Autor Thema: die vereitelte kontrolle  (Gelesen 35387 mal)

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Tresschen

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Re: die vereitelte kontrolle
« Antwort #30 am: 04.03.2009 19:55 Uhr »
Ich finde diesen Vorfall auch sehr interessant und ich glaue ganz ehrlich, dass dies der Ripper gewesen sein könnte. Wieso er dann aber mit aufs Polizeirevier kam, ist mir zwar fraglich, aber es kann ja sein, dass er so selbstsicher war, dass er glaubte sich rausreden zu können, was dann ja auch geschah. Ich finde diesen Vorfall jedenfalls sehr interessant und wäre da durchaus an weiteren Einzelheiten interessiert.
Und meiner Meinung nach hat der Polizist auch völlig richtig gehandelt. Ich meine, heute bei einer Razzia fragt ja auch keiner, ob du ein guter Bürger bist, da wird dann auch jeder überprüft, der irgendwie verdächtig erscheint. Und mir persönlich wäre der Mann auch verdächtig erschienen. Und zumindest den Arztkoffer aufzumachen halte ich für keine Belästigung oder wegen Berufsethos nicht möglich bei einem Arzt. Mir ist dieser Kerl jedenfalls sehr suspekt, da ich eh glaube, dass es einer von diesen kleinen Verdächtigen ist als einer der üblichen Verdächtigen, über die jeder redet.

Lestrat

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Re: die vereitelte kontrolle
« Antwort #31 am: 08.03.2009 14:57 Uhr »
Also auch ich muß sagen das die Vorgesetzten von Spicer diesem Arzt ruhig mal etwas auf die Zähne hättten fühlen müssen. :drohen:

Was z.B. hatte er um diese Zeit im Eastend mit seiner Tasche zu suchen?

Entweder hatte einen Besuch bei einem Patienten, aber ein solcher Arzt der sogar einige  Medizinische Abhandlungen geschrieben hatte soll einen Patienten in Whitechapel gehabt haben??

Oder er wollte sich amüsieren, aber dann mit Arzttasche??

Oder er hatte erst einen Patienten (in Whitechapel???) und dann wollte er sich amüsieren??

Ich denke wirklich das dieser Sache viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Naja, man sollte halt das positive sehen: Wenn Chapman der Ripper war dann hatte die Polizei wenigstens Erfolg und konnte den Ripper doch festnehmen :poc:


Grüße

Lestrat


Tresschen

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Re: die vereitelte kontrolle
« Antwort #32 am: 01.03.2010 00:40 Uhr »
Ich muss das hier nochmal hervorholen, da mir etwas aufgefallen ist, was ich unbedingt teilen wollte. Ich hatte ja für diesen Verdächtigen irgendwie schon ne Weile eine Schwäche, also nicht wirklich, aber mir schien er sehr verdächtig.
Und dieser Doctor, den man meist mit diesem Mann, den Spicer da aufgegriffen hat, verbindet, hatte wohl Tuberkulose. Nun fand ich heute zufällig was dazu, dass es auch Hauttuberkulose gibt, die sich häufig im Gesicht, im besonderen an den Wangen äußern kann und musste an "blotchy face" denken und auch bei anderen Zeugen wurde ja berichtet, dass der Verdächtige rot im Gesicht war ("sunburnt") und nun dachte ich, kann das nicht ein Hinweis auf unseren Dr. Frederick Chapman sein, wenn er vielleicht nicht nur Lungentuberkulose, sondern auch Hauttuberkulose hatte.
Bilder zu dieser Art der Tuberkulose erlasse ich euch lieber, die waren eher eklig, aber ich finde, es könnte zusammenpassen.
Es ist nicht beweisbar, aber ich finde es sehr interessant und irgendwie verdächtig.

Aeneas

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Re: die vereitelte kontrolle
« Antwort #33 am: 02.03.2010 00:00 Uhr »
ist natürlich nicht außer acht zu lassen, hast du eine info wann der Kollege verstarb?


Tresschen

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Re: die vereitelte kontrolle
« Antwort #34 am: 02.03.2010 02:00 Uhr »
Du meinst dieser Doctor? Dezember 1888, wann genau kann ich leider nicht sagen. Dazu habe ich keine Infos gefunden.

Aeneas

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Re: die vereitelte kontrolle
« Antwort #35 am: 02.03.2010 07:19 Uhr »
wäre ja zumindest ein kandidat.......

Offline panopticon

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Re: die vereitelte kontrolle
« Antwort #36 am: 02.03.2010 15:04 Uhr »
Hallo.

Dr. Frederick R. Chapman verstarb am 12. Dezember 1888, angeblich aufgrund einer Sepsis, also einer Blutvergiftung. Nick Warren zufolge verstarb F.R. Chapman eben letztendlich eigentlich an den Folgen einer ´psoas abscess tuberculosis´ - soweit ich das jetzt gelesen habe (bitte korrigieren, wenn ihr andere Infos habt!), einer Tuberkulose in den  Knochen des Rückgrats, wodurch es generell unwahrscheinlich erscheint, dass er mit dieser Krankheit noch so kurze Zeit vor seinem Tod die Morde im Eastend hätte begehen können – vorausgesetzt natürlich, wie Tresschen bereits schrieb, dass er überhaupt der Doktor war, den PC Spicer da aufgegabelt haben will. (Spicer will seinen ´Doktor´ ja danach noch mehrfach in der Liverpool-Street Station wieder gesehen haben, und das, obwohl Dr. Chapman dann vermutlich bereits tot war.)


Bezüglich F.R. Chapman und ´blotchy face´: Interessanter Gedanke, Tresschen!  :icon_thumb:

Vergleichen wir mal :

In ´I caught Jack the Ripper´(´Daily Express´, 16. März 1931) beschreibt Spicer den Doctor so:
´He was about 5 feet 8 or 9 inches and about 12 stone, fair moustache, high forehead and rosy cheeks.´

Vgl.: ´blotchy face´, Aussage von Mrs Cox / Inquest MJK, (Quelle: The Daily Telegraph, 13. 11. 1888) :
´He had a blotchy face, and full carrotty moustache.´

Das könnte für ´blotchy face´ vielleicht hinkommen, aber Spicer erwähnt, dass der Doktor stets gleiche Klamotten trug, wann immer er ihn sah:

´He was always dressed the same – high hat, black suit with silk facings and a gold watch and chain.´

Vgl.: ´blotchy face´, Aussage von Mrs Cox / Inquest MJK:
´A short, stout man, shabbily dressed. He had on a longish coat, very shabby, and carried a pot of ale in his hand. (...) A dark coat. (Über den Hut:, Anm.) A round hard billycock.´


Hmm. Insgesamt gibt es da doch einige Differenzen... :icon_rolleyes:
Zudem stellt sich natürlich die Frage, ob Ex-PC Spicers Geschichte (so) überhaupt stimmt.


Best regards,
panopticon

Tresschen

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Re: die vereitelte kontrolle
« Antwort #37 am: 02.03.2010 23:01 Uhr »
Da hast du natürlich recht, aber wenn man davon ausgeht, dass Spicers Geschichte vielleicht beschönigt war, auch dass er den Doctor danach noch sah, dann würde es vielleicht passen. Die Idee, dass Chapman Spicers Verdächtiger war, habe ich von irgendeinem Ripperologen. Bei Casebook stand da was.
Naja, ich brauche derzeit auch einfach ein paar Verdächtige für meine Geschichte und da habe ich mir diesen Kandidaten mal wieder angeschaut, da ich eben eine leichte Affinität zu dieser Geschichte von Spicer entwickelt haben.
Aber es kann auch alles erfundener Blödsinn sein.

Andromeda1933

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Re: die vereitelte kontrolle
« Antwort #38 am: 19.08.2013 12:37 Uhr »
Diese Geschichte hat mich schon seit der ersten Lektüre der „Bibel“ (Tom Cullen) immer wieder fasziniert.
Ich finde, Spicer hatte richtig gehandelt. Im Fokus des Interesses, also auch seiner Vorgesetzten,  waren für lange Zeit Menschen mit medizinischen Kenntnissen, also... 
Er sieht einen vermeintlichen Arzt mit einer Prostituierten herum stehen – meiner Meinung nach, sollten die PCs doch nach solchen „Konstellationen“ Ausschau halten.
Spicer wurde im Jahr danach wegen Trunkenheit im Dienst entlassen, wie übrigens auch PC Long, der Entdecker des Goulston Street Graffitos. Betrunken hätte er auch gar nicht den Dienst aufnehmen können.
Sein Vorgesetzter war scheinbar der Typ Arschkriecher, der sich den „besseren Herren“ anbiederte. Er hätte den Arzt nach Einblick in die Tasche fragen können und sich ggf. danach mit einer Entschuldigung keinen Zacken aus der Krone gebrochen. Es wurde ein sadistischer Mörder mit vornehmlich medizinischen Kenntnissen gesucht, kein Tomatendieb. Kleider machen Leute!
Die Mutter aller Fragen ist jedoch eine andere: wieso ging der Ex-Polizist Spicer damit erst Jahrzehnte später an die Presse? Die erste Erklärung, die mir dafür einfällt, ist vielleicht auch die zutreffenste. Es gab wieder größeres Interesse an dem Fall, „Sommerloch“ und Geld.
Warum sollte sich der Ex-Polizist erst nach mehr als 50 Jahren seines Frusts (um die Entlassung und/oder um die entgangene Verhaftung des Moerders) erleichtern? Es ist leider auch gut möglich, das alles an dieser Geschichte von A-Z erfunden ist. Oder weiß einer von Euch etwas über Einträge in Dienstbüchern?

Offline Lestrade

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Re: die vereitelte kontrolle
« Antwort #39 am: 20.08.2013 10:56 Uhr »
Der Verdächtige soll ja angegeben haben, dass er in Brixton lebte. Das waren doch auch gut ca. 10 km von der Straße entfernt, wo PC Robert Spicer die Prostituierte Rosy mit diesem verdächtigen “Doktor“ sah. Er sah sie im Heneage Court in der Heneage Street. Diese Straße lag zwischen der Hanbury Street und der Old Montague Street und ist nicht zu verwechseln mit der Heneage Lane nähe Mitre Square. Später wollte er diesen Mann immer wieder in der Liverpool Street Station gesehen haben. Die lag aber wohl schon im Bereich der City Police will ich meinen. Spicer war aber bei der MET, in der H-Division Whitechapel aktiv. Was meinte er mit später? Im April 1889 war er schon gar nicht mehr bei der Polizei, wo er ja sowieso nicht lange aktiv gewesen war. Und was macht ein PC aus Whitechapel auf dem Gebiet der City Police? War das privat oder hatte er einen Auftrag? Laut seiner eigenen Angaben, sollte er nichts weiter unternehmen. Also was machte er regelmäßig in der Liverpool Street Station? Vom Mitre Square war die nur ca. 800m entfernt. Ich lese auch gerade, dass es in der mündlichen Überlieferung der Familie Spicer heißt, dass der “Brixton Doctor“ lediglich ein Medizinstudent vom London Hospital gewesen sein soll. Dann würde das mit dem “a respectable doctor“ ja auch nicht passen, wenn es “lediglich“ ein Student war. Welche Gründe hätte dann die Polizei gehabt, diesen Studenten zu “schützen“ (wenn es denn überhaupt an dem war) und PC Spicer zu rügen (falls das wirklich so stattfand)?
Der Verdächtige war 1,72-1,75m groß, 76kg schwer, also recht normal gebaut. Er trug wohl stets eine Art Zylinderhut und einen schwarzen Anzug, besetzt mit Seide und hatte eine braune Tasche bei sich. Ebenso eine goldene Uhr mit Kette. Er hatte eine hohe Stirn und rosige Wangen sowie einen Schnurrbart.
Aber Spicer war nicht der einzige PC in jener Nacht des DoubleEvents, der sich nicht genug gewürdigt gefühlt hatte. Auch PC William Smith erging es so. Und neben PC Robert Spicer (April 1889) wurde nicht nur PC Alfred Long (Juli 1889) entlassen, auch PC James Harvey (ebenfalls Juli 1889) bekam von der City Police seine Papiere. Major Henry Smith von der City Police beklagte in jener DoubleEvent Nacht auch das Verhalten weiterer City Police Beamten.
Was besonders an der Geschichte spannend ist wäre, dass es sich letztendlich doch “nur“ um einen Medizinstudenten gehandelt haben könnte und auf diese, so wissen wir, hatte die Polizei in der Tat ein ganz besonderes Augenmerk gelegt.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...