@John Evans: Probier es aus - deine Meinung würde mich interessieren!
@alle: Soll ich euch mal die schöne Geschichte erzählen, wie ich das Buch von Cornwell traf? Nein? Alsooooo:
Ich hab in unserer Stadtbibliothek nach Büchern zu "Jack the Ripper" gesucht, und die hatten nur das von ihr. Und ich war total sauer, weil ich zuerst das von Schachner/P. gelesen und im Internet nachgesehen hatte, und die haben das Buch alle so fertig gemacht bzw die Autorin, dass ich dachte, na gut, das ist voll das Arsch-Buch, aber wenn sie sonst keins haben, kann ich's ja mal lesen... Und ich muss sagen, dass mir zum Teil echt die Spucke weggeblieben ist, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass sie forensisch so viel drauf hat. Ich habe null Ahnung von Gerichtsmedizin, aber das hat mich echt beeindruckt, weil ich so damit gerechnet hatte, dass das Buch einfach nur schlecht ist, aber das fand ich gar nicht. Immerhin hat sie die ganzen Dinge auch nicht allein erkundet, sondern sich mit ihren Milliönchen ein mehrköpfiges Expertenteam geleistet, das die Untersuchungen zum Teil vorgenommen hat. Naja, zumindest hat sie eine recht überzeugende Figur eines "Rippers" geschaffen, auch wenn das vielleicht nicht in allem mit dem historischen Walter Sickert übereinstimmt, und vielleicht auch nicht mit dem echten Ripper. Eigentlich gibt sie es ja auch stellenweise selbst zu, dass ihre Recherchen ihn nicht überführt haben. Aber wahrscheinlich hat sie dann am Ende doch der Versuchung nicht widerstehen können, ihn "festzunageln" - vermutlich, weil sie die Figur einfach selbst scheußlich fand, oder Sickert sie an ihren Nachbarn erinnert hat oder was auch immer...
Jedenfalls scheint Cornwell auch kein so leichtes Leben zu haben, wenn man den Wikipedia-Eintrag liest. Da tut sie mir richtig leid.
Und noch mal zu Sickert: Wie gesagt, es gibt eine anerkannte Sickert-Expertin (Anna Gruetzner-Robins) die der Meinung ist, Sickert habe einige Briefe des "Rippers" geschrieben, und das kann ich mir auch durchaus vorstellen. Gut, wahrscheinlich war er nicht der Täter. Aber die ganze Sickert-Geschichte erinnert mich etwas an einen guten Witz aus der Vergangenheit von TV Total: da hatte die Bildzeitung getitelt "Olli Kahn - Wer streut die bösen Gerüchte?" Und die überraschende Antwort lautete: Die Bildzeitung selbst!! Mit Sickert ist es ja auch so, dass er selbst sich mehrfach mit dem Ripper in Verbindung gebracht hat - laut seiner Kollegin Marjorie Lilly ja sogar derart, dass er versucht hat, sich als Ripper zu verkleiden und sich in die "Rolle" zu versetzen, während er 1907 die Camden Town Murder - Serie malte. Und auch die "sehr überzeugende" Geschichte, dass er angeblich im Zimmer des Rippers gewohnt haben soll, was ihm die "Landlady" gesagt habe - für diese Geschichte gibt es keine einzige Quelle außer Sickert selbst, und dennoch hat man versucht, sie z.B. auf Druitt zurecht zu schneidern. Ich finde nur - auch wenn das zugegebenerweise kein Beweis ist
- welche Ironie das gewesen wäre, wenn er selbst der Ripper war. Und alle glauben ihm diese alberne Geschichte, und keiner kommt drauf, was er wirklich damit gemeint hat - da hätte er sich sicher super gefühlt. Aber na gut, es gibt keine Beweise gegen ihn, und seine Mutter sagt, er war in Frankreich, als die Morde begannen... Nur um ihn selbst muss man sich wegen der Verdächtigungen gegen ihn sicher nicht sorgen. Sturgis, sein Biograf, schreibt in seinem Postscript: "that such posthumous celebrity should fall upon Sickert is certainly a curiosity. No less certainly, it is a curiosity which Sickert would have ENJOYED".
Ich hab einfach den Eindruck, dass mit Sickert einiges nicht stimmt. Mag sein, dass er nicht der Ripper war. Überführt ist er keineswegs. Aber komplett sind Cornwells Verdächtigungen sicher nicht aus der Luft gegriffen - und wenn es nur ist, dass er den Ripper irgendwie "bewundert" hat, ohne ihn zu kennen, oder er zu sein.