Autor Thema: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly  (Gelesen 66166 mal)

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Offline panopticon

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #75 am: 19.02.2010 17:47 Uhr »
Hi.

Irgendwie orte ich das eigentliche Problem nicht allein in der Aussage von Mrs. Maxwell, sondern auch darin, wie die Ermittler offenbar damit umgegangen sind. Ich frage mich ja schon seit einer Ewigkeit, warum sich damals eigentlich niemand auf die Suche nach dem angeblich Erbrochenen begeben zu haben scheint, bzw warum Mrs. Maxwell bei der gerichtlichen Untersuchung explizit darauf hingewiesen hat, dass sie dieses auf der Straße gesehen hat, was darauf hindeuten könnte, dass man sehr wohl danach suchte, aber dort, wo sie angab, beim besten Willen nichts finden konnte. Oder habe ich da was übersehen? Nun gut, ihre Aussage war doch einige Zeit später, und dort war ja gerade aufgrund des Mordes sehr viel los, dazu das Wetter,...ob deshalb aber tatsächlich auch alle Rückstände beseitigt gewesen wären, ist eine andere Frage, vor allem, wenn es sich dabei um Fish & Chips gehandelt hätte, und nicht nur um Bier. Nicht mal näher befragt hat man die gute Mrs. Maxwell scheinbar danach. Da hätten sich schon eine Menge Rückschlüsse auf verschiedenste Aspekte ziehen lassen...

Wie auch immer: Ich sehe auf jeden Fall keinen Grund, warum die Tote im Miller´s Court jemand anderer gewesen sein sollte, als die Person, die dort unter dem Namen ´Mary Jane Kelly´ residierte.


Grüße,
panopticon

KvN

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #76 am: 20.02.2010 00:08 Uhr »
Das ist der Punkt: Eine unverifizierte Aussage steht gegen die zweifelsfreie und dokumentierte Identifikation eines Mannes, der absolut dazu in der Lage gewesen sein sollte. Kelly (oder wie immer sie tatsächlich geheissen haben mag) war grausam verstümmelt, aber Identifikationsmerkmale waren mehr als ausreichend vorhanden. Was wiederum bedeutet dass der Fischträger absichtlich gelogen hätte, wäre der Leichnam nicht der seiner Ex - Lebensgefährtin gewesen.
Nun beginnt aber mein persönliches Dilemma:
Ich bin ein geistig recht einfach gstrickter Mensch. Wenn die eine Handlungsweise einer komplexen - und bei unserem Infostand wohl auch recht spekulativen - Erklärung bedarf, es für die "Geistersichtung" aber einfache Möglichkeiten gibt (Verwechslung der Person, des Datums, Lüge wegen Wichtigtuerei...), naja, dann ist meine Entscheidung ziemlich klar...

Greeze

Offline panopticon

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #77 am: 20.02.2010 10:09 Uhr »
Barnett war zudem auch gar nicht der einzige, der die Tote identifiziert hat:
John McCarthy, der ja sogar einer der ersten im Raum war, hat sowohl bei der gerichtlichen Untersuchung, als auch bei seiner Einvernahme davor deutlich gesagt, dass er absolut keinen Zweifel daran habe, wer die Tote ist. (Siehe z. Bsp.: Sourcebook; Daily Telegraph, 13. 11. 1888; London Times, 13. 11. 1888, u.a.)
Und wie Du eben sagst: wer das frontale Tatortbild kennt, müsste eigentlich wissen, dass sie zu identifizieren war, auch wenn das Bild im Gesichtsbereich überbelichtet ist, was leider ständig zu vielen falschen ´Sichtweisen´ führt,...


Best regards,
panopticon

JohnEvans

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #78 am: 20.02.2010 14:24 Uhr »
@KnV, @panopticon,

 

damit keine Mißverständnisse aufkommen: ich denke auch, daß die Tote Kelly war. Aber diese Tatsache mißkrediert Mrs Maxwell´s nicht im geringsten! Obwohl offensichtlich genau dieser Schluß jetzt nun schon seit mehr als hudnert Jahren gezogen wird. Warum ist mir nicht ganz klar, denn das einzige, das sich durch die Möglichkeit, daß Mrs Maxwell´s Aussage richtig sein könnte, ändert, ist nicht die Identität des Opfers, sondern jeglich der Todeszeitpunkt, der, wie ich andrerorts bereits ausführlich ausführte, sehr wohl auch erst in den Morgenstunden gelegen haben könnte.

 

Was Mrs Maxwell´s Aussage durchaus glaubwürdig macht, ist die Tatsache, daß sie Mary´s Bekleidung, also genau jene Kleider, die dann auch ihrem Zimmer lagen, ausführlich und korrekt beschreiben konnte – während hingegen Hutchinson diesbezüglich nicht eine Silbe verliert! Er beschreibt unwahrscheinlich detailliert die Kleidung des angeblichen letzten Kunden Mary´s, aber schweigt sich über Mary´s Klamotten aus.

 

Was bei einem solch begnadetem Beobachter wie Hutchinson mehr als eigenartig anmutet. :SM141:

 

Warum wohl? Weil er sie in dieser Nacht gar nicht sah?

 

Und woher wußte Mrs Maxwell, die Mary schon länger nicht gesehen hatte, eigentlich, was sie in den Stunden vor ihrer Ermordung anhatte?

 

Also, wenn ich diese beiden Tatsachen nebeneinander stelle, dann ist für mich klar, daß Mrs Maxwell mitnichten phantasiert oder den Tag verwechselt hat. Abgesehen davon schließen sich die beiden Aussagen ja nicht aus. Es gibt also keinen Grund, sich für die eine oder die andere entscheiden zu müssen.

 

JE


Offline panopticon

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #79 am: 20.02.2010 15:14 Uhr »
Hallo John!

Nein, klar, das habe ich ohnedies nicht anders aufgefasst - Das mit der Identifizierung habe ich eigentlich auf andere Beiträge bezogen.
Mrs. Maxwell ist eine der wenigen Zeugen, bei denen ich nach wie vor unschlüssig bin, wie ich zu ihrer Aussage stehen soll - zum Beispiel eben auch wegen ihrer Aussagen über Kellys Kleidung, obwohl man bei dieser wohl nicht nur seine Klamotten hinterlassen konnte, wie Mrs. Harvey das tat, sondern scheinbar auch ausleihen, wie Mrs. Pickett, die sich ja angeblich gegen 7.30h einen Schal ausleihen wollte.... Bei Maurice Lewis, der Kelly (wohl in Begleitung von Barnett) ja auch noch um 10.00h gesehen haben will, ist es da zum Beispiel wesentlich einfacher: Allein aufgrund des Zeitpunkts der Auffindung ist das wohl ziemlich auszuschließen...

Zur Kleidung von Kelly: Ich kenne diesbezüglich die Beschreibung, die Mrs. Cox vom Vortag abgeliefert hat, und eben die von Mrs. Maxwell, wo kann man aber nachlesen, wie die Kleidung ausgesehen hat, die man ordentlich zusammengelegt auf dem Stuhl gefunden hat? Ich habe neulich nach der eigentlichen, ursprünglichen Quelle für diese ´neatly folded´-Geschichte gesucht, sie aber nicht gefunden, ebenso wenig habe ich eindeutig herausgefunden, ob Abberlines Notizen über das Inventar des Raumes überlebt haben. (Was auch mit der Grund ist, warum ich den eigentlich angekündigten Post zur Frage nach der möglichen Situation in Raum 13, Miller´s Court vorerst mal für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt habe...) Weiß das vielleicht jemand?


Grüße,
panopticon
« Letzte Änderung: 20.02.2010 15:52 Uhr von panopticon »

JohnEvans

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #80 am: 20.02.2010 21:28 Uhr »
Hallo panopticon,

Meine Hauptquelle für Akteneinsicht ist das Jack the Ripper Sourcebook von Evans & Skinner. Und Zeitungsartikel findest du in www.casebook.org.

Zitat
Zur Kleidung von Kelly ... Ich habe neulich nach der eigentlichen, ursprünglichen Quelle für diese ´neatly folded´-Geschichte gesucht, sie aber nicht gefunden,
Was nicht verwundert, da es sich hierbei sehr wahrscheinlich um einen weiteren Mythos handelt. Es gab/gibt auch im casebook einen Thread dazu,.

So, sehen wir mal nach, was in ein paar der Zeitungen damals stand:

The Daily Telegraph - SATURDAY, NOVEMBER 10, 1888
“That the woman had had no struggle with her betrayer was shown by her position and the way in which her garments, including a velvet bodice, were arranged by the fireplace.”

Pall Mall Gazette - 10 November 1888
“The clothed of the woman were lying by the side of the bed, as though they had been taken off laid down in the ordinary manner.”

Sam Flynn (ein casebook user) weist darauf hin, daß erst 1959 Donald McCormick in The Identity of Jack the Ripper Folgendes schreibt: „Her clothes lay in a neat pile at the bottom of the bed..." (McCormick, 1st hardback edn., p. 115) und später , "Mary Kelly's clothes were in a neat pile by the bed..." (ibid, p. 124).

Aha! Hier geht es also los!

Etwas später macht Donald Rumbelow in “The Complete Jack the Ripper, 1975, daraus diese Konstruktion: "…the dead woman's clothes were still neatly folded on one of the chairs..." (Rumbelow, 2004 paperback p 92) – und damit war das Gerücht manifest und die Schuldigen sind hiermit gefunden.

JE


KvN

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #81 am: 21.02.2010 12:19 Uhr »
@John: Asche auf mein Haupt, ich hab dich tatsächlich mißverstanden...So gesehen natürlich eine sehr interessante Überlegung...
Greeze

Offline panopticon

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #82 am: 22.02.2010 02:03 Uhr »
Hallo John,

Vielen Dank!!  :icon_thumb: Die Umschreibung ´neatly folded´ wurde nämlich ohne Quellenangabe so oft in diversen Zusammenfassungen des Kelly-Falles erwähnt/zitiert, dass ich eben tatsächlich davon ausgegangen bin, dass sie sich genau so entweder in den Akten, oder zumindest in irgendeinem zeitgenössischen Zeitungsartikel wieder finden lassen müsste, wodurch ich auf der Suche danach ziemlich verzweifelt bin, was nun nicht mehr verwundert... Die beiden Zeitungsartikel hatte ich gefunden, nur wurden darin eben leider nicht alle Kleidungsstücke erwähnt, wodurch ich dann halt, in der Hoffnung, eine nähere Beschreibung zu finden, nach der ´neatly folded´-Quelle gesucht habe – so wie es aussieht, ist also scheinbar nur das ´velvet bodice´ tatsächlich dokumentiert...

Wieder mal ein faszinierendes Beispiel dafür, wie stark sich tatsächliche Berichte mit der Zeit ´transformieren´, und wie sinnvoll es ist, nach den eigentlichen Quellen zu suchen!


Grüße,
panopticon

Offline Claudia

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #83 am: 25.02.2010 22:21 Uhr »
@John: Ok, mal wieder Maxwell :icon_lol:

Ist ja ok, wenn Du ihrer Aussage partout glauben magst, damit setzt Du aber voraus, daß beide Zeugenaussagen bezüglich des "Murder- Schreis" falsch sind bzw sich auf ein anderes ungewöhnliches Ereignis in dieser Nacht beziehen (von dem nichts bekannt ist).

Was die Kleidung Marys betrifft: Nunja, in Anbetracht der Tatsache, daß die Garderobe der Eastendbewohner nicht gerade viel Abwechslung zuließ ist eine Beschreibung der Alltagsklamotten nicht grade aussagekräftig.

Und (wie schon an anderer Stelle angemerkt): Maxwells Aussage bezüglich des Erbrochenen passt nunmal null zum Mageninhalt der Leiche, zumindest ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, daß jemand im Vollsuff nur einen Teil des Mageninhalts erbricht oder kurz nach dem Erbrechen nochmal Fisch+Chips futtert. Ich glaub da jedenfalls nicht dran.

Und wie schon desöfteren bemerkt, in fast jedem Kriminalfall gibt es Aussagen, die nicht zum ermittelten Tatgeschehen passen, Zeugenaussagen sind nunmal mit Vorsicht zu genießen.
Oder soll ich jetzt einer Nachbarin glauben (als Bsp.), die mir gegenüber kürzlich felsenfest behauptete, meinen Vater (70), den sie gut kennt, regelmässig auf Inlineskatern(!) beim Einkaufen zu treffen , wo er ihr immer freundlich zuwinke ? :icon_verwirrt:
Es gibt nunmal Menschen, die Dinge zu sehen glauben, die einfach nicht der Realität entsprechen, aus welchen Gründen auch immer.
Nach Lage der Dinge muss man einfach davon ausgehen (ohne eben tatsächlich ins verschwörungstheoretische abzugleiten), daß es sich bei Maxwells Aussage um ein solches Phänomen handelt.

Das haben die Ermittler damals so eingeschätzt, das sahen die Ärzte so, das passt zu allen Indizien, ich persönlich hab keinen Grund, daran zu zweifeln...

Grüße, Claudia

KvN

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #84 am: 26.02.2010 12:11 Uhr »
Nochmals@ John:

Sagen wir mal der Todeszeitpunkt war tatsächlich erst am späteren Morgen...Welche Schlußfolgerungen ergeben sich daraus deiner Meinung nach?
Grüße

JohnEvans

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #85 am: 01.03.2010 09:06 Uhr »
@Caudia,
Zitat
Ist ja ok, wenn Du ihrer Aussage partout glauben magst, damit setzt Du aber voraus, daß beide Zeugenaussagen bezüglich des "Murder- Schreis" falsch sind

Tja, genau das meinte ich: dieser Schluß wird seit 120 Jahren gezogen, was aber nichts an der Tatsache ändert, daß diese Schlußfolgerung eben falsch ist, denn ....

hier werden fröhlich FAKTEN und MEINUNGEN verwechselt.

FAKT: „murder“ Schrei(e) – und selbst das ist nicht wirklich klar, da die Zeugenaussagen in Sachen Zeitpunkt, Lautstärke, Anzahl oder Entstehungsort der Schreie schwanken.

MEINUNG: „Mary schrie“ – ist durch NICHTS bewiesen.

Daher ist nach wie vor gültig: Mrs Maxwell´s Aussage wird durch diese „murder“ Schrei(e) nicht im geringsten unglaubwürdig.

Ah! Das Erbrochene! Keiner hat es gesehen und kann daher sagen, wie viel es war, nicht wahr? Nicht jeder, der sich erbricht, läßt gleich alles raus. Außerdem hindert Erbrechen nicht daran, danach noch einmal etwas zu essen.

Zitat
Das haben die Ermittler damals so eingeschätzt, das sahen die Ärzte so, das passt zu allen Indizien, ich persönlich hab keinen Grund, daran zu zweifeln...
Beliebter Trick, aber durchschaubar: auch das Anführen von nicht existierenden Pluralmeinungen macht diese nicht glaubwürdiger.

Ermittler? ? ? ? Welche denn? ? Die Polizei nahm Maxwell´s Aussage auf, ohne sie zu diskreditieren. Im Gegenteil, sie hielten Mrs Maxwell für „sound“ – also „vernünftig“.

Die Ärzte? ? ? ? Im Plural? ? ? ? Dr Philips und Dr Bond waren sich nicht einig über die Todeszeit – also, kein Beweis für Mrs Maxwell´s angebliche Fehlleistung.

Dr Bond im besonderen? ? ? ? Setzte Mary´s TZP nach Lust und Laune um 1 Uhr nachts fest, ganze 20 – 30 Minuten bevor sie zu singen aufhörte (was für eine Kombinationsgabe! Sherlock müsste eigentlich vor Neid erblassen :icon_wink: )

Einzig und allein der Coroner erlag den Verlockungen der/s „murder“ Schrei(e)/s und wollte daher Mrs Maxwell einschüchtern. Auch das kein Beweis dafür, daß ihre Aussage nicht stimmen könnte.


Resümee:wenigen FAKTEN im Mordfalle Kelly widersprechen einander nach wie vor NICHT, wohl aber die Meinungen (unsere eingeschlossen) darüber.

 
@KvN,
Zitat
Sagen wir mal der Todeszeitpunkt war tatsächlich erst am späteren Morgen...Welche Schlußfolgerungen ergeben sich daraus deiner Meinung nach?
Die eine, die ins Auge springt, ist die, daß der Täter nicht der Ripper gewesen sein dürfte.

Was jetzt aber nicht heißt, daß das auch meine Meinung ist – nur eben eine durchaus wahrscheinliche Möglichkeit.

 

JE


KvN

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #86 am: 04.03.2010 12:06 Uhr »
Aha...hatte der Ripper schon Dienstschluss...

Du unterschlägst uns da bei deiner Maxwell Argumentation bisserl was. Sie behauptete MJK auch um 9Uhr noch vor dem Pub gesehen zu haben, und da wird es selbst mit dem TZP nach Philips schon echt eng.Er sah Kelly um 13,15 (lt. casebook), also selbst wenn wir von den 5 Stunden ausgehen (die ich, wie ich gestehen muss, nirgends gefunden habe), haut das ned so ganz hin. Immerhin, sie musste ja noch den Täter treffen, nach Haus gehen, ausziehen, die Schlachtung per se, hmmmm, würde sagen wir reden da locker schon von 9,30...Nein, ich bin nach wie vor der meinung dass Maxwell sich geirrt hat.

Ah ja, du argumentierst dass der rigor mortis beschleunigt eingetreten ist weil das kaminfeuer so heiß war. Aber wenn MJK doch erst am vm starb kann das wohl nicht sehr viel Einfluss ghabt haben...

Grüße 

JohnEvans

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Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
« Antwort #87 am: 06.03.2010 19:36 Uhr »
Hallo, @KvN

Zitat
Du unterschlägst uns da bei deiner Maxwell Argumentation bisserl was.
Nicht, daß ich wüßte. Mrs Maxwell sah Mary 20 / 15 min vor 9:00, vom Pub bis Miller´s Court sind es gerade mal höchstens 10 min Gehweg. Ankunft Miller´s Court: 9:00 – 9:15, also 1.5 h Zeit zum Entkleiden (ein paar min), Töten (ein Fall von Sekunden!!!) und Verstümmeln (machbar in 20 min) und Abhauen.
 
Zitat
Er sah Kelly um 13,15 (lt. casebook),
Laut Inquest Papieren (und die sind ausnahmsweise mal erhalten und u.a. im Sourcebook (Evans & Skinner)nachlesbar) wurde die Tür erst um 13:30 aufgebrochen. Keine näheren Angaben, wann er die Leiche berührte.

Dieser Bericht dürfte zwar etwas verwechseln, The Star - LONDON. MONDAY, 12 NOVEMBER, 1888 - “ Dr. Bagster Phillips, divisional surgeon, says that when he was called (at a quarter to eleven) Kelly had been dead some five or six hours.” – denn um viertel vor elf war Dr Philips noch nicht im Raum, aber die Aussage als solche sollte man beachten.

Zitat
Ah ja, du argumentierst dass der rigor mortis beschleunigt eingetreten ist weil das kaminfeuer so heiß war. Aber wenn MJK doch erst am vm starb kann das wohl nicht sehr viel Einfluss ghabt haben...
Doch, gerade. Wärme beschleunigt das Eintreten von RM sowie den Prozeß selbst, dh. die Zeit, die zwischen dem TZP und dem Einsetzen von RM verstreicht, ist kürzer und somit die Annahme, daß der Tod einen kürzeren Zeitraum als unter normalen Umständen zurück liegt (Vormittag) berechtigt.

Nach einem allgemeinen Schema setzt RM zwischen 1 – 3 h (erste Phase) ein, und kommt zwischen 8 – 12 h zur höchsten Ausprägung (letzte Phase), dh, Dr Bond´s Beobachtung „Rigor Mortis hatte angefangen, und nahm während der Untersuchung zu“ (Sourcebook (Evans & Skinner)) läßt somit den Schluß zu, daß die erste Phase vorbei, aber die letzte noch nicht erreicht war und sich Mary´s RM daher irgendwo dazwischen befand (3 – 9 h). Und das alles ohne Rücksicht auf ein eventuelles Kaminfeuer, welches das Einsetzen des RM beschleunigt hätte und demnach der TZP kürzer zurück liegend gewesen wäre (mit der Einbeziehung des Kaminfeuers läge der vermutete TZP sogar näher bei 3 h als bei 9 h).

Bitte einfach mal selbst nach zu rechnen. :icon_lol:

Der eigentliche Punkt meiner bisherigen Darstellungen ist aber nach wie vor, dass sich Mrs Maxwell´s Aussage tatsächlich keiner anderen Zeugenaussage / keinem möglichem späterem TZP (nach heutigem und damaligem Wissen) / nicht den Aussagen der Ärzte widerspricht.

Das einzige, das immer wieder als angeblicher "Beweis" gegen den Wahrheitsgehalt ihrer Aussage ins Feld geführt wird, sind jeglich unsere - unbewiesenen - Annahmen / Spekulationen / Vorlieben über den von uns vermuteten TZP, wobei der beliebteste 4 Uhr (murder Schrei, dessen Verursacher auch heute noch nicht bewiesen ist) zu sein scheint.

Aber deine / meine / unsere Vorliebe(n) für eine bestimmte Zeugenaussage ist/sind dennoch kein Beweis dafür, daß Mrs Maxwell irrt.

JE