Autor Thema: Mordete Jack immer brutaler weil man seine taten nicht verstand?  (Gelesen 29703 mal)

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Offline Isdrasil

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Hm....

Da muss ich euch Beiden wohl recht geben. Nach genauerem Betrachten von Schachner`s Buch (ich kann mir einfach keine Fakten einprägen) ist es mehr als wahrscheinlich, dass Mary in dieser Nacht anschaffen ging.
Eines muss ich über berichtigen: Hutchinson beschreibt den Mann, der Mary ansprach, durchaus gekleidet mit "sehr abschreckend wirkender Kleidung". Zusätzlich trug er ein kleines Päckchen in der linken Hand. Dies muss schon verdächtig gewirkt haben, sonst wäre Hutch wohl kaum den Beiden gefolgt und hätte gewartet. Dürfen wir also der Aussage Hutchinson`s glauben, so kann es gut möglich sein, das zumindest er den Verdacht hatte, es könne sich um den Ripper handeln. Sonst hätte er diesen nicht so genau beobachtet und hätte dem Ganzen nicht soviel Beachtung geschenkt.
Daher ist auch davon auszugehen, dass Mary Kelly womöglich doch ein mulmiges Gefühl bei der Sache hatte - aber die Not drängte sie nun einmal dazu....

Oder natürlich - Hutchinson erzählt uns was vom Pferd.

Grüße, Isdrasil

Äh....ich komme eh vom Thema ab. Meine kurze Antwort auf das Topic: Der Ripper mordete meines Erachtens immer brutaler, weil dies für gewöhnlich bei Serienmördern zu beobachten ist. Die Taten steigern sich, da der Mörder immer wieder neue und mehr Reize braucht, um seine Mordlust zu befriedigen. Da gibts nix zu spekulieren.
Dennoch sticht der Mord an Kelly durchaus heraus, doch dies lässt sich anscheinend vielmehr durch Zufälle und ungeplante Begebenheiten erklären.

Alexander-JJ

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Das passt schon. Filzhut, Mantel, Schnauzer, Größe, Alter ... passt zu den Aussagen von Schwartz, Lawende, Long und Brown. Klar, Hutchinson hat übertrieben. Gründe dafür gibt es viele (bzw könnte sie geben). Aber das er sich das komplett aus den Fingern gesogen hat, glaube ich nicht.


 :)

Offline Claudia

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Hi zusammen!

Hutchs Aussage ist für mich eine der größeren Merkwürdigkeiten dieses Falles.
Ich neige ebenfalls dazu, ihm prinzipiell zu glauben, wobei ich ebenfalls von Übertreibungen ausgehe...

Ein Rätsel ist für mich , warum er eine Stunde dort im Regen stand. Eine Möglichkeit wäre tatsächlich, daß er ein ungutes Gefühl bei diesem Freier hatte, dann fragt sich aber, warum er nicht näher an das Zimmer heranging, um tatsächlich verdächtige Geräusche, Hilferufe oder ähnliches wahrzunehmen.
Mir scheint es eher so, als hätte er dort darauf gewartet, daß Kelly wieder auftauchte, warum auch immer. Vielleicht um ihr selbst etwas Geld abzuknöpfen (nachdem er ev. vermutete, daß der Freier ein gut zahlender Kunde sei) oder um gar kostenlos ihre Dienste in Anspruch zu nehmen...
Falls er selbst nicht ganz so heldenhafte Absichten hatte, wird er dies natürlich später nicht angegeben haben.

Über Hutchinson lässt sich jedenfalls gehörig rätseln :icon_rolleyes:

Grüße, Claudia

Offline Claudia

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@Isdrasil:

Hat Hutchinson tatsächlich von "sehr abschreckend wirkender Kleidung" gesprochen?
Habs grad nicht zur Hand, kann mich daran nicht erinnern, lasse mich aber gerne belehren...

Falls er das gesagt hat widerspricht es seiner eigenen Aussage, denn abschreckendes hat er in seiner Beschreibung nicht genannt.
wenn man bedenkt, wie armselig die meisten Eastendbewohner auftraten entspricht seine Schilderung eher einem einigermassen gutsituierten Bürger.
Daß er ein Päckchen trug machte ihn sicher nicht verdächtig. Und warum sollte ein Mörder auch die Tatwaffe großartig in einem Päckchen transportieren, wo man ein Messer weit besser verstecken kann, zB im Hosenbund oder ähnlichem? Bisschen umständlich, das in einem Päckchen zu tun, das dann ja erst ausgepackt werden will und jeden Überraschungsangriff zunichte macht.
Kann ich mir nicht als sehr tauglich vorstellen...

Grüße, Claudia

Offline Isdrasil

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@Claudia

Nun, ob er das tatsächlich so gesagt hat.....auf alle Fälle steht es so im Buch von unsrem Webmaster. Auf Seite 144 ist es nachzulesen: ".....sehr abschreckend wirkende Kleidung.....respektable Erscheinung...". Ich muss sagen, die respektable Erscheinung finde ich auch etwas zweideutig. Das könnte zum Einen heißen, der Mann wäre gut gekleidet gewesen (was im Widerspruch zur anderen Aussage steht) oder aber respektabel im Sinne von stämmig, bullig, furchteinflössend. Auf alle Fälle hat das Aussehen des Freiers ja gereicht, Hutchinson zum genaueren Hinsehen zu bewegen - vorausgesetzt, bei dieser komischen Zeugenaussage ist alles rechtens.
Dazu hat mir die These von Alexander JJ ganz gut gefallen (irgendwo anders in den weiten Welten dieses Forums): Hutchinson könnte den Ripper (?) so detailreich beschrieben haben, um sein Gewissen zu beruhigen, da er so untätig da stand und dadurch vermutlich den Mord begünstigte. Es gibt auch viele Unschuldige, die ihre Aussagen mit unglaublichen Details ausschmücken, um die Glaubwürdigkeit zu unterstreichen - und natürlich aus einem inneren Drängen danach, Zeuge einer großen und bewegenden Sache zu sein. Ich muss da immer an die Touris denken, die in einem Stock, der aus dem Loch Ness ragte, tatsächlich das leibhaftige Ungeheuer Nessie sahen  :icon_lol:
Das Päckchen finde ich gar nicht so abwegig - sollte der Ripper geplant haben, das Herz seines nächsten Opfers zu entwenden, musste er es ja auch irgendwie nach Hause transportieren. Die Tatwaffe hatte er sehr wahrscheinlich im Mantel...da kommt mir eine Frage auf: Der Ripper hätte für seine Tatwaffe (es war doch ein Dolch, oder?) auf alle Fälle eine Scheide an einem Gürtel haben müssen. Ich betreibe in meiner Freizeit ein bisschen Schaukampf, und ich musste schon oft feststellen, dass selbst ein relativ kleiner Dolch von zwanzig Zentimetern schon zu Problemen führen kann. Anderenfalls wäre die Verletzungsgefahr einfach zu groß. Also muss er bei jeder Tat a) die selbe Waffe gehabt haben oder b) auf alle Fälle gleichartige in Länge und Breite oder c) irgendjemanden, der ihm immer neue Scheiden anfertigt oder d) sich die Scheiden selbst anfertigen oder e) von vornerein ein ganzes Waffenarsenal zu Hause haben müssen...oder natürlich doch die Waffe im Päckchen.
Der Ripper kann sich daher nicht nur in Anatomie, sondern auch in Lederbearbeitung ausgekannt haben.

Oder spekulier ich hier wieder zuviel? Ich muss zugeben, mein bisheriges Wissen stützt sich lediglich auf Cornwell (ja, ich weiss...bin ja auch nicht stolz drauf  :icon_redface:), Schachner, und diesem Forum hier.

Grüße, Isdrasil

Oh. Ich glaube, ich habe hier einen Denkfehler - wozu sollte er denn neue Scheiden anfertigen, wenn er ein neues Messer hat? Die wird er sich wohl gleich mit besorgt haben...ok, der Lederer fällt weg.
Trotz allem war ich noch so ehrlich, und habe meine Aussage nicht weg editiert.

Alexander-JJ

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Hutchinson beschreibt ihn genau so, wie sich die Masse der Bevölkerung den Ripper vorstellte (reich, dunkle Kleidung, "böses" Aussehen). Gut möglich das er gar nichts gesehen hat (glaube ich aber nicht). Ich denke er hat MJK schon gemocht, die ganz große Liebe muss es ja nicht gleich gewesen sein. Er wartete auf sie bis er total nass war und ging dann weg. Hätte er MJK und ihrer Freier gestört, dann hätte sie kein Geld bekommen. Hätte er es auf ihr Geld abgesehen, dann wäre er wohl am nächsten Morgen wiedergekommen um sie zu bestehlen.


Das JTR ein Päckchen oder eine kleine Tasche usw dabei hatte, glaube ich nicht. Das Messer trug er sicher in einer ganz normalen Lederscheide am Gürtel (so wie viele "Seeleute" und andere Personen). Er musste das Messer ja relativ schnell ziehen. Ein Päckchen wäre da nur hinderlich gewesen. Ein Messer am Gürtel war auch am wenigsten auffällig. Nach den Taten war JTR sowieso mit Blut beschmiert, er brauchte also kein extra Gepächstück um Organe usw zu transportieren. Bei jeder halbwegs genauen Untersuchung wäre er sowieso aufgeflogen. Ich denke JTR beschränkte sich auf das Nötigste und vertraute ansonsten auf sein Glück und seine Ortskenntnis.


 :)

JohnEvans

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@Claudia,

Du hast Recht, Hutchinson hat das so auch nicht gesagt. Er sprach von „very surley [sic] looking“. Das meint aber das Aussehen des Mannes und heißt, daß er „sehr mürrisch aussah“. Danach beschreibt Hutchinson die Kleidung genauso wie du schon gesagt hast.

Vielleicht ist P./S. beim Übersetzen ja ein kleiner Fehler unterlaufen.

Offline Isdrasil

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@Alex

Sprechen die Zeugenaussagen nicht sehr oft von einem Mann mit einer schwarzen Tasche? Oder ist dies wieder so ein weit verbreiteter Irrglaube?

Das mit der Messerscheide ist eigentlich relativ egal und sollte die Nachwelt nicht weiter belasten. Weiss auch nicht, was und warum ich mir da gedacht habe (und vor Allem: Auf was ich da raus wollte).

@John

Wir wollen hier mal nicht den Teufel an die Wand malen, ja? Vielleicht hat Hutchinson ja auch das Falsche gesagt, und Schachner hat es im Nachhinein richtig übersetzt.


JohnEvans

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„Vielleicht hat Hutchinson ja auch das Falsche gesagt, und Schachner hat es im Nachhinein richtig übersetzt.“

Gratuliere! Das ist eine „sehr abschreckend aussehende“ gelungene Interpretation deinerseits.

Offline Chris Jd

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Hi,

laut http://dict.leo.org heißt "surly" mürrisch,
"surely" bestimmt, sicher.

In Hutchinson's statement (Kopie aus SP Evan's "JtR - and the Whitechapel murders", also der Public Record file collection, steht "surley", wie John schon erwähnte, aber es bezieht sich auf "dress", oder nicht? Fehlt ein "Doppelpunkt zur Klarheit? "Dress: long..."
Jetzt könnt Ihr raten was gemeint war;-)

Christian

« Letzte Änderung: 05.09.2006 22:52 Uhr von Chris Jd »

Offline Chris Jd

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hier der Ausschnitt

Offline Chris Jd

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Also um mein obiges mail etwas zu klären:
"surly" heißt also mürrisch. Das issn Miesepeter, der keinen einladenden,
sondern eher abweisenden Eindruck macht. Da jetzt von "abschreckend" zu
sprechen ist vielleicht etwas hart, aber nicht an der Wahrheit vorbei.

Dass sich dieser Ausdruck auf den Typ, nicht auf die Kleidung bezieht ist
imho auch klar. Wie aber ein Bezug zur Kleidung zustande kommen kann zeigt
die in Scan des Originals sichtbare fürcherliche Interpunktion.
Es ist eben oft so, dass selbst Originalquellen nicht auf den ersten Blick
eindeutig
sind, sondern interpretierbar und schwierig zu durchschauen.

Christian

Offline thomas schachner

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hallo alle zusammen,

ich würde mal sagen "asche auf unser haupt", obwohl das mehrmals geprüft wurde und hätte auffallen müssen. andererseits...eine eher zu vernachlässigende missinterpretation. trotzdem sehr gut, dass diese hier aufgepoppt ist - so können wir für die zweite auflage reagieren! .-)))

um das trotzdem nochmal absichern zu lassen, wobei das in anbetracht der fakten sicherlich nicht nötig gewesen wäre, habe ich nichtsdestotrotz mal nachgehakt - hier die antworten, die natürlich ganz klar darauf hinweisen, dass sich bei uns der fehlerteufel eingeschlichen hat - sorry hierfür!
-------------------------------


stewart evans:

Hi Thomas.
 
Surly means in an unfriendly manner or churlish way, but does not indicate that Hutchinson would have been frightened by him.  In fact Hutchinson's actions indicate that he was not particularly worried by the man.
 
Best Wishes,
 
Stewart

--------------------------

chris scott:

Hi Thomas
I wouldn't really translate surly as scary or daunting. It is more a comment
on the man's apparent mood. The word surly really means someone who appears
to be bad tempered and doesn't seem to want to interact or have anything to
do with anyone. The best I can say is that the word surly is most commonly
applied to treenagers and their awkward behaviour. Sometimes, but not
always, the word also has the implication that the person described as surly
considers himself better or superior to the person he is with and simply
cannot be bothered to interact with them.
Hope this helps
Chris

--------------------------

howard brown:

 Tommy:
 
  My pleasure buddy....
 
  To look surly....means to have an aggressive appearance...irritated easily...as if in a bad mood....also to look like someone who would not back down from a confrontation....a little belligerent....a hardass.
 
 I think these are better examples in English Tom.
 
 
  Sort of like you and me before the morning coffee.  : )
 
  Let me know if this helps buddy.
 
  To

---------------


gruss
thomas.
<~> any propaganda is good propaganda, as long as they spell your name right <~>

Offline Chris Jd

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Da war ja mein "Miesepeter" noch harmlos ausgedrückt ;-))

Übrigens: ALLE, und ich meine ALLE Bücher enthalten Fehler. Sogar Sugden. Also was solls.

2.Auflage? Gratulation!!!!

Christian

Floh82

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Naja das mit der Interpunktion kennt man ja. Ein Punkt oder ein Komma anders gesetzt und ein ganzer Satz bekommt eine vollkommen entgegengesetzte Bedeutung.

Und gut das wir Kontakte zu englisch-sprachigen Personen haben, so klärt sich einiges ;)

Sort of like you and me before the morning coffee finde ich übrigens äußerst gut als Erklärung ;)