Sensationell oder? Ich sag ja, die legen nach und nach alles offen...
Hier noch ein "kurzes" Statement meinerseits:
Ich komme aus einer sehr großen Familie. Wir sind sieben Kinder (Die Kozminski- Geschwister waren auch zu siebt, Pessa, Helen, Isaac, Matilda, Bertha, Woolf und Aaron. Pessa wurde nur drei Jahre alt). Ich habe 5 ältere Schwestern. Meine älteste Schwester ist 17 Jahre älter als ich und 18 Jahre älter als mein ein Jahr jüngerer Bruder. Eine meiner Schwestern ist leicht behindert, da gab es Komplikationen während der Geburt. Ich bin quasi der Woolf Abrahams meiner Geschwister und Nein, mein Bruder hat nichts mit Jack the Ripper gemeinsam. Sein Interesse an diesem Fall liegt ungefähr zwischen 0 und einem kräftigen Schluck lauwarmen Wassers. Meine Mutter lebt Gott sei Dank noch, Vater weilt nicht mehr unter uns. Meine Mutter hat noch eine Schwester, beide haben unterschiedliche Väter. Mein Vater hat bzw. hatte noch neun Geschwister. Sie waren fünf Schwestern, fünf Brüder. Einer seiner Brüder, einer meiner Onkels hatte z.B. zwölf Kinder. Zehn in einer Ehe, zwei mit einer anderen Frau. Ich bin 12-mal Onkel und selber Vater eines Sohnes. Meine Cousinen und Cousins, egal welche Grades, sind mir nicht alle bekannt. Diese Familie verstreut sich auf dem ehemaligen Gebiet der DDR, Westdeutschland, Australien sowie USA. Die Eltern meines Vaters stammen aus Polen. In dem Ort wo ich aufwuchs, wohnten bzw. wohnen alle Verwandte dicht beieinander. Der Vater meines Vaters, also Opa, heiratete die Mutter meiner Mutter, also Oma. Meine Eltern sind Stiefgeschwister aber nicht blutsverwandt. Einer meiner Neffen heiratete die Stieftochter meines Bruders, die Tochter aus erster Ehe seiner jetzigen Frau. Auch wir haben in unserer Familie so manches Geheimnis, das niemand ahnt und viele auch gar nicht wissen wollen. Genau wie Woolf Abrahams, war ich gezwungen oft in meinem Leben den Wohnsitz oder gar den Ort zu wechseln. Jetzt, mit 40 Jahren, ist Schluss damit. In meiner Familie triffst Du alles an, von Asozialen über den Normalo bis zu sehr gut Gebildeten. In solchen Familien- Konstellationen ist alles, aber auch alles möglich. Ich kann mich in Großfamilien, wie die der Kozminskis, sehr gut hineinversetzen und bin gut im Bilde über die Rollen, welche die einzelnen Figuren darin spielen bzw. spielen müssen. Ich weiß es aus erster Hand. Meine Erfahrungen sind auch der Grund, warum ich mich so sehr für Aaron Kozminski und Co. interessiere. Es ist ein Grund, nicht der einzige.
Aaron Kozminski´s Probleme fingen 1885 an und dürften sich Jahr für Jahr verschlimmert haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass es für alle Angehörigen immer schwieriger wurde, mit ihm zusammenzuleben. Sei es nun für Woolf und die seinen, Isaac oder Matilda. Vielleicht auch für Jacob Cohen. Nicht nur im Zusammenleben, sondern auch im Arbeitsleben dürfte es von Jahr zu Jahr schlimmer geworden sein. Solch ein Mensch mit einer derartigen Erkrankung, dürfte von niedrigem Selbstwertgefühl, extremen Minderwertigkeitskomplexen und Angst gepeinigt gewesen sein. Ein normales soziales Leben scheint mir abwegig also dürfte ihn seine Familie durchgeschleppt haben. Vielleicht half er mal in der Schneiderei aus, bei Morris und Matilda als Hilfsschuhmacher, bei Jacob als Schlachtergehilfe. Vielleicht wollte er einmal so etwas wie Arzt werden und landete bei einem Friseur. In diesen Familien gab es Kinder und Frauen. Kinder wollen geschützt werden, mit Frauen konnte Aaron, falls er der Ripper gewesen war, ohnehin nicht. Mutter und Schwestern dürften ein Greul für ihn gewesen sein. Nun entwickeln sich, neben seiner Erkrankung, auch seine schon in Kinder- und Jugendtagen entstandenen Gewalt- und Verstümmelungsfantasien. Sie gehen Hand in Hand mit seiner sexuellen Entwicklung und was für uns Sex ist, bedeutet für ihn Verstümmeln. Natürlich bedingen sich diese Dinge einander. Aber es kommt der Tag, da können die Familienmitglieder sein Verhalten kaum noch ertragen. Masturbation, zusammenhangloses Gerede, sein reges Innenleben, welches kaum eine halbwegs brauchbare Kommunikation zulässt. Weltvorstellungen, die weit von der Realität entfernt sind, Verfolgungswahn, welcher Mitmensch hält das aus?
Bevor ein Serienkiller, egal welcher Art, wirklich anfängt zu morden, gibt es immer ein letztes, entscheidendes Ereignis oder mehrere Ereignisse. Im Falle von Aaron könnte dies bedeuten, dass er Anfang 1888 zu spüren anfing, dass seine Familie ihn nicht mehr wollte, jedenfalls nicht so, wie er war. Das seine Arbeitskraft nichts mehr nützte, dass er immer mehr zum Nichtsnutz wurde, dass gerade die Frauen in der Familie, in seiner Umgebung begannen, ihn total und vollkommen abzulehnen. Vorher war da schon nicht viel. Auch seine Brüder könnten, seine ohnehin missliche Lage, durch diese und jene Taten verschlimmert haben. Irgendwann holt er sich nun auch noch eine Geschlechtskrankheit. Das Fass fängt an überzulaufen.
Oftmals ist solche Art von Täter, bevor sie anfingen zu morden, mit der Psychiatrie in Berührung gekommen. Zwischen Emma Smith und der Tat an Tabram, kann ich mir durchaus vorstellen, dass der Ripper einige Zeit stationär untergebracht worden war. Also Sommer 1888. Im Falle von Aaron Kozminski, hätte dies schon für besondere Verzweiflung in der Familie Kozminski stehen können.
Nun wohnen und arbeiten Woolf, seine Frau und Kinder, in der Providence Street. Aaron ist mit dabei. Matilda, Isaac und Jacob helfen wo sie können, Woolf kommt, wohlmöglich auch wegen des Ballastes Aaron nicht wirklich auf die Beine. Vielleicht schieben sie Aaron hin- und her, vielleicht leben Woolf, seine Frau und die Kinder aber auch nach Feierabend oder an den Wochenenden bei den Geschwistern, vielleicht ist es eine Mischung aus beiden. Alle befinden sich ja nur wenige Straßen voneinander entfernt. Und vielleicht ließen sie Aaron schon im Juli/ August die ersten Male an Feiertagen oder Wochenenden alleine in der Providence Street. Vielleicht bemerken sie nach der DoubleEvent- Nacht: “Moment! Bei uns um die Ecke schlug der Ripper zu und auch noch im Mitre Square, wir haben hier blutige Kleidung“, die sie vielleicht zufällig fanden. Der Mord nahe ihrer Wohnung ließ sie nach dem rechten schauen. “George Yard, Buck´s Row, Hanbury Street, Berner Street und Mitre Square, jedes Mal waren wir nicht daheim und Aaron war alleine“. Jetzt stellen sie (die Polizei) uns und Aaron dumme Fragen. Der Familienrat muss tagen. Woolf seine Frau und die Kinder bleiben ab Oktober bei den Verwandten, Woolf führt zunächst das Geschäft weiter, wohnt permanent da, beobachtet Aaron. Seine Frau findet manchmal den Mut mitzuhelfen. Es ist eine Extremsituation. Aaron verhält sich die nächsten Wochen unauffällig. Als Woolf wieder einmal Aaron alleine lässt, ist es die Todesnacht von Kelly. Vielleicht haben er, Isaac und Jacob, Aaron nach dieser Nacht irgendwo hingebracht. War schon einmal vor Kelly der Fokus auf Aaron gefallen, dann wäre die Polizei noch einmal zu ihm hin. Anderson behauptete ja, Jack the Ripper wäre in einer Anstalt vom jüdischen Zeugen identifiziert worden. Wurde er aus dieser entlassen, nach Hause, dann hätte die MET ihn von der Providence Street in das Seaside Home bringen können, wo möglicherweise der City PC wartete. Als Aaron von dort zurückgebracht wird, ist Woolf auch erst einmal weg. Manchester käme schon in Frage, schließlich zog er da ja auch alsbald mit Frau und Kinder hin. Cox hätte nun, Aaron alleine im Haus des Bruders observieren können. Wie erwähnt, wollte er das drei Monate getan haben. Macnaghten ´s “ungefähr um März 1889“ käme da schon hin. Die Überwachung und Absicherung durch die Polizei endet, die Familie rückt wieder auf den Plan und sie weisen Aaron erneut irgendwo ein. Wer weiß wie Familie und Polizei interagierten. Anderson hatte ja angeblich einen Informanten, einen weiblichen…