Autor Thema: Maybrick - von Liverpool nach London  (Gelesen 17849 mal)

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Victoria

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Maybrick - von Liverpool nach London
« am: 10.01.2004 18:06 Uhr »
Hallo Ripperinteressierte,

Ich beschäftige mich jetzt schon ein bisschen länger mit den Ripper-Fällen doch eins verstehe ich einfach nicht. Die Theorie besagt James Maybricks Frau wollte ihn mit Arsen vergiften und darauf hin wurde er verrückt. Wenn er Prostituierte umbringen wollte, warum hat er`s nicht in Liverpool getan? Das Argument, dass er so nicht gefunden werden könnte ist ja irgendwie ein bisschen lahm, oder? Wenn man davon ausgeht, dass der erste Mord an einem Freitag geschah, dann ist es noch nicht einmal möglich, dass er nur am Wochenende gemordet hat, da dann auch Donnerstags gemordet worden wäre. Doch vielleicht hab ich mich auch verrechnet und ihr wisst einfach mehr, ich hoffe jemand kann mir Antworten geben!!!!

MfG Victoria

Trufania

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Maybrick - von Liverpool nach London
« Antwort #1 am: 10.01.2004 20:04 Uhr »
hi victoria!

maybrick war oft auf geschäftsreise dort. er hatte dort ein eigenes büro und einen arzt der ihn dort seine drogen verschrieb. außerdem war er arsenabhängig und sollte deswegen verrückt geworden sein, nicht weil ihn seine frau vergiften wollte.

Scharfnase

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Einer des Gegenargumente
« Antwort #2 am: 11.01.2004 11:30 Uhr »
Hi Victoria,

das ist für mich eines der Hauptargumente gegen Maybrick, von den vielen anderen Schwachpunkten einmal abgesehen. Wäre er wirklich ein sadistisch motivierter Serienkiller, was ich nicht glaube, dann hätte er seine Taten bestimmt in seinem unmittelbaren Lebensumfeld begangen. Denn dieser Täterkreis begeht seine Morde fast immer dort, wo er sich auskennt. Reisende Mörder sind vor allem im 19. Jahrhundert eher selten, als Mobilität noch nicht so möglich war wie heute. Prostituierte gab es in Liverpool sicher auch genug, da es ein großer Hafen ist.

Außerdem bleiben als Ungereimtheiten das gefälschte Tagebuch und die Tatsache, dass Maybrick vorher nie strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Bei derart bestialischen Taten ist das ungewöhnlich, denn die begeht man nicht aus heiterem Himmel.;-)

Gott zum Gruße,
Scharfnase

Rolf

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Maybrick - von Liverpool nach London
« Antwort #3 am: 12.01.2004 13:50 Uhr »
Ich denke das Hauptargument gegen Maybrick ist, dass erst 100 Jahre später jemand auf die Idee gekommen ist, einen als Tagebuch getarnten Roman zu schreiben. Erst aufgrund dieses Tagebuchs ist er Verdächtiger geworden. Die Wahl fiel wohl vor allem deshalb auf Maybrick, weil sein Leben durch den Mordprozess ziemlich bekannt war.

Gruß
Rolf

Thomas Schulz

  • Gast
Maybrick - von Liverpool nach London
« Antwort #4 am: 15.07.2004 00:53 Uhr »
Hallo Victoria,

auch wenn ich die Herangehensweise von Sirley Harrison an das "Tagebuch" als recht dilletantisch einstufe, insbesondere weil sie nicht zu knapp auf die Blamage des STERN mit Adolfs literarischen Ergüssen bezug nimmt, so ist doch nicht alles, was sie als Argument für die Echtheit vorbringt, reiner Blödsinn.

So klingt zumindest für mich ganz plausibel, dass tatsächlich jemand aus Liverpool London auswählen könnte, weil er dort früher einmal wohnte, sich also bestens auskennt und darüber hinaus auch noch aus geschäftlichen Gründen häufig dorthin kommt. Maybrick wäre ja auch nicht der typische Serienmörder gewesen, sondern die Morde werden ja mit Drogenmißbrauch und Eifersucht begründet.

Auch das Argument, im 19. Jahrhundert haben Mörder - schon aufgrund der eingeschränkten Mobilität - in der Regel im nahen Umfeld getötet, überzeugt mich in keiner Weise. Was hat dieses Argument mit Maybrick zu tun, der ja gerade aufgrund seines Status als Geschäftsmann sowohl Möglichkeit, als auch Gelegenheit zu den Reisen hatte. Ted Bundy hat auch nicht nur in der lieben Nachbarschaft gearbeitet und längst nicht alle Morde werden als solche erkannt bzw. korrekt einem Serienmörder zugeordnet. Die Dunkelziffer ist recht hoch und nach Einschätzung des FBI sind allein in den USA JEDERZEIT um die 3 bis 4 Serienmörder aktiv.

Wie auch immer, das Tagebuch ist gefälscht und Maybrick deshalb nicht automatisch unschuldig. Genauso wie Sickert nicht automatisch unser Mann ist, weil er vielleicht Ripper-Briefe geschrieben hat. Und genauso, wie vielleicht 100.000 andere Briten, die, wenn man nur in ihr Stübchen hätte schauen können, möglicherweise ähnliche Gelegenheiten und seelische Abgründe wie Maybrick hatten. Nur Maybricks Stübchen wurde halt durch den Prozess gegen seine Frau der Öffentlichkeit etwas zugänglich gemacht, was man von den meisten anderen Briten der damaligen Zeit eben nicht sagen kann.
 
Warum sonst sind es fast nur Prominente, die einmal verdächtigt wurden?
Wäre der Ripper ein Hinz und Kunz wie Du und ich gewesen, wird man seine Identität sowieso niemals aufdecken. Und welcher "Ripperologe" möchte sich mit diesem Gedanken abfinden?

Ich sage mir zum Troste: Es ist wie mit der kindlichen Vorfreude. Hat man erstmal das Geschenk in der Hand, ist alles nur noch halb so spannend. Freuen wir uns also, dass wir noch ewig Sherlock spielen dürfen und uns wie die Junkies auf jeden neuen, angeblichen Beweis stürzen können.

Than

  • Gast
Maybrick - von Liverpool nach London
« Antwort #5 am: 15.07.2004 00:56 Uhr »
Zitat
Wäre der Ripper ein Hinz und Kunz wie Du und ich gewesen, wird man seine Identität sowieso niemals aufdecken. Und welcher "Ripperologe" möchte sich mit diesem Gedanken abfinden?

Ich denke, jeder ;) Was machen denn die armen Ripperologen in ihrer Freizeit, wenn sie ihrem Liebling nicht mehr hinterherjagen können?

Scharfnase

  • Gast
Keine Bahnfahrt!
« Antwort #6 am: 15.07.2004 08:14 Uhr »
Hi Than und Thomas Schulz,

ein Täter, der seine Verstümmelungen erst nach dem Tode begeht, und die Opfer noch am Tatort (!) derart offen wie einen Haufen Müll liegenlässt, der geht chaotisch vor. Er folgte einfach einer Laune und ging raus, um eine Frau zu ermorden. Dann nahm er seine Verstümmelungen vor, wischte sein Messer ab und machte sich rasch wieder vom Acker. Er hat sich ja noch nicht einmal die Mühe gemacht, die Opfer abzudecken. Sie lagen einfach offen herum. Geplant ist da also gar nix, so dass der Ripper auch niemals von Liverpool nach London gefahren wäre, um zu morden.  Denn das hätte ja bedeutet, dass er die Tat vorher durchdacht hätte. Diese Tätertyp begeht sein Taten immer im unmittelbaren Lebensumfeld, also wohnte er im Eastend. Sein erstes Opfer ist etwas ganz besonderes für einen solchen Täter.

Hätte Maybrick die Morde begangen, wäre er sicher ganz anders vorgegangen.

Gott zum Gruße,
Scharfnase

Than

  • Gast
Maybrick - von Liverpool nach London
« Antwort #7 am: 15.07.2004 15:57 Uhr »
Hmmm, dem würde ich nicht 100% zustimmen.
Der Ripper kann seine Morde durchaus geplant haben. Dass er die Leiche unbedeckt liegen liess, muss nicht zwangsläufig heissen ,dass er da jetzt aus einer Laune heraus gearbeitet hat. Er könnte auch einfach eine perverse Freude daran gehabt haben, die Leichen einfach für jedermann sichtbar so liegen zu lassen. Das gibt dem ganzen doch einen sehr mysteriösen Touch, findest du nicht?

Thomas Schulz

  • Gast
Maybrick - von Liverpool nach London
« Antwort #8 am: 15.07.2004 22:13 Uhr »
Than,

Du nimmst mir die Worte aus dem Mund.

Selbst jeder Freizeit Profiler, der regelmäßig "Medical Detectives" glotzt, müßte wissen, dass dieser abschließende Umgang mit den Opfern gerade auch zum Konzept eines Schlächters gehören kann.

Zum Beispiel als Mittel der Kommunikation mit Ermitteln und/oder der Öffentlichkeit oder einfach nur als Selbstbestätigung seiner "Macht".  

Auch wenn es natürlich möglich und im Übrigen auch sehr sinnvoll ist, Serienmörder zu klassifizieren und dabei auch gemeinsame Merkmale festzustellen, so holte man sich doch hüten, alle stereotyp immer über einen Kamm zu scheren.

Trufania

  • Gast
Maybrick - von Liverpool nach London
« Antwort #9 am: 17.07.2004 23:50 Uhr »
@ scharfnase

maybrick hat in london oft seinen bruder besucht, könnte ja sein das er die morde, wenn er's denn war sozusagen dazwischen geschoben hat.

dasilva

  • Gast
Maybrick - von Liverpool nach London
« Antwort #10 am: 18.07.2004 06:36 Uhr »
hi,

und das die Verstümelungen "Nach" dem Tod entstanden sind... das ist ja auch nicht bewiesen.

Das die Opfer betäubt waren, will sagen konnten nicht mehr schreien, das halte ich für möglich. Aber ich für meinen Teil glaub nicht das JtR alles nach dem Tod seiner Opfer "erledigt" hat.

In mein Bild von Ihm paßt viel eher das er sich an den Qualen seiner Opfer geweidet hat...

Vielleicht war es ja gerade das was Ihn aufgepuscht hat... die Gefahr entdeckt zu werden...


Gruß Silvi


P.S.  Eins noch.... was sollte den passieren wenn er beim "rippern" entdeckt worden wäre? Versetzt Euch mal in die Lage eines Fußgängers der zufällig vorbei kommt und das sieht... würdet Ihr auf jemanden zugehen der ein Messer in der Hand hat und Blutverschmiert ist?

Scharfnase

  • Gast
Verletzungen nach dem Tode
« Antwort #11 am: 18.07.2004 12:01 Uhr »
Hi Leute,

die Gerichtsmediziner haben doch bei allen vier verstümmelten Opfer eindeutig festgestellt, dass die Verletzungen bis auf den Schnitt durch die Kehle erst post mortem vorgenommen wurden. Das konnte man schon damals eindeutig sagen. Wie hätte denn der Ripper die Unterleibsverstümmelungen an lebenden Opfer vornehmen sollen? Das ist doch Unsinn. Und nur die toten Opfer stehen dem Täter völlig zur Verfügung, um mit ihnen etwas anzustellen.

Außerdem ziehen nicht alle Sadisten ihren Lustgewinn aus dem Quälen ihrer Opfer, es gibt auch solche, die das nur beim Töten selbst empfinden.

Selbst wenn Maybrick wirklich öfters in London war, heißt das noch gar nichts. Man kann doch nur dort morden, wo man sich auch zu Hause fühlt. In einer fremden Stadt verläuft man sich womöglich und wird geschnappt. Zudem haben fast alle unorganisierten Serienkiller immer in ihrer unmittelbaren Umgebung gemordet.

Gott zum Gruße,
Scharfnase

allerteuerste

  • Gast
Re: Verletzungen nach dem Tode
« Antwort #12 am: 11.07.2005 19:14 Uhr »
hallo, scharfnase, dem ersten teil deiner ausführungen stimme ich zu diesen hier weniger:

Zitat von: "Scharfnase"
...Man kann doch nur dort morden, wo man sich auch zu Hause fühlt.

ich kann mich schließlich auch wo auskennen und wohlfühlen, wo ich sich nicht mein hauptwohnsitz befindet.

Zitat von: "Scharfnase"
...  Zudem haben fast alle unorganisierten Serienkiller ...

zum einen halte ich ihn nicht für nur unorganisert, und zum zweiten

Zitat von: "Scharfnase"
...  immer in ihrer unmittelbaren Umgebung gemordet.  

stimmt das auch nicht. sie morden gerne in ihrer nächsten umgebung, vor allem wenn sie mit dem morden anfangen oder immobil sind, aber ansonsten begeben sie sich durchaus auch schon mal in andere gefilde.

es gibt den typ killer, der lieber in der heimischen umgebung killt, und den, der von seinen opfern soweit wie mögllich weg sein möchte, auch schon deshalb, um sich in sicherheit vor den ermittelnden beamten zu wähnen.