Hallo Chris,
als Beispiel habe ich neulich hier einmal den Tatort Hanbury Street angeführt. Mrs. Long sah einen fremdländisch aussehenden Mann um die 40 Jahre, der mit Annie Chapman in Kontakt kam. Was, wenn dieser Mann mit Annie Chapman in den Hinterhof ging, aber in jenem Hinterhof der Killer bereits anwesend war? So könnte aus Mrs. Long´s “Verdächtigen“, auch ein guter Zeuge geworden sein. Ähnlich auch im Falle von MJK. Beim Verdächtigen von Hutchinson, Astrakhan- Man, könnte man ähnliches spekulieren. Was, wenn der Modus Operandi von Jack the Ripper u.a. den Inhalt hatte, dass er sich an Stellen versteckte bzw. den Opfern auflauerte, die dafür bekannt waren, dass sich Prostituierte dorthin zurückzogen? Der Hinterhof der Hanbury Street, der Dutfields Yard im Falle Stride, der Miller´s Court bei Kelly, ja sogar der komplette Mitre Square bei Eddowes? Der war gar nicht so groß. Bliebe Nichols aber ziehen wir vielleicht in Betracht, dass Sie noch kurzzeitig aus solch einem Yard der Ripper entfliehen konnte, ehe er sie stellte… Im Dutfields Yard war die Chance für solch einen MO- Teil gut ausgelegt. Sie wurde zwar vor dem Yard, an dessen Eingang angegriffen (laut Schwartz) und es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass jemand zweimal in einem so kurzen Zeitraum angegriffen wird, aber spekulieren wir auch hier einmal und zweifeln an der richtigen Darstellung durch den Zeugen Schwartz und sei es nur durch eine ungenügende oder gewollt veränderte Wiedergabe durch den Übersetzer. Letztendlich müssen wir sogar den Zeugen Lawende, bei solch einem Täterverhalten, als jemanden betrachten, der gar nicht den Ripper sah, sondern einen normalen Freier. Ich möchte noch einmal auf den Dutfields Yard und dem Opfer Stride sowie auf Schwartz zurückkommen. Neulich las ich darüber, dass William West (bekannt, ansonsten bitte Casebook schauen), geboren 1861 in Litauen als Woolf Wess, u.a. tätig für “The International Working Men's Educational Club in Berner Street, also dem Stride- Tatort, möglicherweise der Übersetzter zwischen Schwartz und der Polizei gewesen sein könnte. Kann man Menschen zutrauen, unter solchen Bedingungen wie damals, eine Aussage so zu verändern, dass anstelle eines Angreifers, der aus dem Innenraum des Yards erschien, jemand eher und “vorteilhafter“ ein paar Meter vor Schwartz auf der Straße lief? Ich weiß es nicht, wollte mich jedoch dieser Art von Spekulation hingeben. Was denkst Du darüber?
Bei der Überlegung Einzeltäter, Duo oder Gang stimme ich dir soweit zu, dass man durchaus erst zum Zeitpunkt der ersten Briefe sich mehr oder weniger auf die Möglichkeit festlegte, dass ein Einzeltäter am Werk sei. Ob man tatsächlich gänzlich von der Möglichkeit abging, nach einem Täter Duo oder einer gangähnlichen Konstellation zu suchen, das bezweifle ich. Ich denke, man vermutete längerfristig durchaus Mitwisser. Aber sicherlich hatte sich die Art und Weise solch einer Konstellation, genauso wie eine Wahrscheinlichkeit dessen überhaupt, im Lauf der Zeit von MEHR zu deutlich WENIGER verändert bzw. verringert. Da gab es ja noch den Charakter “Leather Apron“, ein- vielleicht auch mehrere Personen, die dessen bezichtigt wurden. Aktuell waren wahrscheinlich stets alle Möglichkeiten in Betracht gezogen worden. Die des Einzeltäters “manifestierte“ sich dann aber doch mit der Zeit.
Apropos “Leather Apron“, die Legende über ihn unterstreicht auch etwas die oben geschilderte Theorie, des durchaus aus dem Hinterhalt auftauchenden Angreifers. Er soll ja plötzlich und lautlos, wie aus dem Nichts, hinter den Prostituierten aufgetaucht sein. Wie dem auch immer war…
Die Theorie über Carl Feigenbaum kenne ich, sie stammt allerdings prägend von Trevor Marriott. Das mag jetzt abwertend klingen, ist aber in der Tat nicht so gemeint. Mit viel Fantasie kann man sich das selbstverständlich gut vorstellen, ich glaube allerdings selber nicht an diese Theorie.
Trevor Marriott ist sicherlich als Ex- Ermittler nicht die schlechteste Wahl, sich dieser Dinge zu widmen. Müsste man meinen. Allerdings denke ich, dass er in seinen Praxis-Jahren besser war. Nein, besser gewesen sein muss, hoffe ich jedenfalls.
Ich bin ein großer Fan einiger Ripperologen, Autoren oder Researchern, wie man sie auch immer nennen will. Jeder hat, wie sollte es auch anders sein, seine Eigenarten, Stärken und Schwächen. Und jeder hat eben auch seine Motivationen hinter alle dem. Bei Trevor Marriott findet man viele nützliche Informationen, hervorragende Beiträge, man erkennt das Potential seiner Fähigkeiten aber er wirkt auch irgendwie verbohrt, stur und uneinsichtig. Ich traue ihm durchaus zu, eines Tages einen entscheidenden Beitrag zu liefern. Oftmals muss man sich allerdings fragen, warum er all seine “Beweise“ nicht vorlegen will. Er hat gar keine, so scheint die Realität. Großen Respekt habe ich gegenüber seinem Arbeitseifer, seinem Engagement, seinem Fleiß und seiner Ausdauer. Mir imponiert auch die Art wie er mit der Situation umgeht, der “Arsch vom Dienst“ zu sein. Und er sorgt bei mir doch des Öfteren für Erheiterung. Ich vermute, er ist der Typ von Mensch, mit dem man privat dann doch ganz gut zurecht kommt, außerhalb der Obsession für Jack the Ripper bzw. naheliegenden Themen, mit denen er sich ja auch befasst. Er ist vielleicht doch etwas der Romantiker, so ganz heimlich. Mittlerweile habe ich ihn gar etwas lieb gewonnen.
Nun zurück zu Carl Feigenbaum oder wie er auch immer hieß. Er ist ja auch ein gutes Beispiel für Namesverwirrungen, wie sie ja hin- und wieder in diesem Falle anzutreffen sind. Ein deutscher Seeman also. Wer fällt mir spontan noch ein im Bezug deutscher Sprache bzw. deren Schrift? Wer wurde oder könnte diesbezüglich verdächtigt werden?
Spontan fallen mir diese Männer ein:
Charles Ludwig, der deutsche Friseur
Jacob Isenschmid, der Schweizer Butcher
Aaron Kosminski (17. November 1893 in Colney Hatch “Only speaks German (?Yiddish)
David Cohen (28.Dezember 1888 in Colney Hatch “Chiefly speaks in German”)