Autor Thema: Profiling im Allgemeinen - Methoden, Kritiken und Fragen  (Gelesen 26503 mal)

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Offline Pathfinder

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Re: Profiling im Allgemeinen - Methoden, Kritiken und Fragen
« Antwort #45 am: 13.10.2007 19:43 Uhr »

so würde dann auch einiges dafür sprechen, dass jtr selber ein eastender war (kein muss), sozusagen ein gewohnter anblick.
wie du so schön gesagt hattest ist es schon ein phänomen, dass erst der doppelmord unruhe in der bevölkerung gebracht hatte.
es gab ja zur gleichen zeit die torso-morde, der giftmord (der wohl aufgeklärt ist) und wahrscheinlich noch ein paar etliche morde mehr.
es kann gut möglich sein, dass erst aufgrund des doppelmordes und der brutalen zerstümmelung an mjk, jtr zu "traurigen legende" geworden ist.
wobei ich mich frage, warum die genauso brutale torso-morde z. b. nicht diesen  "ruhm" erlangt haben. an was könnte das liegen ?

werde auf alle fälle noch mal das kapitel matha durchlesen, habe sie leider etwas aussen vor gelassen, da ich sie persönlich nicht zu den opfer von jtr zähle, aber der aspekt über den widerwillen der zeugen scheint nteressant zu sein, danke für den tip alexander.
UND ER WAR ES DOCH !!!!!!!!

Offline Isdrasil

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Re: Profiling im Allgemeinen - Methoden, Kritiken und Fragen
« Antwort #46 am: 13.10.2007 19:51 Uhr »
Hi

Habe ich Dich jetzt richtig verstanden , daß Du meinst , der Ripper sei unzurechnungsfähig ?

Wäre schön, die Frage nach der Unzurechnungsfähigkeit zu klären, dann wären wir schon ein wenig weiter als die Kriminalforschung. Wir haben zwei gespaltene Lager:
Die Einen sehen in den Taten eines Mörders gerne eine Störung des Gehirns und gehen sogar soweit, das Verbrechen im Allgemeinen auf Störungen in den Nervenbahnen zurückführen zu wollen. Dazu gibt es zur Zeit einen Artikel im aktuellen FOCUS Nr. 41. Ist zwar nicht sonderlich informativ, aber kann man ja mal lesen...
Die Anderen machen darauf aufmerksam, dass den Taten meist eine lange Vorbereitungszeit zugrunde liegt - und mit anderen Worten der Täter selbst bei Unzurechnungsfähigkeit während der Tat in der Zwischenzeit zumindest klar im Kopf gewesen sein muss.

Grüße, Isdrasil

Alexander-JJ

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Re: Profiling im Allgemeinen - Methoden, Kritiken und Fragen
« Antwort #47 am: 14.10.2007 14:18 Uhr »
... wobei ich mich frage, warum die genauso brutale torso-morde z. b. nicht diesen  "ruhm" erlangt haben. an was könnte das liegen ?


Schwer zu sagen wo JTRs "Ruhm" anfing. Meiner Meinung nach fing alles mit der Hetzkampagne an, die einige Zeitungen, allen voran der "Star" gegen "Leather Apron" starteten. Warum die Presse sich ausgerechnet auf diesen Fall, der zu dieser Zeit ja noch "normal" war, eingeschossen hatte, wird man wohl nicht mehr herausfinden können. Jedenfalls wurde JTR durch diese Dauerberichterstattung berühmt.

John Pizer war natürlich unschuldig, die gefundene Lederschürze gehörte in Wahrheit dem Sohn von Frau Richardson, der bei Annie Chapman gefundene Umschlag vom Sussex Regiment gehörte ihr und war nicht von JTR dort plaziert worden, das GSG ist wohl Zufall, die Briefe wurden von einem Reporter und einigen Trittbrettfahrern geschrieben, Karl Ludwig war ein brutales Schwein aber kein Mörder ... usw usw usw ...

Aber das wissen wir, das wussten die Leute damals nicht. So entstand, vor allem nach dem Doppelmord, eine Welle der Hysterie und Angst. Zu diesem Zeitpunkt wäre JTR sicher von jedem Bewohner des East-Ends verraten worden. Aber da war es auch schon zu spät. Der Mord an MJK war auch zugleich das letzte Lebenszeichen des Rippers.

Viel "Ruhm" entstand auch erst nachträglich. JTR wurden etliche Taten zugeschrieben: Martha Tabram, Emma Smith, Fairy Fay, Ada Wilson, Annie Millwood, Rose Mylett, Alice McKenzie, Francis Coles, die Torso-Morde sowieso und dazu noch etliche Überfälle auf Frauen/Mädchen. So entstand nachträglich das Bild eines wahren Monsters. Aber dieses nachträgliche Bild half der Polizei ja nicht weiter.

Die Polizei hätte zu Beginn der Mordserie Infos und Kooperation benötigt. Aber gerade da war ja für den durchschnittlichen East-Ender alles "normal" und er/sie sah keinen Grund mit der Polizei zu kooperieren.


 :)

Offline Isdrasil

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Re: Profiling im Allgemeinen - Methoden, Kritiken und Fragen
« Antwort #48 am: 15.10.2007 13:35 Uhr »
Hi

Ich denke, der psychologische Aspekt spielt dabei auch eine wesentliche Rolle.
Jack the Ripper stellte seine Opfer zur Schau und verrichtete sein Werk auf offener Strasse. Die Torsomorde wurden nicht so öffentlich verübt und die Überreste der Opfer wurden nicht offensichtlich entsorgt. Demzufolge ging von den Whitechapelmorden eine wesentlich größere Bedrohung aus. Dies machte sich natürlich in der Bevölkerung des East Ends bemerkbar. Zusätzlich hatten die Opfer Jack the Rippers ein "Gesicht", konnten als Prostituierte des East Ends identifiziert werden und mit Namen genannt werden. 3 der 4 Torsomordopfer besaßen keine „Identität“.

All dies dürfte auch das Interesse der Presse an diesem Fall begünstigt haben. Es herrschte eben auch damals eine Sehnsationsgier, und die Rippermorde gaben in diesem Zusammenhang einfach mehr her.

Grüße, Isdrasil

Alexander-JJ

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Re: Profiling im Allgemeinen - Methoden, Kritiken und Fragen
« Antwort #49 am: 15.10.2007 15:45 Uhr »
Sicher stimmt das alles. Trotzdem handelt es sich hier weitgehend um nachträgliche Berühmtheit. Als die Weltpresse über JTR schrieb war die Mordserie schon vorbei.

Aber hier geht es ja darum, ob JTR auffiel oder nicht. Ich bin der Meinung das er sehr wohl auffällig war. Jedenfalls bis zu einem gewissen Grad, der aber im East-End nicht als "besonders" angesehen wurde. Solange er mordete war er nicht berühmt/berüchtigt genug das ihn jemand verriet bzw übermässigen Verdacht schöpfte. Wer weiß, vielleicht hat er ja aufgehört weil sein Umfeld anfing Fragen zu stellen bzw anfing ihm zu misstrauen.


 :)

Offline Pathfinder

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Re: Profiling im Allgemeinen - Methoden, Kritiken und Fragen
« Antwort #50 am: 15.10.2007 18:59 Uhr »
interessanter gedanke alexander, aber ob er sich dann in dem moment so zurück ziehen (besser gesagt mit den morden aufhören) konnte, als er evtl. auffällig wurde und in verdacht geriet ? wenn man davon ausgeht, dass ein gewisser trieb ihn zu den taten getrieben hat (welch ein schreibstil, sorry), kann ich persönlich mir es nicht vorstellen, dass er einfach aufgehört hat. wenn einer schon einmal so weit gegangen ist, dann wäre er wohl wie wir heute so schön sagen, nicht therapierbar. oder er war wirklich ein eiskalter mörder, der sich "in griff" hatte und tötete wann er wollte oder auch nicht -hmm, schwierig zu sagen.  :icon_rolleyes:
UND ER WAR ES DOCH !!!!!!!!

Alexander-JJ

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Re: Profiling im Allgemeinen - Methoden, Kritiken und Fragen
« Antwort #51 am: 16.10.2007 11:14 Uhr »
Nur weil JTR seinen perversen Trieben nachging, heisst das ja nicht das er lebensmüde war. Er wusste ja das man ihn im Fall er Verhaftung überführen und dann hinrichten würde. Ich denke nach MJK wurde es ihm im East-End zu ungemütlich. Jetzt war er wirklich bekannt und das Risiko erwischt und/oder verraten zu werden stieg dramatisch an.

Ich denke er hat London verlassen. Aber so eine Reise über Land ist für einen sozial schwer gestörten Menschen aus einem Slum nicht ganz einfach. Ohne Geld, ohne Freunde und ohne Ziel ist es schwer woanders ein Bein auf die Erde zu bekommen. Es ist meiner Meinung durchaus möglich das er in einer anderen Stadt für irgendein Vergehen verhaftet und unerkannt eingesperrt wurde. Oder er ist einfach gestorben. In einem Slum ist ein plötzlicher Tod nichts Ungewöhnliches. Schon gar nicht wenn es Winter ist und man sich ohne Geld in einer fremden Stadt durchschlagen muss.


 :)