Autor Thema: The "City Police Suspect/s"  (Gelesen 19116 mal)

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Offline panopticon

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Re: The "City Police Suspect/s"
« Antwort #15 am: 15.12.2009 17:04 Uhr »
Sehr gute Idee, Shadow Ghost!  :icon_thumb:

Gleichzeitig sagt Sagar ja aus, dass sein Verdächtiger in eine private Anstalt kam – Da es sich hier eventuell um ein und den selben Verdächtigen handeln könnte, müssten wir vorerst mal nach privaten Anstalten in Surrey suchen.

Generell habe ich nach der ersten schnellen (allgemeinen) Online-Suche mal folgende Einrichtungen (Surrey County Lunatic Asylums) gefunden, in wie weit die öffentlich oder privat waren, konnte ich bisher jedoch noch nicht genau eruieren:

1. Springfield Hospital (ursprünglich  "Springfield Asylum", 1860 – heute, nur noch teilweise benutzt): http://en.wikipedia.org/wiki/Springfield_Hospital

2. Brookwood Hospital (ursprünglich "Brookwood Asylum", 1867 – 1994) : http://en.wikipedia.org/wiki/Brookwood_Hospital

3. Cane Hill (1882 – 1991): http://en.wikipedia.org/wiki/Cane_Hill


Natürlich könnte sich Cox auch geirrt haben, was den Ort der Anstalt betrifft, bzw Sagar, bezüglich seines Hinweises "private"....
Weiß jemand, ob bestimmte Verdächtige irgendwann zumindest kurzfristig in einem Asylum in Surrey waren?


Grüße,
panopticon

Offline Shadow Ghost

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Re: The "City Police Suspect/s"
« Antwort #16 am: 15.12.2009 21:05 Uhr »
Da hast Du deutlich gründlicher gesucht als ich, super  :icon_thumb: Sollte man nicht meinen, dass es in einem County so viele Einrichtungen gibt.

Ich vermute mal, dass eine private Einrichtung ziemlich teuer gewesen sein dürfte (ist ja heutzutage auch nicht anders). Dies würde bedeuten, dass die Verwandten des Verdächtigen oder selbst vermögend gewesen sein dürften; das wäre bei einem Ladenbesitzer in der Butcher's Row möglich. Cox schrieb hierzu:
  • He occupied several shops in the East End
  • We had the use of a house opposite the shop of the man we suspected
  • When darkness set I saw him come forth from the door of his little shop
  • Back to the street he had left where he disappeared into his own house
Das könnte ein Zeichen sein, dass er selbst Ladenbesitzer gewesen sein könnte.

Zudem wäre es um die Diskretion in einer privaten Einrichtung wohl besser bestellt als in einer öffentlichen (weniger Fluktuation der Insassen, bessere Bezahlung - d.h. geringere Bestechlichkeit - der Angestellten,...), und somit würden sich Gerüchte ("... der Schwippcousin von Levy ist in Surrey, weil er die Morde begangen hat..." oder so ähnlich) vielleicht unterdrücken lassen.

Viele Grüße,
Shadow Ghost

Offline panopticon

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Re: The "City Police Suspect/s"
« Antwort #17 am: 16.12.2009 00:05 Uhr »
Ja, dass der Verdächtige gerade in eine private Einrichtung kam, kann durchaus einen berechtigen Grund gehabt haben – vielleicht sogar, um ihn auch stärker vor den Ermittlern selbst zu "schützen":

Auf der Suche nach Verdächtigen in einem Asylum des Surrey Countys bin ich nämlich auf etwas gestoßen, das ich mir bisher andersrum gedacht habe: Bisher ging ich persönlich eigentlich davon aus, dass die Polizei primär durch die Haus-zuHaus-Befragungen auf Verdächtige gestoßen ist, die sie anschließend observierte und dabei auch eruierte, dass einige davon bereits einen Teil ihres Lebens in Anstalten für psychisch Kranke verbrachten. Jetzt habe ich festgestellt, dass es wohl in den meisten Fällen umgekehrt war:
Offensichtlich observierten sowohl Metropolitan als auch City Police gerade in erster Linie Personen, auf die sie nicht durch einen konkreten Verdacht, sondern durch solche Anstalten selbst gekommen waren.

Ich weiss nicht, wer das schon wußte/dachte, mich brachte aber nun folgendes dazu: Bei einem Verdächtigen, der auf jeden Fall in einem Surrey County Lunatic Asylum war, ist es eigentlich ausgeschlossen, dass er es war, den die City Police observiert hat: Dabei handelt es sich nämlich um Michael Ostrog.  http://www.jacktheripper.de/tatverdaechtige/ostrog/
Details zu seinem Aufenthalt dort: Er wurde, in Haft befindlich, am 26. September 1887 für "verrückt" erklärt und 4 Tage später vom  Wandsworth Gefängnis in das "Surrey County Lunatic Asylum in Tooting" überstellt. (Ich persönlich würde daher annehmen, dass es sich um das Springfield Asylum (Tooting) handelte?) Wo auch immer es war, von dort  wurde der als "jewish surgeon" geführte Patient zumindest am 10. März 1888 als "genesen" entlassen und verschwand von da an, seine "Meldepflicht" ignorierend. Gerade im Oktober 1888 wurde nach Ostrog sogar über die Police Gazette wieder intensiv gefahndet. So wie sich mir das jetzt darstellt (nachdem ich in einigen Büchern über den Verdacht bezüglich Ostrog nachgelesen habe), dürfte man gegen ihn persönlich eigentlich gar nichts in der Hand gehabt haben, was ihn mit den Whitechapelmorden in Verbindung bringt - der Hintergrund dürfte vielmehr folgender sein:

Kurz nach dem Mord an Chapman drängte Dr. Forbes L. Winslow die MEPO, sich nach Personen umzusehen, die kürzlich aus einer Anstalt für psychisch Kranke entlassen worden waren, oder aus einer solchen entflohen sind. 2 Tage nach dem Double Event bot Dr. Winslow auch der City Police seine Dienste an. Ob er ihnen den gleichen Rat gegeben hat, ist nicht geklärt, aber im Laufe des Oktobers entsandte Inspector McWilliams von der City Police auf jeden Fall Officers zu allen Lunatic Asylums in London, um Untersuchungen nach Personen durchzuführen, die kürzlich eingeliefert oder entlassen wurden. Da zumindest mehrere Mediziner (gerade nach dem Mord an Eddowes) der Meinung waren, dass der Täter wohl über medizinische Kenntnisse verfügte, die Ausführung aber dennoch auf die Tat eines typischen "Lunatics" schließen ließe, suchten die Ermittler dort wohl gerade nach ehemaligen Patienten, von denen behauptet wurde, dass sie über entsprechendes Wissen/ entsprechende Fähigkeiten verfügten und einen Hass auf Frauen hatten.

Folglich waren die Einschätzungen von Sagar und Cox, (der jeweils Observierte sei "verrückt") also gar nicht rein subjektive Eindrücke: Vielmehr ist anzunehmen, dass sie die (eventuell jeweilige) Person in erster Linie gerade deshalb überwachten, weil sie einmal in einer Anstalt in Behandlung und nun in Whitechapel ansässig war. Wahrscheinlich war ihnen der mentale Zustand des Überwachten also von vorneherein bewusst. Im Grunde relativiert dies alle Aussagen über Verdächtige, die von Ermittlern später genannt wurden, und die letzten Endes in Anstalten landeten, also auch die von Macnaghtan, Anderson und Swanson: So wie sich mir das jetzt darstellt, observierte die Polizei wohl tatsächlich in erster Linie ehemalige Anstaltspatienten (vermutlich vorrangig solche, denen "medizinische Kenntnise" nachgesagt wurden), die nach ihrer Entlassung in Whitechapel ansässig waren, auf gut Glück, dass sich darunter der Täter befindet, und fahndete nach/ verdächtigte prinzipiell alle/n, auf die dies zutraf, deren Aufenthaltsort sich aber zur Zeit der Morde nicht feststellen ließ! (An dieser Stelle beschleicht mich angesichts der Methodik auch ein wenig der schlimme Verdacht, dass es alles andere als faktisch begründbar war, warum letztendlich so viele jüdische Immigranten ins Fadenkreuz der Fahnder rückten,...)

Es sieht also irgendwie genauso aus, wie Larkin vermutet hat: Die Polizei schmückte sich im Nachhinein mit diversen Verdächtigen, denen sie aber eigentlich primär nur deshalb nachstellte, weil sie durch die Anstalten auf diese kamen, wohl weniger wegen eines konkreten Verdachts. Und vermutlich
(@ Lestrade) war wohl auch der Verdächtige, der angeblich im Seaside Home "identifiziert" wurde, so ein Fall....

Da dies natürlich nicht ausschließt, dass einer der Observierten nicht trotzdem der Serienmörder von Whitechapel war, ist es natürlich nach wie vor interessant, wen die Polizei nun konkret überwachte, und wer sich in den Archiven der Surrey County Lunatic Asylums oder ähnlichen Institutionen findet und nachher in der Gegend von Aldgate (vorzugsweise Butcher´s Row) ansässig war (vielleicht, um einige Zeit nach dem Mord an Kelly wieder eingeliefert zu werden...).  Wenn das alles so stimmt, wie es sich mir gerade darstellt,  müssten wir also mal nach Personen suchen, die bereits vor der Mordserie in Behandlung waren. Wie ich gerade noch gelesen habe, kann das aber ziemlich aufwendig werden, denn Detective Constable Walter Dew sagte angeblich in einem Interview, dass die Polizei diese Suche nach derartigen Personen schließlich sogar auf Asylums im ganzen Land ausdehnte...


Grüße,
panopticon

Offline Lestrade

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Re: The "City Police Suspect/s"
« Antwort #18 am: 16.12.2009 13:58 Uhr »
Bemerkenswerter Beitrag Panopticon ! Sehr interessant,Bravo.

Gruß, Lestrade.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Stordfield

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Re: The "City Police Suspect/s"
« Antwort #19 am: 16.12.2009 15:05 Uhr »
Hallo !

Der Londoner Arzt, Dr. beider Rechte (Cambridge), Dr. jur.(Oxford) und Hobbydetektiv Forbes L. Winslow hatte eine Menge Ideen, wie man den Ripper fangen könnte ( u.a. auch eine Lunartheorie). Ständig drangsalierte er die Polizei mit neuen Einfällen, so z. B. auch mit dem, dass JtR ein erst kürzlich aus dem Irrenhaus entlassener Geisteskranker gewesen sei. Vielleicht gingen die Ordnungshüter einfach mal seiner Theorie nach, um etwas Ruhe vor ihm zu haben (er bombardierte ja auch die Presse mit Schreiben, weil niemand auf seine Gedankengänge reagierte), oder sie fand die Anregung gar nicht so übel. Ich übrigens auch nicht.  :icon_wink:

Gruß Stordfield