Ich glaube nicht, dass es für einen Ortsansässigen sinnvoll gewesen wäre, sich außergewöhnlich zu verkleiden - ausser es kannte ihn keiner, weil er sein Haus unter tags nie verließ; (
Greetings, Mr. Cutbush, ich weiß, Sie sind auch nicht aus dem East End!) – Im Fall eines Einheimischen machte maximal also dunklere Kleidung (oder im Falle eines Metzgers eben Berufskleidung
) Sinn.
Um allerdings der Frage näherzukommen, wie sich also ein Ortsfremder verkleidet haben könnte, um im East End nicht aufzufallen, könnten wir uns die Beispiele von Personen ansehen, die diese Herausforderung (wenn auch aus anderer Motivation und vielleicht auch ein paar Jahre später) erfolgreich gemeistert haben. Ad hoc fallen mir persönlich da schon einmal zwei Beispiele ein: In beiden Fällen handelt es sich nicht nur um Ortsfremde aus einer höheren sozialen Schicht, sondern sogar um Ausländer:
Jack London (USA), dessen Geschichte ja hier zu finden ist:
http://www.jacktheripper.de/dokumente/menschen_der_tiefe/ und Max Winter (Österreich-Ungarn), über dessen Sozialreportage aus Whitechapel ich vor zwei Tagen hier etwas hereingestellt habe:
http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1179.0.htmlIch fasse die Verkleidungen der beiden hier einmal kurz zusammen:
1. Jack London (1903):- ein Paar derbe, aber stark abgetragene Hosen
- eine verschlissene Jacke, an der nur noch ein Knopf saß
- hartes, rauhes („wie aus Haar gemacht“) Heizerhemd (mit für den Notfall eingenähtem Geldstück
- ein Paar Nagelschuhe, die offenbar beim Kohlenlöschen getragen waren („steif und hart wie aus Holz“)
- einen Lederriemen
- eine sehr schmutzige Sportmütze
- warmes „Unterzeug“ und warme Socken
- einige wenige Schillinge
- ein Messer
- ein Taschentuch
- etwas braunes Papier
- etwas Shagtabak
Anm.: Die Kleidung erstand er in einem Trödelladen im East End
2. Max Winter (1907): - „unscheinbar gekleidet“
- Hände in den Hosentaschen (also zumindest eine Hose mit Taschen)
- kurze englische Pfeife im Munde
- Sixpencekappe (zuvor in der Whitechapel High Street gekauft)
(Winter war auch bei den „Recherchen“ zu seinen unzähligen Sozialreportagen in Wien, die er bereits ab 1895 verfasste, verkleidet: Mal als Obdachloser, mal als Arbeiter, - und sogar als Polizeihäftling wurde er 1899 weder von Polizisten, noch von Mithäftlingen enttarnt.)
Um noch auf die hier extrem oft erwähnten Bärte einzugehen: Bei Jack London weiß ich es nicht, Winter jedoch trug einen (echten!
) Schnäuzer.
In beiden Fällen wurde also keine konkrete Berufsgruppenbekleidung gewählt, sondern in sich stimmige, der sozialen Schicht des East Ends entsprechende Durchschnittskleidung!
Wenn jemand noch andere Beispiele zur Verfügung hat: Nur her damit!
Lieben Gruß,
panopticon