden zu sein.
Auch das und meine Verwunderung darüber, habe ich bereits erwähnt. Und wenn das bedeutet, daß sowohl PC Mizen als auch PC Neil wenn nicht schon dumm, so doch sehr fahrläßig gehandelt haben, dann war es eben so.
Der Glaube, daß die „Polizei nicht so dumm war“ geht leider haarscharf an den bekannten Tatsachen vorbei.

Mittlerweile wissen wir außerdem, daß es sehr wohl vorgekommt, daß sich Täter sogar freiwillig und absichtlich in Ermitllungen einmischen, obwohl ich das hier noch nicht einmal so sehe. Sollte Cross unser Mann gewesen sein, so lese ich aus seinem Verhalten nicht das Bedürfnis, sich ein zu mischen, sondern den – gelungenen – Versuch, von sich ab zu lenken, denn offenbar war es für eine Flucht zu spät.

Was mir selbst erstaunlich vorkommt, wäre ein Mord vor der Arbeit, allerdings besitze ich ja auch keine Mördermentalität. Vielleicht entsprang dieser Mord einem plötzlichem Impuls? Einiges an ihm sieht ohnedies danach aus, als wäre der Mord an Nichols der Initialmord in dieser Serie.
Vielleicht wußte Cross einen Brunnen, an dem er sich waschen konnte? Vielleicht hätte er sich einfach krank gemeldet? Vielleicht war es ihm egal?

Zitat
Desweiteren wissen wir nichts über Cross' Alter
Genau genommen, wissen wir des Täters Alter überhaupt nicht, solange nicht wirklich 100% gesichert ist, welche der zahlreichen Sichtungen tatsächlich den Ripper zum Gegenstand hatte.

Zitat
Wenn er schon zwanzig Jahre als Carman gearbeitet hat
konnte er dennoch jünger als 40 Jahre sein., da ein Arbeitsbeginn im jugendlichen Alter damals üblich war.
(nochmaliger Hinweis: Casebook Artikel lesen)

Zitat
Es liegt vielleicht daran, dass ich etwas anders herangehe an diese Morde, weniger nach dem "Wer könnte Gelegenheit gehabt haben", sondern mehr nach dem "Was sagen uns die Morde über den Mörder" frage.
Jede Herangehensweise ist wichtig, aber was nützt mir die schönste Idee über das, was die Morde aussagen, wenn ich des Täters Anwesenheit am Tatort nicht nachweisen kann ??? Gute, klassische Polizeiarbeit fragt deshalb immer erst mal nach den „Ws“ - dem WER(=Opfer)? dem WAS? dem WANN? dem WO? und dem WIE? und hofft, dadurch auf das WER (= Täter)? und dem WARUM? zu kommen.

Zitat
Mir sagen sie, dass es jemand gewesen sein musste, der wusste, wo sich was im menschlichen Körper befand
Das ist ebenfalls meine Meinung, aber die Tatsache, daß wir nicht viel über Cross wissen, schließt ihn aus dieser Gruppe nicht aus. Ganz abgesehen davon könnenn wir – mit Ausnahme bei Gull - bei keinem der Verdächtigen davon ausgehen, daß sie anatomisches Wissen gehabt hätten. Und Zweifel oder Vorschuß-Bonus, die für andere Verdächtige gelten, sollten auch für Cross gelten. Wenn alleine aufgrund dieses unseres Nichtwissen-Könnens Cross nicht verdächtigt werden dürfte, so dürfte eigentlich gar keiner der üblichen Verdächtigen als solcher betrachtet werden.

Zitat
Natürlich kann es Cross gewesen sein,
Ah! Endlich! Ein feiner Satz! Mehr will ich gar nicht erreichen, als Cross als möglichen Verdächtigen zu berücksichtigen.

Zitat
nur mir fehlt ..... so ein kleiner Hinweis, dass es für ihn irgendeinen Grund, irgendeinen Antrieb gegeben hat.
Tja, diese Hinweise fehlen in den meisten Fällen. Wie schon oft bemerkt, läßt sich das Motiv so ohne geschnappten und vor allem geständigen Täter sicherlich nie nimmer nie nicht klären. :icon_rolleyes:

Zitat
Er fiel durch nichts auf, woher kam seine Gewalttätigkeit dann?
Ob er auffiel oder nicht, läßt sich bei unserem Wissenstand nicht sagen, die Aussage „Er fiel durch nichts auf“ ist demnach nicht bewiesen. Außerdem ist diese Eigenschaft nicht unabdingbar Voraussetzung, um zum Killer zu werden., weshalb auch der Ripper vor seiner Mordserie weder gewalttätig geworden sein oder durch Gewalttätigkeiten aufgefallen sein muß, egal, ob einige andere Serienkiller diesbezüglich auffällig geworden sind.

Nicht jeder Killer kündigt sich durch vorangehende Gewalttaten an und nicht jeder Gewalttäige wird zum Serienkiller.

Dieses Argument ist daher noch nicht einmal ein Indiz, sondern reine Spekulation.


@Isdrasil,

Zitat
Alles nur als Tarnung und um keinen Verdacht aufkommen zu lassen? Nein, dass passt in meinen Augen nicht.
Ja, aber Hallo! Diese Aussage ist eines Harbort-Schülers unwürdig! :icon_mrgreen:
Cross wäre nicht der erste gewesen, der versucht hätte, seine Anwesenheit am Tatort zu tarnen.


JE

JohnEvans

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #17 am: 31.05.2009 11:17 Uhr »
Hi, Lestrat,

Ich kann mir auch nicht vorstellen das er so blöd gewesen wäre (falls er der Ripper war) kurz vor Arbeitsbeginn zu zuschlagen.
Was die Intelligenz dieser seiner Handlung anbelangt, hege auch ich so meine Zweifel, aber da wir weder des Rippers Motiv noch seine psychische Verfassung oder Mentalität kennen, laße ich meine mangelnde Vorstellungskraft nicht als einschränkendes Kriterium für die Erklärung von Handlungen eines mir wildfremden Menschens gelten.

ganz ohne Blut oder sonstige Verschmutzungen kann er die Morde kaum begangen haben und dann wäre die grosse Gefahr gewesen das seine Arbeitskollegen oder Vorgesetzten etwas bemerkt hätten.
Durchaus, aber wie bereits formuliert: wir wissen nicht, was er wusste, dachte, fühlte, hoffte.

Ich weiß leider nicht, was für Waren Cross in seiner Tätigkeit als Fahrer aus zu liefern hatte. Vielleicht waren sie von einer Beschaffenheit, die Schmutz- oder Blutflecke an seiner Kleidung nicht bemerkbar gemacht hätten. Und vor allem seine Anwesenheit am Tatort löste dieses Problem für diesmal, andere Male hätte er behaupten können, sich geschnitten zu haben.
Absolut niemand hätte ihm damals etwas anderes beweisen können.

Ebenso hätte er die Mordwaffe und seine "Trophäen" mit an seinen Arbeitsplatz nehmen müssen!
Messer zu besitzen, schien keine Ausnahme gewesen zu sein und die Trophäen hätte er verstecken können, sie waren ja nicht groß.

Außerdem: Warum sollte Cross nur an Wochenenden morden?
Gute Frage. Vielleicht eine Frage der Zeit? Vielleicht weil sein eigentlicher „Kick“ erst später, zu Hause oder in einem Versteck darin bestand, sich an den Trophäen zu ergötzen? Dazu brauchte er Zeit, die er am ehesten am WE hatte.

Außerdem: so ohne tatsächliche Kenntnis um sein Motiv, gibt es andere Möglichkeiten. Entgegen sonstiger Gewohnheit, erlaube ich mir mal eine Spekulation: Cross „besorgt“ Organe für jemand anderen? Sagen wir mal, nur einfach so: für einen exentrischen, amerikanischen Sammler, der sich die Hände nicht selbst schmutzig machen möchte? :SM141:
Und jener „Kunde“ möchte frische Ware, hat aber nur am WE Zeit, um sich mit seinem „Lieferanten“ treffen zu können?

JE


Tresschen

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #18 am: 31.05.2009 14:56 Uhr »
Zitat
ich finde, wenn man Cross verdächtigt, muss man Paul auch verdächtigen.
Soweit ich mich erinnere, habe ich diesen Gedanken bereits zweimal selbst erwähnt. Und ebenso auf den Unterschied zwischen beiden hingewiesen: es war eben Cross, der neben der Leiche von Paul gesehen wurde und nicht umgekehrt. Natürlich könnte auch Paul nur so getan haben, als wäre er eben erst jetzt angekommen, allerdings hätte dafür für ihn weniger die Notwendigkeit bestanden, als für Cross, der ja direkt neben der Leiche stehend erwischt wurde.
Interessanterweise scheint nach meinem Wissen Paul gesagt zu haben, dass er Cross in der Straßenmitte sah, nicht direkt neben der Leiche. Und dass es erst Cross war, der ihn auf die Leiche aufmerksam gemacht hat, wieso sollte Cross das als Mörder tun? Und diese Aussage Pauls steht in Sourcebook und bei Casebook. Die Aussage, dass Cross neben der Leiche direkt kniete oder stand, stand allein in der Zeitung und wie nahe Cross da bei der Leiche stand, wird auch nicht genau ersichtlich. Wieso überhaupt warten, während er jemanden näherkommen hört, denn Cross sagt ja, er habe Pauls Schritte gehört? Wäre Cross der Mörder, wäre er dann nicht schnell weggegangen, grußlos und ohne den anderen auf die Leiche aufmerksam zu machen?
Aber nein, er ruft Paul herbei und weist ihn auf die Frau hin. Wieso tut er das? Für mich scheint es da vielmehr die Erklärung zu geben, dass er sie wirklich erst gefunden hat, unsicher vielleicht, ob er hingehen soll oder nicht und als nun jemand näherkommt und er hört, dass es nur einer ist, sieht er das als passende Gelegenheit die Frau zu zweit zu untersuchen, was sie dann ja auch tun. Zu zweit ist man sicherer.
Und dass Cross nicht gleich weiterlief, mag zwar ungewöhnlich erscheinen, aber nicht jeder ergreift bei sowas sofort die Flucht. Es kann ja auch sein, dass der Fluchtreflex durch einen Wunsch nachzuschauen, was mit der Person ist, gehemmt wird. Wenn ich mir vorstelle, ich würde die Leiche entdecken, ich wäre auch einen Moment unschlüssig, ob ich schnell weglaufen und nachschauen soll, was die Person hat.
Und würde bei einem Mörder nicht auch erstmal der Fluchtreflex überwiegen, wenn er ertappt wird. Man muss zudem bedenken, dass es noch sein erster Mord wahrscheinlich war. Man tötet gerade eine Frau und dann kommt plötzlich wer. Da wäre es doch normal sich gaanz schnell zu entfernen ohne Gespräch. Im Dunkeln hätte Paul Cross eh nicht genau erkennen können. Lieber eine Zeugenaussage über einen fliehenden Mann, der einem vielleicht in der Größe gleicht als zum nächsten Polizisten laufen und seinen Namen dort angeben.

Zitat
Frage: hast du / habt ihr den Artikel im Casebook gelesen?
Ja, habe ich, aber da der Schreiber mir keinen klaren Grund gibt, wieso der Weg nur sechs Minuten dauert, außer dass es damals schneller ging, weil es da wohl nicht soviel anderen Verkehr gab, steht da nichts drin, was mich hinreichend überzeugen würde, dass es tatsächlich 6 Minuten sind. Wenn ich das nächste Mal in London bin, werde ich den Weg ablaufen, falls ich dann auch nur sechs Minuten brauche, akzeptiere ich das, vorher nicht, da es für mich ein nicht ausreichend belegtes Statement ist.

Dass die Polizei beide nicht untersucht hat, war schon dumm, aber erstens zu dem Zeitpunkt gab es noch keinen Mord. Sie wiesen den Constable nur darauf hin, dass da eine Frau lag, eventuell tot. Wieso sollte der Constable zwei Männer, die es offensichtlich eilig hatten und kooperierten, verdächtigen und verhören? Es war vielleicht dumm, dies nicht zu tun, aber verständlich, gerade zu einer Zeit, wo man wegen sowas vielleicht nicht einfach zu spät zur Arbeit kommen konnte. Beide Männer wussten, dass sie ihren Job verlieren konnten, wenn sie nicht zur Arbeit gingen und der Polizist wusste es auch. Bisher war auch noch keine Hysterie aus gebrochen wegen dem Ripper, war ja sein erster "offizieller" Mord und so verhielt sich die Polizei da nicht sehr schlau. Dennoch denke ich, dass sie im Nachhinein Cross und Paul noch einmal genauer befragt haben. Und dabei wären ihnen eventuelle Unstimmigkeiten vielleicht auch in den Blick gekommen. Und ganz ehrlich, dieser Hinweis mit den 6 Minuten Fußweg, wenn es so gewesen wäre, hätten die da nicht mehrfach nachgefragt. Ich würde schon denken, nur leider haben wir da nicht die Akten und wissen nicht, wie genau Paul und Cross nachher überprüft wurden.
Zitat
Vielleicht hätte er sich einfach krank gemeldet?
Damals war das nicht so wie heute, dass man einfach mal nicht kommen konnte. In diesen Zeiten konnte man durch eine Krankheit noch seine Arbeit verlieren. Zudem wenn dem so war, wäre ja mit dem Treffen mit Paul und dem Polizisten sein ganzer Plan kaputt gewesen, denn nun musste er ja wohl oder übel den Weg zur Arbeit fortsetzen oder mit zur Polizeistation kommen.

Zitat
Zitat
Desweiteren wissen wir nichts über Cross' Alter
Genau genommen, wissen wir des Täters Alter überhaupt nicht, solange nicht wirklich 100% gesichert ist, welche der zahlreichen Sichtungen tatsächlich den Ripper zum Gegenstand hatte.

Zitat
Wenn er schon zwanzig Jahre als Carman gearbeitet hat
konnte er dennoch jünger als 40 Jahre sein., da ein Arbeitsbeginn im jugendlichen Alter damals üblich war.
Natürlich, aber alle möglichen Sichtungen des Rippers sprechen von einem Mann im mittleren Alter und ich denke, sicherlich eine davon wird stimmen. Und klar, er könnte unter 40 sein, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er älter war, ist eben auch gegeben und scheint mir persönlich etwas höher zu sein, da es nicht unbedingt so war, dass man immer gleich beim ersten oder zweiten Arbeitsgeber verblieb. Und wenn es der Mann ist, den du meinst, scheint er wohl zur Zeit der Morde etwa 40 Jahre gewesen sein. Auch scheint sein Stiefvater Polizist gewesen zu sein, wenn man der Recherche im Message Board glauben kann und er starb wohl mehr als 30 Jahre nach den Morden erst. Da wäre dann wieder die Frage, wieso er nicht weitergemordet hat, die ich mir immer bei einem Verdächtigen stelle, der nach den Morden nicht mehr auffällig wird.

Zitat
Ob er auffiel oder nicht, läßt sich bei unserem Wissenstand nicht sagen, die Aussage „Er fiel durch nichts auf“ ist demnach nicht bewiesen. Außerdem ist diese Eigenschaft nicht unabdingbar Voraussetzung, um zum Killer zu werden., weshalb auch der Ripper vor seiner Mordserie weder gewalttätig geworden sein oder durch Gewalttätigkeiten aufgefallen sein muß, egal, ob einige andere Serienkiller diesbezüglich auffällig geworden sind.
Ich denke, wenn er aufgefallen wäre, wäre das vielleicht irgendwie durchgesickert. Dass aber nichts in der Art in Zeitungen stand, er nicht dazu befragt wurde, lässt darauf schließen, dass er ein unauffälliger Bürger war, was ihn grundsätzlich nicht ausschließt, auch wenn viele Serienkiller eben schon durch andere Straftaten auffallen.
Und noch was:
Zitat
Messer zu besitzen, schien keine Ausnahme gewesen zu sein und die Trophäen hätte er verstecken können, sie waren ja nicht groß.
Hast du schon mal eine Niere mit dir rumgeschleppt in der Tasche, die ist blutig und klebrig und zwar klein, aber da wäre sicher Blut durchgesickert, sodass man es vielleicht gesehen hätte, was ein großes Risiko gewesen wäre. Und tja, zu stinken fängt sowas auch irgendwann an und zwar schon relativ bald, wenn man es so offen mit sich rumträgt. Probier doch mal aus ein Stück Hackfleisch in deine Jackentasche zu stecken und es den Tag mit dir rumzuschleppen und wenn das niemandem auffällt, dann lasse ich mich überreden, dass auch so eine Niere oder ein Uterus nicht allzusehr stinkt.

Offline Isdrasil

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2037
  • Karma: +2/-0
Re: Charles Cross
« Antwort #19 am: 01.06.2009 10:32 Uhr »
Hi

Ich zitiere nunmal so, da mich das Rauslöschen von diesen ellenlangen Posts nervt  :icon_aetsch:

Ja, aber Hallo! Diese Aussage ist eines Harbort-Schülers unwürdig!
Cross wäre nicht der erste gewesen, der versucht hätte, seine Anwesenheit am Tatort zu tarnen.


Scherzkeks  :icon_wink:
Es geht doch auch darum, dass Cross direkt neben der Leiche stand, als Paul ihn sah. Soweit sind wir uns ja einig.
Und diese Situation ist genau das Komische, das nicht so Recht in das Bild passt - weder schien Paul bemerkt zu haben, dass Cross noch schnell die Tatwaffe versteckte, noch schien Paul den von Dir angesprochenen Angstinstinkt zu zeigen. Denn: Deine (wirklich) tolle Ausführung über die Instinkte bei Gefahren in allen Ehren - genau diese Mechanismen hätten gegriffen, wenn Cross der Täter gewesen wäre! Denn einer, der den Mörder gerade "in flagranti" erwischt, stellt eine weitaus höhere Gefahr dar als eine Frau, die auf der Straße liegt. Insofern ist deine Argumentation der Angstreaktion wesentlich besser dafür geeignet, gegen Cross als Täter zu argumentieren. Gerade, wenn er der Täter gewesen wäre, hätte er wahrscheinlicher Angst gezeigt! Das tat der aber nicht! Cross blieb klar im Kopf, seine Aussage ist schlüssig, auch wenn der Zeitaspekt etwas verzwickt ist. Aber wie ich schon sagte: Hier wird davon ausgegangen, dass Cross den direkten Weg schnell zur Arbeit ging. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass man beim Laufen auf die Arbeit auch gerne mal etwas eher losgeht und sich Zeit lässt.

Hätte Cross Nicholls ermordet, so wäre er nach der Durchführung des Mordes wahrscheinlich direkt weiter des Weges gegangen und hätte im Weggehen die Tatwaffe verschwinden lassen. Cross stand unter Zeitdruck, da er noch zur Arbeit musste. Ungeachtet der Möglichkeit, dass die Blutflecken an Kragen oder so (wenn vorhanden) nicht aufgefallen/beachtet wären: Diese Tatsache hätte dem Täter noch mehr psychischen Stress verursacht, um ihn schnell vom Tatort fliehen lassen zu wollen. Noch dazu kommt: Der Mord war wohl nicht geplant, denn bei einem geplanten Mord wäre Cross noch eher auf den Weg gegangen und hätte den Mord selbst nicht auf seinem direktem Arbeitsweg begangen. Wieder ein Punkt dafür, dass Cross ziemlich aufgeregt gewesen wäre und schnell das Weite gesucht hätte...

Aber all das soll nicht geschehen sein? Cross soll sich nach dem Mord noch neben die Leiche gestellt haben? Dann wie selbstverständlich auf Paul zugegangen sein (auch Paul hätte eventuell vorhandenes Blut bemerken können), mit ihm einen Polizisten aufgesucht haben?
Ich weiß, auf was Du hinauswillst - aber diese vertuschenden Täter hatten für gewöhnlich eine gewisse Vorlaufzeit, die Tatumstände waren anders gelegen (dieses Verhalten erinnert mich mehr an Indoor-Morde, bei denen die simple Beschaffenheit des Tatorts solch ein Verhalten fordert) und meist handelt es sich hierbei um bereits routinierte Täter.

Grüße, Isdrasil

Tresschen

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #20 am: 01.06.2009 12:31 Uhr »
Aber all das soll nicht geschehen sein? Cross soll sich nach dem Mord noch neben die Leiche gestellt haben? Dann wie selbstverständlich auf Paul zugegangen sein (auch Paul hätte eventuell vorhandenes Blut bemerken können), mit ihm einen Polizisten aufgesucht haben?
Ich weiß, auf was Du hinauswillst - aber diese vertuschenden Täter hatten für gewöhnlich eine gewisse Vorlaufzeit, die Tatumstände waren anders gelegen (dieses Verhalten erinnert mich mehr an Indoor-Morde, bei denen die simple Beschaffenheit des Tatorts solch ein Verhalten fordert) und meist handelt es sich hierbei um bereits routinierte Täter.
Genau das scheint mir auch wichtig. Wir haben es hier, wenn wir von Nichols als erstem Opfer ausgehen, mit einem Täter zu tun, der noch unroutiniert ist und vermutlich nicht so berechnend gehandelt hätte. Wenn Cross der Täter war, hätte er sich schnell aus dem Weg gemacht. Und bis Paul registriert hätte, dass hier ein Mord passiert ist, wäre Cross schon weg gewesen. Wenn diese Situation bei einem der späteren Morde aufgetaucht wäre, würde ich das auch untersuchen, aber dies war der wohl erste Mord des Rippers und schon eine Woche später mordet er wieder, nachdem er hier fast entdeckt worden wäre. Das wäre eher unwahrscheinlich. Zumindest hätte bei solch einer Konstellation wohl mehr Zeit zwischen diesem und dem nächsten Mord gelegen.
Übrigens dass Blutspuren einfach vom Untersuchen der Leiche hätten kommen können, ich denke, man kannte damals schon den Unterschied zwischen Blutspritzern, wie sie direkt beim Morden auftauchen und andere Blutflecken durch Berühren der Leiche. Die sehen nämlich ganz anders aus.

JohnEvans

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #21 am: 01.06.2009 15:02 Uhr »
@Tresschen,

… Cross war, der ihn auf die Leiche aufmerksam gemacht hat, wieso sollte Cross das als Mörder tun?
Aus dem selben Grund, warum sich Mörder - auch mit ihren echten, eigenen Namen - in Ermittlungen einmischen. Sie haben eben ihre Gründe. WARUM wissen alleine sie, sollte uns aber in unseren Überlegungen nicht hindern, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.

Wäre Cross der Mörder, wäre er dann nicht schnell weggegangen, grußlos und ohne den anderen auf die Leiche aufmerksam zu machen?
Ditto – und bereits erwähnt, aber gerne wiederholt: das war die klassische Instinkt-Variante „Flucht nach vorne“.

Zu zweit ist man sicherer
Wirklich? Wie sicher würdest du dich neben einer Leiche und einem Fremden, der aus dem Dunkeln auftaucht, fühlen?
Und wie wäre es mit dieser Interpretation: Cross hat Paul so besser unter Kontrolle? Kann ihn genau beobachten, wie er reagiert und im Falle eines Falles zuschlagen.
Noch ´ne Möglichkeit: vielleicht gefiel es ihm, die Schock-Wirkung seiner Tat live zu testen?

Es kann gar nicht oft genug wiederholt werden: wir wissen nicht, was in des Täter´s Kopf vorging. Wir können jeglich versuchen, Fakten zu sammeln, zu interpretieren, mit ähnlichen Verhalten ähnlicher Täter zu vergleichen und nachzudenken bzw zu überprüfen, ob gewisse Szenarien möglich bzw sogar wahrscheinlich gewesen wären.

Dennoch denke ich, dass sie im Nachhinein Cross und Paul noch einmal genauer befragt haben. Und dabei wären ihnen eventuelle Unstimmigkeiten vielleicht auch in den Blick gekommen
Ich habe keine Sekunde an einer Befragung gezweifelt, jedoch festgestellt, daß beide nicht vor Ort untersucht wurden. So verständlich die Gründe dafür sind, so wenig ändern sie an der Tatsache.

. Und dabei wären ihnen eventuelle Unstimmigkeiten vielleicht auch in den Blick gekommen
Es darf hier jetzt mal kurz, aber heftig gelacht werden. Die ganze Ripper-Saga ist voll von Unstimmigkeiten, die damals entweder nicht auffielen oder unwichtig erschienen. Sorry, als Argument nicht überzeugend.

. Und klar, er könnte unter 40 sein, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er älter war, ist eben auch gegeben und scheint mir persönlich etwas höher zu sein, da es nicht unbedingt so war, dass man immer gleich beim ersten oder zweiten Arbeitsgeber verblieb.
Und welchen Einfluß hätte ein eventueller Arbeitsplatzwechsel auf sein Alter gehabt? :icon_rolleyes:

… . Auch scheint sein Stiefvater Polizist gewesen zu sein,
Irgendwie entgeht mir hier der Sinn der Aussage. Ist ein Stiefvater-Polizist so etwas wie ein Diplomatenpaß? Der Besitzer eines solchen ist automatisch immun? Oder befähigt so ein angeheirateter Verwandter zu höherer Moral und hindert somit am Morden?

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß ein gewisser Thomas Cutbush, seines Zeichen messerschwingender Frauen-Hintern-Piekser, sogar einen Vater hatte, der bei der Polizei war. Was ihn nicht im mindesten davon abhielt, seine eigenartigen Bedürfnisse auf offener Straße befriedigen zu wollen.

Da wäre dann wieder die Frage, wieso er nicht weitergemordet hat, die ich mir immer bei einem Verdächtigen stelle, der nach den Morden nicht mehr auffällig wird.
Hängt zum einen von seinem Motiv ab, und zum zweiten fand ich zum Vergleich einen gewissen Dennis Rader -à http://en.wikipedia.org/wiki/Dennis_Rader

Ich denke, wenn er aufgefallen wäre, wäre das vielleicht irgendwie durchgesickert. Dass aber nichts in der Art in Zeitungen stand, er nicht dazu befragt wurde, lässt darauf schließen, dass er ein unauffälliger Bürger war,
Denkfehler – London hatte zig Millionen Einwohner, davon müssen etliche hundert tausende gewalttätig gewesen sein. Stand über alle etwas in den Zeitungen?
Alles eine Frage der Potenz und der Art der Auffälligkeit, nicht wahr?

Zitat von: Tresschen link=topic=1152.msg17206#msg17206 date=1243774600
Hast du schon mal eine Niere mit dir rumgeschleppt
Nein – und Cross an dem Tag auch nicht. :icon_mrgreen:
Und über Möglichkeiten, die sich ihm bei dieser und bei späteren Taten für eine Entsorgung oder Zwischenlagerung geboten haben könnten, sprach ich ja bereits in einem früheren Posting.

Zitat
Übrigens dass Blutspuren einfach vom Untersuchen der Leiche hätten kommen können, ich denke, man kannte damals schon den Unterschied zwischen Blutspritzern, wie sie direkt beim Morden auftauchen und andere Blutflecken durch Berühren der Leiche. Die sehen nämlich ganz anders aus.
Und noch mal, zum Mitschreiben: völlig schnuppe, welche Blutspuren da eventuell an Cross waren, sie wurden nicht begutachtet, da der ganze Cross nicht untersucht worden war!!!!

. Wenn ich das nächste Mal in London bin, werde ich den Weg ablaufen, ....
Das ist mal ein Wort! :icon_thumb:
Falls es keine Floskel sondern ernst gemeint ist,wäre das eine tolle Sache.
Versuche dann bitte auch heraus zu finden, auf welcher Straßenseite Cross wohnte. Ich wüßte gerne, ob er die Straße überqueren mußte oder sich von vornherein auf der Seite befand, auf der auch Nichols war.

Verbleibe hoffend. daß du das auch wirklich machst,

JE

JohnEvans

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #22 am: 01.06.2009 15:16 Uhr »
Hi, Isdrasil,

kriegst eine extra Antwort, sonst wird´s zu lange. Einige deiner Fragen hoffe ich in meiner Antwort für Tresschen beantwortet zu haben.

Was die Positionen beider am Tatort anbelangt, sind wir uns ja endlich mal einig. 

Aber das Crux ist nach wie vor die ZEIT, weshalb Paul durchaus das Einstecken der Waffe nicht hätte sehen müßen.

Übrigens, ich sprach nicht von einem Angstinstinkt, den es als solchen auch gar nicht gibt. Angst entsteht als Folge einer nicht zustande gekommenen Chance, sich anders aus der Gefahr zu begeben.

Jener Instinkt also, den manche Forscher (Vester) auch STRESS nennen, befähigt mittels plötzlicher Bereitstellung jeder Menge Energie und Hormone, die den Körper damit überschwemmen und ihn auf eine Höchstleistung (Flucht) vorbereiten, schnell aber dafür ohne lange Nachzudenken aus einer Gefahrenzone zu entweichen.
Wenn nun besagte Energien durch eine viel Energie verbrauchende physische Reaktion (Flucht oder Agression) wieder abgebaut werden, schadet dieser Stress auch nicht.

Aber mitunter ist eben die Flucht nicht möglich und es kommt zur bereits angeführten Agression. Erst wenn beides nicht möglich ist, greift dieser Stress den eigenen Körper an, es entsteht Angst. Länger oder öfters andauernde Unfähigkeiten, seinen Stress abzubauen, führt zu diversen Krankheiten ( an erster Stelle stehen hier Herzinfarkte und Krebserkrnakungen).
Hingegen die Flucht geschafft oder einen Kampf gewonnen zu haben, läßt übrigens keine Angst aufkommen, sondern positive Gefühle wie Erleichterung oder Triumph.

Diese körperlichen Mechanismen wirken nicht nur in unschuldigen Zeugen, sondern auch in Mördern, dh, also auch bei Cross, wie du schon fest gestellt hast.

Und somit  zurück zur Situation: Angst entsteht erst, wenn eine andere gefahrverhindernde Reaktion nicht mehr möglich ist. Für Cross gab es noch andere Möglichkeiten – Weglaufen oder die Flucht nach vorne. Cross befand sich zwar defintiv in einer Stressituation, dh, er war auf der Lauer, aber immer noch Herr der Lage, wenig Grund, vor Angst wie gelähmt zu sein.

Selbst wenn er bereits Angst gehabt hätte, so zeigt doch sein weiteres Vorgehen, daß er sehr wohl noch einen anderen Ausweg sah. Angst haben ist kein Indikator dafür, ob jemand ein Täter, ein Zeuge oder ein Opfer ist.
Diese Logik würde ja sagen, daß Täter Angst zeigen, wenn sie erwischt werden, aber Zeugen, die in eine Gefahrensituation geraten,  automatisch angstfrei wären.
Mitnichten, gelle? Gerade Täter zeigen ein ausgesprochen agressives Verhalten (Instinktreaktion # 2). während sich Zeugen oder vor allem Opfer ausgesprochen ängstlich verhalten.
Eine Tatsache übrigens die auch den Sinn und Nutzen von Lügendetektoren in Frage stellt.

Somit wäre Cross Verhalten, als Täter, nicht zwingend Angst gewesen – zumal er ja bewaffnet war, was ihm mit Sicherheit zusätzlichen Mut verschaffte.

Klar, ich vermute auch, daß er daran gedacht hatte, nach der Tat „das Weite zu suchen“, nur ..... er wurde eben früher erwischt und Paul´s plötzlichen Auftauchen verkürzte – rein instinktiv - Cross sogenannte Fluchtdistanz und somit stellte der Instinkt Cross für sein weiteres Verhalten eben Plan B (Flucht nach vorne) zur Verfügung.

Diese Reaktion, siehe meine Antwort für Tresschen, entspricht dem klassischen „Flucht nach vorne“ Angriff im weitesten Sinne – auch ein „sich der Gefahr stellen“ ist Angreifen. Flucht nach vorne, auf Paul zu. Sich versichern, daß er keine Gefahr darstellt.

Das alles hat nichts mit Planung seitens Cross zu tun, sondern ist eben eine Folge besagter Instinktreaktion, die auch bei einem Mörder, sofern er nicht wirklich hirngeschädigt ist, funktioniert.

Aber sehen wir weiter: sie waren auf dem Wege zur Arbeit. Stimmt. Auch ich laße mir gerne Zeit dafür, wenn ich sie habe.
Aber schon vergessen? Cross war bereits zu spät dran! Was genau der Grund ist, warum ich mich ja frage, warum er dann noch Zeit bei der Leiche verbracht hätte – auch als Zeuge.
Damit meine ich nicht,  daß er tatsächlich lange neben der Leiche gestanden hatte, sondern ich beziehe mich auf genau den Eindruck, der entsteht, wenn man seine Zeitangaben mit denen Paul´s vergleicht Danach hätte er nämlich sehr wohl einige Minuten dort stehen müßen.
Exakt dieser merkwürdige zeitliche Leerlauf – in den Aussagen - ließ mich ja aufhorchen.

Was die Überlegung betrifft, der Mord wäre nicht geplant gewesen, neige ich dazu, es mittlerweile auch so zu sehen. Dafür spricht meiner Meinung nach allein schon die Lage des Tatortes.
Allerdings nicht geplant im Sinne –->  nicht an diesem Tage. Die Idee oder Phantasie (je nachdem, was ich ihm als Motiv unterstelle) waren sicher schon länger in ihm und wurden an diesem Morgen impulsiv von ihm umgesetzt.

Kurzum: Auch Mörder sind biologisch gesehen Menschen. Und Cross ist keine Ausnahme. Sein Verhalten ist daher genauso instinktgesteuert wie das anderer Menschen, und dieser seine Instinkt steuerte auch sein Verhalten genau so, wie man es unter den Umständen erwarten kann.

Wenn überhaupt ein Unterschied im Verhalten ist, dann daß Täter, denen jegliches Unrechtbewußtsein und Mitgefühl fehlt, in ihren Reaktionen von sozialen Restriktionen beinahe völlig frei sind, und sie daher ihren Instinkten wesentlich ungehemmunger folgen können.

JE
« Letzte Änderung: 01.06.2009 15:28 Uhr von JohnEvans »

Offline Isdrasil

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2037
  • Karma: +2/-0
Re: Charles Cross
« Antwort #23 am: 01.06.2009 15:41 Uhr »
Hi

Hier entwickelt sich ja wirklich etwas ganz Interessantes...habe mir auch lange Gedanken um diese Instinkt-Angelegenheit gemacht - wie der Täter wohl gehandelt haben könnte, wie man selbst als Zeuge handeln würde, welche Reaktionen man erwarten kann, usw...
Leider komme ich auf denselben Punkt wie John: Wir wissen nicht, was im Kopf des Täters vor sich ging.

Aus diesem Grund will ich mal diese Schiene bewusst verlassen, da wir hier wohl nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen würden. Kommen wir lieber mal wieder auf den zeitlichen Aspekt zu sprechen. Hier wurde auf die Diskrepanzen zwischen Cross und Pauls Aussage hingewiesen. So wichtig dieser Punkt auch ist, eine Sache ist mir gerade beim Lesen des Sourcebooks in die Augen gesprungen: Die Aussage von Paul ist nicht nur in Bezug auf Cross Zeitangaben schwierig, sondern auch beim Vergleich mit PC Neills Angaben!

Paul sagte aus, dass er sein zuhause gegen Viertel vor Vier verließ, um auf die Arbeit zu gehen. (Sourcebook, Seite 42)
Die Times vom 03 September 1888 zitiert: "PC Neil, 97J, who found the body, reports the time as 03:45."
Ergänzend sei PC Thains Aussage genannt: "Nothing attracted his attention until about 03:45 am., when he was signalled by a brother constable flashing his lamp some way down Bucks Row." (Sourcebook, Seite 41)

In Anbetracht der Tatsache, dass ich zwei Polizisten auf Nachtstreife die genauere Zeitangabe zutrauen würde und der Tatsache, dass Neil die Leiche fand, nachdem Paul und Cross schon losgegangen waren, um Hilfe zu holen - würde ich stark davon ausgehen, dass sich Paul bei seiner Zeitangabe irrte. Weder die Version, er habe sein zuhause gegen 03:45 Uhr verlassen noch die Variante, er sei gegen 03:45 Uhr am Tatort erschienen, korrespondiert mit den Aussagen der Constables. Nach deren Aussgae hatten Paul und Cross gegen 03:45 den Tatort schon verlassen, haben ihre Diskussion schon zu Ende gebracht. All dies verkürzt den möglichen Tatzeitraum für Cross erneut.
Schauen wir uns nun Johns schöne zeitliche Einordnung ein, so kam er auf den Schluss, dass Cross gegen 03:30 - 03:36 am Tatort erschien. Diese Zeit passt wunderbar in das Bild, kommt  man mal von Pauls Zeitangabe weg und beachtet die weiteren uns erhaltenen Zeitangaben der Constables.
Die 9 Minuten Luft lösen sich somit in derselbigen auf!  :icon_wink:

Und ich frage mich gerade, weshalb wir die ganze Zeit Pauls Aussage für voll nehmen und die der beiden Constables völlig außer Acht lassen. Es scheint mir, als hätte der Autor des Casebook-Artikels wieder einmal nur die Dinge herausgepickt, die in seine Theorie passen.  :icon_aetsch:

Grüße, Isdrasil

PS: Und ich muss auch wieder an meine Person denken: Würde mich jemand fragen, wann ich morgens aus dem Haus zur Arbeit gehe - er bekäme immer dieselbe Zeit gesagt (ich laufe auch zur Arbeit). Doch seltsamerweise, wenn ich im Büro dann auf die Uhr schaue, bin ich mal 10 Minuten zu früh, mal 5 Minuten, mal bin ich pünktlich. Anscheinend spielt einem gerade diese alltägliche Gewohnheit (mit der der Casebook-Autor argumentiert) einen Streich, wenn es um genaue Angaben zur Zeit geht...
« Letzte Änderung: 01.06.2009 21:17 Uhr von Isdrasil »

Tresschen

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #24 am: 01.06.2009 21:20 Uhr »
Das ist mal ein Wort! :icon_thumb:
Falls es keine Floskel sondern ernst gemeint ist,wäre das eine tolle Sache.
Versuche dann bitte auch heraus zu finden, auf welcher Straßenseite Cross wohnte. Ich wüßte gerne, ob er die Straße überqueren mußte oder sich von vornherein auf der Seite befand, auf der auch Nichols war.
@John Evans:
Eine Rippertour war tatsächlich schon lange für meinen nächsten Londonbesuch geplant. Cross wohnte nicht in derselben Straße in der Nichols gefunden wurde, sondern in Doveton Street, aber ich kann, wenn ich dran denke, gerne schauen, auf welcher Seite er da wohnte.

Ich habe gerade keine Zeit alle deine Antworten zu kommentieren, aber ein paar Bemerkungen. Der Polizisten-Stiefvater ist für mich keine Freikarte für Cross, aber vielleicht ein Grund, wieso die Polizei ihm glaubte, da man den Vater und vielleicht dadurch auch den Sohn eventuell kannte. Er hieß übrigens Charles Lechmere und nur der Stiefvater hieß Cross, vielleicht kannst du diesen falschen Namen ja für deine Theorie nutzen.
Naja, also wegen der Unstimmigkeiten, manche davon wurden bemerkt, so wurde Caroline Maxwell mehrfach befragt, ob sie tatsächlich sicher sei, MJK gesehen zu haben. Klar, war die Polizei nicht so organisiert wie heute, nur immer davon auszugehen, dass sie unfähige Idioten waren, finde ich auch nicht gut.

Und nein, es stand sicher nicht über alle gewalttätigen Menschen was in der Zeitung, aber wenn ein solcher GANZ zufällig eine Leiche findet und er vorher schon durch sowas aufgefallen war, dann wird wohl jemand was gesagt haben dazu zu Polizei oder Zeitung. Das wäre nicht im Nichts verschwunden.
Und wegen der Blutspuren? Konnte Cross wissen, dass die Polizei ihn nicht untersuchen würde? NEIN! Er konnte es nur hoffen, daher wenn er ein blutiges Messer und Blutspritzer auf der Kleidung hatte, wäre sein letzter Weg wohl zu einem Polizisten gewesen, das war, was ich meinte. Aber du wirst mir vermutlich jetzt wieder widersprechen und deine Theorie eine Flucht nach vorne ansprechen. Nur leider gibts nicht nur die Flucht nach vorne, sondern auch die echte Flucht und gerade jemand, der seine erste Straftat begeht, wird vermutlich, wenn irgend möglich, eher die echte Flucht antreten. So sehe ich das jedenfalls.

@Isdrasil: Diese Idee klingt für mich sehr überzeugend, daran hatte ich auch schon gedacht, dass Paul sich vielleicht in der Zeit vertan hatte.


Offline Isdrasil

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2037
  • Karma: +2/-0
Re: Charles Cross
« Antwort #25 am: 02.06.2009 07:19 Uhr »
Hi Tresschen

Aber du wirst mir vermutlich jetzt wieder widersprechen und deine Theorie eine Flucht nach vorne ansprechen. Nur leider gibts nicht nur die Flucht nach vorne, sondern auch die echte Flucht und gerade jemand, der seine erste Straftat begeht, wird vermutlich, wenn irgend möglich, eher die echte Flucht antreten. So sehe ich das jedenfalls.

Genau so sehe ich das auch. Ich hätte eher so etwas vermutet wie "Warte hier, ich hole mal einen Polizisten!" und schwupps! Weg war er! Oder gleich die Flucht in die Dunkelheit...oder gleich nach der Tat die Flucht und nicht erst ein Stehenbleiben neben dem Opfer...
Aber ja - man kann nicht in die Gedanken eines Menschens sehen.
Doch wenn man annimmt, Paul hätte sich in der Zeit geirrt und Cross war nicht der Täter, passt dessen Verhalten trotz alledem besser in die ganze Szenerie.

Grüße, Isdrasil

Offline Isdrasil

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2037
  • Karma: +2/-0
Re: Charles Cross
« Antwort #26 am: 04.06.2009 08:42 Uhr »
Ja, und nu? Da hats dem John die Sprache verschlagen...  :icon_aetsch:

Tresschen

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #27 am: 04.06.2009 10:17 Uhr »
Glaub ich fast auch oder er hat eingesehen, dass er uns nicht überzeugen kann. Naja, vermute mal, dass es wohl am ehesten das wahre Leben, das man neben solchen Boards ja auch noch hat.

Lestrat

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #28 am: 07.06.2009 16:35 Uhr »
Hallo mal wieder,

also auf die Gefahr hin mich bei euch (Isdrasil und Tresschen) unbeliebt zu machen  :icon_mrgreen: möchte ich mich mal auf Johns Seite schlagen und den Faden etwas weiter spinnen.

Nehmen wir mal an Cross sei unser Jack, warum sollen wir denn dann seiner Zeitangabe trauen??? Wäre er der Ripper gewesen, hätte er ja auch um sagen wir 3.00 Uhr los gehen können und dann hätte er Zeit genug gehabt den Mord zu begehen. Das er dann bei der Polizei ausgesagt hat das er erst um 3.45 Uhr losgegangen ist, könnte ja den Hintergrund haben, ihn von einem eventuellen Verdacht zu entlasten.

Ich habe nicht so viel Zeit das jetzt richtig zu recherchieren aber in den Büchern in denen ich schnell nachgesehen habe, konnte ich nichts finden was dagegen sprechen würde.

Wie gesagt, ich glaube ja auch nicht so recht an Cross als Täter, sehe aber auch keinen zwingenden Grund ihn als möglichen Verdächtigen auszuschliessen.

Bin langsam etwas Schizophren und denke jeder ist Verdächtig ----------------------------------  und die leisen Stimmen in meinem Kopf geben mir recht  :icon_verwirrt:


Grüße

Lestrat


Stordfield

  • Gast
Re: Charles Cross
« Antwort #29 am: 07.06.2009 18:18 Uhr »
Hallo !

Mir leuchtet nicht ein, warum Cross seelenruhig neben der Leiche stehen bleibt, anstatt nach der Tat einfach wegzugehen. Würde man ihn bei späteren Morden auch sehen, käme er ganz schön in Schwierigkeiten.

Gruß Stordfield