Autor Thema: Kampfspuren ?  (Gelesen 11846 mal)

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Stordfield

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Kampfspuren ?
« am: 24.09.2009 16:43 Uhr »
Hallo !

Im Allgemeinen wird ja immer davon ausgegangen, dass der Ripper schnell und lautlos tötete. Was ist aber von der Meldung in "The Star" vom 31.8.1888 zu halten, in der von Abwehrverletzungen an den Händen und ausgeschlagenen Zähnen berichtet wird? Auch vernahmen Anwohner wohl einen Tumult, ordneten ihn aber als eine der üblichen Schlägereien ein. Alles nur Zeitungsgewäsch? Übrigens soll bei Polly (laut gleichem Artikel), genauso wie bei Annie ein Ring fehlen.
Was mich jetzt, nach dem Lesen des Beitrags bewegt, ist die Frage, ob die Opfer ihren Angreifer verletzt haben könnten.

Gruß Stordfield

Miss Wilson

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Re: Kampfspuren ?
« Antwort #1 am: 25.09.2009 12:40 Uhr »
 :icon_confused: Ja gute Frage. Das ist wieder eine dieser Sachen, wo man einfach nicht weiß was man denn nun glauben soll.

Vielleicht wurde bei der mündlichen Überlieferung damals teilweise etwas übertrieben? So a la: Ja, der killt ganz lautlos und schnell, die konnte noch nicht mal daran denken, sich überhaup zu wehren?
Um dem Ganzen vielleicht noch etwas mehr Schrecken zu verleihen?

Oder aber "The star" wollte das ganze etwas interessanter machen mit den ausgeschlagenen Zähnen usw?

 :icon_verwirrt: Oder ein Mittelding aus beiden...?

Edit: Um auf die eigentlich Frage zurückzukommen- ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich mehr als ein paar blutige Kratzer geholt hätte.

Offline panopticon

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Re: Kampfspuren ?
« Antwort #2 am: 25.09.2009 15:39 Uhr »
Der Artikel klingt ein wenig nach einer Überinterpretation sachlicher Feststellungen.
Wenn in Bezug auf einen Mord auf offener Straße einfach nur sachlich erklärt wird, dass dem Opfer Zähne fehlen, könnten Berichterstatter schon auf die Idee kommen, dass dies explizit erwähnt wird, weil es in direktem Zusammenhang mit dem Verbrechen steht. Da müssen sie vielleicht gar nicht bewusst übertreiben. Bei den Blutergüssen war sich Dr. Llewellyn ja laut eigenen Aussagen nicht sicher, ob sie von Faustschlägen oder von Fingerabdrücken aufgrund von Druckausübung stammten. Des Weiteren  ging er ja auch davon aus, dass der Mörder vor Polly stand, wodurch sich so mancher Reporter automatisch zur Vorstellung eines Kampfszenarios hätte hinreißen lassen können. Bei der gerichtlichen Anhörung (die war wohl nach besagtem Star-Artikel) erwähnt Llewellyn aber ausdrücklich, dass es am Tatort keine Kampfes- oder Schleifspuren gab. Dafür hatte der Reporter aber noch ein paar Aussagen von Leuten, die – wenn auch viel zu früh – etwas gehört haben,...

Woher jedoch die Geschichte mit dem Ring wieder kommt, ist mir in diesem Fall auch komplett schleierhaft. Vielleicht war die Leiche am Handkarren im Hinterhof der Leichenhalle während des Wartens auf den Schlüssel oder bei ihrem Transport dahin doch nicht so ganz so blickgeschützt, wie sich die, die sie dorthin brachten, das vorgestellt haben? Vielleicht hat der Schreiber des Textes zumindest ihre Hand / ihren Arm gesehen und hier eigene Vermutungen angestellt? (In dem Artikel steht ja auch über der Beschreibung von Nichols: „our reporter says:“) Ich frage mich ja schon länger, ob man bestimmte Reporter nach abgeschlossener Untersuchung nicht auch Eintritt in die Leichenhalle gewährt hat – zumindest den Zeichnern für die Polizeiillustrierte? Weiß da jemand mehr darüber? Bis dahin kann sich ja auch einiges verändert haben...

Ich persönlich glaube bislang auch nicht, dass der Täter vom Opfer verletzt werden hätte können (mit Ausnahme des Gesichtes vielleicht). Diese Tat, ob nun erste oder nicht, erscheint schon sehr vorsätzlich, da wird er wohl schon bei seiner Kleidungswahl Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben. (Vielleicht hat aber die Kleidung was abgekriegt...?)

best regards,
panopitcon

Lorasma

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Re: Kampfspuren ?
« Antwort #3 am: 26.09.2009 10:23 Uhr »
Hallo!

Ich bin auch der Meinung, dass der Täter nur kleinere Blessuren davongetragen haben kann.
Davon ausgehend, dass ihm die Opfer freiwillig folgten, um ihre "Dienstleistungen" zu erbringen, kam es meiner Ansicht nach ganz sicher nicht zu einem Kampfgeschehen. Ich frage mich dennoch, wie genau er vorgegangen ist... Kann es sein, dass die Frauen mit dem Rücken zu ihm standen um so zu vermeiden, dass sie das Messer in seinen Händen sahen? Ich frage nur, weil ich mir vorstellen kann, dass es vergelichsweise lange dauert, wenn man das Opfer zunächst erwürgt und dann erst die Kehle durchschneidet... Grrr ich glaub ich will es mir gar nicht vorstellen...... :icon_neutral:

Hat man das im Zuge der Ermittlungen mal nachgestellt?

Viele Grüße und ein schönes Wochenende!

Lorasma

Arthur Dent

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Re: Kampfspuren ?
« Antwort #4 am: 03.10.2009 18:37 Uhr »
Hallo!

Ich bin auch der Meinung, dass der Täter nur kleinere Blessuren davongetragen haben kann.
Davon ausgehend, dass ihm die Opfer freiwillig folgten, um ihre "Dienstleistungen" zu erbringen, kam es meiner Ansicht nach ganz sicher nicht zu einem Kampfgeschehen. Ich frage mich dennoch, wie genau er vorgegangen ist... Kann es sein, dass die Frauen mit dem Rücken zu ihm standen um so zu vermeiden, dass sie das Messer in seinen Händen sahen? Ich frage nur, weil ich mir vorstellen kann, dass es vergelichsweise lange dauert, wenn man das Opfer zunächst erwürgt und dann erst die Kehle durchschneidet... Grrr ich glaub ich will es mir gar nicht vorstellen...... :icon_neutral:

Hat man das im Zuge der Ermittlungen mal nachgestellt?

Viele Grüße und ein schönes Wochenende!

Lorasma



Für die plausibelste Vorgehensweise des Rippers halte ich, dass er sich ihr zunächst wie ein gewöhnlicher Freier genähert und sie befummelt hat. So konnte er seine Hände ohne Verdacht zu erregen zu ihrem Hals gleiten lassen und dann blitzschnell zufassen und würgen bzw. mit Halstuch/Schal strangulieren. Sicher, dazu braucht man bestimmt kräftige Hände, aber ihm kam ja der Überaschungseffekt zugute.
Und erst, nachdem das Opfer bewusstlos zu Boden geglitten war, zückte er sein Messer und durchtrennte ihre Kehle. So sind die extrem tiefen Schnitte bis zur Wirbelsäule zu erklären. Außerdem verhinderte diese Vorgehensweise, dass er zu stark mit Blut besudelt wurde.

Allzuviele Kampfspuren dürfte er damit nicht davongetragen haben, wenn er dickere Herbstkleidung trug. Gegen Kratzspuren an den Händen könnte er Handschuhe getragen haben. Solange es seinen Opfern nicht gelang, sein Gesicht zu erreichen, wird er wohl höchstens ein paar blaue Flecken unter der Kleidung abbekommen haben.


MfG, Arthur Dent


Stordfield

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Re: Kampfspuren ?
« Antwort #5 am: 09.10.2009 12:37 Uhr »
Hallo !

Allzuviele Kampfspuren dürfte er damit nicht davongetragen haben, wenn er dickere Herbstkleidung trug. Gegen Kratzspuren an den Händen könnte er Handschuhe getragen haben. Solange es seinen Opfern nicht gelang, sein Gesicht zu erreichen, wird er wohl höchstens ein paar blaue Flecken unter der Kleidung abbekommen haben.

Das stimmt sicher. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass JtR so ganz ohne Blessuren davonkam. Die Opfer müssen sich in ihrem Todeskampf doch verzweifelt gewehrt und gerade auch beim Würgeangriff krampfartig irgendwo festgekrallt haben. Mit ihrem nahen Ende vor Augen werden sie dabei extrem große Kräfte aufgewandt haben können.

Gruß Stordfield

Offline panopticon

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Re: Kampfspuren ?
« Antwort #6 am: 12.10.2009 21:12 Uhr »
Hallo!
Für die Sache mit dem Ring hätte ich jetzt vielleicht eine mögliche Lösung parat:
Offensichtlich wurde zumindest ein Reporter des East London Observer ins Leichenhaus gelassen.
Dessen Bericht erschien zwar erst einen Tag nach dem Bericht im Star (also am Samstag, dem 1. September), allerdings kann man darin lesen:

"Accompanied by Mr. Edmunds, the keeper, our reporter visited the temporary resting place of the victim on Friday morning."

Der Reporter, dem auch die Leiche von Polly gezeigt wurde, hält darin fest:

"The hands were still tightly clenched. (...) There were no rings upon the fingers, and no distinguishing marks either about the face or the body."

Könnte es nicht sein, dass der Star irgendwie von diesen Beobachtungen schon am Vortag etwas mitbekommen hat (z.Bsp. ein Gespräch des Reporters) und der Konkurrenz natürlich  zuvorkommen wollte? Er könnte die Aussage über die Ringe ja so interpretiert haben, dass Ringe entfernt wurden - und das "no" bei den "distinguishing marks" einfach überhört haben... Vielleicht war aber auch ein Star-Reporter offiziell mit von der Partie, dem die Ring-losen, noch "stark verkrampften/geballten" Hände ebenfalls auffielen, und der bezüglich der Verletzungen einfach übertrieben hat? (Der Star war ja für extrem "reißerische" Geschichten bekannt..)

Es handelt sich dabei übrigens um den Bericht, den ich schon auch bei "Trow´s Verdacht" angeführt habe:
East London Observer, 1 September 1888, Abschnitt "In the Dead-House"
http://www.casebook.org/press_reports/east_london_observer/elo880901.html

Grüße,
panopticon