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Die Tatverdächtigen => Die Tatverdächtigen => Sickert, Walter => Thema gestartet von: Harry Heine am 11.12.2008 14:56 Uhr

Titel: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Harry Heine am 11.12.2008 14:56 Uhr
Hola, auf die Gefahr hin, dass ich mich hier durch und durch unbeliebt mache, ich habe das Buch von Patricia Cornwell und auch das von Jean Overton Fuller ("Sickert and the Ripper Crimes") gelesen, und auch zwei "neutrale" (Schachner/P. und Sugden), und es hat mich so fasziniert, dass ich gerade ein bisschen in eine Biografie über Herrn S. hineinlese (wenn's auch zeitweise echt öde ist...), und ich finde, dem Anschein nach war Walter Sickert ein, gelinde gesagt, ZIEMLICH  gestörter Mensch, der offensichtlich an einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung gelitten hat (oder an etwas sehr ähnlichem). Außerdem passt er zum Teil recht gut in das FBI-Täterprofil, insbesondere da er "mit jemandem verheiratet war, der viel älter war als er", und die Ehe hat nur knapp 14 Jahre gehalten. (Für die damalige Zeit doch nicht der Brüller...) Außerdem hat er sich seiner ersten Frau gegenüber sehr brutal verhalten, zumindest in emotionaler Hinsicht. Darüber hinaus muss selbst der Autor (M. Sturgis), der Sickert ziemlich toll zu finden scheint, zugeben, dass es zumindest eine Sickert-Expertin gibt, die der Ansicht ist, er habe "die meisten" (!) der Ripper-Briefe geschrieben. Das alles macht ihn noch nicht zum überführten Täter, aber ein Unschuldslamm war er definitiv nicht, und als Tatverdächtiger scheint er mir ein heißer Kandidat zu sein, auch wenn es daneben noch etliche andere gibt. Und darüber hinaus: Wer (außer Sickert) malt bitte SO  eine seiner besten Freundinnen...????
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Raison-d-eatre am 11.12.2008 22:33 Uhr
ehrlich gesagt denke ich nicht, dass Sickert gestörter war als alle anderen.
Ich lese auch gerade Patricia Cornwells Buch
(auch wenn ich weiß, dass man die Info zwar nicht unbedingt verwerten sollte ohne sie zu prüfen, aber trotzdem sehr spannend und interessant  :icon_biggrin:).
Ich denke jeder Mensch ist in der Lage solche Morde zu begehen, es kommt nur auf die Umstände an.
Außerdem gibt es auch so sehr sehr viele Menschen, die "kranke" Phantasien, Vorlieben , Gedanken oder was auch immer haben.
Ich denke - ehrlich gesagt - dass es gerade deswegen Sickert eher als Täter ausschließt, da er sich damit befasst zu haben scheint und nicht alles "in sich reingefressen hat".
Allerdings denke ich aber nicht, dass Sickert nicht in der Lage dazu gewesen wäre. Ich denke er hätte es körperlich und -vor allem!- geistig gut hinbekommen, und ich denke auch nicht, dass es Sickert seelisch so belastet hätte wie manch anderen Menschen.
Ich denke vielleicht hätte es ihm sogar Spaß gemacht, aber ich denke nicht ,dass er es war.
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Floh82 am 12.12.2008 09:21 Uhr
Nun bei Sickert wird eins scheinbar immer vergessen:
Bei mindestens einem Mord war er gar nicht in England, sondern in Frankreich.
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Chris Jd am 12.12.2008 16:12 Uhr
"Und darüber hinaus: Wer (außer Sickert) malt bitte SO  eine seiner besten Freundinnen..."

Und wer, außer Picasso, malt so eine seiner besten Freundinnen? :icon_cool:

C



Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Amnael am 13.12.2008 18:07 Uhr
Hey, nur weil jemand vielleicht ein wenig geisteskrank ist, heisst es nicht, dass er gleich auch geisteskrank Leute umbringt, wenn ich mir Sickerts Bilder anschaue, welche doch etwas unheimlich waren hier und da, stelle ich folgendes fest: Wenn Sickert tatsächlich derartige Aggressionen inne hatte, dann schien er sie eher auf seinen Bilder ausgelebt zu haben, als in der Realität. Ist etwa das gleiche wie heute mit den Ego-Shootern, sobald ein Jugendlicher Amok läuft, meint man, es läge daran. Aber durch Games, Fernesehen oder "blutige" Bilder wird niemand wahnsinnig, eher werden Wahnsinnige kreativer. Hitler hätten wir ja auch besser als Künstler gebrauchen können, er hätte vielleicht auf seinen Bildern das gemalt, was er in der Realität als Diktator leider wirklich getan hatte. So ist es denke ich auch mit Sickert.

PS:
@Raison-d-eatre
Nichts für ungut, aber du solltest vielleicht weniger oft "ich denke" in deinen Beiträgen schreiben, klingt fast schon zu witzig. ;)
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Direwolf am 14.12.2008 05:28 Uhr
Moin :)

Mich würde es ja interessieren, wann genau Sickert seine "verdächtigen" Bilder gemalt hat. Unmittelbar nach den Taten, oder schon viel früher, oder aber erst nachdem die Presse nähere Details zu den Morden bekannt gab. (Wobei sich das wohl nur schwer bis unmöglich feststellen lässt) Ich denke dabei an - wenn auch etwas wiederliche - Inspiration. Es könnte ja auch so gewesen sein, das er in der Zeitung von den Morden laß und sich durch diese in seiner Kunst inspirieren lies. Immer noch etwas wiederlich, aber bestimmt auch schon damals nichts neues mehr.

M.f.G.
Direwolf
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Amnael am 14.12.2008 09:27 Uhr
Er hat sich vom Ripper inspirieren lassen, in einem hat Cornwell allerdings recht, die Dinge auf den Bildern sehen durch aus änlich aus wie die Tatorte. Ausserdem hat er ein Bild gemalt, namens: "Jack the Rippers Bedroom"...
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Alexander-JJ am 14.12.2008 18:46 Uhr
Problematisch ist auch das Sickert weder vor noch nach den Ripper-Morden irgendwie als Mörder in Erscheinung trat. Ein so kranker Mörder wie JTR würde wohl kaum aufhören. Jedenfalls nicht dauerhaft. Sickert lebte noch bis 1942 und es gab in seiner Umgebung keine weitere Mordserie dieser Art.


Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Isdrasil am 15.12.2008 07:30 Uhr
@Direwolf

Soweit ich weiß entstanden die Bilder immer erst nach den Taten - kann man jetzt natürlich auch als Verarbeitung des Erlebten deuten, ich denke aber, dass er sich durch die Taten lediglich inspirieren ließ. Man ging auch damals nicht zimperlich mit den Einzelheiten einer Tat um, und die Dinge in seinen Bildern sind keineswegs als Täterwissen zu deuten. Jeder, der sich für den Fall interessierte, hätte diesen Background gehabt.
In heutiger Zeit sieht das meistens ja schon ganz anders aus...

Sickert war eben ein wenig durchgeknallt und hatte ein morbides Interesse - aber hey...er war ja auch immerhin Künstler, die dürfen das  :icon_mrgreen:
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Claudia am 16.12.2008 07:26 Uhr
Hi zusammen!

Sickert, auch mal wieder :icon_verwirrt:
Ich will da grad nicht so unheimlich drauf eingehen, jedem , der das Buch von Cornwell gelesen hat müsste eigentlich klarsein, daß da hinten und vorne nichts stimmt. Cornwells Theorie ist einfach unseriös,laut ihr ist Sickert ja auch für sämtliche anderen Verbrechen verantwortlich, die in diesem Zeitraum so ungefähr europaweit stattfanden (zwischendurch schrieb er tausende Ripperbriefe)...Mindestens, vielleicht war er auch der Antichrist persönlich...
OK, die Morde in seiner Umgebung haben ihn beschäftigt. Wahnsinn. Würde mir genauso gehen, der Unterschied ist nur, daß ich nicht malen kann, eine Verarbeitung auf diesem Wege also flachfällt.
Und ehrlich, wo sind denn die Parallelen zwischen den Gemälden und den Morden? Konnte ich noch nie entdecken, beim besten Willen.
Und "Jack the Rippers Bedroom" ? Schaut Euch das Bild doch mal an...Sehr verdächtig :icon_aetsch:

Was das "morbide Interesse" betrifft, nunja, da müssten sich dann wohl alle hier mal gründlich von der Polizei durchleuchten lassen, wenn einen das schon verdächtig machen würde. Sickert interessierte sich für Kriminalfälle in seiner Umgebung und seiner Zeit, wir hier interessieren uns für einen Mordfall, der über hundert Jahre zurückliegt, was ist nun verdächtiger? Ist man deshalb geistesgestört?

OK, Sickert war kein 08/15 -Typ, aber wer ist das schon?? Und ehrlich, wer will das sein?

Grüße, Claudia
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Claudia am 16.12.2008 07:28 Uhr
@Chris: Geiler Kommentar, dem ist nichts hinzuzufügen :icon_thumb:
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Raison-d-eatre am 16.12.2008 15:32 Uhr
Diese paar Sätze sind wahrscheinlich etwas fehl am Platz, da man ja beinahe schon zum eigentlichen thread dafür übergehen könnte: natürlich ist ihr Theorie total daneben, aber trotzdem denke ich nicht, dass man es so "schlimm" sehen sollte... Sie hat mit "Wer war jack the ripper? - portät eines killers" ein sehr gutes und spannendes Buch geschrieben (auch wenn man natürlcih die fakten erst einmal überprüfen sollte bevor man sie endgültig glaubt), aber ich denke auch, dass sie bei einigen Sachen gar nicht sooo falsch liegt.
Sie lässt sich einfach nur von der Sache mitreißen und vergisst ihr -wie es sein sollte- objektivität.

ok  :icon_biggrin: wieder zurück zum Thema:

Ich bin vor kurzem zufällig auf das Buch "Walter Sickert - A Life" gestoßen. Kennt dies jemand bereits? und: Ist es empfehlenswert?
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Isdrasil am 17.12.2008 07:39 Uhr
Na ja - das Buch selbst ist auch nicht wirklich gut geschrieben. Sie hüpft von einem Ding zum Nächsten, den roten Faden vermisst man ständig. Den einzigsten Pluspunkt würde ich ihr auf die forensische Sicht der Dinge geben - ansonsten kann man das Buch sowohl vom Inhalt als auch vom schreibtechnischen her ruhig in die Tonne klopfen.

Es hat aber auch was Gutes: Es weckt Interesse am Ripperfall.  :icon_wink:
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Harry Heine am 17.12.2008 18:23 Uhr
@Isdrasil: meinst du, das Buch "Walter Sickert: A Life" von Matthew Sturgis ist nicht gut geschrieben? Da stimme ich dir zu. Oder meinst du das Buch von Overton Fuller? Da würde ich dir auch zustimmen, aber mit der Anmerkung, dass sie einige interessante Ideen hat, die den anderen Autoren noch nicht gekommen sind.

@raison-d'etre: Falls du "Walter Sickert: A life" von Matthew Sturgis meinst, das habe ich (vor Monaten...) angefangen, und ich komme nur sehr schleppend voran, weil es mich ziemlich ärgert. Der Grund dafür ist, dass es mir total krampfhaft vorkommt: der Autor belegt jeden Furz mit einer Quellenangabe (soll ja so sein, aber das finde ich übertrieben), und er scheint extrem ängstlich zu sein, dass man ja nichts Unvorteilhaftes über sein Idol denken könnte. Dennoch kann es nicht darüber hinweg täuschen, dass so einige Verhältnisse in Sickerts Leben ziemlich krank anmuten, z.B. die Beziehung zu seinem Mentor James McNeill Whistler. Der Tonfall des Buches generell erscheint mir "fishy", wie die Briten so schön sagen...

@Claudia: teilst du mit den Organisatoren dieser Seite eine persönliche Abneigung gegen Patricia Cornwell? Du scheinst mir nicht besonders objektiv zu sein, was sie betrifft. Wissenschaftlich ist die Dame schon durchaus nicht von gestern, wenn man IHRE persönliche Abneigung gegen Walter Sickert mal beiseite lässt. :icon_aetsch:
Und was Picasso betrifft, der ist mir auch als einziges Gegenbeispiel eingefallen. Aber sonst?
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Alexander-JJ am 17.12.2008 19:41 Uhr
... Und was Picasso betrifft, der ist mir auch als einziges Gegenbeispiel eingefallen. Aber sonst?

Na ja, wir könnten ja mal bei den vielen Malern des Surrealismus anfangen zu suchen. Ich schätze da gibt es mehr als genug Treffer.

  :icon_aetsch:
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Isdrasil am 17.12.2008 19:43 Uhr
Hi Harry

Stimmt, war nicht richtig ersichtlich: Ich meinte das Buch von Cornwell. Stimme Dir zu, dass Cornwell wissenschaftlich etwas auf dem Kasten hat, dass macht ihre zwanghafte Beweisführung und das leider recht miserabel strukturierte "Wer war Jack the Ripper" aber auch nicht besser.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: academyfightsong am 17.12.2008 23:38 Uhr
... Stimme Dir zu, dass Cornwell wissenschaftlich etwas auf dem Kasten hat, ...

Ähm... tatsächlich? Was denn z.B.?  :icon_aetsch:
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Isdrasil am 18.12.2008 07:11 Uhr
Äh...uhm...tja...

Wenn Du mich so fragst, bekomme ich als absoluter Laie doch den Eindruck, dass diese Frau zumindest in der Abteilung der Forensik weiß, wovon sie spricht. Auch ihre Kay Scarpetta Romane zeigen, dass sie sich wenigstens intensiv mit diesem Gebiet beschäftigt.
Und das kann man wirklich von wenigen Ripperautoren behaupten (lassen wir mal Magellan und so weg), das ist ihr Vorteil. Wenn man objektiv bleibt, muss man ihr wenigstens das zusprechen, auch wenn es gewiß größere Experten der Forensik gibt.  :icon_wink:

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Stordfield am 18.12.2008 08:29 Uhr
Hallo !

Sickert hatte , wie so viele Künstler , sicherlich "einen an der Luke" , was ja an sich nicht schlimm ist. Vielleicht war sein Penis auch zu klein und mit Frauen konnte er schon gar nicht umgehen , aber ist das alles , was ihn zum mehrfachen Mörder stempelt ? Okay , eventuell hat er noch den einen oder anderen Brief geschrieben ( allerdings soll er das ja ständig gemacht haben ) und seine Bilder stellen u. a. ein Schlafzimmer dar . Hui , warum wurde der Mann eigentlich damals nicht gleich eingesperrt ? Beziehungen ? Vielleicht zu königlichen Kreisen? Womit ich wieder mitten in der Verschwö...ach , nein , das tue ich mir jetzt nicht an .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Claudia am 18.12.2008 10:41 Uhr
Hi zusammen!

@Harry: Wieso sollte ich ne persönliche Abneigung gegen Cornwell hegen?
Ich hab ihr Buch zunächst durchaus objektiv gelesen, aber es ist schlecht geschrieben und bringt nicht ansatzweise die Beweise gegen Sickert, die angekündigt wurden. Ständig heißt es da "vielleicht" oder "es könnte sein, daß". Das fängt schon mit dieser seltsamen Operationsgeschichte an. Könnte halt sein, daß...Super.
Was soll das denn? So könnte man jeden X-beliebigen hernehmen, sowas ist doch absolut unseriös...
Wenn zB die Zeugenaussagen nicht mit Sickerts Erscheinung übereinstimmen, dann hat er sich vermutlich verkleidet. Klar, so kann ich mir auch irgendeinen Kandidaten als Ripper zurechtschustern. Und wenns kein Motiv gibt, dann salbadert man halt einfach mal über ne Penisverstümmelung daher, egal, obs dafür Beweise gibt oder nicht... :icon_rolleyes:
Und diese Vorgehensweise zieht sich durch das ganze Buch, sehr ätzend.Reisserisch noch dazu, fast bei jedem Opfer kommen Mutmassungen ala : "Vielleicht hat sie noch..." blabla

Und was künstlerische Vorlieben betrifft: Mag sein, daß Dir da nur noch Picasso einfällt, mir einige mehr. Schau Dir mal Frauenakte von zB Schiele an, dagegen ist Sickert ein Waisenknabe.

@Academyfightsong:
Das frage ich mich auch...
Cornwell ist nunmal keine Wissenschaftlerin...
Im Buchtitel lesen wir"Polizeireporterin"...Was bitte ist das genau?
Hat mit wissenschaftlicher Arbeit nichts zu tun.
Desweiteren "Computerspezialistin", ähnlich schwammig, da steht ja nicht etwa Informatikerin...Müsste ich mal genauer nachlesen, mal schauen...
Nunja :icon_verwirrt:

Grüße, Claudia

Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Isdrasil am 18.12.2008 10:57 Uhr
Hi

Ja, die Cornwell und die Wissenschaft...klar, sie ist keine gelernte Wissenschaftlerin. Aber ich möchte ihr nicht absprechen, dass sie sich in Sachen Rechstmedizin und Deutung von Spuren an Leichen etc. auskennt. Meinetwegen hat sie es sich autodidaktisch beigebracht und stand bei ihrer Arbeit als Polizeireporterin in der Rechtsmedizin mit Forensikern in Kontakt. Man darf nicht vergessen, dass sie damals bereits geschrieben hat und gewiss genügend Ansprechpartner hatte, um sich das nötige Wissen einzuholen.
Und nein, sie ist keine Forensikerin und keine Expertin auf dem Gebiet - aber im Gegensatz zu etlichen anderen Ripperautoren versucht sie wenigstens, auch die Verletzungen und Spuren ein wenig professionell zu deuten.
Und das halte ich ihr immerhin zu Gute, denn dieser Versuch fehlt leider oft genug.  :icon_wink:

Aber das hat ja alles nichts mit ihrem Verdächtigen zu tun.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Claudia am 18.12.2008 11:13 Uhr
Hi Isdrasil!

Klar, kann schon sein, daß sie sich da etwas auskennt, wer weiß.
Ich würde es jedoch nicht als gegeben annehmen. So dolle teilen Forensiker ihr Wissen sicher nicht mit den Reportern, kann ich mir nicht vorstellen. Die kriegen halt die üblichen Presseinfos, also im Grunde das, was wir alle nachlesen können, oder?
Ich hab jetzt über Cornwell nur bei wikipedia gelesen und da steht halt so garnichts von irgendner Ausbildung in diese Richtung...
Vielleicht tu ich ihr Unrecht, aber irgendwie riecht das für mich nach Schaumschlägerei...

Und irgendwie entspricht auch das Buch diesem Eindruck,finde ich zumindest :icon_mrgreen:

Grüße, Claudia


Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Isdrasil am 18.12.2008 11:37 Uhr
Hi meine Liebe

Ich sag ja: Ich als Laie habe den Eindruck...vielleicht ists also auch nur Einbildung.  :icon_wink:

Ich versuche ja immer noch zu glauben, dass jeder Mensch bei jeder Sache zumindest in einem Punkt genau weiß, was er da macht...jedenfalls fast jeder. Fast immer.  :icon_mrgreen:

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: JohnEvans am 18.12.2008 16:42 Uhr
Allmählich werde ich neugierig. Vielleicht sollte ich das Buch doch mal lesen ...? :icon_wink:

JE
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Harry Heine am 25.12.2008 18:32 Uhr
@John Evans: Probier es aus - deine Meinung würde mich interessieren!

@alle: Soll ich euch mal die schöne Geschichte erzählen, wie ich das Buch von Cornwell traf? Nein? Alsooooo:

Ich hab in unserer Stadtbibliothek nach Büchern zu "Jack the Ripper" gesucht, und die hatten nur das von ihr. Und ich war total sauer, weil ich zuerst das von Schachner/P. gelesen und im Internet nachgesehen hatte, und die haben das Buch alle so fertig gemacht bzw die Autorin, dass ich dachte, na gut, das ist voll das Arsch-Buch, aber wenn sie sonst keins haben, kann ich's ja mal lesen... Und ich muss sagen, dass mir zum Teil echt die Spucke weggeblieben ist, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass sie forensisch so viel drauf hat. Ich habe null Ahnung von Gerichtsmedizin, aber das hat mich echt beeindruckt, weil ich so damit gerechnet hatte, dass das Buch einfach nur schlecht ist, aber das fand ich gar nicht. Immerhin hat sie die ganzen Dinge auch nicht allein erkundet, sondern sich mit ihren Milliönchen ein mehrköpfiges Expertenteam geleistet, das die Untersuchungen zum Teil vorgenommen hat. Naja, zumindest hat sie eine recht überzeugende Figur eines "Rippers" geschaffen, auch wenn das vielleicht nicht in allem mit dem historischen Walter Sickert übereinstimmt, und vielleicht auch nicht mit dem echten Ripper. Eigentlich gibt sie es ja auch stellenweise selbst zu, dass ihre Recherchen ihn nicht überführt haben. Aber wahrscheinlich hat sie dann am Ende doch der Versuchung nicht widerstehen können, ihn "festzunageln" - vermutlich, weil sie die Figur einfach selbst scheußlich fand, oder Sickert sie an ihren Nachbarn erinnert hat oder was auch immer...  :icon_mrgreen:
Jedenfalls scheint Cornwell auch kein so leichtes Leben zu haben, wenn man den Wikipedia-Eintrag liest. Da tut sie mir richtig leid.

Und noch mal zu Sickert: Wie gesagt, es gibt eine anerkannte Sickert-Expertin (Anna Gruetzner-Robins) die der Meinung ist, Sickert habe einige Briefe des "Rippers" geschrieben, und das kann ich mir auch durchaus vorstellen. Gut, wahrscheinlich war er nicht der Täter. Aber die ganze Sickert-Geschichte erinnert mich etwas an einen guten Witz aus der Vergangenheit von TV Total: da hatte die Bildzeitung getitelt "Olli Kahn - Wer streut die bösen Gerüchte?" Und die überraschende Antwort lautete: Die Bildzeitung selbst!! Mit Sickert ist es ja auch so, dass er selbst sich mehrfach mit dem Ripper in Verbindung gebracht hat - laut seiner Kollegin Marjorie Lilly ja sogar derart, dass er versucht hat, sich als Ripper zu verkleiden und sich in die "Rolle" zu versetzen, während er 1907 die Camden Town Murder - Serie malte. Und auch die "sehr überzeugende" Geschichte, dass er angeblich im Zimmer des Rippers gewohnt haben soll, was ihm die "Landlady" gesagt habe - für diese Geschichte gibt es keine einzige Quelle außer Sickert selbst, und dennoch hat man versucht, sie z.B. auf Druitt zurecht zu schneidern. Ich finde nur - auch wenn das zugegebenerweise kein Beweis ist  :icon_wink: - welche Ironie das gewesen wäre, wenn er selbst der Ripper war. Und alle glauben ihm diese alberne Geschichte, und keiner kommt drauf, was er wirklich damit gemeint hat - da hätte er sich sicher super gefühlt. Aber na gut, es gibt keine Beweise gegen ihn, und seine Mutter sagt, er war in Frankreich, als die Morde begannen... Nur um ihn selbst muss man sich wegen der Verdächtigungen gegen ihn sicher nicht sorgen. Sturgis, sein Biograf, schreibt in seinem Postscript: "that such posthumous celebrity should fall upon Sickert is certainly a curiosity. No less certainly, it is a curiosity which Sickert would have ENJOYED".

Ich hab einfach den Eindruck, dass mit Sickert einiges nicht stimmt. Mag sein, dass er nicht der Ripper war. Überführt ist er keineswegs. Aber komplett sind Cornwells Verdächtigungen sicher nicht aus der Luft gegriffen - und wenn es nur ist, dass er den Ripper irgendwie "bewundert" hat, ohne ihn zu kennen, oder er zu sein.
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Isdrasil am 21.01.2009 13:12 Uhr
Ach ja, gerade zufällig entdeckt - als Motiv auf einer Briefmarke! Da musste ich direkt an die Sache mit den Bildern von Sickert denken... :icon_mrgreen:

Also hier im Anhang Bilder des Malers LOVIS CORINTH. Er lebte von 1858 - 1925. Na, wenn Ihn das nicht verdächtig macht!

Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Floh82 am 21.01.2009 15:02 Uhr
Die weibliche Brust und die Schlachtung von Tieren scheinen es ihm ja angetan zu haben!

Das ist mal wirklich verdächtig ;)
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Raison-d-eatre am 21.01.2009 15:43 Uhr
tja... da müsste man ja wohl einige Leute verdächtigen.

Zitat
Aber komplett sind Cornwells Verdächtigungen sicher nicht aus der Luft gegriffen - und wenn es nur ist, dass er den Ripper irgendwie "bewundert" hat, ohne ihn zu kennen, oder er zu sein

zwar weiß ich was gemeint ist, aber ganz als "Cornwells Verdächtigungen" würde ich es nciht bezeichnen.
Dass Sickert den Ripper in geweisser Weise bewundert hat, dürfte ja spätestens seit seinen "Auftritten als Ripper" und Aussagen von Bekannten, nach denen er sagte er selbst wäre der Ripper gewesen, klar sein.

Auch bei den Briefen kann ich nur zustimmen. Cornwell schreibt ja auch, dass Sickert den "Openshaw"-Brief geschrieben habe - auch wenn ihre 'DNA-Funde' ja nicht gerade als Beweise gelten können.
Ich persönlich bin der Meinung, dass sie da recht hat und er diesen Brief wirklich schrieb.
Das einzige Problem - und der Grund warum der Brief (u.A) nicht als Beweis gelten kann- ist ja, dass selbst ein Laie auf Anhieb sehen kann, dass der Openshaw Biref kein echter Ripper-Brief ist, sonder jemand nur versucht hat - und das zugegebenermaßen recht gut - den Ripper zu kopieren.
Auch wenn sich viele Dinge daran ähneln sieht man einfach, dass die Handschrift gefälscht ist. 
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Horla am 17.09.2009 01:12 Uhr
Hallihallo.
Also zunächst möchte ich Harry Heine zustimmen, angesichts dessen, dass manche Leute gelegentlich Mitleid mit Sickert und seinem Ruf haben. Er hat sich doch selbst immer wieder eingeschaltet, zweideutige Geschichten erzählt und den Eindruck vermittelt, dass er "irgendetwas" weiss. Da braucht man sich dann auch nicht wundern oder beschweren, wenn es Leute gibt, die einem das abkaufen.

Patricia Cornwells Buch macht einem mit Titel, Aufmachung etc. den Mund wässrig, aber hat man es dann gelesen, bleibt ein mehr als schaler Nachgeschmack. Ich halte es ja für durchaus ehrenvoll, für sich zu entscheiden, sich nicht von einem Berg von Sekundärliteratur verwirren zu lassen und rein auf eigene, präzise Recherchen wert zu legen. Allerdings sollten diese dann auch wirklich "präzise" sein!
Es mag ja beeindruckend sein, wie sie mit gerichtsmedizinischen Kenntnisen schwadroniert, Experimente mit original Polizeilampen macht oder bei TV-Dokus zu ihrem Buch mit Messern in Rindfleisch herumfuhrwekt, aber ihr Buch ist alles andere als überzeugend oder ausgiebig recherchiert. Nur als Beispiel: Auf S. 139 schreibt sie doch allen Errnstes "Von Martha Tabran habe ich keine Fotografie gefunden." Im "Jack the Ripper A-Z" (1996) prangt unter den Bildern jedenfalls ein Foto von ihr. Meine "ausgiebigen Recherchen" kosteten mich sage und schreibe 30 Sekunden blättern. Also, bei jemanden, der stets proklamiert genaue Nachforschungen zu betreiben, dürften solche peinlichen Klopper nicht passieren.
Gruss H.
Titel: Re: Walter Sickerts Charakter
Beitrag von: Isdrasil am 18.09.2009 07:28 Uhr
Hi Horla

Erstmal hallo!  :smiley5:

Ja, da kann man eigentlich nur zustimmen. Was soll man dazu noch sagen?  :icon_mrgreen:

Grüße, Isdrasil