Autor Thema: Weintrauben?  (Gelesen 37230 mal)

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Offline Shadow Ghost

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Re: Weintrauben?
« Antwort #15 am: 28.04.2011 09:06 Uhr »
Stimmt, dass in Liz Strides Magen keine Trauben gefunden wurden, kommt ja auch noch hinzu! Ich kenne mich mit den damaligen Geldwerten überhaupt nicht aus *schäm*, aber falls Trauben für Leute wie Liz eher unerschwinglich waren, könnte das Szenario, das du entworfen hast, natürlich zutreffen. Ganz banal eben, wie aus dem Leben gegriffen.

Hallo Anirahtak!

Wenn man sich das Zitat aus der Evening News durchliest, erfährt man, dass Packer für das Pfund dunkle Trauben 6 Pence verlangt hat. Die Übernachtung in einem common lodging-house kostete 4 Pence. Da würde ich schon annehmen wollen, dass Trauben damals (zumindest für Menschen, die über finanzielle Mittel wie die Opfer von Jack the Ripper verfügen konnten) ein echter Luxus waren.
Ich bin jetzt kein Biologe, aber ich kann mir gut vorstellen, dass Weintrauben damals sogar Importware waren. Der Anbau von Wein in England ist wohl erst mit dem Klimawandel möglich geworden.

Viele Grüße,
Shadow Ghost

Offline Lestrade

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Re: Weintrauben?
« Antwort #16 am: 28.04.2011 20:49 Uhr »
Packer war schon ´ne Type! Verschiedene Beschreibungen des Mannes den er sah, verschiedene Altersangaben (25-30, 30, 30-35 jahre), erst garnix gesehen, dann so viel... und all die anderen Stories... Einiges der Beschreibungen und Angaben hätte er bequem den Zeitungen und Gerüchten entnehmen können, bevor er "zur Tat schritt"... Dazu kam, dass die "Detektive" Spinner waren... Was soll man nun davon halten? Wenn er ein Paar an der Auslage bei sich sah, war es wirklich auch Stride, die den weiblichen Part dabei spielte? Oder hat er Stride nur an der Schule mit ihrem Begleiter stehen gesehen, so wie PC Smith auch? Konnte Packer überhaupt wirklich sortieren, was er in jenen Stunden alles wahrnahm? Schwierig, in der Tat, deshalb möchte ich ihn auch nicht als Spinner bezeichnen. Mein Eindruck, mein persönlicher, Packer wollte dann doch helfen, war aber überfordert.
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Offline Anirahtak

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Re: Weintrauben?
« Antwort #17 am: 04.05.2011 23:34 Uhr »
Hallo,

@ Shadow Ghost

Jau, von Importware kann man wohl ausgehen. Und dieser Preisvergleich zwischen einem Pfund Trauben und einer Übernachtung im Lodginghouse deutet in der Tat auf Unerschwinglichkeit hin.


@ Lestrade

Die "Detektive" und deren Einfluss geben mir auch zu denken. Eine Überforderung Packers wäre für mich nachvollziehbar, allein schon der Umstand zu mehr als einer Totenidentifizierung geschleppt zu werden, klingt nicht beneidenswert.

Direwolf

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Re: Weintrauben?
« Antwort #18 am: 05.05.2011 22:43 Uhr »
Ich habe mir das ganze noch einmal durch den Kopf gehen lassen und halte es durchaus für plausibel, das Packer seine wiedersprüchlichen Aussagen aufgrund der äußeren Umstände getätigt hat. Bei der ersten Befragung wäre es möglich, dass er einfach nur seine Ruhe haben wollte und deshalb den Ermittlern gegenüber angab nichts gesehen zu haben.

Wenn ich da nun richtig liege waren diese "Detektive" welche die zweite Aussage aus Packer heraus bekamen doch Teil dieser Bürgerwehr und somit eigentlich nichts anderes als normale Bürger, die freiwillig ihre Hilfe anboten. Wie wir wissen waren die Bürger damals aufgrund der fehlenden Fortschritte der Polizei doch ziemlich in Rage. Wäre es da nicht durchaus denkbar, dass sie bei ihren "Befragungen" ab und an mal etwas ruppiger zu Werke gingen? Nun versetzen wir uns mal in die Lage von Packer, der schon wieder zu den Rippermorden befragt wird, nun aber von einem kleinen Trupp aufgebrachter Bürgern, die sozusagen Polizei spielen. Es wäre doch durchaus möglich, dass Packer hier unter Druck stand und möglicherweise aus Angst - die Leute der Bürgerwehr würden ihn für seine Unwissenheit bzw fehlender Kooperationsbereitschaft nun den Laden auseinander nehmen - dann doch noch eine andere Aussage tätigte.
Nun hätten wir dann aber wieder das Problem, dass Aussagen unter Druck oft nicht viel Wert sind (siehe dazu einfach mal die Hexenprozesse, oder falsche, erzwungene Geständnisse in der heutigen Zeit).

Des weiteren bleibt dann natürlich noch der scheinbar kurzsichtige Arzt, der keine Trauben gesehen haben will + die zwei Zeugen die doch Trauben in der Hand von Liz Stride gesehen haben wollen.
Leider habe ich gerade keine chronologische Reihenfolge parat und frage daher mal in die Runde: Wann wurden die Aussagen bezüglich der angeblich  vorhandenen Trauben getätigt? Vor oder nachdem Packer seine Story vom Traubenverkauf an Stride und ihren mutmaßlichen Mörder abgegeben hat?   

Offline Lestrade

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Re: Weintrauben?
« Antwort #19 am: 06.05.2011 12:27 Uhr »
Hallo Direwolf!

Sonntag,  30. September 1888 (Stride war in der vergangenen Nacht Opfer geworden):

Inspector Walter Dew findet ausgespuckte Kerne und Häute von Weintrauben,  keine Ahnung ob das öffentlich bekannt wurde.

09.00 Uhr Sergt. Stephen White befragt Matthew Packer das erste Mal (befragt wurden noch Mrs. Packer, Sarah Harris und Harry Douglas unter der gleichen Adresse), keine Weintrauben.

Louis Diemschütz erzählt der “The Times“ von den Weintraubenstielen. M. Kozebrodsky “Isaacs“ ist dessen Freund.  Die Quelle, wo und wann letzterer die Traubenstiele erwähnt, geht mir leider ab.

Montag,  01. Oktober:
Mrs. Mortimer wird mit Weintrauben in der “Evening News“ zitiert.

Irgendwo zwischen Montag und Mittwoch:

Charles Le Grand und J.W. Batchelor waren vom Whitechapel Vigilance Committee, der Evening News und dem Daily Telegraph engagiert worden. Wahrscheinlich bereits vor dem DoubleEvent. Sie erfahren von Eva Harstein und Mrs. Rosenfeld von den Weinbeeren. Sie finden in an einem Abfluss im Yard tatsächlich einen leeren Rappen. Packer wird von den Amateuren befragt.

Diverse Zeugenaussagen dürften über die Presse und diversen Gerüchten die Runde gemacht haben, egal wie und auf welche Art und Weise auch immer. Dazu könnten die  gehören von:  Schwartz, Constabler Smith, Mrs. Mortimer, Diemschütz, Kozebrodsky, Brown, Marshall, Best und Gardner

Donnerstag,  04. Oktober:

In der Evening News erscheint der Bericht über Packer, Eva Harstein und ihrer Schwester Mrs. Rosenfeld. Letztere wollen blutige Stiele von Weintrauben am Eingang zum Dutfield´s Yard gesehen haben.

Inspector Moore schickt Stephen White erneut zu Packer. Mrs. Packer informiert White darüber, dass ihr Mann mit den beiden “Detektiven“ in´s Leichenschauhaus gegangen ist. White trifft alle Personen dort auch an. Um 16.00 Uhr versucht er Packer in dessen Geschäft erneut zu befragen, wieder erscheinen die “Detektive“ und bringen Packer zu Scotland Yard um Charles Warren zu informieren. Assistant Commissioner Alexander Carmichael Bruce nimmt Packer´s Aussage auf. Nun sind auch polizeilich Weintrauben vorhanden.

Die Angaben sind ohne Gewähr.

Du siehst also, Packer hätte sich von Sonntagmorgen an, bis Mittwochnachmittag eine Menge aus all diesen Informationen basteln können. 

Gruß.
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Offline Shadow Ghost

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Re: Weintrauben?
« Antwort #20 am: 06.05.2011 13:30 Uhr »
Schon seltsam, dass zwar diverse Zeugen die Weintrauben in Strides Hand gesehen haben wollen, die Ärzte aber nicht! Diese Zeugen sprachen aber nur der Presse gegenüber von Weintrauben, und zwar Louis Diemschutz:

...her hands were clenched, and when the doctor opened them I saw that she had been holding grapes in one hand and sweetmeats in the other
(Daily News, 1 Oktober 1888)

Isaac Kozebrodsky:

While the doctor was examining the body, I noticed that she had some grapes in her right hand and some sweets in her left.
(Daily News, 1 Oktober 1888)

Und Fanny Mortimer:

and in her hand were found a bunch of grapes and some sweets
(Evening News, 1 Oktober 1888)

Mehr habe ich jetzt auf die schnelle nicht gefunden. Von den Erwähnten erschien nur Diemschutz beim Inquest, und zwar auch am 1 Oktober. Nach Weintrauben wurde er nicht gefragt, und er hielt es anscheinend auch nicht für erwähnenswert.
Die Ärzte, die erst nach dem 1 Oktober in den Zeugenstand gerufen wurden, wurden (wahrscheinlich aufgrund der Presseberichterstattung) nach Weintrauben gefragt, haben deren Präsenz jedoch verneint. Komisch, wo doch die Zeugen sagten, sie hätten die Trauben erst bemerkt, als die Ärzte die Frau untersuchten.

Wie ist das nun zu erklären? Ehrlich gesagt keine Ahnung.

Die Weintrauben könnten natürlich eine Erfindung der Presse gewesen sein. Aber warum hätte die Presse soetwas tun sollen?

Vielleicht waren die Weintrauben auch wirklich da, aber die Ärzte haben sie "übersehen" und wollten dies später nicht mehr zugeben? Aber warum gab es dann in Strides magen keine Rückstände?

Vielleicht waren die Weintrauben wirklich da, und durch einen der Anwesenden wurde der Tatort verändert. Bleibt wieder die Frage, warum es keine Rückstände in Strides Magen gab.

Vielleicht war etwas an oder 9in Strides Hand, was man in der Dunkelheit für Weintrauben hätte halten können; ich weiß auch nicht was, Rüschen am Ärmel oder so.

Jedenfalls, alles sehr verwirrend.

Offline Lestrade

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Re: Weintrauben?
« Antwort #21 am: 06.05.2011 14:12 Uhr »
Koze- Quelle habe ich übersehen, hatte Anirahtak bereits auf der ersten Seite gepostet... Naja egal...

Nun ja, die Beerenschalen und die Kerne der Weintrauben lagen ja im Yard, Liz hatte nicht die besten Zähne und manche Menschen spucken eben alles was ihnen unangenehm vorkommen kann oder nicht kaubar ist wieder aus. Ob dann ein wenig Fruchtfleisch im Magen dann zweifelsfrei zu erkennen war? Was weiß ich... Die Obstflecken auf einem Taschentuch gibt es ja auch noch... Die Traubenqualität kann ja zu der Zeit auch bescheiden gewesen sein, viele dicke Kerne, zähe Beerenhäute... 45er Lafite konnte man daraus bestimmt nicht vinifizieren...

 
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Andromeda1933

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Re: Weintrauben?
« Antwort #22 am: 19.08.2013 16:11 Uhr »
Kann man bei dieser unübersichtlichen und von Hörensagen trotzenden Geschichte letztendlich davon ausgehen, dass die Weintraubenstiele zur „Folklore“ gehören?

Offline Lestrade

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Re: Weintrauben?
« Antwort #23 am: 19.08.2013 19:40 Uhr »
„Folklore“ vielleicht teilweise! Ich denke, man muss sich so etwas für Außenstehende stets sehr unübersichtlich vorstellen. Jeder will irgendetwas gesehen, entdeckt haben. Dazu die Lichtverhältnisse am Tatort, einer gibt schnell dem anderen die Informationen weiter. Alle sind ganz aufgeregt. Immerhin führte diese „Folklore“ zu bestimmten Aussagen Packers, die man durchaus für ernst nehmen kann. Wir können dort im Nachhinein etwas sortieren, Polizeiberichte mit Presseberichten und Nachbarschaftstratsch miteinander vergleichen.

Weintraubenstiele und ausgespuckte Häute und Kerne wird es mit Sicherheit im Dutfield´s Yard gegeben haben, denn Packer verkauft unmittelbar neben diesem Yard seine Weintrauben. Die leeren Beerenstiele könnten eben auch mit Blut beschmiert worden sein, falls sie in der Nähe von Stride´s Halswunde gelegen hätten. Entrapptes Traubengerüst hätte unter dem Körper von Stride an ihrer Kleidung gehaftet haben können und sich beim Abtransport gelöst haben. Aus so einer Beobachtung kann dann eine „Folklore“ entstehen, wo die leeren Rappen aus der Hand gefallen sind oder wie auch immer… Inwieweit (zunächst) die Polizei die Beeren bzw. deren Überreste als wichtig aufnahm, sei dahingestellt. Offenbar spuckten die Leute die “Pelle“ und die Kerne der Trauben aus und nahmen nur den “flüssigeren“ Teil zu sich. Habe ich früher als Kind auch gemacht, wenn mir die Trauben in ihrer Haut und in ihren Kernen zu bitter erschienen. Wir wissen ja nicht, wie die Qualität der Trauben war, wie “essbar“ sie tatsächlich gewesen waren. Stride hätte die Trauben nur “ausgesaugt“ haben können, genau wie jeder andere Mensch auch. Stride sollte schon die Frau gewesen sein, die Packer mit einem Begleiter gesehen hat und denen er eben Weintrauben verkaufte. So gesehen, könnte die Spur der Weintrauben zunächst vernachlässigt worden sein. Dies muss aber nicht der Fall gewesen und nur “zufälligerweise“ von anderen (dann etwas früher oder zeitgleich) ebenfalls “entdeckt“ worden sein, sprich Le Grand und Co. Vielleicht waren deren Arbeit aber auch auf eine gewisse Art und Weise für die Polizei wichtig, da ja auch das Problem bestand, dass man nicht unbedingt der Polizei alles erzählen wollte, konnte oder sollte. Wer sich damit befasst weiß, dass dies ein damals gängiges Verhalten war und der Polizist nicht unbedingt als Freund und Helfer angesehen wurde. Wie letztendlich diese ganze Interaktion mit Packer aussah, wissen wir nicht 100%ig. Packer hatte die angesprochenen Personen nicht das erste Mal gesehen, sogar mehr wie einmal. Packer war wahrscheinlich sehr wichtig aber wir sollten nicht vergessen, Packer hatte keinen Mord gesehen. Selbst wenn er das Opfer und den mutmaßlichen Täter einige Zeit vorher sah, er hätte lediglich jemanden belasten können. Er verkaufte die Trauben zwischen 23.45-00.00 Uhr und sah das Pärchen dann noch einmal um zwischen 00.10-00.15 Uhr vom Fenster aus. Um 01.00 Uhr fand Diemschütz dann Liz Stride. Die Beurteilung dieser Leute, dieser Zeugen, fällt schwer. Wir kennen ja nicht die Persönlichkeitsstruktur eines Packer, wissen nicht, wie glaubhaft er mit allem am Ende doch war, genau wie die anderen Zeugen. Wer weiß, wie das alles zusammenhing oder zusammenfiel. Packer erscheint mir zunächst etwas ängstlich, niemanden in Bedrängnis bringen wollend. Dann rückt er durch die Hobby-Detektive erneut in das Rampenlicht, wird konkreter, weil man auf die (evtl. seine) Weintrauben zurückkommt. Manchmal brauchen Dinge auch ihrer Kuriositäten, um eine wichtige Wendung zu erfahren. Die Jack the Ripper Morde waren bizarr, die Nacht des DoubleEvents war bizarr, die Privatdetektive waren bizarr, warum sollte dann nicht an der Traubengeschichte, so bizarr wie sie klingt, nicht auch etwas Wahres dran sein? Deswegen glaube ich, dass die Weintrauben- Geschichte nicht ganz einer Folklore unterliegt.
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Andromeda1933

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Re: Weintrauben?
« Antwort #24 am: 20.08.2013 19:00 Uhr »
Du hast da ganz Recht, diese Stiele (und anderes) dürften in der Nähe des „Ladens“ von Packer herum gelegen haben. Mich stört, dass sogar behauptet wird, es waren „blutige Stiele“, jedenfalls von einer Zeugin, deren Namen ich jetzt nicht präsent habe. Die Stiele sind ohnehin fast unwichtig, weil letztendlich selbst der Käufer der Weintrauben dieses Abends (wenn die Stiele überhaupt von ihm stammen) nicht der Täter gewesen sein muss.
Du hast ganz richtig beschrieben, warum (vermutlich) keine Kerne in Lizzies Magen gefunden wurden. Ich selbst mag diese kernige Frucht, trotz des guten Geschmacks, bis heute nicht gern essen, weil mich die Kerne stören. Weintrauben sozusagen zu lutschen und die Kerne auszuspucken bietet sich geradezu an.

Mit der Wortwahl „Folklore“ wollte ich nicht andeuten, dass ich die Geschichte mit den Stielen für erfunden halte. Packer selbst hat mit seinen Variationen der Personenbeschreibung, obwohl er den Mann angeblich bereits vorher mindestens einmal sah, leider seinen Teil dazu beigetragen, dass der Mann unbekannt blieb. Scheinbar tauchte er danach auch nie mehr auf, sonst hätte ihn Packer ansprechen oder einen Polizisten herbeirufen können. Immerhin wurde der Verkauf der Trauben an einen „respektablen“ Mann auch von der kleinen Annie, der Ladengehilfin Packers bestätigt.
Ob man die kleine Annie damals schon befragte, darüber weiß ich nichts. Als Tom Cullen sie Jahrzehnte später ausfindig machte, war sie schon eine alte Frau und ihre Erinnerung an diesen Mann dürfte schon reichlich verblasst gewesen sein. Was kann man von Packer halten? Taugt seine letzte Aussage mehr, weil er sich mit der Zeit an mehr Details erinnerte oder war seine erste Aussage die vertrauenswürdigere, weil spontaner und „frischer“. Jedoch, es kann schon sein, dass diese Detektive ihn einiges über die Wichtigkeit seiner Aussage suggerierten und er mit ausführlicheren Schilderungen „hilfreich“ sein wollte. Jedenfalls hat er uns allen einen Bärendienst getan!

Offline Lestrade

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Re: Weintrauben?
« Antwort #25 am: 20.08.2013 19:51 Uhr »
Auf die Schnelle: Ich meine mich zu erinnern, dass das Blut von Stride in einer Rinne oder einen Abfluss gelaufen sein soll und in der betreffenden Aussage die entrappten Stiele auch dort gefunden wurden. Ich muss nachlesen…

Ich wäre vorsichtig mit der Packer Geschichte. Den Mann den er meinte, lebte in der unmittelbaren Nachbarschaft (in the next street, not far from Batty Street) und die (angrenzende) Batty Street Lodger Geschichte zielt ebenfalls, mit Frau Kuer, auf eine solche Person (living on the premises) ab. Frau Kuer sagte irgendwann nichts mehr, dass gleiche Verhalten könnte auch Packer suggeriert worden sein (von Seiten der Polizei). Beachten würde ich auch, dass er nicht mehr der Jüngste war und er anfänglich unter Umständen, falls er die verdächtige Person kannte, aus Angst etwas vorsichtig agierte, um nicht den Falschen (aus seiner Sicht) zu belasten, der vielleicht gar der Richtige war. Ein Le Grand konnte ihn da sicherlich eines Besseren belehren. Später wurde Packer auch noch diesbezüglich bedroht, so behauptete er jedenfalls selber. Für mich war er ein Mensch, der von vornherein Angst hatte und diese auch einige Zeit anhielt. Da frage ich mich warum.

Zu Packer-20. Oktober 1888 im Echo:

Es gibt einen Anhaltspunkt, an dem die Behörden seit einiger Zeit eifrig gearbeitet haben. Dieser ist in Whitechapel zu finden, nicht weit von der Szene der Berner-Street Tragödie entfernt und dem Mann ist freilich selber bewusst, dass er beobachtet wird, so sehr, dass er sich, soweit die Observation gegenwärtig vorangeschritten ist, kaum traut vor die Tür zu gehen. Die Polizei berief sich gestern Morgen auf Herrn Packer, Berner-Street 44 und später auf einen Echo-Reporter, der ihn, betreffs des Vorfalls, ebenfalls besuchte. Mr. Packer war eher zurückhaltend außer wenn man nachfragte, wo seiner Meinung nach der Mörder wohne - den er mehrmals vor der verhängnisvollen Nacht gesehen hatte – bemerkte er, “in der nächsten Straße (neben an)“. Es wird davon ausgegangen, dass er nicht viel falsch mit seiner Vermutung liegt aber die Polizei sieht es nicht als gescheit an, zu erörtern, welche Schritte in der Angelegenheit unternommen werden.

Zu Kuer-18. Oktober 1888 in den Evening News (meine ich):

"Sie erklärte das Vorhandensein von Blut auf dem Hemd mit den Worten, dass es einem Unfall zuzuschreiben war, der einem Mann (einem anderen als dem, der in Gewahrsam genommen wurde) widerfuhr, der "vor Ort (um die Ecke)" lebte.
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Andromeda1933

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Re: Weintrauben?
« Antwort #26 am: 20.08.2013 20:12 Uhr »
Dieser Artikel im „Echo“ lässt sich an Deutlichkeit kaum überbieten. Umso mehr ist die weitere Arbeit der Polizei unerklärlich. Natürlich übertreibt die Zeitung mit dem Begriff „Mörder“, was erst zu beweisen war.
Dieser Packer ist vielleicht erst mit den Jahren ein ängstlicher Mensch geworden. Umgeben von all der Armut, den Nutten und Zuhältern, Banden usw. auch nachvollziehbar.

PS: "auf die schnelle" bist Du immer am besten!

Offline Lestrade

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Re: Weintrauben?
« Antwort #27 am: 21.08.2013 12:48 Uhr »
PS: "auf die schnelle" bist Du immer am besten!

Welch Liebreiz von dir ausgeht…

Wenn man die Berichte verfolgt, so erscheint es, dass die Polizei, letztlich nach Hinweisen von Frau Kuer und Herrn Packer, einen Mann observierte, der in der Nähe Berner Street/Batty Street lebte. Vor dessen Wohnung, muss die Polizei einige Zeit gesessen haben und ihn auch bei seinen Ausgängen verfolgt haben, solange, bis er sich nicht mehr vor die Tür traute. Dieser ganzen Aktion der Polizei widerfuhr, so sehe ich das, eine erhebliche Störung durch Aktivitäten der Nachbarschaft und der Presse. Da gab es Nachbarschaftsklatsch, die Presse interviewte Zeugen, die Bürgerwehr ermittelte mit ihren Privatdetektiven (auch bei den Zeugen), allen voran Le Grand. Presse und auch die Privatdetektive (vielleicht auch normale Nachbarn) bekamen Informationen, die eigentlich nur der Polizei vorbehalten sein sollten. Viele Köche verderben den Brei. Inwieweit diese Konstellation die Überwachungsgeschichte beeinträchtigte, kann ich jetzt nicht in Prozentzahlen angeben, weil ich mir auch gut vorstellen kann, dass die Polizei vielleicht auch in ihrer ureigensten Arbeit nicht ganz fehlerfrei war und der Verdächtige mitbekam, was da mit ihm ablief. Jedoch am Ende brachen sie diese Aktion ab. Dass man da evtl. dem wahren Ripper bereits auf der Spur war, könnte dessen längere Pause erklären. Es könnte aber auch erklären, dass nach der Tat an Kelly, dann auch endgültig Schluss mit dem Ripper- Morden war, weil sie die Observation dieses Mannes wieder aufnahmen und zwar diesmal länger und wieder keine weitere Verbrechen für eine längere Zeit stattfanden. Ergo: Wurde der Mann beschattet, gab es keine Morde. Dies könnte aber auch erklären, dass man ihm die Tat an Stride ganz sicher zuordnete, weil er in der Nähe des Tatortes lebte, mit Stride gesehen wurde und auch die blutige Kleidung bei Frau Kuer ihm angerechnet werden musste. Von der Presse wurden Frau Kuer als auch Herr Packer (etwas später) als zurückhaltend beschrieben, was man auch als “nun zurückhaltender“ betrachten könnte. Jedoch beharrten beide darauf, dass jemand aus der Nachbarschaft in die Ereignisse verwickelt war. Und die Polizei wollte sich dann auch nicht mehr äußern.

Was mir aber eben besonders auffällt. Es gab eine Überwachung im Oktober 1888, die abgebrochen wurde. Den ganzen Oktober gab es keinen Mord aber dann doch wieder im November. Dann gab es wieder eine Observation in der Zeit nach Kelly, (eben ab November 1888, Detective Cox von der City Police) und wieder stoppte die Serie und ging dann auch so, auf bekannte Art und Weise, nicht mehr weiter, weil eben auch die Observationszeit stark verlängert wurde (mindestens 3 Monate/Cox). Auch Cox mutmaßte, dass sich der Verdächtige sicher war, beobachtet zu werden, so wie auch im ersteren Falle. War es in beiden Fällen ein und derselbe Verdächtige, dann war diese Typ recht angearscht, denn immer wenn er auf Schritt und Tritt verfolgt wurde, wollte Jack the Ripper nicht morden. Da darf ich spekulieren, dass er möglicherweise selbst der Ripper gewesen war.       
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