Autor Thema: Interpretation der kurzen Mordabstände  (Gelesen 16135 mal)

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Stordfield

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #15 am: 16.01.2009 10:28 Uhr »
Hallo Isdrasil !

Ich schließe mich ebenfalls Deinen Ausführungen an .  :icon_lol:
Bloß , mit dem Alter scheint mir das so eine Sache zu sein . Kann man denn so einfach einen heutigen z. B. 30jährigen mit einem gleichaltrigen von damals vergleichen ? Waren die Menschen damals , durch die Lebensumstände und die kürzere Lebenserwartung nicht schon frühzeitig reifer ?

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #16 am: 16.01.2009 10:36 Uhr »
Hi

Ich schließe mich ebenfalls Deinen Ausführungen an .  :icon_lol:

Langsam wird es unheimlich  :icon_mrgreen:

Bloß , mit dem Alter scheint mir das so eine Sache zu sein . Kann man denn so einfach einen heutigen z. B. 30jährigen mit einem gleichaltrigen von damals vergleichen ? Waren die Menschen damals , durch die Lebensumstände und die kürzere Lebenserwartung nicht schon frühzeitig reifer ?

Stimmt! Da hast Du wohl recht. Gar nicht bedacht. Ja, wird wohl so sein. Leider gibt es dazu keine Auswertungen, die Serienmörder von damals mit denen von heute vergleichen, aber die Menschen damals dürften wohl früher reif gewesen sein (geistig).  :icon_thumb:

Grüße, Isdrasil

Stordfield

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #17 am: 16.01.2009 11:02 Uhr »
Hallo !

Was m. E. gegen einen jüngeren Täter spricht , ist auch die Tatsache , daß es damals ja kaum Medien gab , die die Fantasie eines Menschen beschleunigen konnten . JtR mußte   
sich seine Gewaltvorsellungen sozusagen selbst "erarbeiten", während heutige Seientäter sich aus TV , Internet und Zeitschriften Anregungen holen können . Bei letzteren dauert es deshalb wohl nicht so lange , bis es zum Ausbruch kommt .

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #18 am: 16.01.2009 11:26 Uhr »
Das ist ein sehr interessanter Aspekt!

Stimmt. Der Täter kann ja auch der Sohn eines Metzgers (zum Beispiel) gewesen sein und auf diese Art tagtäglich mit Gewalt und Blut konfrontiert gewesen sein. Aber es gab damals tatsächlich wesentlich weniger Möglichkeiten, mit Gewaltfantasien konfrontiert zu werden. Das wird auch eine Rolle spielen - hast mich überzeugt.  :icon_mrgreen:

Raison-d-eatre

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #19 am: 16.01.2009 14:50 Uhr »
auch wenn ich damit jetzt ein bisschen aus der Reihe tanze  :icon_lol:
ich glaube nicht, dass er wirklich diesen Beruf ausgeübt hat.
Natürlich bräuchte der Ripper vorher etwas "Übung", aber solche Phantasien bauen sich nicht nur dadurch auf, sondern auch, wenn sich Wut/ Aggression oder Ähnliches im Innern aufstaut und irgendwann zum Ausbruch kommt.

So könnte der Ripper zum Beispiel seine Aggressionen an Prostituierten "auslassen", weil er sich im klaren darüber ist was er tut, und auch weiß, dass er diese Wut oder Phantasien nicht an der Gesellschaft auslassen kann und nimmt deswegen eben Prostituierte als Opfer.

Floh82

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #20 am: 16.01.2009 15:45 Uhr »
Da möchte ich kurz einlenken!

Die heutigen Medien haben sicherlich zu einer gewissen "Verrohung" der Gesellschaft beigetragen - nie war es so einfach sich wahre Horrorvorstellungen auf seinen PC zu holen und sich wenn gewollt stundenlang damit zu beschäftigen. Ob Filme, Fotos, Geschichten oder Spiele. Trotzdem ist diese mediale Versexung wie ich es jetzt mal nennen möchte, nicht das einzige Mittel sich bestimmten Fantasien hinzugeben und/oder gewisse Fantasien zu entwickeln.

Ich darf erinnern dass es im Mittelalter, lange vor Fotografie und "rotten" (wers kennt weiß Bescheid, wer nicht sollte nicht fragen ;) ), schlimmste Entgleisungen gab. Der erste belegte, deutsche Folterfall (in Bezug auf das juristische Bestrafungsurteil "Folter") war 1321.

Agatha von Catania wurden ca. 250 nach Christus als Bestrafung die Brüste "abgerissen". Die camera silens (schweigender Raum - licht und schallfreier Raum) ist ebenfalls recht alt, sie hat mehr psychische Folgen und ist daher schwer nachzuweisen. Anführen könnte ich auch noch das Rädern oder das Pfählen als mittelalterliche, ja sogar antike Foltermethode.
Und wo wir schonmal in der Antike sind: Das Opfern von Menschen ist auch nicht gerade einer medialen Epoche entsprungen. Und was Priester antiker Religionen so alles mit Innereien gemacht haben, möchte ich hier gar nicht erwähnen.

Gewaltphantasien der schlimmsten Sorte sind auch 1888 für einen recht jungen Menschen möglich gewesen. Mit dem Unterschied dass er zur Befriedigung seiner Phantasien oder besser zum Ausleben seiner Phantasien keine Computerspiele oder Internetportale hatte ;)

Dann zu was Anderem:

Tabram als Ersttat halte ich ebenso für möglich und auch stichhaltig. Aber Isdrasil verstehe ich richtig? Du meinst ein Täter der bei seiner ersten Tat unkontrolliert vorgeht und dann immer kontrollierter wird, bis er aufgrund eines hohen zeitlichen Abstands wieder unkontrolliert vorgeht? Das halte ich nämlich durchaus für möglich.
Der Täter ist bei seiner Ersttat aufgeregt, vielleicht auch einfach ausgedrückt "zu unerfahren" um eine kontrollierte Tat zu begehen. Emotionen überkommen ihn und er verliert die Kontrolle über sich. Dann folgen Taten die kontrollierter ablaufen, mal abgesehen von eventuellen emotionalen Überforderungen während der Tat ("abschlachten" etc.). Und schließlich folgt nach einer längeren "Ruhepause" (zwanghafte Pause oder nicht?) ein Ausbruch, ein unkontrollierter Mord, nämlich MJK.

So kann ich mir das auch in etwa vorstellen.

Offline Isdrasil

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #21 am: 16.01.2009 19:44 Uhr »
Hi

auch wenn ich damit jetzt ein bisschen aus der Reihe tanze  :icon_lol:
ich glaube nicht, dass er wirklich diesen Beruf ausgeübt hat.
Natürlich bräuchte der Ripper vorher etwas "Übung", aber solche Phantasien bauen sich nicht nur dadurch auf, sondern auch, wenn sich Wut/ Aggression oder Ähnliches im Innern aufstaut und irgendwann zum Ausbruch kommt.
So könnte der Ripper zum Beispiel seine Aggressionen an Prostituierten "auslassen", weil er sich im klaren darüber ist was er tut, und auch weiß, dass er diese Wut oder Phantasien nicht an der Gesellschaft auslassen kann und nimmt deswegen eben Prostituierte als Opfer.

Meinst Du, der Ripper hat die Opfer aus diesem Grunde ausgesucht, weil sie eben leichte Opfer waren? Ist natürlich auch möglich - sozusagen als Frustabbau einer völlig anders gelagerten Wut. Nur sind die Verstümmelungen an den Opfern doch sehr konkret - wenn es um reinen Aggressionsabbau ginge, müsste doch eigentlich viel mehr Abwechslung dabei sein. Der Ripper wäre wohl ein Rüppel, der auch mal einen kleinen Jungen verprügeln würde. Ich glaube, es steckt ein sehr konkreter Ausdruck in der Art der Morde, und ich denke, diesen konkreten Ausdruck muss der Ripper irgendwo aufgeschnappt, bzw. erlernt haben.

Die heutigen Medien haben sicherlich zu einer gewissen "Verrohung" der Gesellschaft beigetragen - nie war es so einfach sich wahre Horrorvorstellungen auf seinen PC zu holen und sich wenn gewollt stundenlang damit zu beschäftigen.
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Gewaltphantasien der schlimmsten Sorte sind auch 1888 für einen recht jungen Menschen möglich gewesen. Mit dem Unterschied dass er zur Befriedigung seiner Phantasien oder besser zum Ausleben seiner Phantasien keine Computerspiele oder Internetportale hatte ;)

Ja, da gebe ich Dir recht. Sollte aber nicht in die Richtung gehen, dass moderne Medien gewaltsame Fantasien fördern - ich glaube nämlich nicht, dass jemand nur weil er Manson hört oder Ego-Shooter spielt zum Mörder wird. Vielleicht herrscht weniger Einfluss als wir denken, vielleicht ist der Anstieg von Kriminalität auch nur ein Trugschluss, der durch die wachsende Bevölkerungszahl oder die Globalisierung entsteht.
Aber der Ripper muss wohl irgendwann gemerkt haben, dass genau diese Verstümmelungen ihn erregen (sofern wir das sexuelle Motiv mal annehmen mögen), und in diesem Zusammenhang dürfte ein Täter heute wohl mehr Berührungspunkte mit Gewalt haben, um seine Neigungen zu entdecken. Darum ging es glaube ich mehr - um das Entdecken seiner Vorlieben und die Konfrontation damit.

By the way: Schöner Ausflug in die Geschichte  :icon_thumb: :icon_wink:

Tabram als Ersttat halte ich ebenso für möglich und auch stichhaltig. Aber Isdrasil verstehe ich richtig? Du meinst ein Täter der bei seiner ersten Tat unkontrolliert vorgeht und dann immer kontrollierter wird, bis er aufgrund eines hohen zeitlichen Abstands wieder unkontrolliert vorgeht? Das halte ich nämlich durchaus für möglich.
Der Täter ist bei seiner Ersttat aufgeregt, vielleicht auch einfach ausgedrückt "zu unerfahren" um eine kontrollierte Tat zu begehen. Emotionen überkommen ihn und er verliert die Kontrolle über sich. Dann folgen Taten die kontrollierter ablaufen, mal abgesehen von eventuellen emotionalen Überforderungen während der Tat ("abschlachten" etc.). Und schließlich folgt nach einer längeren "Ruhepause" (zwanghafte Pause oder nicht?) ein Ausbruch, ein unkontrollierter Mord, nämlich MJK.
So kann ich mir das auch in etwa vorstellen.

Ja - genauso habe ich das gemeint. Du hast den Punkt genau erfasst. Auch der Aspekt der Aufregung bei einer Ersttat ist interessant, stimmt.

Ich denke, dass die Kontrolle in Form einer routinierten Tat durch Regelmäßigkeit entsteht, dass der Täter dazu ein konkretes Bild entwickelt haben muss und dass die Ersttat oder Taten, die aus dem zeitlichen Rahmen fallen, von dieser Routine ausgeschlossen sein können. Die Ersttat kann ja auch sehr spontan entstanden sein und daher völlig aus dem Rahmen fallen - weil zum Beispiel die geeignete Waffe nicht vorhanden war oder der Täter selbst überrumpelt davon war - und dennoch kann der Täter direkt danach seine konkreten Fantasien verfolgen, da er die Hemmschwelle dazu überwunden hat.

Ich denke, es wäre sehr unwahrscheinlich, dass Nicholls das erste Opfer war. Und genauso denke ich, dass bei einer längeren Pause zwischen dem ersten Mord und Nicholls wohl nicht soviel Routine vorhanden wäre, wie es bei Nicholls eben der Fall war, sondern wieder dieser "nervöse" Part in Erscheinung treten würde. Man muss dabei die kurzen Abstände der Folgetaten berücksichtigen. Anscheinend hat der Ripper diese kurzen Zeitabstände benötigt, um die Morde so auszuführen, wie er es nun mal tat.
Daher erscheint mir Tabram durchaus als geeignetes Erstopfer und daher fügt sich Kelly auch so gut in diese Überlegung mit ein.

Grüße, Isdrasil


Raison-d-eatre

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #22 am: 16.01.2009 20:38 Uhr »
Zitat
Der Ripper wäre wohl ein Rüppel, der auch mal einen kleinen Jungen verprügeln würde

Dazu dass er es gelernt haben muss würde ich dir Recht geben, allerdings bezogen auf die Art der Ausführung nicht auf den Ausdruck.
Natürlich wird er sich nicht aufeinmal gedacht haben "oh weide ich sie doch mal aus" .
Ich meinte es allerdings eher ein klein wenig anders glaube ich....
Er hätte sie demnach nicht ausgesucht, weil sie leichte Opfer wären, sondern weil er genau wüsste was er tat und weil er mit einem recht guten Vernunft- bzw Moralempfinden aufgewachsen wäre.
Es hätte sich eine Art Wut in ihm gebildet, die er aber - wie er wusste - nicht an der Gesellschaft auslassen konnte, (weil es "falsch" war oder was immer) So hätte er Prostituierte also nicht wegen der Leichtigkeit als Opfer ausgesucht, sondern weil er sie nicht als Mitglied der Gesellschaft sieht.

Stordfield

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #23 am: 12.11.2009 18:03 Uhr »
Hallo !

JtR, aufgewachsen mit einem guten Moralempfinden?
Sorry, das halte ich für völlig abwegig.
Eher dürfte er durch totale Empathielosigkeit und Selbstsucht aufgefallen sein.
Aber mal angenommen, nur angenommen wohlgemerkt, er hätte in seiner Erziehung soetwas wie Moral erfahren, wo ist sie dann hin? Was könnte sie denn über Bord geworfen haben?

Gruß Stordfield

Tresschen

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #24 am: 19.12.2009 00:31 Uhr »
Moral ist nicht gleich Moral. Er könnte ja auch geglaubt haben, die Straßen vom Dreck und Unrat zu befreien. Er tötete Huren, daher vielleicht hat er gerade aus Moral heraus getötet. Wäre das nicht möglich?
Aber natürlich stellt sich die Frage, was für eine Kindheit und Erziehung er hatte, denn selbst wenn er selbst sein Tun als moralisch sah, so zeigt es doch auch ein sehr hohes Gewaltpotenzial. Was hat ihn dazu gebracht so heftig zu morden? War er ein Soziopath, der kein Mitleid mit anderen empfand? Oder tötete er eher wie im Rausch und empfand nachher sogar so etwas wie Reue?

Saturn

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #25 am: 20.12.2009 11:05 Uhr »
Hallo,

das mit den "gehobenen" Moralvorstellungen ist noch gar nicht mal so abwegig.
Im victorian. England war man felsenfest der Überzeugung, daß Großbritannien die von Gott "ausgewählte" Nation sei. Die imense Größe des brit. Empire gab scheinbar diesen Denkanstößen recht. Viele Bewohner Englands gingen damals täglich zum Gottesdienst und waren zu tiefst religiös. Ist ungefähr mit dem heutigen religiös-konservativen Nationalismus und den daraus resultierenden oft überholten Moralvorstellungen in weiten Teilen der USA vergleichbar.
Es kann also durchaus sein, daß JtR in einem tief moralischen und relig. Umfeld aufgewachsen ist. Der Haß auf Frauen oder Prostituierte kann vielleicht daher rühren, daß eine ihm nahestehende, weibl. Person (Mutter, Schwester oder sehr wahrscheinl. Geliebte) durch die Not gezwungen wurde, der Prostitution nachzugehen. Mit seinem anerzogenen, puritanischen (oder im Fall, daß der Ripper Ire oder Schotte war: tief kathol.) Weltempfinden war dies natürlich absolut nicht vereinbar. Da in der damaligen Gesellschaft vielfach Frauen noch als Besitztum des Mannes angesehn wurden, ist bei einem der eine niedrige Hemmschwelle hat, die "abtrünnige" Person natürlich äußerst gefährdet, und eine Beseitigung dieser Person (und evtl. aus Wut auch anderer Personen gleichen soz. Statuses) wird angesehen, als hättem man seinen Hund getötet, der einen in die Hand gebissen hat.

Grüße
Saturn
 

Lorasma

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #26 am: 20.12.2009 12:14 Uhr »
Hallo!

Ich halte eure Hypothese, die Taten seien aus religiösen Gründen begangen worden als wahrscheinlicher als das sexuelle Motiv. Zum einen erlebe ich in meiner beruflichen Praxis häufig, dass sich Psychosen überaus gerne mit religiösem Wahn paaren, zum anderen bietet diese Überlegung nicht nur den genannten Fall (Täter tötet Prostituierte, da diese als "sündig" betrachtet werden) sondern zudem der Übertragung. Einmal angenommen JtR war tatsächlich Kunde der Opfer, könnte er diese getötet haben, um seine eigene "Fehlbarkeit" (oder wie auch immer man das bei den Katholiken nennt) zu rächen :icon_evil:. Quasi Rache an Eva für die Vertreibung aus dem Paradies  :icon_rolleyes:. Denn falls JtR wirklich ein zutiefst religiöser Mensch gewesen ist, wird er sich ggf. "verführt" gefühlt haben- nicht ihn sondern die Prostituierte trifft aus dieser Sicht die Schuld- klassische Übertragung...  :icon_rolleyes:
Erklärt nur leider nicht die kurzen Zeitabstände zwischen den Morden  :icon_aetsch:

Einen schönen Sonntag euch!

Gruß aus dem verschneiten Essen!
Lorasma

Offline Shadow Ghost

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #27 am: 21.12.2009 11:27 Uhr »

Ich glaube, dass die kurzen Abstände eine Kombination aus Drang, Gelegenheit und Erfahrung waren.
Betrachten wir den Ripper zu Beginn seiner „Karriere“. Er hat (aus welchen Gründen auch immer) das Bedürfnis, Frauen anzugreifen und ihnen die Geschlechtsorgane zu zerfleischen. Bei seinem ersten Versuch im Februar 1888 sticht er deshalb Annie Millwood nieder. Nur das diese sich noch wehren kann, weshalb einige Stiche auch die Beine treffen. Was lernt er daraus? Er muss das Opfer erst kampfunfähig machen!
Er wartet eine Zeitlang. Sicher ist er nach diesem ersten Angriff verwirrt und verängstigt. Doch er merkt auch, dass dieser erste Angriff kaum Aufmerksamkeit erfährt. Die Presse berichtet kaum darüber, und die Polizei steht auch nicht am nächsten Tag vor seiner Tür, um ihn zu verhaften. Dennoch weicht er für seinen nächsten Angriff nach Bow aus. Bezeichnenderweise findet der Angriff auf Ada Wilson eine Woche nach dem Tod von Annie Millwood statt. Er fühlt sich wieder etwas sicherer, denn die einzige Zeugin seines ersten Versuchs ist tot. Bei Ada Wilson versucht er, sein Opfer erst durch Stiche in den Hals zu töten. Doch das gelingt noch nicht so wie geplant. Sie kann noch um Hilfe rufen, und er kann mit knapper Mühe entkommen (vgl. Aussage von Rose Bierman). Was lernt er daraus? Keine Angriffe in Wohnungen, weil die Gefahr besteht, dass er nicht entkommen kann. Und: er muss sein Opfer am Schreien hindern!
Wieder dürfte er verängstigt gewesen sein, dass jeden Augenblick, die Polizei bei ihm vor der Tür steht. Er versucht sich unauffällig zu verhalten, und darauf zu warten, dass sich seine Lage beruhigt. Doch Ada Wilson überlebt den Angriff. Deshalb die relative lange Pause bis zu Martha Tabram. Sie konnte nicht mehr um Hilfe schreien, an ihr konnte er sich „austoben“.
Doch er merkt, das Zustechen bringt ihm nicht die Erfüllung, die er sich erhofft hat, beim nächsten Opfer muss er schneiden. Er hat mittlerweile die Sicherheit, dass die Polizei ihm nicht auf den Fersen ist. Das sagt ihm seine Erfahrung. Das sagen ihm die Presseberichte. Schon ziemlich bald dürfte er wieder auf der Jagd gewesen sein, dürfte Prostituierte angesprochen haben, abgewogen haben, wer als Opfer in Betracht kommt. Vielleicht war er auch schon kurz davor, sein Messer zu ziehen und wurde kurz vorher gestört. Drei Wochen später jedenfalls begegnete er Polly Nichols. Nun konnte er seine Phantasien ausleben, er konnte sich „Perfektionieren“. Bis zum double event dürfte ihn wenig aufgehalten haben außer der Suche nach der passenden Gelegenheit, dem passenden Opfer. Er dürfte gelernt haben, wie er der Bürgerwehr und der Polizei aus dem Weg gehen kann. Vielleicht waren ihm die Routen der Polizisten auch schon von einer früheren kriminellen Karriere her bekannt.
Nach dem double event jedoch ist ihm das Pflaster zu heiß geworden. Er hatte nun sowohl die Metropolitain als auch die City Police auf seinen Fersen, es gab erste Beschreibungen von ihm in der Presse. Er war gesehen worden. Vielleicht ist er sich zu selbstsicher geworden. Er beschließt, vorsichtiger zu werden, sich zurück zu nehmen. Scheinbar kann er sich soweit kontrollieren. Er besucht vielleicht frühere Tatorte. Vielleicht ergötzt er sich auch an den mitgenommenen Organen, wie auch immer er sie aufbewahrte. Er wird auch weiterhin Prostituierte aufsuchen in der Hoffnung auf eine Gelegenheit. Und die bietet sich im November im Zimmer von Mary Jane Kelly. Endlich kann er wieder zuschlagen, seine Phantasien, die sich nach dem Eddowes Mord noch verstärkt haben dürften („Was kann ich einer Frau noch alles antun?“), explodieren.
Nach dem Kelly Mord gibt es wahrscheinlich wenig, was er sich noch vorstellen könnte, ausleben zu wollen. Die Lage für ihn ist zu kritisch, vielleicht wurde er im Rahmen der Haus-zu-Haus-Befragungen auch schon von der Polizei vernommen, vielleicht fürchtet er auch die Zeugenbeschreibung von George Hutchinson. Jedenfalls zieht er sich zurück. Ob er später für die Angriffe auf Alive McKenzie oder Frances Coles verantwortlich ist, ist wohl Thema für einen anderen Thread.

Viele Grüße,
Shadow Ghost

Offline Shadow Ghost

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Re: Interpretation der kurzen Mordabstände
« Antwort #28 am: 22.12.2009 13:23 Uhr »
Ich muss mich der Fairness halber selber korrigieren. Ada Wilson wurde eine Woche nachdem Annie Millwood aus dem Krankenhaus entlassen wurde angegriffen, nicht eine Woche nach deren Tod. Dennoch bin ich der Meinung, dass der Ripper sich nach dieser Zeit wieder sicher genug gefühlt haben könnte, einen neuen Angriff zu versuchen. Sicherheitshalber aber etwas weiter entfernt, nämlich in Mile End (zweiter Fehler, Ada Wilson lebte nicht in Bow).
Ich hoffe, damit habe ich alle Fehler-Teufel meines eigenen Beitrags besiegt.  :icon_redface:

Viele Grüße,
Shadow Ghost