
Im Mai des Jahres 1991 erhielt Michael Barrett von seinem Freund
Tony Devereux ein Tagebuch, welches sämtliche Ripperologen
in Aufruhr versetzte (Anm. d. Red.: Tony Devereux blieb die Erklärung
schuldig, wie er in den Besitz des Tagebuchs gelangte und verstarb
kurze Zeit später. Eine Version besagt, dass Elektriker
im Hause Maybrick Installationsarbeiten ausführten, die Fußbodenbretter entfernten
und dort das Buch fanden).
Auf seinen 63 handschriftlichen Seiten beschreibt es den Leidensweg
eines Baumwollhändlers, wie er sich in die Bestie Jack the
Ripper verwandelt.
Die ersten 48 Seiten des Tagebuchs wurden mit einem Messer herausgetrennt und
Rückstände von Klebstoff lassen darauf schließen, dass sich
hier einst Bilder oder Photographien befanden.
Shirley Harrison und Sally Evemy untersuchten das Tagebuch und entschlossen
es der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Im Juli des Jahres 1992 erstand Albert Johnson eine Taschenuhr
von einem Juwelier in Cheshire, welcher die Uhr etwa 5 Jahre in
seinem Besitz hatte. Im Juni 1993 öffnete Albert Johnson
die Uhr und fand auf der Innenseite, hinter dem Uhrwerk, mehrere
von Hand eingeritzte Gravierungen: Die Signatur "J. Maybrick" und
die Worte "I am Jack", sowie die Initialen der Opfer Mary Nichols,
Annie Chapman, Elizabeth Stride, Catherine Eddowes und Mary Kelly.
Im Folgenden lesen Sie eine Zusammenfassung der Ereignisse, wie
sie 1993 zum ersten Mal von Shirley Harrison in ihrem Buch "Das
Tagebuch von Jack the Ripper" veröffentlicht wurden.
Curriculum Vitae
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24. Oktober 1838 in Liverpool |
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11. Mai 1889 in Aigburth |
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Als zweitältester Sohn von William und Susannah Maybrick
in Liverpool geboren. James hatte noch fünf weitere Geschwister:
Den älteren Bruder William (geb. 1835) und die jüngeren
Brüder Michael (geb. 1841), Thomas (geb. 1846), Edwin (geb.
1851) und Alfred (geb. 1844).
Von Beruf war James Maybrick ein erfolgreicher Baumwollhändler. Am 27.07.1881
heiratete er die 23 Jahre jüngere Florence Chandler. Aus der Ehe gingen
die Kinder John (geb. März 1882) und Gladys Evelyn (geb. Juli 1885) hervor.
James besuchte gemeinsam mit seinem Bruder Michael das Liverpool
College. Michael Maybrick war einer der populärsten Komponisten
Großbritanniens, bekannt unter dem Künstlernamen "Steven
Adams" ("Nancy Lee", "A Warrior Bold", "The Holy City", "We all
love Jack").
James' Bruder William ging bei einem Holzschnitzer und bei einem
Vergolder in die Lehre, fuhr anschließend zur See und wurde das "schwarze Schaf" der
Familie. Thomas und Edwin widmeten sich dem Handel. James war eifersüchtig
auf seinen Bruder Michael, da dieser der einflußreichste unter den Brüdern
war und bestimmte was wichtig war und was nicht. Sein Verhältnis zu Edwin
war ausgesprochen gut.
Die Familie lebte in der Church Alley No. 8, einer Gasse, die in die Church
Street (heute Fournier Street) mündet und nahe der Whitechapel Road lag.

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Photographie des Tagebuchs |
Im englischen Einwohnerregister von 1891 wird aufgeführt,
das James Maybrick mit Sarah Ann Robertson verheiratet war. Dies
kann aber nicht genau belegt werden, da bis heute noch kein Trauschein
gefunden wurde. Als Sarah am 17. Januar 1927 starb, wurde sie als "Sarah
Ann Maybrick, unverheiratet und finanziell unabhängig" gelistet.
Im Testament ihres Stiefvaters wird sie als "Sarah Ann Maybrick,
Frau von James Mabyrick", benannt.
Im Jahre 1871 starb sein Vater William Maybrick. Zu diesem Zeitpunkt lebte
und arbeitete James in Liverpool.
1873 gründete er mit seinem Bruder Edwin die Firma "Maybrick and Company,
Cotton Merchants".
Ein Jahr später reiste James in die USA, um dort eine Zweigstelle in Norfolk/Virginia
zu gründen. Er pendelte von nun an zwischen Großbritannien
und Amerika.
Drei Jahre später erkrankte Maybrick an Malaria und ein Apotheker verschrieb
ihm Chinin. Als dies keine Wirkung zeigte, gab er ihm ein Rezept für
Arsen und Strychnin.
James ging zu dieser Zeit mehrmals die Woche in ein Bordell und war bereits
arsenabhängig. Sein Cousin William versorgte ihn anfangs und später
erhielt er es von einem befreundeten Apotheker verschrieben. Dabei erhöhte
sich die Dosis von 4 auf 7 Tropfen, die er fünfmal täglich
einnahm - 100 Tropfen sind tödlich (Anm. der Red.: Arsen
und Strychnin waren zu dieser Zeit eine beliebte Modedroge).
Im Frühjahr 1880 lernte Maybrick auf einer Schiffsreise nach
Liverpool im Alter von 41 Jahren die 18-jährige Florence Chandler
kennen und verliebte sich in sie. Die Heirat fand am 27. Juli 1881
statt. Nach der Geburt ihres Sohnes John, kehrten die Maybricks
nach Amerika zurück und lebten von nun an abwechselnd in Liverpool
und Norfolk.
Als 1884 Baumwolle als Hauptexportware in Norfolk vom Markt verdrängt
wurde, kehrte die Familie endgültig nach Liverpool zurück.
Drogen beeinflussten Maybricks Leben stark. Seine Frau stand unter völliger
Kontrolle durch ihn. Auch die Geburt der Tochter Gladys Evelyn im Jahre 1885
konnte die Ehe nicht retten. Das Leben von Florence war völlig außer
Kontrolle geraten und sie machte sich Sorgen um den Gesundheitszustand ihres
Mannes.
Im Dezember 1885 lernte Florence bei einem Dinner im Alter von 25 Jahren, den
36-jährigen Baumwollmakler Alfred Brierley kennen, und Maybrick hatte
den Verdacht, dass die beiden eine Affäre miteinander hätten.
Die Eifersucht trieb ihn fast in den Wahnsinn. Schenkt man, trotz aller gegenteiliger
Beweise, der "Maybrick-Theorie" Glauben, könnte die Affäre seiner
Frau mit Alfred Brierley und der somit angestaute Hass, der eigentliche Auslöser
für die Mordserie gewesen sein.
Im März 1888 zogen die Maybricks in ein größeres
Haus ("Battlecrease House") von Crassendale nach Aigburth um, dass
sie für fünf weitere Jahre mieteten. Mit ihnen zogen
dort eine Köchin, ein Kindermädchen und ein weiteres
mit ihrem Ehemann, der gleichzeitig der Gärtner der Familie
war, ein.
James Maybrick wurde ein strenger und Furcht einflößender Mann.
Er hatte ein düsteres Temperament und einen Hang zum Jähzorn. Nach
außen hin schien er aber ein kultivierter, höflicher und feiner
Mann gewesen zu sein, der seinen Kindern gegenüber kurze Anwandlungen
von Zärtlichkeit zeigte. Maybricks Arbeitszimmer war stets verschlossen,
niemand durfte es betreten, sauber gemacht wurde es nur in seiner Anwesenheit.

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Photographie des Tagebuchs |
Die nun folgenden Aufzeichnungen entsprechen nicht mehr
den historischen Fakten, sondern sind direkt aus dem Tagebuch entnommen.
Da über dessen Glaubwürdigkeit und Authentizität
heftig diskutiert wird, sind folgende Schilderungen nicht
als Tatsachen zu interpretieren.
Bei seinen Aufenthalten in London wohnte er bei seinem Bruder
Michael, den er auch im Juni 1888 besuchen wollte.
Er fuhr mit dem Gedanken in die Metropole, seine „Kampagne“ zu
beginnen. Doch zu dieser Zeit war Maybrick anscheinend noch nicht zum Töten
bereit, da der Plan noch nicht richtig durchdacht war. Der Drang zu morden
war so stark, dass er sich nur mit Mühe beherrschen konnte.
Er bat Michael ihn einzusperren, mit der Begründung, dass er seit kurzem dazu
neigte, Schlafzuwandeln.
Im Juni 1888 suchte er immer wieder ärztlichen Rat, da ihm der Drogenmissbrauch
zu arg zusetzte. Zwischen Juni und September musste circa 20 Mal nach
dem Hausarzt gerufen werden, da James über rasende Kopfschmerzen und Taubheit
in Füssen und Händen klagte.

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Die angebliche Taschenuhr
von James Maybrick |
Im August 1888, wenige Wochen nach seinem Besuch bei Michael,
fuhr James wieder nach London. Diesmal mietete er sich jedoch ein
Zimmer in der Middlesex Street, Whitechapel. Am 31. August 1888
fand er in Polly Nichols sein erstes Opfer.
Von der zweiten Prostituierten, Annie Chapman, die er am 08. September
1888 ermordete, nahm er drei Messingringe mit, da diese ihn
zu sehr an den Ehering seiner Ehefrau erinnerten.
Im September verschlechterte sich Maybricks gesundheitlicher Zustand.
Seine Angst vor Krankheit und Tod war allmählich berechtigt.
Was seine "Kampagne" anging, so verlief diese ganz planmäßig.
Maybrick badete in seinem "Ruhm".
Sein drittes und viertes Opfer fand er am 30. September 1888 in
Elizabeth Stride und Catherine Eddowes, in deren Wangen er zwei
umgekehrte "V" schlitzte, die zusammen ein "M" ergeben, was entweder
auf "Maybrick" oder aber auch auf "Montague" schließen lassen
könnte.
Am 09. November 1888 tötete er Mary Jane Kelly, sein letztes
Opfer. Sie war erst 25, im gleichen Alter wie seine Frau Florence.
Mit ihren rötlichen Haaren muss ihn die Ähnlichkeit mit
Florence überwältigt haben, als er Mary sah. An der Wand
hinterließ Maybrick die Initialen "FM", die wohl auf den
Namen seiner Frau hindeuten sollen.
Nach vielen Streitereien mit seiner Frau, die er oft schlug, erhöhtem
Drogenkonsum und immer stärker werdenden Schmerzen, gab Maybrick
seine Mordpläne plötzlich auf.
Er begann damit, sich über seinen Tod Gedanken zu machen und am 11. Mai
1889 starb er schließlich im Battlecrease House.
Argumente: PRO
- James Maybrick hasste Frauen, was sich wahrscheinlich
auf die Affäre seiner Frau zurückführen lässt.
- Er war nicht im Ausland als die Morde geschahen, sondern hielt
sich in England auf. Beruflich hatte er des öfteren in London
zu tun.
- Dr. S. Turgoose von der Universität in Manchester (Institut
für Wissenschaft und Technologiekorrosion) untersuchte die
Uhr mit einem Elektronenmikroskop und belegte, dass diese aus
dem Jahre 1888 bzw. 1889 stammt. Er gab an, dass die Eingravierungen
nicht erst vor kurzem in die Uhr geritzt wurden, sondern älter
als 10 Jahre sind.
- Auf einer der veröffentlichten Photographien,
die von Mary Kellys Leiche angefertigt wurde, soll man,
laut Tagebuch, die mit Blut geschmierten Initialen "FM" an der
Wand erkennen.
Argumente: CONTRA
- Michael Barrett, der das Buch angeblich von Tony Devereux erhielt,
gab ab 1995 bei mehreren Gelegenheiten zu, dass er das Tagebuch
gefälscht hat. "Ich, Michael Barrett war der Autor des Original
Jack the Ripper Tagebuchs und meine Frau, Anne Barrett schrieb
es anhand meiner, mit der Maschine geschriebenen Aufzeichnungen,
nieder...".
- Als das Buch einer chemischen Untersuchung unterzogen wurde,
stellte man fest, dass in der Tinte eine Bleiart enthalten ist,
die erst seit den 50er Jahren verwendet wird. Das Tagebuch hätte
aber aus dem Jahre 1888 stammen müssen.
- Im Tagebuch wurden Details über das Ripper-Opfer Mary
Kelly beschrieben. Angeblich hatte er die Brüste des Opfers
auf den Tisch in der Mitte des Raumes gelegt. Dies ist so nicht
korrekt - Eine Brust lag zusammen mit Gebärmutter und Nieren
unter dem Kopf, die andere Brust neben ihrem rechten Fuß (Anm.
d. Red.: Diese Fehlinformation könnte
der damaligen Presse entnommen worden sein und entsprechen nicht
den eigentlichen Untersuchungsergebnissen).
- Eine weitere Fehlinformation des Tagebuchs beschreibt den Schlüssel
von Mary Kellys Zimmer. Angeblich hat diesen James Maybrick mitgenommen.
Der Schlüssel war zu dieser Zeit allerdings gar nicht mehr in
Marys Besitz, denn ihr Lebensgefährte Joseph Barnett teilte Inspector
Abberline mit, dass dieser "schon
seit einiger Zeit nicht mehr auffindbar ist".
- Die Handschrift, die im Tagebuch verwendet wird, unterscheidet
sich von der Handschrift James Maybricks (Anm. der Red.: Ausführliche
Tests wurden mit der Unterschrift aus seinem Testament durchgeführt).
- Arsenmißbrauch führt zu Wahnvorstellungen. Dies
könnte dazu geführt haben, dass Maybrick dachte, er
wäre der Ripper. In diesem Falle müsste er aber tatsächlich
der Verfasser gewesen sein - die oben genannte Fakten, widerlegen
dies aber.
- Im Tagebuch wird ein Pub in Liverpool, das "Post House", genannt.
Diesen Namen erhielt es aber erst nach 1888.
- Forensische Untersuchungen des Tagebuchs ergaben, dass das
Buch in recht kurzer Zeit geschrieben wurde und einige Schnörkel
an den Buchstaben erst nachträglich hinzugefügt wurden,
um es älter erscheinen zu lassen.
- James Maybrick passt auf keine der Zeugenbeschreibungen über
den Täter.
Shirlou / Thomas Schachner
(Dokument zuletzt bearbeitet am 23.02.05)