Autor Thema: Reaktion aufs Erwischtwerden  (Gelesen 31477 mal)

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Offline Lestrade

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #15 am: 06.06.2013 21:31 Uhr »
Wie passt das zu diesem Video?

Sehr gut!

Unter dem Oberkörper von Eddowes befand sich Blut. Ich zitiere aus Thomas´ Übersetzung:

“Auf dem Straßenpflaster war eine Menge geronnenen Blutes auf der linken Seite des Halses um die Schulter und dem Oberarm, sowie einer blutfarbenen Flüssigkeit, die unter dem Hals zur rechten Schulter und Richtung Rinnstein geflossen war.“

Original:

“There was a quantity of clotted blood on the pavement on the left side of the neck round the shoulder and upper part of arm, and fluid blood-coloured serum which had flowed under the neck to the right shoulder, the pavement sloping in that direction.”

Dazu das: "...No spurting of blood on the bricks or pavement around.”

Keine Blut von da an abwärts. Also ab Mitte Unterleib und bis zu den Beinen nichts. Wohin sollte Blut spritzen? Er greift sie von hinten an, versucht mit dem Messer den Kehlschnitt auszuführen, wenn Blut spritzen würde, was es aber nicht unbedingt tun muss, würde es Richtung Mauer, weg vom Opfer spritzen. Aber da schnitt er ja offensichtlich nicht, also im Stehen, sondern als sie auf dem Boden lag oder während sie auf den Boden fiel. Da ergoss sich dann das Blut aus dem Kehlschnitt. Wenn es da Spritzer gab, nun ja, möglich, aber die befanden sich dann in der “quantity of clotted blood“. Beim herunterdrücken auf den Boden oder eher am Boden, hätten die Gesichtsverletzungen entstehen können. Insgesamt gelangt so gar kein Blut woanders hin, wie auch? Kein Blut unter der Körpermitte, kein Blut an der vorderen Kleidung, keine Blutspritzer ringsum. Als er die Verstümmelungen begann, nun ja, das Blut floss bereits aus der Halswunde bei Eddowes… wird er Blut an den Händen gehabt haben, weil er die Innereien berührte. Aber da war nicht mehr so viel, dass ein Blutfluss entstehen konnte. Pat Brown und der Darsteller schneiden den Hals vom “Opfer“ am Boden. Der Hals befindet sich über dem Pflaster. Die Gesichtsverletzungen entstehen am Boden oder während des Falles, der Täter versucht das Opfer nach unten zu drücken, setzt sein Gewicht als Hilfsmittel ein. Sofort nach dem Schnitt bringt er sie in Postion, dreht sie um. Wo soll überall Blut sein? Im und am Kopfbereich. Und da war es auch. Sonst nirgends. In dem Szenario logisch.

Du denkst an einen "Meister des Messers", der in der Dunkelheit so geschickt mit dem Messer umgeht, dass er keine Spuren hinterlässt. Da war eine Menge Blut am Boden, im Halsbereich von Eddowes. Da war mit Sicherheit eine Menge Blut an Ärmeln des Täters. Es gab eine Stelle mit Blut und das war die Stelle an der er schnitt. Mit diesem Blut blutete Eddowes aus, aber für den Täter wichtiger, sie war sofort tot und somit mucksmäuschenstill. Aber in Wirklichkeit war er vermutlich froh, Eddowes auf den Boden gedrückt zu bekommen. Und wo hätte von da aus Blut hin gelangen können? Für das alles muss man kein Magier mit dem Messer sein oder einen durchdachten Masterplan verfolgen. Das sieht eher nach dem Gegenteil aus.
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Andromeda1933

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #16 am: 06.06.2013 21:44 Uhr »
Sorry, funke nur ganz kurz dazwischen. Bei Cullen steht wörtlich, „der Täter machte sich sogar die Mühe, die Augenlider zu durchstechen“.   Keine Quellenangabe dazu.

Offline Lestrade

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #17 am: 06.06.2013 21:58 Uhr »
Sorry, funke nur ganz kurz dazwischen. Bei Cullen steht wörtlich, „der Täter machte sich sogar die Mühe, die Augenlider zu durchstechen“.   Keine Quellenangabe dazu.

Dr.Frederick Gorden Brown:

Das Gesicht war sehr stark verstümmelt. Durch das linke untere Augenlid verlief ein Schnitt von etwas mehr als einem halben Zentimeter Länge, der die Strukturen komplett zerteilte. In annähernd gleichem Winkel zur Nase befand sich ein Kratzer auf dem oberen Lid des linken Auges. Das rechte Augenlid war mit einem Schnitt von etwas mehr als einem Zentimeter Länge durchgeschnitten.

Original:

The face was very much mutilated. There was a cut about a quarter of an inch through the lower left eyelid, dividing the structures completely through. The upper eyelid on that side, there was a scratch through the skin on the left upper eyelid, near to the angle of the nose. The right eyelid was cut through to about half an inch.

Ein zerteilender Schnitt, ein Kratzer, ein durchgeschnittenes Augenlid.

Liebe Freunde, sagt was ihr wollt. Nach einem Kunstwerk sieht das für mich nicht aus, noch nach einem Plan und auch nicht danach, dass er dafür überhaupt etwas vernünftig besehen konnte.

Aber Isdrasil hat recht, wir sind wieder viel zu weit vom Thema weg.
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Andromeda1933

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #18 am: 06.06.2013 22:09 Uhr »
Aus dem Bauch heraus, würde ich nach dieser Diskussion auch auf einen Flucht-Typ setzen.

Offline Isdrasil

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #19 am: 07.06.2013 06:31 Uhr »
Hi

Naja, Lestrade - ich verwendete die Worte "schnell", "präzise", "durchdacht", "filigrane Schnitte", "sorgfältig". Von einem "Meister des Messers" oder gar "Magie" zu reden, das wäre selbst mir etwas zu übertrieben.
Auch habe ich nicht von einem "Kunstwerk" gesprochen. Ich schrieb: "Der Täter war bei diesem Mord in seiner persönlichen Höchstform - was auch immer das heißen mag." Wir wollen mal nicht übertreiben hier.
 ;)

Weiß leider nicht, ob und wann ich dieses Wochenende zum Posten komme...schade, aber ich werde dann nochmal näher auf deine Antwort eingehen!

Schönes Wochenende euch allen!
Grüße, Isdrasil

Offline Lestrade

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #20 am: 07.06.2013 11:36 Uhr »
Wir wollen mal nicht übertreiben hier.
 ;)

aber ich werde dann nochmal näher auf deine Antwort eingehen!

Vorweg, ich habe ein- und dieselbe Zitatnummer verwendet, also bitte nicht wundern.

Hallo lieber Isdrasil,

wäre schön, wenn Du nochmals darauf eingehen würdest, wenn es dir deine Zeit wieder erlaubt. Ich denke, dass es wichtig wäre, gerade auch wegen der von dir Backstage angesprochenen “geringe Informationen“ auf dieser Seite. Ich würde mich freuen und sicherlich auch einige andere.

Nun, wie soll man Übertreibungen betrachten oder beurteilen?


Mit filigran meinte ich die Ausführung der Tat, die (wieder einmal) außerordentlich professionell vom Täter vollbracht wurde


Es scheint für diesen Täter ein leichtes zu sein, die Verletzungen ohne große Sauerei auszuführen. Man kann sich gut vorstellen, wie jeder Handgriff sitzt. Auch die Angaben zu den kleineren Schnitten
 


Jedoch lassen sich die Augenlider ebenso gut beim bereits toten Opfer nach oben ziehen, von den Augäpfeln weg, und mit einem Schnitt von unten zwischen Augapfel und Lid kommend durchtrennen. Das nenne ich...äh....filigran darf ich ja nicht mehr...zumindest sorgfältig.
 

Du verwendest die Worte:


"schnell", "präzise", "durchdacht", "filigrane Schnitte", "sorgfältig"

Ich habe jedoch gelesen:

(wieder einmal) außerordentlich professionell
ein leichtes
ohne große Sauerei
jeder Handgriff sitzt. Auch die Angaben zu den kleineren Schnitten
zumindest sorgfältig

Lese ich dann die Sätze im Zusammenhang, entsteht bei mir der Eindruck, dass du ihn für einen Mann hälst, der sehr gut mit dem Messer umgehen kann, einen Profi, geübt, fein durchdacht. Da entstand für mich die Vorstellung von einem Meister des Messers und für die Sorgfältigkeit im Dunkeln, die Magie im Handwerk dieses Mannes. Das Kunstwerk bezieht sich eher auf die Beschreibung vom Doktor, weil ich darin eben genau das Gegenteil sehe. Es tut mir wirklich leid Isdrasil, wenn ich für deine Beschreibungen neue Worte bzw. Sätze gefunden habe. Ich ersetzte sie nun offiziell mit deinen Beschreibungen. Die Unterschiede kann sich jeder selbst herausarbeiten. Passierte mir wahrscheinlich im Eifer des Gefechts.

Wir waren ja beim fliehenden Täter, wo wir uns wohl einig sind und da fragtest du:


Aber wie kann ein "schwankender Mann" kurze Zeit später die Augenlider seines nächsten Opfers einritzen, ohne anscheinend die Augäpfel zu verletzen?

Und da haben wir halt unterschiedliche Meinungen, weil ich nicht sehe, dass er, der Killer, die Augenlider geschickt verletzte. Alle Verletzungen im Gesicht sind für mich Kampfspuren, der verzweifelte Versuch, den Kehlschnitt auszuführen. Sieht man ja auch im Video. Ein angetrunkener Mann hätte in meine Variante gepasst, in deine natürlich nicht. Der beschwipste Mann, den Schwartz sah, passt recht gut zu der Beschreibung von Lawende, von Smith und auch vom Mann in der Church Lane. Es ist also durchaus möglich, mit Alkohol im Blut, wie viel auch immer, solche Taten durchzuführen. Wir wissen auch, dass dies häufiger passiert. In dem Falle können wir uns natürlich nicht sicher sein. Vielleicht war es auch “Zuckungen“ aufgrund einer ernsthaften, geistigen Erkrankung die Schwartz sah. Aber auch da gilt, es müssen nicht die ruhigen Hände eines Mannes gewesen sein, der ganz entspannt seinen Plan durchzieht. Zu dem “groben Typ“ passt auch eher die Flucht, als das Verhalten eines besonnenen Täters. Das könnte unter Umständen wichtig für diesen Faden hier sein.

Barnett konnte Kelly nur aufgrund ihrer Augen identifizieren. Was auch immer Augen bedeutete. Es wäre schon wichtig, ob sie eingeschnitten waren (auch bewusst vom Täter, denn das ganze Gesicht war verstümmelt und das war es auch schon recht stark bei Eddowes). Vielleicht kannst du uns da noch genauer informieren.

Ich denke, er wollte bei Eddowes zum ersten Mal die Augen blosslegen, was er bei Kelly schließlich auch schaffte.
 

Das kann ich schlecht behaupten, da es hierzu keine erhaltenen Akten gibt. Würde ich mich weit aus dem Fenster lehnen wollen, würde ich sagen, dass bei Kelly die Augenlider fehlten. Aber das mach ich lieber nicht.
 

Es wäre ja nun schon wichtig, ob er dann bei Kelly sein Werk weiterführte. Hatte Kelly keine Lidverletzungen, dann wäre dies doch hinfällig und dann könnte man annehmen, dass er das bei Eddowes schon nicht machen wollte und diese Verletzungen “ein Unfall“ waren, Wunden, die beim “Struggle“ entstanden. Dann wäre auch der professionell und präzise Killer nicht ganz so präsent.

Apropos Struggle. Du zitiertest auch:
no bruises on the scalp, the back of the body, or the elbows.

Man darf nicht erwarten, dass sie sich wie Dick und Doof (sorry Andromeda) gegenseitig auf die Mütze gehauen haben. Gab es keine weitere Anzeichen eines Kampfes an Kopf und Leib, bedeutet das nicht, dass keiner stattgefunden hat. Ein kleiner Auszug aus der Kleidung von Eddowes:

•  Schwarze Strohhaube mit grünem und schwarzem perlenbesetzen Samt verziert. Mit schwarzen Schnüren fest am Kopf zusammengezogen
•  Schwarzer Tuchmantel mit Kunstpelz um Kragen und Armabschluss. Die Taschen waren mit geflochtener Seide und Pelz verziert. Der Mantel hatte grosse metallene Knöpfe
•  Dunkelgrüner Rock mit braunem Knopf auf der Manschette. Der Rock war mit Gänseblümchen und goldenen Lilien gemustert
•  Weisse Männerweste mit passenden Knöpfen auf der Vorderseite
•  Braunes Leinen Mieder mit Samtkragen und braunen Knöpfen auf der Vorderseite
•  Grauer, gefütterter Unterrock mit weißem Bund
•  Sehr alter grüner Rock, getragen als Unterkleid
•  Sehr alter, zerlumpter blauer Rock mit roten Volants, leicht gefüttert, getragen als Unterkleid
•  Weisse Kattunbluse

Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig war, darunter einen blauen Fleck zu verursachen.

Ich denke Isdrasil, es lohnt sich immer wieder erneut und noch genauer hinzuschauen. Zuviel wird angenommen, weil es irgendwo steht und das seit 1888, wie auch Andromeda mit Diemschütz kürzlich ansprach. Manchmal hat es vielleicht weniger Bedeutung (Millwood Smith und Tabram, die alle Verletzungen in ihren “The lower portion of the body“ hatten, was auch typisch für die meist angenommenen Ripper- Opfer ist), manchmal eben mehr.

Also wie gesagt, wenn du nochmal Zeit findest, wir wollen doch hier aus allen Blickwinkeln informieren, ich wäre sehr daran interessiert.

Wie geschrieben, vielleicht habe ich da auch einen falschen Eindruck von deinen Ausführungen bekommen. Aber wir sprachen ja erst gerade wieder über die Wahrnehmung jedes einzelnen.

Dir auch ein schönes Wochenende.

Es ist ja gerade wundervolles Wetter.

Mit allerbesten Grüßen, Lestrade.














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Offline Anirahtak

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #21 am: 13.06.2013 23:08 Uhr »
... Wer weiß ob er nicht bei Nichols auch von sich nähernden Schritten davon abgebracht wurde noch weiter zu gehen. ...
Ja, davon gehe ich sowieso aus, dass er sich immer gleich davonmachte, sobald er hörte, dass sich Geräusche näherten. Ebenso, dass er die ganze Zeit über darauf achtete, ob sich Geräusche nähern. Dadurch war es ihm möglich, immer rechtzeitig zu verschwinden; auch wenn es hin und wieder sehr knapp war. Aber so kam es dazu, dass ihn niemand je wirklich "beim Schneiden" erwischte.

In der Situation mit Stride und Schwartz wäre es auch ein "Erwischen" gewesen, aber noch im Vorfeld zur eigentlichen Tat.

Zitat
Also: Frühzeitig das Weite suchen und wenn das nicht hilft oder er es nicht will - die Leute bedrohen. So hätte er meiner Meinung nach reagiert. Wenn derjenige ihn dann jedoch angegriffen hätte oder zumindest nicht direkt geflohen wäre, könnte ich mir gut vorstellen, dass er denjenigen dann auch ermordet hätte - auch aus Wut über die "Störung" bei der Tat.
Ja, ausschließen würde ich das auch nicht. Obwohl ich auch dazu tendiere, dass er grundsätzlich geflohen wäre. Andererseits, wenn er inmitten der Tat erwischt worden wäre -also nicht beim Angriff auf das Opfer, sie wäre bereits tot und er gerade am Säbeln- und der Zeuge rennt schreiend davon, wäre der Ripper leise in die andere Richtung gerannt oder hätte er den Zeugen erst "leise gestellt"? Also nicht nur aus Wut, sondern um besser entkommen zu können. Da er immer rechtzeitig entkam (wenn zuweilen auch knapp, aber immer rechtzeitig) schätze ich ihn schon "geistesgegenwärtig" genug ein, um schnelle Entscheidungen zu treffen, die seinen Zwecken dienlich sind, hier: erfolgreiches Entkommen. Wonach sich natürlich noch die Frage stellt, ob ein schreiend wegrennender Zeuge für ihn gefährlich gewesen wäre, also bezüglich des Entkommens... dass er ihn gesehen hätte, wäre natürlich Ripper-Pech. Der Ripper hätte also abschätzen müssen, ob es in der Situation zweckmäßiger wäre, in die andere Richtung zu fliehen als der Zeuge, der ihn gesehen hätte oder ob er sich die Zeit hätte nehmen sollen, den Zeugen auszuschalten, was ja nicht unbedingt so schnell (und lautlos) gehen muss wie die Überraschungsangriffe auf seine anderen Opfer.


Offline Isdrasil

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #22 am: 17.06.2013 19:31 Uhr »
Hi Lestrade,

ich habe ein Problem und möchte es ansprechen, da ich Dinge gerne kläre.

Ich würde hier gerne am Forum teilnehmen, aber genauso deinem Wunsch nach näheren Ausführungen nachkommen. Seit deinem Post bremse ich mich aber wieder selbst aus. Auf der einen Seite habe ich einfach momentan keine Zeit, großartige Ausführungen vorzunehmen, Quellen zu durchforsten und gut durchdachte Posts zu schreiben. Auf der anderen Seite möchte ich so etwas auch nicht auf mir sitzenlassen. Ich poste einfach nicht gerne weiter, als wäre nichts von mir verlangt. Die Folge: Schon wieder schreibe ich hier nichts. Das ist ein Mechanismus, der mich schon oft hier gedrosselt hat. Ich möchte teilnehmen, es fehlt aber die Zeit, um weiter auszuführen.

Ich weiß nicht, woher das eines Tages kam, dass ich keine tieferen Begründungen für meine Ansichten hätte oder zu schwammig argumentiere. Ich meine, dies oft zwischen Zeilen zu lesen, oder höre es gar um mehrere Ecken. Ich denke, ich bin niemandem hier Rechenschaft schuldig (auch wenn ich dies auf gewisse Art und Weise gerade tue). Ich habe dem Forum viel Energie geschenkt, habe Verdächtige für die Infoseite bearbeitet, Briefe für Thomas transkripiert, Rezensionen geschrieben, meine Überlegungen stets mit Quellen und eigenem Kartenwerk untermauert.
Darum verstehe ich deinen Wunsch nach näheren Ausführungen meinerseits besonders.
Und darum verzeih mir vorerst, wenn ich hier weiter poste, auch wenn ich Dir die ausführliche Antwort zunächst schuldig bleibe.  ;)

Grüße, Isdrasil


Offline Lestrat

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #23 am: 27.10.2013 19:48 Uhr »
Hallo mal wieder,

auch wenn dieser Treat etwas erkaltet ist. Die Frage wie der Ripper bei einem "erwischtwerden" reagiert hätte, beschäftigt mich auch schon geraume Zeit. Welche Möglichkeit  (falls ich es nicht überlesen habe) bisher hier noch nicht erörtert wurde (auch wenn ich es mir nicht so recht vorstellen kannn) : Wäre es nicht auch vorstellbar das der Ripper von mehreren Polizisten/Männern gestellt den Selbstmord gewählt hätte?

Also natürlich denke ich würde er nach möglichkeit die Flucht ergreifen, wäre er aber in eine ausweglose Situation geraten, hätte er der Polizei den Triumph gegönnt den "Schrecken des Eastends" zu verhaften und öffentlich vorzuführen? Oder hätte er Quasi bis zum "letzten Atemzug" gekämpft oder war er nur ein kranker Feigling der sich nur an wehrlosen Frauen vergreifen konnte?

Gruß Lestrat (zur Unterscheidung zwischen mir und Lestrade: Lestrade ist der schreibfreudigere von uns  :good:)
Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag Arthur Conan Doyle

Stordfield

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #24 am: 29.10.2013 17:28 Uhr »
Hallo Lestrat!

Diese Frage ist natürlich schwer zu beantworten, wenn man den wahren Charakter des Rippers nicht kennt. Ich persönlich glaube, dass er sich ohne Gegenwehr hätte festnehmen lassen.
Warum? Weil er am Ende seiner Kraft war.
Isdrasil, Lestrade, panopticon u. a. können dir vielleicht zu jedem verdächtigen Typus eine passende, logisch klingende Antwort geben, aber auch nur dann, wenn sie zumindest einigermaßen von einem bestimmten suspect überzeugt sind.

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #25 am: 29.10.2013 18:19 Uhr »
Hi

@Lestrat (mit hartem t und ohne e): Ich glaube nicht, dass sich der Täter selbst umgebracht hätte. Man darf die Taten nicht als Lebenselixier des Rippers betrachten. Auch wenn Morde den Serientätern erst eine Identität geben, sind sie dennoch oft nicht selbstdestruktiv genug veranlagt, um diesen Schritt zu gehen. An einen Selbstmord glaube ich nicht - ich stehe auf den Ausdruck "Gottkomplex", und der Ripper hätte eher danach getrachtet, wieder auf freiem Fuss zu gelangen und sein Werk fort zu setzen. Davor hätte er aber jegliche Art der Flucht, auch mit entsprechender Gegenwehr, genutzt.

Es gibt wohl Täter, die in Gefangenschaft Floskeln wie "gebt mir die Höchststrafe" oder gar "bringt mich um" reißen, aber am Ende lässt sich das in Gefangenschaft auch leicht behaupten. Gust hatte dies wohl geäußert, er hatte aber auch ein gewisses soziales Umfeld um sich herum und, wie er sagte, eine böse und eine gute Seite in sich. Er kannte also auch das Licht.
Ich bin mir noch nicht sicher, ob dies beim Ripper so der Fall war.

So oder so: Kein Selbsmord. Auch nicht, um der Polizei den Triumph nicht zu gönnen.

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 29.10.2013 22:06 Uhr von Isdrasil »

Andromeda1933

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #26 am: 30.10.2013 10:37 Uhr »
Mir ging oft durch den Kopf, dass er vielleicht in dieser Situation geistig und psychisch total kollabiert wäre. Vielleicht hätte er sich auf den Boden geworfen und nur noch gewinselt oder so. Andererseits muss er ja voller Wut, Hass oder „Berufung“ gewesen sein. Es ist nur ein Bauchgefühl, doch ich glaube irgendwie nicht daran, dass er quasi „Amok“ gelaufen wäre. Ein besserer Herr, der zum (spaßigen, perversen) Morden ins East End ging – vielleicht. Ich sehe in diesem Täter jedoch eher einen „getriebenen“ kaputten Typ, der entweder selbst aus dieser Zone stammte, zumindest aber aus der Unterschicht stammte und nicht richtig tickte.

Offline Lestrat

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #27 am: 02.11.2013 15:19 Uhr »
Hi,

Zitat
  Ich glaube nicht, dass sich der Täter selbst umgebracht hätte. Man darf die Taten nicht als Lebenselixier des Rippers betrachten. Auch wenn Morde den Serientätern erst eine Identität geben, sind sie dennoch oft nicht selbstdestruktiv genug veranlagt, um diesen Schritt zu gehen. An einen Selbstmord glaube ich nicht - ich stehe auf den Ausdruck "Gottkomplex", und der Ripper hätte eher danach getrachtet, wieder auf freiem Fuss zu gelangen und sein Werk fort zu setzen. Davor hätte er aber jegliche Art der Flucht, auch mit entsprechender Gegenwehr, genutzt.

Hi Isdrasil, ich dachte da z.B. an einen Typ a la Alois Szemeredy und ja würde ein Gottkomplex nicht dazu führen können das er sich nicht von "normalen Menschen" festnehmen lassen würde? Ich denke jetzt an eine Szene wie im Dutfields Yard, er wird von einem Polizisten erwischt der seine Kollegen alarmiert und dem Ripper ist der Fluchtweg abgeschnitten. Was tut er jetzt? Versucht er Wiederstand zu leisten muß er ja damit rechnen das er von dem/den Polizisten/Passanten überwältigt wird.   :Laie_53:

Zitat
Diese Frage ist natürlich schwer zu beantworten, wenn man den wahren Charakter des Rippers nicht kennt. Ich persönlich glaube, dass er sich ohne Gegenwehr hätte festnehmen lassen.
Warum? Weil er am Ende seiner Kraft war.
Isdrasil, Lestrade, panopticon u. a. können dir vielleicht zu jedem verdächtigen Typus eine passende, logisch klingende Antwort geben, aber auch nur dann, wenn sie zumindest einigermaßen von einem bestimmten suspect überzeugt sind.

Da gebe ich dir recht Stordfield, auch ich kann mir keine rechte Vorstellung von dem Typ Mensch des Rippers machen. Ich denke er muß einigermaßen "normal" ausgesehen und gewirkt haben denn mit einem Verrückt/schäbig Aussehendem Kerl wie z.B. "Leather Apron" wären die Prostituirten wohl nicht mitgegangen (zumindest nicht nach den ersten 2-3 Morden). Auch muß er wohl Geld gehabt haben um die "Dienstleistung" bezahlen zu können. (Da frage ich mich auch wieder: hat er vor dem Verkehr bezahlt und ihnen anschließend das Geld wieder abgenommen oder hat den Frauen gereicht das Geld zu sehen?? Doch dann hört es schon bei mir auf.  :unknown:
 :Laie_69:

Zitat
Mir ging oft durch den Kopf, dass er vielleicht in dieser Situation geistig und psychisch total kollabiert wäre. Vielleicht hätte er sich auf den Boden geworfen und nur noch gewinselt oder so. Andererseits muss er ja voller Wut, Hass oder „Berufung“ gewesen sein. Es ist nur ein Bauchgefühl, doch ich glaube irgendwie nicht daran, dass er quasi „Amok“ gelaufen wäre. Ein besserer Herr, der zum (spaßigen, perversen) Morden ins East End ging – vielleicht. Ich sehe in diesem Täter jedoch eher einen „getriebenen“ kaputten Typ, der entweder selbst aus dieser Zone stammte, zumindest aber aus der Unterschicht stammte und nicht richtig tickte.

Ja Andromeda, obwohl ich noch Gefühlsmäßig mit dem Bild des Dr.Jekyll/Mr. Hide Types (also eines Arztes oder ähnlichem zumindest mit genaueren anatomischen Kenntnissen aus "besseren Kreisen") Symphatisiere "passt" ja eigentlich nur ein wahrscheinlich Jüdischer Einwohner des Eastends zu den Aussagen die die Zeugen abgegeben haben. Deshalb tendiere ich eigentlich in letzter Zeit Richtung Kaminsky und diesen Typ würde ich entweder so einschätzen das er "ausrastet" (oder aber weinerlich zusammenbricht) :wacko1:

Grüße

Lestrat

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Offline Isdrasil

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #28 am: 02.11.2013 17:23 Uhr »
Hi Lestrat,

Ich dachte da z.B. an einen Typ a la Alois Szemeredy und ja würde ein Gottkomplex nicht dazu führen können das er sich nicht von "normalen Menschen" festnehmen lassen würde? Ich denke jetzt an eine Szene wie im Dutfields Yard, er wird von einem Polizisten erwischt der seine Kollegen alarmiert und dem Ripper ist der Fluchtweg abgeschnitten. Was tut er jetzt? Versucht er Wiederstand zu leisten muß er ja damit rechnen das er von dem/den Polizisten/Passanten überwältigt wird.

Ich unterscheide gerne zwischen der inneren Erlebniswelt eines Täters und seiner tatsächlichen Wirkung nach außen. Dieses Verhältnis war meiner Meinung nach bei diesem Täter immens gestört. Innerhalb seiner Erlebniswelt war er der Größte, der Unbesiegbare. Und solange die Außenwelt seinen Vorstellungen entsprach, war er das auch innerlich. Aber von außen betrachtet war er wohl eher der Nobody, ein Außenseiter, Eigenbrötler, ein verschlossener, gar schüchtern in Erscheinung tretender Charakter. Eventuell hing dies mit seiner Absonderung von der normalen Welt und der Gesellschaft zusammen. Es würde mich nicht wundern, wenn seine generelle Haltung menschenhassend und gesellschaftsverächtend war. Mit Frauen konnte er nicht. Dann versagte er. Innerhalb seiner gewohnten Umgebung konnte er das Maul aufreissen, wenn seine "Kumpels" um ihn herum waren. Wenn er jedoch alleine war, sah die Sache ganz anders aus.

Wenn wir nun annehmen, dass er gestört bzw. erwischt wurde, dann dürfte er in diesem Moment zornig und pampig reagiert haben. Gleichzeitig stieg Nervosität in ihm hoch, ein überaus gesteigerter Adrenalinschub. Mit Gottkomplex meine ich: Er hält sich für den Größten, ist es aber beileibe nicht. Er ist nur solange Gott, solange die Welt nach seinen Regeln tanzt. Ich denke also, dass er bei einer versuchten Festnahme außer Kontrolle geraten wäre. Er hätte um sich geschlagen, gestochen, getreten.

Wenn ihm der Fluchtweg abgeschnitten wäre, dann wäre er so schnell es geht offensiv geworden. In dem Sinne, dass er versucht hätte, sich mit aller Gewalt an dem Polizisten aus der Sackgasse heraus zu drängen.

So stelle ich mir jedenfalls den Ripper vor. Ein wandelnder Widerspruch. Eine zerrissene Person. Ein Gott in Gedanken, der sich in eine weltliche Ordnung gezwängt sah und dennoch in so vielen Situationen psychisch versagte.

Grüße, Isdrasil

Offline Lestrade

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Re: Reaktion aufs Erwischtwerden
« Antwort #29 am: 03.11.2013 15:15 Uhr »
Ich bin mir momentan gar nicht so sicher, wie der Ripper reagiert hätte. Ich denke, dass so ein Typ in jeglicher Form seiner gesamten Existenz unberechenbar lebt und reagiert. Haut er aus der Berner Street vielleicht noch ab, stellt er sich eventuell im Miller´s Court den möglichen Bedrohungen. Er könnte auch dabei, beim “Erwischt werden,“ unberechenbar gewesen sein und auch so reagiert haben.

Wer sich daran erinnern kann, weiß, dass ich kürzlich an einem Vorfall mit einer “Matilda“ dran gewesen war (und immer noch bin). Diese Sache gehörte eigentlich zum Annie Farmer Fall. Ein Messerangreifer wurde dabei verfolgt und letztendlich von Konstabler und Kripobeamten gestellt. Dieser Mann war offenbar geisteskrank. Er floh erst und als er gestellt wurde, versuchte er sich mit seinem Messer zu wehren. Dies wirkte wohl eher sehr verzweifelt und verängstigt. Und genauso stelle ich mir den Ripper vor, wenn er von der Polizei gestellt worden wäre. Ängstlich, im Wissen, dass seine Werke nun nicht mehr von ihm ausgelebt  werden können. Polizisten machten ihm sicherlich Angst. Kein Hasenfuß wie Schwartz oder Pipeman aber vielleicht einer wie Diemschütz, auch wenn er nicht mit ihm in Konflikt kam. Aber im Fall der Fälle, wäre letzterer viel taffer gewesen als so manch anderer, meiner Einschätzung nach.   

Hier noch ein Link, der vielleicht interessant ist:

http://www.casebook.org/dissertations/ripperoo-serial.html
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