Dieser kurze Zeitraum in der die Mordserie stattfand, also die kanonischen fünf von Nichols bis Kelly bzw. sechs von Tabram bis Kelly als auch der Double Event plus das kleine Gebiet in denen sie stattfanden, sagt meiner Meinung nach sehr viel über den Täter aus. Der Zwang zu töten und zu verstümmeln mit einem derartigen Risikoverhalten, kann nur für einen Täter stehen, der emotional explodierte. Da hatte sich über Jahre so viel angestaut und als er eine Grenze überschritt, an irgendeinem Zeitpunkt, brach dieser Sturm los. Die erste richtige Tötung können daher, für mich, nur Tabram oder Nichols sein. Dennoch sehe ich Emma Smith schon in der Reihe der möglichen Ripper Opfer. das Problem ist jedoch, dass Sie behauptete von einer Gang angegriffen worden zu sein. Das kann eine Ausrede gewesen sein oder aber, Jack the Ripper gehörte zu dieser Gang, bevor er zum Einzeltäter mutierte. Die Frage ist, wäre das möglich? Diese Art von Täter wie Jack the Ripper sind sozial isoliert, jedoch denke ich, unter bestimmten Voraussetzungen (das East End), die vielen Pubs und Alkohol, dass er durchaus gewisse Kontakte gepflegt haben könnte. Zumindest zeitweise. Desweiterin wissen wir ja nicht, welche "Rolle" dieser Täter in seinem sozialen Umfeld gespielt hatte. Es wäre durchaus möglich, dass er durch Familie und Freunde auch eine Person gewesen war, der man Schutz zukommen ließ. Das hängt einfach von den gegebenen Strukturen ab. Er hätte in einer Art Gang der Außenseiter gewesen sein können, den man gar für harmlos hielt ohne zu ahnen, was hinter dieser Fassade tatsächlich brodelte.
Das es Prostituierte gab, die Glück hatten, davon bin ich überzeugt. Der Double Event Stride/ Eddowes war vielleicht auch gar nicht einzigartig, wie wir vielleicht an Haynes/ Smith als auch an Walker/ Chapman sehen können. Ich kann den Fall mit Emily Walker nicht richtig einschätzen. Malvina Haynes konnte sich an nichts erinnern. Annie Millwood, die in der gegenüberliegenden Straße der Dorset Street im Februar 1888 attackiert wurde, lebte danach auch nicht mehr lange. Von Millwood, Haynes, Smith und Walker hätte nur Walker noch jemanden idendifizieren können. Smith und Millwood waren bereits verstorben, Haynes hatte keine Erinnerung mehr. Was aus Ada Wilson wurde, weiß ich jetzt gerade nicht.
Interessant ist jedoch eine Liste, die Swanson führte. Er muss diese Liste irgendwann zwischen Juli 1889 und Januar 1891 angefertigt haben. Er listete zunächst als Mordopfer Smith, Tabram, Nichols, Chapman, Stride, Eddowes, Kelly und Mackenzie auf und als weitere Möglichkeiten, Farmer und Mylett. Später fügte er zu den Opfern Coles dazu, vermerkte jedoch mit der Nummerierung 1-7 nur die Morde von Smith bis Kelly. Keine Nummerierung für Mackenzie und Coles. Warum er das so tat, weiß ich nicht und gerade Smith zu nummerieren, finde ich bemerkenswert. Keine Erwähnung von Millwood, Wilson, Haynes oder Walker. Sein Boss Anderson erklärte den Mord an Mackenzie als Nachahmungstat, den Fall Mylett als Unfall. Da Anderson überzeugt war, dass "Kosminski" der Täter war, würde das Swanson´s Nummerierung verständicher machen. Warum Swanson jedoch nachträglich noch Coles hunzufügte, bleibt mir ein Rätsel. "Kosminski" war gerade nach Colney Hatch gekommen, als Coles ermordet wurde und es gab mit Sadler einen ernsthaften Verdächtigen für diesen Mord. Swanson selber notierte, dass "Kosminski" wusste, dass er identifiziert wurde. Den Aussagen seiner Familie zur folge, war er auch überzeugt, den Täter identifiziert zu haben. Man könnte meinen, Swanson war ein typischer und korrekter Beamter, der alles notierte, was nach einem Ripper Mord aussah. Und das rein der Ordnung halber. Wir kenne ja auch alle heute noch die "Sprache" der Polizei. Sein Kollege Macnaghten hingegen sprach nur von "nur fünf Opfern Jack the Rippers, die von Nichols bis Kelly". War Ada Wilson noch auffindbar, hätte sie sicherlich zur Identifikation von "Kosminski" gemusst aber fand das tatsächlich statt? Wie wäre das mit Walker gewesen?
Swanson´s Liste, Post 8, panopticon:
http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1078.0.htmlMöglicherweise war die Beweislage zu den Fällen Millwood, Wilson, Haynes und Walker zu schwach um ein wirkliches Resüme zu ziehen, aus welchen Gründen auch immer. Bei Smith war das vielleicht anders.
Die Tötungs- und Verstümmelungsfantasien waren sicherlich ein langjähriger Prozess, bis es dann zu diesem fatalen Ausbruch kam. Vor diesem Ausbruch, muss dieser Täter bereits eindeutige Anzeichen gezeigt haben. Dabei finde ich spannend, wen Sagar beobachtet hatte. Einen Schlachter in der Butchers Row, der offenbar große mentale Probleme zeigte und dessen Freunde es für klug hielten, ihn einer Anstalt zu übergeben. Sagar war überzeugt, dass dieser Mann Jack the Ripper war, es jedoch unmöglich war, ihn zu identifizieren. Ein Typ wie Jack the Ripper könnte, bevor er letztendlich richtig zuschlug, Arbeit in diesem Bereich gesucht und gefunden haben. Hier hätte er töten und ausnehmen können und Kollegen, die ihn dabei beobachteten, hätten gesehen, mit welcher Freude und Eifer er das tat. Das wäre nicht nur ein Job für ihn gewesen sondern eine Berufung. Hierbei hätte er sich für seine Phantasien richtig fit machen können und zum ersten "richtigen" Mord mit schnell töten und verstümmeln wäre es nur noch ein kleiner Schritt gewesen. Ich denke, dass Sagar den wahren Jack the Ripper observierte. Das Jack the Ripper eine Anstellung als Schlachter um die Zeit des Tabram Mordes suchte, halte ich für sehr wahrscheinlich. Wir wissen ja auch, dass es an den Tatorten Bucks Row und Hanbury Street Schlachthöfe gab.
Mrs. Richardson´s Statement/ Hanbury Street:
"The only possible clue that I can think of is that Mr. Thompson's wife met a man about a month ago lying on the stairs. This was about four o'clock in the morning. He looked like a Jew; and spoke with a foreign accent. When asked what he was doing there, he replied that he was waiting to do a 'doss' before the market opened. He slept on the stairs that night, and I believe he has slept on the stairs on other nights. Mrs. Thompson is certain she could recognise the man again, both by his personal appearance and his peculiar voice. The police have taken a full and careful description of this man." Außerhalb dieser Tätigkeit und außerhalb bzw. vor der eigentlichen Mordserie, hätte er seine Vorstellungen kompensieren müssen. Dazu passen Tierquälerei bzw. Tiertötung als auch das Drangsalieren von Prostituierten. Raub mit Bedrohung und das mit einem Messer, Schlagen und Einschüchterungen. Die Attacken auf den Unterleib, wie in den Fällen von Millwood und Smith passen gut zu diesem Typ Täter. Das könnte ein Zeichen für einen Täter sein, der noch nicht ganz wusste, wie er seine Phantasien umsetzen soll. Der Tatort 8 White´s Row im Falle Millwood lag ja im Prinzip parallel des Kelly Tatortes in der Dorset Street, nur getrennt durch die Häuserreihe. Zeitlich, so meine ich, passen die Attacken an Millwood, Wilson und Smith gut in das Raster eines solchen Täters, bevor es zum wahren Ausbruch kommt. Wilson lag natürlich etwas vom Zentrum der Verbrechen weg aber auch nicht so weit vom Tatort Bucks Row (Nichols, ca 1km, glaube ich) und aus der Richtung kam damals ja auch Smith. Es gibt jedoch eine Pause zwischen dem Frühjahr 1888 und dem Mord an Tabram Anfang August 1888. Aber auch das passt zu solch einem Mann, denn er könnte durchaus in stationärer Behandlung in der Zwischenzeit gewesen sein. Ich glaube es war Sims oder Griffith die über "Kosminski" sagten, dass er während des Herbstes 1888 auf freiem Fuss war. Das klingt nach jemanden, der vor der Serie als auch danach in bestimmten Einrichtungen Aufnahme fand.
http://www.casebook.org/press_reports/echo/18880911.html :
"It appears that a man answering the description of "Leather Apron" was recently an in-patient of the Jewish Convalescent Home in Norwood, recovering from a very severe carbuncle in the neck. The man stated that he had been previously treated at the Paddington Infirmary."