Autor Thema: Walter Sickerts Charakter  (Gelesen 27665 mal)

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Offline Isdrasil

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #15 am: 17.12.2008 19:43 Uhr »
Hi Harry

Stimmt, war nicht richtig ersichtlich: Ich meinte das Buch von Cornwell. Stimme Dir zu, dass Cornwell wissenschaftlich etwas auf dem Kasten hat, dass macht ihre zwanghafte Beweisführung und das leider recht miserabel strukturierte "Wer war Jack the Ripper" aber auch nicht besser.

Grüße, Isdrasil

Offline academyfightsong

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #16 am: 17.12.2008 23:38 Uhr »
... Stimme Dir zu, dass Cornwell wissenschaftlich etwas auf dem Kasten hat, ...

Ähm... tatsächlich? Was denn z.B.?  :icon_aetsch:

Offline Isdrasil

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #17 am: 18.12.2008 07:11 Uhr »
Äh...uhm...tja...

Wenn Du mich so fragst, bekomme ich als absoluter Laie doch den Eindruck, dass diese Frau zumindest in der Abteilung der Forensik weiß, wovon sie spricht. Auch ihre Kay Scarpetta Romane zeigen, dass sie sich wenigstens intensiv mit diesem Gebiet beschäftigt.
Und das kann man wirklich von wenigen Ripperautoren behaupten (lassen wir mal Magellan und so weg), das ist ihr Vorteil. Wenn man objektiv bleibt, muss man ihr wenigstens das zusprechen, auch wenn es gewiß größere Experten der Forensik gibt.  :icon_wink:

Grüße, Isdrasil

Stordfield

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #18 am: 18.12.2008 08:29 Uhr »
Hallo !

Sickert hatte , wie so viele Künstler , sicherlich "einen an der Luke" , was ja an sich nicht schlimm ist. Vielleicht war sein Penis auch zu klein und mit Frauen konnte er schon gar nicht umgehen , aber ist das alles , was ihn zum mehrfachen Mörder stempelt ? Okay , eventuell hat er noch den einen oder anderen Brief geschrieben ( allerdings soll er das ja ständig gemacht haben ) und seine Bilder stellen u. a. ein Schlafzimmer dar . Hui , warum wurde der Mann eigentlich damals nicht gleich eingesperrt ? Beziehungen ? Vielleicht zu königlichen Kreisen? Womit ich wieder mitten in der Verschwö...ach , nein , das tue ich mir jetzt nicht an .

Gruß Stordfield

Offline Claudia

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #19 am: 18.12.2008 10:41 Uhr »
Hi zusammen!

@Harry: Wieso sollte ich ne persönliche Abneigung gegen Cornwell hegen?
Ich hab ihr Buch zunächst durchaus objektiv gelesen, aber es ist schlecht geschrieben und bringt nicht ansatzweise die Beweise gegen Sickert, die angekündigt wurden. Ständig heißt es da "vielleicht" oder "es könnte sein, daß". Das fängt schon mit dieser seltsamen Operationsgeschichte an. Könnte halt sein, daß...Super.
Was soll das denn? So könnte man jeden X-beliebigen hernehmen, sowas ist doch absolut unseriös...
Wenn zB die Zeugenaussagen nicht mit Sickerts Erscheinung übereinstimmen, dann hat er sich vermutlich verkleidet. Klar, so kann ich mir auch irgendeinen Kandidaten als Ripper zurechtschustern. Und wenns kein Motiv gibt, dann salbadert man halt einfach mal über ne Penisverstümmelung daher, egal, obs dafür Beweise gibt oder nicht... :icon_rolleyes:
Und diese Vorgehensweise zieht sich durch das ganze Buch, sehr ätzend.Reisserisch noch dazu, fast bei jedem Opfer kommen Mutmassungen ala : "Vielleicht hat sie noch..." blabla

Und was künstlerische Vorlieben betrifft: Mag sein, daß Dir da nur noch Picasso einfällt, mir einige mehr. Schau Dir mal Frauenakte von zB Schiele an, dagegen ist Sickert ein Waisenknabe.

@Academyfightsong:
Das frage ich mich auch...
Cornwell ist nunmal keine Wissenschaftlerin...
Im Buchtitel lesen wir"Polizeireporterin"...Was bitte ist das genau?
Hat mit wissenschaftlicher Arbeit nichts zu tun.
Desweiteren "Computerspezialistin", ähnlich schwammig, da steht ja nicht etwa Informatikerin...Müsste ich mal genauer nachlesen, mal schauen...
Nunja :icon_verwirrt:

Grüße, Claudia


Offline Isdrasil

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #20 am: 18.12.2008 10:57 Uhr »
Hi

Ja, die Cornwell und die Wissenschaft...klar, sie ist keine gelernte Wissenschaftlerin. Aber ich möchte ihr nicht absprechen, dass sie sich in Sachen Rechstmedizin und Deutung von Spuren an Leichen etc. auskennt. Meinetwegen hat sie es sich autodidaktisch beigebracht und stand bei ihrer Arbeit als Polizeireporterin in der Rechtsmedizin mit Forensikern in Kontakt. Man darf nicht vergessen, dass sie damals bereits geschrieben hat und gewiss genügend Ansprechpartner hatte, um sich das nötige Wissen einzuholen.
Und nein, sie ist keine Forensikerin und keine Expertin auf dem Gebiet - aber im Gegensatz zu etlichen anderen Ripperautoren versucht sie wenigstens, auch die Verletzungen und Spuren ein wenig professionell zu deuten.
Und das halte ich ihr immerhin zu Gute, denn dieser Versuch fehlt leider oft genug.  :icon_wink:

Aber das hat ja alles nichts mit ihrem Verdächtigen zu tun.

Grüße, Isdrasil

Offline Claudia

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #21 am: 18.12.2008 11:13 Uhr »
Hi Isdrasil!

Klar, kann schon sein, daß sie sich da etwas auskennt, wer weiß.
Ich würde es jedoch nicht als gegeben annehmen. So dolle teilen Forensiker ihr Wissen sicher nicht mit den Reportern, kann ich mir nicht vorstellen. Die kriegen halt die üblichen Presseinfos, also im Grunde das, was wir alle nachlesen können, oder?
Ich hab jetzt über Cornwell nur bei wikipedia gelesen und da steht halt so garnichts von irgendner Ausbildung in diese Richtung...
Vielleicht tu ich ihr Unrecht, aber irgendwie riecht das für mich nach Schaumschlägerei...

Und irgendwie entspricht auch das Buch diesem Eindruck,finde ich zumindest :icon_mrgreen:

Grüße, Claudia



Offline Isdrasil

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #22 am: 18.12.2008 11:37 Uhr »
Hi meine Liebe

Ich sag ja: Ich als Laie habe den Eindruck...vielleicht ists also auch nur Einbildung.  :icon_wink:

Ich versuche ja immer noch zu glauben, dass jeder Mensch bei jeder Sache zumindest in einem Punkt genau weiß, was er da macht...jedenfalls fast jeder. Fast immer.  :icon_mrgreen:

Grüße, Isdrasil

JohnEvans

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #23 am: 18.12.2008 16:42 Uhr »
Allmählich werde ich neugierig. Vielleicht sollte ich das Buch doch mal lesen ...? :icon_wink:

JE

Harry Heine

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #24 am: 25.12.2008 18:32 Uhr »
@John Evans: Probier es aus - deine Meinung würde mich interessieren!

@alle: Soll ich euch mal die schöne Geschichte erzählen, wie ich das Buch von Cornwell traf? Nein? Alsooooo:

Ich hab in unserer Stadtbibliothek nach Büchern zu "Jack the Ripper" gesucht, und die hatten nur das von ihr. Und ich war total sauer, weil ich zuerst das von Schachner/P. gelesen und im Internet nachgesehen hatte, und die haben das Buch alle so fertig gemacht bzw die Autorin, dass ich dachte, na gut, das ist voll das Arsch-Buch, aber wenn sie sonst keins haben, kann ich's ja mal lesen... Und ich muss sagen, dass mir zum Teil echt die Spucke weggeblieben ist, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass sie forensisch so viel drauf hat. Ich habe null Ahnung von Gerichtsmedizin, aber das hat mich echt beeindruckt, weil ich so damit gerechnet hatte, dass das Buch einfach nur schlecht ist, aber das fand ich gar nicht. Immerhin hat sie die ganzen Dinge auch nicht allein erkundet, sondern sich mit ihren Milliönchen ein mehrköpfiges Expertenteam geleistet, das die Untersuchungen zum Teil vorgenommen hat. Naja, zumindest hat sie eine recht überzeugende Figur eines "Rippers" geschaffen, auch wenn das vielleicht nicht in allem mit dem historischen Walter Sickert übereinstimmt, und vielleicht auch nicht mit dem echten Ripper. Eigentlich gibt sie es ja auch stellenweise selbst zu, dass ihre Recherchen ihn nicht überführt haben. Aber wahrscheinlich hat sie dann am Ende doch der Versuchung nicht widerstehen können, ihn "festzunageln" - vermutlich, weil sie die Figur einfach selbst scheußlich fand, oder Sickert sie an ihren Nachbarn erinnert hat oder was auch immer...  :icon_mrgreen:
Jedenfalls scheint Cornwell auch kein so leichtes Leben zu haben, wenn man den Wikipedia-Eintrag liest. Da tut sie mir richtig leid.

Und noch mal zu Sickert: Wie gesagt, es gibt eine anerkannte Sickert-Expertin (Anna Gruetzner-Robins) die der Meinung ist, Sickert habe einige Briefe des "Rippers" geschrieben, und das kann ich mir auch durchaus vorstellen. Gut, wahrscheinlich war er nicht der Täter. Aber die ganze Sickert-Geschichte erinnert mich etwas an einen guten Witz aus der Vergangenheit von TV Total: da hatte die Bildzeitung getitelt "Olli Kahn - Wer streut die bösen Gerüchte?" Und die überraschende Antwort lautete: Die Bildzeitung selbst!! Mit Sickert ist es ja auch so, dass er selbst sich mehrfach mit dem Ripper in Verbindung gebracht hat - laut seiner Kollegin Marjorie Lilly ja sogar derart, dass er versucht hat, sich als Ripper zu verkleiden und sich in die "Rolle" zu versetzen, während er 1907 die Camden Town Murder - Serie malte. Und auch die "sehr überzeugende" Geschichte, dass er angeblich im Zimmer des Rippers gewohnt haben soll, was ihm die "Landlady" gesagt habe - für diese Geschichte gibt es keine einzige Quelle außer Sickert selbst, und dennoch hat man versucht, sie z.B. auf Druitt zurecht zu schneidern. Ich finde nur - auch wenn das zugegebenerweise kein Beweis ist  :icon_wink: - welche Ironie das gewesen wäre, wenn er selbst der Ripper war. Und alle glauben ihm diese alberne Geschichte, und keiner kommt drauf, was er wirklich damit gemeint hat - da hätte er sich sicher super gefühlt. Aber na gut, es gibt keine Beweise gegen ihn, und seine Mutter sagt, er war in Frankreich, als die Morde begannen... Nur um ihn selbst muss man sich wegen der Verdächtigungen gegen ihn sicher nicht sorgen. Sturgis, sein Biograf, schreibt in seinem Postscript: "that such posthumous celebrity should fall upon Sickert is certainly a curiosity. No less certainly, it is a curiosity which Sickert would have ENJOYED".

Ich hab einfach den Eindruck, dass mit Sickert einiges nicht stimmt. Mag sein, dass er nicht der Ripper war. Überführt ist er keineswegs. Aber komplett sind Cornwells Verdächtigungen sicher nicht aus der Luft gegriffen - und wenn es nur ist, dass er den Ripper irgendwie "bewundert" hat, ohne ihn zu kennen, oder er zu sein.

Offline Isdrasil

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #25 am: 21.01.2009 13:12 Uhr »
Ach ja, gerade zufällig entdeckt - als Motiv auf einer Briefmarke! Da musste ich direkt an die Sache mit den Bildern von Sickert denken... :icon_mrgreen:

Also hier im Anhang Bilder des Malers LOVIS CORINTH. Er lebte von 1858 - 1925. Na, wenn Ihn das nicht verdächtig macht!

« Letzte Änderung: 21.01.2009 13:27 Uhr von Isdrasil »

Floh82

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #26 am: 21.01.2009 15:02 Uhr »
Die weibliche Brust und die Schlachtung von Tieren scheinen es ihm ja angetan zu haben!

Das ist mal wirklich verdächtig ;)

Raison-d-eatre

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #27 am: 21.01.2009 15:43 Uhr »
tja... da müsste man ja wohl einige Leute verdächtigen.

Zitat
Aber komplett sind Cornwells Verdächtigungen sicher nicht aus der Luft gegriffen - und wenn es nur ist, dass er den Ripper irgendwie "bewundert" hat, ohne ihn zu kennen, oder er zu sein

zwar weiß ich was gemeint ist, aber ganz als "Cornwells Verdächtigungen" würde ich es nciht bezeichnen.
Dass Sickert den Ripper in geweisser Weise bewundert hat, dürfte ja spätestens seit seinen "Auftritten als Ripper" und Aussagen von Bekannten, nach denen er sagte er selbst wäre der Ripper gewesen, klar sein.

Auch bei den Briefen kann ich nur zustimmen. Cornwell schreibt ja auch, dass Sickert den "Openshaw"-Brief geschrieben habe - auch wenn ihre 'DNA-Funde' ja nicht gerade als Beweise gelten können.
Ich persönlich bin der Meinung, dass sie da recht hat und er diesen Brief wirklich schrieb.
Das einzige Problem - und der Grund warum der Brief (u.A) nicht als Beweis gelten kann- ist ja, dass selbst ein Laie auf Anhieb sehen kann, dass der Openshaw Biref kein echter Ripper-Brief ist, sonder jemand nur versucht hat - und das zugegebenermaßen recht gut - den Ripper zu kopieren.
Auch wenn sich viele Dinge daran ähneln sieht man einfach, dass die Handschrift gefälscht ist. 

Horla

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #28 am: 17.09.2009 01:12 Uhr »
Hallihallo.
Also zunächst möchte ich Harry Heine zustimmen, angesichts dessen, dass manche Leute gelegentlich Mitleid mit Sickert und seinem Ruf haben. Er hat sich doch selbst immer wieder eingeschaltet, zweideutige Geschichten erzählt und den Eindruck vermittelt, dass er "irgendetwas" weiss. Da braucht man sich dann auch nicht wundern oder beschweren, wenn es Leute gibt, die einem das abkaufen.

Patricia Cornwells Buch macht einem mit Titel, Aufmachung etc. den Mund wässrig, aber hat man es dann gelesen, bleibt ein mehr als schaler Nachgeschmack. Ich halte es ja für durchaus ehrenvoll, für sich zu entscheiden, sich nicht von einem Berg von Sekundärliteratur verwirren zu lassen und rein auf eigene, präzise Recherchen wert zu legen. Allerdings sollten diese dann auch wirklich "präzise" sein!
Es mag ja beeindruckend sein, wie sie mit gerichtsmedizinischen Kenntnisen schwadroniert, Experimente mit original Polizeilampen macht oder bei TV-Dokus zu ihrem Buch mit Messern in Rindfleisch herumfuhrwekt, aber ihr Buch ist alles andere als überzeugend oder ausgiebig recherchiert. Nur als Beispiel: Auf S. 139 schreibt sie doch allen Errnstes "Von Martha Tabran habe ich keine Fotografie gefunden." Im "Jack the Ripper A-Z" (1996) prangt unter den Bildern jedenfalls ein Foto von ihr. Meine "ausgiebigen Recherchen" kosteten mich sage und schreibe 30 Sekunden blättern. Also, bei jemanden, der stets proklamiert genaue Nachforschungen zu betreiben, dürften solche peinlichen Klopper nicht passieren.
Gruss H.

Offline Isdrasil

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Re: Walter Sickerts Charakter
« Antwort #29 am: 18.09.2009 07:28 Uhr »
Hi Horla

Erstmal hallo!  :smiley5:

Ja, da kann man eigentlich nur zustimmen. Was soll man dazu noch sagen?  :icon_mrgreen:

Grüße, Isdrasil