Autor Thema: Jacob Isenschmid  (Gelesen 22009 mal)

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Stordfield

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Jacob Isenschmid
« am: 11.09.2011 14:49 Uhr »
Hallo!

Eine ähnliche Type wie Feigenbaum, Cohen, Kosminski und Hyams scheint mir der in der Schweiz geborene Schlachter Isenschmid gewesen zu sein. Er litt unter Wahnvorstellungen und war deshalb auch in Behandlung. Am 12.9.1888 wurde er verhaftet, für geisteskrank befunden und nach kurzem Aufenthalt in einem Arbeitshaus, am 17.9. in ein Krankenhaus überwiesen. Sergeant Thick berichtete, dass Isenschmid sich gebrüstet hatte, Lederschürze gewesen zu sein und Inspector Abberline meinte, dass es zwar keinerlei Beweise gab, die ihn mit den Morden in Verbindung brachten, Isenschmid aber die wahrscheinlichste Person sei, welche die Verbrechen verübt habe.
Fest steht, dass Isenschmid irgendwann wieder aus dem Bow infirmary asylum entlassen wurde. Leider kenne ich den genauen Zeitpunkt nicht. Kann mir da jemand helfen?

Gruß Stordfield

Offline Lestrade

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #1 am: 11.09.2011 20:33 Uhr »
Hallo Strodfield,

interessanter Typ, leider kann ich dir da momentan auch nicht helfen.

Gruß, Lestrade.
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Offline Craddock

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #2 am: 11.09.2011 23:23 Uhr »
Nabend die Herren,

ich glaube, ich hab beim Durchforsten des Casebook-Forums mal einen Thread über Isenschmid gelesen, in dem recht genau nachvollzogen wurde, wann er wo war. Ich seh morgen mal nach, heute ist es mir zu spät :D

Einstweilen mal das, was das Jack the Ripper A-Z zu berichten hat:

Isenschmid (1843-1910) wurde laut 1871er Census in der Schweiz geboren. Am 26. Dezember 1867 heiratete er eine Mary Ann Joyce, mit der zusammen er 5 Kinder hatte (John Richard [1869-91], Kate [geb. 1872], Ada [geb 1875], Annie [geb. 1879] und Minnie [geb. 1880].

Er war Metzger und hatte einen Laden in der 59 Elthorne Road, Holloway, und erlitt im Jahr 1887 einen mentalen Zusammenbruch, nachdem sein Laden pleite ging, worauf er 10 Wochen in Colney Hatch verbrachte.

Am 11. September 1888 informierten die Doktoren Cowan und Crabb aus Holloway die Polizei, dass sie glaubten, Isenschmidt sei der Whitechapel Mörder. Die Polizei fand heraus, dass er seit dem 5. September mit einem gewissen Mr. Tyler (wahrscheinlich nicht der von Aerosmith, obwohl er aussieht, als könnte er damals schon gelebt haben :D) in der 60 Milford Road zusammenlebte. Außerdem war er wohl des Öfteren nicht zu Hause, unter anderem auch in der Nacht, als Annie Chapman ermordet wurde.
Am 17. September wurde er ins Fairfield Road Asylum, Bow eingeliefert und Sgt. Thicke fand heraus, dass er mehreren Frauen gegenüber angab, Leather Apron zu sein.

In einem Bericht von Inspector Abberline vom 19. September heißt es, Isenschmid sei sehr wahrscheinlich der Mann, der am Morgen nach dem Chapman Mord von Mrs Fiddymont gesehen wurde (gibt einen Thread dazu hier im Forum; Mrs Fiddymont hatte diesen Pub, und der Typ mit den blutigen Händen und dem zerrissenen Hemd tauchte dort auf, um ein Bier zu trinken. Einer von Fiddymonts Gästen hat ihn danach noch ein Stück verfolgt), was man überprüfen wolle, sobald die Doktoren Isenschmid für dazu in der Lage erachteten, an einer Gegenüberstellung teilzunehmen. Isenschmid war nicht der Ripper, da er bei den späteren Morden sicher in der Anstalt verwahrt war. Nachher wurde er nach Colney Hatch zurückgebracht. (Jack the Ripper A-Z S. 221-222)

Es gibt allerdings Theorien, dass Isenschmid Nichols und Chapman umgebracht hat und nach seiner Festsetzung in einer Anstalt irische Nationalisten die Mordserie weiterführten, um für ihre eigenen Zwecke Terror im East End zu säen und die Polizei beschäftigt zu halten, aber na ja :D

Offline Anirahtak

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #3 am: 12.09.2011 00:08 Uhr »
Hallo!

Eine ähnliche Type wie Feigenbaum, Cohen, Kosminski und Hyams scheint mir der in der Schweiz geborene Schlachter Isenschmid gewesen zu sein. Er litt unter Wahnvorstellungen und war deshalb auch in Behandlung. ...
Ich vermute stark, solche Typen konnte man in dem Viertel an nahzu jeder Ecke auftreiben. Auch Unbehandelte.

Stordfield

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #4 am: 12.09.2011 09:57 Uhr »
Hallo Anirahtak!

Damit liegst Du wahrscheinlich absolut richtig. Es ist aber schon augenfällig, wie viele Menschen damals für geisteskrank erklärt und in irgendwelche Anstalten gesteckt wurden. Doch bei den damaligen Lebensbedingungen war es andererseits auch kein Wunder, dass so mancheiner durchdrehte. Ich denke, so wird es auch bei JtR gewesen sein; meines Dafürhaltens war er ein Produkt seiner Umwelt und deren Zustände.

Gruß Stordfield

Offline Lestrade

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #5 am: 12.09.2011 17:45 Uhr »
Hallo Stordfield,

meine Suche war vergeblich. Außer Aussagen, dass Isenschmid noch weggesperrt war, als das DoubleEvent stattfand. Genau Daten finde ich jedoch nicht.

Gruß,

Lestrade.
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Stordfield

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #6 am: 12.09.2011 18:49 Uhr »
Schade, aber trotzdem danke, Lestrate.
Wenn Du nichts gefunden hast, dann kann ich meine Bemühungen wohl abbrechen. Bin eh nicht der geborene Rechercheur.

Gruß Stordfield

Offline Shadow Ghost

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #7 am: 12.09.2011 19:38 Uhr »
Vielleicht hilft es ein bisschen weiter:

  • Im 1891 Census wird Isenschmidt als wohnhaft in 37, Chatham Road, Camberwell, geführt. Demnach lebt er zusammen mit einem 55-jährigen Metzger namens George Gayler. Seine Frau wohnt zu dieser Zeit in Islington.
  • In seinen Colney Hatch-Akten findet sich unter dem Eintrag Previous Nos. and dates: folgende Liste
    No. 13709
    4th Nov. 1902 Rec’d 11th July 1903
    10191: 24/09/1887 to 02/12/1887
    Grove Hall 24 Sept. 1888
    Banstead about 1890
    11417 15/10/1891 to 23/09/1892
    12238 03/10/1895 to 26/09/1896
    13089 05/06/1899 to 05/01/1900
(Quelle: Corey Browning, The Mind of Jakob Isenschmid, Ripperologist 118, Januar 2011


Stordfield

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #8 am: 12.09.2011 19:50 Uhr »
Auch Dir ein Dankeschön, Shadow.
Aber was bedeutet die Zeile "Grove Hall 24.Sept.1888"?

Gruß Stordfield

Offline Shadow Ghost

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #9 am: 12.09.2011 20:15 Uhr »
Damit ist das Grove Hall Lunatic Asylum in der Fairfield Road gemeint. Siehe hier http://www.mernick.org.uk//elhs/maps/bp1882.htm. (Über dem W von Bow)
Was genau das Datum betrifft, ist mir nicht bekannt; die Akten dazu scheinen verloren.

Offline Craddock

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #10 am: 12.09.2011 21:17 Uhr »
Freund Isenschmid hat es recht bunt getrieben, wie es aussieht. Hier ein Auszug aus den Colney Hatch Akten zu ihm, betreffend seinen ersten Aufenthalt vom 24. September 1887 bis zum 2. Dezember desselben Jahres:

1. Beobachtungen des Arztes, die auf Wahnsinn schließen lassen:
(Patient) behauptet, er kann eine Kirche bauen, wenn man ihm nur Zement und Schaufel gibt, behauptet, 6 Tage und 6 Nächte durchgearbeitet zu haben ohne eine Pause, sagt, er könne 2000 Ziegel pro Tag verlegen und seinen eigenen Mörtel anrühren. Behauptet, er könne mehrere Tage ohne Verpflegung auskommen. Sagt, er sollte bald Mitglied des Parlaments sein.  Drückt sich mit großer Aufgeregtheit und Gewalt aus.


2. Beobachtung, die auf Wahnsinn hinweisen, die dem Arzt von Dritten anvertraut wurden:
Mary Isenschmid (Ehefrau) - 59 Elthorne Road - Drohte an, seine Ehefrau und seine Kinder zu ermorden. Schreibt Drohbriefe an seine Nachbarn, in denen er droht, ihre Häuser anzuzünden und sie mit Vitriol zu übergießen. Verweigert häufig über mehrere Tage Nahrung. Drohte, die Queen mit Dynamit in die Luft zu sprengen.
William Tennant Stansfield (Nachbar) - Elthorne Road - Drohte Mr Stansfield zu ermorden.

Diese und auch die folgenden Akten zu späteren Anstaltsaufenthalten sind auf Casebook zu finden. Ausgegraben hat sie Lynn Cates (einer der Anhänger der irische Nationalistentheorie, die ich oben erwähnte), ins Forum gesetzt wurden sie dann von Chris Scott, der sie geordnet und in chronologische Reihenfolge gebracht hat.
Teil 1
Teil 2

Interessant ist, dass Isenschmid bei allen Einweisungen als gefährlich für andre bezeichnet wird. Ich such noch ein paar Beispiele raus, einiges davon liest sich ziemlich haarsträubend. Ein harmloser Irrer war er jedenfalls nicht, es gibt diverse Aufzeichnungen über versuchte Angriffe. Die Einweisung von 1888 findet sich dort auch, leider aber ohne Entlassungsdatum...

Bei Sugden gibts den längsten Abschnitt über Isenschmid, wenn ich mich richtig erinnere. Ich les das mal durch. Dass dort ein Datum angegeben war, bezweifle ich aber stark. Neben Abberline scheint aber auch Warren einen Narren an Isenschmid gefressen zu haben, was dessen mögliche Täterschaft betrifft. Von daher halte ich es für schwer zu glauben, dass Isenschmid vor dem Double Event entlassen wurde und die Polizei ihn dann "vergessen" haben könnte. Weder der mysteriöse Gast von Mrs Fiddymont, noch der Name Jacob Isenschmid tauchen nach Abberlines Bericht vom 19. September 1888 wieder irgendwo auf. Gut möglich, dass Isenschmid als der Mann identifiziert wurde, der von Mrs Fiddymont gesehen wurde und sich zudem Hinweise darauf ergeben haben, dass Isenschmid nicht der Täter sein konnte.

Offline Lestrade

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #11 am: 12.09.2011 21:17 Uhr »
Schön Shadow dass du es noch gefunden hast. Ich habe es übersehen. Meinte, nachdem ihn der Autor schon am 11.September 1888 in Banstead sah, dass sich genaueres hinsehen nicht mehr lohnen würde. Also danke... Aber was erzählt uns das Datum 24. September 1888 in Grove Hall?

Nachdem ich mich dann heute durch alle Irrenanstalten Englands gewunden habe, fand ich tatsächlich so etwas wie ein "Seaside Home". Und das sogar im Bereich der City Police. Das kuriose dabei ist, dass ein weiterer, uns bekannte Verdächtiger, dort zu der Zeit einmal Insasse war.
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Offline Lestrade

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #12 am: 12.09.2011 21:20 Uhr »
Achso (Nabend Craddock), Isenschmid hat auch einmal dem Nachfolger in seiner Pleitelocation eine Wagenladung tierische Eingeweide geschickt. Wenn der nicht eklig war...
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Offline Craddock

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #13 am: 12.09.2011 21:25 Uhr »
Wenn der nicht eklig war...

Absolut. Ich hab Isenschmid nie so besonders recherchiert, da er von allen Experten als Täter ausgeschlossen wird. Aber er ist in jedem Fall ein interessanter Charakter, der recht anschaulich macht, wie es in der Gegend damals zugegangen sein muss.

Und hör mal auf in Rätseln zu sprechen und uns den Mund wässrig zu machen mich dem "uns bekannten Verdächtigen, der dort zu der Zeit Insasse war". Wir wollen Namen!  :lol: :yahoo:

Offline Lestrade

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Re: Jacob Isenschmid
« Antwort #14 am: 12.09.2011 21:49 Uhr »
Naja, ist mir jetzt ´nen bißchen peinlich...

Oswald Puckeridge! Wurde am 04.August 1888 aus dem Hoxton House Asylum (wo er seit Januar 1888 gewesen war)  entlassen, als möglicher JtR verdächtigt aber in jener Periode nicht mehr gefunden.

Das Hoxton House war eine private Anstalt glaube ich und beherbergte schon länger überwiegend zur Marine/Kriegsflotte gehörende Irre. Der Schwerpunkt lag da wirklich bei Navy- Angehörige, schloß aber kriminelle Irre mit ein (siehe Puckeridge).

Zahlenbeispiel gefällig?

Von 1792-1814 gab es dort insgesamt 1852 Angehörige der "Marine", die dort behandelt wurden. Davon 1679 Seemänner und 173 Führungskräfte. Ich meine, so eine Einrichtung hätte im Volksmund schnell "Seaside Home" heißen können. Wir wissen ja, dass der Hauptverdächtige der City Police überlassen werden musste. Klar führt man heute gerne Lawende und einen möglichen City PC als Grund an oder eben einen Wohnsitz des Verdächtigen im City Police Bereich. Aber was, wenn das Seaside Home eigentlich das Hoxton Asylum gewesen war? Und man deshalb an die Kollegen abgeben musste? Und wie gesagt, immerhin können wir das mit Puckeridge in Verbindung bringen.

Hat da jemand schon mal etwas von gehört? Unsere verehrten Beggs, Fidos und Evans´ suchen doch nach diesem Seaside Home. Die müssen doch alles in der Hand gehabt haben. Fällt doch auf, wenn da ewig lang Seemänner bevorzugt behandelt wurden.
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