Deine Postings regen zum weiteren Nachdenken an...
Ich selber denke, dass der Täter in erster Linie ein Zufallstäter gewesen war. Keiner, der nur an Wochenenden oder zu Feiertagen unterwegs war, sondern auch innerhalb normaler Tage. Aber diese Wochenenden oder Feiertage brauchte er für seinen speziellen Modus Operandi. Da hatte er "mehr" Zeit und mehr "Raum". An anderen Tagen begnügte er sich wohl mit Bedrohungen und "normaler Gewalt", könnte ich mit vorstellen.
Dass er Opfer kannte, wird mir m.E. zu sehr ausgeschlossen. Ich würde es eher akzeptieren, wenn die Taten auf ganz London verteilt gewesen wären. Wir haben es aber nur mit einem winzigen Teil an Gegend zu tun. Und für jemanden, der Nacht für Nacht unterwegs war, auf kleinem Raum, der dürfte Opfer oder spätere Opfer, hier und da schon einmal begegnet sein. Inwieweit man "gekannt" definieren sollte, überlasse ich jedem selber.
Eine Quelle, ich kann sie jetzt nicht benennen, sagte über einen Verdächtigen aus, dass er niemals einen bestimmten Radius verliess und das innerhalb vieler Jahre.
Mit Sicherheit hatte der Täter eine ausgereifte Fantasie, was seine Tötungs- und Verstümmelungsabsichten betraf. Dazu muss man extrem gestört sein. Da wo er lebte, sollte sein Traumata immer und immer wieder angeregt worden sein. Besonders in den Tatnächten. Sprich also Prostitution, Alkohol, Gewalt, Hetze, aufwiegelnde Gespräche,Armut, Schmutz, Gestank und Unterversorgung in jeglicher Hinsicht. Wurde er in solchen Nächten "allein gelassen", hätte ihn nichts mehr von seinen kranken Fantasien abgehalten. Ich denke, dieser Mann wußte schon, dass er sehr krank war.
Hätte man ihn aus diesen Bedingungen herausgenommen, wäre die Wahrscheinlichkeit zu morden sicherlich gesunken, was aber nicht heißt, dass er damit aufgehört hätte. Ein Aufenthalt in einer Anstalt hätte diesen Mann hin- und wieder auch "gut getan".
Der Drang, abgeschieden seine Taten zu begehen sehe ich auch von Anfang an. Zählt man Tabram dazu (Indoor), dann war das Tor neben Nichols "leider" verschlossen, Chapman und Stride lagen in Höfen, Eddowes wieder vor einem Zaun in der dunkelsten Ecke. Über Emma Smith wissen wir zu wenig.
Kelly war nun eine Prostituierte, die einen eigenen Raum hatte. Sie war vom Leben, vom Alkohol und der Prostitution noch nicht so gezeichnet. Ihr Körper ließ sich besser verkaufen als der von den anderen Opfern. Aber auch sie hätte in 10-15 Jahren so ausgesehen, wie Tabram, Nichols, Chapman, Stride oder Eddowes.
Das Ziel des Rippers war die vollkommende Zerstörung eines Frauenköpers, hauptsächlich wohl der einer Prostituierten. Eines Körpers, der so war wie der von Nichols, Chapman, Stride oder Eddowes. Aber vielleicht auch eines Körpers, der so irgendwann werden würde (Kelly). Wir kennen aber eben nicht die Fanatsie des Rippers und können nur spekulieren. Das Alter der Opfer dürfte schon eine große Rolle gespielt haben und er sah vielleicht in seiner Fanatsie eine Möglichkeit, das "fehlende Alter" zu "kaschieren". Ich weiß es nicht...
So ein Täter lernt natürlich, von Mal zu Mal. Kelly war sicherlich die Endfantasie dieses Mannes. Der Druck, erwischt zu werden, erkannt zu werden oder gar schon befragt oder verdächtig worden zu sein, trieb in möglicherweise auch zur Eile und erhöhter Sicherheit. Das Risiko was er sich jedesmal aussetzte, war ihm, wenn auch im Nachhinein, sicherlich annähernd bewußt. Jeder jagte ihn.
Ich warne davor, solche Dinge schwarz- weiss zu betrachten. Eine Fanatsie ist eine Fantasie und ganz sicher nicht ganz so eine feste Größe, wie wir manchmal glauben.
Aber seine Endfantasie, mit einer Prostituierten an einem sicheren Ort, in einem sicheren Raum, alleine zu sein war schwer umzusetzen. Bordell ging nicht, seine eigenen vier Wände muss er auch ausgeschlossen haben, "normale" Frauen daheim auch, da blieben ersteinmal nur dunkle Ecken, Hinterhöfe etc. Die Chance, dass ihn eine Prostituierte mit Heim nahm, dürfte gering gewesen sein. So oft kam das eben nicht vor. Aber steter Tropfen höhlt den Stein...
Aber sollte der Ripper, nachdem er wirklich einige Male enormes Glück hatte (Können war das nicht!), ein weiteres Mal dieses Glück in Anspruch genommen haben? Eine Prostituierte mit einer eigenen Wohnung in einem Hinterhof einfach so zu treffen? Einen richtigen Fehler hat der Ripper schon in der Berner Street begangen. Zu früh, zu viel Betrieb zu jener Uhrzeit. Hätte sich das so relativieren dürfen?
Ich denke, dass er angefangen haben könnte, spezieller nach so einer Prostituierten Ausschau zu halten. Diesen eigene Räumlichkeit als Priorität zu setzen. Andere Dinge (wie das z.B. das Alter) hinten anzustellen.
Kelly ist natürlich voller Geheimnisse Isdrasil, da stimme ich dir zu. Die ordentlich zusammengelegten Kleider etc., war Sie es selber oder war es das Werk des Täters? Überfiel er sie mit einem Einbruch oder nahm Sie ihn mit heim? War es ein Überfall an der Tür? Wußte er, dass er nur durch das kaputte Fenster greifen brauchte? Kannte er Sie? Traf er sie vorher in der Nacht? War er früher in der Nacht schon daheim bei ihr? Oder hatte er einfach nur das Glück, dass ihm endlich solch ein Opfer über den Weg lief? Soviel Glück ist mir auch für den Täter zu viel. Wahrscheinlich war es so, intuitiv würde ich sagen, er hatte sich eher "erkundigt". Aber seine Opfer mehrmals oder wenigstens zweimal in der Nacht angetroffen zu haben, ist das so auszuschließen? Betrachtet man bestimmte Berichte, falls sie denn stimmen, hat Nichols ihren späteren Mörder nicht schon zwei Stunden vorher getroffen? Ist Stride nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zwei- oder mehrmals von einem Mann angesprochen worden? Kannte Stride diesen Mann nicht gar recht gut oder konnte ihn zumindestens einordnen? Hatten Eddowes und Kelly tatsächllch einen Mann gekannt, den sie diese Taten zutrauten?
Trotzalledem, Jack the Ripper war, auch wenn man hier und da Zugeständnisse machen muss, ein Gelegenheitskiller.