Autor Thema: Täterprofil liefert wichtige Hinweise!  (Gelesen 22156 mal)

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Rodgar

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Täterprofil liefert wichtige Hinweise!
« am: 01.10.2003 11:32 Uhr »
Allein die Tatsache, dass seit den Whitechappel-Morden 115 Jahre vergangen sind und bisher nur Theorien zu einzelnen Verdächtigen existieren, zeigt, dass niemals geklärt werden wird, wer der tatsächliche Täter war. Eins steht aber fest: Heutzutage wird bei einem Serienkiller ein psychologisches Profil erstellt. Dieses Täterprofil stimmt in über 90 % der Fälle mit dem Täter überein und führt endlich zur Festnahme. Wäre die Polizei damals in der Lage gewesen, solch ein Profil zu erstellen, wäre sie schnell zu dem Entschluss gekommen, ihre Ermittlungen auf eine bestimmte Gruppe von Tätern zu konzentrieren. Ein typischer Serienkiller tötet immer aus sexuellen oder sadistisch geprägten Motiven. Hass gegen Frauen und hier gegen Prostituierte war sicherlich die Triebfeder der bestialischen Morde. Wenn man ganz rational an die Sache rangeht, kommen eigentlich nur 3 Täter in Frage: Tumblety, Maybrick und der von Abberline favorisierte Klosowski/Chapman. Alle Drei weisen die typischen Serienkiller-Eigenschaften auf. Die Brutalität der Vorgehensweise untermauert diese Theorie!

Offline thomas schachner

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Täterprofil liefert wichtige Hinweise!
« Antwort #1 am: 01.10.2003 16:16 Uhr »
hallo rodgar,

ich stimme dir da teilweise zu, allerdings war die polizei damals nicht unbedingt in der steinzeit.
es war den damals ermittelten beamten, allen voraus abberline und den ärzten der post-mortem untersuchungen, schon relativ früh klar, dass es sich um einen sexualverbrecher handelt, auch wenn keine anzeichen von vergewaltigung vorlagen.
ihnen war auch bewußt, dass es sich um einen täter handeln muss, der zumindest das east-end kannte, wenn nicht sogar darin wohnte. zusätzlich gingen sie auch davon aus, dass der täter einem festen beruf nachging, da die morde nur am wo-ende bzw. an feiertagen passierten.

aus den oben genannten punkten, beschränkte man sich auch in den ermittlungen auf bestimmte personengruppen - dumm daran war nur, dass genau diese personengruppen (metzger, seemann etc) zuhauf im east-end wohnten und dies somit zu einer unmöglich zu bewältigenden aufgabe machte.

wo weist denn maybrick die typischen merkmale auf? aus seinem leben weiß man nicht viel und schließlich war er es, der ermordet wurde!
wenn, und nur wenn, er tatsächlich der verfasser des tagebuchs war, könnte ich dir in diesem punkte zustimmen.

gruss
thomas.
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Eastsidemags

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Täterprofil liefert wichtige Hinweise!
« Antwort #2 am: 01.10.2003 16:39 Uhr »
Ich muss da Thomas absolut zustimmen. Über Maybrick ist letztlich nicht allzu viel bekannt. In sein Leben ist viel zu viel hereininterpretiert worden…und das Tagebuch taugt nichts, um etwas über die Person Maybrick festzustellen.
Wenn du Hass gegen Frauen als Ausgangspunkt deiner Argumentation ansiehst, dann würde ich auch mit Klosowski vorsichtig sein. Auf der anderen Seite müsstest du dann aber Ostrog oder Kosminski hinzuzählen und auch – will man auch nur ansatzweise Cornwells Ausführungen Glauben schenken – Sickert.

Scharfnase

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Vergesst Maybrick
« Antwort #3 am: 01.10.2003 16:55 Uhr »
Hi Rodgar,

ich stimme Dir zu, dass die heutige Polizei wesentlich bessere Möglichkeiten besitzt, einen solchen Serienkiller zu fassen. Wenn ich da nur an den genetischen Fingerabdruck denke. Das Profiling ist sicher wichtig, wird aber überschätzt, es kann ja nur ganz grob eine Richtung vorgeben, in die die Ermittlungen gehen sollen.

Die Polizei im Jahre 1888 war allerdings auch nicht gerade so dumm, wie das immer dargestellt wird. Sie hatten schon ihre Erfahrungen. Allerdings waren sie sicher mit dem Fall überfordert. Aber vergiss nicht, auch heutzutage gibt es ungeklärte Mordserien. Es ist eben nicht einfach solche Täter zu fassen, da es sich nicht um Beziehungstaten handelt.

Tumblety und Chapman sind auch in meinen Augen heiße Kandidaten, hinzu kommt Barnett. Allerdings ist Hass auf Frauen genau genommen nicht das Motiv, das sind schon eher sadistische Neigungen des Täters, die er durch das Gemetzel auslebt. Der Täter schützt das mit dem Hass eigentlich nur vor, um seine Taten letztlich zu legitimieren. Maybrick solltest Du schleunigst von der Liste streichen, da es Zweifel am Tagebuch gibt und er überhaupt nicht ins FBI-Schema passt.

Gott zum Gruße,
Scharfnase

DarkLady

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« Antwort #4 am: 04.10.2003 22:47 Uhr »
Hi!
Mal so gesehen, heute mag ja unsere Polizeitechnik weiterentwickelt sein als die von 1880, aber das bringt uns (aus meiner Sicht) im Fall Ripper wenig, denn wir haben kleine, migrige Anhaltspunkte die sagen können es war oder doch er.Vielleicht ist es auch keiner dieser Menschen,dieser eine kranke Mensch namens Ripper versetzt die ganz Welt schon seit Jahrhunderten in aufruhr,aber auch mit unsere heutigen Techink werden wir vielleicht nie niemals den wahren Jack t Ripper finden, weil wir ganz einfach nicht wissen was hinter jedem der Verdächtigen steckt.Wir können nicht wilddrauflos schreien er war es, die Hintergründe sind wichtig und das meines Erhachtens ist auch mit unsere technik von heute nicht ganz einfach zu lösen,denn früher vor ein paar Jahrhunderetn haben die Menschen anderes Gedacht und dort hinein (so glaub ich es) sollte man sich herein versetzten gut, du magst mit deinem Agument Serienkillerprofil recht haben aber ist es nicht letzt endlich wichtiger herauszu finden was in diesem kranken aber doch fazienirenden Menschen vorgegangen seien muss?Was er gespürt hat als er Annie sah woran er gedacht hat als er Mary kelly aufgeschlitzt hat?Aber auf der Anderen Siet wollen wir ihn alle kriegen diesen Ripper!Doch wir haben keinerlei Ahnung von ihm.Ich würde sagen das du nicht gabz unrecht hat doch wichtig ist es auch ihn nicht nur zu kriegen okay in dem Fall kannst du in nicht einbuchten oder so, es ist wichter in diesen Mann herein zu sehen,zu fühlen was er gefühlt hat um dann zu sagen, warum er so gehandelt hat.

Dark Lady

friemaries

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Täterprofil liefert wichtige Hinweise!
« Antwort #5 am: 15.10.2003 01:31 Uhr »
Zitat von: "thomas schachner"

wo weist denn maybrick die typischen merkmale auf? aus seinem leben weiß man nicht viel und schließlich war er es, der ermordet wurde!


Kleiner Hinweis: zwar wurde seine Frau Florence der Tat als überführt
betrachtet und verurteilt, sie hat aber zeit ihres Lebens und vielleicht
sogar zu Recht ihre Unschuld beteuert. Es könnte durchaus sein, dass
Maybrick sich durch seine Arsen- und Strychninabhängigkeit ungewollt
selbst das Leben geraubt hat.

Friedhelm

Offline thomas schachner

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« Antwort #6 am: 15.10.2003 02:15 Uhr »
hi friedhelm,

soviel ich weiß haben auch hermann göring, rudolf heß, joachim ribbentrop etc. beim nürnberger prozess eine beteiligung an den machenschafften des naziregimes abgestritten!

nur weil jemand seine unschuld beteuert, heißt das noch lange nicht, dass man es tatsächlich ist (zugegeben...krasses beispiel, aber umso greifbarer).

auch wenn er sich selbst durch arsen, strychnin oder was auch immer zur strecke brachte (gewollt oder ungewollt), ändert das nichts an meiner meinung ---> maybrick war nicht der ripper und das tagebuch ist völliger humbug.

gruss
thomas.
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Rodgar

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Stimme Thomas zu!
« Antwort #7 am: 16.10.2003 08:46 Uhr »
Thomas hat völlig recht, auch wenn der Vergleich ein wenig heftig ist .-)
Maybrick ist auch meiner Meinung nach nur ein völlig Irrer gewesen und sein Tagebuch ein Fake. Übrigens gibt es keine Arsen- oder Strychninabhängigkeit!!! Diese Gifte wirken nur relativ langsam in geringen Konzentrationen und rufen keinerlei Halluzinationen oder Wahnvorstellungen hervor. Eine psychische oder gar physische Abhängigkeit ist völlig ausgeschlossen.

Wenn man alle (?) Fakten in Erwägung zieht, muss man zu dem Schluß kommen, dass Maybrick nicht der Ripper gewesen sein kann; und das Tagebuch sollte man möglichst vergessen!

friemaries

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« Antwort #8 am: 17.10.2003 01:49 Uhr »
Hallo Thomas,


Zitat von: "thomas schachner"

auch wenn er sich selbst durch arsen, strychnin oder was auch immer zur strecke brachte (gewollt oder ungewollt), ändert das nichts an meiner meinung ---> maybrick war nicht der ripper und das tagebuch ist völliger humbug.


Damit rennst Du bei mir offene Türen ein! Ich hatte das erste mal
so ungefähr Mitte der 80er-Jahre vom Mordfall Maybrick gelesen,
ich glaube in Colin Wilson "Encyclopaedia of Murder" (oder so ähnlich).

Als dann Jahre später das "Tagebuch des JtR" auf den Markt geworfen
wurde, fiel mir spontan eine Sir Robert Anderson nachgesagte Äußerung
wieder ein: "Wenn der ganze Unsinn, der über JtR geschrieben worden
ist, von irgendeinem Gewicht wäre, könnte man damit einen ganzen
Panzerkreuzer versenken.
" (oder so ähnlich).

Bei meinem vorhergehenden Posting ging es mir also nicht um eine
Verteidigung der "Maybrick ist der Ripper"-Theorie, sondern nur um den
Hinweis, dass Maybrick möglicherweise nicht ermordet wurde.  

Ob Florence es nun war oder nicht (und selbstverständlich beweist
auch ein lebenslanges Bestreiten nicht zwingend die Unschuld),
weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass
  • die Beweislage gegen sie reichlich dünn war
  • sie keinen fairen Prozess hatte
  • James M. sich durchaus bewusst oder nicht den goldenen Schuß auch selber gesetzt haben kann.


Aber wie auch immer, über die "Authentizität" (das setze ich jetzt mal
ganz bewusst in Gänsefüßchen, weil das Wort in solchem Zusammenhang
nicht wirklich auf eigenen Beinen stehen kann ;-
) des Tagebuchs sagt
die Beurteilung des (Mord?)-Falls Maybrick eh nix aus.

Gruß

Friedhelm

friemaries

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Re: Stimme Thomas zu!
« Antwort #9 am: 17.10.2003 02:10 Uhr »
Hallo Rodgar,

Zitat von: "Rodgar"
Übrigens gibt es keine Arsen- oder Strychninabhängigkeit!!! Diese Gifte wirken nur relativ langsam in geringen Konzentrationen und rufen keinerlei Halluzinationen oder Wahnvorstellungen hervor. Eine psychische oder gar physische Abhängigkeit ist völlig ausgeschlossen.


Das finde ich interessant, hast Du dafür irgendeine Quellenangabe?

Ich frage, weil Deine Behauptung im Widerspruch zu praktisch allem steht,
was ich bisher an verschiedenen Stellen über Arsen- und Strychnin-
missbrauch gelesen habe. Da ich aber auf diesem Gebiet nicht aus
eigener Erfahrung sprechen und auch Papier geduldig sein kann, muss das
ja nichts heißen.

Allerdings, muss eine suchterregende Droge überhaupt Halluzinationen
oder Wahnvorstellungen hervorrufen?

LSD z. B. verursacht solche "Ausfälle" verlässlich, ist aber nicht
suchterregend. Bei der Suchtdroge Alkohol kann es zu solchen
Erscheinungen kommen. Der für die Abhängigkeit kennzeichnende
Kontrollverlust kann aber auch unbegleitet davon auftreten.

Gruß

Friedhelm

Offline thomas schachner

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« Antwort #10 am: 17.10.2003 03:07 Uhr »
hallo alle zusammen,

zum thema mord, oder nicht mord an maybrick gab es auf ebay gerade einen interessanten artikel:

http://cgi.ebay.com/ws/eBayISAPI.dll?ViewItem&item=3557846921&category=26182


für die nachwelt poste ich hier noch den begleittext, da der artikel ja nach 90 tagen, oder so, aus den ebay servern gelöscht wird.

thx an esm.



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This auction is for an incredibly rare ORIGINAL issue of "The Maybrick Trial: A Toxicological Study" by Drs. Charles Tidy and Rawdon Macnamara published in London, 1890.

As background, Drs. Tidy and Macnamara were two of the eminent scientific witnesses for the defense of the infamous Florence Maybrick, led by Sir Charles Russell, during her trial in 1889 Liverpool. Mrs. Maybrick was accused of poisoning her husband, James Maybrick. As a result of the trial, Mrs. Maybrick was spared death by hanging but spent fifteen difficult years in prison for the arsenic poisoning death of James in 1889. Dr Tidy was a Home Office analyst and medical examiner at London Hospital. Dr. Macnamara was both senior surgeon at the Lock Hospital in Dublin and a physician with the University of London. Although these 2 medical experts argued at trial that James Maybrick did not die of arsenic poisoning, it was not enough to convince the judge of Mrs. Maybrick’s innocence. This historical, often referenced, 30-page report basically concludes that their analysis failed to find more than one-twentieth part of a fatal dose of arsenic in the deceased James Maybrick and that the quantity found is "perfectly consistent with its medicinal ingestion". Unfortunately, this important finding didn’t help Mrs. Maybrick. Drs. Tidy and Macnamara published this report at their own expense and sent it to the Home Secretary in protest of the guilty verdict.

About 100 years later in 1992, James Maybrick became a prime suspect in the 1888 Jack the Ripper murders. A diary was discovered in the early 1990s which was reportedly written by James Maybrick. The diary and several books on the subject were subsequently published. The diary allegedly offered strong evidence linking him to the Jack the Ripper murders.

The pages of this pamphlet are AS NEW without any markings or foxing. The front cover (see photo) is detached. The rear cover is attached but has some minor chipping and a small tear. There is also a tiny hole punched through the book (Home Office storage?) that in no way interferes with the text. A barely noticeable vertical crease indicates that the pamphlet may have been folded at one time. The front cover itself is in very good condition without the soiling frequently found on documents of this age. There is some chipping that does not affect the information contained on the cover (see photo). There is also a stamp on the cover that says "Home Office Received 2 AUG 90". It would appear that this piece of history was carefully stored away for the past century. The binding and pages are remarkably tight and intact. This book would be a great addition to any Jack the Ripper collection, research, or those interested in Victorian era medical studies and history. The buyer pays $5.00 for USPS domestic shipping. Insurance is required for this item. Low reserve. I accept Paypal, personal checks, money orders, and Bidpay. Good luck and thanks for looking.


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Eastsidemags

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Täterprofil liefert wichtige Hinweise!
« Antwort #11 am: 17.10.2003 10:27 Uhr »
http://www.casebook.org/suspects/james_maybrick/fmtrial.8.html


Man sollte beachten, dass Maybricks behandelnde Ärzte Dr. Humphreys und Dr. Carter, die beide für Arsenvergiftung „plädierten“, keinerlei Erfahrungen mit Arsenvergiftungen hatten. Carter hat sogar zuerst bei Maybrick eine Verdauungsstörung diagnostiziert, änderte später aber seine Meinung. Prof. Barron kam zum Schluss, dass eine Magenentzündung durch ein reizerzeugendes Gift vorlag. Gleichzeitig musste er aber zugeben, dass er nicht in der Lage sei, eine Arsenvergiftung von einer Lebensmittelvergiftung zu unterschieden.

Tidy und Macnamara waren wohl die beiden Mediziner, die am meisten Ahnung von Asrenvergiftungen hatte. Im Prozess hat ihr Wort nicht viel gegolten. Alle Ärzte, die Maybrick persönlich kannten, haben gegen Florence ausgesagt. Es gab aber auch „außenstehende“ Ärzte wie Dr. Stevenson, die ebenfalls von einer Arsenvergiftung ausgingen. Stevenson kam nach der Exhumierung und der Obduktion der Eingeweide zu diesem Schluss.

Wie dem auch sei, friemaries hat völlig recht: Florence Maybrick hat auf jeden Fall keinen fairen Prozess bekommen, vor allem wenn man bedenkt, dass die Verteidigung auch drei Zeugen vorgeladen hatte, die unabhängig voneinander aussagten, dass Maybrick Arsen konsumierte.



Noch was zu Thema Arsen-/Strychninabhängigkeit. Meines Wissens gibt es sehr wohl eine derartige Abhängigkeit.


Habe ich spontan im Netz gefunden:

"Arsenik führt, wie aus den angeführten Beispielen der Verwendung hervorgeht, nicht immer sofort zum Tod. Unter bestimmten Voraussetzungen, d.h. speziellen Mischungen mit anderen Substanzen und genauer Einhaltung der Dosierung, stirbt der Patient nicht an einer Vergiftung. Jede Einnahme führt allerdings zur absoluten Abhängigkeit. Diese Sucht ist atypisch: Arsenik führt nicht zu einer unmittelbaren körperlichen Abhängigkeit, wie es zum Beispiel bei Heroin der Fall ist; es wirkt auch nicht spektakulär berauschend. Statt dessen schafft es bei regelmäßiger Einnahme ein körperliches Wohlbefinden, welches nur mit Arsenikeinnahme wieder erreicht werden kann. Nach der Absetzung von Arsenik fühlt sich der abhängige Mensch extrem schlecht und müde."

Scharfnase

  • Gast
Ähnlich wie Nikotin
« Antwort #12 am: 17.10.2003 10:41 Uhr »
Hi ESM,

das mit der Arsenabhängigkeit ist sehr interessant, da es mich sofort an die Wirkung von Nikotin erinnert hat. Ebenfalls ein starkes Nervengift, ist es in geringen Dosen unschädlich und erzeugt beim Rauchen auch ein Gefühl des Wohlbefindens. Sobald der Nikotingehalt im Blut fällt, muss man dann erneut eine Dosis nehmen. Einen richtigen Kick gibt es dabei eigentlich nicht. Wenn man es dann weglässt, bekommt man ganz ähnliche Entzugserscheinungen (Schläfrigkeit, Lustlosigkeit) wie die von Arsen beschriebenen. Jeder Ex-Raucher kann das wohl bestätigen!;-)

Ich bezweifle also, dass man davon überhaupt Halluzinationen bekommen kann. Es wirkt wohl eher leicht aufputschend und stabilisierend wie Zigaretten.

Gott zum Gruße,
Scharfnase

Rodgar

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« Antwort #13 am: 17.10.2003 10:47 Uhr »
Hallo Friedhelm,

Arsen und Strychnin rufen in der Regel keine körperlichen  Abhängigkeiten hervor.

Strychnin ist ein Alkaloid aus dem Samen des indischen Brechnußbaums. Es blockiert die Glycinrezeptoren. Da Glycin hemmend auf Nervenzellen wirkt, führt Strychnin zu einer Hemmung der Hemmung. Da sich alle zentralnervösen Erregungen nach Ausfall der Hemmungen ungehindert ausbreiten können, kommt es in einem bestimmten Stadium der Strychninvergiftung auf jeden Sinnesreiz zu einem Krampfanfall (und nicht etwa nur zur betreffenden Sinneswahrnehmung). Das Bild der Strychninkrämpfe wird gewöhnlich von der relativ stärkeren Streckermuskulatur beherrscht. Zuletzt kann es durch allzu starke Kreislaufbelastung und den Krampf der Atmungsmuskulatur (d.h. infolge Sauerstoffmangels) zu zentralen Lähmungen oder sogar zum Exitus kommen. Bereits 15 mg führen i.d.R. zu Krämpfen, ca. 100 mg zum Tod.

Arsen ist ein geruch- und geschmackloses weißes Pulver. Jahrhundertelang war Arsenik (Arsentrioxid) als Mordgift beliebt und wurde der Nahrung der Opfer zugesetzt. Erst als der Nachweis mit der Marsh´schen Probe Mitte des 19. Jahrhunderts einfach wurde, nahmen die Vergiftungen ab. Bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurde die Syphilis mit der Arsen-Verbindung Salvarsan behandelt. Doch das nebenwirkungsreiche Salvarsan verschwand wieder, als die Antibiotika aufkamen. Erst im Jahr 2000 tauchte es als Therapeutikum in den USA wieder auf. Dort wurde Arsenik zur Behandlung einer bestimmten Form der Leukämie zugelassen. In ersten klinischen Studien wirkte es bei Patientinnen und Patienten, denen die Standard Tumortherapie nicht mehr half. Dabei lag die tägliche Dosis bei 10 bis 15 Milligramm für Erwachsene und somit weit unter der vermuteten tödlichen Dosis von 200 Milligramm. Wie Arsen genau wirkt, ist noch unbekannt. Man weiß, dass es das Zellwachstum hemmt und den programmierten Zelltod auslöst. Jedoch geschieht dies nicht – wie bei anderen Zytostatika – über das Tumorsuppressor-Gen p53. Deshalb ist es ein vielversprechender neuer Ansatz für die Krebs-Therapie. In der Medizinischen Hochschule Hannover beschäftigen sich zwei Abteilungen mit Arsen: Zum einen erforscht die Toxikologie, wie das Gift in der Zelle wirkt. Zum anderen setzt die Pädiatrische Hämatologie und Onkologie bei Patienten, bei denen herkömmliche Chemotherapien keinen Erfolg haben, Arsen zur Krebsbehandlung ein.

Wenn es um Substanzen geht, die im viktorianischen England als Suchtmittel sehr beliebt waren, steht das sogenannte Laudanum (teils gemischt mit Absinth, ebenfalls in der damaligen Zeit giftig und halluzinogen !) wohl mit an erster Stelle. Dabei handelt es sich um ein Opium-Derivat, das als Schmerzmittel verwendet wurde, bevor es durch Morphin ersetzt wurde. Es galt als scheinbar völlig normal, Laudanum zu konsumieren und dadurch in Dämmerzustände zu versinken, die nebenbei auch depressive Wirkungen hatten.

So, und als letztes wäre kurz zu erwähnen, das LSD (Lyserg-Säure-Derivat) aus dem Mutterkornpilz auf keinen Fall körperlich süchtig macht, da die Wirkkonzentration im ppm-Bereich liegt. Psychisch kann eine Abhängigkeit aber nachgewiesen werden (Modedroge der späten 60'er und frühen 70'er).

Wenn Du weitere Fragen hast, beantworte ich sie Dir gerne!

Vielen Dank Thomas für den Bericht über Maybricks Untersuchung. Er ist also nicht an einer Vergiftung gestorben, interessant. Trotzdem ändert das nichts an meiner Überzeugung, dass Maybrick mit JtR nichts zu tun hat.

jochen meyer

  • Gast
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« Antwort #14 am: 17.10.2003 19:33 Uhr »
Hallo,

Thomas hat mich gebeten meinen Senf zu dem Thema zu geben .. ;))

Das mit den Drogen ist so eine Sache .. man glaubt gar nicht, was sich die Leute so alles reinpfeifen. Arsenik oder Arsen in seinen vielfältigsten Verbindungen (Oxide, Sulfide usw.) wurden um die Jahrhundertwende tatsächlich als "Rauschmittel" eingesetzt .. Damals war es als "Hüttrauch" bekannt. (Google: Hüttrauch ;))

Einerseits hat es anscheinend wirklich euphorisierende Wirkung (habs selber nicht probiert), andererseits verändert es als Zellgift aber den Stoffwechsel. Folge dieser Stoffwechselveränderung (die man auch einfach Vergiftungserscheinung nennen kann), ist eine Gewichtszunahme. Wenn man bedenkt, dass das Schönheits-Ideal in der damaligen Zeit eher üppige Formen hatte, wird der zusammenhang klar ..

Es wurde auch von Pferde-Händlern genutzt um klapprige Tiere aufzupeppen .. Bauern (besonders im Alpenraum) hatten immer Hüttrauch im Haus, wie die Bauern in Bolivien Cocablätter.

Ob es allerdings Körperliche Entzugserscheinungen auslöst (also nach der heutigen Definition körperlich süchtig macht), lässt sich nicht sagen, da es heutzutage nicht besonders in ist Arsen zu Rauchen .. ;)) ..