Autor Thema: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "  (Gelesen 16121 mal)

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Offline Isdrasil

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #15 am: 23.12.2007 13:14 Uhr »
Hi PF

Stimmt natürlich. Heutztage haben wir eine ganz andere Fahndungsqualität. Auch interessant: Etliche Mordserien werden erst aufgedeckt, nachdem ein Täter die Morde gestanden hat. Oft wird ein Mörder für eine Tat festgenommen und plötzlich kommt heraus, dass noch viel mehr ungeklärte Mordfälle auf sein Konto gehen.

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 23.12.2007 14:38 Uhr von Isdrasil »

Stordfield

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #16 am: 23.12.2007 15:18 Uhr »
Hallo !

Sicher ist das alles richtig , was Du schreibst , PF , aber wenn man so gar keinen Ermittlungsansatz hat , sind eben auch Wahrscheinlichkeiten wichtig . Ich bin der Meinung , daß in absehbarer Zeit , die Auswertung von MO und Handschrift noch eine größe Bedeutung zukommt . Heute stecken wir auf diesem Gebiet ja noch in den Kinderschuhen . ( Isdrasil kann uns sicher genau sagen , seit wann sich die deutsche Polizei damit befaßt . Es ist ja noch gar nicht so lange her , daß sein Freund Harbort sich dem Thema verschrieben hat .)

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #17 am: 23.12.2007 17:16 Uhr »
Hi

"Mein Freund Harbort"  :icon_mrgreen:

Liegt vielleicht auch ein wenig daran, dass Harbort neben Thomas Müller einer der sehr wenigen Menschen ist, die sich im deutschsprachigen Raum mit Auswertungen von Serienmorden beschäftigen. Und da mir Müllers Schreibstil nicht gerade gelegen ist, bleibt eben nur noch einer übrig... :icon_wink:

Fakt ist, dass Harbort der erste war, der die Serienmorde im deutschen Raum aufschlüsselte und nach Wahrscheinlichkeiten (Beruf des Täters, Bildung, Tatorte) und der dahinterstehenden Psychologie auswertete. Er fing etwa 1996 damit an und und verfasste 2002 sein erstes Buch zu dem Thema - soweit ich das jetzt weiss. Davor gab es, obwohl das Phänomen Serienmord schon lange bekannt war, keine Auswertung der betreffenden Fälle. Serienmord war in Deutschland ein unerforschtes Gebiet. Die Vorreiterstellung nahm die USA ein, die schon etwas länger Serienmordforschung betreiben, allen voran Douglas - dessen Aussagen jedoch auch von Harbort kritisch hinterfragt werden und in Frage gestellt werden (Beispiel mit der Signatur - Harbort stellte die gleichbleibende Signatur in Frage und nahm dabei Bezug auf einzelne Tätertypen).

@PF nochmal

Sicher kann die Täterpsychologie keine Allzweckwaffe sein, Täter werden oft durch völlig andere Dinge überführt - nämlich Beweise, wie du schon gesagt hast. Ein zutreffendes Profil ist kein Beweis. Aber ein zutreffendes Profil, basierend auf Erfahrungswerten, kann durchaus hilfreich sein. Wo wären wir denn ohne Profiling? Im einfachsten Sinne bedeutet es doch, festzustellen, ob zum Beispiel eine Täter-Opfer-Beziehung existiert. Wenn man Anhaltspunkte hat, den Ehemann zu verdächtigen, warum sollte man diesem Verdacht nicht nachgehen? Und das ist doch Profiling im rudimentärsten Sinne - anhand von bestimmten Merkmalen zu versuchen, den Täterkreis einzuschränken.
Dazu zählt eben auch die Signatur, auch wenn sie kein Allheilmittel ist - und keine Garantie.

Und es ist halt einfach ein spannendes Thema. Es ist einfach unheimlich interessant, den Ripperfall mithilfe solcher Mittel zu durchleuchten. Finde ich zumindest  :icon_aetsch:

Grüße, Isdrasil


Offline Pathfinder

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #18 am: 23.12.2007 18:17 Uhr »
kannst schon recht haben, aber habort untesuchte doch wohl (meisten) gelöste fälle und m nachhinein ist dies nicht unbedingt schwer, im gegensatz zu einen ungelösten fall.

es ist schon wichtig erkenntnisse zu finden, doch dies ist nun mal schwierig und man bekommt aufgrund seiner ermittelten wahrscheinlichkeiten nicht immer ein positives ergebnis, für mich taugt das dann eher als studie um nicht böse zu behaupten, da kann man genausogut pendeln oder ein medium anrufen  :icon_wink:
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Offline Isdrasil

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #19 am: 23.12.2007 19:30 Uhr »
Hi

Ich weiß schon, was Du meinst, aber ich sehe das eben ein wenig anders. :icon_wink:

Gehen wir doch mal einen Fall durch: Du hast einen Mord und stellst am Tatort DNS-Spuren sicher, die vom Täter stammen müssen. Womit vergleichst Du diese DNS-Spuren nun? Wo suchst Du? Ist doch klar: Du versuchst, dem Täter ein Gesicht zu geben, Wahrscheinlichkeiten abzuwägen, Spuren zu deuten...und in dieser Richtung suchst Du dann den Verdächtigen - oder vergleichst die Spuren mit bereits einschlägig vorbestraften Tätern, die in das Schema passen. Du brauchst diese Einschränkung und Erfahrungswerte, um zu einem Ergebnis zu kommen und die Ermittlungen erst einmal zum Laufen zu bringen.
Welche Rolle dabei die Auswertungen von Harbort und die Kriminalpsychologie spielen? Ganz einfach: Du stellst fest, dass schon einmal vor einem Jahr ein ähnlicher Fall statttfand. Das Profil und die Signatur des Täters von damals stimmen mit der aktuellen Tat überein. Du vergleichst die DNS-Spuren beider Morde - Bingo! Ein Serientäter!

-> Die DNS-Analyse hat zwar erst die Gewissheit gebracht - doch dass es überhaupt zu einem Vergleich gekommen ist, das ist den Erfahrungswerten und der Kriminalpsychologie zu verdanken.

So sehe ich das zumindest. Ich bezeichne die Arbeit von Harbort ja nicht als Wundermittel. Aber sie wird in naher Zukunft, da stimme ich mit Stordfield überein, eine wesentliche Rolle spielen. Ich habe auch gelesen, dass diese Auswertungen derzeit in das sogenannte VISCAL-System (hieß das so? Bin mir gerade nicht so sicher...)eingespeist werden und diese Prozedur in den nächsten Jahren ein Ende haben wird. Dieses System wird dann durch irgendwelche Parameter in der Lage sein, bundesweit Morde zu vergleichen. Dies soll die Korrespondenz zwischen den einzelnen Bundesländern ermöglichen und möglicherweise landesübergreifende Serientäter besser erkennbar machen. Die Polizei arbeitet also bereits mit diesen Dingen.

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 23.12.2007 19:45 Uhr von Isdrasil »

Offline Pathfinder

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #20 am: 23.12.2007 20:06 Uhr »

nein, bitte nicht falsch verstehen, das wird schon alles sinn machen, ansonsten würde das profiling allgemein ja nicht verwendet werden. denke mal, dass die ermittler und profiler da viel schlauer sind wie ich und ich respektiere ihre arbeit. doch als du in deinem post geschreiben hast, das mo und signatur veränderbar sind, also auf deutsch gesagt, eine option für "alles ist möglich und nichts ist sicher", da habe ich mich natürlich gefragt, was bringt das ganze denn ? aber es ist ja schon richtig, dass eine signatur und der mo sich eben bei einem serientäter nicht oder kaum ändern könnte, da kann man dann schon herausfinden, dass mit einer ziemlichen wahrscheinlichkeit, die tat von ein und dem selben täter stammen ist. also macht es ja doch sinn und ich gönne dir ja harbort  :icon_wink:
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Offline Isdrasil

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #21 am: 23.12.2007 22:36 Uhr »
Hi PF,

ja, vielleicht habe ich das auch wieder ein wenig falsch rübergebracht. Die Signatur kann sich zwar ändern, wenn sich die Fantasie weiterentwickelt. Aber die Betonung liegt auf "weiterentwickelt". Das heißt ja nicht, dass sich alles komplett ändert, sondern das die Grundfantasie gleichbleibt, sich aber eben ein paar Facetten mehr entwickeln - zum Beispiel. Ich kenn mich da doch auch nicht aus, ich wollte eben nur auf meiner Laienebene rüberbringen, dass sich auch die Signatur verändern kann - aber der Täter trotzdem für einen extrem geschulten Kriminalpsychologen erkennbar bleibt. Das sehen wir ja bei Kelly - viele sehen sie als Ripperopfer, weil der "Kern" der Signatur doch irgendwie mit den anderen Opfern vergleichbar ist. Ich denke, du verstehst, was ich meine. Ich wollte ja nix erzählen, nur eben rüberbringen, was ich gelesen habe und wie ich es verstanden habe  :icon_wink:

Schön, das wir pünktlich zum Fest der Liebe einen gemeinsamen Nenner gefunden haben  :SM010:

Grüße, Isdrasil

Offline Pathfinder

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #22 am: 24.12.2007 08:49 Uhr »

hallo isdrasil,

du hast es für mich schon gut rüber gebracht, wenn auch etwas laienhaft  :icon_mrgreen:

nein spaß beiseite, ich habe es schon so verstanden, doch es war für mich halt ""frustrierend, dass man wie ich oben schon geschrieben habe, alles ist möglich und nichts ist sicher, aber davon geht die welt ja hoffentlich nicht gleich unter  :icon_lol:

also lass dich von mir nicht davon abringen harbot`schen erkenntnisse hier zu veröffentlichen, sie sind immer interessant.
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Offline Isdrasil

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #23 am: 26.12.2007 22:28 Uhr »
Hi PF,

Ja, die Frustration. Die spüre ich auch sehr oft, wenn ich solche Bücher lese...im Endeffekt ist wirklich alles sehr ungewiss und dadurch auch alles möglich - oder unmöglich, wie man eben gerade drauf ist.
Ich finde es trotz der Wertschätzung meines "Freundes Harbort" auch ein wenig schade, dass es nicht noch mehr Lehrmeinungen oder Auswertungen anderer Kriminologen gibt. Gut, die gibt es bestimmt, aber so wie ich den Markt überblicke, sind eben die Bücher von ihm einem sehr breiten Publikum zugänglich - während andere womöglich auch sehr gute Kriminalisten ein Schattendasein fristen (wer dennoch einige Autoren empfehlen kann - nur her damit!). Es wäre auch interessant zu wissen, ob sich die Serienmörder in den Staaten tatsächlich so vehement von den europäischen unterscheiden (bleibt wohl eher zu Recht fragwürdig) oder Douglas und Co. doch nicht so sauber gearbeitet haben (könnte schon eher sein), denn Harbort stellt besonders in "Phänomen Serienkiller" die Erkenntisse des FBI und seiner Profiler sehr kritisch in Frage, belegt seine Aussagen mit Beispielen und liefert ein wesentlich komplexeres Bild von Tätern, als man es bisher gewohnt war. Es steckt eben wirklich noch alles in den Kinderschuhen.

Aber die Erkenntnis, das nichts so einfach ist und die Opfer oft nicht einfach mal so nach bestimmten Merkmalen selektiert werden können, liegt auch mir manchmal schwer im Magen. Es spielt so viel eine Rolle, und irgendwie lässt sich in meinen Augen im Ripperfall ein passendes Szenario für jedes Opfer finden, welches sogar noch einem bestimmten Tätertypus treu bleibt.
Ich habe auch eine kleine Harbort-Overdose, ehrlich gesagt, habe drei Bücher von ihm in Reihe gelesen und gehe mir selbst schon ein wenig auf die Nerven damit - freue mich mal wieder auf ein gutes Ripperbuch. Aber ich bin mir sicher, ich werde es nun mit anderen Augen lesen - noch dazu, wo ich zur Zeit tatsächlich an die "Kanonischen Sechs" glaube...Stephan, was hast Du nur getan!  :icon_mrgreen: :icon_wink:

Grüße, Isdrasil

Stordfield

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #24 am: 26.12.2007 22:48 Uhr »
Hallo !

Ich habe vom Weinachtsmann neun ( 9 ! ) Bücher zum Thema Serienmörder bekommen , darunter auch alle Veröffentlichungen von Harbort .
Was meinst Du , Isdrasil , mit den " kanonischen Sechs "? Bist Du jetzt auch der Meinung , daß M. Tabram  das erste Opfer war ?

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: modus operandi ( MO ) und " Handschrift "
« Antwort #25 am: 26.12.2007 22:57 Uhr »
Hi Stordie

Na, dann mal Daumen hoch für die Geschenke  :icon_thumb:
Neun Bücher....Respekt, da hast Du ja erstmal genug zu tun!  :icon_wink:

Ja, ich glaube an Tabram als Ripperopfer. Tabram ist in meinen Augen ein überzeugendes Erstopfer als Übergang vom relativ "harmlosen" Raubtäter zum Serienmörder - der (Affekt-) Mord, durch den der bisher nur durch kleinere Delikte aufgefallene Täter die Hemmschwelle zum Morden übertrat. Der Mord, bei dem die Fantasien des Täters noch keinen konkreten Ausdruck gefunden haben. Irgendwie passt das zusammen, finde ich.

Grüße, Isdrasil