Autor Thema: Schal von Eddowes  (Gelesen 23050 mal)

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Offline Agatha

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Schal von Eddowes
« am: 24.09.2014 21:59 Uhr »
Hallo, bin neu hier und würde gerne eine kurze Frage stellen, die mich beschäftigt seit der angebl. Identifizierung von Kosminski. Es geht um die Spermaflecken auf dem Schal, irgendwie leuchtet mir nicht so ganz ein, wie sie auf den Schal gekommen sind. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der Ripper die Zeit hatte, sich nach dem Mord noch selbst zu befriedigen, oder während des Mordes ??? Mit der rechten schneidet er und mit der linken ist er grad am rubbeln  :scratch_one-s_head: Aber wie sollen die Flecken dann sind auf den Schal gekommen sein ? Hat er ihn dabeigehabt, als er losgezogen ist in der Nacht mitgebracht, oder war Eddowes vielleicht Putzfrau bei den Kosminskis, sie hat ja bei Leuten geputzt, und ihn dort als Geschenk oder Bezahlung erhalten ? Vielleicht waren die flecken da schon drauf, könnte ja sein, dass Kosminski als Ripper das Tuch zuhause nach seinen Taten für den genannte Zweck genutzt hat. Vielleicht kann mich ja jemand erleuchten. Grüsse Agatha

Offline Shadow Ghost

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #1 am: 24.09.2014 22:15 Uhr »
Hallo Agatha, herzlich Willkommen im Forum.

Die Theorie von Russell Edwards geht eher in die Richtung, dass Kosminski das Tuch mit an den Tatort gebracht hat. Auf dem Tuch befindet sich ja ein Teil mit einem Michaelmas Daisies-Muster (ich weiß jetzt gar nicht wie man das passend übersetzt). Jedenfalls soll das zu Ehren des Erzengels Michael sein und wird von der anglikanischen und der orthodoxen Kirche zu unterschiedlichen Zeiten gefeiert. Bei den einen am 29.9. bei den anderen am 8.11. In den frühen Morgenstunden der jeweiligen Folgetage kam es ja 1888 zu Mordtaten, die Jack the Ripper zugeschrieben werden. Und das hält der Autor für relevant. Er hat also am einen Tatort einen Hinweis hinterlassen, wann er das nächste Mal zuschlagen würde, nämlich in der Nacht vom 8. auf den 9. November. Außerdem bestehe noch die Symbolik von Kosminskis alter Heimat Polen/Russland (orthodox) und seiner neuen Heimat England (anglikanisch). Inwiefern das den jüdischen Glaubens abstammenden Kosminski beeinflusst haben soll, bleibt der Autor schuldig.

Jedenfall hätte Kosminski, da es ja sein Tuch war, sich jederzeit darauf erleichtern können.

Offline Shadow Ghost

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #2 am: 24.09.2014 22:18 Uhr »
Den Gedanken, dass die Eddowes bei den Kosminskis als Putzfrau gearbeitet hat, ist gut; das gefällt mir. Allerdings war es wohl damals wie auch heute noch eher nicht so gern gesehen, wenn die Angestellten ein teures Seidentuch mit Blut besudeln. Aber es muss ja auch keine Daueranstellung gewesen sein...

Offline Agatha

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #3 am: 24.09.2014 22:31 Uhr »
Hallo, St. Michaels Blumen, ich habe es im Artikel gelesen. Das war früher auch in Deutschland ein kirchlicher Feiertag und er wurde und wird ganz gross gefeiert  in der griechisch orthodoxen Kirche. Nachdem ich dachte, dass Eddowes den Schal beim Mord um die Schultern liegen hatte und er dann runtergefallen ist, als sie zu Boden ging, könnte es sein, dass sie mit dem Kopf auf dem schal lag, nach dem Kehlschnitt. Das würde das arterielle Blut darauf erklären. Aber beim Samen tu ich mir da schwerer. Vielleicht hatte sie den Schal erst ganz kurz vor dem Mord geschenkt bekommen und noch keine Möglichkeit gehabt, ihn ins Pfandhaus zu tragen. Evtl.  war er ja ein Präsent oder eine Bezahlung zu St. Michael am 29.9. ?

Offline Shadow Ghost

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #4 am: 24.09.2014 23:02 Uhr »
Die St. Michaels Blumen sind mir entgangen, dabei wurde ich doch katholisch verzogen. Wann früher wurde das gefeiert? Naja, vielleicht auch nicht so in der Stadt, eher auf dem Land?

Naja, zumindest lautet die Theorie (jetzt aber mehr aus den Foren weniger aus dem Buch), dass der Ripper eben ein Stück Stoff dabei hatte um sich während seiner Taten weicher neben seine Opfer knien zu können. Und wenn es sein Tuch gewesen wäre, hätte er ja nach den unterbrochenen Verstümmelungen an der Stride sich irgendwo einen von der Palme wedeln können und wäre dann der Eddowes begegnet. Man weiß es nicht. Irgendwie passt das alles hinten und von nicht zusammen. Wenn es das Tuch des Rippers war, könnte man dann auch DNS-Spuren der Nichols, der Chapman und der Stride daran finden? Oder hatte er für jede Nacht ein neues Tuch? Dann müsste es doch Spuren der Stride geben können? Oder hatte er für jeden Mord ein neues Tuch? Oder war es doch das Tuch der Eddowes, aber dann würde die St.Michaels-Datums-Geschichte nicht mehr passen... oder wusste sie wann sie und Mary Jane Kelly ermordet würden, und wenn ja, warum hat sie nichts dagegen unternommen oder warum wurde sie zumindest nicht als Hexe verbrannt. Ein fauler Zauber könnte dann zumindest noch erklären, wie Amos Simpson in den Besitz des Schals kam? Oder ist er das überhaupt? Vielleicht wurde der Schal durch die Jahrzehnte auch direkt in die Hände seines Nachfahren David Melville-Hayes gebeamt?

Zumindest hat diese ganze schale Geschichte den positiven Effekt, dass allen Foren wieder kräftig Leben eingehaucht wurde.

P.S. Konrad Kujau ist doch schon tot, oder?

Offline Agatha

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #5 am: 24.09.2014 23:17 Uhr »
In katholischen gegenden am 29.9. Eigentlich ist Michael ein sehr bekannter heiliger, einer der erzengel und sogar patron von Deutschland
An dem Tag wurden früher die laufenden Zins- oder Mietzahlungen beglichen, und, wie auch an Maria Lichtmess (daher michaelmas also michaelsmess in deutsch), war es der erste Arbeitstag für neue knechte und mägde. Vielleicht ihr erster Arbeitstag bei den kosminkis und der schal war ihr einstandsgeschenk, gleich schön passend mit den michaelsblumen. Nee, zu weit hergeholt, glaube ich.

Andromeda1933

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #6 am: 25.09.2014 08:43 Uhr »
Hat mir kein Mensch gesagt, dass ich Patron von Deutschland bin! Aber zu spät, jetzt bin ich ausgewandert.

@ Shadow Ghost : der Kujau hat doch sicher einen Nachlassverwalter!
Was der ganzen Geschichte um diesen Schal einen Hauch Seriosität gibt, ist der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung. Was wurde nicht alles zum „Jubiläum“ letztes Jahr an Lösungen, Identifizierungen usw. angeboten (eher gesagt, in die Pfanne geschmissen). Oder wollte Edwards einfach vermeiden, dass seine Theorie mit all dem zu erwartenden Plunder in einen Topf geworfen werden wird? Das wäre schon verständlich.

@ Agatha : Herzlich Willkommen in unserer Mitte! Prima, dass Du bereits in die Materie (JTR) eingedrungen bist. Du brauchst hier natürlich eine gewisse Kosminski-Resistenz....
Die Idee mit der Eddowes als Putzfrau bei Kosminskis ist wirklich Klasse! Womöglich war  Kosminski sogar der Frisör von George Chapman!

Offline Lestrade

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #7 am: 25.09.2014 10:16 Uhr »
Es ist durchaus möglich und wie auch schon hin- und wieder erwähnt, dass beide Opfer des Double Events als Putzfrauen in jüdischen Haushalten oder Geschäften tätig waren. Gerade Liz Stride, die als Schwedin quasi akzentfrei Englisch sprechen konnte, traue ich zu, ebenfalls gut Jüdisch gesprochen zu haben. Setzt sicherlich voraus, regelmäßig mit Juden in Kontakt gewesen zu sein. Da Liz Stride nicht besonders laut schrie als Sie, wie vom Zeugen Israel Schwartz beschrieben, angegriffen wurde, könnte auch darin begründet liegen, dass Sie ihren Angreifer kannte oder zumindest halbwegs einschätzen konnte (was allerdings eine Fehleinschätzung gewesen wäre). Laut dem Zeugen Matthew Packer, wurde Stride öfters in dieser Straße gesehen. Hier liegt eine gute Chance, dass Aaron Kozminski Stride zumindest vom Sehen her kannte. Ging er von einer Straße seiner Geschwister zur anderen, also von der Greenfield Street in die Providence Street, dann wäre der Weg durch die Berner Street logisch gewesen. Von der Greenfield Street (Morris & Isaac) aus überquerte man nur die Commercial Road und war in der Berner Street. In dieser Straße ging man, bis man die Fairclough Street überqueren musste, fast direkt in die Providence Street (Woolf). Tatort bis zur Wohnung von Woolf ca. 1. Minute Fußweg. Da neben dieser Tatortadresse Berner Street (neben dem Sozialistenclub) in 1881/82 Woolf und wahrscheinlich auch Aaron lebten, wird er wohl auch oft genau diesen Weg gegangen sein, wenn er von Geschwister zu Geschwister ging. Vielleicht hat ihm das auch in jener Nacht so wütend gemacht, da ausgerechnet Stride sich neben seinem ehemaligen Zuhause auch zu Zeit der Mordserie sorglos prostituierte. Normalerweise schlug er ja in den Morgenstunden zu, in dieser Nacht war er jedoch früher dran.   

Aus dem Stride Inquest im Oktober 1888:

Elizabeth Tanner (Common lodginghouse deputy 32 Flower and Dean Street):

“She told me she worked among the Jews…“

Michael Kidney (ihr Lebensgefährte):

“She could also speak Yeddish.”

Inquest testimony, The Times, 4 Oktober 1888:

“The lodging house deputy, a widow named Elizabeth Tanner, who knew Stride only by the nickname `Long Liz,` described her as a very quiet woman who sometimes stayed out late at night and did cleaning work for Jews.”

The Times, 4 Oktober 1888:

“Michael Kidney said that Stride could speak Yiddish.”   

Paul Begg-Jack the Ripper-The Facts:

Interestingly, but perhaps coincidentally, another Ripper victim, Catharine Eddowes, also reportedly did cleaning works for Jews.

Inquest Catherine Eddowes, 4 Oktober 1888;

Frederick William Wilkinson (Lodging House Deputy, 55 Flower and Dean Street):

“I believe she got her living by hawking about the streets and cleaning amongst the Jews in Whitechapel.”
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Offline Shadow Ghost

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #8 am: 25.09.2014 10:32 Uhr »
@Agatha
Langsam wird es peinlich für mich; immerhin war die nächste Kirche für mich die St. Michaelskirche. Aber so ein wackerer Katholik war ich dann doch nie. Und Nürnberg war (und ist) jetzt auch nicht die Hochburg des Katholizismus.

@Agatha, Lestrade
Selbst wenn die Eddowes bei den Kosminskis geputzt haben sollte und dort irgendwie in Besitz des Schals gekommen wäre - sei es als Bezahlung, als Geschenk, oder durch Diebstahl - dann hätte sie doch, und das wurde ja oft genug erwähnt, eher diesen Seidenschal verpfändet als die Schuhe ihres Herzallerliebsten. Außerdem, so wird im Buch erwähnt, ist einer der Farbstoffe, mit denen das Tuch gefärbt, leicht wasserlöslich. Die Eddowes hielt sich jedoch viel im Freien auf, auf den Londoner Straßen, in den Hopfengebieten Kents, so dass diese Farbe bereits sehr ausgeblichen sein müsste. Obwohl ich der Meinung bin, dass dies bei einem über 125 Jahre alten Tuch und einer wie auch immer gearteten Lagerung in einem Privathaushalt allein aufgrund der Luftfeuchtigkeit eh der Fall sein sollte.

Was mir gerade noch durch den Kopf geht: Vielleicht hat der Kidney seine Liz einmal Schwedisch sprechen hören und dachte, das wäre Jiddisch. Aber für ihre Jiddisch-Kenntnisse gibt es, so glaube ich, noch andere Zeugen.

Es wäre natürlich interessant, wenn Kosminski das Tuch beim ersten Mord der Stride geraubt und dann nach dem zweiten Mord an der Eddowes verloren hätte.

Offline Agatha

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #9 am: 25.09.2014 11:27 Uhr »
Hallo Shadow Ghost,

ich weiss das auch nur, weils für mich peinlich wäre, wenn ich sowas nicht wüsste da es sich bei der kath. kirche um meinen brötchengeber handelt.... :blush:

Das mit dem Verpfänden hab ich mir auch überlegt, ich kann es mir auch nur so erklären, dass Sie den Schal vielleicht zufällig auch erst an dem Mordtag geschenkt bekam und einfach noch nicht zum verpfänden gekommen ist. Es war Nacht und es war kalt und feucht draussen, denke ich, sie hatte sicherlich irgendwas um die Schultern liegen zum wärmen, als sie auf die strasse gegangen ist. Der Schal kam ihr vielleicht gerade recht.

Offline Lestrade

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #10 am: 25.09.2014 11:48 Uhr »
Dieses Tuch lässt sich wohl ganz klein falten. Stride hat ja wohl eher im Regen gestanden (siehe bei Packer) und somit wäre es ganz ordentlich durchnässt worden, wenn man es offen getragen hätte. Die Frauen trugen ja einige Dinge mit sich herum, die sie recht geschickt verstaut hatten. Der Ripper nahm von seinen Opfer ja nicht nur Organe mit, sondern eben auch andere Dinge, wie die Ringe bei Chapman oder das Stück Schürze von Eddowes. Diese beiden Teile aber vielleicht gerade aus unterschiedlicher Motivation. Er nahm also Trophäen mit. Wir wissen nicht, was letztendlich an Habseligkeiten noch fehlte, weder bei Nichols, Chapman, Stride, Eddowes und Kelly. Und wie auch Nichols einen neuen Hut brauchte um einen besseren Eindruck bei Freiern zu machen, so hätte auch Eddowes dieses Tuch eher als Investition nutzen können und dafür lieber Schuhe verpfänden. Kam Eddowes nicht gerade von der Hopfenernte und nahm noch einen Pfandschein einer anderen Frau an? Kauften sie nicht gerade noch etwas für sich, John Kelly die Schuhe, Sie noch eine Jacke? War vielleicht nicht wirklich nötig, für den Moment, das Seidentuch zu verkaufen. Sie arbeitete möglicherweise eben auch als Putzfrau oder eben auch als Prostituierte, war auch Einkommen. Man muss sich einmal vorstellen, was sie alles trug und auch noch mit sich herumschleppte. Gesoffen hat Sie ordentlich und trotzdem konnte sie das tragen, was sie eben bei sich trug und musste nicht alles zu Geld machen. Und was sollte Sie bzw. Kelly mit einem zweiten Paar Schuhe? Wo am Körper hinhängen bzw. wie lange mit sich herumschleppen? In der Unterkunft lassen? Da blieb wohl kaum etwas Niet- und nagelfest. Also ab in das Pfandhaus. War vielleicht eine Art Rücklage, weil diese Schuhe günstig zu bekommen waren, sie waren ja auch Stammkunden in Pfandhaus. So ein Tuch war aus ihrer Sicht vielleicht einfach nützlicher. Sie war sicherlich fertig, Alkoholismus, Nierenkrank, schwach genährt, Beziehungsprobleme, die waren sehr aktuell und vielleicht ein Grund, sich wieder einmal schwer zu betrinken. Wenn das Tuch echt ist und der Täter darauf onanierte, stellt sich natürlich die Frage, ob es aus seinem Besitz stammte oder eher vom Opfer. Von ihm selber bedeutete ja keine Trophäe. Es könnte jedoch unabsichtlich etwas auf das Tuch, was ihm gehörte, an Sperma gelangt sein. Das ist einfach ganz schwierig zu beurteilen. Ich weiß auch nicht, ob solche Art von Täter überhaupt Zeit zum Onanieren brauchen. Schizophrene sind in der Lage allein durch ihre Gedanken Ejakulationen auszulösen. Gerade wenn man bedenkt, wie erregt ihn das alles vermutlich hatte. In der Regel kommen da auch größere Mengen, dass Tuch schien aber nicht gerade voll damit zu sein. Das Tuch sollte am Tatort gewesen sein, falls die Blutspritzer echt sind. Es muss so platziert gewesen sein, dass eben dieses Blut auf das Tuch gelangen konnte. Am Tatort fand man kein Sperma. Ich halte es aber vielleicht für möglich, dass er bei den Verstümmelungen in die Hose onanieren konnte, ohne überhaupt Hand anzulegen. Steckt er sich das Tuch dann in die Hose, so könnte etwas Sperma darauf gelangt sein. Vieles ist möglich. Wem es allerdings nun wirklich gehörte, ich bin mir nicht sicher, neige aber zum Besitz des Täters.     
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Offline Shadow Ghost

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #11 am: 25.09.2014 12:07 Uhr »
Es müsste sich doch eigentlich anhand des Musters der Blutspritzer feststellen lassen, wo das Tuch in Relation zum Opfer gelegen haben müsste.
Bislang hat man (also zumindest ich) den M.O. des Rippers ja so gedeutet, dass er die Kehlen seiner Opfer erst durchschnitt, als diese am Boden lagen, da es sonst Blutflecken auf der Vorderseite deren Kleidung gegeben haben müsste. Und er schnitt, selbst rechts des Opfers hockend, von links nach rechts, so dass die ersten (und somit stärksten) Spritzer Blutes von ihm weg nach links spritzten. Dies lässt sich wohl am besten durch die Blutspritzer am Zaun im Chapman-Fall belegen. Und sowohl in diesem Fall als auch im Fall Stride und vielleicht im Fall Nichols wäre links des Opfers auch gar kein Platz für ihn mehr gewesen, aufgrund der Lage des Opfers nahe am Zaun bzw. der Hauswand und eventuell des Hoftores bei der Nichols.

Daher müsste sich das Tuch ja auf der linken Seite des Opfers befunden haben. Doch wurde es dann bewusst da hingelegt (weil dem Ripper eventuell daran gelegen wäre etwas Blut aufzufangen) oder ist es zufällig dort hin gefallen.

Eine Untersuchung des Spritzmusters des Blutes auf dem Schal wäre daher sehr wünschenswert.

Offline Lestrade

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #12 am: 25.09.2014 12:19 Uhr »
Ja, die Blutspritzer sollten während des Kehlschnittes auf das Tuch gelangt sein. Die Form (arteriell) sollte wohl definierbar sein und von anderen Formen von Blutspritzern ausgeschlossen werden können. Er, der Kehlschnitt, kann natürlich schon während des Fallens zugeführt worden sein, ansonsten stimme ich Dir zu. Sie waren ja relativ tief und es bedarf einiger Kraft und ich weiß nicht, ob er ihn hätte so gut an dem am Boden liegen Opfer hätte anbringen können. Außer sie waren vorher durch Strangulation ohnmächtig oder KO geschlagen worden. Ein superscharfes Messer hätte das vielleicht auch ohne viel Kraft anrichten können.   
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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #13 am: 25.09.2014 13:29 Uhr »
Schon alles sehr seltsam, schade, dass Amos nichts schriftliches hinterlassen hat zwecks Herkunft des Tuches, so als Vermächtnis an seine Erben. Oder man hat es vielleicht auch noch nicht gefunden.

Offline Lestrade

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Re: Schal von Eddowes
« Antwort #14 am: 25.09.2014 14:58 Uhr »
Vielleicht ist das alles gar nicht so seltsam, wie wir immer meinen Agatha! Möglicherweise, und davon bin ich überzeugt, ist alles ganz simpel. Die Nacht des Double Events mit dem Doppelmord an Stride und Eddowes war in meinen Augen das Verhängnis des Rippers. Zunächst hatte er erst einmal viel Glück. Mehr Glück noch als vorher bei Nichols und Chapman oder, nach dieser Nacht, im Falle von Kelly. Ich bin mir sicher, dass die gefundene Kleidung in der Batty Street , kurz nach dieser Nacht, zu Aaron Kozminski gehörte. Die Batty Street lag ja parallel gegenüber der Berner Street. Zwischen beiden Straßen gab es, so meine ich, sogar einen Durchgang. Vom Tatort Stride ging man quer links über die Straße durch den Durchgang und kam bei der Wäscherin, die etwas gefunden hatte, direkt heraus. 30-45 Sekunden Entfernung per Fuß?! Der Täter, in meinem Falle eben Aaron Kozminski, wurde dann im Oktober 1888 observiert. In dieser Zeit geschah auch kein weiterer Mord. Diese Observation dauerte auch nicht lange weil, den Berichten zu folge, die Presse neben der Polizei ständig vor Ort war und Aaron Kozminski auch nicht mehr das Haus verließ. Also hat man diese Sache erst einmal abgeblasen. Die Identifikationen durch Zeugen waren vielleicht gar nicht so einfach aber vielleicht auch nicht ganz unmöglich. Ich denke, dass einige ihn dann gesehen haben aber nur aus der Entfernung. Der beste von allen Zeugen, meiner Meinung nach, war Joseph Lawende. Es gab da noch den Konstabler vom Mitre Square aber der, so denke ich, sah nur jemanden von der Gestalt und vom Gang her aber kein Gesicht und keine weiteren Details. Lawende war entspannt, er war mit Freunden unterwegs, er war etwas neugierig, hatte keine Angst oder Panik, wie der andere gute Zeuge, Israel Schwartz. Der schien mir eher überfordert gewesen zu sein. Einen wirklich guten Blick hatte Lawende. Und ich glaube, das was er sah, war die beste Beschreibung. Und er sah einen Mann, der die Erscheinung eines, wenn auch rauen, Seemannes oder Matrosen bzw. ähnlichem hatte. Die Jacke, der Schal, die Mütze, den Schnauzer, das Gehabe vielleicht. Ich denke, genauso sah Aaron Kozminski bis zum Double Event aus. Vielleicht war es auch sein Trick, wie ein potentieller Kunde für die Prostituierten auszusehen, denn Matrosen und Co. waren schon die Hauptkundschaft für die Prostituierten dort. Vielleicht war das auch gar nicht seine Alltagskleidung. Ein ähnlicher Killer, Richard Trenton Chase, trug während der Mordserie einen orangefarbenen Parker o.ä., wenn ich mich recht erinnere. Sein Vater hatte ihm diesen geschenkt und er zog ihn einfach nicht mehr aus. Vielleicht passierte etwas Ähnliches auch mit der Kleidung von Aaron Kozminski. Ich denke, man hatte den Zeugen Aaron Kozminski aus der Ferne gezeigt, vielleicht aus einer Kutsche heraus. Der Streifenpolizist sagte vielleicht, dass es gut der Mann sein könnte, so vom Gang her und von der Größe, Schwartz winkte vielleicht ab aber Lawende hätten gesagt haben können: Ich weiß nicht, mein Bauch sagt er könnte es sein aber er ist anders gekleidet und frisiert. Der Grund könnte der gewesen sein, dass Aaron Kozminski nach dieser Nacht des Double Events sein Äußeres radikal geändert hatte. Er hatte allen Grund dafür, denn er wurde mehrmals gesehen. Haare ab, Schnauzer ab, andere Kleidung. Im Prinzip keine Chance für die Zeugen, zunächst...

Sein verändertes Äußeres hätte er sicherlich erst einmal beibehalten. Nach Kelly, so vermute ich, machte sein Schwester Matilda nicht mehr mit und suchte den Kontakt zur Polizei. Vielleicht war ihr etwas nach dem Mord an Kelly bei ihrem Bruder aufgefallen. Ich denke, er wurde danach erneut observiert und zwar für ca. drei Monate, bis er (wieder) in eine private Anstalt kam (für einige Zeit). Ich vermute, die Schwester informierte die Polizei stets in der Folgezeit, wenn er aus einer Behandlung entlassen wurde. So, dass Aaron Kozminski quasi unter Dauerbewachung war (Polizei/Anstalt/Familie). Kann ja auch sein, dass der Messerangriff auf seine Schwester (es kann eigentlich nur Matilda gewesen sein) eine Reaktion darauf war, dass Sie ihm die Tour vermasselte und ihm vielleicht sogar in´s Gesicht sagte, dass Sie wüsste, dass er Jack the Ripper war. Das er zweimal in ein öffentliche Einrichtung (Arbeitshaus) kam, Juli 1890 und Februar 1891, für jeweils wenige Tage, könnte damit zusammenhängen, dass sein Zustand immer unerträglicher wurde, so dass die Familie schon aus unvorstellbarer Verzweiflung handelte. Auch ein Grund, warum man ihn dann dem Staat übergab, der öffentlichen Einrichtung Colney Hatch. Wichtig war für alle, ihm vom Morden abzuhalten. Wichtig, ihn einfach aus dem Bereich der Prostitution zu entfernen, so oft und so lange es ging.

Aber gerade als es ihm schlechter ging, hätte es Aaron Kozminski nicht mehr schaffen können, sein “Jack the Ripper- Gesicht“ vom Herbst 1888 aufrechtzuerhalten. Da waren vielleicht wieder die längeren Haare, ein Schnauzer und ein Bart und vielleicht griff er wieder zu der Verkleidung als Matrose. Dann sah er das erste Mal für die Polizei so aus, wie er von Lawende beschrieben wurde. Gut möglich, dass die Polizei dann überzeugt war, dass Lawende ihn nun identifizieren könnte und zwar mit Sicherheit. Irgendwann zwischen Juli 1890 und Anfang 1891 brachte die Polizei Kozminski nach Brighton, Polizeisanatorium, in der Überzeugung, dass er bis zur Verhandlung da bleiben konnte, medizinisch versorgt und dass man dafür sorgen würde, dass er nicht wieder seinen Look verändern würde. Lawende sollte ihn tatsächlich wiedererkannt haben und umgekehrt wohl auch. Aber dann bekam Lawende mit, dass dieser Mann auch Jude ist…

Man muss sich vorstellen, dass die gesamte Kozminski- Familie als auch Lawende, ihr ganzes Leben unter Antisemitismus gelitten haben und das es sicherlich nicht so einfach war, dass mit allen anderen Dingen zu händeln.

Und so hätte der Schal irgendwann in die Hände von PC Amos Simpson gelangt worden sein können, eines der Beweisstücke aus dem Wäschesack, der bei Frau Kuer in der Batty Street gelandet war. Wer hätte das überhaupt noch gebraucht? Hier nimm mit, stammt vom Eddowes Tatort…


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