Autor Thema: Matthew Packer und die Providence Street!  (Gelesen 12349 mal)

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Offline Lestrade

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Matthew Packer und die Providence Street!
« am: 11.02.2013 13:06 Uhr »
Matthew Packer, 04. Oktober 1888:

“Am Sa. Abend ( Anm.:29. September 1888) um 23.00 Uhr, ein junger Mann von 25 bis 30, 1,70m, mit langem, zugeknöpften schwarzen Mantel, elastischer Filzhut, eine Art Yankee Hut, ziemlich breite Schultern, ziemlich schnell im Sprechen, raue Stimme
Ich schätze ihn als jungen ´Angestellten´ ein
Er hatte einen Gehrock an – keine Handschuhe
Er war mit ca. 2-8 cm – ein bisschen größer als sie es war“


Matthew Packer, 20 Oktober 1888:

“Mr. Packer war eher zurückhaltend außer wenn man nachfragte, wo seiner Meinung nach der Mörder wohne - den er mehrmals vor der verhängnisvollen Nacht gesehen hatte – bemerkte er, ´in der nächsten Straße´."

Matthew Packer, um den 31. Oktober 1888:

“Packer behauptete, er hatte den Mann vor dem Mord öfters gesehen aber nicht mehr seit dieser Begebenheit“ (Anm.: Begebenheit=Packer sah den Mann zu diesem Zeitpunkt erneut wieder)
“Packer äußerte die Meinung, dass der Mörder nicht weit von Batty Street wohne“


Die Providence Street 25 war im Herbst 1888 der Wohnort von Woolf Abrahams. Sein 23jähriger Bruder Aaron Kozminski, könnte zu dieser Zeit bei ihm gelebt haben. Matthew Packer lebte in der Berner Street 44, neben dem Dutfields Yard, dem Stride Tatort. Sein Wohnort, die Berner Street 44, lag genauso weit von der Providence Street entfernt, wie die Batty Street 22 (Fundort eines blutigen Hemdes), die parallel gegenüber der Berner Street lag. Die Providence Street 25 lag von beiden Adressen nur wenige Meter und Augenblicke entfernt. Warum Packer unbedingt auf den Fundort des blutigen Hemdes (Batty Street 22) und zweimal auf eine Straße “nicht weit von der Batty Street“ bzw. “in der nächsten Straße“ (Providence Street?) hinweisen wollte, möchte ich in den kommende Tagen, in einem sehr aufschlussreichen Faden, der über die Ereignisse in der Batty Street erzählen wird, detailliert berichten. 

Freut euch auf einige bisher nicht so bekannte bzw. ungeklärte Fakten zu diesem Thema.

Es wird sehr spannend!
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Stordfield

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Re: Matthew Packer und die Providence Street!
« Antwort #1 am: 11.02.2013 19:26 Uhr »
Hallo Lestrade!

Da freue ich mich drauf!!!
Ich finde sowieso, dass der gute alte Packer bisher viel zu glimpflich davon gekommen ist.

Gruß Stordfield

Offline Lestrade

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Re: Matthew Packer und die Providence Street!
« Antwort #2 am: 11.02.2013 20:14 Uhr »
Hallo Stordfield,

Nicht nur das Matthew Packer diese Aussagen machte, in gewisser Weise bestätigt er, die zur gleichen Zeit geäußerten Angaben von Frau Kuer, der Vermieterin (und Wäscherin) aus der Batty Street.

Beide Zeugen und die gesicherten Angaben darüber, belasten die Historie der Kozminski Familie schwer. Es scheint möglich, dass die Brüder Isaac und/oder Woolf Abrahams, sowie Aaron Kozminski im Oktober 1888 in das Visier der Ermittler gerieten und auch zu Befragungen in Gewahrsam genommen worden waren.

Dazu jedoch mehr die nächsten Tage im entsprechenden Faden.

Btw.:

Zu Packer, der laut eines Reporters von der Polizei sehr ernst genommen wurde und der Frage zum Aufenthalt des Rippers “in der nächsten Straße“:

“Es wird davon ausgegangen, dass er nicht viel falsch mit seiner Vermutung liegt aber die Polizei sieht es nicht als gescheit an, zu erörtern, welche Schritte in der Angelegenheit unternommen werden.“

Annie Tapper, eine Polin, in 1888 9 Jahre alt, hatte bei Packer “mit angepackt“. Sie erzählte Tom Cullen über 70 Jahre später bezüglich eines Mannes folgendes:

“Er war groß und dunkel, ausländisch aussehend würde ich sagen, mit einem schwarzen, spitz zulaufenden Bart. Ich könnte dafür aber nicht die Farbe seiner Augen sagen, denn er hielt seinen Blick nach unten. Aber er trug einen Bobtail- Mantel mit gestreifter Hose und er trug eine Reisetasche… Er sah aus, als wäre er für eine Hochzeit angezogen, nur dass er keinen Zylinder hatte."

Beste Grüße, Lestrade.
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Andromeda1933

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Re: Matthew Packer und die Providence Street!
« Antwort #3 am: 12.02.2013 08:25 Uhr »
Habe mein Cullen Buch ist immer noch nicht zurück bekommen, deshalb kann ich ihn nicht präzise zitieren. Aber ich erinnere mich, dass die damals kleine Annie Tapper von dem Mann etwas vom Wechselgeld bekam und sich für die Hälfte davon im Laden Rotkraut kaufte und es auf der Stelle aufaß. Sie beschrieb Cullen noch, sie fühlte sich, als gäbe es auf der Welt nicht schöneres mehr. Was für eine verdammte Armut muss es gewesen sein dort im East End!

Offline Lestrade

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Re: Matthew Packer und die Providence Street!
« Antwort #4 am: 12.02.2013 10:03 Uhr »
Mein Cullen-Buch muss von einem Psychopathen stammen, ständig sind das Wort “Mord“ und “Jack the Ripper“ unterstrichen.

“Ich kaufte mir für einen halben Penny Rotkohl und für einen halben Penny Chips und setzte mich sofort hin und aß sie auf“

“Damals dachte ich, dass es im Himmel keine größeren Freuden geben könnte“


Cullen meinte jedoch, sie müsse damals schon 12 Jahre alt  gewesen sein. Annie Tapper war eine geborene Silberman, also hieß sie, als sie am Ladenfenster von Packer die Trauben verkaufte, Annie Silberman. Der Vater war Uhrmacher.

“Almira waren es, diese blaßgrünen“, so Frau Tapper zu den verkauften Trauben.

Interessant ist jedoch, dass Packer behauptete Stride, als auch den Begleiter (aus der Nachbarschaft, “nebenan“, “unweit der Batty Street“), vom sehen her zu kennen. Dass man ihm zuerst im Leichenschauhaus Eddowes zeigte und er nicht darauf hineinfiel, eher er dann Stride wiedererkannte, spricht für ihn. 

Sicher bin ich mir nicht, ob er sich so gut an die genauen Umstände erinnern konnte. Er durfte ja nicht davon ausgehen, dass man kurze Zeit neben seinem Geschäft, eine Leiche finden würde und auch noch eine zweite Frau in jener Nacht ermordet werden sollte. Er sah Stride, dass glaube ich ihm gerne aber welche Männer vor seinem Fenster erschienen oder mit Stride gegenüber in´s Gespräch kamen oder einfach so abhingen oder gar mit ihr gemeinsam vor dem Verkaufsfenster erschienen, wie wollte er das so genau auf die Reihe kriegen? Er sah vielleicht jemanden (der ihm suspekt war), von dem er gewohnt war, ihn hin- und wieder zu erblicken, weil dieser mit Sicherheit, oder seiner eigenen Schlussfolgerung nach, in der Nachbarschaft leben müsse. Packer dürfte mit Sicherheit die Information erreicht haben, dass Frau Kuer, nebenan in der Batty Street, ein blutiges Hemd zum Waschen bekam. Dieses Hemd gehörte, laut Frau Kuer, jemanden “der um die Ecke lebte“. Gebracht wurde es allerdings von jemand, der häufiger erschien, allerdings ein paar hundert Meter entfernt von der Berner Street wohnte.

Eine Polizeiinformation zum Wäschebringer:

“wäre ein Ausländer, der bekanntermaßen innerhalb eines Radius von ein paar hundert Metern Entfernung von der Berner-Street Tragödie lebe“

Der Reporter über Packer und die Einschätzung der Polizei:

“dass er nicht viel falsch mit seiner Vermutung liegt“

"Nicht viel falsch", dürfte als ziemlich richtig interpretiert werden. Inspektor Reid meinte übrigens, dass der mögliche Ripper unweit der Berner Street gelebt haben muss.

Fakt ist, die Polizei beobachtete für eine Weile ein Haus in genau dieser Gegend des East End. Und das schon im Oktober 1888, zur Zeit der House-to-house Befragungen. Hinweise zu ca. 300 Personen wurden nachgegangen, die Polizeiarbeit lief auf Hochtouren aber ganz besonders eine Ermittlung, schien eine heiße Spur zu sein. Die Polizei versuchte die Zeugen dahingehend zu impfen, nichts zu sagen, besonders der Presse keine Informationen zu geben. Sehr wahrscheinlich versuchte die Polizei, die Presse mit der Charles Ludwig- Geschichte auf die falsche Fährte zu bringen.   

Sir Robert Anderson verwies bekanntermaßen darauf, dass die House-to-house Ermittlungen, den wahren Täter an´s Tageslicht brachten. Wir wissen, dass er damit die Person meinte, die Swanson als auch Macnaghten nannten, “Kosminski“. Dieser lebte "im Haus seines Bruders".

Fakt ist, Woolf Abrahams lebte “nebenan“, “unweit der Batty Street“, “um die Ecke“.
Fakt ist, sein Bruder Isaac Abrahams lebte 300 Meter entfernt vom Tatort Berner Street, “innerhalb eines Radius von ein paar hundert Metern“.
Fakt ist, Aaron Kozminski lebte abwechselnd bei seinen Brüdern Isaac und Woolf Abrahams.

Sir Robert Anderson:

“der Kommen und gehen und unbemerkt seine Blut-Flecken loswerden konnte.“

Meinte Anderson damit die Ereignisse rund um das Haus von Frau Kuer in der Batty Street?

Woolf und Isaac führten Geschäfte, die sicherlich Feiertags oder an Wochenendtagen nicht belegt waren.



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Thorsten

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Re: Matthew Packer und die Providence Street!
« Antwort #5 am: 14.01.2014 22:08 Uhr »
Tach auch.


Interessant ist jedoch, dass Packer behauptete Stride, als auch den Begleiter (aus der Nachbarschaft, “nebenan“, “unweit der Batty Street“), vom sehen her zu kennen. Dass man ihm zuerst im Leichenschauhaus Eddowes zeigte und er nicht darauf hineinfiel, eher er dann Stride wiedererkannte, spricht für ihn. 

Wo und wann hat Packer dies behauptet? Wo hast Du das gelesen?
Wie sah denn dieser in der Nachbarschaft lebende Begleiter aus?
Wenn Packer die Leute wirklich vom sehen kannte, warum sind denn durch die polizeilichen Ermittlungen keine Namen bekannt worden?

Offline Lestrade

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Re: Matthew Packer und die Providence Street!
« Antwort #6 am: 15.01.2014 00:03 Uhr »
Hallo!

Evening News, 20. Oktober 1888:

"The police called on Mr. Packer, of 44, Berner-street, yesterday morning. Mr. Packer, when asked his opinion as to where the murderer lodged - for he had seen him several times before the fatal night - remarked, "In the next street." It is considered he is not far wrong in his conjecture; but the police do not deem it prudent to say what steps are being taken in the matter."

Evening News, 31. Oktober 1888:

“He alleges that he had often seen the man before the murder, as well as the woman who was murdered in Berner-street, but he had not seen any one resembling the man since the murder till he saw him again last Saturday night”

"Between seven and eight o'clock, on Saturday evening last, I was standing with my barrow at the corner of Greenfield-street, Commercial-road, when I saw a man pass by on the opposite side of Greenfield-street, near the watchmaker's shop. I recognized him in a minute as the man I had seen outside my shop on the night when Elizabeth Stride was murdered in Berner-street. It was the man who bought the grapes and gave them to the woman that was afterwards found murdered in the yard. I shall never forget his face, and should know him again amongst a thousand men."

Wer alles in der Greenfield Street wohnte, muss ich Dir eigentlich nicht sagen. Ein Bruder und die Schwester von Aaron Kozminski, nämlich Isaac Abrahams und Matilda Lubnowski.

Birmingham Daily Post, 14 September 1889:

"Shortly after the commission of the murder preceding the Pinchin Street discovery Packer again expressed an opinion that the criminal did not live "very far from Batty Street," which is within three minutes walk of the railway arch."
Das habe ich vor ein paar Tagen im JTRForums gelesen. Ich denke, dass der dortige User mit Shadow Ghost (übrigens große Klasse!!! :good:) identisch ist. Mit dem Artikel ist ganz bestimmt Frau Kuer (als weitere wichtige “Zeugin“ neben Packer aus der Batty Street) und der Vorfall mit der blutigen Wäsche gemeint:

Luxemburger Wort,17 Oktober 1890:
 
"London, 11 Okt. Der Vorsitzende des Wachsamkeits-Ausfchusses welcher sich in Whitechapel nach den ersten Mordthaten „Jack des Aufschlitzers" gebildet hatte, macht in den Zeitungen bekannt, daß letzter Tage ihm eine Frau mitgetheilt habe, daß vor zwei Jahren ein junger Mann bei ihr wohnte, dessen blutbedeckte Effekten und sonstiges Gebahren in ihr keinen Zweifel übrig gelassen hätten, daß ihr früherer Miethsmann der Frauenmörder gewesen sei. Sie würde diese Aussagen früher gemacht haben, wenn nicht die Furcht in Ungelegenheiten zu gerathen, sie daran gehindert hätte. Die ganze Erzählung klingt etwas unwahrscheinlich und die Veröffentlichung derselben in der Presse wird jedenfalls nicht dazu beitragen, die Verhaftung des Mörders zu erleichtern."

Ein junger Mann war Aaron Kozminski, er wurde während des 1888er Herbstes 23 Jahre jung. "In the next street." und did not live "very far from Batty Street," könnte zum Wohnort des anderen Bruders (Woolf Abrahams) passen, nämlich der Providence Street, die man durchaus als Verlängerung der Batty Street (Frau Kuer und die blutige Wäsche ansehen kann).

“Thorsten der Neue“!!! Merkwürdig ist, dass Du das gleiche Alter wie Stordfield hast und auch aus Rostock stammst. Auch deine Mail- Adresse stimmt mit Stordfield überein, der unter “Stordfield“ auch mit jener Adresse in der Hansa Rostock Community unterwegs ist bzw. mit einer Abwandlung seines Wohnortes Mittelkalbach. Der Schreibstil ist auch identisch. Ist das jetzt ein Re-start oder so etwas Ähnliches? Wenn es für Dich okay ist, dann bitte, sag ich halt Thorsten aber ein wenig irritierend ist das schon. Ist denn alles okay bei Dir?  
« Letzte Änderung: 15.01.2014 00:27 Uhr von Lestrade »
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