Zurück zu den Fakten, den Dingen, die wir wissen, nicht die, die wir deduzieren, interpretieren oder einfach nur heftig wünschen. Packen Sie alle FAKTEN in ein Bündel, und machen Sie einen Besuch in Ihrem LKA. Voranmeldung erbeten. Versuchen Sie einen Polizisten für die Sache zu interessieren, einen der sich mit Zeugenvernehmungen auskennt. Fixen Sie ihn mit Jack an. Sollte einfach sein, Sie wurden ja auch angefixt.
Nach einer Woche oder so, bei einem Bier in einem Biergarten - das Wetter lädt dazu ein - wird Ihnen etwas verraten; es ist Blödsinn, von einem "Einsamen Serienkiller" (ESK) zu sprechen.
Blödsinn.
Weil, hebt er dann an zu erklären, Zeugen v.a. eines sind - unzuverlässig. Polizisten wissen das, und bekommen auch vermittelt, damit umzugehen.
Viele Menschen, ja die meisten, sind schlechte Beobachter, aber (fast) jeder ist in der Lage eine Gefahr einzuschätzen, oder ob ein anderer zu einer solchen werden könnte. In diesem Zusammenhang spielt Haarfarbe z.B. keine wichtige Rolle, und so wird die Haarfarbei bei Zeugenaussagen oft falsch wiedergegeben. Größe, Körperbau, Bewegunsgapparat sind Faktoren, die uns helfen, jemanden als Gefahrt einzsuchätzen, und diese Dinge werden von Zeugen normalerweise auch (mehr oder minder) korrekt wiedergegeben.
Menschen haben einen eingebauten Filter. Was wir wirklich wahrnehmen (und erinnern) ist z.B. die Haltung eines breit gebauten mannes in nächtlicher Straße, denn aus seiner Haltung können wir abschätzen, ob er für uns eine Gefahr darstellt. Es sollte auch angemerkt werden, daß viele Zeugen Menschen eines anderen ethnischen Hintergrundes eher erinnern. Das gilt in unserer Zeit noch immer, und noch viel mehr galt es damals, 1888.
Die Beobachtungen eines Menschen, um es sehr kurz darzustellen, hängen von seinen Ängsten und Vorurteilen ab, und das spiegelt sich in den Erinnerungen an das Beobachtete wieder.
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf gehen wir noch einmal die Aussagen jener Zeugen durch, die höchst wahrscheinlich etwas von.... unseren Mördern gesehen haben.
Matthew Packer, William Marshall, Mary Ann Cox, Israel Schwartz, Joseph Lawende, J. Best / J. Gardner, James Brown and William Smith haben jemanden beobachtet, den ich als "stämmigen Kaukasier" bezeichnen möchte. Der Mann, den Sie beschrieben ist etwa 5'7" groß und sieht "hell" bzw. "Britisch" aus. Ich stimme für "Nordeuropäisch" statt britisch, da ein Schwede, Däne oder Deutscher zumeist auch als "Brite" durchgehen könnte. Dieser Mann - TYP A - ist zwischen 25 und 30 Jahren alt und hatte mit ca. 1m71 die durchschnittliche Größe eines Viktorianers der Mittel- oder Oberschicht; die Mangelernährung von Kindsbeinen an in den Slums ließ die Männer der Unterschicht in der Regel um 5'5" groß sein (ca. 1,65, vgl. zum Thema größe u.a. Jack London's People from the Abyss). Seine Statur wird oft als "stämmig" oder - im damaligen Idiom - "wohlgenährt" angegeben ("stout").
Der zweite Schwung Zeugen - Hutchinson, Elizabeth Long, Emily Walter - sah einen "jüdisch-aussehenden" oder "ausländischen" Mann, was eine dunklere Hautfarbe bzw. einen starken slawisch-jiddischen Einfluß vermuten läßt. Dieser Mann - TYP B - ist etwa ein Zoll kleiner als Typ A (ca. 1m68) und zwischen 28 und 30 Jahren alt.
Viele Forscher halten die Zeugenliste wahrscheinlich für unzuverlässig, ob nun mit oder ohne Grund. Eine Auswertung von Fidos sehr restriktiv gehandhabter Zeugenliste (Jack the Ripper A to Z) - Long, Lawende, Schwartz - zeigt uns die goldene Mitte. Long beschreibt einen Typ B, die beiden anderen einen Typ A.
Gerade Schwartz' Aussage wurde selten bezweifelt, und niemals überzeugend. Er sprach von zwei Männern. ZWEI. Einer der Elizabeth Stride mißhandelt, der andere, der daran geht, Schwartz zu vertreiben. Der Schläger ist ein Typ A, der zweite Zeuge jedoch wurde als "sehr groß" und etwa 35 Jahre alt beschrieben. Das mag sogar auf einen dritten Beteiligten hindeuten.
Andere Zeugen, die oft zurecht übergangen wurden, sprechen auch von zwei Männern, so z.B. Henry Tomkins während des Nichols-Inquest. Die Rückfragen der Jury legen übrigens nahe, daß die Theorie von mehreren Tätern damals weitgehend akzeptiert war und auch öffentlich diskutiert wurde.
Zwei Täter. Mindestens. Kein Einzeltäter.
ABER - Wahnsinnige Serientäter jagen nicht in Rudeln. Und sie haben selten Lehrlinge in Ausbildung im Schlepptau.
Richtig (zumindest meistens)
ABER - Dieses Massakker kann nur von einem wahnsinnigen Serientäter angerichtet worden sei.
Richtig (zumindest sehr wahrscheinlich).
Mmmh, also wohin führt uns das? Wenn ichs nur wüßte, aber keinesfalls zur Sir William Gull und Prince Eddy und üblen Thronfolgergeschichten.