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Freisinnige Zeitung, 19. Oktober 1888

Zu den Londoner Frauenmorden schreibt man von dort: Die von dem Leichenbeschauer der City von London geführte Untersuchung über die am 30. v. M. in Mitre Square ermordete Katherine Eddowes, auch Kelly genannt, wurde zum Abschluß gebracht. Im Widerspruch mit früheren ärztlichen Aussagen gaben die Aerzte, welche die Leiche untersucht hatten, die übereinstimmende Erklärung ab, daß der Verüber der That keine anatomische Geschicklichkeit besitze. Nach polizeilichen Aussagen wurde ein blutbeflecktes Stück der weißen Schürze, welche die Ermordete trug, an welches der Mörder das Blut von seinen Händen abgewischt hatte, in Gouldstonestreet, Whitechapel vorgefunden. An einer Mauer in derselben Straße waren, wie bereits berichtet, mutmaßlich von dem Mörder, mit Kreide die Worte geschrieben: „Die Juden sind die Leute, die nicht für nichts getadelt werden dürften.“ Der Polizeichef, Sir Charles Warren, welcher die Stelle später in Augenschein nahm, ließ die Worte auswischen, wer er fürchtete, daß dieselben einen Volksauflaf und vielleicht Ausschreitungen gegen die Juden verursachen könnten. Durch das Verwischen der Schrift ist vielleicht ein wichtiger Anhaltspunkt für die Ermittelung des Mörders verloren gegangen. Die Geschworenen gaben ihren Wahrspruch auf vorsätzlichen Mord, begangen von einer oder mehrerer Personen, ab. –
Der geheimnisvolle „Jack the Ripper“ (Aufschlitzer), welcher, wie berichtet, der Londoner Polizei vor der letzten Mordthat in Whitechapel brieflich mitteilte, daß er sein teuflisches Werk fortsetzen wolle, scheint jetzt in Belfast aufgetaucht zu sein, wo er an eine dortige Zeitung ein Schreiben schickte, des Inhalts, daß er künftigen Sonnabend seine Operationen in Belfast beginnen werde, da London jetzt zu gefährlich für ihn wäre. Neulich Abend wurde ein Verdächtiger verhaftet, in dessen Besitz man ein langes Messer und drei Rasirmesser fand.
Der Pariser Polizei-Präfekt Garon erhielt dieser Tage folgenden Brief: „Sie haben gewiß von den Morden in London gehört. Hier haben Sie die Lösung: Wir arbeiten zu Zweien, Einer in England. Einer in Frankreich. Ich bin jetzt in Brest und reise in wenigen Tagen nach Paris, um dort wie mein Kollege in London zu operiren. Wir suchen Leichname für die Aerzte, und Sie werden uns niemals entdecken. Unser nächstes Opfer in Paris wird 20 bis 35 Jahre alt sein. Wir werden die Leiche in zwei Stücke schneiden und derselben das nehmen, was die Aerzte brauchen; dann werden wir der Leiche die Ohren, die Finger der linken Hand du die Zehen des rechten Fußes abschneiden. In drei Wochen werden Sie von uns hören. H. B. D. P. C.“ – Auf der Pariser Polizei-Präfektur hat man den Brief zunächst für einen schlechten „Spaß“ genommen.

 

Thomas Schachner
(Dokument zuletzt bearbeitet am 20.11.06)