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Die Opfer => Die Opfer => Kelly, Mary Jane => Thema gestartet von: Isdrasil am 05.03.2007 12:27 Uhr

Titel: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 05.03.2007 12:27 Uhr
Hi

Wurde Zeit, einen Topic unter diesem Titel zu eröffnen, da sich irgendwie immer mehr Umgereimtheiten im Fall Kelly ergeben...
Nun, so denn fange ich mal mit einer Tatsache an, die mich schon länger in`s Grübeln bringt:

Wir wissen, dass McCarthy die Tür zu Millers Court 13 nach dem Mord unter Aufsicht von Superintendent Arnold mit einer Axt öffnete.
Andererseits bestätigte er, Kelly hätte ca. einen Monat vor dem Mord den Schlüssel als verloren gemeldet.

Jetzt frag ich mich: Ja, was war den mit dem Kerl los? Fragte er sich nicht, wie Kelly nun in die Wohnung kam? Weshalb die Axt? Er muss doch gewusst haben, dass die Tür durch das Fenster zu öffnen war. Ich kann mir die Tatsache nur dadurch erklären, dass er vor der Polizei nicht zeigen wollte, wie man in den Raum kam - möglicherweise, da er dann auch in das Visier der Ermittlungen geraten wäre (immerhin hatte Kelly bei ihm Schulden, das wäre doch ein Motiv gewesen - wenn auch ein äußerst schwaches für eine solche Tat).
Ich möchte nicht behaupten, McCarthy sei der Mörder von MJK - sein Verhalten kommt mir jedoch etwas strange vor und zeugt in meinen Augen von Angst vor der Polizei und davor, näher unter die Lupe genommen zu werden. Oder was meint ihr? Manchmal entdeckt man so ein Verhalten ja auch bei rechtschaffenen Bürgern...

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Alexander-JJ am 05.03.2007 13:00 Uhr
Ich glaube nicht das es hier zu Verstuschungen bzw zu Verheimlichungen kam. Später haben die Zeugen umfassend ausgesagt, auch McCarthy. Hätte McCarthy etwas mit der Sache zu tun gehabt, so wäre er sicherlich nicht vor Ort geblieben bzw. erst gar nicht dorthin gegangen. Außerdem hätte er leicht Barnetts Aussage bestreiten können, was er aber nach derzeitigem Erkenntnisstand gar nicht getan hat. Zu keinem Zeitpunkt hat McCarthy versucht etwas zu verheimlichen oder zu verbergen.

Was die Türöffnung per Axt angeht: Im Raum lag eine stark verstümmelte und aufgeschlitzte Frau und vor dem Haus hatte sich eine wütende Menschenmenge versammelt. Es war eine angespannte Situation. In solchen Situationen passieren schon mal Dinge, die im Nachhinein sehr unlogisch sind.

Wir dürfen auch nicht vergessen das es McCarthy war, der die Polizei alarmierte.


 :)


Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Mort am 05.03.2007 14:09 Uhr
Wir dürfen auch nicht vergessen das es McCarthy war, der die Polizei alarmierte.

Warum denn nicht, wäre doch am unauffälligsten.
Ich glaub auch keineswegs dass McCarthy irgendwas damit zu tun hat.  Aber ich wollte nur sagen, dass sowas meiner Ansicht nach auch kein Freibrief bedeutet.
Nun, wo wir schon beim Thema sind: Was mich sehr beschäftigt und mir am merkwürdigsten vorkommt ist das MJK am morgen danach oder besser gesagt am
selben morgen angeblich lebend von 2 Leuten gesehn wurde :icon_question: :icon_question: :icon_question:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Alexander-JJ am 05.03.2007 15:19 Uhr
Na ja, Osama bin Laden wurde schon in L.A. gesichtet, Sarkawi wurden vor seinem Tod so cirka 30 Körperteile abgeschossen usw usw usw.

Die Leute, die so etwas berichten, sind aber nicht zwangsläufig Lügner, Betrüger oder Idioten. Die Sinnesorgane des Menschen funktionieren nun einmal nicht perfekt, das Gehirn schon gar nicht. Irrtümer sind deshalb nie auszuschließen. Bei den beiden besagten Zeugenaussagen dürfte es sich um solche Irrtümer handeln.


 :)
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 05.03.2007 15:46 Uhr
ELVIS LEBT!  :icon_mrgreen:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 05.03.2007 17:53 Uhr

ich kann mir vorstellen, mc carthy nach dem er mary entdeckt hatte, ganz schön bammel gehabt haben muss. zuerst informiert er die polizei, dann holt er ne axt. er konnt ja nicht wissen ob sich nicht noch jemand anderes (täter) im raum befand. daher war die brachiale gewalt mit der axt einfach nur ein zeichen seiner angst. wenn ich in einer aussergewöhnlichen situation  käme,  würde ich mir auch irgendwas zur notwehr organisieren.

sind halt alles nur kleine helden  :icon_mrgreen:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Alexander-JJ am 05.03.2007 19:02 Uhr
McCarthy schickte seinen Mitarbeiter zur Wohnung von MJK um die Miete einzutreiben. Der fand die Leiche, ging zu McCarthy und die beiden gingen dann gemeinsam zur Polizei. Mit zwei Polizisten und seinem Mitarbeiter ging McCarthy zur Wohnung zurück. Dort warteten sie bis die verantwortlichen Ermittler eintreffen würden. Das zog sich etwas hin. Außerdem sollten zwei Bluthunde eingesetzt werden um JTR zu finden. Erst Stunden später stellte sich heraus das die Bluthunde nicht verfügbar waren. Inzwischen hatte sich eine wütende Menschenmenge vor der Wohnung versammelt. In dieser Situation gab der leitende Ermittler den Befehl die Tür mit ner Axt zu öffnen. Das tat McCarthy dann.

Das wars, sozusagen in aller Kürze.

 :)

Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 05.03.2007 19:49 Uhr

und die axt war immer dabei,  wie ?  :icon_biggrin:

dann frage ich mich auch, warum er die türe nicht auf herkömliche art durch das fenster öffnete. kann es sein, dass er es nicht wusste ?
er wusste dann evtl. lediglich nur, dass der schlüssel gefehlt hat, doch dass man vom loch aus die tür öffnen konnte, könnte ihm evtl. gar nicht eingefallen sein.

weiss jemand, ob mc carthy es definitiv gewusst hat, oder ist das heute nur spekulation, dass es sich so verhält ?
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Alexander-JJ am 06.03.2007 15:08 Uhr
Im Zweifelsfall wusste McCarthy nur, das der Schlüssel fehlte bzw. gestohlen/verloren wurde. Und andererseits bekam er von den Polizisten die Anweisung die Tür einzuschlagen. Wieso hätte er das verweigern sollen? Draußen war ne wütende Menschenmenge, es gab tumultartige Szenen, drinnen lag eine regelrecht hingeschlachtete Frau und McCarthy diskutiert erstmal mit Arnold über die weitere Vorgehensweise?

 :)


Und ja, die Axt hatte er immer dabei. Man soll ja nie ohne Hackebeil aus dem Haus gehen ... ;)
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 07.03.2007 12:17 Uhr
Hi

Nun, ich wollte McCarthy auch nicht als tatverdächtig hinstellen. Es geht mir lediglich darum, ungewöhnliche Verhalten zu analysieren und mögliche Beweggründe zu finden - McCarthy als Mörder wäre wohl eine äußerst unwahrscheinliche Variante (wenn auch nicht ganz unmöglich  :icon_wink:).
Ich kann mir eher einen ganz simplen Grund vorstellen: McCarthy wollte die Tür eh austauschen, da sie mit dem Schlüsselverlust auch ihren Zweck verlor. Eventuell wurden durch Polizeieinsätze beschädigte Dinge auch teilweise ersetzt? Kann ich mir zum Teil vorstellen, entzieht sich aber meiner Kenntnis...hinter diesem Hintergrund wird es McCarthy leicht gefallen sein, das Loch im Fenster zu vergessen. Eine Freud`sche Fehlleistung sozusagen. Dies und die Umstände mögen zu seiner seltsamen Handlung geführt haben. Wer schert sich den schon um ein nutzloses Ding?

Grüße, Isdrasil

Trotz Allem finde ich den Gedanken der Vertuschung durchaus schmackhaft...vielleicht hatte er ja ein Verhältnis mit Kelly, und sie planten den Mord an dieser Französin, um auszubüchsen.   :icon_aetsch:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 07.03.2007 19:29 Uhr
Und andererseits bekam er von den Polizisten die Anweisung die Tür einzuschlagen. Wieso hätte er das verweigern sollen?

naja, ich für meine wenigkeit würde mich weigern  :icon_lol:

trotz allen tumultes, musste eine axt ja erst besorgt werden, also geht man doch den einfachen weg (durchs fenster). ich glaube daher nciht, dass mc carthy von dem loch bzw. dass man von dort aus die türe öffnen kann gewusst hat.


Zitat Idrasil:

"Ich kann mir eher einen ganz simplen Grund vorstellen: McCarthy wollte die Tür eh austauschen, da sie mit dem Schlüsselverlust auch ihren Zweck verlor. Eventuell wurden durch Polizeieinsätze beschädigte Dinge auch teilweise ersetzt?"


ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass es mc carthy gross gestört hat, dass der schlüssel verloren gegangen ist.
ihm konnte es doch eigentlich egal sein, ob mjk die türe verschließen konnte oder nicht. die scheibe konnte ihm egal sein oder war ihm auch egal. solange er miete für das zimmer bekommt, was juckt es ihn ? das mietverhältnis war damals sicher anderes, als wir uns das heute vorstellen können. von wegen "reparieren sie mal das fenster, sonst kürze ich die miete wegen durchzug". die antwort hätte dann wahrscheinlich gelautet zieh leine".

und ob er von der polizei ersatz für die beschädigte tür bekommen hat, wage ich zu bezweifeln. man bekommt sie heute ja auch nicht (ausser die beschädigung wäre mutwillig und grob fahrlässig gewesen). und wie idrasil auch angesprochen hat, in einer stresssituation denkt man nicht unbedingt so weit.

nagut, manche doch, es gibt immer leute, die den hals nicht vollbekommen können und aus allem profit schlagen wollen  :icon_lol:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 08.03.2007 07:24 Uhr
Hi

Sicher waren die Mietverhältnisse damals anders als heute. Doch wir dürfen die vergangenen Zeiten auch nicht immer als Argument für Alles hernehmen.
London war damals die größte Stadt auf dem Erdenball, besaß ein sehr fortgeschrittenes Rechtssystem und bot vielen die Chance, beruflich das ganz große Los zu ziehen. Die Stadt war einfach begehrt und das Herzstück der industriellen Revolution, bot trotz der großen Armut im East End die meisten und besten Jobs zu damaliger Zeit. Und wer in solch einer Stadt einige Mietwohnungen besitzt, der kann sich glücklich schätzen, und sei es auch nur im Armenviertel. Er wird sich wohl oft mit Mietrückständen herumschlagen müssen, jedoch hat er den meisten Menschen zwei Dinge voraus: Er hat für Notfälle immer ein Dach über den Kopf und kann zumindest theoretisch über ein festes Einkommen verfügen. Für viele müsste so ein Wohlstand wie ein Schatz vorgekommen sein.
Ich weiß nicht viel über McCarthy, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass ihm sein Eigentum sowie das Drumherum so egal war – und das gerade aufgrund der damaligen Zeit und der Tatsache, dass die meisten keine dauerhafte Bleibe hatten. Die Tatsache, dass McCarthy einen Burschen zur Mieteintreibung beschäftigte, zeigt doch, dass McCarthy ein Vermieter durch und durch war. Die Wohnungen bzw. Räume dürften seine Existenz gesichert haben. Da begegnet man der Segnung mit immobilen Eigentümern nicht mit Gleichgültigkeit.
Meine Schlussfolgerung zur Sache McCarthy und East End lautet daher konträr: Wer in dieser Zeit Eigentum besaß, der war stolz darauf und behandelte es nicht Gleichgültigkeit – jedenfalls nicht in diesem Ausmaß, in dem es hier angenommen wird (Fenster? Ach, scheiß drauf! Tür? Ach, was soll`s! Existenz? Brauch ich nicht…).

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 08.03.2007 08:54 Uhr

moin idrasil ,

gebe dir in fast allen punkten recht. auch denke ich einmal, dass die diskussion über mc carthy und die tatsache, dass er mit der axt die tür geöffnet hat oder ließ eigentlich nicht allzuviel bringt.

die tatsache, dass mc c. einen burschen zur mieteintreibung beauftragt hat, ist ein zeichen, dass es ihm finanziell gut ging und er sich einen burschen leisten konnte. da sehe ich wenig an herzblut eines vermieters an seinem eigentum, es war wohl für ihn ein eiskaltes geschäft.
ihm war sicher sein eigentum nicht egal, doch er bekam ja die miete und das ist für einen vermieter das wichtigste, das fenster wird ihm nicht so gekümmert haben. wäre für ihn erst interessant gewesen, wenn mjk irgendwann einmal ausgezogen wäre. auch wusste er wahrscheinlich, dass er wenig chancen gesehen hat, das geld für das fenster von mjk zu bekommen, da sie ja auch schon mietrückstand hatte.

ich will mc c. bestimmt keine gleichgültigkeit unterstellen. doch er hat sein mietgeld (existenzgrundlage) trotz kaputten fenster bekommen (oder auch nicht/mietrückstand v. mjk) daher ist mein fazit, dass mc c. ein knallharter geschäftsmann war. wenn ihm die schäden auf eine art nicht gleichgültig gewesen wären, dann hätte er diese bestimmt beseitigt, aber dem war nicht so. was ich damit sagen möchte, ist dass es mc c. nicht unbedingt eilig hatte, den schaden zu beseitigen, warum auch, die miete wurde so oder so fällig. das hat nichts mit stolz oder gleichgültigkeit  unbedingt zu tun.

Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 09.03.2007 17:52 Uhr
Hi Pathfinder

Na, da gebe ich dir in den meisten Punkten ja tatsächlich auch recht...

...erst einmal: Stimmt, diese Diskussion bringt absolut nix. Aber man kann sich ja auch Gedanken zum Thema machen, die nicht unbedingt darauf ausgelegt sind, einen Schritt nach vorne zu gehen. Seitlich ist doch auch noch genug Platz  :icon_wink:

...dann gebe ich Dir in diesem Punkt auch recht: McCarthy war ein Geschäftsmann, wahrscheinlich ein Knallharter. Das Wichtigste für ihn war das täglich Brot, und dies ist natürlich unmittelbar gekoppelt mit den Mieteinnahmen. Auch das Voranschicken eines Geldeintreibers zeugt nicht gerade von einem sehr persönlichen Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter.

Doch in der Interpretation muss ich dir widersprechen:

In meinen Augen würde gerade solch ein Geschäftsmann sein Eigentum so gut wie möglich pflegen. Ich kann mir ein nachlässiges Verhalten mit den eigenen Wohnungen eher bei einem zusammengesoffenen Asozialen vorstellen (sorry für diese Voreingenommenheit). Ein Geschäftsmann, der seine Existenz auf diesen Immobilien aufbaut und hauptsächlich den finanziellen Aspekt sieht, wird auch dafür Sorge tragen, das dies weiterhin so bleibt.
McCarthys Verhalten steht für mich in direktem Zusammenhang mit Geldmangel (wie du schon sagtest), und zumindest Kelly`s Mietrückstand scheint dies zu bestätigen. Ich glaube schon, dass er das Fenster zumindest demnächst mal austauschen wollte - eventuell schickte er ja doch Bowyer vor, weil er sich langsam blöd vorkam? Eventuell hatte Kelly ihn schon einmal angesprochen - der Winter stand bevor und das Loch im Fenster kann da sehr ungemütlich werden (trotz eh schon kalter Wohnung).

Aber - das bringt hier alles wirklich nix  :icon_rolleyes: Wir könnten wochenlang über den Charakter McCarthys diskutieren und uns die Köppe einhauen. Im Endeffekt ist doch beides möglich - trotzdem hinterlässt sein Verhalten irgendwie einen fragwürdigen Beigeschmack bei mir...und ich bin nicht der Typ, der einfache und logische Lösungen sucht.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 09.03.2007 18:43 Uhr

bitte nicht den kopf einschlagen  :icon_lol:

bringen tut die diskussion wirklich nicht viel, wenn man jtr überführen möchte. aber interessant ist es allemale. vielleicht kommt man bei solchen argumentation auf eine evtl. "neuen spur".
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Mort am 10.04.2007 13:25 Uhr
Ich möchte hier mal (m)eine Theorie zum Mordfall Kelly aufstellen. Ich wusste nicht genau wo ichs schreiben soll. Ich entschied mich dann, dass es hierher am ehesten passen würde. Also: Ich hab gestern Abend wieder vor dem schlafen gehn wieder im Thomas seinem schlauen Buch gelesen :icon_wink: und bin den Fall nochmal durchgegangen. Ich will mich jetzt nicht mit aller Gewalt auf einen Verdächtigen einschießen, aber bei einem bin ich mir ziemlich sicher.
Ich gehe mit großer Wahrscheinlichkeit davon aus, dass jener Mann den Mary Ann Cox um 23.45 Uhr mit MJK gesehn hat der Mörder sein könnte. Um 0.30 hörte Catherine Pickett MJK singen. Um 1.00 Uhr kehrte die über MJK lebende Elizabeth Prater in die Dorset Street zurück. Sie wartete da 20 Minuten auf ihren neuen Freund. Dann ging sie ins Zimmer und legte sich um 1.30 Uhr schlafen.Sie sagte, da war es schon ruhig und es brannte kein Licht mehr bei MJK.
So müsste MJK nach meiner Theorie zwischen 0.30 Uhr und 1.00 Uhr ermordet wurden sein. Ich denke diese Zeit könnte auch reichen um die Leiche so zuzurichten.
Den Schrei, den E. Prater und S.Lewis  zu unterschiedlichen Uhrzeiten später gehört haben wollen, stammte meiner Meinung nach nicht von MJK. Er könnte vielleicht von Maria Harvey ausgestoßen wurden sein, die öfters bei MJK auch übernachtete und mit der sie am Morgen noch zusammen war. Oder von einer anderen bekannten.
Der Todeszeitpunkt würde dann auch mit Dr. Bonds Aussage hinkommen.
Tja, und der eigentliche Auslöser für diese Theorie wäre: Das Täterprofil, dass 1989 erstellt wurde, würde hier am ehesten zutreffen. Ann Cox beschrieb den Mann als
schäbig gekleidet, 1,60 m groß (für einen Mann nicht groß), gut beleibt(untersetzt :icon_question:), und hatte ein fleckiges Gesicht(Hautkrankheit :icon_question:).
So, ich weiss nicht ob das zu weit hergeholt wäre, aber es würde passen. Also wenn ich in Cornwells Fußstapfen treten sollte lasst es mich vorher wissen :icon_mrgreen:
Damit ich rechtzeitig mein Buch schreiben kann :icon_mrgreen:





Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 10.04.2007 17:48 Uhr
@Mort,

und wie passen Hutchinson und seine Aussage in deine Theorie?????
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Mort am 10.04.2007 22:00 Uhr
Ich weiss nicht so recht, entweder stimmt die ganze Geschichte nicht, oder er hat sich geirrt. Ein paar Stunden später wollen ja noch 2 Personen Mary angeblich gesehn haben. Vielleicht hängt das irgendwie mit zusammen :icon_neutral: Ich weiss nicht so was ich von Hutchinson halten soll. Die Aussage ist so detailiert. Wenn ich mir überlege dass er sogar ein ROTES
Taschentuch erkennen konnte. In dem Hof war ja nicht gerade Flutlicht. Zudem finde ich es verwunderlich , dass er so sicher behauptete er könnte den Mann wieder erkennen.
Wenn man bedenkt das andere Zeugen auch Verdächtige gesehen hatten aber nie so selbstsicher behaupteten sie würden ihn sofort wieder erkennen. Das kommt mir zu gestrickt vor.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 27.04.2007 11:02 Uhr
Hi,

möchte Morts Gedanken mal aufgreifen und die Diskussion weiterführen.

Aufmerksam gemacht durch die parallel laufende Diskussion um den Tatzeitpunkt ein paar Gedanken meinerseits zu Carolin Maxwell:

Ich persönlich halte Carolin Maxwells Aussage im Moment für sehr außergewöhnlich, denn sie widerspricht in gewisser Weise den anderen Aussagen, erhält aber durch ihren Inhalt Authenzität. Lange hielt ich die Aussage für Humbug, doch nach mehrmaligem Nachdenken hat sie eine neue Dimension für mich gewonnen – und zwar lediglich durch das Verhalten Kellys.
Maxwell wurde in der Befragung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihre Beobachtung im Gegensatz zu vielen anderen steht – Maxwell war sich dessen bewusst, schwor aber auf die Richtigkeit ihrer Worte und legte einen Eid ab.

Durch den Inhalt der Beobachtung ist Maxwells Aussage außerordentlich glaubwürdig: Maxwell geht weder auf großartige Einzelheiten ein, noch verschönert sie Dinge oder erfindet Tatsachen dazu – jedenfalls erweckt sie diesen Eindruck.
Doch die größte Glaubwürdigkeit zieht Maxwell`s Beobachtung aus der Beschreibung von Kellys Verhalten. Es ist eine etwas komisch anmutende Situation – Kelly, die auf Erbrochenes zeigt und sagt, es würde ihr nicht gerade gut gehen. Weshalb tut sie das? Würde man dies tun? Versetzt Euch in die Situation.

Man kann dieses Verhalten psychologisch deuten: Kelly möchte sich für irgendeine Sache entschuldigen, sich aus etwas heraushalten, und das Erbrochene auf der Straße erklären. Dies sieht man oft bei Menschen, die aus irgendeinem Grund ein schlechtes Gewissen haben: Sie machen erst recht auf die Sache aufmerksam und erfinden eine alternative Erklärung, um sich sicherer zu fühlen…möglicherweise auch aus Angst vor Konsequenzen.

War die Leiche tatsächlich nicht Kelly? Hat sie selbst die Leiche entdeckt und den „Murder“-Schrei von sich gegeben? Musste sie sich darauf erbrechen und handelte daher aus einer Art Erklärungsnot so, wie es Maxwell unter Eid erklärte?
Welche Rolle spielt Barnett?

Dies widerspricht ein wenig meinem Post bei der Tatzeit, ich weiss ja - aber man soll mit sich selbst ja nicht so hart sein und flexibel bleiben  :icon_wink:

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JD am 27.04.2007 12:11 Uhr
Achtung! Es folgt ein Exkurs der bitte nicht allzu ernst oder gar persönlich zu nehmen ist.

Man kann den Faden noch weiter spinnen, Isdrasil.

http://forum.casebook.org/showthread.php?t=3187

Und ich kann der Argumentation Porlocks noch eins draufsetzen:

Was denkt der erfahrene Krimi-Leser, wenn er auf eine Leiche mit entstelltem Gesicht stößt?... Genau!... Sherlock Holmes-Fans mögen sich an "Das Tal der Furcht" erinnern.

Und der irische Akzent des "From Hell"-Briefs wäre damit auch erklärt!

Genug gealbert. Zurück zur Diskussion.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 27.04.2007 17:39 Uhr

ich denke mal maxwell hat nicht die unwahrheit gesagt, sie hatte höchstwahrscheinlich nach besten wissen und gewissen unter eid geschworen, mjk gesehen zu haben, da sie der meinung war, dass die person die sie gesehen hat mjk war.

auf der anderen seite ist es aber auch möglich, dass mjk tatsächlich die leiche entdeckt hat, "oh murder" schrie und sich davon machte. kein wunder, dass mjk bei den anblick, die die person auf ihren bett darbot, den ganzen tag gereiert hat.

also genau genommen durchaus im rahmen des möglichen.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: LondonFog am 27.04.2007 19:24 Uhr

Möglich ist vieles, zweifellos. Wir sollten jedoch die Wahrscheinlichkeit nicht völlig außer Acht lassen. Und wenn in einer Wohnung eine Leiche gefunden wird, ist es grds.  plausibel davon auszugehen, dass dies der Bewohner ist (zumindest, wenn sich dieser nach dem
Mord nirgends auffinden lässt)
-Da muss schon ein besonderer Umstand hinzukommen um etwas anderes anzunehmen. Einen solchen sehe ich hier eigentlich nicht.

Ok, Maxwells Aussage könnte so einen darstellen, wenn man sie für glaubwürdig hält. (Das tue ich, wie in der Diskussion über den Tatzeitpunkt dargestellt eigentlich auch)
 :icon_arrow: Dann gibt es aber zwingend nur 2 Möglichkeiten (sic!)
 Entweder ...

... man akzeptiert einen Tatzeitpunkt nach dem Gespräch Kelly : Maxwell oder

... das  Opfer war nicht Kelly


Nimmt man letzeres an, stellen sich jedoch folgende Probleme:

Wenn Kelly nicht das Opfer war, stellt sich zunächst die Frage nach der Identität der Leiche.

 :icon_arrow:Das müsste doch jemand sein, der entweder in die Wohnung gelassen wurde oder zumindest wußte, wie er hinein kommen
kann. :icon_idea:
Damit beschränkt sich der Kreis auf Personen, zumindestauf solche Kandidaten, die mit einer der Personen, die gewöhnlich Zugang zur Wohnung hatte, in einem wie auch immer gearteten Kontakt gestanden haben muss.
(Zugegeben, der Kreis hat danach immer noch einen imensen Umfang, aber es ist zumindest mal ein Anfang)


Außerdem stellt sich die Frage, warum Kelly nach dem Mord im Miller's Court spurlos verschwunden ist.

Um unterzutauchen kann sie  eigentlich nur folgende Gründe gehabt haben:

- Sie war selbst in den Mord verwickelt. (Inwieweit oder weshalb mal dahingestellt)

- Sie nahm an, der Mord sollte ihr gelten und flüchtete aus Furcht.

- Sie nutzte die Gelegenheit, dass eine astreine Identifikation der Leiche nicht möglich war um irgendwo anders unter neuer Identität ein neues Leben anzufangen.


Was meint ihr dazu, hat jemand eine Lösungsidee anzubieten :icon_question:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: monky am 27.04.2007 19:48 Uhr
- Sie nutzte die Gelegenheit, dass eine astreine Identifikation der Leiche nicht möglich war um irgendwo anders unter neuer Identität ein neues Leben anzufangen.

hallo,

das hätte sie einfacher haben können. dazu musste sie nicht erst warten bis sie zufällig ermordet wurde.

M
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 27.04.2007 21:43 Uhr
@LondonFog

Nun, ich wollte mit diesem kleinen Gedanken einen Anstoss geben, wieder einmal die üblichen Grenzen zu verlassen und ein paar „neue“ Aspekte zu durchleuchten und durch zu spielen. Schön von Dir, darauf einzugehen und die Hintergründe zu erfragen.

Wer war das Opfer, wenn nicht Kelly?

Darüber habe ich sehr viel nachgedacht. Kelly hatte öfters befreundete Prostituierte zu Besuch, die auch bei ihr nächtigten. Die Streitigkeiten mit Joseph entstanden oft aus diesem Grund. Vielleicht wäre es möglich, dass Kelly in dieser Nacht nach dem Klienten, mit dem Hutchinson sie sah, einer Freundin die Wohnung zur Verfügung stellte. Oder sie ging mit dem Ripper in ihre Wohnung, um ihn quasi an ihre Freundin zu vermitteln - ohne zu wissen, wen sie sich in`s Haus geholt hat. Wer weiss?

Zu der Sache mit Kellys „Flucht“:

Von deinen Möglichkeiten erscheint mir der Angstgedanke am plausibelsten. Im Falle meiner vorangegangenen Annahme hätte Kelly Angst, das nächste Opfer des Rippers zu werden oder seiner Rache zum Opfer zu fallen, sollte sie etwas der Polizei melden.
Es gibt solche und solche Zeugen, und ich persönlich möchte nicht davon ausgehen, dass jeder, der die Identität des Rippers gekannt hätte, auch zur Polizei gegangen wäre und ausgesagt hätte – besonders nicht, wenn betreffender Zeuge bzw. Zeugin in die Zielgruppe des Mörders fällt. Kelly dürfte die Rache des Whitechapel-Teufels gefürchtet haben und eine Möglichkeit gesehen haben, ihrem Leben endgültig zu entfliehen. 

Ich habe leider gerade wenig Zeit zu antworten, wollte dies aber noch loswerden.
Und ich muss auch noch erwähnen, dass dies für mich lediglich kleine Gedankenspielchen sind und eigentlich gar nicht meiner eigenen Meinung entsprechen – doch jeder von uns sollte öfter mal versuchen, neue Varianten zu durchdenken und sich eigene Versionen zurecht zu spinnen. Dadurch bleibt man am Ball, ist gezwungen in alle Richtungen nachzuforschen und hält auch noch die kleinen grauen Zellen fit!

Hugh, ich habe gesprochen!

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 27.04.2007 22:21 Uhr

wenn es angst von mjk gewesen sein sollte, meint ihr, dass sie für den rest des lebens darüber geschwiegen hätte ?
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Alexander-JJ am 28.04.2007 11:01 Uhr
Wohin hätte MJK auch fliehen sollen? In einen anderen Slum? Dort hätte sie genauso gelebt wie eim East-End, wieder mit brutalen Typen um sich herum. Wieder hätte sie dringend Geld gebraucht usw usw. Wie hätte sie der Versuchung widerstehen sollen ihre Geschichte zu Geld zu machen? Wenn der Magen knurrt, die Leber piept und der versoffene Lebensgefährte nach "mehr Kohle" schreit, dann ist das mit dem "stillhalten" nicht so einfach. Vor allem wenn das Jahrzehntelang so weitergeht.

 :)
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 28.04.2007 14:41 Uhr

wohin mjk geflohen sein soll ist zwar eine berechtigte frage, aber ich denke mal temporär. die frage ist ja die, ob sie überhaupt geflohen ist, sollte sie nicht das opfer in ihrem bett gewesen sein.

doch ich glaube auch, dass sie gar nicht wusste wohin sie hätte gehen/fliehen sollen, früher oder später wäre sie im east end wieder aufgetaucht, da dort ihre gewohnte umgebung war.

gemäß des filmhappy-ends mit abberline nach irland war nicht drinne, abberline blieb in london  :icon_wink:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: LondonFog am 28.04.2007 17:19 Uhr

Wenn ich zu den Leuten gehören würde, die Verschwörungstheorien mögen, würde ich dir folgendes entgegnen:

Vielleicht war das gar nicht der echte Abberline. Er könnte ja einen Doppelgänger aufgetrieben haben, der seinen Platz
einnahm.

Da ich nicht zu diesen Leuten gehöre gebe ich dir Recht.  :icon_mrgreen:
------------------------------------
 :icon_arrow: Es bleibt aber immer noch das Problem was wir mit der Aussage von Caroline Maxwell machen.

Glauben wir Maxwell nicht, ändert das nicht an der Opferfrage. (Dann ist ohnehin alles möglich)

Halten wir ihre Aussage für korrekt, haben wir nur die oben von mir genannten Möglichkeiten:
1. TodesZP nach dem Gespräch
2. Opfer nicht MJK
[evt. noch:  3. Opfer nicht MJK aber trotzdem erst nach Gespräch Maxwell:Kelly]

Gegen die erste Möglichkeit spricht wohl  die medizinische Erkenntnis von Dr. Bond.

Betrachten wir daher mal die zweite Möglichkeit:  Dass der Mörder das Gesicht des Opfers derart verwüstet, dass eine Identifikation nicht möglich ist, ist  etwas besonderes, mit dem man im voraus nicht rechnen kann.
Hinzu kommt, dass dies dann auch noch ausgerechnet an einer Person geschieht, die nicht in der Wohnung wohnt in der sie gefunden wird.
Wenn MJK nicht selbst der Killer war oder einen anderen zum Mord dahingend angewiesen hat, eine Identifikation des Opfers unmöglich zu machen, ist das schon ein sehr außergewöhnlicher Zufall.

Will ernsthaft jemand ernsthaft behaupten Kelly wäre in den  Mord verwickelt? (Und v.a. mit welchen Anhaltspunkten dafür?)
- Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

 :icon_arrow: Was aber bleibt dann ?Ein Haufen offener Fragen und die Kummulation zweier außergewöhnlicher Umstände.

 :icon_idea: Mir ist dieser Zufall zu außergewöhnlich. Klar, es kann durchaus sein. Aber sollten wir nicht, bevor wir etwas annehmen, was der allgemeinen Lebenserfahrung derart widerspricht nicht erst einmal versuchen eine etwas naheliegende Möglichkeit in betracht zu ziehen?

Als solche kommt in Betracht dass Dr. Bond ein Fehler unterlaufen ist und Kelly nach dem Gespräch mit Maxwell ermordet wurde.
Zugeben, es gibt keine Hinweise auf einen Fehler Bonds, aber dass ein Arzt mal einen Fehler macht ist doch allemal  wesentlich wahrscheinlicher als die These vom "unbekannten anderen Opfer".

Gegen die dritte Möglichkeit spricht, dass sie alle Bedenken gegen die anderen Möglichkeiten in sich vereinigt und daher so unwahrscheinlich ist, wie ein Lottogewinn in 3 aufeinanderfolgenden Ziehungen.
Diese Theorie kann man daher glaube ich gtrost vernachlässigen.

Fazit:

Wer Maxwells Aussage also für richtig hält muss sich entscheiden:
a) das Opfer war nicht Kelly
b) sie war es und wurde erst nach dem Gespräch mit Maxwell ermordet.

Daher die Frage, wie entscheidet ihr euch, a oder b?




Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 28.04.2007 22:04 Uhr

c) maxwell hat nicht gelogen, aber sie hat sich getäuscht
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Claudia am 29.04.2007 03:46 Uhr
@Pathfinder: Ganz genau, so sehe ich das auch. :icon_thumb:

Wenn man sich mit verschiedenen Kriminalfällen beschäftigt wird sehr schnell klar, daß es solche Zeugenaussagen, wie die der Mrs Maxwell , fast immer gibt. Leute sehen Menschen, die nachweislich schon längst tot waren, hören Schüsse wo keine sind usw usf.
Menschen sind nunmal fehlbar, das heißt nicht, daß sie absichtlich lügen. Sie werden durch andere beeinflusst, irren sich im Tag oder in der Person, verwechseln Menschen, das ist nunmal so. Die Zeugenaussage der Mrs. Maxwell passt meines Erachtens nicht zum vermutlichen Ablauf und Zeitpunkt der Tat.
Ich persönlich gehe fest davon aus, daß MJK in der Nacht ermordet wurde und daß sie es auch wirklich war. Man kann nun viel in den Raum stellen, aber wie wahrscheinlich sind diese Theorien???
MJK hatte mit Sicherheit nicht das Geld, irgendwo unterzutauchen oder einen Neubeginn zu wagen. Und selbst wenn, wieso sollte sie dann noch Stunden nach dem Mord in Millers Court herumhängen? Das passt doch nicht...
Und es wäre ja schon sehr merkwürdig, wenn sich "zufällig" eine ähnlich aussehende Frau in diesem Zimmer aufhielt. MJK hatte zumindest eine sehr auffällige Haarfarbe (von Haarlänge, Figur, Alter usw ganz zu schweigen). Da müsste jemand schon gezielt eine Doppelgängerin aufgetrieben haben. Aber weshalb sollte das so sein?
Verschwörungstheorien sind ja amüsant, dennoch sind sie fast immer grober Unfug.Der Nachteil bei Verschwörungen ist, daß sie eigentlich immer auffliegen.
Aber ich weiß, Verschwörungen sind "in". Ob Kennedy, Mondlandung oder WTC, das Internet platzt fast davon. Da darf Jack the Ripper natürlich nicht fehlen. Und gerade bei MJK ist es ja auch irre romantisch, sie als Schafzüchterin in Irland zu sehen (womöglich noch mit Abberline an der Seite)  :icon_rolleyes:

Naja, wie gesagt, ich halte nichts davon, meine Meinung halt...
Meines Erachtens starb MJK in jener Nacht zu dem Zeitpunkt, als auch der Schrei gehört wurde (Zeitabweichungen sind verständlich), ich gehe davon aus, daß sie selbst geschrien hat. Das "Oh" darf man sich nicht so harmlos vorstellen, wurde meines Erachtens nur so zu Papier gebracht, weil es schwer ist, einen angsterfüllten Schrei schriftlich zu umschreiben. Vielleicht hätte man besser geschrieben "ein Schrei" gefolgt von dem Ausruf "Mord", aber man weiß ja nicht, wer das niedergeschrieben hat... :icon_confused:

Grüße, Claudia
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 29.04.2007 13:12 Uhr

könnte es evtl. nicht so gewesen sein, dass eine bekannte von mjk nicht gewusst hat, wo sie die nacht verbringen sollte, nachdem sie in dieser nicht das nötige geld für ein bett verdient hatte, als letzten ausweg sah, sich für diese besagte nacht bei mjk einzuquatieren. diese freundin oder bekannte wusste von dem loch im fenster. sie ging also hin, klopfte an der tür aber es regte sich nichts. nach meheren versuchen ging sie dann ans fenster und schaute in das zimmer. es brannte evtl. noch ein kleines feuer im kamin oder es brannte eine kerze, was weiss ich, auf jeden fall, sah sie mjk tot auf den bett liegen und tätigte diesen ausruf. dann machte sie sich auf und davon. ich weiss alles nur spekulatius, aber ich finde diesen ausruf einfach merwürdig, wenn er vom opfer stammen sollte.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Alexander-JJ am 29.04.2007 14:16 Uhr
Der Ausruf wäre nicht mal merkwürdig, wenn er tatsächlich von MJK stammen würde. Oder gibt es irgendwo eine Vorschrift was man schreien soll, wenn man gerade umgebracht wird?

  :icon_mrgreen:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 29.04.2007 14:28 Uhr
@Pathfinder,

durchaus denkbar. Das spricht dann allerdings für einen früheren Todeszeitpunkt.

@Claudia,

bin ganz deiner Meinung, daß Zeugen, auch ohne Absicht, irren. Das gilt aber für jeden, nicht nur für Mrs Maxwell. Und wenn man jetzt an einen früheren Todeszeitpunkt glaubt, dann sollte man überlegen, worin die anderen Zeugen irren könnten.
Eben im Schrei, in der Richtung, aus der er kam. Ich wohne in einer modernen Wohnsiedlung und habe schon sehr oft Lärm aus Richtungen „gehört“, aus denen er dann bei näherer Überprüfung (weil ich mich beschweren wollte) nicht kam. Und diese Irrtümer passierten am Tage, als ich hellwach war, nicht, wenn ich schlaftrunken in der Nacht geweckt werde.
In dieser Situation kann ich überhaupt keine Richtung bestimmen.

Daher läßt sich mMn der Todeszeitpunkt nicht einfach daran festmachen, daß man Mrs Maxwell´s Aussage ohne Beweise einfach als Irrtum abstempelt. Sie kannte Mary schon vier Monate. Ich schließe eine Personenverwechslung daher aus.
Sie wurde drei Tage nach der Tat befragt. In so kurzer Zeit vergißt man nicht den Tag, an dem es geschah. Noch dazu war es ein besonderer Tag – Lord Mayor Show. Das hilft, sich gut zu erinnern.
Falls Mrs Maxwell nicht ein ein sehr schlechtes Gedächtnis hatte oder sich unbedingt wichtig machen wollte, so läßt sich ihre Aussage nicht einfach ignorieren.

@LondonFog,

ja, auch Dr Bond könnte geirrt haben, oder Dr Philips. Beide konnten sich ja nicht darauf einigen, wie lange Kelly schon tot war. Einer von beiden muß oder sogar beide müßen sich daher irren.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 29.04.2007 16:08 Uhr
Hi

@Claudia and all

Ich bin ehrlich gesagt auch kein Fan von Verschwörungstheorien, sondern bevorzuge meist den "wahrscheinlichsten" und realistischsten" Aspekt.
Doch bei der Überlegung, MJK wäre eventuell nicht das Opfer im Millers Court gewesen, kann ich absolut keine "Verschwörung" entdecken. Eine Verschwörung bezüglich des Mörders oder der Opfer hat damit absolut nichts zu tun. Dies ist nur eine Variante der Tatnacht, die zwar etwas anders als die gemeinhin akzepierte ist, jedoch nicht unmöglich.
Ich möchte mal kurz ein wenig ausführen, wie ich mir das vorstellen kann - und entspreche damit ein wenig der Aussage @Pathfinders:

- MJK hatte einen Freier und wurde von Hutchinson mit diesem Freier beobachtet.
- Hutchinson wartet, doch es dauert lange, und er geht wieder.
- Kurz danach hat Kelly ihr "Geschäft" mit dem Freier beendet.
- Nachdem er sie verlassen hat, verlässt auch Kelly den Millers Court.
- Auf der Strasse begegnet ihr eine Freundin - ebenfalls mit einem Freier.
- Sie spricht Kelly an und bittet sie, ihr die Wohnung für ein kurzes Schäfestündchen zur Verfügung zu stellen.
- Kelly willigt ein.
- Als sie gegen vier Uhr wieder zum Millers Court zurückkehrt, entdeckt sie die Leiche ihrer Freundin ("Oh, Murder").
- Kelly ist mit den Nerven am Ende. Sie schwankt zwischen der Angst vor dem Mörder und der Panik, sie könnte das nächste Opfer werden - immerhin hat sie den Mörder gesehen, und dieser könnte sie als Gefahr ansehen.
- Kelly hat Mietschulden, Barnett hat sie vor einer Woche verlassen, vermutlich hätte sie die Wohnung aufgeben müssen. Sie fasst einen Plan.
- Sie beseitigt alle möglichen Hinweise auf ihre Identität in der Wohnung.
- Überwältigt von der grausamen Tat, muss sie sich auf der Strasse übergeben und wird noch einmal von Maxwell gesehen.
- Sie meldet sich bei Joseph: "Joseph, kannst du mir noch einen letzten Gefallen tun?"

Dies ist ein Szenario, welches genauso in die Tatnacht und die Zeugenaussagen passt als die vorherrschende Vorstellung.

Noch mehr sogar:
Während die Vertreter der vorherrschenden Meinung die Aussage Maxwells als "falsch" bezichtigen müssen, kann hier jede einzelne der Zeugenaussagen als korrekt betrachtet werden. Somit wäre eigentlich diese Variante sogar wahrscheinlicher, denn sie passt besser auf die bekannten Inquests.
Zweifler werden hingegen das Verhalten Kellys und Josephs kritisieren - sie hätten doch mal was gesagt, wohin hätte Kelly den flüchten sollen? Doch drei Dinge müssen beachtet werden:

1. Der Ripper wurde nach landläufiger Meinung nie gefasst. Kelly musste ihr Leben lang Angst vor diesem Mann gehabt haben.
2. Joseph hätte sich der Falschaussage schuldig gemacht.
3. Und dies ist mal ein Appell an Kritiker: Wir kennen die Persönlichkeiten Kelly und Joseph nicht, und können daher nie argumentieren, sie hätten sich nie so verhalten - denn kein Mensch verhält sich in jeder Situation wie jeder Andere.

So, jetzt habe ich mich aber arg auf Zweifler und Kritiker verschossen - dabei glaube ich das selbst noch nicht so richtig  :icon_wink:
Aber gegen die Möglichkeit, dass dies so gewesen sein könnte, spricht in meinen Augen genausowenig dagegen wie dafür - es ist eben nur eine mögliche Möglichkeit.

Grüße, Isdrasil
 
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: LondonFog am 29.04.2007 19:37 Uhr
Die Theorie zum Tathergang ist wirklich gut. Toll, dass noch jemand bemüht ist, die Zeugenaussagen in Einklang zu bringen. :icon_thumb:
Ich hab das an anderer Stelle auch schon versucht, komme allerdings, wie oben schon dezent angedeutet,zu einem anderen Ergebnis.(andere Tatzeit)
Dass diese Theorie durchaus angreifbar und absolut nicht mit der allgemeinen Auffassung vereinbar  ist, ist mir durchaus bewußt.
Ich weiß auch, dass wer selbst im Glashaus sitzt nicht mit Steinen werfen sollte, aber 2 Steine hab ich dann doch. :icon_mrgreen:

1.

Kelly entdeckt die Leiche um ca. 4.00 a.m. faßt ihren Plan, ... (wie oben beschrieben). Trotz ihrer enormen Angst vom Mörder beseitigt zu werden wird sie um 8.30 am. von Maxwell an der Ecke Miller's Court angetroffen. Das sind immerhin 4 1/2 Stunden später und dann noch in der Nähe des Tatorts

 :icon_arrow:Ist das wirklich das typische Verhalten, dass eine Person an den Tag legt, die um ihr Leben fürchtet?

Hätte Kelly wenn sie solche Angst hatte das nächste Opfer zu werden nicht schnellstmöglich das Weite gesucht?
Denn egal, wie groß die Panik auch war, eines muss ihr doch aufgedrängt haben:
Wenn der Mörder ihren Namen nicht kannte, wäre es für ihn immerhin die naheliegenste Möglichkeit gewesen, den Tatort im Auge zu behalten und Kelly, wenn sie dort auftaucht aus dem Weg zu räumen oder ihr zu folgen um sie später zu beseitigen.
(Die Tatortbeobachtung wäre für den Ripper zwar nicht ganz ungefährlich gewesen, aber eine Zeugin wäre gefährlicher)

- Gut, wir wissen nicht wie Kelly tickte und in eine solche Situation kann man sich eigentlich schwer hineinversetzen.
  Aber komisch finde ich so ein Verhalten allemal.
 

2.

Die Theorie wirft bei mir zudem folgende Frage auf:
Warum lässt sich der Ripper überhaupt auf eine solche Situation ein?
Wenn er weiß, dass er vor dem Mord mit seinem Opfer gesehen wurde und sich dieses in seiner Gegenwart sogar mit Kelly unterhalten hat musste ihm doch klar sein, dass es eine Zeugin geben würde, die ihn mit dem Opfer in Verbindung bringen konnte.
Die muss er dann auf jeden Fall beseitigen um auf Nummer Sicher zu gehen.
Warum nimmt er diese absolut unnötige zusätliche Gefahr und Arbeit auf sich, wenn er es viel leichter haben kann.
Er hätte sich doch einfach eine andere Prostituierte an der nächsten Ecke  nehmen können.





Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 29.04.2007 20:38 Uhr
@Isdrasil,

so plausibel deine Theorie erscheint, erlaube ich mir, auf ein paar Unstimmigkeiten hinzuweisen:
1)   Warum beseitigt sie alle Hinweise auf ihre Identität? Wenn sie möchte, daß man das Opfer für Kelly hält, würde sie das Gegenteil tun.
2)   Und das ist wichtig: die Tatsache, daß Kelly´s Kleidung dort gefunden wurde (bestätigt durch Barnett und Maxwell) ist der Beweis, daß zumindestens dieser Teil deiner Theorie nicht stimmt.
3)   Außerdem: welche Kleider hätte sie dann wohl angezogen? Die der schrecklich verstümmelten Toten? Die eventuell sogar blutbesudelt gewesen wären? Da Kelly wirklich sehr, sehr arm war, gehe ich nicht davon aus, daß sie Reservekleider im Schrank hatte. Oder überhaupt einen Schrank.
4)   Daß sie sich wegen der Grausamkeit übergibt, klingt logisch – allerdings ... 4,5 Stunden später ? ? ?
5)   Wenn sie auf der Flucht ist, warum kommt sie noch mal zurück und unterhält sich auch noch mit Mrs Maxwell? Und macht damit ihren schönen Plan (Identitätstausch) kaputt? ? ? ?


@LondonFog,

sehe gerade, daß ein paar meiner Überlegungen mit deinen übereinstimmen. Eines sehe ich dennoch anders: es hat den Anschein, daß sich der Ripper nicht vor Zeugen gefürchtet hat. Obowhl es möglich ist, daß er von dem einen oder anderem Zeugen gesehen wurde, hat er keinen von ihnen „beseitigt“. Daher denke ich, hätte er sich auch nicht bemüht, Kelly zu finden und zu töten.
Eventuell wusste er nicht einmal die Namen seines Opfers und ihrer Freundin.

Warum er nicht die nächste Protituierte an der nächsten Ecke nimmt, ist eine Frage, die auch dann gestellt werden sollte, wenn wir davon ausgehen, daß Kelly das Opfer war. Was ich übrigens tue.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 29.04.2007 20:44 Uhr
Wie wäre es mit der Umkehrung der Geschichte?

Das Opfer ist tatsächlich eine Freundin von Kelly. Kelly überläßt ihr das Zimmer. Es ist diese Frau, die eventuell "murder" schreit. Kelly selbst geht aus, übernachtet eventuell woanders und kommt erst gegen Morgen wieder. Findet die Leiche und schreit nicht. Rennt raus, übergibt sich und trifft Mrs Maxwell. Wissen wir eigentlich, in welche Richtung Kelly unterwegs war, als Mrs Maxwell sie traf?



Ich halte die Theorie zwar selbst nicht für schlüssig. Es bleiben nämlich die Porbleme: Wer ist das Opfer? Warum vermißt es niemand? Es wäre ein unglaublicher Zufall, daß sie Kelly so ähnlich sieht. Und das Problem mit der Kleidung ist immer noch gegeben.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 29.04.2007 21:15 Uhr
Hi

@John Evans

Oh, sorry, ich hatte da etwas irgendwie falsch zu "Papier" gebracht. Natürlich wollte Kelly die Hinweise auf ihre Identität nicht beseitigen. Das habe ich gar nicht gedacht - aber geschrieben  :icon_rolleyes:
Sollte mir das zu Denken geben? Soviel zur Sorgfaltspflicht...
Deine Umkehrtheorie finde ich sehr "bedenkenswert"  :icon_thumb:

@LondonFog und John Evans

Zu dem Aufenthalt am Tatort 4 1/2 Stunden später:
Ich stelle es mir so vor, als wäre Kelly nach der Entdeckung der Leiche erst einmal in einen Pub gegangen und hätte ihren Plan sozusagen bei einem Pin gefasst. Sie ist erneut zu dem Tatort zurückgekehrt, um Hinweise zu vernichten, die eventuell auf ihre Freundin hindeuten könnten. Und hierbei wurde ihr übel, sie ging auf die Strasse, übergab sich und zufällig kam Maxwell um die Ecke (sie hat ja nicht vorsätzlich mit ihr gesprochen, was sollte sie denn sonst tun?).
Frage, die spontan entsteht: Wäre sie in einen Pub gegangen, hätten sie dann nicht mehr Leute gesehen?

Zum Ripper, der sich in Gefahr begibt:
Er wäre in diese Situation eigentlich mehr unverschuldet hineingeraten. Eventuell war sein Drang, zu töten, bereits zu stark, um abzubrechen. Eventuell kam ihm die Situation auch gerade recht (man könnte die Verstümmelungen so interpretieren). Und man könnte fast eine neue Diskussion starten: Wie risikobereit war der Ripper? Widerspricht ein riskantes Verhalten tatsächlich seinem "Charakter"?

Ich bin wie immer kurz angebunden und würde gerne auf eure Fragen eingehen - werde dies bald mal nachholen. Freue mich aber schonmal, das über meinen Gedanken nachgedacht wird und nicht sofort der Daumen nach unten geht. Dafür ein Daumen nach oben von mir  :icon_thumb:
Diese Theorie hat eben auch ihre Lücken und Unstimmigkeiten, aber wie ich das sehe, kommen wir im Fall "Jack the Ripper" ohnehin nicht um diese Makel herum.
Am meisten beschäftigt mich bei dieser Theorie die Frage: Wenn Kelly tatsächlich aussteigen wollte, weshalb hat sie dies nicht schon vorher einfach so gemacht? Eine mögliche Antwort wäre: Manch einer braucht erst einen driftigen Grund und eine passende Gelegenheit, um seine Pläne zu verwirklichen.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Claudia am 29.04.2007 21:22 Uhr
Hi zusammen!

Ist ja schonmal gut, daß einige ihre Theorien selbst nicht ganz glauben mögen  :icon_wink:

Nö, ernsthaft:

@Isdrasil:
John hat schon einige Ungereimtheiten aufgezählt, ich hoffe, ich wiederhole da nichts :

-Weshalb sollte MJK Angst empfinden, wenn eine "Bekannte" von einem Freier in ihrem Zimmer ermordet wurde? Sie hätte doch davon ausgehen müssen, daß der Mörder sein Opfer gefunden hat. Für sie selbst bestände zunächst keine Gefahr...
-Wenn Kelly Barnett informierte (also doch eine Verschwörung, wenn auch eine kleine...), wie hätte sie das anstellen sollen, ohne gesehen zu werden? In Barnetts Unterkunft waren noch andere Leute untergebracht...
-Welchen Grund hätte Barnett haben sollen, für Kelly zu lügen? Er hätte sich mit einer Falschaussage sehr großen Risiken ausgesetzt.
-wie John schon erwähnte, weshalb der lange Aufenthalt im Millers Court, wenn ohnehin eine Flucht angedacht war?
-Hätte Kelly sich dann tatsächlich noch recht ungezwungen mit Mrs. Maxwell unterhalten und auch noch über so Banales wie das Erbrechen gesprochen? Sie hätte ja auch zügig weggehen können, stattdessen redet sie mit Mrs Maxwell, die sie kennt und von der sie vermuten muss, daß diese ihre Beobachtung weitergibt?
-Weshalb hat niemand außer Mrs. Maxwell Kelly an diesem Morgen gesehen?
-Woher kam das Geld zur Flucht? Kelly selbst hatte keinen Penny...
-Wer war die Ermordete? Niemand vermisste sie (das hätte Kelly nicht wissen können, sie hätte damit rechnen müssen, daß die Frau gesucht wird)
-Kelly wurde nie wieder gesehen. Recht ungewöhnlich, wenn man bedenkt, daß bei einer spontanen Flucht auch eine Unterkunft gefunden bzw angemietet werden muss...

Nö, irgendwie passt mir das nicht, sind meines Erachtens zuviele Widersprüche und insgesamt kein logischer Ablauf :icon_confused:


@John: Zunächst sollte jede Zeugenaussage kritisch hinterfragt werden, da stimme ich Dir zu. In diesem Fall fällt jedoch einzig die Zeugenaussage der Mrs. Maxwell aus dem Rahmen. Es gibt die Aussagen der Ärzte, die Tatsache der Nahrungsaufnahme, die Zeugen, die den Schrei hörten und die Aussage Hutchinsons. Jede für sich vielleicht nicht sehr überzeugend, ergeben sie doch in ihrer Gesamtheit ein schlüssiges Bild.
Die Angaben zum Schrei halte ich u.a. deshalb für richtig, weil gerade in dieser Nacht nicht von anderweitigen Streitigkeiten im Bereich des Millers Court berichtet wird. Nächtliche Schreie in diesem Bezirk waren sicher nicht allzu ungewöhnlich, sie kamen aber sicher nicht ständig vor.

Grüße, Claudia
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Claudia am 29.04.2007 21:25 Uhr
@Isdrasil:

Sorry, nichtmehr ganz aktuell, da haben sich unsere Antworten überschnitten, auf einiges bist Du ja schon eingegangen...

Grüße, Claudia
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 29.04.2007 22:52 Uhr
 hier herrscht ja eine rege diskussion.  :icon_thumb:
ich möchte hier nicht einzelne argumente kritisieren, einfach nur ein paar zusätzliche überlegungen einbringen.

wenn ich angst habe, schere ich mich einen dreck darum ob ich geld habe oder nicht. die unterkunft war zwar ein gewisser luxus, den mjk hatte, doch dieser war durch ihre mietrückstände auf der kippe. ihren job konnte sie überall nach gehen. in einer grossen stadt wie london, kann man bestimmt unter den massen untertauchen. da waren die verschiedene bezirke wahrscheinlich welten. das gleiche könnte für das opfer gelten, sofern nicht mjk. vielleicht war sie eine von vielen imigrantininen, welche im überfüllten londonn bzw. east end nicht gross aufgefallen ist.

warum sollte sie sich nicht 4,5 std. später übergeben. es gibt keine regel, wie lange man nach so einem ereignis sich übergeben darf.

in einer solche situation kann man doch kein rationales verhalten von mjk erwarten. wer weiss wie man selber in solch einer ähnlichen situation handelt.

und die tatsache, dass sich mjk angeblich mit maxwell unterhalten hat und wie claudia schreibt, ungezwungen über etwas spricht, kann auch davon zeugen, dass kelly zwar äusserlich gefasst schien, doch wie es im inneren in ihr aus sah, kann niemand sagen.


und wenn sich jemand aus dem staub macht claudia, dann ist es höchstwahrscheinlich im dessen sinn, nicht mehr gesehen zu werden  :icon_mrgreen:

ich glaube ja auch nicht so hunderprozentig daran, doch wenn etwas in den raum gestellt wird, muss man argumente einfach einander abwägen.


Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 29.04.2007 22:54 Uhr
Der Ausruf wäre nicht mal merkwürdig, wenn er tatsächlich von MJK stammen würde. Oder gibt es irgendwo eine Vorschrift was man schreien soll, wenn man gerade umgebracht wird?

  :icon_mrgreen:

im victorianischen london bestimmt möglich.  :icon_wink:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Claudia am 29.04.2007 23:31 Uhr
@Pathfinder:

Natürlich ist es im Sinne eines Flüchtenden nicht gesehen zu werden, ich fragte mich nur, ob es möglich ist.
Außerdem spricht ja gerade die Aussage von Mrs. Maxwell dagegen, daß die von ihr gesehene Person nicht gesehen werden wollte...

Es ist halt nunmal so, daß es nicht einfach ist, sich eine neue Existenz irgendwo aufzubauen (noch dazu unerkannt) . Dafür braucht man Geld, Kontakte usw. Man beschliesst nicht einfach spontan (und unter Schock stehend) , daß man das mal eben so macht.

Und was die Unterkunft betrifft: Wie hätte sich Kelly eine solche so schnell besorgen sollen? Ohne Geld?
Ihr Job reichte nicht dafür, sonst hätte sie nicht solche Mietschulden gehabt. Tatsache ist doch, daß sie nur ein Dach über dem Kopf hatte, weil Barnett mit ihr zusammen dieses Zimmer anmietete und damals noch einer Arbeit nachging.
Hätte MJK andere Möglichkeiten gehabt, dann hätte sie sicher nicht gewartet, bis zufällig jemand in ihrem Zimmer ermordet wird. Offensichtlich hatte sie diese eben nicht und deshalb lebte sie auch in diesem "Loch" und quasi von der Hand in den Mund.
Ist zumindest meine Meinung, wobei auch ich die Diskussion an sich recht gut finde, immerhin mal wieder etwas, worüber man sich Gedanken machen kann. :icon_thumb:

Grüße, Claudia
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Sir Boss am 30.04.2007 08:17 Uhr

Es ist halt nunmal so, daß es nicht einfach ist, sich eine neue Existenz irgendwo aufzubauen (noch dazu unerkannt) . Dafür braucht man Geld, Kontakte usw. Man beschliesst nicht einfach spontan (und unter Schock stehend) , daß man das mal eben so macht.


Hallo Claudia,

ich denke das war damals sogar noch einfacher. Es wäre, glaube ich, kein Problem gewesen aus dem East End zu verschwinden und auf irgendeinem Wege die Stadt zu verlassen. Ich denke wir sollten das nicht zusehr aus heutiger und Deutscher Sicht sehen. Ich war mal 4,5 Monate in Irland und England unterwegs und von einer Stadt zur nächsten zu kommen ist dort überhaupt kein Problem, auch heute nicht. Ich hatte mich dort einmal von einem Bauern mit einem Pferdekutschwerk bis zur nächsten Stadt mitnehmen lassen. Das wäre damals doch bestimmt auch möglich gewesen. Also ich denke, ne gewisse Chance aus London zu verschwinde hatte sie schon.

@thema: Hatte ich das richtig gelesen, das man sie unter anderem auch an Ihrem Mageninhalt identifiziert hatte? Wenn ja halte ich das nicht grade für ein haltbares Argument. Fish and Chips war ja nicht grade einzigartig.
Das die Ermordete nicht gesucht werden würde, könnte MJK schon wissen. Den Werdegang hätte sie leicht in einem Gesrpäch erfragen können, was darauf schliessen lässt ob jemand gesucht werden würde.
Irgendwo, kann m ich auch irren, stand, das sie so eine Flucht hätte planen müssen. Seh ich nicht so, warum auch? Sie hatte nichts, hinterließ nichts und konnte jeden Tag hingehen wohin sie wollte. Wenn ich mich recht erinner kam sie aus Irland und Ihr wars ja vertraut von hier nach dort zu kommen ohne Probleme. Was mich mehr interessieren würde, wäre mehr über Ihre Vergangenheit zu erfahren.

Gruß

Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Alexander-JJ am 30.04.2007 13:38 Uhr
Wenn es einfach nur um die Flucht geht, kann MJK auch zu Fuss losmarschiert sein. Da wäre sie auch ein ganzes Stück weit gekommen. Aber was dann? So ganz ohne Geld, ohne Bekannte, ohne Job und Freunde ist das weitere Leben dann doch recht schwierig zu meistern.

 :)
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: monky am 30.04.2007 14:14 Uhr
hi, sir boss,

ich glaube, du hast falsch gelesen - kelly wurde natürlich nicht an ihrem mageninhalt idenfiziert. hier wurde versucht, am mageninhalt kellys todeszeitpunkt zu finden. :icon_aetsch:

M
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 30.04.2007 15:35 Uhr
Wenn es einfach nur um die Flucht geht, kann MJK auch zu Fuss losmarschiert sein. Da wäre sie auch ein ganzes Stück weit gekommen. Aber was dann? So ganz ohne Geld, ohne Bekannte, ohne Job und Freunde ist das weitere Leben dann doch recht schwierig zu meistern.

das war es in whitechapel ja auch, viel zu verlieren gibt es nicht, wenn man nicht viel hat.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Alexander-JJ am 30.04.2007 16:09 Uhr
... das war es in whitechapel ja auch, viel zu verlieren gibt es nicht, wenn man nicht viel hat.

Sie hatte immerhin einen Freund, der ihr regelmäßig Geld gab, obwohl sie ihn schlecht behandelte. Sie hatte eine Wohnung und genug zu essen. Das alles ist für einen Slum keineswegs selbstverständlich. Außerdem winkte relativer Reichtum, wenn sie ihre Geschichte an die Presse verkauft hätte. Zur Heldin hätte sie obendrein werden können ("Extrablatt: Die Frau, die JTR schnappte!" oder so).

Außerdem: Sie war ja gerade im East-End gelandet, weil es keinen anderen Ort gab, an den sie hätte gehen können. Das East-End war die Endstation. Danach kam nur noch der Tod. So oder so ...


 :)

Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Sir Boss am 30.04.2007 17:55 Uhr
@monky: Aso, danke dann hab ichs wieder :icon_thumb:

Außerdem winkte relativer Reichtum, wenn sie ihre Geschichte an die Presse verkauft hätte. Zur Heldin hätte sie obendrein werden können ("Extrablatt: Die Frau, die JTR schnappte!" oder so).

Na, ob sie in der SItuation soweit vorrausgeschaut hätte???? :icon_confused:

Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Alexander-JJ am 30.04.2007 19:18 Uhr
... Na, ob sie in der SItuation soweit vorrausgeschaut hätte???? :icon_confused:


Du fragst dich ernsthaft ob sie mit kurrendem Magen an Essen gedacht hätte? MJK war nicht satt und reich, sie war arm wie eine Kirchenmaus. Ohne Geld wird man in einem Slum nicht alt. Glaubst du wirklich sie wäre in irgendeinem Slum in Dublin oder sonstwo einsam gestorben, anstatt ihre Geschichte zu Geld zu machen und weiterleben zu können?

  :icon_aetsch:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 30.04.2007 19:34 Uhr
Hi

@Alex

Wie hätte Kelly denn reich werden sollen? Bei dem Szenario, über das wir hier diskutieren, hätte sie doch lediglich eine Zeugenaussage machen können. Sie hätte weder den Ripper mit Namen gekannt noch gewusst, wer diese Person ist. Lediglich eine Gegenüberstellung hätte da weitergeholfen - aber ob man dadurch wirklich reich werden kann?

Die Angst vor dem Ripper wäre aber durchaus vorhanden gewesen - man muss auch bedenken, dass der Mord ein schwerer Schock für Kelly gewesen sein muss. Ich frage nun einfach mal so herum:

Welche Alternative ist für eine Unglückliche die reizvollere?

"Ich habe kein Geld und keine Bleibe mehr, denn dort wurde ein Mord begangen. Die Polizei hat die Strasse abgesperrt und zig Schaulustige drängen sich vor meine ehemalige Wohnung. Mein Freund hat mich verlassen und in der Stadt, in der ich wohne, treibt sich ein Serienkiller herum, der es auf Frauen wie mich abgesehen hat - beinahe hätte er auch mich erwischen können. Mein Exfreund hat für mich eine Falschaussage gemacht und die Leiche als die meinige identifiziert. Ganz London glaubt, es hätte mich erwischt."

Selbst, wenn Kelly einen halben Tag nach ihrer Planfassung, also nach Josephs Aussage und nach dem Eintreffen der Polizei am Tatort, ihren Entschluss schon bereut hätte - welche Reaktion wäre unter diesen Umständen die Wahrscheinlichere gewesen?

1. Ich flüchte und versuche woanders mein Glück
2. Ich bleibe hier.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 30.04.2007 20:15 Uhr
@Alex,

wenn du eine Idee vertrittst, dann argumentiere auch bitte im selben Sinn kontinuierlich weiter.
 
In einem Posting bist du der Meinung, daß Kelly genug zu essen und einen Freund hatte, der ihr Geld gab, und bereits in deinem nächsten schreibst du dann mit einer Selbstverständlichkeit, „MJK war nicht satt und reich, sie war arm wie eine Kirchenmaus.“

Was bezweckst du mit dieser Art Argumentation? Hast du zwischen 16:09:26 und 19:18:29 so viele neue Erkenntnisse gewinnen können, die dich dazu bringen, deine Meinung um 180° zu drehen? Oder tust du das einfach aus Prinzip, um anderen (zB Sir Boss) zu widersprechen?

Diese Art Argumentation erscheint mir für die Diskussion als solche wirklich sinnlos.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 30.04.2007 21:46 Uhr
naja, ich denke mal das mjk durchaus arm wie eine kirchenmaus war, trotz ihren freund, ihrer bleibe und ob sie wirklich immer satt wurde sei dahingestellt. als in sich für mich kein widerspruch. klar man kann argumentieren, dass sie es im gegensatz zu anderen etwa besser gehabt hat, dennoch scheint armut ihr leben bestimmt zu haben.

mjk wurde als eine hübsche frau beschreiben und ich denke mal, dass sie mit ihren aussehen ihre konkurrentinnen im grossen und ganzen austechen konnte und sich somit das nötigste zu verdienen und dies hätte sie überall machen können, wo dieses gewerbe betrieben wurde. auch war ihr sicherlich bewusst, dass sie ihre bleibe aufgrund ihrer mietschulden nicht mehr halten konnte. desweiteren denke ich, dass sie nie wieder den raum betreten hätte, nach dem was dort passiert ist.

bleibt die frage, warum sie sich nicht an polizei oder presse gegangen ist. vielleicht aus angst oder sah sie eine chance aufgrund anderer probleme irgendwo neu anzufangen. ok, das hätte sie schon vorher machen können, doch es wäre evtl. immer die angst dabei gewesen, von der vergangenheit eingeholt zu werden. was kann ihr da besseres passieren, als dass man sie für tot hält ?
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Sir Boss am 01.05.2007 00:04 Uhr
[Du fragst dich ernsthaft ob sie mit kurrendem Magen an Essen gedacht hätte?


Äh..das war eigentlich nicht gemeint :icon_biggrin:

War eher die Frage, ob sie in der Situation, Mord in Gefahr auf der Strasse, soweit vorraus gedacht hat. Sprich an Ruhm und Reichtum.
Weiß garned woher Du das mit dem Essen jetzt her hattest :icon_confused:

@Isdrasil: Antwort 1  :icon_wink:

@Pathfinder: Genau das ist der springende Punkt, sie wusste das sie noch Chancen hatte, egal wo!
                   Wenn ich das richtig mitbekommen habe, konnte selbst Barnett kaum etwas über Ihre Vergangenheit sagen. Also war sie es gewohnt irgendwo neu Fuß zu fassen und vergangenes für sich zu
                   behalten.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Claudia am 01.05.2007 01:37 Uhr
Was ich jetzt mal unbedingt noch anmerken möchte:

MJK warvergleichsweise hübsch und recht jung, soweit stimme ich zu. Meines Erachtens wird das aber überbewertet. Der Tenor ist ja oft, daß sich so eine überall hätte durchschlagen können und ihren Konkurrentinnen weit voraus war. Das ist meines Erachtens nicht richtig.

Angesichts der anderen Opfer des Rippers gewinnt man immer den Eindruck, eine halbwegs hübsche Frau müsse da die Ausnahme gewesen sein. Aber: Im Eastend gab es tausende Prostituierte und es waren sicher viele hübsche dabei, sogar weitaus jüngere als MJK. Sie hatte also durchaus Konkurrenz zu fürchten.

Und: Sie war lange mit Barnett zusammen, der es nicht gerne sah, wenn sie sich prostituierte.Es ist also davon auszugehen, daß sie nur gelegentlich anschaffte (während dieser Beziehung) , also auch nicht, wie andere, einen festen Kundenkreis aufweisen konnte. Freier wollen nämlich gerne die Dame ihrer Wahl dann aufsuchen können, wenn ihnen danach ist und nicht, wenn die Dame grad "sturmfreie Bude" hat. Und gerade die Todesnacht bzw die Schilderung Hutchinsons (auch anderer Zeugen) spricht dafür, daß Kelly durchaus "Jagd" auf Kunden machen musste, es war eben nicht so, daß die Männer da Schlange standen...
Man merkt (auch hier mitunter) immer wieder, daß MJK auf eine Art und Weise dargestellt wird, die höchstwahrscheinlich nicht der Wahrheit entspricht. Auch sie war heruntergekommen, hatte Alkoholprobleme  usw. Armut hinterlässt nunmal Spuren...

Grüße, Claudia
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 01.05.2007 08:17 Uhr
Hi

Ich kann im Prinzip sowohl die Argumente der Pro als auch der Kontra Seite verstehen. Aber eine Sache muss ich noch unbedingt anmerken:

Der gefürchtete "Jack the Ripper", das Monster von Whitechapel, hat in der Wohnung Mary Janes auf dem Bett, auf dem sie nächtigte, eine Frau auf brutalste Art und Weise ermordet.
Alleine dies sehe ich als legitimen und ausreichenden Grund an, in ihr den Wunsch zu wecken, London zu verlassen. Ich habe versucht, mich in die Lage der Frau zu versetzen. Ich glaube nicht, dass man in dieser Situation an Essen und Geld denkt. Dies muss ein derart heftiger Schock für Mary Jane gewesen sein (vorrausgesetzt natürlich, sie war tatsächlich nicht das Opfer), dass ihre kurz drauf folgenden Entscheidungen nicht gerade von Ratio geprägt sein dürften. Kelly war im Schockzustand. Da gibt es kein "ich möchte abhauen, aber oh, ich habe ja gar kein Geld und Essen zur Verfügung". Wer Menschen kennt, die unter Schock stehen, der weiss wovon ich rede.

Desweiteren wird hier dauerend diskutiert, wie denn eine Flucht hätte gelingen sollen - doch vielleicht gelang sie ja einfach auch nicht. Vielleicht hat Kelly schon einen Tag später, oder zwei oder drei Tage, oder als sie bereits eine Woche auf der Flucht war gemerkt, dass dieser Plan nicht funktioniert.
Davon abgesehen: Glaubt ihr ernsthaft, arme Frauen ohne Bleibe hatten nur und ausschließlich in London eine Chance? Was spricht wirklich dagegen, dass Kelly woanders weiterlebte? Den Namen konnte man damals wechseln wie die Kleidung...und einerseits widersprechen sich die Kritiker selbst:
Es wird festgestellt, dass man im East End völlig am Ende war:
Zitat Alex: Das East-End war die Endstation. Danach kam nur noch der Tod.
Andererseits wird behauptet, die Gute hätte nur in London eine Chance gehabt und bleiben können. Ist das nicht ein kleiner Widerspruch?

Eine nicht zu gelingende Flucht schließt doch letzten Endes diese Tatnacht-Variante absolut nicht aus. Und ein unvernünftiges Verhalten erst recht nicht. Man kann von einer Frau, die einen derartigen Schock erlitten hat, kein abgeklärtes und durchdachtes Verhalten verlangen.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Sir Boss am 01.05.2007 09:07 Uhr
Seh ich genauso Isdrasil,

aber ich denke, ob sie die Stadt verlassen hat, wird ein Spur bleiben, die zu verfolgen recht schwierig sein dürfte :icon_mrgreen:

Was mich beschäftigt ist, ob die Zeugenaussagen, die am nächsten Tag gemacht wurden, der Wahrheit entsprechen und ob sie jemals vor einem Coroner gemacht wurden?
Bei (Fast) allen Morden wurden Aussagen als wahr eingestuft, nur hier sollen sich Zeugen geirrt haben oder mit dem Wunsch des 5Minuten Ruhms gemacht worden sein?
Leuchtet mir n icht so ganz ein...... :icon_confused:

Ich denke so ein Mord ist etwas das bleibt so im Gedächtnis, das man sich schon erinnern könnte, ob man davor oder danach jemanden angetroffen hat.
Nach dem 11.Sep. habe ich nach langer Zeit einen alten Bekannten wieder getroffen und werde durch dieses Ereigniss immer wissen das es danach war und nicht davor.

Was meint Ihr zu den Aussagen?????

Gruß
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Alexander-JJ am 01.05.2007 13:44 Uhr
Es wird festgestellt, dass man im East End völlig am Ende war:
Zitat Alex: Das East-End war die Endstation. Danach kam nur noch der Tod.
Andererseits wird behauptet, die Gute hätte nur in London eine Chance gehabt und bleiben können. Ist das nicht ein kleiner Widerspruch?

Vom Londoner Slum in den Dubliner Slum (oder in einen anderen Slum) ... das ist doch keine Chance. Das ist bestensfalls dasselbe Sterben an einem anderen Ort.


Eine nicht zu gelingende Flucht schließt doch letzten Endes diese Tatnacht-Variante absolut nicht aus. Und ein unvernünftiges Verhalten erst recht nicht. Man kann von einer Frau, die einen derartigen Schock erlitten hat, kein abgeklärtes und durchdachtes Verhalten verlangen.

Aber wie lange bleibt das denn so? Einen Tag? Ein Jahr? ... Hunger hat sie immer, Geld braucht sie immer, ein Dach über dem Kopf und Kleidung auch. Von der Presse hätte sie für ihre Geschichte ein paar Pfund bekommen. Damit wäre sie reich gewesen, jedenfalls relativ zu ihrer Umwelt gesehen. Sie hätte sich, zumindest für eine Weile, auch nicht mehr den Freiern hingeben müssen.

Wieso hätte sie diese Chance dauerhaft ausschlagen sollen?


 :)


PS an JohnEvans: "Reich und satt" ist eine Redewendung. ... ;)

 *
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 01.05.2007 15:45 Uhr
Hi Alex

Vom Londoner Slum in den Dubliner Slum (oder in einen anderen Slum) ... das ist doch keine Chance. Das ist bestensfalls dasselbe Sterben an einem anderen Ort.

Das ist ja ganz klar. Keine Frage. Doch dies sehen wir eben aus der heutigen, globalisierten Sicht. Ich weiss nicht, ob jedem damals die Verhältnisse an anderen Orten hinreichend bekannt waren. Oder ob die Prostituierten aus London wussten, wie es den Prostituierten aus Dublin erging. Ein wenig aus Erzählungen von Freunden, Bekannten, Verwandten, ja. Oder ein bisschen aus der Presse. Aber die heutige Sicht der Dinge blieb den Menschen von damals verwehrt, und so dürften sie wohl noch eher und inbrünstiger von einem Ort, an dem alles besser ist, geträumt haben, als wir es heutzutage tun.
Ich möchte die Menschen von damals nicht als unwissend bezeichnen, aber wieviele Menschen träumen heutzutage vom Auswandern oder einem Neustart an einem anderen Ort - und dies sind hauptsächlich sozial schwächer gestellte Personen. Ich denke, damals dürfte dies noch eine Spur stärker ausgeprägt gewesen sein. Schauen wir uns die Geschichten der Ripperopfer an, so sehen wir doch eigentlich, dass ein Umzug in eine andere Stadt oder ein anderes Land schon fast obligatorisch waren.
Ist Kelly wirklich geflohen, und sollte dies nicht geglückt sein, lässt sich das eh nicht nachvollziehen - denn dann hat sie eventuell wirklich einen Neuanfang versucht und starb als Emma Walker in Dublin oder sonstwo und niemand hat je gewusst, dass dies die Mary Jane Kelly aus London war. Eventuell hätte sie den Namenswechsel gar nicht benötigt, soviele Mary Kellys wie es gab. Wer sich mal den Census angeschaut hat, weiß Bescheid.

Das Geld von der Presse? Wie gesagt, ich denke, soweit denkt ein derart traumatisierter Mensch nicht. So jemand möchte am Liebsten nur weg. Und dies mit allen Mitteln.

Ich kann es auch anders sagen: Wäre ich eine (Gelegenheits-) Prostituierte, ich würde dem Londoner Slum im Jahre 1888 jedes andere beliebige Slum vorziehen - und dies hätte einen einzigen driftigen Grund gehabt  :icon_wink:
Über die Probleme aus anderen Ländern hätte ich wahrscheinlich eh nicht genügend Bescheid gewusst.

Andererseits ist dies natürlich wirklich ein zuerst wohlklingendes Szenario, verliert aber bei näherer Betrachtung an Glaubwürdigkeit. Aber möglich ist dies alles durchaus.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JD am 01.05.2007 18:07 Uhr
Eine kleine unausgereifte Idee bezüglich der Identität der Leiche:

Ich habe anderenorts gelesen, dass MJK für eine Frau der damaligen Zeit außergewöhnlich groß gewesen sein soll.
(Fragt mich bitte nicht "wo?" oder "wie groß genau?")

Gibt es Informationen über die Größe der Leiche (z.B. im Autopsiebericht) ?

Das könnte ja zumindest ein Anhaltspunkt sein.



Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 01.05.2007 18:50 Uhr
@JD

Soweit ich weiss, ist im Autopsiebericht nichts von der Größe der Leiche vermerkt. Das Kelly eine große Frau war, habe ich auch irgendwo mal gelesen - weiss aber auch nicht mehr, wo  :icon_rolleyes:
Man könnte ihre ungefähre Größe anhand des Tatortfotos ableiten, aber da die Beschreibung "Kelly war eine große Frau" sehr ungenau und relativ ist, würde dies auch nichts bringen.
Aber vielleicht führt diese Tatsache ja zu neuen Überlegungen...

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 01.05.2007 20:19 Uhr
Eine kleine unausgereifte Idee bezüglich der Identität der Leiche: Ich habe anderenorts gelesen, dass MJK für eine Frau der damaligen Zeit außergewöhnlich groß gewesen sein soll.
Das könnte ja zumindest ein Anhaltspunkt sein.
Das denke ich auch. Und es war bestimmt eine Tatsache, die Barnett half, MJK zu identifizieren.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Sir Boss am 02.05.2007 07:18 Uhr
Wäre möglich, jedoch denke ich das die Größe im liegen weniger auffällt. Wenn Barnett sie noch in der Wohnung identifiziert hätte, wäre es noch schwieriger gewesen, meiner Meinung nach, da sie die Beine angewinkelt hat und die Größe in dieser Lage noch schwerer auszumachen ist.

Gruß
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Pathfinder am 02.05.2007 19:44 Uhr

es müsste doch obduktionsbericht geben. ist da kein hinweis auf die grösse vermerkt ?
hatte mjk noch evtl einen ring am finger oder irgend ein erkennungsmerkmal ? vielleicht hat man sie auch anhand er haare (farbe/länge) identifizieren können.

nach langen überlegen bin ich zu der meinung gegkommen, dass es doch recht unwahrscheinlich war, dass mjk sich aus dem staub gemacht hat. wenn man begründet, dass sie in der schocksituation nicht rational gedacht hatte, ist es für mich irgendwie dann auch unlogisch, ein plan mit dem rgebniss zu fassen, dich aus dem staub zu machen. klar wäre es möglich, aber ich hab da so meine zweifel.
wenn sie einen grund gehabt hätte lodon zu verlassen, dann hätte die den entschluss wohl schon eher gefasst. sie hatte in london ihren lebensmittelpunkt, ihren bekanntenkreis und ihr gewohntes umfeld. ob man sich wirklich dann einfach so spontan davon macht ?

aber ausgeschlossen ist natürlich gar nichts, doch dieser flucht gedanke ist für mich irgendwie unrund, man müsste um diese beurteilen zu können mehr über mjk wssen.




Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 02.05.2007 20:42 Uhr
@Sir Boss,

eine große Frau mit angewinkelten Beinen ist immer noch größer als eine kleine Frau mit angewinkelten Beinen.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 02.05.2007 20:46 Uhr
Hi Pathfinder

wenn sie einen grund gehabt hätte lodon zu verlassen, dann hätte die den entschluss wohl schon eher gefasst. sie hatte in london ihren lebensmittelpunkt, ihren bekanntenkreis und ihr gewohntes umfeld. ob man sich wirklich dann einfach so spontan davon macht ?

Ja, das ist eben der Knackpunkt an der Sache, der mir auch zu schaffen macht. Aber die Sache mit dem Lebensmittelpunkt kann eben auch langsam zerfallen sein (schlechte Aussichten auf das Behalten der Bleibe, Barnett verlässt sie...), der Bekannten- bzw. Verwandtenkreis kann auch genausogut außerhalb Londons gewesen sein (bei der Familiengeschichte kein Wunder) und das gewohnte Umfeld wurde seit Kurzem durch einen Serienmörder heimgesucht...
Kennst du die Geschichte von dem Raucher, der erst damit aufhörte, als er Lungenkrebs davon bekommen hatte? Manchmal benötigt es harte Erfahrungen, um seinen Arsch zu bewegen.

Aber die Sache ist tatsächlich unrund, da hast du vollkommen recht.

Doch ist nicht die andere Variante genauso unrund? Was ist dann mit Maxwell? Sie kennt Kelly seit vier Monaten und soll sie verwechselt haben? Sie hat einen Eid abgeleistet, obwohl ihr daraus kein ersichtlicher Vorteil entstand? Sie hat sich im Tag geirrt, obwohl dies der Lord Major`s Day war - ein Tag, den bestimmt kein Londoner verwechselt? Das klingt alles genauso komisch...

@John

Na, das sind ja wieder gewagte Thesen!  :icon_wink:

Grüße, Isdrasil

Achja, an alle Raucher: Bloss den Vergleich nicht persönlich nehmen...obwohl...nehmt ihn ruhig persönlich und hört einfach mit dem Mist auf  :icon_aetsch:
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Isdrasil am 03.05.2007 12:26 Uhr
Double-Event!

Noch was zur Größe:

Barnett sah den Leichnam Kellys in gewohnter Umgebung und nicht auf einer entlegenen, weniger bekannten Straße (wenn auch mit angewinkelten Beinen). Ich denke, in diesem Falle dürfte die Identifizierung anhand der Größe leicht gefallen sein. Man merkt einfach, wenn ein kleinerer oder größerer Mensch auf dem Bett, auf dem man selbst viel Zeit verbracht hat, liegt. Ich denke, das Opfer war daher zumindest nicht auffällig kleiner oder größer als Kelly (denn vielleicht war es ja auch Kelly  :icon_rolleyes:). Dies wäre Joseph gewiss aufgefallen.

Grüße, Isdrasil

Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: monky am 08.05.2007 20:51 Uhr
ganz deiner meinung, patrick. das sehe ich auch so.

monky
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: zwo am 25.01.2010 11:06 Uhr
Auch wenn dieser Thread schon älter ist...

Weiß man eigentlich, wann ungefähr diese Zeugin Maxwell befragt wurde? "Vor Ort" während der Menschenansammlung, kurz nachdem die Polizei eintraf, oder erst später? Gibt es dazu nähere Informationen?
Danke schön!
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: zwo am 25.01.2010 22:21 Uhr
Hat sich erledigt, hatte zu Ende gelesen und hatte zweimal was von "nach drei Tagen" mitbekommen.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: zwo am 26.01.2010 01:11 Uhr
Vorab:
Ich bin ganz neu in dem Thema drin, zumindest insofern, dass ich mir über die Abläufe etc. Gedanken mache. Das hätte ich früher nicht gemacht, da waren die allgemein bekannten Fakten für mich auch Fakt.
Das Thema an sich, nämlich dass es Jemanden anderen erwischt hat, bzw. erwischt haben könnte, war mir neu, aber als Gedankenspiel für mich durchaus interessant und durchspielenswert im Kopf.
 
Das Jucken im Hirn bekam ich, als ich las, dass durch die Zeugin Maxwell eigentlich alles ganz anders sein könnte. Nämlich, dass es Kelly nicht erwischt hat, sondern eine andere Dame. Daher wollte ich das Datum der Zeugenbefragung wissen.
Denn:  Wenn die Zeugin Maxwell kurz nach dem Eintreffen der Polizei ausgesagt hätte, also quasi aufgelöst vor Ort erzählt hat, dass sie Mary erst vor ein paar Stunden gesehen und mit ihr gesprochen hat, hätte ihre Aussage m.E. ein ganz anderes Gewicht bekommen.
Ich sage es jetzt mal ganz lapidar. Beim Durchlesen (nicht nur hier im Thread, auch in anderen Threads habt Ihr sovieles zusammengetragen) bekam ich den Eindruck, dass ihre Aussage deshalb so unglaubwürdig bzw. so unpassend ist, weil sie erst so spät ausgesagt hat bzw. befragt wurde. Und daher, mit Verlaub, leider auch die Arschkarte gezogen hat. Nämlich die der Unglaubwürdigkeit.
Es war schon ein Bild der Tat da, mit anderen Daten und Zeugenaussagen, sodass die Aussage, dass Mary noch gesehen wurde, überhaupt nicht mehr ins Bild passen konnte.

Ich will Euch jetzt hier nicht mit einer pseudoneuen These langweilen. Viele Diskussionen wurden vor Jahren geführt, eigentlich habt Ihr auch Alles gesagt.
Mir als Neueinsteiger stellte sich aber eben die Frage, ob durch eine zeitnahe – also kurz nach dem Mordereignis – Aussage dieser Zeugin nicht Einiges anders verlaufen wäre.

Dazu muss ich auch sagen, selbst wenn Kelly überlebt hat, weil sie einer Bekannten ihr Zimmer zur Verfügung gestellt hat, das ganze Thema keine Verschwörungstheorie ist im eigentlichen Sinne. Daran erkenne ich nichts verschwörerisches.

Letztendlich hatte ich das so gelöst. Ein Punkt ist es, weshalb ich denke, dass es Kelly ist.
Es würde alles zusammenpassen, wenn die Kleidung von Mary nicht zusammengelegt im Zimmer aufgefunden worden wäre. Ich nehme mal an, dass die Kleidung identifiziert wurde? (Ob dazu hier was gesagt wurde, weiss ich nicht mehr. Vielleicht habe ich den Fehler gemacht, zuviel hier in zu kurzer Zeit zu lesen, sodass ich ein Zuviel an Informationen bekam, daher habe ich das mit der Identifizierung der Kleidung leider nicht mehr im Kopf.)

Zimmer und die Türe: Vermitteln sie ja, dass es keinen gewaltsamen Einbruch gab (im Sinne von Türeinschlagen und Ähnlichem.)
Also entweder hat das Opfer den Täter mit nachhause genommen und sich in ein Nachtgewand, Nachthemd, Nachtbluse, Unterwäsche – wie auch immer – geworfen, also um sich auszuziehen und Geschlechtsverkehr zu haben.
Oder das Opfer war schon beim Schlafen und wurde durch den Täter aufgeweckt, durch Klopfen an der Tür.
Der Täter könnte also durchaus reingedurft haben können. (Ich liebe die deutsche Sprache.)
Also entweder war er schon drin, indem er eingeladen wurde vom Opfer durch vorheriges Kennenlernen und "Mitnachhausenehmen", und das sieht mir dadurch nicht nach einer schnellen Nummer aus, da das Opfer ein Hemdchen trug und sich wohl somit so gut wie ausgezogen hat.
Oder, wie gesagt, er war vertrauenswürdig bzw. bekannt und wurde eingelassen.
Oder, er war ein Irgendjemand, der sich, nachdem die Tür geöffnet wurde, sich gewaltsam Eintritt verschafft hat, beispielsweise durch Fuss in die Türe oder Ähnliches (was ein Beobachten bedeuten kann.)
Letzteres kann ich mir aber nicht vorstellen, da ich den Ripper nicht als Stalker und /oder Beobachter einschätze.


Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: zwo am 26.01.2010 02:07 Uhr
Nach Durchlesen des letztes Beitrages kam vielleicht die Frage auf: Was will uns der Säppel jetzt eigentlich sagen?
Folgendes, wie vorhin schon angedeutet, ist mein eigentliches und einziges Manko, dass die Kleidung von Kelly in diesem Zimmer war.
Daher wird das Opfer auch Kelly sein.
Gäbe es diese Klamottengeschichte nicht, könnte ich mir durchaus folgendes Szenario vorstellen:
Kelly hat einer Bekannten ihre Bude zur Verfügung gestellt für einige Zeit. Höchstens 1-2 h. Weil das Wetter schlecht war z.B., oder auch weil die Rippersituation einen Raum sicherer machen könnte.
Kelly ging mit ihrem letzten – von Hutchinson gesehen Kunden – in ihr Zimmer. Das Treffen war irgendwann erledigt, der Kunde ging, und Mary auch. Wohin wissen wir nicht.
Um die Sache schlüssig zu machen (da Hutchinson ja bis ca. 3 Uhr morgens – richtig? – vor Ort geschaut hat), muss wirklich kurz darauf die Bekannte von Kelly mit ihrem Kunden (der auch der Täter sein könnte) das Zimmer aufgesucht haben.
Nach ca. 45 Minuten sollen die „Oh, Murder“ – Schreie erklungen sein, zischen halb vier und 4 Uhr morgens.
Vielleicht hat ja Mary geschrieen, aber nicht als Opfer, sondern als Frau, die nachhause geht, durch das Fenster greift, um in das Zimmer zu gelangen aufgrund der Türverriegelung und den Mord sieht, also die Leiche ihrer Bekannten. Vielleicht sogar mit Täter, der sich gerade sein Mäntelchen überzieht und gehen möchte. Sie schreit, und rennt weg. Oder rennt weg, und schreit währenddessen dieses „Oh, Murder“. Rennt, rennt, und versteckt sich. Das passt doch durchaus zeitlich mit den Zeugenaussagen zusammen.
Nachdem es heller wird kommt sie zurück. Und trifft auf die Zeugin Maxwell um ca. halb neun Uhr früh.

So, das wars. Daran ist nichts verschwörerisches. Auch nicht daran, dass man von Mary danach nichts mehr hört.
Wenn es stimmt, dass sie aufgrund der Morde vorher verängstigt war, und nun so nahe dran war, hat es bei ihr vielleicht Klick gemacht und sich gedacht: so schlimm wie hier kann es woanders gar nicht sein, oder ich versuche es doch mal anders. Und ist eben weg. Wie viele, wie Hunderte und Tausende auch.
Ich habe in der Vita von Kelly nichts finden können, weshalb sie hätte in East-End bleiben sollen.

Also – keine Verschwörungstheorie, sondern normales Verhalten.

Nochmal: das ist ein Denkansatz, wenn man der Zeugin Maxwell eine wahre Beobachtung unterstellen mag.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: KvN am 19.02.2010 09:20 Uhr
Hi allseits!

Kellys Leichnam wurde von einem Mann, mit dem sie zusammenlebte, identifiziert. Trotz der Verstümmelungen waren noch genug Merkmale vorhanden die das ermöglichten. Für mich gibts keinen Zweifel: Es handelt sich um MJK.
Und für die (angebliche) Sichtung am nächsten Tag gibt´s ungefähr 100 plausible Erklärungen...

Grüße
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Stordfield am 19.02.2010 10:54 Uhr
Hallo KvN!

Und für die (angebliche) Sichtung am nächsten Tag gibt´s ungefähr 100 plausible Erklärungen...

Zehn würden mir reichen.  :icon_wink:

Gruß Stordfield
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 19.02.2010 14:56 Uhr
Mir reicht eine – meine - es war Mary, die von Mrs Maxwell gesehen wurde.
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: panopticon am 19.02.2010 17:47 Uhr
Hi.

Irgendwie orte ich das eigentliche Problem nicht allein in der Aussage von Mrs. Maxwell, sondern auch darin, wie die Ermittler offenbar damit umgegangen sind. Ich frage mich ja schon seit einer Ewigkeit, warum sich damals eigentlich niemand auf die Suche nach dem angeblich Erbrochenen begeben zu haben scheint, bzw warum Mrs. Maxwell bei der gerichtlichen Untersuchung explizit darauf hingewiesen hat, dass sie dieses auf der Straße gesehen hat, was darauf hindeuten könnte, dass man sehr wohl danach suchte, aber dort, wo sie angab, beim besten Willen nichts finden konnte. Oder habe ich da was übersehen? Nun gut, ihre Aussage war doch einige Zeit später, und dort war ja gerade aufgrund des Mordes sehr viel los, dazu das Wetter,...ob deshalb aber tatsächlich auch alle Rückstände beseitigt gewesen wären, ist eine andere Frage, vor allem, wenn es sich dabei um Fish & Chips gehandelt hätte, und nicht nur um Bier. Nicht mal näher befragt hat man die gute Mrs. Maxwell scheinbar danach. Da hätten sich schon eine Menge Rückschlüsse auf verschiedenste Aspekte ziehen lassen...

Wie auch immer: Ich sehe auf jeden Fall keinen Grund, warum die Tote im Miller´s Court jemand anderer gewesen sein sollte, als die Person, die dort unter dem Namen ´Mary Jane Kelly´ residierte.


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: KvN am 20.02.2010 00:08 Uhr
Das ist der Punkt: Eine unverifizierte Aussage steht gegen die zweifelsfreie und dokumentierte Identifikation eines Mannes, der absolut dazu in der Lage gewesen sein sollte. Kelly (oder wie immer sie tatsächlich geheissen haben mag) war grausam verstümmelt, aber Identifikationsmerkmale waren mehr als ausreichend vorhanden. Was wiederum bedeutet dass der Fischträger absichtlich gelogen hätte, wäre der Leichnam nicht der seiner Ex - Lebensgefährtin gewesen.
Nun beginnt aber mein persönliches Dilemma:
Ich bin ein geistig recht einfach gstrickter Mensch. Wenn die eine Handlungsweise einer komplexen - und bei unserem Infostand wohl auch recht spekulativen - Erklärung bedarf, es für die "Geistersichtung" aber einfache Möglichkeiten gibt (Verwechslung der Person, des Datums, Lüge wegen Wichtigtuerei...), naja, dann ist meine Entscheidung ziemlich klar...

Greeze
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: panopticon am 20.02.2010 10:09 Uhr
Barnett war zudem auch gar nicht der einzige, der die Tote identifiziert hat:
John McCarthy, der ja sogar einer der ersten im Raum war, hat sowohl bei der gerichtlichen Untersuchung, als auch bei seiner Einvernahme davor deutlich gesagt, dass er absolut keinen Zweifel daran habe, wer die Tote ist. (Siehe z. Bsp.: Sourcebook; Daily Telegraph, 13. 11. 1888; London Times, 13. 11. 1888, u.a.)
Und wie Du eben sagst: wer das frontale Tatortbild kennt, müsste eigentlich wissen, dass sie zu identifizieren war, auch wenn das Bild im Gesichtsbereich überbelichtet ist, was leider ständig zu vielen falschen ´Sichtweisen´ führt,...


Best regards,
panopticon
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 20.02.2010 14:24 Uhr
@KnV, @panopticon,

 

damit keine Mißverständnisse aufkommen: ich denke auch, daß die Tote Kelly war. Aber diese Tatsache mißkrediert Mrs Maxwell´s nicht im geringsten! Obwohl offensichtlich genau dieser Schluß jetzt nun schon seit mehr als hudnert Jahren gezogen wird. Warum ist mir nicht ganz klar, denn das einzige, das sich durch die Möglichkeit, daß Mrs Maxwell´s Aussage richtig sein könnte, ändert, ist nicht die Identität des Opfers, sondern jeglich der Todeszeitpunkt, der, wie ich andrerorts bereits ausführlich ausführte, sehr wohl auch erst in den Morgenstunden gelegen haben könnte.

 

Was Mrs Maxwell´s Aussage durchaus glaubwürdig macht, ist die Tatsache, daß sie Mary´s Bekleidung, also genau jene Kleider, die dann auch ihrem Zimmer lagen, ausführlich und korrekt beschreiben konnte – während hingegen Hutchinson diesbezüglich nicht eine Silbe verliert! Er beschreibt unwahrscheinlich detailliert die Kleidung des angeblichen letzten Kunden Mary´s, aber schweigt sich über Mary´s Klamotten aus.

 

Was bei einem solch begnadetem Beobachter wie Hutchinson mehr als eigenartig anmutet. :SM141:

 

Warum wohl? Weil er sie in dieser Nacht gar nicht sah?

 

Und woher wußte Mrs Maxwell, die Mary schon länger nicht gesehen hatte, eigentlich, was sie in den Stunden vor ihrer Ermordung anhatte?

 

Also, wenn ich diese beiden Tatsachen nebeneinander stelle, dann ist für mich klar, daß Mrs Maxwell mitnichten phantasiert oder den Tag verwechselt hat. Abgesehen davon schließen sich die beiden Aussagen ja nicht aus. Es gibt also keinen Grund, sich für die eine oder die andere entscheiden zu müssen.

 

JE

Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: panopticon am 20.02.2010 15:14 Uhr
Hallo John!

Nein, klar, das habe ich ohnedies nicht anders aufgefasst - Das mit der Identifizierung habe ich eigentlich auf andere Beiträge bezogen.
Mrs. Maxwell ist eine der wenigen Zeugen, bei denen ich nach wie vor unschlüssig bin, wie ich zu ihrer Aussage stehen soll - zum Beispiel eben auch wegen ihrer Aussagen über Kellys Kleidung, obwohl man bei dieser wohl nicht nur seine Klamotten hinterlassen konnte, wie Mrs. Harvey das tat, sondern scheinbar auch ausleihen, wie Mrs. Pickett, die sich ja angeblich gegen 7.30h einen Schal ausleihen wollte.... Bei Maurice Lewis, der Kelly (wohl in Begleitung von Barnett) ja auch noch um 10.00h gesehen haben will, ist es da zum Beispiel wesentlich einfacher: Allein aufgrund des Zeitpunkts der Auffindung ist das wohl ziemlich auszuschließen...

Zur Kleidung von Kelly: Ich kenne diesbezüglich die Beschreibung, die Mrs. Cox vom Vortag abgeliefert hat, und eben die von Mrs. Maxwell, wo kann man aber nachlesen, wie die Kleidung ausgesehen hat, die man ordentlich zusammengelegt auf dem Stuhl gefunden hat? Ich habe neulich nach der eigentlichen, ursprünglichen Quelle für diese ´neatly folded´-Geschichte gesucht, sie aber nicht gefunden, ebenso wenig habe ich eindeutig herausgefunden, ob Abberlines Notizen über das Inventar des Raumes überlebt haben. (Was auch mit der Grund ist, warum ich den eigentlich angekündigten Post zur Frage nach der möglichen Situation in Raum 13, Miller´s Court vorerst mal für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt habe...) Weiß das vielleicht jemand?


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 20.02.2010 21:28 Uhr
Hallo panopticon,

Meine Hauptquelle für Akteneinsicht ist das Jack the Ripper Sourcebook von Evans & Skinner. Und Zeitungsartikel findest du in www.casebook.org.

Zitat
Zur Kleidung von Kelly ... Ich habe neulich nach der eigentlichen, ursprünglichen Quelle für diese ´neatly folded´-Geschichte gesucht, sie aber nicht gefunden,
Was nicht verwundert, da es sich hierbei sehr wahrscheinlich um einen weiteren Mythos handelt. Es gab/gibt auch im casebook einen Thread dazu,.

So, sehen wir mal nach, was in ein paar der Zeitungen damals stand:

The Daily Telegraph - SATURDAY, NOVEMBER 10, 1888
“That the woman had had no struggle with her betrayer was shown by her position and the way in which her garments, including a velvet bodice, were arranged by the fireplace.”

Pall Mall Gazette - 10 November 1888
“The clothed of the woman were lying by the side of the bed, as though they had been taken off laid down in the ordinary manner.”

Sam Flynn (ein casebook user) weist darauf hin, daß erst 1959 Donald McCormick in The Identity of Jack the Ripper Folgendes schreibt: „Her clothes lay in a neat pile at the bottom of the bed..." (McCormick, 1st hardback edn., p. 115) und später , "Mary Kelly's clothes were in a neat pile by the bed..." (ibid, p. 124).

Aha! Hier geht es also los!

Etwas später macht Donald Rumbelow in “The Complete Jack the Ripper, 1975, daraus diese Konstruktion: "…the dead woman's clothes were still neatly folded on one of the chairs..." (Rumbelow, 2004 paperback p 92) – und damit war das Gerücht manifest und die Schuldigen sind hiermit gefunden.

JE

Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: KvN am 21.02.2010 12:19 Uhr
@John: Asche auf mein Haupt, ich hab dich tatsächlich mißverstanden...So gesehen natürlich eine sehr interessante Überlegung...
Greeze
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: panopticon am 22.02.2010 02:03 Uhr
Hallo John,

Vielen Dank!!  :icon_thumb: Die Umschreibung ´neatly folded´ wurde nämlich ohne Quellenangabe so oft in diversen Zusammenfassungen des Kelly-Falles erwähnt/zitiert, dass ich eben tatsächlich davon ausgegangen bin, dass sie sich genau so entweder in den Akten, oder zumindest in irgendeinem zeitgenössischen Zeitungsartikel wieder finden lassen müsste, wodurch ich auf der Suche danach ziemlich verzweifelt bin, was nun nicht mehr verwundert... Die beiden Zeitungsartikel hatte ich gefunden, nur wurden darin eben leider nicht alle Kleidungsstücke erwähnt, wodurch ich dann halt, in der Hoffnung, eine nähere Beschreibung zu finden, nach der ´neatly folded´-Quelle gesucht habe – so wie es aussieht, ist also scheinbar nur das ´velvet bodice´ tatsächlich dokumentiert...

Wieder mal ein faszinierendes Beispiel dafür, wie stark sich tatsächliche Berichte mit der Zeit ´transformieren´, und wie sinnvoll es ist, nach den eigentlichen Quellen zu suchen!


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: Claudia am 25.02.2010 22:21 Uhr
@John: Ok, mal wieder Maxwell :icon_lol:

Ist ja ok, wenn Du ihrer Aussage partout glauben magst, damit setzt Du aber voraus, daß beide Zeugenaussagen bezüglich des "Murder- Schreis" falsch sind bzw sich auf ein anderes ungewöhnliches Ereignis in dieser Nacht beziehen (von dem nichts bekannt ist).

Was die Kleidung Marys betrifft: Nunja, in Anbetracht der Tatsache, daß die Garderobe der Eastendbewohner nicht gerade viel Abwechslung zuließ ist eine Beschreibung der Alltagsklamotten nicht grade aussagekräftig.

Und (wie schon an anderer Stelle angemerkt): Maxwells Aussage bezüglich des Erbrochenen passt nunmal null zum Mageninhalt der Leiche, zumindest ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, daß jemand im Vollsuff nur einen Teil des Mageninhalts erbricht oder kurz nach dem Erbrechen nochmal Fisch+Chips futtert. Ich glaub da jedenfalls nicht dran.

Und wie schon desöfteren bemerkt, in fast jedem Kriminalfall gibt es Aussagen, die nicht zum ermittelten Tatgeschehen passen, Zeugenaussagen sind nunmal mit Vorsicht zu genießen.
Oder soll ich jetzt einer Nachbarin glauben (als Bsp.), die mir gegenüber kürzlich felsenfest behauptete, meinen Vater (70), den sie gut kennt, regelmässig auf Inlineskatern(!) beim Einkaufen zu treffen , wo er ihr immer freundlich zuwinke ? :icon_verwirrt:
Es gibt nunmal Menschen, die Dinge zu sehen glauben, die einfach nicht der Realität entsprechen, aus welchen Gründen auch immer.
Nach Lage der Dinge muss man einfach davon ausgehen (ohne eben tatsächlich ins verschwörungstheoretische abzugleiten), daß es sich bei Maxwells Aussage um ein solches Phänomen handelt.

Das haben die Ermittler damals so eingeschätzt, das sahen die Ärzte so, das passt zu allen Indizien, ich persönlich hab keinen Grund, daran zu zweifeln...

Grüße, Claudia
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: KvN am 26.02.2010 12:11 Uhr
Nochmals@ John:

Sagen wir mal der Todeszeitpunkt war tatsächlich erst am späteren Morgen...Welche Schlußfolgerungen ergeben sich daraus deiner Meinung nach?
Grüße
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 01.03.2010 09:06 Uhr
@Caudia,
Zitat
Ist ja ok, wenn Du ihrer Aussage partout glauben magst, damit setzt Du aber voraus, daß beide Zeugenaussagen bezüglich des "Murder- Schreis" falsch sind

Tja, genau das meinte ich: dieser Schluß wird seit 120 Jahren gezogen, was aber nichts an der Tatsache ändert, daß diese Schlußfolgerung eben falsch ist, denn ....

hier werden fröhlich FAKTEN und MEINUNGEN verwechselt.

FAKT: „murder“ Schrei(e) – und selbst das ist nicht wirklich klar, da die Zeugenaussagen in Sachen Zeitpunkt, Lautstärke, Anzahl oder Entstehungsort der Schreie schwanken.

MEINUNG: „Mary schrie“ – ist durch NICHTS bewiesen.

Daher ist nach wie vor gültig: Mrs Maxwell´s Aussage wird durch diese „murder“ Schrei(e) nicht im geringsten unglaubwürdig.

Ah! Das Erbrochene! Keiner hat es gesehen und kann daher sagen, wie viel es war, nicht wahr? Nicht jeder, der sich erbricht, läßt gleich alles raus. Außerdem hindert Erbrechen nicht daran, danach noch einmal etwas zu essen.

Zitat
Das haben die Ermittler damals so eingeschätzt, das sahen die Ärzte so, das passt zu allen Indizien, ich persönlich hab keinen Grund, daran zu zweifeln...
Beliebter Trick, aber durchschaubar: auch das Anführen von nicht existierenden Pluralmeinungen macht diese nicht glaubwürdiger.

Ermittler? ? ? ? Welche denn? ? Die Polizei nahm Maxwell´s Aussage auf, ohne sie zu diskreditieren. Im Gegenteil, sie hielten Mrs Maxwell für „sound“ – also „vernünftig“.

Die Ärzte? ? ? ? Im Plural? ? ? ? Dr Philips und Dr Bond waren sich nicht einig über die Todeszeit – also, kein Beweis für Mrs Maxwell´s angebliche Fehlleistung.

Dr Bond im besonderen? ? ? ? Setzte Mary´s TZP nach Lust und Laune um 1 Uhr nachts fest, ganze 20 – 30 Minuten bevor sie zu singen aufhörte (was für eine Kombinationsgabe! Sherlock müsste eigentlich vor Neid erblassen :icon_wink: )

Einzig und allein der Coroner erlag den Verlockungen der/s „murder“ Schrei(e)/s und wollte daher Mrs Maxwell einschüchtern. Auch das kein Beweis dafür, daß ihre Aussage nicht stimmen könnte.


Resümee:wenigen FAKTEN im Mordfalle Kelly widersprechen einander nach wie vor NICHT, wohl aber die Meinungen (unsere eingeschlossen) darüber.

 
@KvN,
Zitat
Sagen wir mal der Todeszeitpunkt war tatsächlich erst am späteren Morgen...Welche Schlußfolgerungen ergeben sich daraus deiner Meinung nach?
Die eine, die ins Auge springt, ist die, daß der Täter nicht der Ripper gewesen sein dürfte.

Was jetzt aber nicht heißt, daß das auch meine Meinung ist – nur eben eine durchaus wahrscheinliche Möglichkeit.

 

JE

Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: KvN am 04.03.2010 12:06 Uhr
Aha...hatte der Ripper schon Dienstschluss...

Du unterschlägst uns da bei deiner Maxwell Argumentation bisserl was. Sie behauptete MJK auch um 9Uhr noch vor dem Pub gesehen zu haben, und da wird es selbst mit dem TZP nach Philips schon echt eng.Er sah Kelly um 13,15 (lt. casebook), also selbst wenn wir von den 5 Stunden ausgehen (die ich, wie ich gestehen muss, nirgends gefunden habe), haut das ned so ganz hin. Immerhin, sie musste ja noch den Täter treffen, nach Haus gehen, ausziehen, die Schlachtung per se, hmmmm, würde sagen wir reden da locker schon von 9,30...Nein, ich bin nach wie vor der meinung dass Maxwell sich geirrt hat.

Ah ja, du argumentierst dass der rigor mortis beschleunigt eingetreten ist weil das kaminfeuer so heiß war. Aber wenn MJK doch erst am vm starb kann das wohl nicht sehr viel Einfluss ghabt haben...

Grüße 
Titel: Re: Widersprüchlichkeiten im Falle Kelly
Beitrag von: JohnEvans am 06.03.2010 19:36 Uhr
Hallo, @KvN

Zitat
Du unterschlägst uns da bei deiner Maxwell Argumentation bisserl was.
Nicht, daß ich wüßte. Mrs Maxwell sah Mary 20 / 15 min vor 9:00, vom Pub bis Miller´s Court sind es gerade mal höchstens 10 min Gehweg. Ankunft Miller´s Court: 9:00 – 9:15, also 1.5 h Zeit zum Entkleiden (ein paar min), Töten (ein Fall von Sekunden!!!) und Verstümmeln (machbar in 20 min) und Abhauen.
 
Zitat
Er sah Kelly um 13,15 (lt. casebook),
Laut Inquest Papieren (und die sind ausnahmsweise mal erhalten und u.a. im Sourcebook (Evans & Skinner)nachlesbar) wurde die Tür erst um 13:30 aufgebrochen. Keine näheren Angaben, wann er die Leiche berührte.

Dieser Bericht dürfte zwar etwas verwechseln, The Star - LONDON. MONDAY, 12 NOVEMBER, 1888 - “ Dr. Bagster Phillips, divisional surgeon, says that when he was called (at a quarter to eleven) Kelly had been dead some five or six hours.” – denn um viertel vor elf war Dr Philips noch nicht im Raum, aber die Aussage als solche sollte man beachten.

Zitat
Ah ja, du argumentierst dass der rigor mortis beschleunigt eingetreten ist weil das kaminfeuer so heiß war. Aber wenn MJK doch erst am vm starb kann das wohl nicht sehr viel Einfluss ghabt haben...
Doch, gerade. Wärme beschleunigt das Eintreten von RM sowie den Prozeß selbst, dh. die Zeit, die zwischen dem TZP und dem Einsetzen von RM verstreicht, ist kürzer und somit die Annahme, daß der Tod einen kürzeren Zeitraum als unter normalen Umständen zurück liegt (Vormittag) berechtigt.

Nach einem allgemeinen Schema setzt RM zwischen 1 – 3 h (erste Phase) ein, und kommt zwischen 8 – 12 h zur höchsten Ausprägung (letzte Phase), dh, Dr Bond´s Beobachtung „Rigor Mortis hatte angefangen, und nahm während der Untersuchung zu“ (Sourcebook (Evans & Skinner)) läßt somit den Schluß zu, daß die erste Phase vorbei, aber die letzte noch nicht erreicht war und sich Mary´s RM daher irgendwo dazwischen befand (3 – 9 h). Und das alles ohne Rücksicht auf ein eventuelles Kaminfeuer, welches das Einsetzen des RM beschleunigt hätte und demnach der TZP kürzer zurück liegend gewesen wäre (mit der Einbeziehung des Kaminfeuers läge der vermutete TZP sogar näher bei 3 h als bei 9 h).

Bitte einfach mal selbst nach zu rechnen. :icon_lol:

Der eigentliche Punkt meiner bisherigen Darstellungen ist aber nach wie vor, dass sich Mrs Maxwell´s Aussage tatsächlich keiner anderen Zeugenaussage / keinem möglichem späterem TZP (nach heutigem und damaligem Wissen) / nicht den Aussagen der Ärzte widerspricht.

Das einzige, das immer wieder als angeblicher "Beweis" gegen den Wahrheitsgehalt ihrer Aussage ins Feld geführt wird, sind jeglich unsere - unbewiesenen - Annahmen / Spekulationen / Vorlieben über den von uns vermuteten TZP, wobei der beliebteste 4 Uhr (murder Schrei, dessen Verursacher auch heute noch nicht bewiesen ist) zu sein scheint.

Aber deine / meine / unsere Vorliebe(n) für eine bestimmte Zeugenaussage ist/sind dennoch kein Beweis dafür, daß Mrs Maxwell irrt.

JE